Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SB 2290/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 2991/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 01. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger begehrt die Feststellung ihres Status als schwerbehinderter Mensch.
Die 1952 geborene kroatische Klägerin, die im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung für die Bundesrepublik Deutschland ist, beantragte am 17.09.2007 die Feststellung des bei ihr vorliegenden Grades der Behinderung (GdB) nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen (Befundbericht Dr. A., Facharzt für Innere Medizin, vom 30.10.2007, Entlassungsbericht der Reha-Klinik B. vom 21.09.2007 über eine stationäre Behandlung vom 15.08.2007 bis 12.09.2007) stellte das Landratsamt C. mit Bescheid vom 28.01.2008 den GdB der Klägerin mit 40 seit Antragstellung fest. Als Funktionsbeeinträchtigungen legte er hierbei eine Depression (Teil-GdB 40) sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 10) zugrunde.
Den hiergegen am 07.02.2008 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Facharztes für psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie D. vom 19.04.2008 (depressive Symptomatik mit multiplen körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel, Ängste und Tinnitus) mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2008 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.06.2008 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. HNO-Arzt Dr. E. hat unter dem 24.06.2009 mitgeteilt, die bei der Klägerin bestehende Innenohrschwerhörigkeit rechts sei mit einem Einzel-GdB von 10 zutreffend bewertet. Facharzt für Orthopädie Dr. F. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 30.06.2009 angegeben, die Klägerin habe vom 29.06.2007 bis 04.03.2008 insgesamt dreimal in seiner Behandlung gestanden wegen Schmerzen im Hals- und Brustwirbelsäulenbereich ohne radikuläre Ausstrahlungen und ohne neurologische Störungen. Dr. A. hat unter dem 06.07.2009 mitgeteilt, auf internistischem Fachgebiet bestehe eine gut eingestellte arterielle Hypertonie. Der Psychiater D. hat unter dem 10.08.2009 angegeben, bei der Klägerin bestünden rezidivierende depressive Episoden sowie eine somatoforme Schmerzstörung. Stationäre Behandlungen im G. Hospital in H. vom 17.12.2008 bis 11.02.2009 und eine anschließende tagesklinische Behandlung vom 04.03.2009 bis 30.03.2009 in der Tagesklinik I. hätten allenfalls eine geringfügige Besserung erbracht. Die depressiven Störungen und die chronische somatoforme Störung seien mit einem GdB von 40 nicht angemessen bewertet. Dr. K., Chefarzt der Klinik für Psychiatrie L., hat unter dem 21.07.2009 über den dortigen Aufenthalt der Klägerin berichtet und ausgeführt, eine Gesamteinschätzung sei recht schwierig, da die Klägerin nur über geringe deutsche Sprachkenntnisse verfüge. Stationsärztin M., Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie I., hat unter dem 16.09.2009 mitgeteilt, eine Bewertung des GdB falle nicht in ihren Zuständigkeitsbereich.
Das SG hat daraufhin Dr. N., Facharzt für Psychosomatische Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Innere Medizin, mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 10.05.2010 hat dieser nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen sowie nach gutachterlicher Untersuchung der Klägerin mit Hilfe einer Dolmetscherin für die kroatische Sprache ausgeführt, bei der Klägerin bestehe ein depressives Syndrom mit mäßiggradiger Ausprägung, der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung sowie eine Ausgestaltungstendenz von orthopädisch begründbaren Beschwerden im Sinne einer Aggravationsneigung. Gegen das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung spreche, dass die Klägerin keine potenten Schmerzmittel einnehme, auch habe sich bei der Überprüfung der Wirbelsäulenbeweglichkeit keine wesentliche Funktionseinschränkung ergeben. Das Depressionsleiden könne nicht als schwergradig oder mittel- bis schwergradig eingestuft werden, da eine ausgeprägte Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht bestehe. Der Teil-GdB von 40 für die seelischen Störungen sei als großzügig bemessen einzustufen. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule seien zutreffend mit einem Teil-GdB von 10 veranschlagt. Gleiches gelte für die Schwerhörigkeit.
Mit Urteil vom 01.06.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die bei der Klägerin bestehende Depression sei mit einem Teil-GdB von 40 zutreffend bewertet. Im Bereich der Psyche sei ein GdB von 40 bei schwereren Fällen stärker behindernder Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit anzusetzen, wie etwa bei ausgeprägteren depressiven, hypochondrischen, asthenischen oder phobischen Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert oder somatoformen Störungen. Dr. N. habe in seinem umfassenden, detaillierten und mithin überzeugenden Gutachten vom 07.05.2010 ausgeführt, dass bei der Klägerin ein depressives Syndrom mit nur mäßiggradiger Ausprägung bestehe. Die Stimmungs- und Affektlage der Klägerin sei lediglich mäßiggradig herabgestimmt, auch sei von einer leicht reduzierten Hedonie auszugehen. In Anbetracht der kognitiven Leistungsfähigkeit der Klägerin, ihres geregelten und aktiven Tagesablaufs sowie ihres auch nach eigener Darstellung nicht oder nur geringfügig von Rückzug geprägten sozialen Lebens, sei keine gravierendere Störung als eine mäßiggradige Depression festzustellen. Der Nachweis einer somatoformen Schmerzstörung habe nicht geführt werden können. Wie der Sachverständige Dr. N. zutreffend ausgeführt habe liege insoweit lediglich eine Verdachtsdiagnose vor, da die hierfür bestehenden Anhaltspunkte durch entgegenstehende Anhaltspunkte sowie die in verK.enen dokumentierten Untersuchungen immer wieder zu Tage tretende massive Überzeichnung der Beschwerden durch die Klägerin so konterkariert würden, dass der Nachweis dieser Erkrankung nicht als geführt gelten könne. So habe die Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. N. ihre Beschwerden und Bewegungsschmerzen ausführlichst geschildert, ohne dass sich dies in ihrer Beweglichkeit oder ihrem sonstigen Verhalten ausgewirkt hätte. Auch stünde der Angabe der Klägerin, aufgrund der Schmerzen könne sie keiner Arbeit nachgehen und sei schon zum Spazierengehen kaum in der Lage, die deutliche Arbeitszeichen aufweisenden Hände entgegen. Gegen ein schwergradiges Schmerzgeschehen spreche auch die nur geringfügige Schmerzmedikation. Die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen, nämlich die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne Nervenwurzelreizerscheinungen sowie die Schwerhörigkeit, seien zutreffend jeweils mit einem Teil-GdB von 10 bewertet. Damit liege insgesamt ein GdB von 40 vor.
Gegen das am 07.07.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.07.2011 Berufung eingelegt, ohne diese - auch nach Aufforderung - zu begründen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 01. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2008 zu verpflichten, bei ihr einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Unter dem 06.10.2011 hat das Gericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter und ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden wolle, den Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.10.2011 gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die rechtlichen Vorrausetzungen der Feststellung der Teil-GdB und des Gesamt-GdB nach dem SGB IX und den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) gemäß der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung hat das SG zutreffend dargelegt. Der Senat verweist deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (§§ 153 Abs. 2, 142 Abs. 3 Satz 3 SGG).
Gleiches gilt für die Darlegungen des SG zu den einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin und deren konkreten Bewertungen anhand der VG sowie für die daraus folgende Bildung des Gesamt-GdB.
Auch der Senat hält die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. N. für überzeugend und macht sich dessen Beurteilung zu eigen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Dr. N. als einziger Arzt bei der über schlechte Deutschkenntnisse verfügenden Klägerin eine Anamneseerhebung mit Hilfe einer Dolmetscherin durchgeführt hat und somit lediglich er über die für eine Diagnosestellung auf psychiatrischem Fachgebiet erforderliche Tatsachenbasis verfügt hat. So wird im Arztbrief der Klinik für Psychiatrie L. vom 16.02.2009 z.B. ausgeführt, die Befundung sei recht schwierig, da die Klägerin sehr schlecht deutsch spreche. Es sei deshalb vieles in der Lebensgeschichte der Klägerin offengeblieben. Im Entlassungsbericht der Reha-Klinik B. wird diesbezüglich ausgeführt, bei der testpsychologischen Untersuchung habe das Beck-Depressions-Inventar wegen Sprachproblemen nicht ausgefüllt werden können. Auch sei es der Klägerin wegen Sprach- und damit Verständigungsproblemen schwergefallen, sich in den Klinikalltag einzuleben. Dem gegenüber konnte der Sachverständige Dr N. eine ausführliche Anamneseerhebung durchführen.
Der Senat folgt nicht den Beurteilungen von Dr. A. und des Psychiaters D ... Soweit Dr. A. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 06.07.2009 die Auffassung vertreten hat, das chronische Schmerzsyndrom mit Somatisierungsstörung bedinge einen GdB von 50, steht dem die Bewertung durch den Sachverständigen Dr. N. entgegen, der gut nachvollziehbar diese Diagnose in Frage gestellt und zusammen mit dem Depressionsleiden lediglich die Funktionsbeeinträchtigung "seelische Störungen" als nachgewiesen erachtet hat. Der sachverständigen Zeugenaussage des Psychiater D. vom 10.08.2009 kann entnommen werden, dass im Verhandlungsverlauf eine Besserung eingetreten ist. So fanden in den Jahren 2007 und 2008 jeweils vier Behandlungstermine statt, im Jahr 2009 bis zum 10.08.2009 jedoch nur noch ein Termin am 18.03.2009 nach der stationären Behandlung in der Klinik L., welche auch nach der Beurteilung von Psychiater D. zu einer Teilremission des depressiven Stimmungsbildes und der somatoformen Schmerzstörung geführt hat. So wurde bei der letzten Behandlung die Diagnose einer depressiven Verstimmung nicht mehr gestellt. Auch im Arztbrief der Tagesklinik I. ist hierzu ausgeführt worden, Hinweise auf eine ausgeprägte depressive Symptomatik hätten sich im Verlauf des tagesklinischen Aufenthalts nicht mehr gezeigt, auch habe sich die Klagsamkeit der Klägerin im Verlauf der Behandlung gelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger begehrt die Feststellung ihres Status als schwerbehinderter Mensch.
Die 1952 geborene kroatische Klägerin, die im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung für die Bundesrepublik Deutschland ist, beantragte am 17.09.2007 die Feststellung des bei ihr vorliegenden Grades der Behinderung (GdB) nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen (Befundbericht Dr. A., Facharzt für Innere Medizin, vom 30.10.2007, Entlassungsbericht der Reha-Klinik B. vom 21.09.2007 über eine stationäre Behandlung vom 15.08.2007 bis 12.09.2007) stellte das Landratsamt C. mit Bescheid vom 28.01.2008 den GdB der Klägerin mit 40 seit Antragstellung fest. Als Funktionsbeeinträchtigungen legte er hierbei eine Depression (Teil-GdB 40) sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 10) zugrunde.
Den hiergegen am 07.02.2008 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Facharztes für psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie D. vom 19.04.2008 (depressive Symptomatik mit multiplen körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel, Ängste und Tinnitus) mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2008 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.06.2008 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. HNO-Arzt Dr. E. hat unter dem 24.06.2009 mitgeteilt, die bei der Klägerin bestehende Innenohrschwerhörigkeit rechts sei mit einem Einzel-GdB von 10 zutreffend bewertet. Facharzt für Orthopädie Dr. F. hat in der sachverständigen Zeugenaussage vom 30.06.2009 angegeben, die Klägerin habe vom 29.06.2007 bis 04.03.2008 insgesamt dreimal in seiner Behandlung gestanden wegen Schmerzen im Hals- und Brustwirbelsäulenbereich ohne radikuläre Ausstrahlungen und ohne neurologische Störungen. Dr. A. hat unter dem 06.07.2009 mitgeteilt, auf internistischem Fachgebiet bestehe eine gut eingestellte arterielle Hypertonie. Der Psychiater D. hat unter dem 10.08.2009 angegeben, bei der Klägerin bestünden rezidivierende depressive Episoden sowie eine somatoforme Schmerzstörung. Stationäre Behandlungen im G. Hospital in H. vom 17.12.2008 bis 11.02.2009 und eine anschließende tagesklinische Behandlung vom 04.03.2009 bis 30.03.2009 in der Tagesklinik I. hätten allenfalls eine geringfügige Besserung erbracht. Die depressiven Störungen und die chronische somatoforme Störung seien mit einem GdB von 40 nicht angemessen bewertet. Dr. K., Chefarzt der Klinik für Psychiatrie L., hat unter dem 21.07.2009 über den dortigen Aufenthalt der Klägerin berichtet und ausgeführt, eine Gesamteinschätzung sei recht schwierig, da die Klägerin nur über geringe deutsche Sprachkenntnisse verfüge. Stationsärztin M., Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie I., hat unter dem 16.09.2009 mitgeteilt, eine Bewertung des GdB falle nicht in ihren Zuständigkeitsbereich.
Das SG hat daraufhin Dr. N., Facharzt für Psychosomatische Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Innere Medizin, mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 10.05.2010 hat dieser nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen sowie nach gutachterlicher Untersuchung der Klägerin mit Hilfe einer Dolmetscherin für die kroatische Sprache ausgeführt, bei der Klägerin bestehe ein depressives Syndrom mit mäßiggradiger Ausprägung, der Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung sowie eine Ausgestaltungstendenz von orthopädisch begründbaren Beschwerden im Sinne einer Aggravationsneigung. Gegen das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung spreche, dass die Klägerin keine potenten Schmerzmittel einnehme, auch habe sich bei der Überprüfung der Wirbelsäulenbeweglichkeit keine wesentliche Funktionseinschränkung ergeben. Das Depressionsleiden könne nicht als schwergradig oder mittel- bis schwergradig eingestuft werden, da eine ausgeprägte Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht bestehe. Der Teil-GdB von 40 für die seelischen Störungen sei als großzügig bemessen einzustufen. Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule seien zutreffend mit einem Teil-GdB von 10 veranschlagt. Gleiches gelte für die Schwerhörigkeit.
Mit Urteil vom 01.06.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die bei der Klägerin bestehende Depression sei mit einem Teil-GdB von 40 zutreffend bewertet. Im Bereich der Psyche sei ein GdB von 40 bei schwereren Fällen stärker behindernder Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit anzusetzen, wie etwa bei ausgeprägteren depressiven, hypochondrischen, asthenischen oder phobischen Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert oder somatoformen Störungen. Dr. N. habe in seinem umfassenden, detaillierten und mithin überzeugenden Gutachten vom 07.05.2010 ausgeführt, dass bei der Klägerin ein depressives Syndrom mit nur mäßiggradiger Ausprägung bestehe. Die Stimmungs- und Affektlage der Klägerin sei lediglich mäßiggradig herabgestimmt, auch sei von einer leicht reduzierten Hedonie auszugehen. In Anbetracht der kognitiven Leistungsfähigkeit der Klägerin, ihres geregelten und aktiven Tagesablaufs sowie ihres auch nach eigener Darstellung nicht oder nur geringfügig von Rückzug geprägten sozialen Lebens, sei keine gravierendere Störung als eine mäßiggradige Depression festzustellen. Der Nachweis einer somatoformen Schmerzstörung habe nicht geführt werden können. Wie der Sachverständige Dr. N. zutreffend ausgeführt habe liege insoweit lediglich eine Verdachtsdiagnose vor, da die hierfür bestehenden Anhaltspunkte durch entgegenstehende Anhaltspunkte sowie die in verK.enen dokumentierten Untersuchungen immer wieder zu Tage tretende massive Überzeichnung der Beschwerden durch die Klägerin so konterkariert würden, dass der Nachweis dieser Erkrankung nicht als geführt gelten könne. So habe die Klägerin bei der Untersuchung durch Dr. N. ihre Beschwerden und Bewegungsschmerzen ausführlichst geschildert, ohne dass sich dies in ihrer Beweglichkeit oder ihrem sonstigen Verhalten ausgewirkt hätte. Auch stünde der Angabe der Klägerin, aufgrund der Schmerzen könne sie keiner Arbeit nachgehen und sei schon zum Spazierengehen kaum in der Lage, die deutliche Arbeitszeichen aufweisenden Hände entgegen. Gegen ein schwergradiges Schmerzgeschehen spreche auch die nur geringfügige Schmerzmedikation. Die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen, nämlich die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule ohne Nervenwurzelreizerscheinungen sowie die Schwerhörigkeit, seien zutreffend jeweils mit einem Teil-GdB von 10 bewertet. Damit liege insgesamt ein GdB von 40 vor.
Gegen das am 07.07.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.07.2011 Berufung eingelegt, ohne diese - auch nach Aufforderung - zu begründen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 01. Juni 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2008 zu verpflichten, bei ihr einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Unter dem 06.10.2011 hat das Gericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter und ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden wolle, den Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.10.2011 gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die rechtlichen Vorrausetzungen der Feststellung der Teil-GdB und des Gesamt-GdB nach dem SGB IX und den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) gemäß der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung hat das SG zutreffend dargelegt. Der Senat verweist deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils (§§ 153 Abs. 2, 142 Abs. 3 Satz 3 SGG).
Gleiches gilt für die Darlegungen des SG zu den einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin und deren konkreten Bewertungen anhand der VG sowie für die daraus folgende Bildung des Gesamt-GdB.
Auch der Senat hält die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. N. für überzeugend und macht sich dessen Beurteilung zu eigen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Dr. N. als einziger Arzt bei der über schlechte Deutschkenntnisse verfügenden Klägerin eine Anamneseerhebung mit Hilfe einer Dolmetscherin durchgeführt hat und somit lediglich er über die für eine Diagnosestellung auf psychiatrischem Fachgebiet erforderliche Tatsachenbasis verfügt hat. So wird im Arztbrief der Klinik für Psychiatrie L. vom 16.02.2009 z.B. ausgeführt, die Befundung sei recht schwierig, da die Klägerin sehr schlecht deutsch spreche. Es sei deshalb vieles in der Lebensgeschichte der Klägerin offengeblieben. Im Entlassungsbericht der Reha-Klinik B. wird diesbezüglich ausgeführt, bei der testpsychologischen Untersuchung habe das Beck-Depressions-Inventar wegen Sprachproblemen nicht ausgefüllt werden können. Auch sei es der Klägerin wegen Sprach- und damit Verständigungsproblemen schwergefallen, sich in den Klinikalltag einzuleben. Dem gegenüber konnte der Sachverständige Dr N. eine ausführliche Anamneseerhebung durchführen.
Der Senat folgt nicht den Beurteilungen von Dr. A. und des Psychiaters D ... Soweit Dr. A. in der sachverständigen Zeugenaussage vom 06.07.2009 die Auffassung vertreten hat, das chronische Schmerzsyndrom mit Somatisierungsstörung bedinge einen GdB von 50, steht dem die Bewertung durch den Sachverständigen Dr. N. entgegen, der gut nachvollziehbar diese Diagnose in Frage gestellt und zusammen mit dem Depressionsleiden lediglich die Funktionsbeeinträchtigung "seelische Störungen" als nachgewiesen erachtet hat. Der sachverständigen Zeugenaussage des Psychiater D. vom 10.08.2009 kann entnommen werden, dass im Verhandlungsverlauf eine Besserung eingetreten ist. So fanden in den Jahren 2007 und 2008 jeweils vier Behandlungstermine statt, im Jahr 2009 bis zum 10.08.2009 jedoch nur noch ein Termin am 18.03.2009 nach der stationären Behandlung in der Klinik L., welche auch nach der Beurteilung von Psychiater D. zu einer Teilremission des depressiven Stimmungsbildes und der somatoformen Schmerzstörung geführt hat. So wurde bei der letzten Behandlung die Diagnose einer depressiven Verstimmung nicht mehr gestellt. Auch im Arztbrief der Tagesklinik I. ist hierzu ausgeführt worden, Hinweise auf eine ausgeprägte depressive Symptomatik hätten sich im Verlauf des tagesklinischen Aufenthalts nicht mehr gezeigt, auch habe sich die Klagsamkeit der Klägerin im Verlauf der Behandlung gelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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