L 11 KR 3485/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 2125/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3485/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.06.2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits für beide Instanzen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.352,13 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin verpflichtet war, für den Beigeladenen zu 1) für die Zeit vom 01.04.1994 bis zum 31.05.1995 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten und ob die Beklagte verpflichtet ist, die bereits gezahlten Beiträge in Höhe von 7.352,13 EUR zu erstatten.

Am 04.04.1993 schloss der Beigeladene zu 1) mit der R. B. Verlag GmbH und der G. K. Verlag GmbH, die aufgrund des Verschmelzungsvertrags vom 13.06.2008 und der Versammlungsbeschlüsse der beteiligten Rechtsträger vom 13.06. und 15.08.2008 zur Klägerin verschmolzen (Handelsregister B des Amtsgerichts Stuttgart, HRB 261388, S 2), einen Handelsvertretervertrag ab. Der Beigeladene zu 1) wurde gegen Zahlung von Provisionen für die Rechtsvorgängerinnen (im Folgenden: RV) der Klägerin als freier Handelsvertreter tätig, wobei er als hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger bei der Beklagten nach § 22 Abs 4 ihrer damals gültigen Satzung freiwillig krankenversichert war. Im Oktober 1995 kündigten die RV der Klägerin den Handelsvertretervertrag fristlos. In dem nachfolgend vor dem Arbeitsgericht Erfurt geführten Rechtsstreit (Az: 7 Ca 600/95), in dem sich der Beigeladene zu 1) sowohl gegen die fristlose Kündigung als auch gegen die Nichtabrechnung von Provisionen wandte, wurde der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt, da der Beigeladene zu 1) auch Einfirmenvertreter im Sinne von § 5 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) sei. Die dortigen Beteiligten einigten sich am 23.04.1997 dahingehend, dass das Beschäftigungsverhältnis mit Wirkung zum 17.10.1995 sein Ende gefunden habe und die RV der Klägerin verpflichtet seien, an den Beigeladenen zu 1) gesamtschuldnerisch DM 6.000,- zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen.

Mit Schreiben vom 30.09.1997 wandte sich der Beigeladene zu 1) an das damalige Bundesministerium für Gesundheit und machte geltend, er sei während seiner Beschäftigung bei den RV der Klägerin sozialversicherungspflichtig gewesen. Nachdem dieses Schreiben an das Bundesversicherungsamt weitergeleitet wurde und die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) unter dem 15.01.1999 mitteilte, der Beigeladene zu 1) sei im Rahmen seines Vertrages mit der K.-B.-Verlagsgruppe nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.03.2000 die Feststellung einer versicherungs- und beitragspflichtigen Beschäftigung im Zeitraum vom 01.04.1993 bis 31.05.1995 (Ende der Mitgliedschaft) ab. In dem vom Beigeladenen zu 1) angestrebten Rechtsstreit, zu dem auch die RV der Klägerin beigeladen waren, wurde durch Urteil des Thüringischen Landessozialgerichts vom 19.12.2005 (Az: L 6 KR 959/02) festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) im Zeitraum vom 01.04.1993 bis zum 31.05.1995 bei den RV der Klägerin versicherungs- und beitragspflichtig beschäftigt war.

Nachdem der Beigeladene zu 1) die Beitragsentrichtung für die streitige Zeit bei der Deutschen Rentenversicherung Bund anmahnte, die die Erinnerung an die Beklagte übermittelte, forderte diese die RV der Klägerin auf mitzuteilen, in welchem Zeitraum der Beigeladene zu 1) bei ihnen beschäftigt gewesen sei. Daraufhin teilten diese - jeweils mit gesondertem Schreiben vom 24.04.2006 - mit, dass der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 04.01.1993 bis zum 10.10.1995 als selbständiger Handelsvertreter tätig gewesen sei. Unter dem 26.04.2006 forderte die Beklagte die RV der Klägerin daraufhin auf, die Meldungen zur Sozialversicherung für die Zeit der Beschäftigung vom 01.04.1993 bis 31.05.1995 zu übersenden und die Beitragsnachweise zu erstellen. Diese teilten durch ihren damaligen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten mit, dass die Einrede der Verjährung erhoben werde. Die Beklagte stimmte mit Schreiben vom 27.07.2006 der Einrede der Verjährung für die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu. Für den Bereich der Rentenversicherung sei jedoch § 198 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu beachten. Danach hemme ua ein Beitragsverfahren die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Beiträgen. Der Beigeladene zu 1) habe mit Schreiben vom 30.09.1997 ein Beitragsverfahren angestrengt, sodass die Verjährung bis zum Urteil des Thüringischen Landessozialgerichts gehemmt gewesen sei. Es sei daher beabsichtigt, die Beiträge zur Rentenversicherung für die Zeit vom 01.04.1993 bis 31.05.1995 gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber geltend zu machen. Es wurde auf das Anhörungsrecht nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verwiesen. Hiergegen wandte der damalige Prozessbevollmächtigte der RV der Klägerin ein, ein Beitragsverfahren sei nicht rechtzeitig eingeleitet worden sei. Das tatsächlich durchgeführte Beitragsverfahren habe offensichtlich erst im Jahr 2000 begonnen. Zudem könne die Hemmung der Verjährung erst beginnen, wenn der Arbeitgeber wirksam in das Verfahren einbezogen worden sei, was erst mit dem am 03.07.2000 zugestellten Beiladungsbeschluss geschehen sei. Auch sei innerhalb von sechs Monaten nach Erlass des Urteils des Thüringischen LSG kein Beitragsbescheid ergangen. Außerdem seien eventuelle Beitragsansprüche verwirkt. Unter dem Betreff "B. M. GmbH und K. M. GmbH und P. S." teilte die Beklagte mit Schreiben vom 16.10.2006 dem damaligen Prozessbevollmächtigten der RV der Klägerin mit, das Urteil des Thüringischen LSG sei erst am 12.01.2006 zugestellt worden, sodass es erst am 11.02.2006 rechtskräftig geworden sei. Mit Schreiben vom 26.04.2006 sei der Arbeitgeber aber gebeten worden, die entsprechenden Meldungen zu erstellen. Für das Jahr 1993 seien insgesamt 8.999,28 DM, für das Jahr 1994 insgesamt 9.397,68 DM und für die Monate Januar bis April 1995 insgesamt 4.981,84 DM zu zahlen. Unter dem 09.01.2007 verzichtete die Beklagte auf die Geltendmachung der Forderung für das Jahr 1993 und hielt im Übrigen an der Beitragsforderung fest. Mit Bescheid vom 18.07.2007, der unter dem Betreff "B. M. GmbH und K. M. GmbH und P. S." an den damaligen Prozessbevollmächtigten der RV der Klägerin gerichtet war, teilte die Beklagte unter Bezugnahme auf ihre Schreiben vom 09.01.2007, 16.10.2006 und 27.07.2006 mit, dass an der Beitragsforderung für das Jahr 1994 in Höhe von 4.804,96 EUR und für das Jahr 1995 in Höhe von 2.547,17 EUR festgehalten werde.

Hiergegen erhoben die RV der Klägerin am 16. August 2007 Widerspruch. Die Klägerin zahlte daraufhin die geforderten Beiträge in Höhe von 7.352,13 EUR unter Vorbehalt an die Beklagte, wobei am Widerspruch festgehalten wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei bereits unzulässig, sowohl gegen die K. M. GmbH als auch gegen die B. M. GmbH mit lediglich einem Bescheid zu entscheiden. Es handle sich um zwei juristische Personen, sodass (nur) ein Bescheid nicht der erforderlichen Bestimmtheit genüge. Im Übrigen werde an der Verjährungseinrede festgehalten. Ein Beitragsverfahren sei nicht verjährungshemmend eingeleitet worden. Auch könne die Hemmung der Verjährung erst bejaht werden, wenn der Arbeitgeber wirksam in das Beitragsverfahren einbezogen worden sei. Die Beklagte wurde unter Fristsetzung bis zum 20.11.2007 zur Rückzahlung der Beiträge in Höhe von 7.352,13 EUR aufgefordert. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2008 zurück. Die RV der Klägerin seien verpflichtet, Rentenversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1) für die Zeit vom 01.01.1994 bis 31.05.1995 in Höhe von 7.352,13 EUR nachzuentrichten, sodass ein Anspruch auf Erstattung der bereits gezahlten Beiträge nicht bestehe. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Beiträge ergebe sich aus § 28e Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach habe der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die zuständige Einzugsstelle zu zahlen. Die erhobene Verjährungseinrede greife im Hinblick auf die Beiträge zur Rentenversicherung nicht, da der Beigeladene zu 1) bereits am 30.09.1997 ein Beitragsverfahren im Sinne des § 198 SGB VI eingeleitet habe. Die Beklagte habe insbesondere die 6-Monats-Frist des § 198 Satz 2 SGB VI nach Erlass des Urteils des Thüringischen LSG eingehalten. Soweit im Oktober 1997 und August 2002 Betriebsprüfungen durchgeführt worden seien, bestehe kein Vertrauensschutz, da sich Betriebsprüfungen lediglich auf Stichproben bezögen. Auch eine Verwirkung sei nicht eingetreten. Der Einwand, dem Bescheid vom 18.07.2007 würde es an der erforderlichen Bestimmtheit fehlen, gehe fehl. In diesem Zusammenhang sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 26.04.2006 die RV der Klägerin getrennt voneinander gebeten habe, die Meldungen für die entsprechenden Beitragsnachweise zu erstellen und die fälligen Beiträge zu zahlen. Daraufhin habe der damalige Prozessbevollmächtigte bekanntgegeben, dass er beide vertrete und für diese die Einrede der Verjährung erhebe. In der Folgezeit sei daraufhin folgerichtig ausschließlich mit dem Prozessbevollmächtigten korrespondiert worden, mit abschließender Bescheiderteilung an den damaligen Prozessbevollmächtigten.

Hiergegen hat die Klägerin am 13.03.2008 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, die Beitragsfestsetzung gegenüber zwei unterschiedlichen juristischen Personen sei weder nachvollziehbar noch hinreichend bestimmt. Es erfolge pauschaliert und unsubstantiiert eine Beitragsfestsetzung, obwohl eine Differenzierung stattzufinden habe. Darüber hinaus werde die Verjährungseinrede voll umfänglich aufrecht erhalten, wobei der Anspruch auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge darüber hinaus noch verwirkt sei. Schließlich habe die Beklagte auch die 6-Monats-Frist nach Erlass des Urteils des Thüringischen LSG nicht eingehalten. Denn die Beklagte habe bereits mit Verkündung am 19.12.2005 Kenntnis von der Beitragspflicht gehabt.

Mit Urteil vom 24.06.2010 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2008 verurteilt, an die Klägerin 7.352,13 EUR nebst Zinsen iHv 4 % gemäß § 27 Abs 1 SGB IV ab 01.01.2008 bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der angefochtene Beitragsbescheid sei unbestimmt und daher rechtswidrig. Gemäß § 33 Abs 1 SGB X müsse ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeute, dass der Adressat des Verwaltungsaktes in der Lage sein müsse, das von ihm Geforderte zu erkennen. Der Beitragsbescheid vom 18.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2008 lasse zwar erkennen, dass dieser an die RV der Klägerin adressiert gewesen sei und in welcher Höhe eine Beitragsforderung festgesetzt werde. Jedoch sei zu beachten, dass von dem streitgegenständlichen Beitragsbescheid mehrere Beitragsschuldner, nämlich zwei selbständige juristische Personen, betroffen gewesen seien und diesem nicht zu entnehmen gewesen sei, ob die Beitragsschuldner als Gesamtschuldner, nach Bruchteilen oder jeweils in voller Höhe unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden sollten. Diese Unklarheiten seien durch den Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht worden, der gemeint habe, die RV der Klägerin hätten den Beitragsanteil entrichten sollen, der auf das an den Beigeladenen zu 1) jeweils geleistete Entgelt entfallen sei. Eine anteilige Aufteilung der festgesetzten Rentenversicherungsbeiträge sei nicht möglich gewesen, da der Beklagten die Entgelte nicht mitgeteilt worden seien. Gleichwohl sei es Aufgabe der Beklagten, in dem Beitragsbescheid klar und eindeutig kenntlich zu machen, in welcher Höhe von wem Beiträge zur Rentenversicherung verlangt würden bzw in welchem Verhältnis die Beitragsschuldner zueinander stünden (beispielsweise Gesamtschuldner). Daher hätten die RV der Klägerin aus dem Bescheid nicht hinreichend deutlich entnehmen können, ob sie jeweils als Einzelschuldner die Beitragsforderung erfüllen müssten oder als Gesamtschuldner. Die nicht hinreichende Bestimmtheit des Beitragsbescheides führe zu dessen Rechtswidrigkeit. Daran ändere der Umstand, dass die RV mittlerweile zur Klägerin verschmolzen seien, nichts. Denn zum einen sei bei der hier erhobenen Anfechtungsklage für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich. Zum anderen müsse die Bestimmtheit des Verwaltungsaktes im Zeitpunkt seines Zugangs bei dem Adressaten vorliegen. Nachdem die Klägerin zu Unrecht an die Beklagte die Beitragsforderung iHv 7.352,13 EUR geleistet habe, habe diese diesen Betrag zu erstatten. Die Forderung sei gemäß § 27 Abs 1 Satz 1 SGB IV mit 4 vH ab 01.01.2008 bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung zu verzinsen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB IV erforderliche Erstattungsantrag in der Widerspruchsbegründung vom 06.11.2007 zu sehen sei, mit der die Rückforderung der unter Vorbehalt erfolgten Beitragserbringung verlangt worden sei.

Gegen das der Beklagten am 05.07.2010 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.07.2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, es sei zu beachten, dass der Beigeladene zu 1) mit der R. B. Verlag GmbH sowie der G. K. Verlag GmbH im Rahmen einer einheitlichen Vertragsurkunde am 04.04.1993 auf dem Geschäftsbogen der K.-B. Verlags-Gruppe einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen habe. Mit Beschluss vom 23.05.1996 habe das Arbeitsgericht E. festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) ein Einfirmenvertreter iSd § 5 ArbGG sei. Diese Tatsache deute auf eine Gesamtschuldnerschaft hin. In diesem Zusammenhang gebe der Vergleich vom 23.04.1997 zusätzlich Aufschluss. Diesem Vergleich sei zu entnehmen, dass die RV der Klägerin gesamtschuldnerisch verpflichtet wurden, an den Beigeladenen zu 1) 6.000,- DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu zahlen. In Kenntnis dieser Tatsachen habe sie im Bescheid vom 18.07.2007 voraussetzen können, dass das Vorliegen einer Gesamtschuldnerschaft allgemein unzweifelhaft bzw unstrittig sei. Die Frage, ob es überhaupt möglich gewesen sei, die Forderung zu splitten, könne deshalb unbeantwortet bleiben. Zur weiteren Begründung hat die Beklagte den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 23.05.1996 (Az: 7 Ca 600/95) sowie die Niederschrift vom 23.04.1997 vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.06.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend. Es sei davon auszugehen, dass die Berufung nach Ablauf der Berufungsfrist eingelegt worden sei, sodass sie bereits aus diesem Grund zurückzuweisen sei. Auch sei der neuerliche Vortrag der Beklagten als verspätet zurückzuweisen. Darüber hinaus sei dem Vergleich vom 23.04.1997 kein Unbestimmtheitsvorwurf zu machen, da hier die Gesamtschuldnerschaft festgestellt worden sei. Die Bescheide der Beklagten enthielten einen solchen Passus nicht. Es sei aber Aufgabe der Beklagten, eindeutig kenntlich zu machen, in welcher Höhe von wem welche Beiträge verlangt würden bzw in welchem Verhältnis die Beitragsschuldner zueinander stünden. Auch wenn die beiden RV der Klägerin zusammen mit dem Beigeladenen zu 1) einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen hätten, bedeute dies nicht, dass es sich lediglich um einen Handelsvertretervertrag gehandelt habe. Die tatsächlichen Verhältnisse seien maßgebend. Schließlich verstehe die Beklagte den Begriff "Einfirmenvertreter" falsch. Denn das Arbeitsgericht E. habe lediglich den Rechtsweg für zulässig erklärt und hierfür den Ausschluss der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für andere Unternehmen festgestellt.

Die Beigeladene zu 2) hat sich dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen, jedoch keinen Antrag gestellt. Auch der Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig, denn sie ist innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist beim LSG eingegangen. Das Urteil des SG vom 24.06.2010 wurde der Beklagten am 05.07.2010 zugestellt. Dies entnimmt der Senat dem Empfangsbekenntnis vom 05.07.2010 (Bl 53c der SG-Akte). Die Berufungsfrist endete daher mit Ablauf des 05.08.2010. Die am 26.07.2010 beim LSG eingelegte Berufung ist daher fristgemäß. Die Berufung ist aber unbegründet, da das SG die Beklagte zu Recht verurteilt hat, an die Klägerin 7.352,13 EUR nebst Zinsen iHv 4 % ab dem 01.01.2008 bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung zu zahlen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2008 ist nicht hinreichend bestimmt und daher rechtswidrig, sodass die streitigen Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind.

Das SG hat unter Zugrundelegung der hier maßgeblichen Rechtsnormen ausführlich und zutreffend dargelegt, dass der Bescheid vom 18.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2008 (§ 95 SGG) nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs 1 SGB X und damit rechtswidrig ist. Die von der Klägerin gezahlten Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung für die Jahre 1994 und 1995 iHv insgesamt 7.352,13 EUR sind daher ohne Rechtsgrund - mithin zu Unrecht - gezahlt worden, was nach § 26 Abs 2 SGB IV zur Folge hat, dass die entrichteten Beiträge zu erstatten sind. Um Wiederholungen zu vermeiden schließt sich der Senat dem wohl begründeten Urteil des SG an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs 2 SGG).

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen wird lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass auch bei Vorliegen von Indizien, die für eine Gesamtschuldnerschaft im Sinne der §§ 421 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sprechen, erkennbar sein muss, ob die Betroffenen als Gesamtschuldner einzeln oder nach Bruchteilen in Anspruch genommen werden (vgl Engelmann in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 7. Auflage 2010, § 33 Rdnr 6 mwN). Denn nach § 421 Satz 1 BGB kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Insoweit hätte es in pflichtgemäßem Ermessen (vgl § 39 Abs 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I]) der Beklagten gelegen, zu entscheiden, ob sie die geforderten Beiträge von beiden RV der Klägerin als Gesamtschuldner einzeln oder nach Bruchteilen in Anspruch nehmen wollte (vgl allgemein hierzu BSG, 12.12.2001, B 6 KA 3/01 R, SozR 3-2500 § 82 Nr 3 = juris Rdnr 23).

Die mangelnde Bestimmtheit kann auch nicht nach § 41 Abs 2 SGB X geheilt werden. Denn es liegt keine Formfehler, sondern ein materieller Fehler vor (vgl BSG, 17.12.2009, B 4 AS 30/09 R; BSG, 13.07.2006, B 7a AL 24/05 R, SozR 4-1200 § 48 Nr 2; Waschull in: LPK-SGB X, 3. Auflage 2011, § 33 Rdnr 6). Auch soweit eine Heilung durch Ersetzung des Beitragsbescheids durch einen klarstellenden Beitragsbescheid angenommen wird (vgl in anderem Zusammenhang BVerwG, 14.12.1990, 7 C 5/90, BVerwGE 87/241), führt dies vorliegend zu keinem anderen Ergebnis, da die Beklagte den hier angegriffenen Beitragsbescheid nicht durch einen hinreichend bestimmten Bescheid ersetzt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 47 Abs 1, 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt die im Antrag der Klägerin bezifferte Geldleistung, deren Höhe für die Streitwertfestsetzung maßgebend ist.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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