Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 9 P 92/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 P 10/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 17/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger Leistungen nach dem Elften Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) nach der Pflegestufe III für die Zeit vom 26. März 2007 bis 19. Oktober 2009.
Der Kläger ist Sohn und Alleinerbe von Frau K. S. (im Folgenden: Versicherte), die am ... 1927 geboren und am ... 2009 verstorben ist und bei der Beklagten pflegeversichert war. Die Versicherte bewohnte bis zu ihrem Tod die untere Etage eines Einfamilienhauses, der Kläger die obere Etage. Der Kläger und die Versicherte verfügten über eigene Räumlichkeiten und nutzten die Küche und das Bad jeweils gemeinsam. Tagsüber übernahmen der Kläger und ein Pflegedienst die Pflege der Versicherten in der häuslichen Umgebung. Zur Nachtzeit ging er einer beruflichen Tätigkeit im Wachschutzdienst nach.
Am 14. Januar 2002 stellte der Kläger für die Versicherte einen Antrag auf Leistungen nach der Sozialen Pflegeversicherung. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Erstattung eines Gutachtens, zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Die Pflegefachkraft N. ermittelte im Gutachten vom 24. Mai 2002 (Untersuchung vom 29. April 2002) u.a. folgende pflegebegründenden Diagnosen:
Zustand nach Hirnblutung von November 2001 mit armbetonter Hemiparese rechts,
Diabetes mellitus, sekundär insulinpflichtig,
inkomplette Harninkontinenz,
Osteoarthrose.
Der Zeitaufwand in der Grundpflege betrage 123 Minuten und in der Hauswirtschaft 65 Minuten. Mit Bescheid vom 20. Juni 2002 stellte die Beklagte die Voraussetzungen der Pflegestufe II ab dem 9. April 2002 fest und gewährte Kombinationsleistungen in Form von Pflegesachleistungen sowie von anteiligem Pflegegeld. In einem Folgegutachten vom 10. Februar 2004 stellte die Pflegefachkraft N. einen Zeitaufwand der Grundpflege von 122 Minuten sowie für die Hauswirtschaft von 60 Minuten fest. Am 23. März 2007 beantragte die Versicherte eine Höherstufung der gewährten Leistungen. Die Beklagte veranlasste ein weiteres MDK-Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch die Pflegefachkraft N. vom 2. Mai 2007. Danach sei der Zeitaufwand für die Grundpflege auf 124 Minuten und für die Hauswirtschaft auf 60 Minuten einzuschätzen. Mit Bescheid vom 4. Mai 2007 lehnte die Beklagte Leistungen nach der Pflegestufe III ab. Dagegen legte die Versicherte am 25. Mai 2007 Widerspruch ein und machte geltend: Ihr Gesundheitszustand habe sich deutlich verschlechtert. So arbeite ihr Herz nur noch zu einem Viertel und die Niere fast gar nicht mehr. Im Jahr 2002 habe sie allein fünf Herzinfarkte erlitten. Während des Frühstücks könne sie nicht mehr allein bleiben, da sie an häufigem Brechreiz leide. Auch benötige sie Augentropfen. Die Beklagte veranlasste ein weiteres Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch die Pflegefachkraft M. vom 2. Juli 2007. Hiernach sei die Versicherte seit März 2007 bettlägerig. Als Ressourcen verfüge die Versicherte über die Fähigkeit, eine lautere Umgangssprache zu verstehen und ausreichend persönlich orientiert zu sein. Die Greiffunktion der linken Hand sei erhalten und der Faustschluss möglich. Während des Hausbesuches habe sie selbstständig aus der Schnabeltasse getrunken. Zusammenfassend betrage der Zeitaufwand für die Grundpflege 180 Minuten und für die Hauswirtschaft 60 Minuten. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Versicherte am 16. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht (SG) Halle erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Ergänzend hat sie vorgetragen: Ende Februar 2007 sei sie schwer gestürzt und im Krankenhaus in Z. stationär behandelt worden. Dort sei Wasser in der Lunge festgestellt worden. Am 17. März 2007 sei sie bettlägrig entlassen worden. Durch den Klinikaufenthalt seien schmerzhafte Wundgeschwüre am Gesäß und am rechten Fuß entstanden. Weitere Krankenhausaufenthalte seien im April, Mai und Juli 2007 gefolgt. Nach einer hinzugetretenen MRSA-Infektion hätten drei Zehen rechts amputiert werden müssen. Erst nach dieser Operation seien die Schmerzen weggegangen. Seit März 2007 sei sie an das Bett gefesselt und habe nichts mehr selbstständig machen können. Das Essen müsse hergerichtet und teilweise zugeführt werden. Der Pflegedienst sei morgens und abends für das Waschen und Windeln zuständig, wobei die gesamte hauswirtschaftliche Versorgung vom Kläger übernommen werde. Gegen 6.30 Uhr erfolgten die erste Zuckerkontrolle und die erste Insulinspritze. Anschließend frühstücke sie, was mit diversen Vor- und Nachbereitungen für die Pflegeperson verbunden sei. Gegen 9.00 Uhr komme der Pflegedienst. Nach dem Mittagessen (gegen 12.30 Uhr), dem Nachmittagskaffee folge um ca. 17.45 Uhr das Abendessen, was mit einer weiteren Zuckerkontrolle und einer Insulingabe verbunden sei. Gegen 20.15 Uhr komme dann nochmals der Pflegedienst. Wegen dieser intensiven Pflege sei ernsthaft zu fragen, was denn noch passieren müsse, um die Voraussetzungen für die Pflegestufe III zu erfüllen. Der tatsächliche Pflegeaufwand sei jedenfalls deutlich höher, als dies durch ärztliche und pflegerische Stellungnahmen bisher bewertet worden sei. Diese hätten ohnehin nur ein Interesse daran, möglichst schnell mit ihrer Arbeit fertig zu werden, seien jedoch nicht in der Lage, den tatsächlichen Pflegeaufwand richtig einzuschätzen. Der Kläger hat eine notariell beglaubigte Vollmacht der Versicherten vom 28. Mai 2002 sowie ein Pflegetagebuch vorgelegt.
Das SG hat einen Pflegebefundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin L. vom 7. April 2008 eingeholt. Diese hat als Diagnosen gestellt:
Zustand nach apoplektischem Insult mit Hemiparese links,
Zustand nach Herzinfarkt,
Diabetes mellitusTyp II mit diabetischer Neuropathie, Nephropathie, diabetischem Fußsyndrom und Hypoglykämieneigung,
Herzinsuffizienz NYHA III bis IV bei ischämischer Kardiomyopathie (EF 20 %),
Glaukom beidseits.
In einer nichtöffentlichen Sitzung vom 20. Januar 2009 hat der Kläger erklärt, der Dauerkatheter sei bei der Versicherten im Juli 2008 entfernt worden. Eine Harninkontinenz bestehe nicht, wobei jedoch die Nahrungsaufnahme erschwert sei. Feste Nahrung könne die Versicherte mit der Gabel noch selbst zu sich nehmen. Auch könne sie die Schnabeltasse, nicht jedoch eine normale offene Tasse, selbst benutzen. Während der Nachtstunden arbeite er, sei jedoch über das Handy für die Versicherte jederzeit erreichbar. Es falle nicht jede Nacht ein regelmäßiger Hilfebedarf an. Etwa ca. zwei Mal die Woche rufe die Versicherte nachts an und bitte ihn um Hilfe bei der Schmerzbehandlung oder um eine Unterstützung nach einem Missgeschick.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. März 2009 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Für die Pflegestufe III sei ein nächtlicher Grundpflegebedarf erforderlich, der bei der Versicherten nicht festzustellen sei. Nach beiden MDK-Gutachten erreiche sie zudem nicht die zeitliche Grundpflegegrenze von mindestens 240 Minuten pro Tag. Die Aussagen der MDK-Gutachter deckten sich auch mit den Angaben des Klägers. So habe er nur einen Pflegebedarf für die Zeit zwischen 6.30 Uhr und 20.20 Uhr mitgeteilt.
Der Kläger hat gegen das am 30. April 2009 zugestellte Urteil am 29. Mai 2009 "Widerspruch" eingelegt und ergänzend ausgeführt: Das SG habe den nächtlichen Pflegebedarf zu Unrecht abgelehnt. Aufgrund der ganz erheblichen Einschränkungen der Versicherten ergäbe sich der nächtliche Hilfebedarf doch von selbst. Aus der Tatsache, dass die Versicherte meist nachts schlafe, dürfe nicht auf eine fehlende Pflegebedürftigkeit geschlossen werden. Normalerweise müsse sie alle zwei bis drei Stunden gewindelt werden. In Konsequenz der Ausführungen der Vorinstanz im angegriffenen Urteil sei die Pflegeperson regelmäßig gehalten, ihre Arbeitsstelle zu kündigen, um die Voraussetzungen der Pflegestufe III herbeiführen zu können. Ein nächtlicher Pflegediensteinsatz hätte für die Versicherte erhebliche Kosten verursacht. Für die Morgentoilette seien allein zwischen zwei bis zweieinhalb Stunden anzusetzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. März 2009 sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2007 aufzuheben und ihm für die Zeit vom 23. März 2007 bis 19. Oktober 2009 für die Versicherte Käthe Spangenberg Pflegegeld nach der Pflegestufe III unter Anrechnung bereits gezahlten Pflegegeldes zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Berufung für unbegründet und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Der Senat hat Pflegebefundberichte des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B., der Praxis für Ergotherapie B. sowie der für Physiotherapie Nierhaus eingeholt. Dr. B. hat unter dem 22. April 2010 berichtet: Die Versicherte habe über Parästhesien der linken Hand, Schmerzen an der Halswirbelsäule, rezidivierende Bauchschmerzen, Verstopfungen, Schmerzen und Schwellungen der Hände, Fingersteifigkeit, Schmerzen und Steife in den Kniegelenken, eine Druckstelle der 1. Zehe des rechten Fußes und über Harninkontinenz geklagt. Sie habe nur mit Unterstützung wenige Meter laufen können und habe sich auch im Bett kaum bewegen können. Gelegentlich sei nachts ein Windelwechsel wegen Harninkontinenz notwendig geworden, wobei sie allerdings zu dieser Zeit meist geschlafen habe. Allein habe sie sich wegen des schlechten Sehvermögens kaum beschäftigen können. Die Ergotherapeutin B. hat mitgeteilt, die Versicherte sei örtlich orientiert gewesen. In einem beigefügten Brief vom 25. Februar 2008 hat sie ergänzend ausgeführt: Die Versicherte habe zwei Mal wöchentlich Ergotherapie erhalten. Zu Beginn habe sie einen Belastungs- und Ruheschmerz in beiden Händen gehabt. Rechtsseitig habe eine Bewegungsstörung des gesamten Schulter-Arm-Hand-Bereiches vorgelegen. Die Beugemuskulatur sei steif und fest gewesen und habe einer Apolexsymptomatik entsprochen. Die feinmotorischen Bewegungen habe sie deshalb nur linksseitig ausführen können. Dies sei jedoch wegen fehlender Kraft auf dieser Seite nur eingeschränkt möglich gewesen. Durch die Sensibilitätseinschränkungen sei ihr z.B. das Besteck aus der Hand gefallen. Die Physiotherapie N. hat unter dem 13. April 2010 angegeben: Die Versicherte habe an Bewegungseinschränkungen an allen Extremitäten und der Wirbelsäule gelitten. Die Gelenke hätten starke Kontrakturen aufgewiesen. Die Füße und die Hände seien am stärksten motorisch eingeschränkt gewesen.
Der Senat hat ein Gutachten der Diplom-Pflegewissenschaftlerin W. vom 11. April 2011 nach Aktenlage erstatten lassen. Die Sachverständige hat nach Auswertung des Pflegetagebuchs, der MDK-Gutachten sowie der weiteren Befunde ausgeführt: Im Bereich der Körperpflege sei insgesamt von einem Grundpflegebedarf von 53 Minuten auszugehen. Dieser setze sich wie folgt zusammen:
I. Körperpflege (53 Minuten)
Ganzkörperwäsche (20 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Körperwäsche abends (10 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Teilwäsche Hände/Gesicht (10 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Mund- und Prothesenpflege (insgesamt 11 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Kämmen (insgesamt 6 Minuten (insgesamt 11 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Die im Pflegetagebuch aufgeführte Angabe einer Körperpflege von vier Mal täglich sei nicht nachvollziehbar. Offenbar sei dabei das Waschen von Gesicht und Händen mit einbezogen worden. Laut Angaben des Pflegedienstes seien morgens eine große und abends eine kleine Körperpflege erfolgt. Durch die Bettlägerigkeit habe diese Pflege am Bett ausgeführt werden müssen. Zwischen den MDK-Gutachten vom 2. Mai 2007 und vom 2. Juli 2007 habe sich das Waschen von Gesicht und Händen verschlechtert. Dies gelte in gleicher Weise für die Verrichtung der Mund- und Prothesenpflege. Für das Kämmen seien zwei Minuten je Verrichtung anzunehmen.
II. Blasen- und Darmentleerung (32 Minuten)
IKM-Wechsel nach Wasserlassen (32 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Im Pflegetagebuch werde der Wechsel von Inkontinenzmaterial vier Mal am Tag angegeben. Dies ergebe aufgerundet 32 Minuten täglich.
III. Ernährung (86 Minuten)
Mundgerechte Zubereitung der Nahrung (insgesamt 11 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Aufnahme der Nahrung (insgesamt 75 Minuten täglich bei Anleitung und Beaufsichtigung durch die Pflegeperson)
Im Pflegetagebuch seien die Zeiten für die mundgerechte Zubereitung deutlich überhöht. Dies könne damit zusammenhängen, dass Zeiten für die Zubereitung mit einbezogen worden seien, statt diese korrekt dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzuordnen. Der im MDK-Gutachten vom 2. Juli 2007 angesetzte Zeitrahmen von 50 Minuten werde nicht genau differenziert und sei so nicht nachvollziehbar. Für die Anleitung und Beaufsichtigung seien für die Hauptmahlzeiten 20 Minuten und für die Zwischenmahlzeiten 15 Minuten anzusetzen.
IV. Mobilität (40 Minuten)
Umlagern (insgesamt 24 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Ankleiden gesamt (insgesamt 10 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Entkleiden gesamt (insgesamt 6 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Bezüglich der Umlagerung sei der Einschätzung im MDK-Gutachten vom 2. Mai 2007 nicht zu folgen, da die hierfür angesetzten 8 Minuten zu gering seien. Dagegen sei das MDK-Gutachten vom 2. Juli 2007 mit täglich 24 Minuten deutlich realistischer und entspreche einer Umlagerung alle zwei Stunden, was auch nachvollziehbar erscheine. Das MDK-Gutachten vom 2. Mai 2007 sei in der Verrichtung An- und Entkleiden mit insgesamt 16 Minuten deutlich höher als das MDK-Gutachten vom 2. Juli 2007 mit lediglich 8 Minuten. Da nicht von einer Verringerung des Hilfebedarfs ausgegangen werden könne, seien die 16 Minuten eher als realistisch anzusehen und entsprechend zu übernehmen. Für den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sei von 60 Minuten auszugehen. Zusammenfassend betrage der Grundpflegebedarf daher 211 Minuten. Dieser habe seit dem 2. Juli 2007 bestanden. Nachts sei die Versicherte wegen der Dienstzeiten des Klägers überwiegend allein gewesen. Ein nächtlicher Grundpflegebedarf sei im Pflegetagebuch nur zwei Mal zur Blasen- und Darmentleerung aufgezeigt worden.
Der Kläger ist dem Sachverständigengutachten entgegengetreten und hat geltend gemacht: Nach dem Schlaganfall habe die Versicherte die Pflegestufe II erhalten. Als Hilfsmittel seien eine Vier-Punkt-Gehhilfe, eine Toilettensitzerhöhung, ein Badewannenlift und ein Rollstuhl vorhanden gewesen. Durch die Gefühlsstörung auf der rechten Seite habe beispielsweise ein Rollator nicht genutzt werden können. Die Versicherte sei Rechtshänderin gewesen und habe sich mit links überhaupt nicht mehr waschen können. Ein Toilettenstuhl habe genau wie Unterarmstützen oder eine Gehbank – entgegen der Sachverständigen – nie existiert. Am 25. Februar 2007 sei die Versicherte im Bad gestürzt, was zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes geführt habe. So habe sie kaum noch schlafen können und vor Schmerzen geschrien. Auch habe sie zu dieser Zeit an einem Brechreiz gelitten. Dann folgten die Krankenhausaufenthalte von Mai, Juni und Juli 2007 sowie die MRSA-Erkrankung. Zu dieser Zeit habe sie 25 kg abgenommen. Das Essen habe ihr zugeführt werden müssen. Bei der Nahrungsaufnahme seien immer wieder kurze Pausen notwendig geworden, da die Zahnprothese im Unterkiefer wegen Veränderungen nicht mehr gehalten habe. Die Nahrungsaufnahme habe daher zwischen 30 bis 45 Minuten je Mahlzeit gedauert. Durch die MRSA-Erkrankung habe sie Krämpfe gehabt und hätte mehrfach am Tag erbrochen. Zeitweise sei wegen des schlechten Stuhlgangs ein Katheter erforderlich geworden. Durch den therapeutischen Einsatz sei es möglich gewesen, die Versicherte zeitweise aus dem Bett zu bekommen. Die Tabletten hätten im Mörser zerkleinert werden müssen, um die Einnahme zu ermöglichen. Wenn der Pflegedienst die Versicherte gewindelt habe, habe es nicht lange gedauert, bis diese wieder voll waren. Auch diese Aufgabe habe er im letzten Jahr der Pflege übernommen und der Versicherten Zeit gelassen, die Ausscheidungen vorzunehmen, was kein Pflegedienst hätte leisten können. Der Besuch des Augenarztes sei nur mit Unterstützung einer dritten Person möglich gewesen. Erst auf seine Eigeninitiative habe die Versicherte eine Schnabeltasse erhalten, die sie auch habe halten können. Bei jedem Windeln sei die Versicherte auch gewaschen worden. Die Zeiten der mundgerechten Zubereitung seien von der Sachverständigen zu knapp geschätzt worden. Das Ankleiden habe 15 Minuten und das Entkleiden 8 Minuten gedauert. Die von der Sachverständigen angegebene Zeit von 211 Minuten in der Grundpflege und 60 Minuten in der hauswirtschaftlichen Versorgung sei zu gering. Tatsächlich seien pro Tag sieben bis neun Stunden Pflegeaufwand notwendig gewesen. Mehr als das was er aufgewendet habe, könne überhaupt nicht geleistet werden. Es werde daher ein erneutes Sachverständigengutachten verlangt.
Der Berichterstatter hat den Kläger darauf hingewiesen, dass eine erneute Begutachtung nicht beabsichtigt sei, jedoch die Möglichkeit bestehe, einen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu stellen. Zudem erfolgten rechtliche Hinweise zur Frage der sog. objektiven Beweislast.
In einer ergänzenden Stellungnahme hat die Sachverständige W. unter dem 28. Mai 2011 ausgeführt: Trotz der teilweisen Funktionsfähigkeit der linken Hand sei für die Körperpflege ein Zeitrahmen genommen worden, der einer vollen Übernahme durch die Pflegeperson entspreche. Nach den vorliegenden Unterlagen werde ein dauerhafter, nächtlicher Hilfebedarf nicht geschildert oder im ausgewerteten Pflegetagebuch erwähnt. Die dort genannten Zeiten für die mundgerechte Zubereitung seien überhöht und nicht nachvollziehbar, Nach dem Pflegetagebuch werde der Wechsel des Inkontinenzmaterials mit vier Mal täglich angegeben. Dies entspreche tagesdurchschnittlich einem Pflegebedarf von aufgerundet 32 Minuten.
Am 1. Juni 2011 hat der Kläger erklärt, er sei finanziell nicht in der Lage einen bestimmten Arzt zu benennen. Niemand habe ihm bisher erklärt, wie sich die vorgegebene Zeit von 240 bzw. 300 Minuten genau zusammensetze. Auf der Grundlage der bisherigen Bewertung der Sachverständigen könne es überhaupt keine Pflegestufe III geben.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2007 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Er hat keinen Anspruch auf weiters Pflegegeld als Rechtsnachfolger der Versicherten.
Der Kläger ist aktivlegitimiert und berechtigt, bestehende Ansprüche der verstorbenen Versicherten als Sonderrechtsnachfolger gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) oder jedenfalls als Alleinerbe der Versicherten gemäß § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend zu machen. Nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB I stehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten vorrangig den Kindern zu, wenn ein Ehegatte oder Lebenspartner nicht vorhanden ist und das Kind mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihm wesentlich unterhalten worden ist. Dies trifft auf den Kläger nach Ansicht des Senats zu. Zwar haben er und die Versicherte jeweils auch über eigene Räumlichkeiten im eigenen Haus verfügt. Dies gilt jedoch nicht für das gemeinsam genutzte Bad und die Küche. Auch wegen der starken Einbindung des Klägers in die Haushaltsführung der Versicherten kann von einer gemeinschaftlichen Lebens- und Wirtschaftsführung und damit von einem gemeinsamen Haushalt ausgegangen werden. Jedenfalls ist der Kläger als Alleinerbe der Versicherten berechtigt, die ursprünglich von der Versicherten verfolgten Ansprüche weiter zu verfolgen.
Die Voraussetzungen für eine Neufeststellung gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) wären nur dann erfüllt, wenn bei der Versicherten in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten wäre. Seit Erlass des Bescheides vom 20. Juni 2002 sind in den gesundheitlichen sowie pflegerischen Verhältnissen der Versicherten keine wesentlichen Veränderungen eingetreten. Für den geltend gemachten Zeitraum vom 26. März 2007 bis 19. Oktober 2009 liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach der Pflegestufe III nicht vor.
Der Anspruch auf Pflegeleistungen, insbesondere auf das Pflegegeld nach der Pflegestufe III, ist in § 37 Abs. 1 SGB XI i. V. m. den §§ 14, 15 SGB XI geregelt. Nach § 37 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der ihnen sonst zustehenden häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Diese Sicherstellung war im Fall der Versicherten gegeben. Sie lebte für den streitbefangenen Zeitraum in einem Haushalt mit dem Kläger und wurde von diesem und den Mitarbeitern eines Pflegedienstes gepflegt.
Grundvoraussetzung für die Leistungsgewährung ist, dass Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI vorliegt. Pflegebedürftig sind danach Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Abs. 4 SGB XI im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und das Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen oder Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäschen und Kleidung oder das Beheizen. Dass grundsätzlich eine Pflegebedürftigkeit bei der Versicherten vorgelegen hatte, ist aufgrund des feststehenden Krankheitsbildes und der von der Beklagten bereits gewährten Pflegestufe II offenkundig und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Die Höhe des Pflegegeldes richtet sich danach, welcher Stufe der Pflegebedürftigkeit die pflegebedürftige Person zuzuordnen ist. Die Voraussetzungen für die einzelnen Stufen der Pflegebedürftigkeit sind in § 15 SGB XI definiert. Die Zuordnung zur Pflegestufe III setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedarf, und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Des Weiteren muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 5 Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens 4 Stunden (240 Minuten) entfallen müssen. Unter die Grundpflege fallen in Abgrenzung zum Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung die Hilfen in den in § 14 Abs. 4 Ziffern 1 bis 3 SGB XI näher definierten Bereichen der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität.
Die vorgenannten Voraussetzungen sind im Fall der Versicherten für den geltend gemachten Zeitraum nicht erfüllt. Es fehlt bereits an einem nächtlichen Hilfebedarf im Sinne des Gesetzes (dazu im Folgenden 1.) und auch an den zeitlichen Voraussetzungen für die Pflegestufe III (dazu im Folgenden 2.).
1. Der Zuerkennung der Pflegestufe III steht bereits der fehlende bzw. nicht nachgewiesene nächtliche Hilfebedarf der Versicherten entgegen. Nächtlicher Hilfebedarf setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 – B 3 P 7/97 R, Urteil vom 17. Mai 2000 – B 3 P 20/99 R; Urteil vom 31. August 2000 B 3 P 16/99 R, jeweils zitiert nach juris) voraus, dass ein Pflegebedarf "rund um die Uhr, auch nachts" besteht, d.h. ein nächtlicher Pflegebedarf für zumindest eine der in § 14 Abs 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI aufgeführten Verrichtungen der Grundpflege in dieser Zeit gegeben ist. Dies erfordert einen regelmäßigen nächtlichen Hilfebedarf, der grundsätzlich auch jede Nacht auftreten muss. Ausnahmsweise ist es hierbei jedoch unschädlich, wenn nur an wenigen einzelnen Tagen im Verlaufe eines Monats eine solche nächtliche Hilfe nicht zu leisten ist (vgl. Urteile des BSG vom 29. April 1999 – B 3 P 7/98 R, vom 19. Februar 1998 – B 3 P 7/97 R und vom 18. März 1999 – B 3 P 3/98 R, jeweils zitiert nach juris). Wie im Urteil des BSG vom 18. März 1999 – B 3 P 3/98 R (a.a.O.) ausgeführt, findet eine Hilfeleistung "nachts" statt, wenn sie zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens objektiv erforderlich ist, die Hilfe also nicht auf einen Zeitpunkt vor 22 Uhr und/oder nach 6 Uhr verlegt werden kann. Eine bloße Ruf- und Einsatzbereitschaft in dieser Zeit genügt dagegen nicht den Anforderungen an einen nächtlichen Pflegebedarf bzw. an eine nächtliche Pflege im Sinne dieser Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 – B 3 P 6/97 R, zitiert nach juris). Die Pflegestufe III verlangt damit mindestens einen mehr oder weniger regelmäßigen nächtlichen Hilfebedarf, der zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr auch tatsächlich geleistet wird (vgl. Udsching unter Hinweis auf die BSG-Rechtsprechung, SGB XI, 3. Auflage 2010 zu § 15 Rdn. 8).
Nach den Angaben des Klägers war er regelmäßig berufsbedingt ab ca. 20.00 Uhr nicht mehr zur Pflege der Versicherten im Einsatz. Diese war auch keiner anderen Person für die Nachtstunden übertragen, da die Versicherte in dieser Zeit – von wenigen Ausnahmen abgesehen – geschlafen hat und tatsächlich kein regelmäßiger Pflegebedarf in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr angefallen war. Dieser Sachverhalt wird durch die Angaben des Klägers, den Pflegebefundbericht von Dr. B. und die Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen bestätigt. Nur an wenigen Tagen im Monat ist daher bei der Versicherten überhaupt ein nächtlicher Pflegebedarf aufgetreten. Damit fehlt es bereits an einem entscheidenden Tatbestandsmerkmal für die Zuerkennung der Pflegestufe III nach dem SGB XI. Der von der gerichtlichen Sachverständigen empfohlene nächtliche Lagerungswechsel der Versicherten ist im streitigen Zeitraum tatsächlich nie geleistet worden und kann daher nicht als nächtliche Hilfe im Sinne des SGB XI anerkannt werden. Der vom Kläger beschriebene nächtliche Bereitschaftsdienst kann dagegen einem tatsächlichen nächtlichen Hilfebedarf in einer Verrichtung nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht gleichgesetzt werden.
2. Darüber hinaus kann der Senat auch nicht feststellen, dass bei der Versicherten in der Zeit vom 26. März 2007 bis zum 19. Oktober 2009 tatsächlich ein Grundpflegebedarf von mindestens 4 Stunden wöchentlich im Tagesdurchschnitt vorgelegen hatte. Der Pflegebedarf umfasste entgegen dem Vorbringen des Klägers weniger als die erforderlichen 240 Minuten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den schlüssigen und ausführlichen MDK-Gutachten vom 2. Mai 2007 (Pflegefachkraft N.) und vom 2. Juli 2007 (Pflegefachkraft M.) sowie aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten nach Aktenlage der Diplom-Pflegewissenschaftlerin W. vom 11. April 2011. Keine der im Höherstufungsverfahren eingesetzten beteiligten Pflegegutachterinnen vermochte einen Grundpflegebedarf von mindestens 240 Minuten festzustellen. Vielmehr blieben die Pflegekraft N. (124 Minuten Grundpflege), die Pflegekraft M. (180 Minuten Grundpflege) und die gerichtliche Sachverständige W. (211 Minuten Grundpflege) – wenn auch mit Abweichungen in den jeweiligen Einzelverrichtungen – jeweils deutlich unterhalb der maßgeblichen Grenze. Allein die eher vagen Einschätzungen des Klägers sprechen für das Erreichen der Pflegestufe III für den hier streitigen Zeitraum. Dies genügt jedoch für die richterliche Überzeugungsbildung nicht. Denn es hat sich die Sachverständige W. eingehend mit dem Pflegetagebuch auseinandergesetzt und nachdem sie in den Bereichen Körperpflege (nicht nachvollziehbares viermaliges Waschen) sowie für die mundgerechte Zubereitung deutlich überhöhte Zeitangaben des Klägers festgestellt hat, ist sie zu einem Zeitbedarf von 211 Minuten gelangt. Das vorgelegte Pflegetagebuch ist daher nur teilweise verwertbar und somit nur bedingt geeignet, die vom Kläger behaupteten höheren Pflegezeiten nachzuweisen. Nach den übereinstimmenden Bewertungen der MDK-Gutachterinnen und der gerichtlichen Sachverständigen erreicht die Versicherte nicht die Voraussetzungen einer täglichen Grundpflege von mindestens 240 Minuten. Da auch unter Heranziehung des für den Kläger günstigsten Gutachtens von der Dipl.-Pflegewissenschaftlerin W. die Versicherte die maßgebliche Grenze mit 29 Minuten immer noch deutlich verfehlt, bleibt auch für die Heranziehung eines wohlwollenden Prüfungsmaßstabes in sog. Grenzfällen kein Raum (vgl. zu diesen Fällen; BSG, Urteil vom 7. Juli 2005 B 3 P 8/04 R, zitiert nach juris).
Dieses Ergebnis lässt sich auch mit den Grundsätzen der sog. objektiven Beweislast rechtfertigen. Die bloßen Behauptungen des Klägers zu den angeblichen Pflegezeiten stehen im deutlichen Widerspruch zu den drei anderslautenden Pflegegutachten und begründen ganz erhebliche Zweifel, ob seinen Angaben gefolgt werden kann. Diese Zweifel gehen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu seinen Lasten. Nach der vollständigen Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhaltes – wie im folgenden Fall – kommt der Frage der Beweislast eine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2010, B 11 AL 4/09 R, mit zahlreichen Nachweisen, zitiert nach juris). Dabei ist von folgender Grundregel auszugehen. Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der daraus für sich eine günstige Rechtsfolge herleiten will. Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich nach der für den Rechtsstreit maßgeblichen materiell-rechtlichen Norm. Unter Anwendung dieser Beweislastgrundsätze trägt der Kläger die objektive Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Pflegestufe III bei der Versicherten im streitigen Zeitraum, da er einen Leistungsanspruch behauptet. Die durch den Tod der Versicherten entstandenen Beweisprobleme hat nach der eindeutigen Gesetzeslage er zu tragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil es sich um die Entscheidung eines Einzelfalles auf gesicherter rechtlicher Grundlage handelt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger Leistungen nach dem Elften Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) nach der Pflegestufe III für die Zeit vom 26. März 2007 bis 19. Oktober 2009.
Der Kläger ist Sohn und Alleinerbe von Frau K. S. (im Folgenden: Versicherte), die am ... 1927 geboren und am ... 2009 verstorben ist und bei der Beklagten pflegeversichert war. Die Versicherte bewohnte bis zu ihrem Tod die untere Etage eines Einfamilienhauses, der Kläger die obere Etage. Der Kläger und die Versicherte verfügten über eigene Räumlichkeiten und nutzten die Küche und das Bad jeweils gemeinsam. Tagsüber übernahmen der Kläger und ein Pflegedienst die Pflege der Versicherten in der häuslichen Umgebung. Zur Nachtzeit ging er einer beruflichen Tätigkeit im Wachschutzdienst nach.
Am 14. Januar 2002 stellte der Kläger für die Versicherte einen Antrag auf Leistungen nach der Sozialen Pflegeversicherung. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Erstattung eines Gutachtens, zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Die Pflegefachkraft N. ermittelte im Gutachten vom 24. Mai 2002 (Untersuchung vom 29. April 2002) u.a. folgende pflegebegründenden Diagnosen:
Zustand nach Hirnblutung von November 2001 mit armbetonter Hemiparese rechts,
Diabetes mellitus, sekundär insulinpflichtig,
inkomplette Harninkontinenz,
Osteoarthrose.
Der Zeitaufwand in der Grundpflege betrage 123 Minuten und in der Hauswirtschaft 65 Minuten. Mit Bescheid vom 20. Juni 2002 stellte die Beklagte die Voraussetzungen der Pflegestufe II ab dem 9. April 2002 fest und gewährte Kombinationsleistungen in Form von Pflegesachleistungen sowie von anteiligem Pflegegeld. In einem Folgegutachten vom 10. Februar 2004 stellte die Pflegefachkraft N. einen Zeitaufwand der Grundpflege von 122 Minuten sowie für die Hauswirtschaft von 60 Minuten fest. Am 23. März 2007 beantragte die Versicherte eine Höherstufung der gewährten Leistungen. Die Beklagte veranlasste ein weiteres MDK-Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch die Pflegefachkraft N. vom 2. Mai 2007. Danach sei der Zeitaufwand für die Grundpflege auf 124 Minuten und für die Hauswirtschaft auf 60 Minuten einzuschätzen. Mit Bescheid vom 4. Mai 2007 lehnte die Beklagte Leistungen nach der Pflegestufe III ab. Dagegen legte die Versicherte am 25. Mai 2007 Widerspruch ein und machte geltend: Ihr Gesundheitszustand habe sich deutlich verschlechtert. So arbeite ihr Herz nur noch zu einem Viertel und die Niere fast gar nicht mehr. Im Jahr 2002 habe sie allein fünf Herzinfarkte erlitten. Während des Frühstücks könne sie nicht mehr allein bleiben, da sie an häufigem Brechreiz leide. Auch benötige sie Augentropfen. Die Beklagte veranlasste ein weiteres Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch die Pflegefachkraft M. vom 2. Juli 2007. Hiernach sei die Versicherte seit März 2007 bettlägerig. Als Ressourcen verfüge die Versicherte über die Fähigkeit, eine lautere Umgangssprache zu verstehen und ausreichend persönlich orientiert zu sein. Die Greiffunktion der linken Hand sei erhalten und der Faustschluss möglich. Während des Hausbesuches habe sie selbstständig aus der Schnabeltasse getrunken. Zusammenfassend betrage der Zeitaufwand für die Grundpflege 180 Minuten und für die Hauswirtschaft 60 Minuten. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Versicherte am 16. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht (SG) Halle erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Ergänzend hat sie vorgetragen: Ende Februar 2007 sei sie schwer gestürzt und im Krankenhaus in Z. stationär behandelt worden. Dort sei Wasser in der Lunge festgestellt worden. Am 17. März 2007 sei sie bettlägrig entlassen worden. Durch den Klinikaufenthalt seien schmerzhafte Wundgeschwüre am Gesäß und am rechten Fuß entstanden. Weitere Krankenhausaufenthalte seien im April, Mai und Juli 2007 gefolgt. Nach einer hinzugetretenen MRSA-Infektion hätten drei Zehen rechts amputiert werden müssen. Erst nach dieser Operation seien die Schmerzen weggegangen. Seit März 2007 sei sie an das Bett gefesselt und habe nichts mehr selbstständig machen können. Das Essen müsse hergerichtet und teilweise zugeführt werden. Der Pflegedienst sei morgens und abends für das Waschen und Windeln zuständig, wobei die gesamte hauswirtschaftliche Versorgung vom Kläger übernommen werde. Gegen 6.30 Uhr erfolgten die erste Zuckerkontrolle und die erste Insulinspritze. Anschließend frühstücke sie, was mit diversen Vor- und Nachbereitungen für die Pflegeperson verbunden sei. Gegen 9.00 Uhr komme der Pflegedienst. Nach dem Mittagessen (gegen 12.30 Uhr), dem Nachmittagskaffee folge um ca. 17.45 Uhr das Abendessen, was mit einer weiteren Zuckerkontrolle und einer Insulingabe verbunden sei. Gegen 20.15 Uhr komme dann nochmals der Pflegedienst. Wegen dieser intensiven Pflege sei ernsthaft zu fragen, was denn noch passieren müsse, um die Voraussetzungen für die Pflegestufe III zu erfüllen. Der tatsächliche Pflegeaufwand sei jedenfalls deutlich höher, als dies durch ärztliche und pflegerische Stellungnahmen bisher bewertet worden sei. Diese hätten ohnehin nur ein Interesse daran, möglichst schnell mit ihrer Arbeit fertig zu werden, seien jedoch nicht in der Lage, den tatsächlichen Pflegeaufwand richtig einzuschätzen. Der Kläger hat eine notariell beglaubigte Vollmacht der Versicherten vom 28. Mai 2002 sowie ein Pflegetagebuch vorgelegt.
Das SG hat einen Pflegebefundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin L. vom 7. April 2008 eingeholt. Diese hat als Diagnosen gestellt:
Zustand nach apoplektischem Insult mit Hemiparese links,
Zustand nach Herzinfarkt,
Diabetes mellitusTyp II mit diabetischer Neuropathie, Nephropathie, diabetischem Fußsyndrom und Hypoglykämieneigung,
Herzinsuffizienz NYHA III bis IV bei ischämischer Kardiomyopathie (EF 20 %),
Glaukom beidseits.
In einer nichtöffentlichen Sitzung vom 20. Januar 2009 hat der Kläger erklärt, der Dauerkatheter sei bei der Versicherten im Juli 2008 entfernt worden. Eine Harninkontinenz bestehe nicht, wobei jedoch die Nahrungsaufnahme erschwert sei. Feste Nahrung könne die Versicherte mit der Gabel noch selbst zu sich nehmen. Auch könne sie die Schnabeltasse, nicht jedoch eine normale offene Tasse, selbst benutzen. Während der Nachtstunden arbeite er, sei jedoch über das Handy für die Versicherte jederzeit erreichbar. Es falle nicht jede Nacht ein regelmäßiger Hilfebedarf an. Etwa ca. zwei Mal die Woche rufe die Versicherte nachts an und bitte ihn um Hilfe bei der Schmerzbehandlung oder um eine Unterstützung nach einem Missgeschick.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. März 2009 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Für die Pflegestufe III sei ein nächtlicher Grundpflegebedarf erforderlich, der bei der Versicherten nicht festzustellen sei. Nach beiden MDK-Gutachten erreiche sie zudem nicht die zeitliche Grundpflegegrenze von mindestens 240 Minuten pro Tag. Die Aussagen der MDK-Gutachter deckten sich auch mit den Angaben des Klägers. So habe er nur einen Pflegebedarf für die Zeit zwischen 6.30 Uhr und 20.20 Uhr mitgeteilt.
Der Kläger hat gegen das am 30. April 2009 zugestellte Urteil am 29. Mai 2009 "Widerspruch" eingelegt und ergänzend ausgeführt: Das SG habe den nächtlichen Pflegebedarf zu Unrecht abgelehnt. Aufgrund der ganz erheblichen Einschränkungen der Versicherten ergäbe sich der nächtliche Hilfebedarf doch von selbst. Aus der Tatsache, dass die Versicherte meist nachts schlafe, dürfe nicht auf eine fehlende Pflegebedürftigkeit geschlossen werden. Normalerweise müsse sie alle zwei bis drei Stunden gewindelt werden. In Konsequenz der Ausführungen der Vorinstanz im angegriffenen Urteil sei die Pflegeperson regelmäßig gehalten, ihre Arbeitsstelle zu kündigen, um die Voraussetzungen der Pflegestufe III herbeiführen zu können. Ein nächtlicher Pflegediensteinsatz hätte für die Versicherte erhebliche Kosten verursacht. Für die Morgentoilette seien allein zwischen zwei bis zweieinhalb Stunden anzusetzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 27. März 2009 sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2007 aufzuheben und ihm für die Zeit vom 23. März 2007 bis 19. Oktober 2009 für die Versicherte Käthe Spangenberg Pflegegeld nach der Pflegestufe III unter Anrechnung bereits gezahlten Pflegegeldes zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Berufung für unbegründet und ihre Bescheide für rechtmäßig.
Der Senat hat Pflegebefundberichte des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B., der Praxis für Ergotherapie B. sowie der für Physiotherapie Nierhaus eingeholt. Dr. B. hat unter dem 22. April 2010 berichtet: Die Versicherte habe über Parästhesien der linken Hand, Schmerzen an der Halswirbelsäule, rezidivierende Bauchschmerzen, Verstopfungen, Schmerzen und Schwellungen der Hände, Fingersteifigkeit, Schmerzen und Steife in den Kniegelenken, eine Druckstelle der 1. Zehe des rechten Fußes und über Harninkontinenz geklagt. Sie habe nur mit Unterstützung wenige Meter laufen können und habe sich auch im Bett kaum bewegen können. Gelegentlich sei nachts ein Windelwechsel wegen Harninkontinenz notwendig geworden, wobei sie allerdings zu dieser Zeit meist geschlafen habe. Allein habe sie sich wegen des schlechten Sehvermögens kaum beschäftigen können. Die Ergotherapeutin B. hat mitgeteilt, die Versicherte sei örtlich orientiert gewesen. In einem beigefügten Brief vom 25. Februar 2008 hat sie ergänzend ausgeführt: Die Versicherte habe zwei Mal wöchentlich Ergotherapie erhalten. Zu Beginn habe sie einen Belastungs- und Ruheschmerz in beiden Händen gehabt. Rechtsseitig habe eine Bewegungsstörung des gesamten Schulter-Arm-Hand-Bereiches vorgelegen. Die Beugemuskulatur sei steif und fest gewesen und habe einer Apolexsymptomatik entsprochen. Die feinmotorischen Bewegungen habe sie deshalb nur linksseitig ausführen können. Dies sei jedoch wegen fehlender Kraft auf dieser Seite nur eingeschränkt möglich gewesen. Durch die Sensibilitätseinschränkungen sei ihr z.B. das Besteck aus der Hand gefallen. Die Physiotherapie N. hat unter dem 13. April 2010 angegeben: Die Versicherte habe an Bewegungseinschränkungen an allen Extremitäten und der Wirbelsäule gelitten. Die Gelenke hätten starke Kontrakturen aufgewiesen. Die Füße und die Hände seien am stärksten motorisch eingeschränkt gewesen.
Der Senat hat ein Gutachten der Diplom-Pflegewissenschaftlerin W. vom 11. April 2011 nach Aktenlage erstatten lassen. Die Sachverständige hat nach Auswertung des Pflegetagebuchs, der MDK-Gutachten sowie der weiteren Befunde ausgeführt: Im Bereich der Körperpflege sei insgesamt von einem Grundpflegebedarf von 53 Minuten auszugehen. Dieser setze sich wie folgt zusammen:
I. Körperpflege (53 Minuten)
Ganzkörperwäsche (20 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Körperwäsche abends (10 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Teilwäsche Hände/Gesicht (10 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Mund- und Prothesenpflege (insgesamt 11 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Kämmen (insgesamt 6 Minuten (insgesamt 11 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Die im Pflegetagebuch aufgeführte Angabe einer Körperpflege von vier Mal täglich sei nicht nachvollziehbar. Offenbar sei dabei das Waschen von Gesicht und Händen mit einbezogen worden. Laut Angaben des Pflegedienstes seien morgens eine große und abends eine kleine Körperpflege erfolgt. Durch die Bettlägerigkeit habe diese Pflege am Bett ausgeführt werden müssen. Zwischen den MDK-Gutachten vom 2. Mai 2007 und vom 2. Juli 2007 habe sich das Waschen von Gesicht und Händen verschlechtert. Dies gelte in gleicher Weise für die Verrichtung der Mund- und Prothesenpflege. Für das Kämmen seien zwei Minuten je Verrichtung anzunehmen.
II. Blasen- und Darmentleerung (32 Minuten)
IKM-Wechsel nach Wasserlassen (32 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Im Pflegetagebuch werde der Wechsel von Inkontinenzmaterial vier Mal am Tag angegeben. Dies ergebe aufgerundet 32 Minuten täglich.
III. Ernährung (86 Minuten)
Mundgerechte Zubereitung der Nahrung (insgesamt 11 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Aufnahme der Nahrung (insgesamt 75 Minuten täglich bei Anleitung und Beaufsichtigung durch die Pflegeperson)
Im Pflegetagebuch seien die Zeiten für die mundgerechte Zubereitung deutlich überhöht. Dies könne damit zusammenhängen, dass Zeiten für die Zubereitung mit einbezogen worden seien, statt diese korrekt dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzuordnen. Der im MDK-Gutachten vom 2. Juli 2007 angesetzte Zeitrahmen von 50 Minuten werde nicht genau differenziert und sei so nicht nachvollziehbar. Für die Anleitung und Beaufsichtigung seien für die Hauptmahlzeiten 20 Minuten und für die Zwischenmahlzeiten 15 Minuten anzusetzen.
IV. Mobilität (40 Minuten)
Umlagern (insgesamt 24 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Ankleiden gesamt (insgesamt 10 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Entkleiden gesamt (insgesamt 6 Minuten täglich bei voller Übernahme durch die Pflegeperson)
Bezüglich der Umlagerung sei der Einschätzung im MDK-Gutachten vom 2. Mai 2007 nicht zu folgen, da die hierfür angesetzten 8 Minuten zu gering seien. Dagegen sei das MDK-Gutachten vom 2. Juli 2007 mit täglich 24 Minuten deutlich realistischer und entspreche einer Umlagerung alle zwei Stunden, was auch nachvollziehbar erscheine. Das MDK-Gutachten vom 2. Mai 2007 sei in der Verrichtung An- und Entkleiden mit insgesamt 16 Minuten deutlich höher als das MDK-Gutachten vom 2. Juli 2007 mit lediglich 8 Minuten. Da nicht von einer Verringerung des Hilfebedarfs ausgegangen werden könne, seien die 16 Minuten eher als realistisch anzusehen und entsprechend zu übernehmen. Für den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sei von 60 Minuten auszugehen. Zusammenfassend betrage der Grundpflegebedarf daher 211 Minuten. Dieser habe seit dem 2. Juli 2007 bestanden. Nachts sei die Versicherte wegen der Dienstzeiten des Klägers überwiegend allein gewesen. Ein nächtlicher Grundpflegebedarf sei im Pflegetagebuch nur zwei Mal zur Blasen- und Darmentleerung aufgezeigt worden.
Der Kläger ist dem Sachverständigengutachten entgegengetreten und hat geltend gemacht: Nach dem Schlaganfall habe die Versicherte die Pflegestufe II erhalten. Als Hilfsmittel seien eine Vier-Punkt-Gehhilfe, eine Toilettensitzerhöhung, ein Badewannenlift und ein Rollstuhl vorhanden gewesen. Durch die Gefühlsstörung auf der rechten Seite habe beispielsweise ein Rollator nicht genutzt werden können. Die Versicherte sei Rechtshänderin gewesen und habe sich mit links überhaupt nicht mehr waschen können. Ein Toilettenstuhl habe genau wie Unterarmstützen oder eine Gehbank – entgegen der Sachverständigen – nie existiert. Am 25. Februar 2007 sei die Versicherte im Bad gestürzt, was zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes geführt habe. So habe sie kaum noch schlafen können und vor Schmerzen geschrien. Auch habe sie zu dieser Zeit an einem Brechreiz gelitten. Dann folgten die Krankenhausaufenthalte von Mai, Juni und Juli 2007 sowie die MRSA-Erkrankung. Zu dieser Zeit habe sie 25 kg abgenommen. Das Essen habe ihr zugeführt werden müssen. Bei der Nahrungsaufnahme seien immer wieder kurze Pausen notwendig geworden, da die Zahnprothese im Unterkiefer wegen Veränderungen nicht mehr gehalten habe. Die Nahrungsaufnahme habe daher zwischen 30 bis 45 Minuten je Mahlzeit gedauert. Durch die MRSA-Erkrankung habe sie Krämpfe gehabt und hätte mehrfach am Tag erbrochen. Zeitweise sei wegen des schlechten Stuhlgangs ein Katheter erforderlich geworden. Durch den therapeutischen Einsatz sei es möglich gewesen, die Versicherte zeitweise aus dem Bett zu bekommen. Die Tabletten hätten im Mörser zerkleinert werden müssen, um die Einnahme zu ermöglichen. Wenn der Pflegedienst die Versicherte gewindelt habe, habe es nicht lange gedauert, bis diese wieder voll waren. Auch diese Aufgabe habe er im letzten Jahr der Pflege übernommen und der Versicherten Zeit gelassen, die Ausscheidungen vorzunehmen, was kein Pflegedienst hätte leisten können. Der Besuch des Augenarztes sei nur mit Unterstützung einer dritten Person möglich gewesen. Erst auf seine Eigeninitiative habe die Versicherte eine Schnabeltasse erhalten, die sie auch habe halten können. Bei jedem Windeln sei die Versicherte auch gewaschen worden. Die Zeiten der mundgerechten Zubereitung seien von der Sachverständigen zu knapp geschätzt worden. Das Ankleiden habe 15 Minuten und das Entkleiden 8 Minuten gedauert. Die von der Sachverständigen angegebene Zeit von 211 Minuten in der Grundpflege und 60 Minuten in der hauswirtschaftlichen Versorgung sei zu gering. Tatsächlich seien pro Tag sieben bis neun Stunden Pflegeaufwand notwendig gewesen. Mehr als das was er aufgewendet habe, könne überhaupt nicht geleistet werden. Es werde daher ein erneutes Sachverständigengutachten verlangt.
Der Berichterstatter hat den Kläger darauf hingewiesen, dass eine erneute Begutachtung nicht beabsichtigt sei, jedoch die Möglichkeit bestehe, einen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu stellen. Zudem erfolgten rechtliche Hinweise zur Frage der sog. objektiven Beweislast.
In einer ergänzenden Stellungnahme hat die Sachverständige W. unter dem 28. Mai 2011 ausgeführt: Trotz der teilweisen Funktionsfähigkeit der linken Hand sei für die Körperpflege ein Zeitrahmen genommen worden, der einer vollen Übernahme durch die Pflegeperson entspreche. Nach den vorliegenden Unterlagen werde ein dauerhafter, nächtlicher Hilfebedarf nicht geschildert oder im ausgewerteten Pflegetagebuch erwähnt. Die dort genannten Zeiten für die mundgerechte Zubereitung seien überhöht und nicht nachvollziehbar, Nach dem Pflegetagebuch werde der Wechsel des Inkontinenzmaterials mit vier Mal täglich angegeben. Dies entspreche tagesdurchschnittlich einem Pflegebedarf von aufgerundet 32 Minuten.
Am 1. Juni 2011 hat der Kläger erklärt, er sei finanziell nicht in der Lage einen bestimmten Arzt zu benennen. Niemand habe ihm bisher erklärt, wie sich die vorgegebene Zeit von 240 bzw. 300 Minuten genau zusammensetze. Auf der Grundlage der bisherigen Bewertung der Sachverständigen könne es überhaupt keine Pflegestufe III geben.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2007 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Er hat keinen Anspruch auf weiters Pflegegeld als Rechtsnachfolger der Versicherten.
Der Kläger ist aktivlegitimiert und berechtigt, bestehende Ansprüche der verstorbenen Versicherten als Sonderrechtsnachfolger gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) oder jedenfalls als Alleinerbe der Versicherten gemäß § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend zu machen. Nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB I stehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten vorrangig den Kindern zu, wenn ein Ehegatte oder Lebenspartner nicht vorhanden ist und das Kind mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihm wesentlich unterhalten worden ist. Dies trifft auf den Kläger nach Ansicht des Senats zu. Zwar haben er und die Versicherte jeweils auch über eigene Räumlichkeiten im eigenen Haus verfügt. Dies gilt jedoch nicht für das gemeinsam genutzte Bad und die Küche. Auch wegen der starken Einbindung des Klägers in die Haushaltsführung der Versicherten kann von einer gemeinschaftlichen Lebens- und Wirtschaftsführung und damit von einem gemeinsamen Haushalt ausgegangen werden. Jedenfalls ist der Kläger als Alleinerbe der Versicherten berechtigt, die ursprünglich von der Versicherten verfolgten Ansprüche weiter zu verfolgen.
Die Voraussetzungen für eine Neufeststellung gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) wären nur dann erfüllt, wenn bei der Versicherten in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten wäre. Seit Erlass des Bescheides vom 20. Juni 2002 sind in den gesundheitlichen sowie pflegerischen Verhältnissen der Versicherten keine wesentlichen Veränderungen eingetreten. Für den geltend gemachten Zeitraum vom 26. März 2007 bis 19. Oktober 2009 liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach der Pflegestufe III nicht vor.
Der Anspruch auf Pflegeleistungen, insbesondere auf das Pflegegeld nach der Pflegestufe III, ist in § 37 Abs. 1 SGB XI i. V. m. den §§ 14, 15 SGB XI geregelt. Nach § 37 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der ihnen sonst zustehenden häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Diese Sicherstellung war im Fall der Versicherten gegeben. Sie lebte für den streitbefangenen Zeitraum in einem Haushalt mit dem Kläger und wurde von diesem und den Mitarbeitern eines Pflegedienstes gepflegt.
Grundvoraussetzung für die Leistungsgewährung ist, dass Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI vorliegt. Pflegebedürftig sind danach Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Abs. 4 SGB XI im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und das Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen oder Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäschen und Kleidung oder das Beheizen. Dass grundsätzlich eine Pflegebedürftigkeit bei der Versicherten vorgelegen hatte, ist aufgrund des feststehenden Krankheitsbildes und der von der Beklagten bereits gewährten Pflegestufe II offenkundig und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Die Höhe des Pflegegeldes richtet sich danach, welcher Stufe der Pflegebedürftigkeit die pflegebedürftige Person zuzuordnen ist. Die Voraussetzungen für die einzelnen Stufen der Pflegebedürftigkeit sind in § 15 SGB XI definiert. Die Zuordnung zur Pflegestufe III setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedarf, und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Des Weiteren muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 5 Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens 4 Stunden (240 Minuten) entfallen müssen. Unter die Grundpflege fallen in Abgrenzung zum Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung die Hilfen in den in § 14 Abs. 4 Ziffern 1 bis 3 SGB XI näher definierten Bereichen der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität.
Die vorgenannten Voraussetzungen sind im Fall der Versicherten für den geltend gemachten Zeitraum nicht erfüllt. Es fehlt bereits an einem nächtlichen Hilfebedarf im Sinne des Gesetzes (dazu im Folgenden 1.) und auch an den zeitlichen Voraussetzungen für die Pflegestufe III (dazu im Folgenden 2.).
1. Der Zuerkennung der Pflegestufe III steht bereits der fehlende bzw. nicht nachgewiesene nächtliche Hilfebedarf der Versicherten entgegen. Nächtlicher Hilfebedarf setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 – B 3 P 7/97 R, Urteil vom 17. Mai 2000 – B 3 P 20/99 R; Urteil vom 31. August 2000 B 3 P 16/99 R, jeweils zitiert nach juris) voraus, dass ein Pflegebedarf "rund um die Uhr, auch nachts" besteht, d.h. ein nächtlicher Pflegebedarf für zumindest eine der in § 14 Abs 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI aufgeführten Verrichtungen der Grundpflege in dieser Zeit gegeben ist. Dies erfordert einen regelmäßigen nächtlichen Hilfebedarf, der grundsätzlich auch jede Nacht auftreten muss. Ausnahmsweise ist es hierbei jedoch unschädlich, wenn nur an wenigen einzelnen Tagen im Verlaufe eines Monats eine solche nächtliche Hilfe nicht zu leisten ist (vgl. Urteile des BSG vom 29. April 1999 – B 3 P 7/98 R, vom 19. Februar 1998 – B 3 P 7/97 R und vom 18. März 1999 – B 3 P 3/98 R, jeweils zitiert nach juris). Wie im Urteil des BSG vom 18. März 1999 – B 3 P 3/98 R (a.a.O.) ausgeführt, findet eine Hilfeleistung "nachts" statt, wenn sie zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens objektiv erforderlich ist, die Hilfe also nicht auf einen Zeitpunkt vor 22 Uhr und/oder nach 6 Uhr verlegt werden kann. Eine bloße Ruf- und Einsatzbereitschaft in dieser Zeit genügt dagegen nicht den Anforderungen an einen nächtlichen Pflegebedarf bzw. an eine nächtliche Pflege im Sinne dieser Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 – B 3 P 6/97 R, zitiert nach juris). Die Pflegestufe III verlangt damit mindestens einen mehr oder weniger regelmäßigen nächtlichen Hilfebedarf, der zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr auch tatsächlich geleistet wird (vgl. Udsching unter Hinweis auf die BSG-Rechtsprechung, SGB XI, 3. Auflage 2010 zu § 15 Rdn. 8).
Nach den Angaben des Klägers war er regelmäßig berufsbedingt ab ca. 20.00 Uhr nicht mehr zur Pflege der Versicherten im Einsatz. Diese war auch keiner anderen Person für die Nachtstunden übertragen, da die Versicherte in dieser Zeit – von wenigen Ausnahmen abgesehen – geschlafen hat und tatsächlich kein regelmäßiger Pflegebedarf in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr angefallen war. Dieser Sachverhalt wird durch die Angaben des Klägers, den Pflegebefundbericht von Dr. B. und die Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen bestätigt. Nur an wenigen Tagen im Monat ist daher bei der Versicherten überhaupt ein nächtlicher Pflegebedarf aufgetreten. Damit fehlt es bereits an einem entscheidenden Tatbestandsmerkmal für die Zuerkennung der Pflegestufe III nach dem SGB XI. Der von der gerichtlichen Sachverständigen empfohlene nächtliche Lagerungswechsel der Versicherten ist im streitigen Zeitraum tatsächlich nie geleistet worden und kann daher nicht als nächtliche Hilfe im Sinne des SGB XI anerkannt werden. Der vom Kläger beschriebene nächtliche Bereitschaftsdienst kann dagegen einem tatsächlichen nächtlichen Hilfebedarf in einer Verrichtung nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht gleichgesetzt werden.
2. Darüber hinaus kann der Senat auch nicht feststellen, dass bei der Versicherten in der Zeit vom 26. März 2007 bis zum 19. Oktober 2009 tatsächlich ein Grundpflegebedarf von mindestens 4 Stunden wöchentlich im Tagesdurchschnitt vorgelegen hatte. Der Pflegebedarf umfasste entgegen dem Vorbringen des Klägers weniger als die erforderlichen 240 Minuten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den schlüssigen und ausführlichen MDK-Gutachten vom 2. Mai 2007 (Pflegefachkraft N.) und vom 2. Juli 2007 (Pflegefachkraft M.) sowie aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten nach Aktenlage der Diplom-Pflegewissenschaftlerin W. vom 11. April 2011. Keine der im Höherstufungsverfahren eingesetzten beteiligten Pflegegutachterinnen vermochte einen Grundpflegebedarf von mindestens 240 Minuten festzustellen. Vielmehr blieben die Pflegekraft N. (124 Minuten Grundpflege), die Pflegekraft M. (180 Minuten Grundpflege) und die gerichtliche Sachverständige W. (211 Minuten Grundpflege) – wenn auch mit Abweichungen in den jeweiligen Einzelverrichtungen – jeweils deutlich unterhalb der maßgeblichen Grenze. Allein die eher vagen Einschätzungen des Klägers sprechen für das Erreichen der Pflegestufe III für den hier streitigen Zeitraum. Dies genügt jedoch für die richterliche Überzeugungsbildung nicht. Denn es hat sich die Sachverständige W. eingehend mit dem Pflegetagebuch auseinandergesetzt und nachdem sie in den Bereichen Körperpflege (nicht nachvollziehbares viermaliges Waschen) sowie für die mundgerechte Zubereitung deutlich überhöhte Zeitangaben des Klägers festgestellt hat, ist sie zu einem Zeitbedarf von 211 Minuten gelangt. Das vorgelegte Pflegetagebuch ist daher nur teilweise verwertbar und somit nur bedingt geeignet, die vom Kläger behaupteten höheren Pflegezeiten nachzuweisen. Nach den übereinstimmenden Bewertungen der MDK-Gutachterinnen und der gerichtlichen Sachverständigen erreicht die Versicherte nicht die Voraussetzungen einer täglichen Grundpflege von mindestens 240 Minuten. Da auch unter Heranziehung des für den Kläger günstigsten Gutachtens von der Dipl.-Pflegewissenschaftlerin W. die Versicherte die maßgebliche Grenze mit 29 Minuten immer noch deutlich verfehlt, bleibt auch für die Heranziehung eines wohlwollenden Prüfungsmaßstabes in sog. Grenzfällen kein Raum (vgl. zu diesen Fällen; BSG, Urteil vom 7. Juli 2005 B 3 P 8/04 R, zitiert nach juris).
Dieses Ergebnis lässt sich auch mit den Grundsätzen der sog. objektiven Beweislast rechtfertigen. Die bloßen Behauptungen des Klägers zu den angeblichen Pflegezeiten stehen im deutlichen Widerspruch zu den drei anderslautenden Pflegegutachten und begründen ganz erhebliche Zweifel, ob seinen Angaben gefolgt werden kann. Diese Zweifel gehen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu seinen Lasten. Nach der vollständigen Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhaltes – wie im folgenden Fall – kommt der Frage der Beweislast eine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2010, B 11 AL 4/09 R, mit zahlreichen Nachweisen, zitiert nach juris). Dabei ist von folgender Grundregel auszugehen. Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der daraus für sich eine günstige Rechtsfolge herleiten will. Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich nach der für den Rechtsstreit maßgeblichen materiell-rechtlichen Norm. Unter Anwendung dieser Beweislastgrundsätze trägt der Kläger die objektive Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Pflegestufe III bei der Versicherten im streitigen Zeitraum, da er einen Leistungsanspruch behauptet. Die durch den Tod der Versicherten entstandenen Beweisprobleme hat nach der eindeutigen Gesetzeslage er zu tragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil es sich um die Entscheidung eines Einzelfalles auf gesicherter rechtlicher Grundlage handelt.
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