Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 4246/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 2296/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 4. April 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung der Kniebeschwerden rechts als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.
Der 1956 geborene Kläger, der seit Januar 2007 Erwerbsminderungsrente bezieht, war von 1973 bis 1989 in Polen als Fliesenleger tätig, von August 1990 bis zum Rentenbeginn stand er als Fachwerker im Fertighausbau in einem Beschäftigungsverhältnis.
Am 5. September 2007 erstattete der behandelnde Arzt eine ärztliche Anzeige über den Verdacht des Vorliegens einer BK, da der Kläger am rechten Knie unter einer Meniskopathie leide. Die Beklagte beteiligte ihren Präventionsdienst und zog ärztliche Unterlagen bei, u.a. den Entlassungsbericht der Rheumaklinik B. W. vom 7. Mai 2002, den Bericht über den Klinikaufenthalt zur Arthroskopie des rechten Knies (16./17. März 2006), den Reha-Bericht vom 13. Juni 2006 sowie den Bericht über den am 17. Januar 2006 gefertigten Kernspin am rechten Knie. Danach bestehe eine leichte laterale Gonarthrose bei diffuser myxoider Degeneration des Hinterhorns des Außenmeniskus bis zur Pars intermedia mit Ausfransungen/Einrissen am freien Rand.
Im Auftrag der Beklagten erstellte unter dem 10. Juni 2008 der Orthopäde und Chirurg Dr. F. ein Gutachten. Darin führte er als Befund rechts einen nach Außenmeniskusteilresektion viertgradigen weitgehend tibialen Knorpelschaden ohne Meniskusschädigung im Übrigen auf. Innenmeniskus sowie das linke Knie seien ohne Befund.
Mit Bescheid vom 6. August 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Kniebeschwerden als BK ab, gestützt auf das Gutachten des Dr. F ... Danach hätten degenerative, berufsunabhängige Veränderungen am rechten Knie festgestellt werden können, das linke Knie sei ohne Meniskusschaden. Die degenerativen Veränderungen rechts seien nicht Folge der beruflichen Tätigkeit als Fliesenleger, sondern Folge einer Außenmeniskusteilresektion des Hinterhorns. Dadurch sei berufsunabhängig eine Arthrose entstanden. Gegen eine berufliche Verursachung spreche auch, dass der Kläger noch 15 Jahre nach Aufgabe der Tätigkeit als Fliesenleger gearbeitet habe, ohne dass eine Behandlung am rechten Knie durchgeführt worden sei.
Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2009 zurückgewiesen.
Während des Widerspruchsverfahrens hat der Kläger zugleich beantragt, die Kniebeschwerden (auch) als BK nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen. Dies ist Gegenstand des Verfahrens vor dem Landessozialgericht mit dem Az.: L 1 U 1048/11.
Am 24. November 2009 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, es sei ihm unbekannt, ob die Beklagte eine Expositionsermittlung durchgeführt habe, denn er habe 19 Jahre lang mehr als eine halbe Stunde täglich im Knien gearbeitet. Da nur das rechte Knie betroffen sei und er auch nur auf dem rechten Knie gekniet habe, hätte dies von Dr. F. zu seinen Gunsten berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls aber sei § 9 Abs. 3 SGB VII als Vermutungsregel in seinem Fall anzuwenden.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt (Dr. S., Orthopäde, Dr. F., Orthopäde, Dr. D., Hausarzt; Klinikum H.; Dr. A.). Es hat beim Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. B. das Gutachten vom 30. Juni 2010 in Auftrag gegeben. Darin hat er als Befunde am rechten Knie eine initial betonte Gonarthrose Stadium Kellgren I, Zustand nach Außenmeniskusteilresektion im März 2006 bei Lappenriss des Außenmeniskus (Mittelstück) und einen Knorpelschaden im Bereich des Lappenrisses am lateralen Tibiaplateau mitgeteilt. Ein Schaden am Innenmeniskus bestehe nicht. Für einen Zusammenhang dieser Veränderungen mit der beruflichen Tätigkeit als Fliesenleger spreche, dass konkurrierende Ursachen nicht erkennbar seien und eine primäre Meniskopathie vorliege. Dagegen spreche, dass ein belastungskonformes Schadensbild nicht vorliege, da nur der Außenmeniskus betroffen sei, das lange zeitliche Intervall zwischen Ende der meniskusbelastenden Tätigkeit 1989 und dem Auftreten von Beschwerden im Jahr 2005 und der Umstand, dass diese erst in einem Lebensalter von 50 Jahren aufgetreten seien. Deshalb schlage er eine BK nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nicht zur Anerkennung vor.
Mit Urteil vom 4. April 2011, dem Kläger zugestellt durch Postzustellungsurkunde vom 18. Mai 2001, hat das SG die Klage abgewiesen, im Wesentlichen gestützt auf die Feststellungen von Dr. B ...
Dagegen hat der Kläger am 6. Juni 2011 Berufung eingelegt mit der Begründung, die Ärzte hätten unterschiedliche Angaben zur Verursachung seiner Kniebeschwerden gemacht. Der Präventionsdienst sei nicht zur Ermittlung der arbeitstechnischen Voraussetzungen gehört worden. Nicht zuletzt sei § 9 Abs. 3 SGB VII anzuwenden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 4. April 2011 sowie den Bescheid vom 6. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2009 aufzuheben und die Beschwerden im rechten Knie als Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat ohne Rechtsfehler die Anerkennung der Kniebeschwerden rechts als Berufskrankheit abgelehnt.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII).
In Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV ist sind als Berufskrankheit erfasst Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.
Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 2. April 2009 (B 2 U 9/08 R = SGb 2009, 355) ausgeführt hat, lassen sich aus der gesetzlichen Formulierung bei einer BK, die in der BKV aufgeführt ist (sog. Listen-BK) im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils RdNr. 15; BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 13 ff).
Klarstellend und abweichend von der früheren gelegentlichen Verwendung des Begriffs durch den 2. Senat des BSG (vgl. BSG vom 2. Mai 2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16; BSG vom 4. Dezember 2001 - B 2 U 37/00 R - SozR 3-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 1) hat das BSG in der genannten Entscheidung betont, dass im BK-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall (vgl. nur BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 10) ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den BK-Folgen, die dann ggf. zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der BK keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung seiner Erkrankung als BK nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV.
Wie der Präventionsdienst der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2007 dargelegt hat, hat der Kläger zwar mehrjährig andauernd ausreichend, d.h. im Umfang von mindestens 30% einer Arbeitsschicht kniebelastend gearbeitet, so dass die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK grundsätzlich erfüllt sind. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Einwirkungskausalität auch bei einem Unterschreiten der 30%-Grenze im Einzelfall bejaht werden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 2252/09, juris, unter Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Mai 2008 - L 1 U 3824/06).
Allerdings ist die Entstehung der Veränderungen des Außenmeniskus im rechten Knie nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf die langjährige Tätigkeit als Fliesenleger zurückzuführen und daher die haftungsbegründende Kausalität zu verneinen. Bei dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die gutachterlichen Ausführungen des Dr. B., dem die Ausführungen der behandelnden Ärzte des Klägers nicht entgegen stehen.
Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 30. Juni 2010 die für und gegen einen Ursachenzusammenhang sprechenden Gesichtspunkte aufgeführt und diese schlüssig und nachvollziehbar abgewogen. Für einen Zusammenhang der Erkrankung mit der beruflichen Tätigkeit spricht danach der Umstand, dass keine Vorerkrankungen bzw. Konkurrenzursachen für die Entstehung der initialen, lateral betonten Gonarthrose rechts bei Zustand nach Außenmeniskusteilresektion bei Lappenriss des Außenmeniskus im Bereich der Pars intermedia sowie den dort lokalisierten Knorpelschaden festzustellen sind. Weder bestehen Achsabweichungen der Beine noch Verletzungen im Bereich der Kniegelenke, die zu einer Fehlbelastung der Menisken mit nachfolgender Degeneration geführt haben könnten. Auch kann von einer primären Meniskopathie ausgegangen werden, da der gravierende, viertgradige Knorpelschaden lediglich dort lokalisiert ist, wo auch der Außenmeniskuslappen gerissen war.
Allerdings spricht entscheidend gegen einen durch die kniebelastende Tätigkeit verursachten Meniskusriss der Umstand, dass sich dieser nicht an der dafür typischen Stelle, also am Innenmeniskushinterhorn, lokalisiert hat, sondern im Bereich des Außenmeniskuslappens. Zusätzlich wären aber auch, sollte der Außenmeniskuslappen infolge der kniebelastenden Tätigkeit gerissen sein, wenigstens begleitende degenerative Veränderungen am Innenmeniskus zu erwarten. Dieser ist jedoch beim Kläger im Rahmen der Arthroskopie als unauffällig beschrieben worden. Darüber hinaus traten die Beschwerden beim Kläger erst rund 16 Jahre nach Ende der kniebelastenden Tätigkeit und in einem Alter auf, in dem Meniskusschäden auch ohne kniebelastende Tätigkeiten häufiger vorkommen, so dass in der Gesamtschau der für und gegen einen Kausalzusammenhang sprechenden Umstände denjenigen mehr Gewicht zukommt, die gegen einen Zusammenhang sprechen.
Die Einwände des Klägers im Berufungsverfahren vermögen eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
Soweit er sich auf die angeblich abweichende Beurteilung der Ursache seiner Erkrankung auf die Aussagen seiner behandelnden Ärzte stützt, hat allein der Hausarzt und Allgemeinmediziner Dr. D. ausgeführt, die Belastungen seinen berufsbedingt erklärbar. Der Orthopäde Dr. S. hat ausgeführt, die Kniebeschwerden könnten möglicherweise mit der Berufstätigkeit als Fliesenleger in Zusammenhang gebracht werden. Ob eine BK vorliege, könne er jedoch nicht beurteilen. Dr. F., Orthopäde, hat gegenüber dem SG auf seinen Bericht vom 10. Juni 2008 gegenüber der Beklagten verwiesen, in dem er den Zusammenhang als eher nicht bestehend beurteilt hat. Auch das Krankenhaus H., PD Dr. S., hat gegenüber dem SG ausgeführt, man könne zur Frage des Zusammenhangs zwar ohne gutachterliche Untersuchung nicht abschließend Stellung nehmen. Es spreche jedoch mehr gegen als für einen Zusammenhang. Daher ergeben sich aus diesen Stellungnahmen keine Gesichtspunkte, die gegen die Beurteilung von Dr. B. sprechen. Vielmehr zeigt sich deutlich die Notwendigkeit aber auch Schwierigkeit der Abgrenzung von beruflicher und außerberuflicher Verursachung gerade bei kniebelastenden Tätigkeiten.
Soweit auf § 9 Abs. 3 SGB VII verwiesen worden ist, greift die Vermutungsregelung im Fall des Klägers nicht ein.
Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach § 9 Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, dass diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist (§ 9 Abs. 3 SGB VII). Ob es sich bei § 9 Abs. 3 SGB VII dogmatisch um eine unwiderlegbare Rechtsvermutung (Benz, SGb 8/98 S. 353 ff), eine gesetzlich angeordnete Beweislastumkehr (Hessisches LSG vom 31. August 2010 – L 3 U 162/05, juris), eine bloße Beweiserleichterung (LSG Berlin-Brandenburg vom 29. August 2005 – L 27 U 71/02, juris) oder einen Anscheinsbeweis (LSG Rheinland-Pfalz vom 24. Juli 1997 – L 7 U 18/97, juris; so auch vom 2. Juli 1998 – L 7 U 348/97, juris und vom 18. März 1997 – L 7U 30/95, juris) handelt, wird unterschiedlich beurteilt. Allerdings ist die rechtliche Einordnung der Norm, die auch nach der Gesetzesbegründung nicht eindeutig erfolgen kann (BT-Drucks 13/2204 S. 77), für die hier relevante Fragestellung ohne Belang. Denn die Vermutungsregelung greift ihrem Wortlaut und nach übereinstimmender Auffassung in der Kommentarliteratur nur dann, wenn keine außerberuflichen Konkurrenzursachen vorliegen und auch auf medizinischem Fachgebiet alle Voraussetzungen für die Anerkennung als BK grundsätzlich erfüllt sind, also auch ein belastungskonformes Schadensbild gegeben ist. Dies ist jedoch, wie dargelegt, beim Kläger nicht der Fall, so dass die Vermutungsregelung zu Gunsten des Klägers nicht greift.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung der Kniebeschwerden rechts als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.
Der 1956 geborene Kläger, der seit Januar 2007 Erwerbsminderungsrente bezieht, war von 1973 bis 1989 in Polen als Fliesenleger tätig, von August 1990 bis zum Rentenbeginn stand er als Fachwerker im Fertighausbau in einem Beschäftigungsverhältnis.
Am 5. September 2007 erstattete der behandelnde Arzt eine ärztliche Anzeige über den Verdacht des Vorliegens einer BK, da der Kläger am rechten Knie unter einer Meniskopathie leide. Die Beklagte beteiligte ihren Präventionsdienst und zog ärztliche Unterlagen bei, u.a. den Entlassungsbericht der Rheumaklinik B. W. vom 7. Mai 2002, den Bericht über den Klinikaufenthalt zur Arthroskopie des rechten Knies (16./17. März 2006), den Reha-Bericht vom 13. Juni 2006 sowie den Bericht über den am 17. Januar 2006 gefertigten Kernspin am rechten Knie. Danach bestehe eine leichte laterale Gonarthrose bei diffuser myxoider Degeneration des Hinterhorns des Außenmeniskus bis zur Pars intermedia mit Ausfransungen/Einrissen am freien Rand.
Im Auftrag der Beklagten erstellte unter dem 10. Juni 2008 der Orthopäde und Chirurg Dr. F. ein Gutachten. Darin führte er als Befund rechts einen nach Außenmeniskusteilresektion viertgradigen weitgehend tibialen Knorpelschaden ohne Meniskusschädigung im Übrigen auf. Innenmeniskus sowie das linke Knie seien ohne Befund.
Mit Bescheid vom 6. August 2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Kniebeschwerden als BK ab, gestützt auf das Gutachten des Dr. F ... Danach hätten degenerative, berufsunabhängige Veränderungen am rechten Knie festgestellt werden können, das linke Knie sei ohne Meniskusschaden. Die degenerativen Veränderungen rechts seien nicht Folge der beruflichen Tätigkeit als Fliesenleger, sondern Folge einer Außenmeniskusteilresektion des Hinterhorns. Dadurch sei berufsunabhängig eine Arthrose entstanden. Gegen eine berufliche Verursachung spreche auch, dass der Kläger noch 15 Jahre nach Aufgabe der Tätigkeit als Fliesenleger gearbeitet habe, ohne dass eine Behandlung am rechten Knie durchgeführt worden sei.
Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2009 zurückgewiesen.
Während des Widerspruchsverfahrens hat der Kläger zugleich beantragt, die Kniebeschwerden (auch) als BK nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen. Dies ist Gegenstand des Verfahrens vor dem Landessozialgericht mit dem Az.: L 1 U 1048/11.
Am 24. November 2009 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, es sei ihm unbekannt, ob die Beklagte eine Expositionsermittlung durchgeführt habe, denn er habe 19 Jahre lang mehr als eine halbe Stunde täglich im Knien gearbeitet. Da nur das rechte Knie betroffen sei und er auch nur auf dem rechten Knie gekniet habe, hätte dies von Dr. F. zu seinen Gunsten berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls aber sei § 9 Abs. 3 SGB VII als Vermutungsregel in seinem Fall anzuwenden.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt (Dr. S., Orthopäde, Dr. F., Orthopäde, Dr. D., Hausarzt; Klinikum H.; Dr. A.). Es hat beim Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. B. das Gutachten vom 30. Juni 2010 in Auftrag gegeben. Darin hat er als Befunde am rechten Knie eine initial betonte Gonarthrose Stadium Kellgren I, Zustand nach Außenmeniskusteilresektion im März 2006 bei Lappenriss des Außenmeniskus (Mittelstück) und einen Knorpelschaden im Bereich des Lappenrisses am lateralen Tibiaplateau mitgeteilt. Ein Schaden am Innenmeniskus bestehe nicht. Für einen Zusammenhang dieser Veränderungen mit der beruflichen Tätigkeit als Fliesenleger spreche, dass konkurrierende Ursachen nicht erkennbar seien und eine primäre Meniskopathie vorliege. Dagegen spreche, dass ein belastungskonformes Schadensbild nicht vorliege, da nur der Außenmeniskus betroffen sei, das lange zeitliche Intervall zwischen Ende der meniskusbelastenden Tätigkeit 1989 und dem Auftreten von Beschwerden im Jahr 2005 und der Umstand, dass diese erst in einem Lebensalter von 50 Jahren aufgetreten seien. Deshalb schlage er eine BK nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV nicht zur Anerkennung vor.
Mit Urteil vom 4. April 2011, dem Kläger zugestellt durch Postzustellungsurkunde vom 18. Mai 2001, hat das SG die Klage abgewiesen, im Wesentlichen gestützt auf die Feststellungen von Dr. B ...
Dagegen hat der Kläger am 6. Juni 2011 Berufung eingelegt mit der Begründung, die Ärzte hätten unterschiedliche Angaben zur Verursachung seiner Kniebeschwerden gemacht. Der Präventionsdienst sei nicht zur Ermittlung der arbeitstechnischen Voraussetzungen gehört worden. Nicht zuletzt sei § 9 Abs. 3 SGB VII anzuwenden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 4. April 2011 sowie den Bescheid vom 6. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2009 aufzuheben und die Beschwerden im rechten Knie als Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat ohne Rechtsfehler die Anerkennung der Kniebeschwerden rechts als Berufskrankheit abgelehnt.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII).
In Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV ist sind als Berufskrankheit erfasst Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.
Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 2. April 2009 (B 2 U 9/08 R = SGb 2009, 355) ausgeführt hat, lassen sich aus der gesetzlichen Formulierung bei einer BK, die in der BKV aufgeführt ist (sog. Listen-BK) im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils RdNr. 15; BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 13 ff).
Klarstellend und abweichend von der früheren gelegentlichen Verwendung des Begriffs durch den 2. Senat des BSG (vgl. BSG vom 2. Mai 2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16; BSG vom 4. Dezember 2001 - B 2 U 37/00 R - SozR 3-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 1) hat das BSG in der genannten Entscheidung betont, dass im BK-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall (vgl. nur BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 10) ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den BK-Folgen, die dann ggf. zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der BK keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung seiner Erkrankung als BK nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV.
Wie der Präventionsdienst der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2007 dargelegt hat, hat der Kläger zwar mehrjährig andauernd ausreichend, d.h. im Umfang von mindestens 30% einer Arbeitsschicht kniebelastend gearbeitet, so dass die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK grundsätzlich erfüllt sind. Es kann deshalb offen bleiben, ob die Einwirkungskausalität auch bei einem Unterschreiten der 30%-Grenze im Einzelfall bejaht werden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Juli 2011 - L 8 U 2252/09, juris, unter Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Mai 2008 - L 1 U 3824/06).
Allerdings ist die Entstehung der Veränderungen des Außenmeniskus im rechten Knie nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf die langjährige Tätigkeit als Fliesenleger zurückzuführen und daher die haftungsbegründende Kausalität zu verneinen. Bei dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die gutachterlichen Ausführungen des Dr. B., dem die Ausführungen der behandelnden Ärzte des Klägers nicht entgegen stehen.
Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 30. Juni 2010 die für und gegen einen Ursachenzusammenhang sprechenden Gesichtspunkte aufgeführt und diese schlüssig und nachvollziehbar abgewogen. Für einen Zusammenhang der Erkrankung mit der beruflichen Tätigkeit spricht danach der Umstand, dass keine Vorerkrankungen bzw. Konkurrenzursachen für die Entstehung der initialen, lateral betonten Gonarthrose rechts bei Zustand nach Außenmeniskusteilresektion bei Lappenriss des Außenmeniskus im Bereich der Pars intermedia sowie den dort lokalisierten Knorpelschaden festzustellen sind. Weder bestehen Achsabweichungen der Beine noch Verletzungen im Bereich der Kniegelenke, die zu einer Fehlbelastung der Menisken mit nachfolgender Degeneration geführt haben könnten. Auch kann von einer primären Meniskopathie ausgegangen werden, da der gravierende, viertgradige Knorpelschaden lediglich dort lokalisiert ist, wo auch der Außenmeniskuslappen gerissen war.
Allerdings spricht entscheidend gegen einen durch die kniebelastende Tätigkeit verursachten Meniskusriss der Umstand, dass sich dieser nicht an der dafür typischen Stelle, also am Innenmeniskushinterhorn, lokalisiert hat, sondern im Bereich des Außenmeniskuslappens. Zusätzlich wären aber auch, sollte der Außenmeniskuslappen infolge der kniebelastenden Tätigkeit gerissen sein, wenigstens begleitende degenerative Veränderungen am Innenmeniskus zu erwarten. Dieser ist jedoch beim Kläger im Rahmen der Arthroskopie als unauffällig beschrieben worden. Darüber hinaus traten die Beschwerden beim Kläger erst rund 16 Jahre nach Ende der kniebelastenden Tätigkeit und in einem Alter auf, in dem Meniskusschäden auch ohne kniebelastende Tätigkeiten häufiger vorkommen, so dass in der Gesamtschau der für und gegen einen Kausalzusammenhang sprechenden Umstände denjenigen mehr Gewicht zukommt, die gegen einen Zusammenhang sprechen.
Die Einwände des Klägers im Berufungsverfahren vermögen eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
Soweit er sich auf die angeblich abweichende Beurteilung der Ursache seiner Erkrankung auf die Aussagen seiner behandelnden Ärzte stützt, hat allein der Hausarzt und Allgemeinmediziner Dr. D. ausgeführt, die Belastungen seinen berufsbedingt erklärbar. Der Orthopäde Dr. S. hat ausgeführt, die Kniebeschwerden könnten möglicherweise mit der Berufstätigkeit als Fliesenleger in Zusammenhang gebracht werden. Ob eine BK vorliege, könne er jedoch nicht beurteilen. Dr. F., Orthopäde, hat gegenüber dem SG auf seinen Bericht vom 10. Juni 2008 gegenüber der Beklagten verwiesen, in dem er den Zusammenhang als eher nicht bestehend beurteilt hat. Auch das Krankenhaus H., PD Dr. S., hat gegenüber dem SG ausgeführt, man könne zur Frage des Zusammenhangs zwar ohne gutachterliche Untersuchung nicht abschließend Stellung nehmen. Es spreche jedoch mehr gegen als für einen Zusammenhang. Daher ergeben sich aus diesen Stellungnahmen keine Gesichtspunkte, die gegen die Beurteilung von Dr. B. sprechen. Vielmehr zeigt sich deutlich die Notwendigkeit aber auch Schwierigkeit der Abgrenzung von beruflicher und außerberuflicher Verursachung gerade bei kniebelastenden Tätigkeiten.
Soweit auf § 9 Abs. 3 SGB VII verwiesen worden ist, greift die Vermutungsregelung im Fall des Klägers nicht ein.
Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach § 9 Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, dass diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist (§ 9 Abs. 3 SGB VII). Ob es sich bei § 9 Abs. 3 SGB VII dogmatisch um eine unwiderlegbare Rechtsvermutung (Benz, SGb 8/98 S. 353 ff), eine gesetzlich angeordnete Beweislastumkehr (Hessisches LSG vom 31. August 2010 – L 3 U 162/05, juris), eine bloße Beweiserleichterung (LSG Berlin-Brandenburg vom 29. August 2005 – L 27 U 71/02, juris) oder einen Anscheinsbeweis (LSG Rheinland-Pfalz vom 24. Juli 1997 – L 7 U 18/97, juris; so auch vom 2. Juli 1998 – L 7 U 348/97, juris und vom 18. März 1997 – L 7U 30/95, juris) handelt, wird unterschiedlich beurteilt. Allerdings ist die rechtliche Einordnung der Norm, die auch nach der Gesetzesbegründung nicht eindeutig erfolgen kann (BT-Drucks 13/2204 S. 77), für die hier relevante Fragestellung ohne Belang. Denn die Vermutungsregelung greift ihrem Wortlaut und nach übereinstimmender Auffassung in der Kommentarliteratur nur dann, wenn keine außerberuflichen Konkurrenzursachen vorliegen und auch auf medizinischem Fachgebiet alle Voraussetzungen für die Anerkennung als BK grundsätzlich erfüllt sind, also auch ein belastungskonformes Schadensbild gegeben ist. Dies ist jedoch, wie dargelegt, beim Kläger nicht der Fall, so dass die Vermutungsregelung zu Gunsten des Klägers nicht greift.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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