S 27 KR 135/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 27 KR 135/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V scheidet bei Kuraufenthalten im EU-Ausland aus, wenn für die Kurreise ein Reisevertrag mit einem deutschen Reiseveranstalter geschlossen und ein Pauschalpreis vereinbart wurde.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. 3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erstattung der Kosten für den Aufenthalt und die Inanspruchnahme von Kuranwendungen im Kurhaus I. der B. AG in der Tschechischen Republik (im Folgenden Kurhaus I.) im Zeitraum 25.03.2009 bis 08.04.2009.

Mit Formularschreiben vom 17.01.2009 regte die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. F. für den Kläger eine ambulante Vorsorgeleistung in einem anerkannten Kurort gemäß § 23 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) an. Der Kläger beantragte daraufhin für den streitge-genständlichen Zeitraum bei der Beklagten unter Vorlage der ärztlichen Anregung mit Formularantrag vom 24.01.2009 die Gewährung einer ambulanten Vorsorgeleistung in dem Kurort F. im Kurhaus I.

Mit Bescheid vom 17.03.2009 lehnte die Beklagte den Antrag zunächst mit der Begründung ab, die Kurreise sei medizinisch nicht erforderlich. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 19.03.2009 Widerspruch. Der daraufhin mit einer erneuten Begutachtung beauftragte MDK Berlin-Brandenburg (Dipl.-Med. E.) führte sodann in seinem Gutachten vom 04.05.2009 aus, eine ambulante Vorsorgemaßnahme in einem Kurort sei indiziert. Nach Aufforderung durch die Beklagte reichte der Kläger daraufhin die Buchungsbestätigung vom 11.11.2008 für den bereits am 29.10.2008 bei der M. GmbH aus B. für die Zeit vom 25.03.2009 bis 08.04.2009 gebuchten Kuraufenthalt im Kurhaus I. der B. AG in der Tschechischen Republik ein. Aus dem Schreiben der M. GmbH geht hervor, dass der Kläger einen Kuraufenthalt für die Zeit vom 25.03.2009 bis 08.04.2009 zu einem hinsichtlich der Einzelleistungen nicht näher aufgeschlüsseltem Gesamtpreis von 826,00 EUR zuzüglich eines Zuschlags für Vollpension in Höhe von 70,00 EUR für Unterkunft, Verpflegung, ärztliche Eingangs- und Abschlussuntersuchung, 3 Kuranwendungen täglich nach ärztlicher Verordnung sowie für die Nutzung des Wellnesskomplexes A. gebucht hat. Der Buchungsbestätigung war ein Sicherungsschein für Pauschalreisen gem. § 651k Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beigefügt, in dem die M. GmbH als Reiseveranstalter benannt wurde.

Der Kläger übersandte der Beklagten darüber hinaus eine offensichtlich vom Kurhaus in der Tschechischen Republik erstellte "Übersicht der absolvierten Heilbehandlung" während des Aufenthalts des Klägers im Kurhaus I. im Zeitraum 25.03.2009 bis 08.04.2009. Aus diesem geht hervor, dass der Kläger Behandlungen in einem Umfang von 255,00 EUR in Anspruch ge-nommen habe.

Mit weiterem Bescheid vom 03.06.2009 lehnte die Beklagte daraufhin eine Kostenbeteiligung ab. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, der Kläger habe eine Pauschalkur gebucht. Die gebuchte Reise habe damit Leistungen unabhängig davon, ob diese medizinisch notwendig gewesen seien oder nicht, umfasst. Darüber hinaus seien keine Aufwendungen direkt gegen-über einem Leistungserbringer, d. h. Arzt, Therapeuten oder Apotheker entstanden.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 05.06.2009 erneut Widerspruch u. a. mit der Begründung, seine Ehefrau habe die Kosten für den identischen Kuraufenthalt von ihrer Kran-kenkasse erstattet bekommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit im We-sentlichen gleich lautender Begründung zurück.

Mit der am 07.09.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Be-gründung trägt er u. a. vor, er sei sehr wohl einem Anspruch eines Leistungserbringers ausge-setzt gewesen. Nur weil hierfür ein Pauschalpreis vereinbart worden sei, könne dies den Kos-tenerstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht ausschließen. Für den Kläger sei zudem nicht erkennbar gewesen, dass ein so genannter Pauschalpreis einem Erstattungsanspruch gegen die Beklagte entgegenstehen würde. Die in Anspruch genommenen Heilmittel seien allesamt me-dizinisch notwendig gewesen. Entscheidend sei, dass die medizinischen Leistungen von medi-zinischem Personal erbracht worden seien. Deshalb sei es auch unerheblich ob Vertragspartner des Klägers die M. GmbH gewesen sei. Zudem sei aus der nachträglich erstellten Abrechnung des Kurhauses erkennbar, wie hoch der Anteil der medizinischen Leistungen am Gesamtpau-schalpreis war. Jedenfalls läge ein Beratungsverschulden der Beklagten vor, sodass hier eine Kostenerstattung auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu gewähren sei.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.2009 in der Fassung des Bescheids vom 03.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2009 zu verurteilen, die dem Kläger entstandenen Kosten für ambulante Vorsorgeleistungen (Kuraufenthalt im Kurhaus I. im Zeitraum 25.03.2009 bis 08.04.2009) in gesetzlicher Höhe zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, hier sei allein zwischen dem Kläger und der M. GmbH ein Vertrag zustande gekommen. Eine Kostenerstattung setzte jedoch einen Behand-lungsvertrag zwischen dem Versicherten und dem ausländischen Leistungserbringer voraus.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (Versicherten-nummer:) Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer durfte ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsstreit entscheiden, weil die Beteiligten sich mit Schriftsätzen vom 09.09.2011 bzw. 16.09.2011 mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten im Zusammenhang mit seinem Kuraufenthalt im Kurhaus I. im Zeitraum im Zeit-raum 25.03.2009 bis 08.04.2009.

1. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) stellen die Krankenkas-sen den Versicherten die in §§ 11 bis 66 SGB V genannten Leistungen unter Beachtung des in § 12 SGB V geregelten Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit das SGB V oder das Neunte Buch Sozialge-setzbuch (SGB IX) nichts Abweichendes vorsehen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Kranken-kasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsehen (§ 13 Abs. 1 SGB V).

Der Kläger kann jedoch weder aus den einzig in Betracht kommenden § 13 Abs. 3 SGB V noch aus § 13 Abs. 4 SGB V einen Kostenerstattungsanspruch herleiten. Ein Kostenerstat-tungsanspruch besteht auch nicht schon deshalb, weil die Krankenkasse dadurch, dass der Ver-sicherte Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, tatsächlich oder vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart hat. Andernfalls könnte die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne weiteres durchbrochen werden (BSG, Beschluss vom 26.07.2004 - B 1 KR 30/04 B, veröffent-licht in JURIS-Datenbank).

a) Ein Kostenerstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 3 SGB V muss schon deshalb ausscheiden, weil die allein für Inlandssachverhalte konzipierte Norm neben den europarechtskonform aus-zulegenden Regelungen des deutschen Kostenerstattungsrechts in § 13 Abs. 4 und 5 SGB V, die zur Umsetzung der passiven EG-Dienstleistungsfreiheit ergangen sind, nicht anwendbar ist (ausdrücklich BSG, Urteil vom 30.06.2009 – B 1 KR 22/08 R, veröffentlicht in JURIS-Datenbank; ferner Brandts, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Loseblatt, Stand: 67. EL 2010, § 13 SGB V, Rn. 49; vgl. auch BSG, Urteil vom 30.06.2009 – B 1 KR 19/08 R, veröffentlicht in JURIS-Datenbank). Der Kläger macht jedoch gerade Kostenerstattung für einen in der Tschechischen Republik durchgeführten Kuraufenthalt geltend. Insoweit kann die Sperre des § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, der ein Ruhen der Ansprüche nach dem SGB V während eines Auslandsaufenthalts anordnet, durch die Regelungen des koordinierenden Europarechts in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (ABl. EG Nr. L 149 S. 2) und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 (ABl. EG Nr. L 74 S. 1) nicht überwunden werden (BSG, Urteil vom 30.06.2009 – B 1 KR 22/08 R, veröffentlicht in JURIS-Datenbank).

b) Auch aus § 13 Abs. 4 S. 1 SGB V kann der Kläger keinen Kostenerstattungsanspruch ableiten. Danach sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen dabei nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Auf-enthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind (§ 13 Abs. 4 S. 2 SGB V). Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte (§ 13 Abs. 4 S. 3 SGB V). Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln; sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzuse-hen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen (§ 13 Abs. 4 S. 4 und SGB V).

aa) Hier scheitert ein Kostenerstattungsanspruch bereits daran, dass der Kläger keinen Leistungserbringer in einem anderen Staat und auch keinen zugelassenen Leistungserbringer im Sinne des § 13 Abs. 4 S. 2 SGB V in Anspruch genommen hat. Denn der Kläger stand im Zu-sammenhang mit dem hier streitigen Kuraufenthalt lediglich mit der M. GmbH in einem Vertragsverhältnis. Der Kläger hat mit dieser einen Reisevertrag im Sinne des § 651a Abs. 1 BGB geschlossen (vgl. hierzu bereits SG Frankfurt [Oder], Urteil vom 29.03.2011 – S 27 KR 373/08, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de; ferner SG Berlin, Urteil vom 12.03.2009 – S 85 KR 2287/07, nicht veröffentlicht). Die M. GmbH erbringt jedoch Reiseleistungen und nicht etwa medizinische Behandlungsleistungen, die Gegenstand einer EU-Richtlinie im Sinne des § 13 Abs. 4 S. 2 Alt. 1 SGB V sein könnten (vgl. hierzu auch Brandts, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Loseblatt, Stand: 67. EL 2010, § 13 SGB V, Rn. 121). Darüber hinaus handelt es sich bei der M. GmbH um keinen Leistungserbringer aus einem anderen Staat. Soweit die Klägerseite meint, die Behandlungsleistungen seien nicht von der M. GmbH, sondern von medzinischem Personal im Kurhaus I. erbracht worden, trifft dies zwar zu. Gleichwohl löst dieser Umstand keinen Kostenerstattungsanspruch aus. Denn entscheidend ist insoweit, zu wem der Versicherte in einem Vertragsverhältnis steht, d. h. wem gegenüber er einen entsprechenden Behandlungsanspruch durchsetzen könnte und wem gegenüber er einem Geldleistungsanspruch unterliegt. Dies war hier einzig die M. GmbH und damit kein Leistungserbringer in einem anderen Staat. Dass der Kostenerstattungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenkasse voraussetzt, ob der Versicherte einem Geldleistungsanspruch eines ausländischen Leistungserbringers ausgesetzt ist, zeigt sich im Übrigen deutlich am Wortlaut des § 13 Abs. 4 S. 1 SGB V, wenn es dort heißt: Versicherte sind berechtigt, Leistungserbringer in anderen Staaten im Geltungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Ge-meinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen. Demnach knüpft § 13 Abs. 4 S. 1 SGB V an ein unmittelbares Vertragsverhältnis mit einem Leistungserbringer in einem EG-Mitgliedsstaat an, aus dem der Versicherte unmittelbar auf Zahlung für die erbrachte Behandlungsleistung in Anspruch genommen wird.

bb) Ein Kostenerstattungsanspruch scheitert auch daran, dass für die Kurreise lediglich ein Pauschalpreis vereinbart worden ist. Dies ergibt sich aus § 13 Abs. 4 S. 3 SGB V. Danach besteht der Anspruch auf Kostenerstattung höchstens in Höhe der Vergütung, die die Kranken-kasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Wären für den Kläger ambulante Vorsorgeleistungen in einem anerkannten Kurort im Inland erbracht worden, hätte die Krankenkasse in Umsetzung des im SGB V geltenden Sachleistungsprinzips zum einen die Kosten für eine entsprechende ambulante ärztliche Behandlung sowie Heilmittel durch medizinisches Fachpersonal im Wege einer direkten Kostenerstattung an die einzelnen Leistungsbringer übernommen sowie direkt an den Kläger einen Zuschuss zu den sonstigen Kosten insbe-sondere für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von kalendertäglich 13,00 EUR gezahlt (§ 23 Abs. 2 SGB V). Hieran wird deutlich, dass die einzelnen Kostenarten (medizinische Leistungen und sonstige Leistungen) einer getrennten Betrachtung und Erstattung unterliegen. Dies bedeutet zugleich, dass die einzelnen Kostenarten zur Umsetzung des § 13 Abs. 4 S. 3 SGB V voneinander abgrenzbar sein müssen. Sind demnach die Kosten für die medizinischen Leistungen der Höhe nach gerade nicht von den sonstigen Kosten abgrenzbar und umgekehrt, kann die Beklagte weder prüfen, ob überhaupt und in welcher Höhe sonstige Kosten in Höhe von 13,00 EUR kalendertäglich angefallen sind, noch kann sie die Erstattung auf die medizinischen Kosten begrenzen, die sie bei Umsetzung des Sachleistungsanspruchs im Inland zu tragen gehabt hätte.

Hier war der Kläger jedoch gerade zu Entrichtung eines Pauschalpreises verpflichtet. Dies ergibt sich bereits aus der Buchungsbestätigung der M. GmbH. Danach waren für das Gesamtpa-ket bestehend aus Unterkunft, Verpflegung und Heilbehandlungen pauschal 896,00 EUR zu zahlen. Insoweit lässt sich nicht einmal ein pauschaler Tagespreis ermitteln. Dies gilt auch für den Zuschlag für die in Anspruch genommene Vollpension in Höhe von 70,00 EUR. Dieser ist pauschal für den gesamten Kuraufenthalt zu zahlen, ohne dass ersichtlich würde, welcher Teil des Gesamtzuschlags auf den einzelnen Tag entfällt. Ein Einzelpreis für die medizinischen Leistungen sowie für Unterkunft und Verpflegung (kalendertäglich) lässt sich somit nicht ermitteln. Hieran ändert auch die durch das Kurhaus I. im Nachgang, d. h. nach Abschluss der Reise erstellte "Übersicht über die absolvierten Heilbehandlungen", die für die einzelnen Kuranwendungen sowie die ärztlichen Untersuchungen Einzelpreise ausweist, nichts. Denn insoweit werden lediglich die Kalkulationsgrundlagen des Kurhauses I. offen gelegt. Die bereits vor Antritt der Reise mit der M. GmbH verbindlich getroffene Vertragsgestaltung unter Vereinbarung eines Gesamtpauschalpreises erfährt hierdurch gerade keine Änderung. Der Kläger bleibt nach wie vor lediglich zur Entrichtung des Pauschalpreises verpflichtet, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe dem Kurhaus I. für die Erbringung der Einzelleistungen Kosten entstanden sind.

Einem Kostenerstattungsanspruch steht demnach § 13 Abs. 4 S. 3 SGB V und die fehlende Ermittelbarkeit der Kosten für die einzelnen Leistungsbestandteile der Kurreise entgegen.

c) Soweit der Kläger einen Kostenerstattungsanspruch auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend macht, kann er hiermit ebenfalls nicht durchdringen. Denn dessen Voraussetzungen sind ersichtlich nicht erfüllt.

Ein sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung (vgl. hierzu etwa BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 29/10 R, veröffentlicht in JURIS-Datenbank, m. w. Nw.), dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses ob-liegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen. Zweifelhaft ist bereits, ob der Beklagten eine entsprechende Aufklärungspflicht über die Modalitäten der Inanspruchnahme von Leistungserbringern im EU-Ausland oblag. Jedenfalls besteht aber zwischen der Pflichtverletzung der Beklagten und dem sozialrechtlichen Schaden (keine Kostenerstattung) keine kausale Verknüpfung. Denn die Buchung der Kurreise als Kosten auslösendes Moment erfolgt bereits am 29.10.2008. Der Antrag auf Bewilligung einer ambulanten Vorsorgeleistung in einem anerkannten Kurort wurde jedoch erst im Januar 2009 gestellt. Selbst wenn die Beklagte den Kläger jetzt entsprechend aufgeklärt hätte, wäre die Kostenpflicht nicht mehr zu vermeiden gewesen. Angesichts der Tatsache, dass auch die Ehefrau des Klägers eine identische Kurreise im selben Zeitraum gebucht hatte, ist eine Absage der Kurreise durch den Kläger bei entsprechender Aufklärung durch die Beklagte äußerst unwahrscheinlich.

d) Die Tatsache der Kostenerstattung für die Kurreise an die Ehefrau des Klägers durch eine andere gesetzliche Krankenkasse vermag der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn es gibt unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) keine Gleichheit im Unrecht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

3. Die Berufung war gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da es sich bei den Anforderungen an einen Kostenerstattungsanspruch bei so genannten Auslandskuren um eine bislang nicht geklärte Rechtsfrage handelt. Ausgehend vom Klageantrag ("in gesetzlicher Höhe") übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands ([13,00 EUR x 14 Tage] + 255,00 EUR) nicht 750,00 EUR.
Rechtskraft
Aus
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