Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 614/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 73/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Soweit Nr. 3.4 Satz 5 HVV i.V.m. Nr. 3.4 Satz 4 HVV KV Hessen den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung zur Höhe des Fallwerts für das Regelleistungsvolumen (RLV) in den Quartalen ab I/09 ermächtigt, ist dies nicht zu beanstanden.
Für eine Sonderregelung bzgl. des RLV-relevanten Fallwerts sind fachgruppentypische Leistungen, unabhängig davon, in welchem Umfang sie von den einzelnen Mitgliedern der Fachgruppe erbracht werden, nicht zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 21 f. u. 31; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - juris Rdnr. 17 f. u. 22, jeweils m.w.N.) (hier: allergologische Leistungen einer Hautärztin).
Der Fallwert kann auch unter der Grundpauschale liegen.
Für eine Sonderregelung bzgl. des RLV-relevanten Fallwerts sind fachgruppentypische Leistungen, unabhängig davon, in welchem Umfang sie von den einzelnen Mitgliedern der Fachgruppe erbracht werden, nicht zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 21 f. u. 31; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - juris Rdnr. 17 f. u. 22, jeweils m.w.N.) (hier: allergologische Leistungen einer Hautärztin).
Der Fallwert kann auch unter der Grundpauschale liegen.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Regelleistungsvolumens für die beiden Quartale II und III/09 und hierbei um eine Erhöhung des Fallwerts.
Die Klägerin ist seit 30.04.2002 als Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin durch Honorarbescheid wie folgt fest:
Quartal II/09 III/09
Honorarbescheid vom 11.10.2009 23.12.2009
Widerspruch eingelegt am Nettohonorar gesamt in EUR 49.610,31 48.685,08
Bruttohonorar PK + EK in EUR 49.181,90 48.385,10
Fallzahl PK + EK 1.815 1.850
Honoraranteile PK + EK
Regelleistungsvolumen in EUR 28.397,27 25.721,21
Quotiertes Regelleistungsvolumen in EUR 474,43 561.52
Fallwertzuschläge zum Regelleistungsvolumen in EUR 0,00 0,00
Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (MGV) 6.255,88 6.097,44
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (AMG) 14.054,34 16.005,02
Regelleistungsvolumen
RLV-relevante Fallzahl 1.985 1.984
Obergrenze in EUR 29.853,13 27.017,02
Angefordert in EUR 33.921,67 34.080,10
Überschreitung in EUR 4.068,54 7.063,08
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 26.02.2009 und vom 27.05.2009 das Regelleistungsvolumen der Klägerin für das Quartal II/09 und III/09 wie folgt fest:
Quartal RLV-relevante Fallzahl Fallwert Fallwertabstaffelung Altersstrukturquote Aufschlag fachgleiche BAG Regelleistungsvolumen II/09 1.985 14,92 EUR 1,0000 1,0080 1 29.853,13 EUR
III/09 1.984 13,50 EUR 1,0000 1,0087 1 27.017,02 EUR
Hiergegen legte die Klägerin am 17.03.2009 und am 05.06.2009 Widerspruch ein. Sie trug vor, sie verfüge über einen allergologischen Schwerpunkt und habe im Vorjahresquartal II/08 in 312 Fällen die Leistungen nach Nr. 30130 EBM sowie entsprechend die erforderlichen diagnostischen Leistungen erbracht. Der Fallwert in Höhe von 14,92 EUR sei vollkommen unzureichend, da dieser bereits durch die Grundpauschale nach Nr. 10210, 10211 und 10212 EBM nahezu vollständig konsumiert werde. Gerade bei der Grundpauschale nach Nr. 10212 bei Personen über 60 Jahre reiche der Fallwert noch nicht einmal aus, um die Grundpauschale abzudecken. Auch bei Kindern verblieben lediglich 57 Punkte für die Leistungen außerhalb der Grundpauschale. Damit werde eine Leistungserbringung außerhalb der Grundpauschale nicht mehr vergütet. Berücksichtige man, dass sie im Vorjahresquartal II/08 exemplarisch 85 Fälle behandelt habe, bei denen die Zusatzpauschale Onkologie und die damit einhergehende Leistungen zur Abrechnung gelangt seien, Nr. 10345 EBM, mache dies ein Vergütungsvolumen in Höhe von 45.900 Punkten, mithin 1.606,55 EUR aus. Diese sowie sämtliche Leistungen, die außerhalb der Grundpauschale und innerhalb des Regelleistungsvolumens erbracht würden, würden bei dem zugrunde gelegten Fallwert nicht mehr vergütet werden. Dies führe letztendlich zu einer Kopfpauschale für jeden Patienten. Die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses würden außer Kraft gesetzt werden. Der allergologische Schwerpunkt werde überhaupt nicht mehr abgebildet. Im Quartal II/08 habe der Fallwert noch 18,26 EUR betragen. Es sei ein Rückgang von nahezu 20% festzustellen. Es sei keine Kompensation durch extrabudgetäre Leistungen erfolgt. Die niedrige Vergütung betreffe das gesamte Leistungsangebot. Ausweislich ihrer Abrechnungsdaten sei von einer Fallzahl von 2.044 auszugehen.
Die Klägerin beantragte ferner unter Datum vom 17.03.2009 eine Sonderregelung wegen des allergologischen Schwerpunktes. Auch sah die Beklagte die Widersprüche zugleich als Antrag auf Sonderregelung bzgl. des Regelleistungsvolumens an.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 21.10.2009 die Anträge auf Änderung des Regelleistungsvolumens für die Quartale II und III/09 ab. Nach dem Honorarvertrag ergebe sich eine Praxisbesonderheit aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Fachgruppe von mind. 30% vorliege. Ihr Vorstand habe beschlossen, dass zunächst der praxisindividuelle Fallwert einer Praxis/eines Arztes im entsprechenden Quartal des Jahres 2008 anhand der Arztrechnung zu ermitteln sei, wobei die RLV-Punktzahlen oberer/unterer Punktwert und die Leistungen, die 2009 außerhalb des Regelleistungsvolumens vergütet würden, zu reduzieren seien. Die so bereinigte RLV-Punktzahl sei dann mit dem Orientierungspunktwert von 3,5001 Cent zu multiplizieren und durch die Fallzahl zu dividieren. Ergebe der danach ermittelte Fallwert im Vergleich mit dem RLV-Fallwert der Fachgruppe einen Wert kleiner als 130%, sei der Antrag abzulehnen. Nur im Falle, dass der praxisindividuelle Fallwert dem RLV-Fachgruppenfallwert um 30% übersteige, sei eine detaillierte Prüfung durchzuführen. Diese habe eingangs festzustellen, ob ein besonderer Versorgungsauftrag oder eine besondere fachliche Spezialisierung vorliege. Sei dies der Fall, werde für diese Leistungen anhand der Daten aus der Frequenzstatistik des entsprechenden Quartals 2008 das Punktzahlvolumen ermittelt. Hierbei seien die einzelnen EBM-Leistungen bzw. der zugehörigen Begleitleistungen, aber ohne Grundpauschale, zu berücksichtigen. Das Punktzahlvolumen sei mit dem Orientierungspunktwert zu multiplizieren und durch die RLV-Fallzahl zu dividieren. Der sich hieraus ergebende Wert müsse größer als 30% des RLV-Fallwertes der jeweiligen Fachgruppe sein. Ergebe sich ein Wert )= 30% des RLV-Wertes, sei RLV-Fallwert der Praxis/des Arztes um diesen Fallwertanteil zu erhöhen, allerdings nur bis zur Höhe des praxisindividuellen Fallwertes. Bei einem Wert kleiner als 30% des RLV-Wertes sei der Antrag abzulehnen. Für das Quartal II/09 habe sich ergeben, dass der praxisindividuelle Fallwert dem RLV-Fallwert der Fachgruppe um 54,56% übersteige. Es sei dann allerdings festgestellt worden, dass das Punktzahlvolumen der Allergologie (Nr. 30110, 30111, 30120, 30130 EBM 2009) einen Fallwert in Höhe von 2,71 EUR ausmache. Der Fallwert übersteige somit nicht 30% des RLV-Fachgruppenwertes, der bei 4,48 EUR liege, und erfülle von daher nicht die Kriterien, die eine Erhöhung des RLV-Fallwertes rechtfertigten. Der Bereich der Onkologie mache einen Fallwert von 0,78 EUR aus. Der RLV-Fachgruppenwert liege bei 4,48 EUR. Für das Quartal III/09 liege der praxisindividuelle Fallwert um 72,60% über dem Fachgruppenwert. Der Bereich der Allergologie mache nur einen Fallwert in Höhe von 2,99 EUR aus, der Fachgruppenwert betrage 4,05 EUR. Der Bereich der Onkologie mache einen Fallwert von 0,67 EUR aus, der Fallwert der Fachgruppe betrage hier 4,05 EUR. Für den Bereich der Allergologie sei festgestellt worden, dass diese Leistungen nahezu von allen dermatologischen Praxen in Hessen erbracht und abgerechnet würden. Diese Leistungen seien somit als Kernleistungen der Fachgruppe zu sehen, so dass sich hieraus weder ein besonderer Versorgungsauftrag noch eine besondere, für die vertragsärztliche Versorgung bedeutsame fachliche Spezialisierung ableiten lasse.
Hiergegen legte die Klägerin am 02.11.2009 unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen Widerspruch ein.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2010 die Widersprüche gegen die Zuweisung des Regelleistungsvolumens für die Quartale II und III/09 sowie gegen den Bescheid zum Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für diese beiden Quartale als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die für die Berechnung des Regelleistungsvolumens relevante Fallzahl sei die Zahl der ambulant-kurativen Arzt- und Behandlungsfälle des Vorjahresquartals. Ausgenommen seien Fälle im organisierten Notfalldienst und Überweisungsfälle, bei denen ausschließlich Probeuntersuchungen oder Befundungen von dokumentierten Untersuchungsergebnissen stattfänden. Ebenfalls ausgenommen seien Fälle, in denen Ärzte ausschließlich Leistungen und Kostenerstattungen abgerechnet hätten, die nach Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009 nicht mehr dem Regelleistungsvolumen unterlägen. Im Quartal I/08 habe die Klägerin 2.044 Fälle abgerechnet, wovon 51 Fälle auf "sonstige Kostenträger" entfallen seien, so dass als Ausgangswert 1.993 Fälle heranzuziehen seien. Hiervon seien 8 Fälle abzuziehen, da es sich hierbei um Fälle gehandelt habe, die nicht in das Regelleistungsvolumen eingeflossen seien. Es ergäben sich 1.985 regelleistungsvolumen-relevante Fälle. Hinsichtlich des Fallwertes legte sie nochmals die Berechnungsschritte dar und wies darauf hin, dass im Bereich der Allergologie eine Leistungsüberschreitung lediglich von 18,15% bzw. 22,15% und im Bereich der Onkologie, Nr. 10345 (Zusatzpauschale Krebsbehandlung) EBM, von 5,22% bzw. 4,88% vorliege.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.07.2010 die Klage erhoben. Sie trägt vor, nach dem HVV sei zunächst festzustellen, ob überhaupt Praxisbesonderheiten vorlägen. Lägen solche vor, sei in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die arztindividuellen Fallwerte den RLV-Fallwert um 30% überschritten. Diese Vorgehensweise habe zur Konsequenz, dass bei der Beurteilung der fachlichen Spezialisierung zunächst keine Quantifizierung erfolge. Liege somit eine fachliche Spezialisierung vor und werde der RLV-Fallwert ausreichend überschritten, sei im Rahmen der Ermessensausübung das Regelleistungsvolumen in dem Umfang zu erhöhen, wie die Praxisbesonderheiten vorlägen. Der Umfang der fachlichen Spezialisierung könne somit nicht auf der Ebene des Ob Berücksichtigung finden, sondern müsse bei der Beurteilung, in welcher Höhe Praxisbesonderheiten vorlägen, zugestanden werden. Mithin hätten im Quartal II/08 aufgrund der allergologischen Spezialisierung die Fallwerte um 2,71 EUR und im Quartal III/09 um 2,99 EUR angehoben werden müssen. Ergänzend hätte der Fallwert aufgrund der onkologischen Spezialisierung entsprechend angehoben werden müssen. Praxisbesonderheiten seien zu kompensieren, wenn im Übrigen die Voraussetzungen der Fallwertüberschreitung erfüllt seien. Der Fallwert liege auch teilweise unter den Ordinationskomplexen. Dadurch drücke der EBM nicht mehr das wertmäßige, in Punkte ausgedrückte Verhältnis der Leistungen zueinander aus. Die Regelungssystematik insbesondere im Quartal III/09 zeige, dass bei der Ermittlung der Fallwerte von der Gesamtvergütung zu viel Honorar für Vorwegleistungen und für Leistungen, die zu festen Punktwerten zu vergüten seien, in Abzug gebracht worden seien. Dadurch sei das Vergütungsvolumen, für das die RLV-Leistungen zur Verfügung gestanden hätten, derart gering gewesen, dass neben der Grundpauschale keine nennenswerten Leistungen hätten abgerechnet werden können. Dies führe dazu, dass auch die regelmäßigen Leistungen in einer Fachgruppe keineswegs die mit der Einführung der Regelleistungsvolumina intendierte Planungssicherheit gewährleistet worden sei. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, wie viele Praxen in welchem Umfang die Leistungen ihrer Praxisbesonderheiten erbrächten. Die Schwerpunktpraxen Allergologie sorgten für eine Erhöhung des statistischen Grads der Leistungserbringung. Ferner müsse im Rahmen der Prüfung der Praxisbesonderheiten berücksichtigt werden, dass die Praxis der Klägerin die notwendige Versorgung im hautärztlichen Bereich in einem großen räumlichen Umfang sicherstelle und mangels anderer Facharztkapazitäten zusätzliche Leistungen bei den einzelnen Patienten erbringe. Dies führe zu dem erhöhten Fallwert gegenüber der Fachgruppe, die zu einer Überschreitung im Quartal II/09 um 54,56 % und im Quartal III/09 um 72,37%. Die zweistufige Prüfung, die nicht im Honorarverteilungsvertrag veranlagt sei und auf keinen Beschluss des Bewertungsausschusses zurückgehe, decke sich nicht mit dem Vorhaben des Bewertungsausschusses. Eine solche Verfahrensregelung hätte allenfalls im Honorarverteilungsvertrag geregelt werden können. Der Beschluss des Bewertungsausschusses sehe die Möglichkeit von Sonderregelungen vor, wenn der Fallwert die Fachgruppe um mehr als 30% überschreite. Ein abgrenzbares Leistungsspektrum oder einzelne besondere Leistungen seien damit ebenso wenig maßgeblich, wie die Betrachtung einzelner Leistungen vorgesehen gewesen sei. Somit sei auf die Fallwerte abzustellen, ohne dass es auf die weitergehende Prüfung in einem zweiten Schritt ankomme.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Regelleistungsvolumenbescheide vom 26.02.2009 für das Quartal II/09 und vom 27.05.2009 für das Quartal III/09 sowie des Bescheids vom 21.10.2009 bzgl. der Sonderregelung, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2010, die Beklagte zu verurteilen, sie über ihre Widersprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, sie habe die Vorgaben des Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses in ihrem Honorarverteilungsvertrag umgesetzt. Sie sei an die Vorgaben des Bewertungsausschusses und an den EBM gebunden. Die Klägerin übersehe, dass ihr Honorarverteilungsvertrag durch den Beschluss des Vorstandes eine Konkretisierung erfahren habe. Die von ihr festgestellten Überschreitungen bei den Praxisbesonderheiten seien insofern nicht aussagekräftig, als dass sie so gering seien, dass eine deutliche Hervorhebung und Unterscheidung gegenüber anderen Praxen nicht gegeben sei. Auch nach dem neuen Beschluss des Vorstandes vom 14.02.2011 komme eine Anerkennung von Praxisbesonderheiten nicht in Betracht. Nach diesem Beschluss müsse der praxisindividuelle Fallwert im entsprechenden Antrags-Quartal anhand der Arztrechnung ermittelt werden. Die allergologischen Leistungen würden von den meisten anderen Praxen in der Vergleichsgruppe ebenfalls erbracht werden. Die Nr. 30110 hätten 181 von 190 Vergleichspraxen, die Nr. 30111 184, und die Nr. 30130 178 Praxen erbracht. Die Nr. 10345 hätten 176 von 190 Vergleichspraxen erbracht. Lediglich die Nr. 30120 hätten nur 30 von 190 Vergleichspraxen erbracht. Diese Ziffer übersteige aber nicht die geforderte 30%-Grenze. Rein hilfsweise führe sie an, dass selbst, wenn alle von der Klägerin geltend gemachten Ziffern in die Neuberechnung mit aufgenommen würden, die geforderte 30%-Grenze nicht überschritten werde. Aus der Frequenzstatistik werde ersichtlich, in welchem Umfang die Klägerin im Vergleich zu ihrer Fachgruppe entsprechende Leistungen erbringe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze ein "besonderer Versorgungsbedarf" eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung voraus, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis habe (BSG, Urteil vom 22.03.2006 – B 6 KA 80/04 R –).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Regelleistungsvolumenbescheide vom 26.02.2009 für das Quartal II/09 und vom 27.05.2009 für das Quartal III/09 sowie der Bescheid vom 21.10.2009 bzgl. der Sonderregelung, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2010, sind rechtmäßig. Sie waren daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, sie über ihre Widersprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 01.04.2007, BGBl. I S. 378 (im Folgenden: SGB V) werden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet.
Nach § 87b Abs. 2 SGB V sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen (Satz 1). Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist (Satz 2). Abweichend von Absatz 1 Satz 1 ist die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden (Satz 3). Bei der Bestimmung des Zeitraums, für den ein Regelleistungsvolumen festgelegt wird, ist insbesondere sicherzustellen, dass eine kontinuierliche Versorgung der Versicherten gewährleistet ist (Satz 4). Nach § 87b Abs. 3 SGB V sind die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen (Satz 1). Bei der Bestimmung des Regelleistungsvolumens nach Absatz 2 sind darüber hinaus insbesondere
1. die Summe der für einen Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen,
2. zu erwartende Zahlungen im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 75 Abs. 7 und 7a,
3. zu erwartende Zahlungen für die nach Absatz 2 Satz 3 abgestaffelt zu vergütenden und für die nach Absatz 2 Satz 6 und 7 außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergütenden Leistungsmengen,
4. Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte
zu berücksichtigen (Satz 2). Soweit dazu Veranlassung besteht, sind auch Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen (Satz 3). Die Morbidität nach Satz 1 ist mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen (Satz 6). Als Tätigkeitsumfang nach Satz 2 gilt der Umfang des Versorgungsauftrags, mit dem die der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Vertragsärzte zur Versorgung zugelassen sind, und der Umfang des Versorgungsauftrags, der für die angestellten Ärzte der jeweiligen Arztgruppe vom Zulassungsausschuss genehmigt worden ist (Satz 6). Fehlschätzungen bei der Bestimmung des voraussichtlichen Umfangs der Leistungsmengen nach Satz 2 Nr. 3 sind zu berichtigen; die Vergütungsvereinbarungen nach § 87a Abs. 3 bleiben unberührt (Satz 7).
Nach § 87b Abs. 4 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten (Satz 1). Er bestimmt darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5 (Satz 2). Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellen gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach den Sätzen 1 und 2 unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina nach Absatz 5 konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (Satz 3). Nach § 87b Abs. 5 SGB V obliegt die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise der Kassenärztlichen Vereinigung; die Zuweisung erfolgt erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens (Satz 1). § 85 Abs. 4 Satz 9 gilt (Satz 2).
Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008 unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008 (Heft 38), A-1988, zitiert nach www.kbv.de/8157.html, im Folgenden: EB7F). Nach Nr. 1.2 EB7F werden die Regelleistungsvolumina nach Maßgabe von 2. und 3. für das jeweilige Abrechnungsquartal ermittelt (Nr. 1.2.1 EB7F). Die Regelleistungsvolumen werden nach Maßgabe von 2. und 3. je Arzt ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 1 EB7F). Für Vertragsärzte, die außer in ihrer Arztpraxis auch in einer oder mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften tätig sind, wird ein gesamtes Regelleistungsvolumen für die vom jeweiligen Vertragsarzt in der Arztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) erbrachten Leistungen ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 2 EB7F). Nach Nr. 2.1 Satz 1 EB7F kommen Regelleistungsvolumen für Ärzte der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur Anwendung. Dabei sieht der Beschluss vor, dass die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z. B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren können (Nr. 2 Anlage 1 EB7F). Die Fachrichtung der Klägerin wird in dieser Anlage genannt. Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes ergibt sich für die in Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes (FW-AG) gemäß Anlage 2 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal (Nr. 3.2.1 Satz 2 EB7F sowie Nr. 5 Anlage 2 EB7F). Im Beschluss wird festgestellt, dass das Kriterium Geschlecht sich nicht zur Abbildung der Morbidität eignet, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst wird (Nr. 3.2.2 Satz 1 EB7F). Zur Berücksichtigung des Morbiditätskriteriums Alter ist das RLV gemäß 3.2.1 unter Berücksichtigung der Versicherten nach Altersklassen gemäß Anlage 2 zu ermitteln (Nr. 3.2.2 Satz 2 EB7F). Die Berechnung des arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß 3.2.1 erfolgt zunächst - Schritt 1 - durch Ermittlung der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 1 Anlage 2 EB7F). Der arztgruppenspezifische Fallwert - Schritt 2 – ist der Quotient aus dem arztgruppenspezifischen Anteil am RLV-Vergütungsvolumen eines Versorgungsbereichs (vgl. Nr. 3 Anlage 2 EB7F) und eben der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 2 Anlage 2 EB7F).
Die Praxisbesonderheiten werden zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergeben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge. Der Bewertungsausschuss wird die Auswirkungen seiner Vorgaben hinsichtlich der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten überprüfen und die Vorgaben mit Wirkung zum 01. Januar 2010 ggf. anpassen (Nr. 3.6 Satz 1 bis 3 EB7F). Das ermittelte Regelleistungsvolumen je Arzt ist gegebenenfalls entsprechend den nach 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Nr. 5 Abs. 3 Anlage 2 EB7F).
Der Erweiterte Bewertungsausschuss beschloss in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V (DÄBl. 2009 (Heft 7), A-308) mit Geltung ab 01.01.2009 in Teil A (im Folgenden EB9A) eine "Konvergenzphase für die Vereinheitlichung der Umsetzung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen". Zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung sind die im Teil F seines Beschlusses vom 27./28.08.2008 beschlossenen Regelungen, insbesondere zu den Praxisbesonderheiten (Ziffer 3.6), deren Umsetzung zunächst den Partnern der Gesamtverträge überlassen worden war, zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Ziffer 3.7) – bei einem Honorarverlust von mehr als 15 % war dies in das Ermessen der KV gestellt worden - und zur Modifikation von relevanten Arztgruppen (Anlage 1) anzuwenden (vgl. Nr. 1 Satz 1 EB9A). Diese Regelungen fasste der Erweiterte Bewertungsausschuss kurz darauf neu in seiner 10. Sitzung am 27. Februar 2009 zur Änderung des Beschlusses Teil A vom 15. Januar 2009 in Teil A "Konvergenzphase für die Steuerung der Auswirkungen der Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung, insbesondere Teil F, Beschluss zur Berechnung und zur Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄBl. 2009 (Heft 12), A-574, im Folgenden: EB10A). Er erweiterte für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2010 (vgl. Ziff 5 EB10A) – wobei er sich zur Beobachtung und evtl. notwendigen Anpassung selbst verpflichtete (vgl. Nr. 6 und 7 EB10A) - die Autonomie der Gesamtvertragspartner (vgl. Nr. 1 EB10A), die er lediglich an Vorgaben zur Vergütung der Psychotherapeutenvergütung und die Trennung zur haus- und fachärztlichen Versorgung (Teil F, Anl. 2, Nr. 1) band (vgl. Nr. 3 EB10A). Den Vorrang der eigenen Regelungen in Nr. 1 Satz 1 u. 2 EB9A hob er zugunsten der Vertragsautonomie ab dem 01.04.2009 – sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 1. Quartal 2008 unter Vorbehalt zugewiesen wurden, kann die regionale Sonderregelung auch rückwirkend zum 01.01.2009 vereinbart werden. (Nr. 1 Fußnote 2 EB10A) -, weiterhin befristet bis Ende 2010 und mit der Vorgabe, das Konvergenzverfahren mit dem Ziel einer schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina an die sich aus der Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung ergebenden Vorgaben auszugestalten, auf (vgl. Nr. 1 und 2 EB10A).
Nach Nr. 4 EB10A (insofern textgleich mit der vorherigen Regelung nach Nr. 3 EB9A) können die Partner der Gesamtverträge aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung abweichend vom Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Beschluss Teil F, 3.6 zur Vorgabe eines Grenzwertes zur Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe in Höhe von mindestens 30 % im Einzelfall eine Praxisbesonderheit feststellen, obwohl die so vorgegebene Überschreitung nicht vorliegt.
In Umsetzung seines Ankündigungsbeschlusses aus der 175. Sitzung am 27. Februar 2009 (DÄ 2009 (Heft 12), A-576) hat der Bewertungsausschuss mit Beschluss in seiner 180. Sitzung am 20. April 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Regelungen zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A "Änderung des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄ 2009 (Heft 19), A-942, im Folgenden: B180A) mit Wirkung zum 01. Juli 2009 – sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 2. Quartal unter Vorbehalt zugewiesen wurden, können die nachfolgend angekündigten Maßnahmen in dem betroffenen KV-Bezirk auf Beschluss der Partner der Gesamtverträge bereits mit Wirkung zum 1. April 2009 in Kraft gesetzt werden; in diesem Fall sind die Berechnungen und Anpassungen von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen auf die Abrechnungen des 2., 3. und 4. Quartals 2008 aufzusetzen (Fußnote 1 B180A) – Anpassungen der im EB7F getroffenen Regelungen vorgenommen, die für vorliegenden Rechtsfall aber ohne Auswirkungen sind.
Auf der Grundlage dieser Regelungen im SGB V und des Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses haben die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen einen Honorarvertrag vom 13.12.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 geschlossen (im Folgenden: HVV). In Abschnitt II HVV werden auf der Grundlage des EB7F, B164B und EB8II (Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008 zur Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sowie zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A, DÄBl. 2008 (Heft 4), A 2602) weitgehend wortgleich die Regelungen des EB7F mit den Änderungen durch den B164B übernommen.
Nr. 3.4 HVV ergänzt Nr. 3.4 EB7F "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" durch weitere Ausnahmemöglichkeiten. Über die Regelungen in Nr. 3.4 EB7F hinaus kann auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden (Nr. 3.4 Satz 3 HVV). Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen kann außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen (Nr. 3.4 Satz 4 HVV). Die weitere Regelung, dass dies insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt (Nr. 3.4 Satz 5 HVV), greift die Regelung in Nr. 3.6 Satz 2 EB7F auf.
Soweit Nr. 3.4 Satz 5 HVV i.V.m. Nr. 3.4 Satz 4 HVV den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung ermächtigt, ist dies nicht zu beanstanden. Der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung kann zu konkretisierenden Regelungen und Einzelfallentscheidungen, insbesondere zur Beurteilung der Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen, ermächtigt werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 18; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - juris Rdnr. 14, jeweils m.w.N.).
Die Beklagte hat hierzu ferner durch Beschluss des Vorstands vom 19.01.2009 Prüfkriterien entwickelt, die Grundlage der Prüfung in den streitgegenständlichen Bescheiden war und in ihnen im Einzelnen dargestellt sind. Diese Prüfkriterien hat sie mit Beschluss des Vorstandes vom 14.02.2011 dahingehend geändert, dass für die Quartale I/09 bis II/10 die Ermittlung des praxisindividuellen Fallwertes nicht im entsprechenden Bezugsquartal des Jahres 2008 erfolgt, sondern im aktuellen Quartal. Grundsätzlich hält die Kammer den Vorstand für berechtigt, norminterpretierende und ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Soweit bei der Frage der Wahl des Aufsatzquartals ein Gestaltungsspielraum besteht, kommt diese Kompetenz dem Bewertungsausschuss zu, der sie im Rahmen seiner Delegationsbefugnis dann möglicherweise an die Vertragsparteien des HVV delegieren kann. Dem Vorstand selbst kommt eine solche Kompetenz nicht zu. Die für die Honorarverteilung wesentlichen Grundsätze müssen im HVV selbst geregelt werden und dürfen nicht dem Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung im Wege von Einzelfallentscheidungen überlassen bleiben. Andernfalls würde es zu einer dem Gesetz widersprechenden Kompetenzverlagerung zum Vorstand sowie zum Unterlaufen der Einbeziehung der Krankenkassen in die Honorarverteilung kommen. Dies gilt erst recht seit der ab dem Jahre 2004 vorgeschriebenen vertraglichen Vereinbarung des HVV zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Verbänden der Krankenkassen (vgl. BSG, Urt. v. 03.02.2010 - B 6 KA 1/09 R - SozR 4 2500 § 85 Nr. 50 = MedR 2010, 809 = USK 2010-53, juris Rdnr. 26 f.). Die Bezugnahme auf das aktuelle Quartal ist daher nur dann rechtmäßig, wenn sie bereits in der Vorgabe des Bewertungsausschusses bzw. des HVV enthalten ist. Hierfür spricht der Umstand, dass die Praxisbesonderheit im jeweils aktuellen Quartal vorliegen muss. Ziff. 3.6 EB7F enthält insoweit keine anderslautende Regelung. Diese Frage kann hier letztlich dahinstehen, da die Klägerin in jedem Fall nicht die Anforderungen für eine Sonderregelung erfüllt.
Nicht zu beanstanden ist aber die Vorgehensweise der Beklagten, in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die arztindividuellen Fallwerte den RLV-Fallwert um 30% überschreiten. Hierbei handelt es sich um ein bloßes Aufgreifkriterium, da Praxisbesonderheiten unterhalb der 30 %-Grenze nicht zwingend zu einer Erhöhung der Fallwerte führen müssen und Praxisbesonderheiten unterhalb der 30 %-Grenze nur in besonderen Ausnahmefällen, bei Hinzutreten weiterer Umstände, die vorliegend nicht ersichtlich sind, die Beklagte zu einer weitergehenden Einzelfallprüfung verpflichten können. Nach Nr. 4 EB10A können die Partner der Gesamtverträge aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung eine von der 30 %-Grenze abweichende Regelung treffen. Soweit es sich um Einzelfallentscheidungen handelt, kann dies dem Vorstand überlassen werden. Insofern beschränkt Nr. 3.4 Satz 5 HVV auch die Befugnis des Vorstands nicht auf die 30 %-Grenze. Eine weitergehende Ermessensausübung kann aber nur verlangt werden, wenn besondere Gründe der Sicherstellung vorliegen. Nicht jede Abweichung vom Regelfallwert oder Anerkennung einer Praxisbesonderheit muss zu einer Sonderregelung führen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt es zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung des praxisindividuellen Regelleistungsvolumens muss darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM. Mit dem Regelleistungsvolumen soll nicht ein eingeschränktes, sondern ein umfassendes Leistungsprofil abgebildet werden. Es würde dem Konzept des Regelleistungsvolumens mit seiner Anknüpfung an fachgruppenbezogene Durchschnittswerte, die alle fachgruppentypischen Leistungen abbilden, widersprechen, wenn ein Teil der Fachgruppe ausschließlich die niedriger bewerteten Leistungen erbringt und abrechnet, während ein anderer Teil ausschließlich die hoch bewerteten Leistungen erbringt und abrechnet und dafür eine individuelle Erhöhung des Regelleistungsvolumens erhalten würde (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 21 f.; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - a.a.O. Rdnr. 17 f., jeweils m.w.N.). Diese zu den Praxisbudgets und den in den Quartalen II/05 bis IV/08 geltenden Regelleistungsvolumina entwickelte Rechtsprechung ist auch auf das ab dem Quartal I/09 geltende Regelwerk anzuwenden (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - a.a.O. Rdnr. 31; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - a.a.O. Rdnr. 22).
Die allergologischen Leistungen werden zwar im EBM als arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen geführt, gehören aber für die Fachgruppe der Klägerin als Hautärztin zu den fachgruppentypischen Leistungen, da sie mit Ausnahme der Nr. 30120 EBM von nahezu allen Fachärzten der Fachgruppe erbracht werden. Von daher ist es unerheblich, in welchem Umfang diese Leistungen von den einzelnen Ärzten erbracht werden.
Insofern erreicht die Klägerin auch nicht annähernd die 30 %-Grenze selbst unter Zusammenrechnung der verbliebenen Leistung nach Nr. 30120 EBM mit der von ihr geltend gemachten Praxisbesonderheit Onkologie, so dass dahingestellt bleiben kann, ob die Bereiche getrennt oder zusammen zu berücksichtigen sind.
Soweit die Klägerin rügt, der Fallwert liege auch teilweise unter den Grundpauschalen, weshalb der EBM nicht mehr das wertmäßige, in Punkte ausgedrückte Verhältnis der Leistungen zueinander ausdrücke, war dem nicht zu folgen.
Steuerungsmaßnahmen können im Ergebnis eine Veränderung der EBM-Bewertung herbeiführen. Eine solche Veränderung geht z. B. mit der Bildung von Honorartöpfen mit unterschiedlichen Punktwerten einher, die bisher von der Rechtsprechung als zulässig angesehen worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.1996 - 6 RKa 68/94 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 77, 288 = USK 9686 = NZS 1996, 636 = MedR 1997, 40 = NJW 1997, 822, juris Rdnr. 18 ff.; BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 51/97 R - USK 99101, juris Rdnr. 14 m.w.N.). Folge einer arztgruppenbezogenen Honorarverteilung ist, dass dies zu unterschiedlichen Punktwerten für dieselbe Leistung bei verschiedenen Arztgruppen führen kann, was grundsätzlich hinzunehmen ist (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.1996 - 6 RKa 61/94 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 10 = BSGE 77, 279 = Breith 1997, 175 = USK 9688, juris Rdnr. 22 m.w.N.). Das Bundessozialgericht hat zunächst als Begrenzung eines Punktwertverfalls für Honorartöpfe, die für Leistungen gebildet werden, die Ärzte nur auf Überweisung hin erbringen können und bei denen ihnen eine Mitverantwortung für eine Mengenausweitung und damit ein Punktwertabfall nicht zugerechnet werden kann, entwickelt, dass im Regelfall Anlass zur Korrektur der Honorarverteilung besteht, wenn der Punktwert der aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen um 15 % oder mehr niedriger ist als der Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen (vgl. BSG, Urt. v. 09.09.1998 - B 6 KA 55/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 26 = BSGE 83, 1 = NZS 1999, 366 = Breith 1999, 755 = MedR 2000, 150 = USK 98175, juris Rdnr. 17). Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind gehalten, korrigierend einzugreifen, wenn bei festen Honorarkontingenten, die für verschiedene Leistungsbereiche gebildet werden, die Punktwerte einer Arztgruppe für eine längere Zeit um 15 % oder mehr hinter dem Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen zurückbleiben. Dies gilt aber nur, wenn die Ärzte dafür nicht verantwortlich sind, vielmehr z.B. eine Mengenausweitung auf Grund vermehrter Überweisungen durch andere Vertragsärzte vorliegt. Dabei darf die Kassenärztliche Vereinigung eine gewisse Zeit abwarten und beobachten und muss nur reagieren, wenn vom Umsatz her wesentliche Leistungsbereiche einer Arztgruppe betroffen sind (vgl. BSG, Urt. v. 28.01.2004 - B 6 KA 52/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 8 = BSGE 92, 87 = MedR 2004, 396 = Breith 2004, 827 = USK 2004-121, juris Rdnr. 47). Hieraus hat das Bundessozialgericht generell eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht entwickelt, die eine Verpflichtung zum Eingreifen begründet, wenn sich bei einer Arztgruppe ein honorarmindernd wirkender dauerhafter Punktwertabfall von mehr als 15 % unter das sonstige Durchschnittsniveau ergibt, von dem Punktwertabfall ein wesentlicher Leistungsbereich betroffen ist, die dem Punktwertabfall zugrunde liegende Mengenausweitung nicht von der Arztgruppe selbst zu verantworten ist und die Honorarrückgänge in dem wesentlichen Leistungsbereich nicht durch andere Effekte kompensiert werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 43/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 40 USK 2007-78, juris Rdnr. 20; BSG, Beschl. v. 17.09.2008 - B 6 KA 62/07 B -, juris Rdnr. 10).
Unter Maßgabe fester Punktwerte innerhalb eines Regelleistungsvolumens kann ein "Punktwertverfall" nur noch indirekt eintreten, wenn der Umfang des Regelleistungsvolumens nicht mehr die erforderliche Leistungserbringung abdeckt und damit faktisch zu einer tatsächlichen Leistungsabwertung führt, da ein Großteil der Leistungen nur noch zum sog. unteren Punktwert bzw. einer Restvergütungsquote vergütet werden kann. Dies kann dann z. B. der Fall sein, wenn die Grundpauschale, die fast in jedem Behandlungsfall anfällt, unterhalb des für das Regelleistungsvolumen maßgebenden Fallwerts liegt. Ursache hierfür kann u. a. sein, dass ein Vorwegabzug von Leistungen mit festen Punktwerten erfolgt, so dass der Umfang der Leistungen, die bei der Ermittlung der Regelleistungsvolumina von Bedeutung sind, abnimmt, was mit einer Verkleinerung der Regelleistungsvolumina einhergeht. Im Anschluss an die Entscheidung der 11. Kammer hält die Kammer diese Regelungen im EB7F wenigstens im Sinne einer Anfangs- und Erprobungsregelung für rechtmäßig (vgl. SG Marburg, Urt. v. 06.10.2010 S 11 KA 340/09 - juris Rdnr. 145 ff.).
Bei Beurteilung eines indirekten "Punktwertverfall" können daher die Maßstäbe der Rechtsprechung zur Stützungsverpflichtung bei einem Punktwertabfall aufgrund arztgruppenspezifischer Vergütungssysteme als Ansatzpunkt herangezogen werden. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass die Grundpauschale (Ziff. 10210 bis 10212 EBM 2009) nur teilweise über dem Fallwert für die Regelleistungsvolumina liegt. Die Grundpauschale beträgt für die Altersgruppe bis 5. Lebensjahr 12,78 EUR, 6. bis 59. Lebensjahr 13,83 EUR und ab dem 60. Lebensjahr 15,40 EUR. Demgegenüber beträgt der Fallwert für die Regelleistungsvolumina 14,92 EUR bzw. 13,50 EUR. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass es sich bei den Fallwerten für die Regelleistungsvolumina um einen gemittelten Wert für alle Altersgruppen handelt und dass die Grundpauschale für die Altersgruppe 6. bis 59. Lebensjahr im Quartal III/09 nur über 2 % über dem Fallwert liegt und die Grundpauschale für die Altersgruppe ab dem 60. Lebensjahr im Quartal II/09 um 3 % und im Quartal III/09 um 11 % darüber liegt. Ferner beträgt die Vergütung, die das Regelleistungsvolumen betrifft, mit 28.871,70 EUR im Quartal II/09 nur einen Anteil von 58,7 % und mit 26.334,21 EUR im Quartal III/09 nur einen Anteil von 54,4 % am Bruttohonorar für die beiden Kassenbereiche. Auch hierauf ist maßgeblich abzustellen, da eine Arztpraxis gerade bei einem hohen Anteil an Leistungen außerhalb des Regelleistungsvolumens (insb. übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (MGV) und Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (AMG)) von den Vorgaben profitiert, die dann wiederum zur Senkung des Regelleistungsvolumens führen. Auch in der Gesamtschau der Vergütungsanteile ist daher nicht zu beanstanden, dass der Fallwert für das Regelleistungsvolumen z. T. unter die Grundpauschale abfällt.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Regelleistungsvolumens für die beiden Quartale II und III/09 und hierbei um eine Erhöhung des Fallwerts.
Die Klägerin ist seit 30.04.2002 als Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin durch Honorarbescheid wie folgt fest:
Quartal II/09 III/09
Honorarbescheid vom 11.10.2009 23.12.2009
Widerspruch eingelegt am Nettohonorar gesamt in EUR 49.610,31 48.685,08
Bruttohonorar PK + EK in EUR 49.181,90 48.385,10
Fallzahl PK + EK 1.815 1.850
Honoraranteile PK + EK
Regelleistungsvolumen in EUR 28.397,27 25.721,21
Quotiertes Regelleistungsvolumen in EUR 474,43 561.52
Fallwertzuschläge zum Regelleistungsvolumen in EUR 0,00 0,00
Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (MGV) 6.255,88 6.097,44
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (AMG) 14.054,34 16.005,02
Regelleistungsvolumen
RLV-relevante Fallzahl 1.985 1.984
Obergrenze in EUR 29.853,13 27.017,02
Angefordert in EUR 33.921,67 34.080,10
Überschreitung in EUR 4.068,54 7.063,08
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 26.02.2009 und vom 27.05.2009 das Regelleistungsvolumen der Klägerin für das Quartal II/09 und III/09 wie folgt fest:
Quartal RLV-relevante Fallzahl Fallwert Fallwertabstaffelung Altersstrukturquote Aufschlag fachgleiche BAG Regelleistungsvolumen II/09 1.985 14,92 EUR 1,0000 1,0080 1 29.853,13 EUR
III/09 1.984 13,50 EUR 1,0000 1,0087 1 27.017,02 EUR
Hiergegen legte die Klägerin am 17.03.2009 und am 05.06.2009 Widerspruch ein. Sie trug vor, sie verfüge über einen allergologischen Schwerpunkt und habe im Vorjahresquartal II/08 in 312 Fällen die Leistungen nach Nr. 30130 EBM sowie entsprechend die erforderlichen diagnostischen Leistungen erbracht. Der Fallwert in Höhe von 14,92 EUR sei vollkommen unzureichend, da dieser bereits durch die Grundpauschale nach Nr. 10210, 10211 und 10212 EBM nahezu vollständig konsumiert werde. Gerade bei der Grundpauschale nach Nr. 10212 bei Personen über 60 Jahre reiche der Fallwert noch nicht einmal aus, um die Grundpauschale abzudecken. Auch bei Kindern verblieben lediglich 57 Punkte für die Leistungen außerhalb der Grundpauschale. Damit werde eine Leistungserbringung außerhalb der Grundpauschale nicht mehr vergütet. Berücksichtige man, dass sie im Vorjahresquartal II/08 exemplarisch 85 Fälle behandelt habe, bei denen die Zusatzpauschale Onkologie und die damit einhergehende Leistungen zur Abrechnung gelangt seien, Nr. 10345 EBM, mache dies ein Vergütungsvolumen in Höhe von 45.900 Punkten, mithin 1.606,55 EUR aus. Diese sowie sämtliche Leistungen, die außerhalb der Grundpauschale und innerhalb des Regelleistungsvolumens erbracht würden, würden bei dem zugrunde gelegten Fallwert nicht mehr vergütet werden. Dies führe letztendlich zu einer Kopfpauschale für jeden Patienten. Die Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses würden außer Kraft gesetzt werden. Der allergologische Schwerpunkt werde überhaupt nicht mehr abgebildet. Im Quartal II/08 habe der Fallwert noch 18,26 EUR betragen. Es sei ein Rückgang von nahezu 20% festzustellen. Es sei keine Kompensation durch extrabudgetäre Leistungen erfolgt. Die niedrige Vergütung betreffe das gesamte Leistungsangebot. Ausweislich ihrer Abrechnungsdaten sei von einer Fallzahl von 2.044 auszugehen.
Die Klägerin beantragte ferner unter Datum vom 17.03.2009 eine Sonderregelung wegen des allergologischen Schwerpunktes. Auch sah die Beklagte die Widersprüche zugleich als Antrag auf Sonderregelung bzgl. des Regelleistungsvolumens an.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 21.10.2009 die Anträge auf Änderung des Regelleistungsvolumens für die Quartale II und III/09 ab. Nach dem Honorarvertrag ergebe sich eine Praxisbesonderheit aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Fachgruppe von mind. 30% vorliege. Ihr Vorstand habe beschlossen, dass zunächst der praxisindividuelle Fallwert einer Praxis/eines Arztes im entsprechenden Quartal des Jahres 2008 anhand der Arztrechnung zu ermitteln sei, wobei die RLV-Punktzahlen oberer/unterer Punktwert und die Leistungen, die 2009 außerhalb des Regelleistungsvolumens vergütet würden, zu reduzieren seien. Die so bereinigte RLV-Punktzahl sei dann mit dem Orientierungspunktwert von 3,5001 Cent zu multiplizieren und durch die Fallzahl zu dividieren. Ergebe der danach ermittelte Fallwert im Vergleich mit dem RLV-Fallwert der Fachgruppe einen Wert kleiner als 130%, sei der Antrag abzulehnen. Nur im Falle, dass der praxisindividuelle Fallwert dem RLV-Fachgruppenfallwert um 30% übersteige, sei eine detaillierte Prüfung durchzuführen. Diese habe eingangs festzustellen, ob ein besonderer Versorgungsauftrag oder eine besondere fachliche Spezialisierung vorliege. Sei dies der Fall, werde für diese Leistungen anhand der Daten aus der Frequenzstatistik des entsprechenden Quartals 2008 das Punktzahlvolumen ermittelt. Hierbei seien die einzelnen EBM-Leistungen bzw. der zugehörigen Begleitleistungen, aber ohne Grundpauschale, zu berücksichtigen. Das Punktzahlvolumen sei mit dem Orientierungspunktwert zu multiplizieren und durch die RLV-Fallzahl zu dividieren. Der sich hieraus ergebende Wert müsse größer als 30% des RLV-Fallwertes der jeweiligen Fachgruppe sein. Ergebe sich ein Wert )= 30% des RLV-Wertes, sei RLV-Fallwert der Praxis/des Arztes um diesen Fallwertanteil zu erhöhen, allerdings nur bis zur Höhe des praxisindividuellen Fallwertes. Bei einem Wert kleiner als 30% des RLV-Wertes sei der Antrag abzulehnen. Für das Quartal II/09 habe sich ergeben, dass der praxisindividuelle Fallwert dem RLV-Fallwert der Fachgruppe um 54,56% übersteige. Es sei dann allerdings festgestellt worden, dass das Punktzahlvolumen der Allergologie (Nr. 30110, 30111, 30120, 30130 EBM 2009) einen Fallwert in Höhe von 2,71 EUR ausmache. Der Fallwert übersteige somit nicht 30% des RLV-Fachgruppenwertes, der bei 4,48 EUR liege, und erfülle von daher nicht die Kriterien, die eine Erhöhung des RLV-Fallwertes rechtfertigten. Der Bereich der Onkologie mache einen Fallwert von 0,78 EUR aus. Der RLV-Fachgruppenwert liege bei 4,48 EUR. Für das Quartal III/09 liege der praxisindividuelle Fallwert um 72,60% über dem Fachgruppenwert. Der Bereich der Allergologie mache nur einen Fallwert in Höhe von 2,99 EUR aus, der Fachgruppenwert betrage 4,05 EUR. Der Bereich der Onkologie mache einen Fallwert von 0,67 EUR aus, der Fallwert der Fachgruppe betrage hier 4,05 EUR. Für den Bereich der Allergologie sei festgestellt worden, dass diese Leistungen nahezu von allen dermatologischen Praxen in Hessen erbracht und abgerechnet würden. Diese Leistungen seien somit als Kernleistungen der Fachgruppe zu sehen, so dass sich hieraus weder ein besonderer Versorgungsauftrag noch eine besondere, für die vertragsärztliche Versorgung bedeutsame fachliche Spezialisierung ableiten lasse.
Hiergegen legte die Klägerin am 02.11.2009 unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen Widerspruch ein.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2010 die Widersprüche gegen die Zuweisung des Regelleistungsvolumens für die Quartale II und III/09 sowie gegen den Bescheid zum Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für diese beiden Quartale als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die für die Berechnung des Regelleistungsvolumens relevante Fallzahl sei die Zahl der ambulant-kurativen Arzt- und Behandlungsfälle des Vorjahresquartals. Ausgenommen seien Fälle im organisierten Notfalldienst und Überweisungsfälle, bei denen ausschließlich Probeuntersuchungen oder Befundungen von dokumentierten Untersuchungsergebnissen stattfänden. Ebenfalls ausgenommen seien Fälle, in denen Ärzte ausschließlich Leistungen und Kostenerstattungen abgerechnet hätten, die nach Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009 nicht mehr dem Regelleistungsvolumen unterlägen. Im Quartal I/08 habe die Klägerin 2.044 Fälle abgerechnet, wovon 51 Fälle auf "sonstige Kostenträger" entfallen seien, so dass als Ausgangswert 1.993 Fälle heranzuziehen seien. Hiervon seien 8 Fälle abzuziehen, da es sich hierbei um Fälle gehandelt habe, die nicht in das Regelleistungsvolumen eingeflossen seien. Es ergäben sich 1.985 regelleistungsvolumen-relevante Fälle. Hinsichtlich des Fallwertes legte sie nochmals die Berechnungsschritte dar und wies darauf hin, dass im Bereich der Allergologie eine Leistungsüberschreitung lediglich von 18,15% bzw. 22,15% und im Bereich der Onkologie, Nr. 10345 (Zusatzpauschale Krebsbehandlung) EBM, von 5,22% bzw. 4,88% vorliege.
Hiergegen hat die Klägerin am 21.07.2010 die Klage erhoben. Sie trägt vor, nach dem HVV sei zunächst festzustellen, ob überhaupt Praxisbesonderheiten vorlägen. Lägen solche vor, sei in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die arztindividuellen Fallwerte den RLV-Fallwert um 30% überschritten. Diese Vorgehensweise habe zur Konsequenz, dass bei der Beurteilung der fachlichen Spezialisierung zunächst keine Quantifizierung erfolge. Liege somit eine fachliche Spezialisierung vor und werde der RLV-Fallwert ausreichend überschritten, sei im Rahmen der Ermessensausübung das Regelleistungsvolumen in dem Umfang zu erhöhen, wie die Praxisbesonderheiten vorlägen. Der Umfang der fachlichen Spezialisierung könne somit nicht auf der Ebene des Ob Berücksichtigung finden, sondern müsse bei der Beurteilung, in welcher Höhe Praxisbesonderheiten vorlägen, zugestanden werden. Mithin hätten im Quartal II/08 aufgrund der allergologischen Spezialisierung die Fallwerte um 2,71 EUR und im Quartal III/09 um 2,99 EUR angehoben werden müssen. Ergänzend hätte der Fallwert aufgrund der onkologischen Spezialisierung entsprechend angehoben werden müssen. Praxisbesonderheiten seien zu kompensieren, wenn im Übrigen die Voraussetzungen der Fallwertüberschreitung erfüllt seien. Der Fallwert liege auch teilweise unter den Ordinationskomplexen. Dadurch drücke der EBM nicht mehr das wertmäßige, in Punkte ausgedrückte Verhältnis der Leistungen zueinander aus. Die Regelungssystematik insbesondere im Quartal III/09 zeige, dass bei der Ermittlung der Fallwerte von der Gesamtvergütung zu viel Honorar für Vorwegleistungen und für Leistungen, die zu festen Punktwerten zu vergüten seien, in Abzug gebracht worden seien. Dadurch sei das Vergütungsvolumen, für das die RLV-Leistungen zur Verfügung gestanden hätten, derart gering gewesen, dass neben der Grundpauschale keine nennenswerten Leistungen hätten abgerechnet werden können. Dies führe dazu, dass auch die regelmäßigen Leistungen in einer Fachgruppe keineswegs die mit der Einführung der Regelleistungsvolumina intendierte Planungssicherheit gewährleistet worden sei. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt, wie viele Praxen in welchem Umfang die Leistungen ihrer Praxisbesonderheiten erbrächten. Die Schwerpunktpraxen Allergologie sorgten für eine Erhöhung des statistischen Grads der Leistungserbringung. Ferner müsse im Rahmen der Prüfung der Praxisbesonderheiten berücksichtigt werden, dass die Praxis der Klägerin die notwendige Versorgung im hautärztlichen Bereich in einem großen räumlichen Umfang sicherstelle und mangels anderer Facharztkapazitäten zusätzliche Leistungen bei den einzelnen Patienten erbringe. Dies führe zu dem erhöhten Fallwert gegenüber der Fachgruppe, die zu einer Überschreitung im Quartal II/09 um 54,56 % und im Quartal III/09 um 72,37%. Die zweistufige Prüfung, die nicht im Honorarverteilungsvertrag veranlagt sei und auf keinen Beschluss des Bewertungsausschusses zurückgehe, decke sich nicht mit dem Vorhaben des Bewertungsausschusses. Eine solche Verfahrensregelung hätte allenfalls im Honorarverteilungsvertrag geregelt werden können. Der Beschluss des Bewertungsausschusses sehe die Möglichkeit von Sonderregelungen vor, wenn der Fallwert die Fachgruppe um mehr als 30% überschreite. Ein abgrenzbares Leistungsspektrum oder einzelne besondere Leistungen seien damit ebenso wenig maßgeblich, wie die Betrachtung einzelner Leistungen vorgesehen gewesen sei. Somit sei auf die Fallwerte abzustellen, ohne dass es auf die weitergehende Prüfung in einem zweiten Schritt ankomme.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Regelleistungsvolumenbescheide vom 26.02.2009 für das Quartal II/09 und vom 27.05.2009 für das Quartal III/09 sowie des Bescheids vom 21.10.2009 bzgl. der Sonderregelung, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2010, die Beklagte zu verurteilen, sie über ihre Widersprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, sie habe die Vorgaben des Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses in ihrem Honorarverteilungsvertrag umgesetzt. Sie sei an die Vorgaben des Bewertungsausschusses und an den EBM gebunden. Die Klägerin übersehe, dass ihr Honorarverteilungsvertrag durch den Beschluss des Vorstandes eine Konkretisierung erfahren habe. Die von ihr festgestellten Überschreitungen bei den Praxisbesonderheiten seien insofern nicht aussagekräftig, als dass sie so gering seien, dass eine deutliche Hervorhebung und Unterscheidung gegenüber anderen Praxen nicht gegeben sei. Auch nach dem neuen Beschluss des Vorstandes vom 14.02.2011 komme eine Anerkennung von Praxisbesonderheiten nicht in Betracht. Nach diesem Beschluss müsse der praxisindividuelle Fallwert im entsprechenden Antrags-Quartal anhand der Arztrechnung ermittelt werden. Die allergologischen Leistungen würden von den meisten anderen Praxen in der Vergleichsgruppe ebenfalls erbracht werden. Die Nr. 30110 hätten 181 von 190 Vergleichspraxen, die Nr. 30111 184, und die Nr. 30130 178 Praxen erbracht. Die Nr. 10345 hätten 176 von 190 Vergleichspraxen erbracht. Lediglich die Nr. 30120 hätten nur 30 von 190 Vergleichspraxen erbracht. Diese Ziffer übersteige aber nicht die geforderte 30%-Grenze. Rein hilfsweise führe sie an, dass selbst, wenn alle von der Klägerin geltend gemachten Ziffern in die Neuberechnung mit aufgenommen würden, die geforderte 30%-Grenze nicht überschritten werde. Aus der Frequenzstatistik werde ersichtlich, in welchem Umfang die Klägerin im Vergleich zu ihrer Fachgruppe entsprechende Leistungen erbringe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze ein "besonderer Versorgungsbedarf" eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung voraus, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis habe (BSG, Urteil vom 22.03.2006 – B 6 KA 80/04 R –).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Regelleistungsvolumenbescheide vom 26.02.2009 für das Quartal II/09 und vom 27.05.2009 für das Quartal III/09 sowie der Bescheid vom 21.10.2009 bzgl. der Sonderregelung, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2010, sind rechtmäßig. Sie waren daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, sie über ihre Widersprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 01.04.2007, BGBl. I S. 378 (im Folgenden: SGB V) werden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet.
Nach § 87b Abs. 2 SGB V sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen (Satz 1). Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist (Satz 2). Abweichend von Absatz 1 Satz 1 ist die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden (Satz 3). Bei der Bestimmung des Zeitraums, für den ein Regelleistungsvolumen festgelegt wird, ist insbesondere sicherzustellen, dass eine kontinuierliche Versorgung der Versicherten gewährleistet ist (Satz 4). Nach § 87b Abs. 3 SGB V sind die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen (Satz 1). Bei der Bestimmung des Regelleistungsvolumens nach Absatz 2 sind darüber hinaus insbesondere
1. die Summe der für einen Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen,
2. zu erwartende Zahlungen im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 75 Abs. 7 und 7a,
3. zu erwartende Zahlungen für die nach Absatz 2 Satz 3 abgestaffelt zu vergütenden und für die nach Absatz 2 Satz 6 und 7 außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergütenden Leistungsmengen,
4. Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte
zu berücksichtigen (Satz 2). Soweit dazu Veranlassung besteht, sind auch Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen (Satz 3). Die Morbidität nach Satz 1 ist mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen (Satz 6). Als Tätigkeitsumfang nach Satz 2 gilt der Umfang des Versorgungsauftrags, mit dem die der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Vertragsärzte zur Versorgung zugelassen sind, und der Umfang des Versorgungsauftrags, der für die angestellten Ärzte der jeweiligen Arztgruppe vom Zulassungsausschuss genehmigt worden ist (Satz 6). Fehlschätzungen bei der Bestimmung des voraussichtlichen Umfangs der Leistungsmengen nach Satz 2 Nr. 3 sind zu berichtigen; die Vergütungsvereinbarungen nach § 87a Abs. 3 bleiben unberührt (Satz 7).
Nach § 87b Abs. 4 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten (Satz 1). Er bestimmt darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5 (Satz 2). Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellen gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach den Sätzen 1 und 2 unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina nach Absatz 5 konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (Satz 3). Nach § 87b Abs. 5 SGB V obliegt die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise der Kassenärztlichen Vereinigung; die Zuweisung erfolgt erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens (Satz 1). § 85 Abs. 4 Satz 9 gilt (Satz 2).
Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008 unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008 (Heft 38), A-1988, zitiert nach www.kbv.de/8157.html, im Folgenden: EB7F). Nach Nr. 1.2 EB7F werden die Regelleistungsvolumina nach Maßgabe von 2. und 3. für das jeweilige Abrechnungsquartal ermittelt (Nr. 1.2.1 EB7F). Die Regelleistungsvolumen werden nach Maßgabe von 2. und 3. je Arzt ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 1 EB7F). Für Vertragsärzte, die außer in ihrer Arztpraxis auch in einer oder mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften tätig sind, wird ein gesamtes Regelleistungsvolumen für die vom jeweiligen Vertragsarzt in der Arztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) erbrachten Leistungen ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 2 EB7F). Nach Nr. 2.1 Satz 1 EB7F kommen Regelleistungsvolumen für Ärzte der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur Anwendung. Dabei sieht der Beschluss vor, dass die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z. B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren können (Nr. 2 Anlage 1 EB7F). Die Fachrichtung der Klägerin wird in dieser Anlage genannt. Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes ergibt sich für die in Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes (FW-AG) gemäß Anlage 2 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal (Nr. 3.2.1 Satz 2 EB7F sowie Nr. 5 Anlage 2 EB7F). Im Beschluss wird festgestellt, dass das Kriterium Geschlecht sich nicht zur Abbildung der Morbidität eignet, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst wird (Nr. 3.2.2 Satz 1 EB7F). Zur Berücksichtigung des Morbiditätskriteriums Alter ist das RLV gemäß 3.2.1 unter Berücksichtigung der Versicherten nach Altersklassen gemäß Anlage 2 zu ermitteln (Nr. 3.2.2 Satz 2 EB7F). Die Berechnung des arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß 3.2.1 erfolgt zunächst - Schritt 1 - durch Ermittlung der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 1 Anlage 2 EB7F). Der arztgruppenspezifische Fallwert - Schritt 2 – ist der Quotient aus dem arztgruppenspezifischen Anteil am RLV-Vergütungsvolumen eines Versorgungsbereichs (vgl. Nr. 3 Anlage 2 EB7F) und eben der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 2 Anlage 2 EB7F).
Die Praxisbesonderheiten werden zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergeben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge. Der Bewertungsausschuss wird die Auswirkungen seiner Vorgaben hinsichtlich der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten überprüfen und die Vorgaben mit Wirkung zum 01. Januar 2010 ggf. anpassen (Nr. 3.6 Satz 1 bis 3 EB7F). Das ermittelte Regelleistungsvolumen je Arzt ist gegebenenfalls entsprechend den nach 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Nr. 5 Abs. 3 Anlage 2 EB7F).
Der Erweiterte Bewertungsausschuss beschloss in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V (DÄBl. 2009 (Heft 7), A-308) mit Geltung ab 01.01.2009 in Teil A (im Folgenden EB9A) eine "Konvergenzphase für die Vereinheitlichung der Umsetzung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen". Zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung sind die im Teil F seines Beschlusses vom 27./28.08.2008 beschlossenen Regelungen, insbesondere zu den Praxisbesonderheiten (Ziffer 3.6), deren Umsetzung zunächst den Partnern der Gesamtverträge überlassen worden war, zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Ziffer 3.7) – bei einem Honorarverlust von mehr als 15 % war dies in das Ermessen der KV gestellt worden - und zur Modifikation von relevanten Arztgruppen (Anlage 1) anzuwenden (vgl. Nr. 1 Satz 1 EB9A). Diese Regelungen fasste der Erweiterte Bewertungsausschuss kurz darauf neu in seiner 10. Sitzung am 27. Februar 2009 zur Änderung des Beschlusses Teil A vom 15. Januar 2009 in Teil A "Konvergenzphase für die Steuerung der Auswirkungen der Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung, insbesondere Teil F, Beschluss zur Berechnung und zur Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄBl. 2009 (Heft 12), A-574, im Folgenden: EB10A). Er erweiterte für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2010 (vgl. Ziff 5 EB10A) – wobei er sich zur Beobachtung und evtl. notwendigen Anpassung selbst verpflichtete (vgl. Nr. 6 und 7 EB10A) - die Autonomie der Gesamtvertragspartner (vgl. Nr. 1 EB10A), die er lediglich an Vorgaben zur Vergütung der Psychotherapeutenvergütung und die Trennung zur haus- und fachärztlichen Versorgung (Teil F, Anl. 2, Nr. 1) band (vgl. Nr. 3 EB10A). Den Vorrang der eigenen Regelungen in Nr. 1 Satz 1 u. 2 EB9A hob er zugunsten der Vertragsautonomie ab dem 01.04.2009 – sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 1. Quartal 2008 unter Vorbehalt zugewiesen wurden, kann die regionale Sonderregelung auch rückwirkend zum 01.01.2009 vereinbart werden. (Nr. 1 Fußnote 2 EB10A) -, weiterhin befristet bis Ende 2010 und mit der Vorgabe, das Konvergenzverfahren mit dem Ziel einer schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina an die sich aus der Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung ergebenden Vorgaben auszugestalten, auf (vgl. Nr. 1 und 2 EB10A).
Nach Nr. 4 EB10A (insofern textgleich mit der vorherigen Regelung nach Nr. 3 EB9A) können die Partner der Gesamtverträge aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung abweichend vom Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Beschluss Teil F, 3.6 zur Vorgabe eines Grenzwertes zur Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe in Höhe von mindestens 30 % im Einzelfall eine Praxisbesonderheit feststellen, obwohl die so vorgegebene Überschreitung nicht vorliegt.
In Umsetzung seines Ankündigungsbeschlusses aus der 175. Sitzung am 27. Februar 2009 (DÄ 2009 (Heft 12), A-576) hat der Bewertungsausschuss mit Beschluss in seiner 180. Sitzung am 20. April 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Regelungen zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A "Änderung des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄ 2009 (Heft 19), A-942, im Folgenden: B180A) mit Wirkung zum 01. Juli 2009 – sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 2. Quartal unter Vorbehalt zugewiesen wurden, können die nachfolgend angekündigten Maßnahmen in dem betroffenen KV-Bezirk auf Beschluss der Partner der Gesamtverträge bereits mit Wirkung zum 1. April 2009 in Kraft gesetzt werden; in diesem Fall sind die Berechnungen und Anpassungen von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen auf die Abrechnungen des 2., 3. und 4. Quartals 2008 aufzusetzen (Fußnote 1 B180A) – Anpassungen der im EB7F getroffenen Regelungen vorgenommen, die für vorliegenden Rechtsfall aber ohne Auswirkungen sind.
Auf der Grundlage dieser Regelungen im SGB V und des Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses haben die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen einen Honorarvertrag vom 13.12.2008 für die Zeit ab 01.01.2009 geschlossen (im Folgenden: HVV). In Abschnitt II HVV werden auf der Grundlage des EB7F, B164B und EB8II (Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008 zur Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sowie zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A, DÄBl. 2008 (Heft 4), A 2602) weitgehend wortgleich die Regelungen des EB7F mit den Änderungen durch den B164B übernommen.
Nr. 3.4 HVV ergänzt Nr. 3.4 EB7F "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" durch weitere Ausnahmemöglichkeiten. Über die Regelungen in Nr. 3.4 EB7F hinaus kann auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden (Nr. 3.4 Satz 3 HVV). Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen kann außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen (Nr. 3.4 Satz 4 HVV). Die weitere Regelung, dass dies insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliegt (Nr. 3.4 Satz 5 HVV), greift die Regelung in Nr. 3.6 Satz 2 EB7F auf.
Soweit Nr. 3.4 Satz 5 HVV i.V.m. Nr. 3.4 Satz 4 HVV den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung ermächtigt, ist dies nicht zu beanstanden. Der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung kann zu konkretisierenden Regelungen und Einzelfallentscheidungen, insbesondere zur Beurteilung der Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen, ermächtigt werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 18; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - juris Rdnr. 14, jeweils m.w.N.).
Die Beklagte hat hierzu ferner durch Beschluss des Vorstands vom 19.01.2009 Prüfkriterien entwickelt, die Grundlage der Prüfung in den streitgegenständlichen Bescheiden war und in ihnen im Einzelnen dargestellt sind. Diese Prüfkriterien hat sie mit Beschluss des Vorstandes vom 14.02.2011 dahingehend geändert, dass für die Quartale I/09 bis II/10 die Ermittlung des praxisindividuellen Fallwertes nicht im entsprechenden Bezugsquartal des Jahres 2008 erfolgt, sondern im aktuellen Quartal. Grundsätzlich hält die Kammer den Vorstand für berechtigt, norminterpretierende und ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Soweit bei der Frage der Wahl des Aufsatzquartals ein Gestaltungsspielraum besteht, kommt diese Kompetenz dem Bewertungsausschuss zu, der sie im Rahmen seiner Delegationsbefugnis dann möglicherweise an die Vertragsparteien des HVV delegieren kann. Dem Vorstand selbst kommt eine solche Kompetenz nicht zu. Die für die Honorarverteilung wesentlichen Grundsätze müssen im HVV selbst geregelt werden und dürfen nicht dem Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung im Wege von Einzelfallentscheidungen überlassen bleiben. Andernfalls würde es zu einer dem Gesetz widersprechenden Kompetenzverlagerung zum Vorstand sowie zum Unterlaufen der Einbeziehung der Krankenkassen in die Honorarverteilung kommen. Dies gilt erst recht seit der ab dem Jahre 2004 vorgeschriebenen vertraglichen Vereinbarung des HVV zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Verbänden der Krankenkassen (vgl. BSG, Urt. v. 03.02.2010 - B 6 KA 1/09 R - SozR 4 2500 § 85 Nr. 50 = MedR 2010, 809 = USK 2010-53, juris Rdnr. 26 f.). Die Bezugnahme auf das aktuelle Quartal ist daher nur dann rechtmäßig, wenn sie bereits in der Vorgabe des Bewertungsausschusses bzw. des HVV enthalten ist. Hierfür spricht der Umstand, dass die Praxisbesonderheit im jeweils aktuellen Quartal vorliegen muss. Ziff. 3.6 EB7F enthält insoweit keine anderslautende Regelung. Diese Frage kann hier letztlich dahinstehen, da die Klägerin in jedem Fall nicht die Anforderungen für eine Sonderregelung erfüllt.
Nicht zu beanstanden ist aber die Vorgehensweise der Beklagten, in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die arztindividuellen Fallwerte den RLV-Fallwert um 30% überschreiten. Hierbei handelt es sich um ein bloßes Aufgreifkriterium, da Praxisbesonderheiten unterhalb der 30 %-Grenze nicht zwingend zu einer Erhöhung der Fallwerte führen müssen und Praxisbesonderheiten unterhalb der 30 %-Grenze nur in besonderen Ausnahmefällen, bei Hinzutreten weiterer Umstände, die vorliegend nicht ersichtlich sind, die Beklagte zu einer weitergehenden Einzelfallprüfung verpflichten können. Nach Nr. 4 EB10A können die Partner der Gesamtverträge aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung eine von der 30 %-Grenze abweichende Regelung treffen. Soweit es sich um Einzelfallentscheidungen handelt, kann dies dem Vorstand überlassen werden. Insofern beschränkt Nr. 3.4 Satz 5 HVV auch die Befugnis des Vorstands nicht auf die 30 %-Grenze. Eine weitergehende Ermessensausübung kann aber nur verlangt werden, wenn besondere Gründe der Sicherstellung vorliegen. Nicht jede Abweichung vom Regelfallwert oder Anerkennung einer Praxisbesonderheit muss zu einer Sonderregelung führen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt es zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen. Die Überschreitung des praxisindividuellen Regelleistungsvolumens muss darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM. Mit dem Regelleistungsvolumen soll nicht ein eingeschränktes, sondern ein umfassendes Leistungsprofil abgebildet werden. Es würde dem Konzept des Regelleistungsvolumens mit seiner Anknüpfung an fachgruppenbezogene Durchschnittswerte, die alle fachgruppentypischen Leistungen abbilden, widersprechen, wenn ein Teil der Fachgruppe ausschließlich die niedriger bewerteten Leistungen erbringt und abrechnet, während ein anderer Teil ausschließlich die hoch bewerteten Leistungen erbringt und abrechnet und dafür eine individuelle Erhöhung des Regelleistungsvolumens erhalten würde (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 21 f.; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - a.a.O. Rdnr. 17 f., jeweils m.w.N.). Diese zu den Praxisbudgets und den in den Quartalen II/05 bis IV/08 geltenden Regelleistungsvolumina entwickelte Rechtsprechung ist auch auf das ab dem Quartal I/09 geltende Regelwerk anzuwenden (vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R - a.a.O. Rdnr. 31; BSG, Urt. v. 29.06.2011 - B 6 KA 20/10 R - a.a.O. Rdnr. 22).
Die allergologischen Leistungen werden zwar im EBM als arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen geführt, gehören aber für die Fachgruppe der Klägerin als Hautärztin zu den fachgruppentypischen Leistungen, da sie mit Ausnahme der Nr. 30120 EBM von nahezu allen Fachärzten der Fachgruppe erbracht werden. Von daher ist es unerheblich, in welchem Umfang diese Leistungen von den einzelnen Ärzten erbracht werden.
Insofern erreicht die Klägerin auch nicht annähernd die 30 %-Grenze selbst unter Zusammenrechnung der verbliebenen Leistung nach Nr. 30120 EBM mit der von ihr geltend gemachten Praxisbesonderheit Onkologie, so dass dahingestellt bleiben kann, ob die Bereiche getrennt oder zusammen zu berücksichtigen sind.
Soweit die Klägerin rügt, der Fallwert liege auch teilweise unter den Grundpauschalen, weshalb der EBM nicht mehr das wertmäßige, in Punkte ausgedrückte Verhältnis der Leistungen zueinander ausdrücke, war dem nicht zu folgen.
Steuerungsmaßnahmen können im Ergebnis eine Veränderung der EBM-Bewertung herbeiführen. Eine solche Veränderung geht z. B. mit der Bildung von Honorartöpfen mit unterschiedlichen Punktwerten einher, die bisher von der Rechtsprechung als zulässig angesehen worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.1996 - 6 RKa 68/94 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 77, 288 = USK 9686 = NZS 1996, 636 = MedR 1997, 40 = NJW 1997, 822, juris Rdnr. 18 ff.; BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 51/97 R - USK 99101, juris Rdnr. 14 m.w.N.). Folge einer arztgruppenbezogenen Honorarverteilung ist, dass dies zu unterschiedlichen Punktwerten für dieselbe Leistung bei verschiedenen Arztgruppen führen kann, was grundsätzlich hinzunehmen ist (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.1996 - 6 RKa 61/94 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 10 = BSGE 77, 279 = Breith 1997, 175 = USK 9688, juris Rdnr. 22 m.w.N.). Das Bundessozialgericht hat zunächst als Begrenzung eines Punktwertverfalls für Honorartöpfe, die für Leistungen gebildet werden, die Ärzte nur auf Überweisung hin erbringen können und bei denen ihnen eine Mitverantwortung für eine Mengenausweitung und damit ein Punktwertabfall nicht zugerechnet werden kann, entwickelt, dass im Regelfall Anlass zur Korrektur der Honorarverteilung besteht, wenn der Punktwert der aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen um 15 % oder mehr niedriger ist als der Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen (vgl. BSG, Urt. v. 09.09.1998 - B 6 KA 55/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 26 = BSGE 83, 1 = NZS 1999, 366 = Breith 1999, 755 = MedR 2000, 150 = USK 98175, juris Rdnr. 17). Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind gehalten, korrigierend einzugreifen, wenn bei festen Honorarkontingenten, die für verschiedene Leistungsbereiche gebildet werden, die Punktwerte einer Arztgruppe für eine längere Zeit um 15 % oder mehr hinter dem Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen zurückbleiben. Dies gilt aber nur, wenn die Ärzte dafür nicht verantwortlich sind, vielmehr z.B. eine Mengenausweitung auf Grund vermehrter Überweisungen durch andere Vertragsärzte vorliegt. Dabei darf die Kassenärztliche Vereinigung eine gewisse Zeit abwarten und beobachten und muss nur reagieren, wenn vom Umsatz her wesentliche Leistungsbereiche einer Arztgruppe betroffen sind (vgl. BSG, Urt. v. 28.01.2004 - B 6 KA 52/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 8 = BSGE 92, 87 = MedR 2004, 396 = Breith 2004, 827 = USK 2004-121, juris Rdnr. 47). Hieraus hat das Bundessozialgericht generell eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht entwickelt, die eine Verpflichtung zum Eingreifen begründet, wenn sich bei einer Arztgruppe ein honorarmindernd wirkender dauerhafter Punktwertabfall von mehr als 15 % unter das sonstige Durchschnittsniveau ergibt, von dem Punktwertabfall ein wesentlicher Leistungsbereich betroffen ist, die dem Punktwertabfall zugrunde liegende Mengenausweitung nicht von der Arztgruppe selbst zu verantworten ist und die Honorarrückgänge in dem wesentlichen Leistungsbereich nicht durch andere Effekte kompensiert werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 43/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 40 USK 2007-78, juris Rdnr. 20; BSG, Beschl. v. 17.09.2008 - B 6 KA 62/07 B -, juris Rdnr. 10).
Unter Maßgabe fester Punktwerte innerhalb eines Regelleistungsvolumens kann ein "Punktwertverfall" nur noch indirekt eintreten, wenn der Umfang des Regelleistungsvolumens nicht mehr die erforderliche Leistungserbringung abdeckt und damit faktisch zu einer tatsächlichen Leistungsabwertung führt, da ein Großteil der Leistungen nur noch zum sog. unteren Punktwert bzw. einer Restvergütungsquote vergütet werden kann. Dies kann dann z. B. der Fall sein, wenn die Grundpauschale, die fast in jedem Behandlungsfall anfällt, unterhalb des für das Regelleistungsvolumen maßgebenden Fallwerts liegt. Ursache hierfür kann u. a. sein, dass ein Vorwegabzug von Leistungen mit festen Punktwerten erfolgt, so dass der Umfang der Leistungen, die bei der Ermittlung der Regelleistungsvolumina von Bedeutung sind, abnimmt, was mit einer Verkleinerung der Regelleistungsvolumina einhergeht. Im Anschluss an die Entscheidung der 11. Kammer hält die Kammer diese Regelungen im EB7F wenigstens im Sinne einer Anfangs- und Erprobungsregelung für rechtmäßig (vgl. SG Marburg, Urt. v. 06.10.2010 S 11 KA 340/09 - juris Rdnr. 145 ff.).
Bei Beurteilung eines indirekten "Punktwertverfall" können daher die Maßstäbe der Rechtsprechung zur Stützungsverpflichtung bei einem Punktwertabfall aufgrund arztgruppenspezifischer Vergütungssysteme als Ansatzpunkt herangezogen werden. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass die Grundpauschale (Ziff. 10210 bis 10212 EBM 2009) nur teilweise über dem Fallwert für die Regelleistungsvolumina liegt. Die Grundpauschale beträgt für die Altersgruppe bis 5. Lebensjahr 12,78 EUR, 6. bis 59. Lebensjahr 13,83 EUR und ab dem 60. Lebensjahr 15,40 EUR. Demgegenüber beträgt der Fallwert für die Regelleistungsvolumina 14,92 EUR bzw. 13,50 EUR. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass es sich bei den Fallwerten für die Regelleistungsvolumina um einen gemittelten Wert für alle Altersgruppen handelt und dass die Grundpauschale für die Altersgruppe 6. bis 59. Lebensjahr im Quartal III/09 nur über 2 % über dem Fallwert liegt und die Grundpauschale für die Altersgruppe ab dem 60. Lebensjahr im Quartal II/09 um 3 % und im Quartal III/09 um 11 % darüber liegt. Ferner beträgt die Vergütung, die das Regelleistungsvolumen betrifft, mit 28.871,70 EUR im Quartal II/09 nur einen Anteil von 58,7 % und mit 26.334,21 EUR im Quartal III/09 nur einen Anteil von 54,4 % am Bruttohonorar für die beiden Kassenbereiche. Auch hierauf ist maßgeblich abzustellen, da eine Arztpraxis gerade bei einem hohen Anteil an Leistungen außerhalb des Regelleistungsvolumens (insb. übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (MGV) und Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung (AMG)) von den Vorgaben profitiert, die dann wiederum zur Senkung des Regelleistungsvolumens führen. Auch in der Gesamtschau der Vergütungsanteile ist daher nicht zu beanstanden, dass der Fallwert für das Regelleistungsvolumen z. T. unter die Grundpauschale abfällt.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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