Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Altenburg (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 8 VM 619/06
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bzw. des Grades der Schädigung (GdB) wegen besonderen beruflichen Betroffenseins.
Die 1953 geborene Klägerin erhielt im Dezember 1978 im Rahmen der Entbindung ihres zweiten Kindes eine Anti-D-Prophylaxe, die mit Hepatitis-C-Viren verseucht war. Im Februar 1979 machten sich Anzeichen einer Hepatitis-C-Erkrankung bemerkbar. Die Klägerin wurde für 15 Wochen in einer Kinderklinik unter Quarantäne gestellt; sie durfte ihr Zimmer nicht verlassen; das Kind wurde von ihr getrennt. In der Folgezeit litt die Klägerin an körperlichen Beschwerden, insbesondere Abgeschlagenheit, erhöhtem Schlafbedürfnis, Kopfschmerzen, eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Oberbauchdruck und Durchfall. Später kamen psychische Beschwerden hinzu.
Die Klägerin betrieb zwei Textilgeschäfte, die sie 1995 aufgab. 1997 machte sie sich erneut selbständig und beendete diese Tätigkeit 1998.
Mit Bescheid vom 25.04.1995 erkannte der Beklagte nach dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) als Impfschaden eine chronisch persistierende Hepatitis an und gewährte Entschä-digungsleistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 30 v. H. ab 01.01.1991. Mit Bescheid vom 29.09.1999 wurde die anerkannte Schädigungsfolge als chronische Hepatitis C mit Progression bezeichnet. Im Hinblick auf die Höhe der MdE trat keine Änderung ein.
In den Jahren 2001/2002 hatte sich die Klägerin einer Interferon-Therapie unterzogen. Am 07.08.2000 stellte sie einen Antrag auf Verschlimmerung, in dem sie angab, zunehmende De-pressionen seien ein Erscheinungsbild ihrer Krankheit. Auf der Grundlage durchgeführter Ermittlungen und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme stellte der Beklagte mit Be-scheid vom 07.12.2004 fest, dass der Anspruch nach dem AntiDHG mit Wirkung vom 01.02.2005 entfalle und ab diesem Zeitpunkt keine MdE mehr vorliege. Zur Begründung hieß es, Hepatitis-C-Viren seien nicht mehr nachweisbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2006 bestätigte der Beklagte seine Ausgangsentscheidung. Gegen den Bescheid wurde Klage erhoben. Am 18.05.2011 wurde der Beklagte verurteilt, eine psychische Beeinträchti-gung als weitere Schädigungsfolge anzuerkennen und Leistungen ab 01.08.2000 nach einem GdS von 40 zu gewähren.
Den Antrag der Klägerin auf Erhöhung der MdE wegen besonderen beruflichen Betroffen-seins lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25.01.2005, bestätigt durch Widerspruchsbe-scheid vom 02.02.2006, ab. Zur Begründung hieß es, der Berufsweg der Klägerin sei schädi-gungsunabhängig verlaufen. Die Aufgabe des privaten Einzelhandelsgeschäfts könne nicht ursächlich auf die Schädigung zurückgeführt werden.
Am 01.03.2006 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, die Auffassung des Beklagten lasse sich nicht nachvollziehen. Die Aufgabe des Geschäfts in den Jahren 1995 und 1998 sei krankheitsbedingt erfolgt. Auch im Anschluss habe sie nie wieder voll arbeiten können. Am 31.03.1995 sei es ihr gesundheitlich so schlecht gegangen, dass sie ihr Gewerbe aus gesund-heitlichen Gründen habe abmelden müssen. Sie habe seit längerer Zeit unter Konzentrations-schwierigkeiten, Schwäche, Gelenkbeschwerden und Schmerzen im Leberbereich, innerer Unruhe, Rückenschmerzen, Müdigkeit und fehlender Leistungsfähigkeit gelitten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 25.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den GdS wegen besonderer beruflicher Betroffenheit ab 01.01.1991 um 10 zu erhöhen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide, die er für rechtmäßig hält.
Das Gericht hat medizinische Unterlagen beigezogen und Beweis erhoben durch ein neuro-psychiatrisches Sachverständigengutachten. Der Gutachter, Dr. R., kommt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in der Zeit vom 15.07.2003 bis 06.12.2006 unter einer anhaltenden affekti-ven Störung gelitten habe, die nicht auf die Schädigung zurückzuführen sei. Die Frage der Aufgabe des Einzelhandelbetriebes der Klägerin 1995/1998 könne aus neuropsychiatrischer Sicht nicht beantwortet werden. Da zu den angegebenen Zeitpunkten keine neuropsychiatri-schen Erkrankungen nachweisbar gewesen seien, bestehe die Möglichkeit, dass die Aufgabe des Einzelhandelsbetriebes auch durch nicht medizinisch bzw. nicht psychopathologisch be-gründbare Sachverhalte bedingt gewesen sei.
Das Gericht hat darüber hinaus den Hepatologen Prof. Dr. G. mit der Erstellung eines Sach-verständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat ausgeführt, die chronische Hepa-titis-C-Erkrankung der Klägerin sei ausgeheilt. Als Schädigungsfolge bestehe eine Depressi-on, die mit einem GdS von 30 zu bewerten sei. Die Geschäftsaufgabe beruhe möglicherweise auf der Schädigungsfolge.
In einem weiteren Gutachten kommt der Psychiater und Psychotherapeut Dr. H. zu dem Er-gebnis, die Klägerin leide an einer chronischen depressiven Störung im Sinne einer Dysthy-mie. Differenzialdiagnostisch sei eine posttraumatische Belastungsstörung in Betracht zu zie-hen. Auch eine Komorbidität beider Störungen sei denkbar. Der Gesamt-GdS für die schädi-gungsbedingte psychische Erkrankung der Klägerin betrage 40. Die Frage, ob die Aufgabe der selbständigen Tätigkeiten der Klägerin auf der Schädigung beruht, lasse sich aufgrund der langen zeitlichen Latenz und der nicht vorhandenen objektiven unwidersprüchlichen Befunde zur damaligen Erkrankungsgeschichte naturgemäß am schwersten beantworten. In der Ge-samtschau der Erkrankung und der Persönlichkeit der Klägerin sei allerdings die Wahrschein-lichkeit einer weitgehenden Bedingung der Geschäftsaufgabe durch die gesundheitliche Schädigung zu erklären.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwie-sen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in subjektiven Rechten. Zu Recht hat der Beklagte die Erhöhung der MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins für die Zeit vom 01.01.1991 - 31.12.1999 abgelehnt.
Rechtsgrundlage ist § 51 des Bundesseuchengesetzes (BSeuchG). Diese Vorschrift verweist hinsichtlich der Versorgung wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Impfschadens auf das Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nach § 30 Abs. 2 BVG in der maß-geblichen Fassung ist die MdE höher zu bewerten, wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen in seinem vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, in sei-nem nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen ist, den er nach Eintritt der Schädigung ausgeübt hat oder noch ausübt. Das ist besonders der Fall, wenn er a) infolge der Schädigung weder seinen bisher ausgeübten, begonnenen oder den nachweisbar ange-strebten noch einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben kann, b) zwar seinen vor der Schädi-gung ausgeübten und begonnenen Beruf weiter ausübt oder den nachweisbar angestrebten Beruf erreicht hat, in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen aber in einem we-sentlich höheren Grad als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert ist, oder c) infolge der Schädigung nachweisbar am weiteren Aufstieg in seinem Beruf gehindert ist.
Es steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin in diesem Sinne beruflich besonders betroffen war. Es ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin ihre selbständige Tätig-keit 1995 und 1998 wegen der Schädigungsfolgen aufgab. Für den Zeitraum vom 01.01.1991 - 31.12.1999 wurde eine psychische Erkrankung der Klägerin als Schädigungsfolge nicht an-erkannt. Das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 18.05.2011 (S 8 VM 617/06) bezieht sich auf die Anerkennung einer psychischen Beeinträchtigung ab 01.08.2000. Die vorliegen-den psychiatrischen Sachverständigengutachten sind deshalb nicht geeignet, eine Aussage über die Ursächlichkeit der Schädigung für die Berufsaufgabe der Klägerin zu treffen.
Es steht nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass die körperlichen Be-schwerden, unter denen die Klägerin 1995 und 1998 aufgrund ihrer Hepatitis-Erkrankung litt, ursächlich für die Aufgabe der selbständigen Tätigkeiten war. In einem Gutachten des städti-schen Klinikums "St. Georg", L. vom 27.02.1995 wurden stärkere subjektive Beschwerden angegeben. Weiter heißt es, "in den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrich-tungen im Ablauf des täglichen Lebens bedarf die Geschädigte aufgrund des anerkannten Impfschadens keiner dauernden fremden Hilfe". Im Zusammenhang mit einem Krankenhaus-aufenthalt im Juni 1995 klagte die Klägerin über mäßiggradige rechtsseitige Oberbauch-schmerzen. Eine eindeutige pathologische Ursache wurde nicht gefunden. Die Klägerin wurde in gutem Allgemeinzustand entlassen. Ein weiteres Gutachten des städtischen Klinikums "St. Georg" wurde am 18.05.1999 erstellt. Auch in diesem Gutachten wurden stärkere subjektive Beschwerden in Form von Oberbauchdruck, Stechen im Oberbauch, schneller Ermüdbarkeit, Leistungsschwäche und häufigem Durchfall angegeben. Darüber hinaus wurden Angstgefühle und Depressionen genannt, die dadurch ausgelöst würden, dass die Klägerin Angst habe, an-zustecken.
Es steht aus der Sicht der Kammer zweifelsfrei fest, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeit-raum körperliche beeinträchtigt war. Eine Ursächlichkeit für die Aufgabe der selbständigen Tätigkeiten ergibt sich hieraus jedoch noch nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. G. hat ausge-führt, weil die Klägerin in diesen Jahren an einer chronischen Hepatitis-C und wahrscheinlich auch schon an einer dadurch ausgelösten depressiven Verstimmung gelitten habe, sei es durchaus möglich, dass die damit bedingte reduzierte psychische und körperliche Leistungs-fähigkeit zu der Geschäftsaufgabe beigetragen habe, auch wenn sie vielleicht nicht ursächlich im Sinne eines monokausalen Geschehens dafür verantwortlich gewesen sei. Der Sachver-ständige bezieht also die (für diesen Zeitraum nicht als Schädigungsfolge anerkannte) psychi-sche Schädigung in die Beurteilung mit ein, kommt aber dennoch lediglich zu der Aussage, es bestehe die Möglichkeit einer Kausalität. Die bloße Möglichkeit reicht jedoch nicht aus, um die Überzeugung der Kammer zu begründen, dass die Geschäftsaufgabe auf der Schädigung beruhte und dadurch eine besondere berufliche Betroffenheit gegeben war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bzw. des Grades der Schädigung (GdB) wegen besonderen beruflichen Betroffenseins.
Die 1953 geborene Klägerin erhielt im Dezember 1978 im Rahmen der Entbindung ihres zweiten Kindes eine Anti-D-Prophylaxe, die mit Hepatitis-C-Viren verseucht war. Im Februar 1979 machten sich Anzeichen einer Hepatitis-C-Erkrankung bemerkbar. Die Klägerin wurde für 15 Wochen in einer Kinderklinik unter Quarantäne gestellt; sie durfte ihr Zimmer nicht verlassen; das Kind wurde von ihr getrennt. In der Folgezeit litt die Klägerin an körperlichen Beschwerden, insbesondere Abgeschlagenheit, erhöhtem Schlafbedürfnis, Kopfschmerzen, eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Oberbauchdruck und Durchfall. Später kamen psychische Beschwerden hinzu.
Die Klägerin betrieb zwei Textilgeschäfte, die sie 1995 aufgab. 1997 machte sie sich erneut selbständig und beendete diese Tätigkeit 1998.
Mit Bescheid vom 25.04.1995 erkannte der Beklagte nach dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) als Impfschaden eine chronisch persistierende Hepatitis an und gewährte Entschä-digungsleistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 30 v. H. ab 01.01.1991. Mit Bescheid vom 29.09.1999 wurde die anerkannte Schädigungsfolge als chronische Hepatitis C mit Progression bezeichnet. Im Hinblick auf die Höhe der MdE trat keine Änderung ein.
In den Jahren 2001/2002 hatte sich die Klägerin einer Interferon-Therapie unterzogen. Am 07.08.2000 stellte sie einen Antrag auf Verschlimmerung, in dem sie angab, zunehmende De-pressionen seien ein Erscheinungsbild ihrer Krankheit. Auf der Grundlage durchgeführter Ermittlungen und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme stellte der Beklagte mit Be-scheid vom 07.12.2004 fest, dass der Anspruch nach dem AntiDHG mit Wirkung vom 01.02.2005 entfalle und ab diesem Zeitpunkt keine MdE mehr vorliege. Zur Begründung hieß es, Hepatitis-C-Viren seien nicht mehr nachweisbar. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.02.2006 bestätigte der Beklagte seine Ausgangsentscheidung. Gegen den Bescheid wurde Klage erhoben. Am 18.05.2011 wurde der Beklagte verurteilt, eine psychische Beeinträchti-gung als weitere Schädigungsfolge anzuerkennen und Leistungen ab 01.08.2000 nach einem GdS von 40 zu gewähren.
Den Antrag der Klägerin auf Erhöhung der MdE wegen besonderen beruflichen Betroffen-seins lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25.01.2005, bestätigt durch Widerspruchsbe-scheid vom 02.02.2006, ab. Zur Begründung hieß es, der Berufsweg der Klägerin sei schädi-gungsunabhängig verlaufen. Die Aufgabe des privaten Einzelhandelsgeschäfts könne nicht ursächlich auf die Schädigung zurückgeführt werden.
Am 01.03.2006 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, die Auffassung des Beklagten lasse sich nicht nachvollziehen. Die Aufgabe des Geschäfts in den Jahren 1995 und 1998 sei krankheitsbedingt erfolgt. Auch im Anschluss habe sie nie wieder voll arbeiten können. Am 31.03.1995 sei es ihr gesundheitlich so schlecht gegangen, dass sie ihr Gewerbe aus gesund-heitlichen Gründen habe abmelden müssen. Sie habe seit längerer Zeit unter Konzentrations-schwierigkeiten, Schwäche, Gelenkbeschwerden und Schmerzen im Leberbereich, innerer Unruhe, Rückenschmerzen, Müdigkeit und fehlender Leistungsfähigkeit gelitten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 25.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den GdS wegen besonderer beruflicher Betroffenheit ab 01.01.1991 um 10 zu erhöhen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide, die er für rechtmäßig hält.
Das Gericht hat medizinische Unterlagen beigezogen und Beweis erhoben durch ein neuro-psychiatrisches Sachverständigengutachten. Der Gutachter, Dr. R., kommt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in der Zeit vom 15.07.2003 bis 06.12.2006 unter einer anhaltenden affekti-ven Störung gelitten habe, die nicht auf die Schädigung zurückzuführen sei. Die Frage der Aufgabe des Einzelhandelbetriebes der Klägerin 1995/1998 könne aus neuropsychiatrischer Sicht nicht beantwortet werden. Da zu den angegebenen Zeitpunkten keine neuropsychiatri-schen Erkrankungen nachweisbar gewesen seien, bestehe die Möglichkeit, dass die Aufgabe des Einzelhandelsbetriebes auch durch nicht medizinisch bzw. nicht psychopathologisch be-gründbare Sachverhalte bedingt gewesen sei.
Das Gericht hat darüber hinaus den Hepatologen Prof. Dr. G. mit der Erstellung eines Sach-verständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige hat ausgeführt, die chronische Hepa-titis-C-Erkrankung der Klägerin sei ausgeheilt. Als Schädigungsfolge bestehe eine Depressi-on, die mit einem GdS von 30 zu bewerten sei. Die Geschäftsaufgabe beruhe möglicherweise auf der Schädigungsfolge.
In einem weiteren Gutachten kommt der Psychiater und Psychotherapeut Dr. H. zu dem Er-gebnis, die Klägerin leide an einer chronischen depressiven Störung im Sinne einer Dysthy-mie. Differenzialdiagnostisch sei eine posttraumatische Belastungsstörung in Betracht zu zie-hen. Auch eine Komorbidität beider Störungen sei denkbar. Der Gesamt-GdS für die schädi-gungsbedingte psychische Erkrankung der Klägerin betrage 40. Die Frage, ob die Aufgabe der selbständigen Tätigkeiten der Klägerin auf der Schädigung beruht, lasse sich aufgrund der langen zeitlichen Latenz und der nicht vorhandenen objektiven unwidersprüchlichen Befunde zur damaligen Erkrankungsgeschichte naturgemäß am schwersten beantworten. In der Ge-samtschau der Erkrankung und der Persönlichkeit der Klägerin sei allerdings die Wahrschein-lichkeit einer weitgehenden Bedingung der Geschäftsaufgabe durch die gesundheitliche Schädigung zu erklären.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwie-sen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in subjektiven Rechten. Zu Recht hat der Beklagte die Erhöhung der MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins für die Zeit vom 01.01.1991 - 31.12.1999 abgelehnt.
Rechtsgrundlage ist § 51 des Bundesseuchengesetzes (BSeuchG). Diese Vorschrift verweist hinsichtlich der Versorgung wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Impfschadens auf das Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nach § 30 Abs. 2 BVG in der maß-geblichen Fassung ist die MdE höher zu bewerten, wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen in seinem vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, in sei-nem nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen ist, den er nach Eintritt der Schädigung ausgeübt hat oder noch ausübt. Das ist besonders der Fall, wenn er a) infolge der Schädigung weder seinen bisher ausgeübten, begonnenen oder den nachweisbar ange-strebten noch einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben kann, b) zwar seinen vor der Schädi-gung ausgeübten und begonnenen Beruf weiter ausübt oder den nachweisbar angestrebten Beruf erreicht hat, in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen aber in einem we-sentlich höheren Grad als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert ist, oder c) infolge der Schädigung nachweisbar am weiteren Aufstieg in seinem Beruf gehindert ist.
Es steht nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin in diesem Sinne beruflich besonders betroffen war. Es ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin ihre selbständige Tätig-keit 1995 und 1998 wegen der Schädigungsfolgen aufgab. Für den Zeitraum vom 01.01.1991 - 31.12.1999 wurde eine psychische Erkrankung der Klägerin als Schädigungsfolge nicht an-erkannt. Das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 18.05.2011 (S 8 VM 617/06) bezieht sich auf die Anerkennung einer psychischen Beeinträchtigung ab 01.08.2000. Die vorliegen-den psychiatrischen Sachverständigengutachten sind deshalb nicht geeignet, eine Aussage über die Ursächlichkeit der Schädigung für die Berufsaufgabe der Klägerin zu treffen.
Es steht nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass die körperlichen Be-schwerden, unter denen die Klägerin 1995 und 1998 aufgrund ihrer Hepatitis-Erkrankung litt, ursächlich für die Aufgabe der selbständigen Tätigkeiten war. In einem Gutachten des städti-schen Klinikums "St. Georg", L. vom 27.02.1995 wurden stärkere subjektive Beschwerden angegeben. Weiter heißt es, "in den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrich-tungen im Ablauf des täglichen Lebens bedarf die Geschädigte aufgrund des anerkannten Impfschadens keiner dauernden fremden Hilfe". Im Zusammenhang mit einem Krankenhaus-aufenthalt im Juni 1995 klagte die Klägerin über mäßiggradige rechtsseitige Oberbauch-schmerzen. Eine eindeutige pathologische Ursache wurde nicht gefunden. Die Klägerin wurde in gutem Allgemeinzustand entlassen. Ein weiteres Gutachten des städtischen Klinikums "St. Georg" wurde am 18.05.1999 erstellt. Auch in diesem Gutachten wurden stärkere subjektive Beschwerden in Form von Oberbauchdruck, Stechen im Oberbauch, schneller Ermüdbarkeit, Leistungsschwäche und häufigem Durchfall angegeben. Darüber hinaus wurden Angstgefühle und Depressionen genannt, die dadurch ausgelöst würden, dass die Klägerin Angst habe, an-zustecken.
Es steht aus der Sicht der Kammer zweifelsfrei fest, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeit-raum körperliche beeinträchtigt war. Eine Ursächlichkeit für die Aufgabe der selbständigen Tätigkeiten ergibt sich hieraus jedoch noch nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. G. hat ausge-führt, weil die Klägerin in diesen Jahren an einer chronischen Hepatitis-C und wahrscheinlich auch schon an einer dadurch ausgelösten depressiven Verstimmung gelitten habe, sei es durchaus möglich, dass die damit bedingte reduzierte psychische und körperliche Leistungs-fähigkeit zu der Geschäftsaufgabe beigetragen habe, auch wenn sie vielleicht nicht ursächlich im Sinne eines monokausalen Geschehens dafür verantwortlich gewesen sei. Der Sachver-ständige bezieht also die (für diesen Zeitraum nicht als Schädigungsfolge anerkannte) psychi-sche Schädigung in die Beurteilung mit ein, kommt aber dennoch lediglich zu der Aussage, es bestehe die Möglichkeit einer Kausalität. Die bloße Möglichkeit reicht jedoch nicht aus, um die Überzeugung der Kammer zu begründen, dass die Geschäftsaufgabe auf der Schädigung beruhte und dadurch eine besondere berufliche Betroffenheit gegeben war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
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