Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KR 273/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 KR 191/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 09.03.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung einer Urteilsberichtigung.
Der Kläger reichte Therapiepläne und Kostenvoranschläge der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie F (Prof. Dr. Dr. N) vom 30.10.2006 und 21.03.2007 bei der Beklagten ein. Hiermit beantragte er die Bewilligung von Implantaten, einer entprechenden Nachbehandlung und von vertikal verschraubten Implantatkronen nach einer unfallbedingten Kieferverletzung.
Nach Einholung eines fachzahnärztlichen Gutachtens lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.05.2007 und Widerspruchsbescheid vom 21.09.2007 die "Kostenübernahme für die geplante Implantatversorgung" ab, weil die Versorgung der Zahnlücke mit einem konventionellen Zahnersatz (herausnehmbare Teilprothese, festsitzender Kronen-Brückenverbund) möglich sei. Die Beklagte wies den Kläger zugleich darauf hin, dass Versicherte einen Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen in den Fällen hätten, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig sei. Die Versicherten erhielten dann, je nach dem Befund der vor dem Setzen der Implantate bestand, den Festzuschuss, der für die jeweilige Regelversorgung angefallen wäre. Zur Festsetzung eines Festzuschusses sei es erforderlich, einen vertraglichen Heil- und Kostenplan für die Suprakonstruktion einzureichen. Nach Prüfung könne entsprechend der gesetzlichen Bestimmung ein Festzuschuss bewilligt werden.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 23.10.2007 Klage erhoben und schriftsätzlich beantragt:
"Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 16.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2007 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen."
Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 30.07.2008 den Klageantrag dahingehend erläutert, dass der Kläger die "Kostenübernahme für seine medizinisch erforderliche Zahnimplantatversorgung" begehre.
Nach Einholung eines zahnärztlichen Gutachtens hat das Sozialgericht mit Urteil vom 17.09.2010 - mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - die Beklagte unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger die Kosten der Implantatversorgung zu erstatten. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Das Sozialgericht ist im schriftlichen Verfahren von folgendem Klageantrag ausgegangen:
"Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2007 zu verurteilen, ihm die Kosten der Implantatversorgung zu erstatten und die Kosten der Suprakonstruktion nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung in § 55 SGB V zu bezuschussen."
Das Sozialgericht hat einen Anspruch auf Implantatversorgung bejaht, die Klage jedoch für unbegründet gehalten, soweit der Kläger "einen Anspruch auf einen befundbezogenen Festzuschuss für die Suprakonstruktion geltend" mache. Die Bewilligung eines Festzuschusses nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 55 SGB V komme nur bei Einhaltung des hierfür vorgesehenen Verfahrensweges in Betracht. Es hätte dem Kläger oblegen, zur Sicherung seines Anspruchs auf einen Festzuschuss zu der Suprakonstruktion einen vertraglichen Heil- und Kostenplan erstellen zu lassen. Dies habe er trotz mehrfacher Hinweise der Beklagten versäumt. Eine Nachholung der Erstellung eines vertraglichen Heil- und Kostenplans bei von vornherein vereinbarter privater Behandlung sei ausgeschlossen, da der vertragliche Heil- und Kostenplan für die Suprakonstruktion vor Beginn der Behandlung zu genehmigen sei.
Das Urteil ist dem Kläger am 25.10.2010 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 08.11.2010 hat der Kläger beantragt, den Tatbestand des Urteils gemäß § 139 SGG zu berichtigen, hilfsweise das Urteil gemäß § 140 SGG zu ergänzen, hilfsweise das Urteil gemäß § 138 SGG zu berichtigen. Der Tatbestand des Urteils sei in Bezug auf seinen Antrag unrichtig. Er habe zu keinem Zeitpunkt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Suprakonstruktion nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung in § 55 SGB V zu bezuschussen. Er habe stets nur die Kostenerstattung für die Implantatversorgung verlangt und diese auf einen Betrag in Höhe von 6.677,93 EUR beziffert. Von einer zusätzlichen Bezuschussung der Kosten der Suprakonstruktion nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung in § 55 SGB V sei nirgendwo die Rede gewesen. Der Tatbestand des Urteils sei damit dahingehend zu korrigieren, dass der Kläger lediglich hilfsweise die Bezuschussung der Kosten für die Suprakonstruktion begehrt.
Mit Beschluss vom 09.03.2011 hat das Sozialgericht "die Anträge des Klägers auf Berichtigung des Urteils vom 17.09.2010 sowie auf Tatbestandsberichtigung" zurückgewiesen. Eine Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nach § 138 SGG scheide aus, weil hiermit die gerügte unzutreffende Auslegung des Klageantrags nicht berichtigt werden könne. Die Unrichtigkeit dürfe sich nicht auf die Richtigkeit der Entscheidung (Willensbildung), sondern müsse sich auf einen Fehler im Ausdruck des Willens beziehen. Eine Berichtigung des Tatbestands nach § 139 SGG scheide aus, weil bei Urteilen im schriftlichen Verfahren, bei denen keine mündliche Verhandlung vorausgegangen ist, eine Tatbestandsberichtigung nicht möglich sei. Bei dieser gehe es nur um das mündliche Beteiligtenvorbringen. Auch die Voraussetzungen von § 140 SGG lägen nicht vor, weil hiermit nur Fehler in einem Entscheidungsdefizit korrigierbar seien, nicht aber in dem vom Kläger gerügten Entscheidungsübermaß.
Gegen diese am 22.03.2011 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 21.04.2011 erhobene Beschwerde, mit der der Kläger begehrt, seinem Antrag auf Berichtigung des Urteils gemäß § 138 SGG stattzugeben. Der Kläger meint, er habe einen Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Kostenerstattung für die Suprakonstruktion weder ausdrücklich noch konkludent gestellt. Das Sozialgericht habe der Entscheidung einen Antrag hinzugefügt, der nicht existiert habe. Hierbei handele es sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 138 SGG.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 172 Abs. 1 SGG), nicht aber begründet.
Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind gemäß § 138 Satz 1 SGG jederzeit von Amts wegen zu berichtigen. Die Unrichtigkeit darf sich hierbei nicht auf die Richtigkeit der Entscheidung (Willensbildung), sondern muss sich auf einen Fehler im Ausdruck des Willens beziehen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Anlage § 138 Rdnr. 3). Nach § 138 SGG dürfen damit nur Fehler der Wiedergabe der Entscheidung berichtigt werden, keine materiellen Fehler der Sachentscheidung. Die Berichtigung ist kein Mittel zur Änderung einer nachträglich als unrichtig erkannten Entscheidung. Steht im Urteil, was nach der Entscheidungsfindung des Gerichts dort stehen sollte, scheidet eine Berichtigung aus, auch wenn dem Gericht ein Rechtsirrtum unterlaufen ist oder wenn eine Tatsache oder ein Beweismittel übersehen oder missgedeutet wurden (Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 138 Rdnr. 4).
Der Kläger rügt eine fehlerhafte Auslegung des Klageantrags. Hierbei handelt es sich um einen Rechtsanwendungsvorgang: Die Auslegung von Erklärungen eines Beteiligten richtet sich nach den allgemeinen Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen. Auch bei Prozesshandlungen muss der wirkliche Wille des Betroffenen herausgefunden werden. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert, der sich danach bestimmt, wie der Empfänger nach den Umständen, insbesondere nach der sachdienlichen Interessenlage (§ 106 Abs. 1 SGG) die Erklärung verstehen musste. Die zu § 133 BGB entwickelten Auslegungsregeln sind maßgeblich. Zu ermitteln ist damit das vom Verfasser unter Zugrundelegung seiner Interessen vernünftigerweise gewollte, das in irgendeiner Form erkennbar zum Ausdruck gekommen sein muss (BSG, Urteil vom 09.08.2006 - B 12 KR 22/05 R).
Allerdings ist der Kläger zu Recht der Meinung, dass das Sozialgericht unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sein Begehren nicht zutreffend ausgelegt und in dem unterstellten Klageantrag zum Ausdruck gebracht hat. Der Kläger hat implantologische Leistungen im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V begehrt. Diese Leistungen umfassen - bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen - nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung auch die mit dem Implantat verbundene Suprakonstruktion. Nicht umfasst von dem nur bei seltenen Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle bestehenden Leistungsanspruch nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V sind die vom Sozialgericht im unterstellten Klageantrag genannten befundbezogenen Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und der damit zusammenhängenden Suprakonstruktionen nach § 55 Abs. 1 SGB V. Die in § 55 Abs. 1 SGB V genannten Suprakonstruktionen knüpfen an einen anderen medizinischen Sachverhalt an, als die in § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V genannten Suprakonstruktionen und stellen damit einen anderen - vom Kläger weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten - Streitgegenstand dar.
Da es sich bei der Auslegung des Klageantrags insoweit aber um einen Rechtsanwendungsfehler handelt, scheidet eine Berichtigung nach § 138 SGG aus. Der Kläger hätte Berufung einlegen müssen. Allerdings umfasst der dem angenommenen Klageantrag entsprechende Urteilstenor damit auch nur die - nicht beantragte - Versorgung nach § 55 SGB V. Der Urteilstenor steht der Geltendmachung einer Suprakonstruktion als Folge der Bewilligung der Implantatversorgung gem. § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung einer Urteilsberichtigung.
Der Kläger reichte Therapiepläne und Kostenvoranschläge der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie F (Prof. Dr. Dr. N) vom 30.10.2006 und 21.03.2007 bei der Beklagten ein. Hiermit beantragte er die Bewilligung von Implantaten, einer entprechenden Nachbehandlung und von vertikal verschraubten Implantatkronen nach einer unfallbedingten Kieferverletzung.
Nach Einholung eines fachzahnärztlichen Gutachtens lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.05.2007 und Widerspruchsbescheid vom 21.09.2007 die "Kostenübernahme für die geplante Implantatversorgung" ab, weil die Versorgung der Zahnlücke mit einem konventionellen Zahnersatz (herausnehmbare Teilprothese, festsitzender Kronen-Brückenverbund) möglich sei. Die Beklagte wies den Kläger zugleich darauf hin, dass Versicherte einen Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen in den Fällen hätten, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig sei. Die Versicherten erhielten dann, je nach dem Befund der vor dem Setzen der Implantate bestand, den Festzuschuss, der für die jeweilige Regelversorgung angefallen wäre. Zur Festsetzung eines Festzuschusses sei es erforderlich, einen vertraglichen Heil- und Kostenplan für die Suprakonstruktion einzureichen. Nach Prüfung könne entsprechend der gesetzlichen Bestimmung ein Festzuschuss bewilligt werden.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 23.10.2007 Klage erhoben und schriftsätzlich beantragt:
"Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 16.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2007 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen."
Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 30.07.2008 den Klageantrag dahingehend erläutert, dass der Kläger die "Kostenübernahme für seine medizinisch erforderliche Zahnimplantatversorgung" begehre.
Nach Einholung eines zahnärztlichen Gutachtens hat das Sozialgericht mit Urteil vom 17.09.2010 - mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - die Beklagte unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger die Kosten der Implantatversorgung zu erstatten. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Das Sozialgericht ist im schriftlichen Verfahren von folgendem Klageantrag ausgegangen:
"Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2007 zu verurteilen, ihm die Kosten der Implantatversorgung zu erstatten und die Kosten der Suprakonstruktion nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung in § 55 SGB V zu bezuschussen."
Das Sozialgericht hat einen Anspruch auf Implantatversorgung bejaht, die Klage jedoch für unbegründet gehalten, soweit der Kläger "einen Anspruch auf einen befundbezogenen Festzuschuss für die Suprakonstruktion geltend" mache. Die Bewilligung eines Festzuschusses nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 55 SGB V komme nur bei Einhaltung des hierfür vorgesehenen Verfahrensweges in Betracht. Es hätte dem Kläger oblegen, zur Sicherung seines Anspruchs auf einen Festzuschuss zu der Suprakonstruktion einen vertraglichen Heil- und Kostenplan erstellen zu lassen. Dies habe er trotz mehrfacher Hinweise der Beklagten versäumt. Eine Nachholung der Erstellung eines vertraglichen Heil- und Kostenplans bei von vornherein vereinbarter privater Behandlung sei ausgeschlossen, da der vertragliche Heil- und Kostenplan für die Suprakonstruktion vor Beginn der Behandlung zu genehmigen sei.
Das Urteil ist dem Kläger am 25.10.2010 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 08.11.2010 hat der Kläger beantragt, den Tatbestand des Urteils gemäß § 139 SGG zu berichtigen, hilfsweise das Urteil gemäß § 140 SGG zu ergänzen, hilfsweise das Urteil gemäß § 138 SGG zu berichtigen. Der Tatbestand des Urteils sei in Bezug auf seinen Antrag unrichtig. Er habe zu keinem Zeitpunkt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Suprakonstruktion nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung in § 55 SGB V zu bezuschussen. Er habe stets nur die Kostenerstattung für die Implantatversorgung verlangt und diese auf einen Betrag in Höhe von 6.677,93 EUR beziffert. Von einer zusätzlichen Bezuschussung der Kosten der Suprakonstruktion nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung in § 55 SGB V sei nirgendwo die Rede gewesen. Der Tatbestand des Urteils sei damit dahingehend zu korrigieren, dass der Kläger lediglich hilfsweise die Bezuschussung der Kosten für die Suprakonstruktion begehrt.
Mit Beschluss vom 09.03.2011 hat das Sozialgericht "die Anträge des Klägers auf Berichtigung des Urteils vom 17.09.2010 sowie auf Tatbestandsberichtigung" zurückgewiesen. Eine Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nach § 138 SGG scheide aus, weil hiermit die gerügte unzutreffende Auslegung des Klageantrags nicht berichtigt werden könne. Die Unrichtigkeit dürfe sich nicht auf die Richtigkeit der Entscheidung (Willensbildung), sondern müsse sich auf einen Fehler im Ausdruck des Willens beziehen. Eine Berichtigung des Tatbestands nach § 139 SGG scheide aus, weil bei Urteilen im schriftlichen Verfahren, bei denen keine mündliche Verhandlung vorausgegangen ist, eine Tatbestandsberichtigung nicht möglich sei. Bei dieser gehe es nur um das mündliche Beteiligtenvorbringen. Auch die Voraussetzungen von § 140 SGG lägen nicht vor, weil hiermit nur Fehler in einem Entscheidungsdefizit korrigierbar seien, nicht aber in dem vom Kläger gerügten Entscheidungsübermaß.
Gegen diese am 22.03.2011 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 21.04.2011 erhobene Beschwerde, mit der der Kläger begehrt, seinem Antrag auf Berichtigung des Urteils gemäß § 138 SGG stattzugeben. Der Kläger meint, er habe einen Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Kostenerstattung für die Suprakonstruktion weder ausdrücklich noch konkludent gestellt. Das Sozialgericht habe der Entscheidung einen Antrag hinzugefügt, der nicht existiert habe. Hierbei handele es sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 138 SGG.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 172 Abs. 1 SGG), nicht aber begründet.
Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil sind gemäß § 138 Satz 1 SGG jederzeit von Amts wegen zu berichtigen. Die Unrichtigkeit darf sich hierbei nicht auf die Richtigkeit der Entscheidung (Willensbildung), sondern muss sich auf einen Fehler im Ausdruck des Willens beziehen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Anlage § 138 Rdnr. 3). Nach § 138 SGG dürfen damit nur Fehler der Wiedergabe der Entscheidung berichtigt werden, keine materiellen Fehler der Sachentscheidung. Die Berichtigung ist kein Mittel zur Änderung einer nachträglich als unrichtig erkannten Entscheidung. Steht im Urteil, was nach der Entscheidungsfindung des Gerichts dort stehen sollte, scheidet eine Berichtigung aus, auch wenn dem Gericht ein Rechtsirrtum unterlaufen ist oder wenn eine Tatsache oder ein Beweismittel übersehen oder missgedeutet wurden (Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 138 Rdnr. 4).
Der Kläger rügt eine fehlerhafte Auslegung des Klageantrags. Hierbei handelt es sich um einen Rechtsanwendungsvorgang: Die Auslegung von Erklärungen eines Beteiligten richtet sich nach den allgemeinen Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen. Auch bei Prozesshandlungen muss der wirkliche Wille des Betroffenen herausgefunden werden. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert, der sich danach bestimmt, wie der Empfänger nach den Umständen, insbesondere nach der sachdienlichen Interessenlage (§ 106 Abs. 1 SGG) die Erklärung verstehen musste. Die zu § 133 BGB entwickelten Auslegungsregeln sind maßgeblich. Zu ermitteln ist damit das vom Verfasser unter Zugrundelegung seiner Interessen vernünftigerweise gewollte, das in irgendeiner Form erkennbar zum Ausdruck gekommen sein muss (BSG, Urteil vom 09.08.2006 - B 12 KR 22/05 R).
Allerdings ist der Kläger zu Recht der Meinung, dass das Sozialgericht unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sein Begehren nicht zutreffend ausgelegt und in dem unterstellten Klageantrag zum Ausdruck gebracht hat. Der Kläger hat implantologische Leistungen im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V begehrt. Diese Leistungen umfassen - bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen - nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung auch die mit dem Implantat verbundene Suprakonstruktion. Nicht umfasst von dem nur bei seltenen Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle bestehenden Leistungsanspruch nach § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V sind die vom Sozialgericht im unterstellten Klageantrag genannten befundbezogenen Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und der damit zusammenhängenden Suprakonstruktionen nach § 55 Abs. 1 SGB V. Die in § 55 Abs. 1 SGB V genannten Suprakonstruktionen knüpfen an einen anderen medizinischen Sachverhalt an, als die in § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V genannten Suprakonstruktionen und stellen damit einen anderen - vom Kläger weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten - Streitgegenstand dar.
Da es sich bei der Auslegung des Klageantrags insoweit aber um einen Rechtsanwendungsfehler handelt, scheidet eine Berichtigung nach § 138 SGG aus. Der Kläger hätte Berufung einlegen müssen. Allerdings umfasst der dem angenommenen Klageantrag entsprechende Urteilstenor damit auch nur die - nicht beantragte - Versorgung nach § 55 SGB V. Der Urteilstenor steht der Geltendmachung einer Suprakonstruktion als Folge der Bewilligung der Implantatversorgung gem. § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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