Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 83 KA 1513/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 86/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes dürfen in einem Honorarstreit zwischen Vertragsarzt und Kassenärztlicher Vereinigung Regelungen zur Honorarverteilung, die von einem Schiedsamt getroffen wurden, auf Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht überprüft werden.
2. Bei der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen (hier: probatorische psychotherapeutische Sitzungen) nach Mindestpunktwerten müssen in die hierbei erforderliche Gesamtbetrachtung die Punktwerte aus Primär- und Ersatzkassenbereich einfließen (Anschluss an BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 6 KA 49/07 R).
2. Bei der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen (hier: probatorische psychotherapeutische Sitzungen) nach Mindestpunktwerten müssen in die hierbei erforderliche Gesamtbetrachtung die Punktwerte aus Primär- und Ersatzkassenbereich einfließen (Anschluss an BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 6 KA 49/07 R).
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juli 2008 aufgehoben, soweit die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 für das Quartals I/05 verpflichtet wurde, über den Honoraranspruch der Klägerin für dieses Quartal I/05 erneut zu entscheiden. Insoweit wird die Klage abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sie bei der Neubescheidung die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen hat. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 2/5 und die Klägerin zu 3/5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Honoraransprüche der Klägerin, im Berufungsverfahren nur noch für die Quartale I/05, II/2005, IV/05 und I/06.
Die Klägerin ist Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin. Sie nimmt mindestens seit Januar 2002 in einer Einzelpraxis an der vertragsärztlichen Versorgung in Berlin teil.
Die Beklagte vergütete die antrags- und genehmigungspflichtigen vertragspsychotherapeutischen Leistungen auf Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus der 93. Sitzung (veröffentlicht in: Deutsches Ärzteblatt 2004, Heft 46 vom 12. November 2004, S. A 3133 bis A 3135) in der Fassung des Beschlusses aus der 96. Sitzung (veröffentlicht in: Deutsches Ärzteblatt 2005, Heft 7 vom 18. Februar 2005, S. A 457 bis A 459). Die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der Klägerin wurden auf Grundlage des der Klägerin gemäß dem Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten vom 6. Juni 2003 und dem Honorarverteilungsvertrag der Beklagten und der Krankenkassenverbände vom 20. Juni 2005 zugeteilten Individualbudgets nach folgenden individuellen Punktwerten (in Cent) vergütet:
Quartal Primärkassenbereich Ersatzkassenbereich Arithmetisches Mittel
I/05 1,0615 4,1341 2,5978 II/05 0,8504 2,1135 1,48195 IV/05 1,3497 2,0461 1,6979 I/06 1,2526 2,0609 1,65675
Wegen der aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus der 93./96. Sitzung anfallenden Nachvergütung bemühte sich die Beklagte um die Nachverhandlung der Gesamtvergütungsverträge mit den regionalen Krankenkassenverbänden. Nachdem die Verhandlungen gescheitert waren, rief die Beklagte das Landesschiedsamt (Beigeladener zu 7) an und beantragte, die Vergütungsvereinbarungen der Jahre 2000 bis 2004 dahingehend anzupassen, dass die vereinbarten Gesamtvergütungen um den Betrag aufgestockt werden, der für eine Vergütung der antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen in Höhe des vom Bewertungsausschuss am 29. Oktober 2004 festgestellten Punktwerts erforderlich sei. Der Beigeladene zu 7) legte mit Beschlüssen vom 6. Mai 2005 (für den Ersatzkassenbereich) und 10. Mai 2005 (für den Bereich der Betriebskassen) unter anderem fest, dass zum anteiligen Ausgleich der Differenzbeträge zwischen den alten und den neuen regionalen Mindestpunktwerten für antrags- und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen einerseits das "Budget" der nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen ab dem Quartal II/05 für 6 Quartale gleichmäßig um einen Betrag von insgesamt 3,9 Millionen EUR (Beschluss vom 6. Mai 2005, Ziffern III. und IV) bzw. 840.000.- EUR (Beschluss vom 10. Mai 2005, Ziffern 3. und 4.) abgesenkt werde und andererseits die Kassen und die Beklagte den verbleibenden Finanzierungsbedarf (46,14 Mio. EUR im Ersatzkassenbereich bzw. 10 Mio. EUR im Betriebskassenbereich) jeweils zur Hälfte tragen. Die Absenkung setzte die Beklagte entsprechend den Vorgaben des Beschlusses um.
Die Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarbescheide der streitgegenständlichen Quartale wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2006 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen sei auf Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus der 93./96. Sitzung ergangen. Dieser Beschluss sei rechtmäßig und für sie – die Beklagte – bindend. Eine Stützungsverpflichtung für nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen bestehe nicht. Die Einbeziehung dieser Leistungen in die Regelungen zum Individualbudget sei rechtmäßig. Es sei zumutbar, dass die von der BSG-Rechtsprechung begünstigte Gruppe der Psychotherapeuten bei den freien Leistungen stärker als die anderen fachärztlichen Gruppen zur Finanzierung herangezogen würde.
Hiergegen richtete sich die auf Neubescheidung der Honoraransprüche für die Quartale III/04 bis II/05, IV/05 und I/06 gerichtete Klage, zu deren Begründung die Klägerin insbesondere ausführte, dass der Beschluss des Bewertungsausschusses aus der 93./96. Sitzung zur Ermittlung des Mindestpunktwerts für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen rechtswidrig sei. Die Anwendung von Individualbudgets auf die Fachgruppe der Psychotherapeuten sei unzulässig. Jedenfalls müsse der Punktwert für probatorische Sitzungen 2,56 Cent betragen, um eine substanzielle Honorierung zu erreichen. Schließlich sei die Honorarverteilung infolge der Beschlüsse des Beigeladenen zu 7) vom 6. und 10. Mai 2005 rechtswidrig. Die Psychotherapeuten dürften nicht an der Refinanzierung ihrer angemessenen Vergütung beteiligt werden; auf diese Weise werde die Nachvergütung wieder um ca. sieben Prozent reduziert.
Mit Urteil vom 30. Juli 2008 hat das Sozialgericht die Beklagte bezüglich der Quartale I/05, II/05, IV/05 und I/06 zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Soweit im Quartal I/05 im Primärkassenbereich und in den Quartalen II/05, IV/05 und I/06 die Punktwerte für die Vergütung probatorischer Sitzungen unter 2,56 Cent gelegen hätten, seien die Honorarbescheide rechtswidrig, da eine substanzielle Honorierung der probatorischen Sitzungen nicht gewährleistet sei. Die Vergütung der sonstigen nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen unterliege zwar keinem Mindestpunktwert, erweise sich aber bezüglich der Quartale II/05, IV/05 und I/06 als rechtswidrig, weil die von der Beklagten infolge der o.g. Beschlüsse des Beigeladenen zu 7) vorgenommene Verringerung des Budgets für diese Leistungen gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoße. Die gegenüber den übrigen Fachärzten überdurchschnittliche Belastung der Gruppe der Psychotherapeuten sei nicht dadurch zu rechtfertigen, dass diese von der Neuregelung des Mindestpunktwerts für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen besonders profitierten. Denn durch die Neuregelung werde den Psychotherapeuten lediglich das zugestanden und nachvergütet, was ihnen aufgrund der gesetzlichen Regelungen des § 85 Abs. 4 S. 4 SGB V ohnehin und seit dem Jahr 2000 von Anfang an zugestanden hätte. Die von der Beklagten aufzubringenden Mittel zur Finanzierung der Nachvergütung könnten durch eine nachträgliche Neuberechnung und damit einhergehende Absenkung der Punktwerte des fachärztlichen Bereichs beschafft werden. Da die Psychotherapeuten zum fachärztlichen Bereich gehörten, sei es auch grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass sie durch Absenkung des Punktwerts für die sonstigen Leistungen ebenfalls anteilig zur Finanzierung herangezogen würden. Jedoch müsse dies zur Wahrung der Gleichbehandlung im Rahmen der Honorarverteilungsgerechtigkeit im gleichen anteiligen Verhältnis geschehen, wie die übrigen Fachärzte belastet würden. Die Beklagte könne sich in diesem Zusammenhang nicht auf die Bindungswirkung der Beschlüsse des Beigeladenen zu 7) berufen. Zum einen sei die Klägerin an den Schiedsverfahren nicht beteiligt gewesen, so dass die Beschlüsse ihr gegenüber keine Wirkung entfalten könnten. Zum anderen sei der Beigeladene zu 7) zum Erlass der Regelung über die besondere Belastung der Psychotherapeuten nicht befugt gewesen, weil die Beklagte nur die Anpassung der Vergütungsvereinbarungen der Jahre 2000 bis 2004 beantragt habe, nicht aber Regelungen zur Honorarverteilung.
Dieses ihr am 25. August 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit ihrer Berufung vom 19. September 2008 nur teilweise angegriffen und hierzu vorgebracht: Hinsichtlich des Quartals I/05 habe das Sozialgericht nicht berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 6 KA 49/07 R) zur Ermittlung des Mindestpunktwertes für probatorische Sitzungen im Wege einer Gesamtbetrachtung auf die gemittelten (Auszahlungs-)Punktwerte im Primär- und Ersatzkassenbereich abzustellen sei, sodass sich angesichts des deutlich höheren Punktwerts im Ersatzkassenbereicht für dieses Quartal ein durchschnittlicher Punktwert von (gerundet) 2,6 Cent ergebe. Auch bezüglich der Quartale II/05, IV/05 und I/06 stehe das Urteil des Sozialgerichts im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 31. August 2005, Az.: B 6 KA 6/04 R), wonach Vereinbarungen über die Gesamtvergütung in einem Honorarrechtsstreit zwischen einem Vertragsarzt und einer Kassenärztlichen Vereinigung gerade nicht überprüfbar seien. Die Kontrolle auf Rechtsverstöße erfolge durch die für die Vertragspartner des Gesamtvertrages (bzw. das Landesschiedsamt) zuständige Aufsichtsbehörde, deren Beanstandungen allein die Partner der Gesamtverträge gerichtlich anfechten könnten. Die Entscheidung des Schiedsamtes wiederum könnten nur die Partner der Gesamtverträge einer gerichtliche Kontrolle daraufhin unterziehen lassen, ob das Schiedsamt die gesetzlichen Grenzen und Vorgaben der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages beachtet habe. Selbst wenn das Landesschiedsamt zum Erlass der beanstandeten Regelung nicht befugt gewesen sein sollte, könne daraus also nicht der Schluss gezogen werden, dass diese Regelung gegenüber der Klägerin keine bindende Wirkung entfalten könne. Unabhängig davon seien die vom Sozialgericht für die Neubescheidung gemachten Vorgaben nicht hinreichend bestimmt. Aus seinen Ausführungen ergebe sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit, ob sich die von ihm grundsätzlich für zulässig erachtete Absenkung des Budgets für die Vergütung der sonstigen Leistungen auf den Zeitraum der Quartale III/02 bis II/04, für den Honorarrückforderungen bei den Fachärzten erfolgen sollten, oder auf den Zeitraum der Quartale II/05 bis III/06, für den das Landesschiedsamt die Budgetabsenkung vorgesehen habe, bezögen. Sollten sich die Vorgaben des Sozialgerichts für die Budgetabsenkung tatsächlich auf die Zeit ab dem Quartal II/05 beziehen, gelte es zudem zu berücksichtigen, dass für die probatorischen Sitzungen und damit für den vom Umfang her größten Teil der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen ohnehin schon ein Mindestpunktwert von 2,56 Cent gelten solle. Die verbleibenden Leistungen dieses Bereichs machten regelmäßig nur einen so geringen Anteil am Gesamtumsatz aus, dass dann nicht mehr von einer besonderen Belastung der Psychotherapeuten gegenüber den übrigen Fachärzten ausgegangen werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juli 2008 insoweit zu ändern, als sie unter Änderung der Honorarbescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 verpflichtet wurde, über den Honoraranspruch der Klägerin für die Quartale I/05, II/05, IV/05 und I/06 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, und insoweit die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Beklagte könne sich, was den Mindestpunktwert für probatorische Sitzungen angehe, nicht auf das o.g. Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 berufen. Die bei der Erstellung des EBM 2000 plus bezifferten Kosten für probatorische Sitzungen i.H.v. 15,80 EUR könnten im Primärkassenbereich aufgrund der geringen Punktwerte nicht erreicht werden. Auf eine Quersubventionierung durch die höheren Punktwerte im Ersatzkassenbereich dürften die Leistungserbringer nicht verwiesen werden. Der Mindestpunktwert von 2,56 Cent dürfe daher nicht nur im Mittel erreicht werden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte bezüglich des Quartals I/05 zur Neubescheidung verurteilt. Bezüglich der Quartale II/05 bis IV/05 erfolgte die Verpflichtung zur Neubescheidung zwar zu Recht, allerdings wird die Beklagte insoweit die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen haben.
I. Streitgegenstand ist nach dem Berufungsvorbringen der Beklagten nur noch zweierlei: zum einen die Frage, ob der Mindestpunktwert für probatorische Sitzungen für jeden Kassenbereicht oder "nur" im Mittel einen Betrag von 2,56 Cent erreichen muss; zum anderen, ob die Punktwerte für die sonstigen nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts neu zu ermitteln sind. Außer Streit gestellt haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass bisher ergangene Nachvergütungsbescheide für die noch streitgegenständlichen Quartale von der Beklagten bei der Gewährung weiterer Zahlungen berücksichtigt werden. Über deren Rechtmäßigkeit hatte der Senat somit nicht zu befinden, da die Beteiligten die grundsätzlich gemäß § 86 bzw. § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotene Einbeziehung dieser Bescheide in den vorliegenden Rechtsstreit im Rahmen ihrer Dispositionsmaxime (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 9.A., Rd. 11a m.w.N.) ausgeschlossen haben.
II. Zutreffend hat das Sozialgericht die Rechtsgrundlagen für die Vergütung der probatorischen Sitzungen (Gebührenziffer 870 des bis zum 31. März 2005 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabs - EBM - bzw. Gebührenziffer 35150 des ab dem 1. April 2005 geltenden EBM 2000 plus) sowie der sonstigen nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen dargestellt, sodass der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hierauf verweisen kann. Offen bleiben kann hierbei, ob die vom Sozialgericht wohl grundsätzlich für zulässig erachtete Honorarverteilung auf der Grundlage eines Individualbudgets auch für die Zeit ab dem Quartal II/05 mit höherrangigem Recht vereinbar ist (dies noch bejahend: Urteile des Senats vom 24. November 2010, Az.: L 7 KA 31/07 und L 7 KA 162/07, unveröffentlicht), da die hiervon ggf. belastete Klägerin keine Berufung eingelegt hat.
III. Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts kann die Klägerin keinen höheren Punktwert für die Vergütung der probatorischen Sitzungen im Quartal I/05 im Primärkassenbereich beanspruchen.
Zwar ist das Sozialgericht im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass jedenfalls die Hälfte des ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen Punktwerts von 10 Pfennig, d.h. 2,56 Cent, für solche Leistungen nicht unterschritten werden darf, um dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der Versorgung auch mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten. In die hierbei erforderliche Gesamtbetrachtung müssen jedoch, worauf die Beklagte mit Recht hinweist, die Punktwerte aus Primär- und Ersatzkassenbereich einfließen (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 6 KA 49/07 R, veröffentlicht in Juris). Die von der Klägerseite hiergegen erhobenen Einwände überzeugen nicht. "Quersubventionierungen" zwischen einzelnen Leistungsbereichen innerhalb der vertragsärztlichen Vergütung, insbesondere zwischen dem Ersatz- und dem Primärkassenbereich, hat das BSG zu keinem Zeitpunkt beanstandet. Warum für Leistungen, für die ein Mindestpunktwert festgesetzt wurde, allein aus diesem Grund etwas anderes gelten soll, ist weder dem Vorbringen der Klägerseite noch anderweitig ersichtlich.
Legt man daher für das Quartal I/05 die o.g. Punktwerte von 1,0615 Cent im Primär- und 4,1341 Cent im Ersatzkassenbereich zugrunde, ergibt sich ein arithmetisch gemittelter Punktwert von 2,5978 Cent. Der Mindestpunktwert von 2,56 Cent wird überschritten.
Hätte das Sozialgericht bezüglich des Quartals I/05 die Beklagte nicht zur Neubescheidung verurteilen dürfen, war die Klage insoweit unbegründet und abzuweisen. Denn im Hinblick auf dieses Quartal ist die Klägerin mit keinem Vorbringen durchgedrungen.
IV. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht allerdings die Beklagte zur Neubescheidung bezüglich der Quartale II/05, IV/05 und I/06 verurteilt. Denn die Absenkung des Honorarfonds für die nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen (§ 8b Ziffer (2), Abs. 4 HVM) für diese Quartale ist rechtswidrig. Die Beklagte wird jedoch für ihr künftiges Vorgehen die insoweit abweichende Auffassung des Senats zu beachten haben.
1) Die Absenkung des Honorarfonds für nicht antrags- und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen darf im Rahmen des vorliegenden Honorarrechtsstreits von der Klägerin als Rechtsverstoß gerügt und vom Senat überprüft werden. Soweit die Beklagte hierzu eine andere Rechtsauffassung vertritt, verkennt sie die doppelte Wirkungsweise von Normverträgen.
a) Ein Gesamtvertrag zur Regelung der Vergütung im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGB V enthält zum einen obligatorische – d.h. allein zwischen den vertragsschließenden Institutionen geltende –, zum anderen normative Bestandteile, die auch am Vertragsschluss nicht beteiligte Dritte wie die "beteiligten Krankenkassen" i.S.v. § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V und auch Vertragsärzte binden können. Insoweit gilt für gesamtvertragliche Regelungen, die gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt normativ wirken, nichts anderes als für alle anderen untergesetzlichen Bestimmungen in den vertragsärztlichen Normverträgen und Satzungen. Als Normen sind sie nur wirksam, wenn sie sich auf eine gültige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen können und nicht mit höherrangigem Recht kollidieren. Das haben die Gerichte im Streit zwischen dem Vertragsarzt und der KV hinsichtlich aller für die Vergütung des Arztes maßgeblichen Normen zu prüfen. Insoweit kann der einzelne Vertragsarzt die rechtliche Wirksamkeit der ihn unmittelbar verpflichtenden Regelungen eines Gesamtvertrages gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V, etwa Vorgaben zur Leistungsabrechnung oder zur Begründung von Leistungsansätzen, im Rechtsstreit zwischen ihm und der KV auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht inzident überprüfen lassen.
Für die Vereinbarung der Gesamtvergütung gilt dies indessen nicht. Es handelt sich insoweit um einen obligatorischen Teil des Gesamtvertrages, der Rechte und Pflichten der Vertragspartner begründet und kraft besonderer Regelung auch für die einzelnen Krankenkassen gilt, sich aber ansonsten für Dritte – und damit auch für die Vertragsärzte – allenfalls mittelbar bzw. faktisch auswirkt. Die Rechts(schutz)position des einzelnen Vertragsarztes ist bezogen auf die Gesamtvergütung darauf beschränkt, dass er bei ihrer Verteilung angemessen berücksichtigt wird.
Dieser Ausgestaltung des Vergütungssystems entspricht es, dass die Überprüfung der Gesamtvergütungsvereinbarungen auf Rechtsverstöße in einem objektivierten, nicht von der Geltendmachung subjektiver Rechtsverletzungen abhängigen Verfahren durch die für die Vertragspartner des Gesamtvertrages zuständige Aufsichtsbehörde vorgenommen wird. Dieser sind die Vergütungsvereinbarungen nach § 83 Abs. 1 und § 85 SGB V vorzulegen (§ 71 Abs. 4 Satz 1 SGB V in der seit dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung). Sie kann und sie hat sie bei Rechtsverstößen zu beanstanden (§ 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Beanstandungen der Aufsichtsbehörde können zulässigerweise nur durch die Vertragspartner der Gesamtverträge zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden. Weder den "beteiligten Krankenkassen", denen gegenüber Gesamtvergütungsvereinbarungen rechtliche Wirkungen entfalten, noch den Vertragsärzten steht insoweit eine Klagebefugnis zu.
Auch das Vertragsersetzungs- und Rechtsschutzsystem, das bei Nichteinigung der Vertragspartner eingreift, sieht Einwirkungsmöglichkeiten z.B. durch Anfechtung des Schiedsspruchs durch Dritte wie die Vertragsärzte oder einzelne Krankenkassen nicht vor. Gemäß § 89 Abs. 1 und 1a SGB V setzt das Schiedsamt den Inhalt des Gesamtvertrages und ggf. auch die Höhe der Gesamtvergütung bzw. ihre Berechnung fest. Die Entscheidungen des Schiedsamtes wiederum können die Partner der Gesamtverträge – und nur diese – einer gerichtlichen Kontrolle daraufhin unterziehen lassen, ob das Schiedsamt die gesetzlichen Grenzen und Vorgaben der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages beachtet hat. Schließlich unterliegen Entscheidungen der Schiedsämter über gesamtvertraglich zu regelnde Vergütungen ebenfalls der Prüfung seitens der zuständigen Aufsichtsbehörden (§ 89 Abs. 5 Satz 4 und 5 SGB V). Klagebefugt gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörden, mit denen Beschlüsse eines Schiedsamtes über die "Vergütung der Leistungen" u.a. nach § 83 Abs. 1, § 85 SGB V beanstandet werden, sind auch hier allein die Parteien der Gesamtverträge und nicht weitere Personen und Institutionen, auch nicht das Schiedsamt selbst (BSG, Urteil vom 31. August 2005, Az.: B 6 KA 6/04 R, veröffentlicht in Juris, m.w.N.).
b) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
aa) Die unter I./II. bzw. 1./2. getroffenen Regelungen in den o.g. Beschlüssen des Beigeladenen zu 7) vom 6. und 10. Mai 2005 sind ausschließlich schuldrechtlicher Natur, da sie nur die Höhe der von den Krankenkassen zu erbringenden bzw. der von der Beklagten anderweitig einzusparenden Gesamtvergütung betreffen. Sie können daher von einem Vertragsarzt im Honorarstreit mit der Kassenärztlichen Vereinigung nicht angegriffen werden.
bb) Demgegenüber betreffen die Ziffer III./IV. bzw. 3./4. dieser Beschlüsse die Honorarverteilung, da diese Regelungen die Verringerung eines bestimmten im HVM der Beklagten vorgesehenen Honorarfonds (§ 8b Ziffer (2), Abs. 4 HVM) zum Gegenstand haben. Insoweit tritt diese Bestimmung des Beigeladenen zu 7) an die Stelle des zwischen der Beklagten und den Krankenkassen gem. § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V zu vereinbarenden HVM. Dieser ist schieds- amtsfähig, da er einen Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung (§ 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V) darstellt, zu dessen Abschluss die Kollektivvertragsparteien gesetzlich verpflichtet sind (Becker/Kingreen, SGB V, § 89 Rd. 4). Treten die Regelungen in den Ziffern III./IV. bzw. 3./4. der o.g. Beschlüsse des Beigeladenen zu 7) aber an die Stelle einer HVM-Bestimmung, kommt ihnen normative Wirkung zu und bindet alle Berliner Vertragsärzte. Die Klägerin ist daher nach dem unter a) Gesagten nicht befugt, den Schiedsspruch unmittelbar anzugreifen, sondern wird auf die – von ihr vorliegend wahrgenommene – Möglichkeit verwiesen, die Rechtmäßigkeit der Regelung inzident im Rahmen eines Honorarstreits zur Überprüfung zu stellen.
2) Die Absenkung des Honorarfonds für nicht antrags- und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen in den hier streitigen Quartalen II/05, IV/05 und I/06 ist rechtswidrig.
a) Materiell-rechtlich verstößt diese Absenkung gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat. Ein wie auch immer geartetes "Sonderopfer" der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und Psychotherapeuten ist unzulässig. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts und sieht von einer eigenen Begründung ab.
b) Es kommt in einem Honorarstreit zwischen Vertragsarzt und Kassenärztlicher Vereinigung auch nicht darauf an, ob letztere als am Schiedsverfahren Beteiligte an den Beschluss des Schiedsamtes gebunden ist.
Grundsätzlich allerdings wirken Beschlüsse des Schiedsamtes gegenüber den am Schiedsverfahren Beteiligten als Verwaltungsakte mit der Folge, dass sie von diesen mit der Anfechtungsklage angegriffen werden können (Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht/ Hess, § 89 SGB V, Rd. 18 m.w.N.), während sie gegenüber den Vertragsärzten normativ wirken. Diesen ist daher – entsprechend der Rechtslage bei den durch den Schiedsspruch ersetzten Normverträgen (s.o. unter 1a) – kein unmittelbarer Rechtsschutz gegen die Schiedsamtsentscheidung, sondern nur eine Inzidentkontrolle, z.B. im Rahmen eines Honorarstreits mit ihrer Kassenärztlichen Vereinigung, eröffnet ist (Schnapp NZS 07, 561 (565), m.w.N.). Beide Überprüfungsmöglichkeiten bestehen hingegen – was die Beklagte zu verkennen scheint – nebeneinander. Insbesondere schließt die Bindungswirkung gem. § 77 SGG, die eine Schiedsamtsentscheidung gegenüber den am Schiedsverfahren Beteiligten entfaltet, nicht die Möglichkeit der normunterworfenen Vertragsärzte aus, die Rechtmäßigkeit der Schiedsamtsentscheidung inzident überprüfen zu lassen. Andernfalls wäre für die Vertragsärzte insoweit kein effektiver Rechtsschutz i.S.v. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gewährleistet, da dieses Grundrecht auch die Verpflichtung der Gerichte zur inzidenten Prüfung vorgelagerten Rechts umfasst (BVerfG, Urteil vom 29. Juli 2010, Az.: 1 BvR 1634/04 - "Nacht im Gleisbett", veröffentlicht in Juris). Hinzu träte eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 GG, da für den Fall, dass die Absenkung des o.g. Honorarbudgets nicht auf einer Schiedsamtsentscheidung beruhte, sondern auf einer Vereinbarung der Kassenärztlichen Vereinigung mit den Krankenkassen im Rahmen der Honorarverteilung, auch die Beklagte der Klägerin wohl nicht die Befugnis absprechen würde, diese Absenkung im Honorarstreit inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht prüfen zu lassen.
c) Angesicht dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass – wie vom Sozialgericht zu Recht dargelegt – die Beschlüsse des Landesschiedsamtes vom 6./10. Mai 2005 auch deshalb rechtswidrig sind, weil es die auch im Schiedsverfahren geltende Dispositionsmaxime (Vahldiek, in: Hauck/Noftz SGB V, § 89 Rd. 54) verkannt und durch die Absenkung des o.g. Honorarfonds eine Regelung zur Honorarverteilung getroffen hat, ohne dass ein diesbezüglicher Antrag gestellt wurde.
3) Der Beklagten steht es frei, in welcher Weise sie die durch die Rechtsprechung des Senats entstehende Finanzierungslücke schließt. Der Senat sieht hierfür mehrere Handlungsoptionen: Zum einen kann die Beklagte auf ihre Rücklagen zurückgreifen. Zum zweiten kann sie – selbstverständlich unter Berücksichtigung der jeweiligen Fristen – die Fachärzte außer den ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und Psychotherapeuten erneut heranziehen. Zum dritten kann sie – ebenfalls unter Berücksichtigung der jeweiligen Verjährungsfristen – alle Fachärzte, d.h. einschließlich der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und Psychotherapeuten, heranziehen, wobei sie auf die gleichmäßige Belastung aller Fachärzte zu achten hat, insbesondere indem sie – diesen Punkt ließ das Sozialgericht offen – Honorarrückforderungen für alle diese Leistungserbringer aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) auf denselben Zeitraum bezieht. Zum vierten kann sie nochmals das Landesschiedsamt mit dem Ziel anrufen, die Krankenkassen auch an diesem Finanzierungsbedarf zu beteiligen.
IV) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass die Klägerin die Honorarbescheide für alle 6 ursprünglich streitgegenständlichen Quartale in mehrfacher Hinsicht (Vergütung der antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen, der probatorischen Sitzungen und der sonstigen nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen sowie Einbeziehung in das Individualbudget) angegriffen hat, im Ergebnis des gesamten Rechtsstreits allerdings nur hinsichtlich einiger Quartale und auch nur bezüglich einiger Angriffspunkte obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Honoraransprüche der Klägerin, im Berufungsverfahren nur noch für die Quartale I/05, II/2005, IV/05 und I/06.
Die Klägerin ist Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin. Sie nimmt mindestens seit Januar 2002 in einer Einzelpraxis an der vertragsärztlichen Versorgung in Berlin teil.
Die Beklagte vergütete die antrags- und genehmigungspflichtigen vertragspsychotherapeutischen Leistungen auf Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus der 93. Sitzung (veröffentlicht in: Deutsches Ärzteblatt 2004, Heft 46 vom 12. November 2004, S. A 3133 bis A 3135) in der Fassung des Beschlusses aus der 96. Sitzung (veröffentlicht in: Deutsches Ärzteblatt 2005, Heft 7 vom 18. Februar 2005, S. A 457 bis A 459). Die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der Klägerin wurden auf Grundlage des der Klägerin gemäß dem Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten vom 6. Juni 2003 und dem Honorarverteilungsvertrag der Beklagten und der Krankenkassenverbände vom 20. Juni 2005 zugeteilten Individualbudgets nach folgenden individuellen Punktwerten (in Cent) vergütet:
Quartal Primärkassenbereich Ersatzkassenbereich Arithmetisches Mittel
I/05 1,0615 4,1341 2,5978 II/05 0,8504 2,1135 1,48195 IV/05 1,3497 2,0461 1,6979 I/06 1,2526 2,0609 1,65675
Wegen der aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus der 93./96. Sitzung anfallenden Nachvergütung bemühte sich die Beklagte um die Nachverhandlung der Gesamtvergütungsverträge mit den regionalen Krankenkassenverbänden. Nachdem die Verhandlungen gescheitert waren, rief die Beklagte das Landesschiedsamt (Beigeladener zu 7) an und beantragte, die Vergütungsvereinbarungen der Jahre 2000 bis 2004 dahingehend anzupassen, dass die vereinbarten Gesamtvergütungen um den Betrag aufgestockt werden, der für eine Vergütung der antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen in Höhe des vom Bewertungsausschuss am 29. Oktober 2004 festgestellten Punktwerts erforderlich sei. Der Beigeladene zu 7) legte mit Beschlüssen vom 6. Mai 2005 (für den Ersatzkassenbereich) und 10. Mai 2005 (für den Bereich der Betriebskassen) unter anderem fest, dass zum anteiligen Ausgleich der Differenzbeträge zwischen den alten und den neuen regionalen Mindestpunktwerten für antrags- und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen einerseits das "Budget" der nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen ab dem Quartal II/05 für 6 Quartale gleichmäßig um einen Betrag von insgesamt 3,9 Millionen EUR (Beschluss vom 6. Mai 2005, Ziffern III. und IV) bzw. 840.000.- EUR (Beschluss vom 10. Mai 2005, Ziffern 3. und 4.) abgesenkt werde und andererseits die Kassen und die Beklagte den verbleibenden Finanzierungsbedarf (46,14 Mio. EUR im Ersatzkassenbereich bzw. 10 Mio. EUR im Betriebskassenbereich) jeweils zur Hälfte tragen. Die Absenkung setzte die Beklagte entsprechend den Vorgaben des Beschlusses um.
Die Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarbescheide der streitgegenständlichen Quartale wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2006 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen sei auf Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus der 93./96. Sitzung ergangen. Dieser Beschluss sei rechtmäßig und für sie – die Beklagte – bindend. Eine Stützungsverpflichtung für nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen bestehe nicht. Die Einbeziehung dieser Leistungen in die Regelungen zum Individualbudget sei rechtmäßig. Es sei zumutbar, dass die von der BSG-Rechtsprechung begünstigte Gruppe der Psychotherapeuten bei den freien Leistungen stärker als die anderen fachärztlichen Gruppen zur Finanzierung herangezogen würde.
Hiergegen richtete sich die auf Neubescheidung der Honoraransprüche für die Quartale III/04 bis II/05, IV/05 und I/06 gerichtete Klage, zu deren Begründung die Klägerin insbesondere ausführte, dass der Beschluss des Bewertungsausschusses aus der 93./96. Sitzung zur Ermittlung des Mindestpunktwerts für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen rechtswidrig sei. Die Anwendung von Individualbudgets auf die Fachgruppe der Psychotherapeuten sei unzulässig. Jedenfalls müsse der Punktwert für probatorische Sitzungen 2,56 Cent betragen, um eine substanzielle Honorierung zu erreichen. Schließlich sei die Honorarverteilung infolge der Beschlüsse des Beigeladenen zu 7) vom 6. und 10. Mai 2005 rechtswidrig. Die Psychotherapeuten dürften nicht an der Refinanzierung ihrer angemessenen Vergütung beteiligt werden; auf diese Weise werde die Nachvergütung wieder um ca. sieben Prozent reduziert.
Mit Urteil vom 30. Juli 2008 hat das Sozialgericht die Beklagte bezüglich der Quartale I/05, II/05, IV/05 und I/06 zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Soweit im Quartal I/05 im Primärkassenbereich und in den Quartalen II/05, IV/05 und I/06 die Punktwerte für die Vergütung probatorischer Sitzungen unter 2,56 Cent gelegen hätten, seien die Honorarbescheide rechtswidrig, da eine substanzielle Honorierung der probatorischen Sitzungen nicht gewährleistet sei. Die Vergütung der sonstigen nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen unterliege zwar keinem Mindestpunktwert, erweise sich aber bezüglich der Quartale II/05, IV/05 und I/06 als rechtswidrig, weil die von der Beklagten infolge der o.g. Beschlüsse des Beigeladenen zu 7) vorgenommene Verringerung des Budgets für diese Leistungen gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoße. Die gegenüber den übrigen Fachärzten überdurchschnittliche Belastung der Gruppe der Psychotherapeuten sei nicht dadurch zu rechtfertigen, dass diese von der Neuregelung des Mindestpunktwerts für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen besonders profitierten. Denn durch die Neuregelung werde den Psychotherapeuten lediglich das zugestanden und nachvergütet, was ihnen aufgrund der gesetzlichen Regelungen des § 85 Abs. 4 S. 4 SGB V ohnehin und seit dem Jahr 2000 von Anfang an zugestanden hätte. Die von der Beklagten aufzubringenden Mittel zur Finanzierung der Nachvergütung könnten durch eine nachträgliche Neuberechnung und damit einhergehende Absenkung der Punktwerte des fachärztlichen Bereichs beschafft werden. Da die Psychotherapeuten zum fachärztlichen Bereich gehörten, sei es auch grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass sie durch Absenkung des Punktwerts für die sonstigen Leistungen ebenfalls anteilig zur Finanzierung herangezogen würden. Jedoch müsse dies zur Wahrung der Gleichbehandlung im Rahmen der Honorarverteilungsgerechtigkeit im gleichen anteiligen Verhältnis geschehen, wie die übrigen Fachärzte belastet würden. Die Beklagte könne sich in diesem Zusammenhang nicht auf die Bindungswirkung der Beschlüsse des Beigeladenen zu 7) berufen. Zum einen sei die Klägerin an den Schiedsverfahren nicht beteiligt gewesen, so dass die Beschlüsse ihr gegenüber keine Wirkung entfalten könnten. Zum anderen sei der Beigeladene zu 7) zum Erlass der Regelung über die besondere Belastung der Psychotherapeuten nicht befugt gewesen, weil die Beklagte nur die Anpassung der Vergütungsvereinbarungen der Jahre 2000 bis 2004 beantragt habe, nicht aber Regelungen zur Honorarverteilung.
Dieses ihr am 25. August 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit ihrer Berufung vom 19. September 2008 nur teilweise angegriffen und hierzu vorgebracht: Hinsichtlich des Quartals I/05 habe das Sozialgericht nicht berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 6 KA 49/07 R) zur Ermittlung des Mindestpunktwertes für probatorische Sitzungen im Wege einer Gesamtbetrachtung auf die gemittelten (Auszahlungs-)Punktwerte im Primär- und Ersatzkassenbereich abzustellen sei, sodass sich angesichts des deutlich höheren Punktwerts im Ersatzkassenbereicht für dieses Quartal ein durchschnittlicher Punktwert von (gerundet) 2,6 Cent ergebe. Auch bezüglich der Quartale II/05, IV/05 und I/06 stehe das Urteil des Sozialgerichts im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 31. August 2005, Az.: B 6 KA 6/04 R), wonach Vereinbarungen über die Gesamtvergütung in einem Honorarrechtsstreit zwischen einem Vertragsarzt und einer Kassenärztlichen Vereinigung gerade nicht überprüfbar seien. Die Kontrolle auf Rechtsverstöße erfolge durch die für die Vertragspartner des Gesamtvertrages (bzw. das Landesschiedsamt) zuständige Aufsichtsbehörde, deren Beanstandungen allein die Partner der Gesamtverträge gerichtlich anfechten könnten. Die Entscheidung des Schiedsamtes wiederum könnten nur die Partner der Gesamtverträge einer gerichtliche Kontrolle daraufhin unterziehen lassen, ob das Schiedsamt die gesetzlichen Grenzen und Vorgaben der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages beachtet habe. Selbst wenn das Landesschiedsamt zum Erlass der beanstandeten Regelung nicht befugt gewesen sein sollte, könne daraus also nicht der Schluss gezogen werden, dass diese Regelung gegenüber der Klägerin keine bindende Wirkung entfalten könne. Unabhängig davon seien die vom Sozialgericht für die Neubescheidung gemachten Vorgaben nicht hinreichend bestimmt. Aus seinen Ausführungen ergebe sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit, ob sich die von ihm grundsätzlich für zulässig erachtete Absenkung des Budgets für die Vergütung der sonstigen Leistungen auf den Zeitraum der Quartale III/02 bis II/04, für den Honorarrückforderungen bei den Fachärzten erfolgen sollten, oder auf den Zeitraum der Quartale II/05 bis III/06, für den das Landesschiedsamt die Budgetabsenkung vorgesehen habe, bezögen. Sollten sich die Vorgaben des Sozialgerichts für die Budgetabsenkung tatsächlich auf die Zeit ab dem Quartal II/05 beziehen, gelte es zudem zu berücksichtigen, dass für die probatorischen Sitzungen und damit für den vom Umfang her größten Teil der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen ohnehin schon ein Mindestpunktwert von 2,56 Cent gelten solle. Die verbleibenden Leistungen dieses Bereichs machten regelmäßig nur einen so geringen Anteil am Gesamtumsatz aus, dass dann nicht mehr von einer besonderen Belastung der Psychotherapeuten gegenüber den übrigen Fachärzten ausgegangen werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juli 2008 insoweit zu ändern, als sie unter Änderung der Honorarbescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 verpflichtet wurde, über den Honoraranspruch der Klägerin für die Quartale I/05, II/05, IV/05 und I/06 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, und insoweit die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Beklagte könne sich, was den Mindestpunktwert für probatorische Sitzungen angehe, nicht auf das o.g. Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 berufen. Die bei der Erstellung des EBM 2000 plus bezifferten Kosten für probatorische Sitzungen i.H.v. 15,80 EUR könnten im Primärkassenbereich aufgrund der geringen Punktwerte nicht erreicht werden. Auf eine Quersubventionierung durch die höheren Punktwerte im Ersatzkassenbereich dürften die Leistungserbringer nicht verwiesen werden. Der Mindestpunktwert von 2,56 Cent dürfe daher nicht nur im Mittel erreicht werden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte bezüglich des Quartals I/05 zur Neubescheidung verurteilt. Bezüglich der Quartale II/05 bis IV/05 erfolgte die Verpflichtung zur Neubescheidung zwar zu Recht, allerdings wird die Beklagte insoweit die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen haben.
I. Streitgegenstand ist nach dem Berufungsvorbringen der Beklagten nur noch zweierlei: zum einen die Frage, ob der Mindestpunktwert für probatorische Sitzungen für jeden Kassenbereicht oder "nur" im Mittel einen Betrag von 2,56 Cent erreichen muss; zum anderen, ob die Punktwerte für die sonstigen nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts neu zu ermitteln sind. Außer Streit gestellt haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass bisher ergangene Nachvergütungsbescheide für die noch streitgegenständlichen Quartale von der Beklagten bei der Gewährung weiterer Zahlungen berücksichtigt werden. Über deren Rechtmäßigkeit hatte der Senat somit nicht zu befinden, da die Beteiligten die grundsätzlich gemäß § 86 bzw. § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotene Einbeziehung dieser Bescheide in den vorliegenden Rechtsstreit im Rahmen ihrer Dispositionsmaxime (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, 9.A., Rd. 11a m.w.N.) ausgeschlossen haben.
II. Zutreffend hat das Sozialgericht die Rechtsgrundlagen für die Vergütung der probatorischen Sitzungen (Gebührenziffer 870 des bis zum 31. März 2005 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabs - EBM - bzw. Gebührenziffer 35150 des ab dem 1. April 2005 geltenden EBM 2000 plus) sowie der sonstigen nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen dargestellt, sodass der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hierauf verweisen kann. Offen bleiben kann hierbei, ob die vom Sozialgericht wohl grundsätzlich für zulässig erachtete Honorarverteilung auf der Grundlage eines Individualbudgets auch für die Zeit ab dem Quartal II/05 mit höherrangigem Recht vereinbar ist (dies noch bejahend: Urteile des Senats vom 24. November 2010, Az.: L 7 KA 31/07 und L 7 KA 162/07, unveröffentlicht), da die hiervon ggf. belastete Klägerin keine Berufung eingelegt hat.
III. Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts kann die Klägerin keinen höheren Punktwert für die Vergütung der probatorischen Sitzungen im Quartal I/05 im Primärkassenbereich beanspruchen.
Zwar ist das Sozialgericht im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass jedenfalls die Hälfte des ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen Punktwerts von 10 Pfennig, d.h. 2,56 Cent, für solche Leistungen nicht unterschritten werden darf, um dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der Versorgung auch mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten. In die hierbei erforderliche Gesamtbetrachtung müssen jedoch, worauf die Beklagte mit Recht hinweist, die Punktwerte aus Primär- und Ersatzkassenbereich einfließen (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, Az.: B 6 KA 49/07 R, veröffentlicht in Juris). Die von der Klägerseite hiergegen erhobenen Einwände überzeugen nicht. "Quersubventionierungen" zwischen einzelnen Leistungsbereichen innerhalb der vertragsärztlichen Vergütung, insbesondere zwischen dem Ersatz- und dem Primärkassenbereich, hat das BSG zu keinem Zeitpunkt beanstandet. Warum für Leistungen, für die ein Mindestpunktwert festgesetzt wurde, allein aus diesem Grund etwas anderes gelten soll, ist weder dem Vorbringen der Klägerseite noch anderweitig ersichtlich.
Legt man daher für das Quartal I/05 die o.g. Punktwerte von 1,0615 Cent im Primär- und 4,1341 Cent im Ersatzkassenbereich zugrunde, ergibt sich ein arithmetisch gemittelter Punktwert von 2,5978 Cent. Der Mindestpunktwert von 2,56 Cent wird überschritten.
Hätte das Sozialgericht bezüglich des Quartals I/05 die Beklagte nicht zur Neubescheidung verurteilen dürfen, war die Klage insoweit unbegründet und abzuweisen. Denn im Hinblick auf dieses Quartal ist die Klägerin mit keinem Vorbringen durchgedrungen.
IV. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht allerdings die Beklagte zur Neubescheidung bezüglich der Quartale II/05, IV/05 und I/06 verurteilt. Denn die Absenkung des Honorarfonds für die nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen (§ 8b Ziffer (2), Abs. 4 HVM) für diese Quartale ist rechtswidrig. Die Beklagte wird jedoch für ihr künftiges Vorgehen die insoweit abweichende Auffassung des Senats zu beachten haben.
1) Die Absenkung des Honorarfonds für nicht antrags- und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen darf im Rahmen des vorliegenden Honorarrechtsstreits von der Klägerin als Rechtsverstoß gerügt und vom Senat überprüft werden. Soweit die Beklagte hierzu eine andere Rechtsauffassung vertritt, verkennt sie die doppelte Wirkungsweise von Normverträgen.
a) Ein Gesamtvertrag zur Regelung der Vergütung im Sinne des § 85 Abs. 3 Satz 1 SGB V enthält zum einen obligatorische – d.h. allein zwischen den vertragsschließenden Institutionen geltende –, zum anderen normative Bestandteile, die auch am Vertragsschluss nicht beteiligte Dritte wie die "beteiligten Krankenkassen" i.S.v. § 85 Abs 3 Satz 1 SGB V und auch Vertragsärzte binden können. Insoweit gilt für gesamtvertragliche Regelungen, die gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt normativ wirken, nichts anderes als für alle anderen untergesetzlichen Bestimmungen in den vertragsärztlichen Normverträgen und Satzungen. Als Normen sind sie nur wirksam, wenn sie sich auf eine gültige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen können und nicht mit höherrangigem Recht kollidieren. Das haben die Gerichte im Streit zwischen dem Vertragsarzt und der KV hinsichtlich aller für die Vergütung des Arztes maßgeblichen Normen zu prüfen. Insoweit kann der einzelne Vertragsarzt die rechtliche Wirksamkeit der ihn unmittelbar verpflichtenden Regelungen eines Gesamtvertrages gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V, etwa Vorgaben zur Leistungsabrechnung oder zur Begründung von Leistungsansätzen, im Rechtsstreit zwischen ihm und der KV auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht inzident überprüfen lassen.
Für die Vereinbarung der Gesamtvergütung gilt dies indessen nicht. Es handelt sich insoweit um einen obligatorischen Teil des Gesamtvertrages, der Rechte und Pflichten der Vertragspartner begründet und kraft besonderer Regelung auch für die einzelnen Krankenkassen gilt, sich aber ansonsten für Dritte – und damit auch für die Vertragsärzte – allenfalls mittelbar bzw. faktisch auswirkt. Die Rechts(schutz)position des einzelnen Vertragsarztes ist bezogen auf die Gesamtvergütung darauf beschränkt, dass er bei ihrer Verteilung angemessen berücksichtigt wird.
Dieser Ausgestaltung des Vergütungssystems entspricht es, dass die Überprüfung der Gesamtvergütungsvereinbarungen auf Rechtsverstöße in einem objektivierten, nicht von der Geltendmachung subjektiver Rechtsverletzungen abhängigen Verfahren durch die für die Vertragspartner des Gesamtvertrages zuständige Aufsichtsbehörde vorgenommen wird. Dieser sind die Vergütungsvereinbarungen nach § 83 Abs. 1 und § 85 SGB V vorzulegen (§ 71 Abs. 4 Satz 1 SGB V in der seit dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung). Sie kann und sie hat sie bei Rechtsverstößen zu beanstanden (§ 71 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Beanstandungen der Aufsichtsbehörde können zulässigerweise nur durch die Vertragspartner der Gesamtverträge zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden. Weder den "beteiligten Krankenkassen", denen gegenüber Gesamtvergütungsvereinbarungen rechtliche Wirkungen entfalten, noch den Vertragsärzten steht insoweit eine Klagebefugnis zu.
Auch das Vertragsersetzungs- und Rechtsschutzsystem, das bei Nichteinigung der Vertragspartner eingreift, sieht Einwirkungsmöglichkeiten z.B. durch Anfechtung des Schiedsspruchs durch Dritte wie die Vertragsärzte oder einzelne Krankenkassen nicht vor. Gemäß § 89 Abs. 1 und 1a SGB V setzt das Schiedsamt den Inhalt des Gesamtvertrages und ggf. auch die Höhe der Gesamtvergütung bzw. ihre Berechnung fest. Die Entscheidungen des Schiedsamtes wiederum können die Partner der Gesamtverträge – und nur diese – einer gerichtlichen Kontrolle daraufhin unterziehen lassen, ob das Schiedsamt die gesetzlichen Grenzen und Vorgaben der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages beachtet hat. Schließlich unterliegen Entscheidungen der Schiedsämter über gesamtvertraglich zu regelnde Vergütungen ebenfalls der Prüfung seitens der zuständigen Aufsichtsbehörden (§ 89 Abs. 5 Satz 4 und 5 SGB V). Klagebefugt gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörden, mit denen Beschlüsse eines Schiedsamtes über die "Vergütung der Leistungen" u.a. nach § 83 Abs. 1, § 85 SGB V beanstandet werden, sind auch hier allein die Parteien der Gesamtverträge und nicht weitere Personen und Institutionen, auch nicht das Schiedsamt selbst (BSG, Urteil vom 31. August 2005, Az.: B 6 KA 6/04 R, veröffentlicht in Juris, m.w.N.).
b) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:
aa) Die unter I./II. bzw. 1./2. getroffenen Regelungen in den o.g. Beschlüssen des Beigeladenen zu 7) vom 6. und 10. Mai 2005 sind ausschließlich schuldrechtlicher Natur, da sie nur die Höhe der von den Krankenkassen zu erbringenden bzw. der von der Beklagten anderweitig einzusparenden Gesamtvergütung betreffen. Sie können daher von einem Vertragsarzt im Honorarstreit mit der Kassenärztlichen Vereinigung nicht angegriffen werden.
bb) Demgegenüber betreffen die Ziffer III./IV. bzw. 3./4. dieser Beschlüsse die Honorarverteilung, da diese Regelungen die Verringerung eines bestimmten im HVM der Beklagten vorgesehenen Honorarfonds (§ 8b Ziffer (2), Abs. 4 HVM) zum Gegenstand haben. Insoweit tritt diese Bestimmung des Beigeladenen zu 7) an die Stelle des zwischen der Beklagten und den Krankenkassen gem. § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V zu vereinbarenden HVM. Dieser ist schieds- amtsfähig, da er einen Vertrag über die vertragsärztliche Versorgung (§ 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V) darstellt, zu dessen Abschluss die Kollektivvertragsparteien gesetzlich verpflichtet sind (Becker/Kingreen, SGB V, § 89 Rd. 4). Treten die Regelungen in den Ziffern III./IV. bzw. 3./4. der o.g. Beschlüsse des Beigeladenen zu 7) aber an die Stelle einer HVM-Bestimmung, kommt ihnen normative Wirkung zu und bindet alle Berliner Vertragsärzte. Die Klägerin ist daher nach dem unter a) Gesagten nicht befugt, den Schiedsspruch unmittelbar anzugreifen, sondern wird auf die – von ihr vorliegend wahrgenommene – Möglichkeit verwiesen, die Rechtmäßigkeit der Regelung inzident im Rahmen eines Honorarstreits zur Überprüfung zu stellen.
2) Die Absenkung des Honorarfonds für nicht antrags- und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Leistungen in den hier streitigen Quartalen II/05, IV/05 und I/06 ist rechtswidrig.
a) Materiell-rechtlich verstößt diese Absenkung gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat. Ein wie auch immer geartetes "Sonderopfer" der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und Psychotherapeuten ist unzulässig. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts und sieht von einer eigenen Begründung ab.
b) Es kommt in einem Honorarstreit zwischen Vertragsarzt und Kassenärztlicher Vereinigung auch nicht darauf an, ob letztere als am Schiedsverfahren Beteiligte an den Beschluss des Schiedsamtes gebunden ist.
Grundsätzlich allerdings wirken Beschlüsse des Schiedsamtes gegenüber den am Schiedsverfahren Beteiligten als Verwaltungsakte mit der Folge, dass sie von diesen mit der Anfechtungsklage angegriffen werden können (Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht/ Hess, § 89 SGB V, Rd. 18 m.w.N.), während sie gegenüber den Vertragsärzten normativ wirken. Diesen ist daher – entsprechend der Rechtslage bei den durch den Schiedsspruch ersetzten Normverträgen (s.o. unter 1a) – kein unmittelbarer Rechtsschutz gegen die Schiedsamtsentscheidung, sondern nur eine Inzidentkontrolle, z.B. im Rahmen eines Honorarstreits mit ihrer Kassenärztlichen Vereinigung, eröffnet ist (Schnapp NZS 07, 561 (565), m.w.N.). Beide Überprüfungsmöglichkeiten bestehen hingegen – was die Beklagte zu verkennen scheint – nebeneinander. Insbesondere schließt die Bindungswirkung gem. § 77 SGG, die eine Schiedsamtsentscheidung gegenüber den am Schiedsverfahren Beteiligten entfaltet, nicht die Möglichkeit der normunterworfenen Vertragsärzte aus, die Rechtmäßigkeit der Schiedsamtsentscheidung inzident überprüfen zu lassen. Andernfalls wäre für die Vertragsärzte insoweit kein effektiver Rechtsschutz i.S.v. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gewährleistet, da dieses Grundrecht auch die Verpflichtung der Gerichte zur inzidenten Prüfung vorgelagerten Rechts umfasst (BVerfG, Urteil vom 29. Juli 2010, Az.: 1 BvR 1634/04 - "Nacht im Gleisbett", veröffentlicht in Juris). Hinzu träte eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 GG, da für den Fall, dass die Absenkung des o.g. Honorarbudgets nicht auf einer Schiedsamtsentscheidung beruhte, sondern auf einer Vereinbarung der Kassenärztlichen Vereinigung mit den Krankenkassen im Rahmen der Honorarverteilung, auch die Beklagte der Klägerin wohl nicht die Befugnis absprechen würde, diese Absenkung im Honorarstreit inzident auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht prüfen zu lassen.
c) Angesicht dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass – wie vom Sozialgericht zu Recht dargelegt – die Beschlüsse des Landesschiedsamtes vom 6./10. Mai 2005 auch deshalb rechtswidrig sind, weil es die auch im Schiedsverfahren geltende Dispositionsmaxime (Vahldiek, in: Hauck/Noftz SGB V, § 89 Rd. 54) verkannt und durch die Absenkung des o.g. Honorarfonds eine Regelung zur Honorarverteilung getroffen hat, ohne dass ein diesbezüglicher Antrag gestellt wurde.
3) Der Beklagten steht es frei, in welcher Weise sie die durch die Rechtsprechung des Senats entstehende Finanzierungslücke schließt. Der Senat sieht hierfür mehrere Handlungsoptionen: Zum einen kann die Beklagte auf ihre Rücklagen zurückgreifen. Zum zweiten kann sie – selbstverständlich unter Berücksichtigung der jeweiligen Fristen – die Fachärzte außer den ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und Psychotherapeuten erneut heranziehen. Zum dritten kann sie – ebenfalls unter Berücksichtigung der jeweiligen Verjährungsfristen – alle Fachärzte, d.h. einschließlich der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und Psychotherapeuten, heranziehen, wobei sie auf die gleichmäßige Belastung aller Fachärzte zu achten hat, insbesondere indem sie – diesen Punkt ließ das Sozialgericht offen – Honorarrückforderungen für alle diese Leistungserbringer aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) auf denselben Zeitraum bezieht. Zum vierten kann sie nochmals das Landesschiedsamt mit dem Ziel anrufen, die Krankenkassen auch an diesem Finanzierungsbedarf zu beteiligen.
IV) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass die Klägerin die Honorarbescheide für alle 6 ursprünglich streitgegenständlichen Quartale in mehrfacher Hinsicht (Vergütung der antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen, der probatorischen Sitzungen und der sonstigen nicht antrags- und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen sowie Einbeziehung in das Individualbudget) angegriffen hat, im Ergebnis des gesamten Rechtsstreits allerdings nur hinsichtlich einiger Quartale und auch nur bezüglich einiger Angriffspunkte obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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