L 2 AS 20/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AS 1002/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 20/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007. Insbesondere besteht Streit darüber, ob der Kläger in der von ihm angemieteten Wohnung gewohnt hat oder in einer anderen Wohnung zusammen mit einer möglichen Lebenspartnerin (der Zeugin M. G.) und ob stattdessen der Sohn von dieser möglichen Lebenspartnerin (der Zeuge M. G.) in der vom Kläger angemieteten Wohnung gewohnt hat.

Der am ... 1949 geborene, seit 1986 geschiedene Kläger bezog seit Anfang 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von der Arbeitsgemeinschaft SGB II Halle GmbH (ARGE), der Rechtsvorgängerin des Beklagten. Zuvor erhielt er Arbeitslosenhilfe von der Bundesagentur für Arbeit und ergänzend Sozialhilfe von der Stadt H. – Fachbereich Soziales – (künftig: Sozialamt).

Beim Arbeitsamt gab der Kläger durchgehend an, nicht mit einer Partnerin in einer Haushaltsgemeinschaft zu wohnen.

Am 19. Mai 2000 bestimmte der Kläger, dass seine Arbeitslosenhilfe auf das Konto von der Zeugin G. gezahlt werden solle, da ihm kein eigenes Konto eingerichtet werde. Die Zeugin G. bestätigte, dass sie ihm das Geld zur Verfügung stelle (Bl. 526 VA). Die betreffende Kontonummer gab der Kläger dann zunächst auch bei den Folgeanträgen als Bankverbindung an.

Im Mai 2003 teilte der Kläger mit, dass er das Geld nun "postbar" vom Arbeitsamt erhalten wolle, weil das Konto der Zeugin G. gepfändet bzw. gesperrt worden sei.

Der Kläger legte ein Schreiben der P-bank vom 24. Februar 2004 vor, wonach ihm wegen einer negativen SCHUFA-Auskunft kein Girokonto zur Verfügung gestellt werde. Bei einem Einschreibebrief (im August 2004) im Rahmen des Antrages des Klägers auf Erstattung von Kosten für ein Widerspruchsverfahren (wobei als Anschrift D.-straße 15 angegeben war) war auf dem Rückschein als Rücksendeadresse die Adresse der Zeugin G., D.-straße 12, angegeben. Für weitere Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Bundesagentur für Arbeit verwiesen.

Beim Sozialamt stellte der Kläger am 11. August 1997 einen Antrag auf Sozialhilfe. Hierbei gab er die Zeugin G. unter der Rubrik "Ehegatte" an und legte einen gemeinsam unterzeichneten Mietvertrag für eine 3-Zimmer-Wohnung an der M. 49 in H. (Mietbeginn 22. Juli 1997) vor. Im Bewilligungsbescheid berücksichtigte das Sozialamt die Einkünfte der Zeugin G. (Unterhaltsgeld + Witwenrente) und bewilligte dem Kläger und der Zeugin G. nur den dann noch nicht gedeckten Bedarf. In seinem Widerspruch legte der Kläger dar, dass er mit der Zeugin G. nur eine Wohngemeinschaft und nicht eine Lebensgemeinschaft begründet habe und dass die Zeugin erst zum 1. Januar 1998 eingezogen sei. Das Sozialamt änderte die Bewilligung für den Kläger entsprechend ab.

Für weitere Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte des Sozialamtes verwiesen.

Der Kläger war vom 1. März 2003 bis 5. April 2004 in der D-straße 12 gemeldet, ebenso wie die Zeugin M. G., die am ... 1952 geboren ist. Zuvor war der Antragsteller schon mit fünf anderen Wohnungsanschriften zeitweilig gleichzeitig mit der Zeugin G. unter derselben Anschrift gemeldet:

C. Straße 21 in H. vom 1. Januar 1994 bis 1. Juli 1995,

(danach verzog der Kläger bis zum 1. Januar 1996 allein nach Schäbisch Hall)

An der M. 49 in H. vom 15. Dezember 1997 bis 1. Februar 1998,

Z. Straße. 35 in H. von 28. August 2000 bis 31. Juli 2001,

B-straße 1 in D. von Februar 2002 bis August 2002 und

Z. Straße 28 in H. von 17. August 2002 bis 24. Februar 2003. (der Kläger wurde während dieser Zeit bei den Behörden (LVA, BA) mit dem Zusatz "bei G." geführt).

Auch der am ... 1973 geborene Sohn der Zeugin G., der Zeuge M. G., wohnte nach den Meldungen beim Einwohnermeldeamt zeitweilig in der C. Straße 21, in der Z. Straße 35 und in der B-straße 1 in D. gleichzeitig mit dem Kläger und seiner Mutter. Für weitere Einzelheiten der einzelnen Wohnanschriften wird auf Aufstellungen Bl. 162 ff der Verwaltungsakte verwiesen.

Der Kläger meldete sich zum 5. April 2004 beim Einwohnermeldeamt in die D-straße 15 um. Zugleich legte er beim Sozialamt einen Nutzungsvertrag als Genossenschaftsmitglied über eine Zwei-Zimmer-Wohnung (Parterre Mitte) mit einer Wohnfläche von 48 qm und einer Grundnutzungsgebühr von 238,08 EUR, Betriebskosten von 44,16 EUR und Vorauszahlung für warme Betriebskosten von 25,44 EUR vor. Er beantragte bei dem Sozialamt eine Erstausstattung (Kochplatte, Küchengeräte, Küchenmöbel, Mischbatterie, Siffon, Kleiderschrank, Bettwäsche, Gardinen, Garderobe, Fußbodenbelag usw.) für seine neue Wohnung in der D-straße 15. Diese bewilligte ihm das Sozialamt, da er bei seiner Lebensgefährtin ausgezogen sei. Nach Vorlage des Nachweises eines Defektes am Kühlschrank bewilligte die Behörde dem Kläger mit Bescheid vom 19. Juli 2004 eine Beihilfe in Höhe von 153 EUR zur Anschaffung eines Kühlschrankes. Das Sozialamt bewilligte ihm auch eine Beihilfe zur Anschaffung eines Fernsehers in Höhe von 130 EUR, da er nach seinen Angaben den alten Fernseher der Zeugin G. überlassen habe (Bescheid vom 31. August 2004). Im Oktober 2004 reichte der Kläger bei dem Sozialamt eine Quittung über einen Änderungsauftrag zur Kürzung von zwei Hosen ein. Als Auftraggeber war die Zeugin G., D-straße 12 aufgeführt. Bei einem Hausbesuch durch Mitarbeiter des Sozialamtes am 18. Oktober 2004 meldete sich nach dem Klingeln eine Männerstimmer an der Sprechanlage und die Haustür wurde geöffnet, die Wohnungstür blieb aber geschlossen und nach Klopfen und erneutem Klingeln erfolgte keine Reaktion (Protokoll vom 18. Oktober 2004). Der Hausbesuch wurde später erfolgreich durchgeführt und es wurde geprüft, ob und inwieweit eine Beihilfe für einen Teppichboden zu gewähren ist.

Am 9. November 2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei der ARGE. Er gab an, allein in der Wohnung in der D-straße 15 zu wohnen. Die ARGE bewilligte ihm Arbeitslosengeld II (Alg II) ohne Anrechnung von Einkommen als Alleinstehender mit den Kosten der Unterkunft für die Wohnung in der D-straße 15 bis zum 30. Juni 2006. Nach einem Aktenvermerk über den Leistungsfall des Zeugen M. G. erschien dieser am 7. Dezember 2004 im Bereich der Arbeitsvermittlung in Begleitung des Klägers, wozu der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin der ARGE den Klammerzusatz ("Lebensgefährte der Mutter des Kd.) hinzufügte. Am 8. März 2006 bewilligte die ARGE dem Kläger auf seinen Antrag ein Darlehen zur Anschaffung eines Fernsehers in Höhe von 222 EUR und einer Waschmaschine in Höhe von 280 EUR. Der Bescheid erging unter der Auflage des Nachweises der zweckentsprechenden Verwendung.

Mit Bescheid vom 29. Juni 2006 bewilligte die ARGE dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2006 in Höhe von monatlich 688,65 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 24. Juli 2006 berücksichtigte die ARGE die erhöhte Miete ab 1. August 2006 in Höhe von 331,95 EUR (Grundnutzungsgebühr 238,08 EUR, kalte Betriebskosten 49,96 EUR und warme Betriebskosten 43,91 EUR) und bewilligte dem Kläger für August 2006 Leistungen in Höhe von 817,08 EUR und für September 2006 bis zum 31. Dezember 2006 in Höhe von 699,73 EUR. Für August 2006 berücksichtigte sie noch eine Betriebskostennachzahlung, welche in diesem Monat für die Abrechnung des Jahres 2005 fällig war. Die Leistungen für September 2006 bis zum 31. Dezember 2006 setzten sich wie folgt zusammen: Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR, Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 30,68 EUR und anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 324,05 EUR.

Der Kläger stellte am 17. Juli 2006 bei der ARGE einen Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Kühlschrank und einen E-Herd auf Darlehensbasis, da diese Dinge in seinem Haushalt defekt seien. Außerdem beantragte er Kosten für Malerbedarf, da in seinem Haushalt "gemalert" werden müsse. Am 18. Juli 2006 fand diesbezüglich ein Hausbesuch bei dem Kläger in der D-straße 15 statt. Angetroffen wurde in der Wohnung der Zeuge M. G., der den Kläger erst aus der Wohnung in der D-straße 12 bei der Zeugin G. holen musste. In der Wohnung fanden sich Bilder (Fotos) einer jungen Frau in unterschiedlicher Größe und Gestaltung. In der Anbauwand befanden sich mehrere Aktenordner mit persönlichen Unterlagen des Zeugen M. G ... Weiter notierten die Ermittler wörtlich folgende Umstände:

"Es ist zusätzlich aus folgenden Gründen ausschließlich anzuzweifeln, dass Herr E. diese Wohnung bewohnt: jugendlicher Einrichtungsstil in der ges. Wohnung (o. g. Bilder evtl. die Freundin des Hr. G., nur DVDs in der Anbauwand, ein Wandbild der Gruppe "Kora" (in Wirklichkeit "Korn"), in der Küche herausragende Essplatte mit hohen Barhockern (würde Herr E. nie hoch kommen), moderne Rucksäcke und nur Sportschuhe (Hr. E. trug normale Herrenschuhe) im Flur, Schlüssel mit langen Schlüsselbändern, Aktfoto über dem Bett (dieses anscheinend die Freundin des o.g.)". Den Fernseher schätzten die Ermittler nicht als neues Gerät ein. Als angeschaffte Waschmaschine zeigte der Kläger - nach kurzem Zögern - eine Waschmaschine des Typs Elektrolux EWF 1225 im Waschkeller. Aufgrund mangelnden eigenen Kontos soll der Kaufvertrag durch einen Herrn K. über Quelle finanziert worden sein. Den Mietvertrag holte die Zeugin G. aus der Wohnung in der D-straße 12. Nach Angaben des Klägers habe sie einen funktionierenden Computer, wo er Sachen aus dem Mietvertrag eingeben wollte. In der Wohnung D-straße 15 befand sich ein in Betrieb befindlicher Computer. Der Kläger legte auf Anforderung für die von ihm darlehensweise bewilligten Mittel für eine Waschmaschine eine Rechnung über die Anschaffung einer Waschmaschine WVA Classic 3822 von der Firma Q. vor. Die Rechnung vom 13. März 2006 war adressiert an Herrn H. K., D-straße 12.

Die ARGE führte am 28. Juli 2006 einen erneuten Hausbesuch und eine Befragung von Hausbewohnern in der D-straße 15 durch. Danach hätten zwei Hausbewohner ausgesagt, dass Herr E. ein jüngerer Mann von ca. 30 Jahren sei, eine normale Statur habe und seit 1,5 Jahren in der Wohnung wohne. Der dort Wohnhafte könne nicht der Kläger sein, weil der Kläger untersetzt sei und erheblich älter. Beim Hausbesuch in der D-straße 12 bei der Zeugin M. G. sei der Kläger in Strümpfen und kurzer Freizeitbekleidung an die Hauseingangstür gekommen und habe erklärte, dass die Zeugin G. gerade außer Haus gegangen sei. Einen Beleg für den Kauf des Fernsehers könne er jetzt nicht vorlegen, da er sich aus seiner Wohnung ausgeschlossen habe und warten müsse, bis die Zeugin G. zurückkomme. Für weitere Einzelheiten wird auf das Protokoll Bl. 6 und 7 der gemeinsamen Verwaltungsakte von dem Kläger und der Zeugin G. verwiesen.

Mit zwei Schreiben vom 23. August 2006 hörte die ARGE den Kläger und die Zeugin G. dazu an, dass ihnen möglicherweise zu Unrecht Leistungen gezahlt worden seien und führte weiter aus: So befinde sich nach ihren Ermittlungen in der Wohnung von der Zeugin G. in der D-straße 12 der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers. Nach Auskunft der Wohnungsgenossenschaft des Klägers sei bei der WG über einen Untermietvertrag sowohl in der Wohnung der Zeugin G. in der D-straße 12 als auch in der Wohnung, über die ein Vertrag mit dem Kläger besteht, in der D-straße 15 nichts bekannt. Ein Untermietvertrag sei grundsätzlich bei der GWG nicht zugelassen. Der Zeuge M. G. sei bei der Zeugin M. G. in der D-straße 12 gemeldet gewesen. Der Kläger erklärte zu der Anhörung zur geplanten teilweisen Aufhebung der Leistungen: Es handele sich um einen Grundrechtseingriff. Der Verwaltungsakt solle nur zur Kostenersparnis bei der ARGE führen. Es gäbe keine richterliche Verfügung, dass er sich in seiner Wohnung aufzuhalten habe und mit der Zeugin G. keinen Kaffee trinken dürfe, was man auch als Sex bezeichnen könne. Die Zeugin G. verwies ebenfalls auf einen Grundrechtseingriff. Ein intimes Verhältnis rechtfertige noch nicht von einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen. Sie müsse mit ihrem Sohn eine Bedarfsgemeinschaft bilden, da er von der ARGE keine Möbel bekomme.

Mit Änderungsbescheid vom 23. August 2006 bewilligte die ARGE dem Kläger für den Zeitraum 1. September 2006 bis 31. Dezember 2006 Leistungen in Höhe von 669,05 EUR monatlich. Hierbei berücksichtigte sie keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung mehr. Hiergegen legte der Kläger am 29. August 2006 Widerspruch ein und legte ein ärztliches Attest zur Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung von DM D., Praktischer Arzt und Sportarzt aus H., vor. Danach sei der Kläger wegen Diabetes, Hypertonie, Gicht, Alkoholabusus und Adipositas (96 kg bei 164 cm Körpergröße) seit 2003 bei ihm in Behandlung und es werde ihm für die Dauer von 12 Monaten purinreduzierte Kost wegen Hyperurikämie und Gicht sowie Diabeteskost wegen Diabetes mellitus Typ IIa und natriumdefinierter Kost wegen Hypertonie bescheinigt. Mit Bescheid vom 31. August 2006 bewilligte die ARGE dem Kläger wieder Leistungen in der früher bewilligten Höhe von 699,73 EUR monatlich für den Zeitraum 1. September 2006 bis 31. Dezember 2006 unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung.

Der Kläger errichtete im August 2006 ein privates Girokonto bei der P-bank. Für den maßgeblichen Zeitraum von Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2006 erhielten auch die Zeugin M. G. und der Zeuge M. G. Alg II von der ARGE. Hierbei ging die ARGE davon aus, dass beide in der D-straße 12 wohnen würden. Der Zeuge G. hatte bei allen Anträgen usw. die D-straße 12 als seine Anschrift angegeben.

Mit Änderungsbescheid vom 21. September 2006 bewilligte die ARGE dem Kläger und der Zeugin M. G. als Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. Dezember 2006 nur noch in Höhe von monatlich insgesamt von 549,27 EUR. Hierbei berücksichtigte sie Kosten der Unterkunft für die Wohnung in der D-straße 12 in Höhe von 361,19 EUR abzüglich von 13,09 EUR für die Warmwassererwärmung. Die Miete für die Wohnung D-straße 12 werde in voller Höhe von 361,19 EUR unter Einschluss der Warmwasserpauschale an die GWG E. Sch. überwiesen. Dadurch mindere sich der Auszahlungsbetrag an den Kläger und die Zeugin G. um 13,09 EUR. Die bisherigen Bescheide würden aufgehoben. Zur Begründung führte die ARGE aus: Der Kläger und die Zeugin G. bildeten nach den vorliegenden Erkenntnissen (Bericht des Außendienstes und Aussagen von Nachbarn) eine Bedarfsgemeinschaft in der D-straße 12. Der Kläger halte sich ständig in der von der Zeugin G. gemieteten Wohnung auf und habe alle persönlichen Sachen, wichtige Unterlagen und Nachweise dort deponiert. Die beiden stünden füreinander ein, er verträte sie in Behördenangelegenheiten und bei offiziellen Terminen. Die Geräte (Fernseher und Waschmaschine), für die der Kläger von der ARGE ein Darlehen erhalten habe, seien offensichtlich in der Wohnung der Zeugin G. untergebracht und würden gemeinsam genutzt. Die vom Kläger angemietete Wohnung werde ausschließlich von dem Zeugen M. G. genutzt, dies belegten die Ausstattung und Einrichtung der Wohnung sowie die Aussagen von Hausbewohnern. Finanziell wirke sich diese Entscheidung nur insoweit aus, dass eine Reduzierung der Regelleistung auf 90 % erfolge. Damit bei dem Kläger bzw. dem jeweiligen Nutzer keine Mietschulden aufliefen und dem Vermieter kein finanzieller Schaden entstehe, überweise sie die Kosten für die Wohnung in der D-straße 15 wie bisher direkt an den Vermieter. Hierüber sei der tatsächliche Nutzer, der Zeuge G., informiert. Es bedürfe aber einer vertraglichen Änderung des Mietvertrages mit einer Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten. Eine Weiterzahlung der KdU ohne zahlungsbegründende Unterlagen über den 30. November 2006 hinaus für eine nicht zweckentsprechend genutzte Wohnung sei ausgeschlossen. Gegen diesen Bescheid erhoben der Kläger und die Zeugin M. G. Widerspruch.

Die ARGE zahlte auch die Miete für die von dem Kläger "gemietete" aber nach ihrer Ansicht nicht bewohnte Wohnung in der D-straße 15 für eine Übergangszeit von drei Monaten (Oktober bis Dezember 2006) direkt an die GWG, weil sie auch die Kosten der Unterkunft für den Zeugen M. G. zu tragen habe, der nach ihrer Ansicht tatsächlich die Wohnung nutzte. Der Zeuge G. wurde von der ARGE aufgefordert, einen Mietvertrag für die Wohnung D-straße 15 vorzulegen.

Im Wege des Eilrechtsschutzes beim SG hat der Kläger die Verpflichtung der ARGE erreicht, ihm vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache ab Januar 2007 Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der D-straße 15 zu zahlen (Beschluss vom 13. März 2007, Az S 14 AS 2342/06 ER). In dem betreffenden Verfahren wurden Fotos der Wohnung mit der von der Beklagten als "jugendlichen Einrichtungsstil" bezeichneten Einrichtung (Fotos einer jungen Frau an den Wänden, rot gestrichene Wände, Bilder von Rennwagen und Motorrädern an den Wänden, Poster der Rockgruppe "Korn", halbhohe Barhocker, eingerichtet Küche mit Oberschränken usw.) vorgelegt. Darauf ist auch ein Kratzbaum für eine Katze und ein grüner Schuhschrank zu sehen. Hierfür wird auf Bl. 68 bis 73 der betreffenden beigezogenen Gerichtsakte verwiesen.

Am 6. Oktober 2006 zeigte der Kläger eine Veränderung der Verhältnisse bei der ARGE an. Ab dem 28. September 2006 sei der Zeuge M. G. bei ihm eingezogen. Der Änderungsmitteilung war eine Ummeldebestätigung der Stadt H. für den Zeugen M. G. beigefügt. Die Zeugin G. meldete entsprechend, dass ihr Sohn bei ihr ausgezogen sei.

Am 18. Oktober 2006 führten die Mitarbeiter der ARGE einen erneuten Hausbesuch durch und vermerkten hierzu in ihrem Protokoll: " Der Briefkasten ist mit J. E. und jetzt mit M. G. beschriftet. An der Klingel stand nur der Name E ... Die Jalousetten der Wohnung waren heruntergelassen. Auf Klingeln an der Hauseingangstür wurde nicht reagiert. Daraufhin sei der Nachbar, der Zeuge K., zum Bewohner befragt worden. Laut seiner Aussage solle die Wohnung nur von Herrn E., einem jüngerem Mann, bewohnt sein. Von einem Zuzug einer weiteren Person sei ihm nichts bekannt und er habe keinen Transport von Möbeln gesehen.

Am 22. Oktober 2006 erklärte die Zeugin G. gegenüber der ARGE, dass etwaige dem Kläger früher eingeräumte Vollmachten für ihr Konto ungültig seien.

Mit Bescheid vom 8. November 2006 änderte die ARGE nur die Bankverbindung des Klägers (eigenes Girokonto bei der P-bank) bei unveränderter Leistungshöhe für Oktober bis Dezember 2006. Die ARGE bewilligte mit Bescheid vom 14. Dezember 2006 dem Kläger und der Zeugin G. für die Monate 1. Januar bis 31. März 2007 Leistungen in Höhe von insgesamt 549,27 EUR (Eingang Fortzahlungsantrag der Zeugin G. am 15. Dezember 2006). Die Entscheidung über die Bewilligung der vollen Kosten der Unterkunft erfolgte unter Vorbehalt des Widerrufs, da eine gerichtliche Entscheidung zur unwiderlegten Vermutung des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft noch nicht getroffen sei.

Am 2. Februar 2007 sprach der Zeuge M. G. bei der ARGE vor und begehrte einen Umzug in eine eigene Wohnung in die H.-S.-Straße 9 in H., was die ARGE genehmigte. Bei der ARGE meldete er die neue Anschrift ab dem 1. März 2007 als seinen neuen Wohnsitz an.

In Bezug auf die Berücksichtigung eines höheren Mehrbedarfs in Höhe von 51,13 EUR für Diabetes mellitus änderte die ARGE die Bewilligung für Oktober 2006 bis einschließlich März 2007 mit zwei Bescheiden vom 1. März 2007 ab und bewilligte für den betreffenden Zeitraum Leistungen in Höhe von insgesamt 569,72 EUR monatlich für den Kläger und die Zeugin G ... Diese Bescheide ergingen nicht unter einem Widerrufsvorbehalt. Die Neubescheidung erfolge, da ab dem 1. September 2006 für den Kläger ein Mehrbedarf in Höhe von 51,13 EUR für Diabetes mellitus Typ II anerkannt werde. Hierbei ging die ARGE von je 311 EUR Regelleistungen für den Kläger und die Zeugin G., einem Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung für den Kläger in Höhe von 51,13 EUR, und Kosten der Unterkunft jeweils in Höhe von 174,05 EUR bei dem Kläger und der Zeugin G. aus. Dem stand ein zu berücksichtigendes Einkommen der Zeugin G. in Höhe von 451,51 EUR (Witwenrente in Höhe von 481,51 EUR bereinigt um die Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR) gegenüber. Daraus ergab sich bei einer Verteilung des Gesamteinkommens für den Kläger ein monatlicher Einzelanspruch in Höhe von 299,12 EUR und für die Zeugin G. in Höhe von 270,60 EUR.

Mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 6. März 2007 wies die ARGE den Widerspruch des Klägers für die beiden Bewilligungszeiträume 1. Oktober 2006 bis 31. Dezember 2006 und 1. Januar 2007 bis 31. März 2007 im Übrigen zurück: Der Kläger und die Zeugin G. bildeten eine eheähnliche Gemeinschaft.

Hiergegen hat der Kläger jeweils am 22. März Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben (Az. für den Bewilligungsabschnitt 1. Januar 2007 bis 31. März 2007 S 14 AS 1012/07). Die Kammer hat die beiden Verfahren mit Beschluss vom 16. Juli 2007 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Der Kläger hat beantragt, ihm Alg II zzgl. der Kosten zum Lebensunterhalt für einen Alleinstehenden und mit eigenständiger Wohnung in der D-straße 15 zu gewähren. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er lebe nicht in einer Lebensgemeinschaft mit der Zeugin G. in der D.-straße 12, sondern er lebe in der D-straße 15.

Das SG hat nach einer Beweisaufnahme mit Vernehmung der Zeugen M. G., M. G., des ARGE-Mitarbeiters R. P. sowie anderer Mieter von Wohnungen in der D-straße: C. B., S. K., I. V., G. K. und H.-D. K. mit Urteil vom 18. Dezember 2007 die Klagen des Klägers betreffend den Zeitraum Oktober 2006 bis März 2007 zurückgewiesen: Die teilweise Aufhebung der Bewilligung für Oktober 2006 bis Dezember 2006 sei gerechtfertigt. Der Kläger habe nach der Überzeugung des Gerichts in einer Bedarfsgemeinschaft mit der Zeugin G. in der Wohnung D-straße gewohnt. Zwischen dem Kläger und der Zeugin G. habe eine Einstandsgemeinschaft bestanden. Die Kammer sei nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger trotz des offiziellen Umzuges in die D-straße 15 tatsächlich weiter in der D-straße 12 gemeinsam mit der Zeugin M. G. gewohnt habe. Demgegenüber habe die Wohnung in der D-strraße 15 ausschließlich der Zeuge M. G. genutzt. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er den ihn begünstigenden Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt habe und der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die er vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe.

Gegen dieses ihm am 21. Januar 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. Februar 2008 Berufung eingelegt: Die ARGE habe vorsätzlich unwahre Angaben in Bezug auf das Nutzungsverhältnis gemacht. Seine Nutzungsrechte an der Genossenschaftswohnung würden "ausgehebelt". Es könnte keine innerliche Bindung zu der Zeugin G. erzwungen werden und es dürfte auch keine "Umsiedelung" gegen seinen Willen in die D-straße 12 durchgeführt werden. Er habe sich damals, als er in die D-straße 15 zog, Möbel mit Hilfe des Sozialamtes angeschafft, teilweise habe er sich die Einrichtung auch selbst besorgt. Die jugendliche Einrichtung habe er von einem Bekannten erhalten. Als der Sohn der Zeugin G. in eine neue Wohnung gezogen sei, habe er ihm einen Teil der Einrichtung geschenkt. Der Zeuge G. habe nicht in der D-straße 15 gewohnt, er habe ihn nur mehrmals dort mit seiner Freundin übernachten lassen. Den Nachbarn sei der Zeuge G. auch deshalb bekannt gewesen, weil er ihm beim Umzug geholfen habe. Den Strom habe er im Februar 2007 unterbrochen, weil er ihn nicht habe bezahlen können. Er habe auch so dort leben können. Nachdem der Zeuge G. in eine andere Wohnung gezogen sei, habe es für eine Zeit so aussehen können, als ob die Wohnung in der D-straße 15 unbewohnt sei, er habe damals tagsüber auch wegen der starken Sonneneinwirkung die Rollos halb heruntergelassen; nachts habe er Beleuchtung durch die Straßenlaterne gehabt.

Die Beklagte hat erklärt, dass die vorläufig erbrachten Zahlungen für die Kosten der Unterkunft für die D-straße 15 für die Monate Januar und Februar 2007 (solange der Zeuge G. dort gewohnt habe) für endgültig erklärt würden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. Dezember 2007 aufzuheben und

den Bescheid der Arbeitsgemeinschaft SGB II H. GmbH vom 21. September 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2007 aufzuheben.

den Bescheid der Arbeitsgemeinschaft SGB II H. GmbH vom 14. Dezember 2006 in der Fassung des Bescheides vom 1. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Leistungen für 1. Januar bis 28. Februar 2007 unter Berücksichtigung eines vollen Regelsatzes und eines Mehrbedarfszuschlages für kostenaufwändige Ernährung ohne Anrechnung von Partnereinkommen unter Anrechnung erbrachter Leistungen zu zahlen und ihm weiter Leistungen für den Monat März 2007 in Höhe des vollen Regelbedarfs und des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung und der Kosten der Unterkunft und Heizung für die D-straße 15 unter Anrechnung erbrachter Leistungen zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für rechtmäßig.

Ab 26. Februar 2009 erhält der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung.

In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren L 2 B 111/08 AS ER, welches höhere Leistungen ab 1. Januar 2008 betraf, hat der Kläger Fotos der Wohnung in der D-straße 15 vorgelegt. Darauf ist eine andere Einrichtung und Einrichtungsstil als auf den früheren Fotos (S 14 AS 2342/06 ER) zu erkennen (keine Küchenoberschränke mehr, sondern eingepackte, nicht angeschlossene Wasch- oder Spülmaschine und Plastiktisch in der Küche, alter Sessel mit Tisch mit Wachstischdecke ohne Bilder an der Wand oder andere persönliche Gegenstände, alte Schreibmaschine, Fernseher, Boxen, keine rot gestrichene Wand usw.) Für weitere Einzelheiten wird auf die Fotos Bl. 105 -110 der beigezogenen Gerichtsakte L 2 B 111/08 AS ER verwiesen. Der Senat hat in dem betreffenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit Beschluss vom 16. Juni 2008 die Beschwerde gegen die Ablehnung der höheren Leistungen ab 1. Januar 2008 zurückgewiesen.

Die Zeugen M. G. und M. G. haben sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen, weil "in dieser Sache" noch ein Strafverfahren gegen sie laufe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Gerichtsakten vor dem SG zu den einstweiligen Rechtsschutzverfahren und Klageverfahren des SG mit den Aktenzeichen S 14 AS 2342/06 ER, S 14 AS 1012/07, S 14 AS 3532/07 ER, S 19 AS 3362/07, S 19 AS 3608/08 und S 19 AS 5421/08 ER nebst Beiakten sowie das Verfahren vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 2 B 111/08 AS ER verwiesen. Daneben haben die Verwaltungsakten der ARGE, des Sozialamtes und der Bundesagentur für Arbeit vorgelegen. Diese haben vorgelegen und sind vom Senat bei der Entscheidung berücksichtigt worden.

Entscheidungsgründe:

A

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

Es ist nach dem Klagebegehren auch die maßgebliche Beschwerdesumme von damals 500 EUR erreicht (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG i. d. F. bis 31. März 2008). Es waren jedenfalls drei Monatsmieten für Januar bis März 2007 in Höhe von jeweils über 300 EUR für die Wohnung D-straße 15 im Streit. Diese Kosten der Unterkunft hatte die ARGE bis dahin nur vorläufig bewilligt. Erst durch das Teilanerkenntnis im Termin vom 20. Juli 2011 hat der Beklagte die Bewilligung der Kosten der Unterkunft für die Monate Januar und Februar 2007 für endgültig erklärt. Die Miete ab Januar 2007 hatte die ARGE nur vorläufig gezahlt.

B

Die Berufung ist nicht begründet.

Der Kläger wendet sich für den Bewilligungszeitraum 1. Oktober 2010 bis 31. Dezember 2010 mit der Anfechtungsklage gegen die teilweise Aufhebung seiner Leistungsbewilligung. Für den Bewilligungszeitraum 1. Januar 2007 bis 31. März 2007 begehrt er von dem Beklagten höhere Leistungen im Wege der kombinierten Verpflichtungs- und Leistungsklage, wobei er für März 2007 auch die Zahlung von Kosten der Unterkunft für die Wohnung in der D-straße 15 erreichen möchte.

Weder hat die ARGE die Leistungen für Oktober 2006 bis Dezember 2006 zu Unrecht teilweise aufgehoben noch hat der Kläger einen höheren Leistungsanspruch für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. März 2007.

I.

Der Aufhebungsbescheid der ARGE vom 21. September 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2007 ist rechtmäßig. Die ARGE hat zu Recht die Bewilligung vom 29. Juni 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. Juli 2006 (bestätigt mit Bescheid vom 31. August 2006) von Alg II für Oktober 2006 bis Dezember 2006 in Höhe von 699,73 EUR monatlich teilweise für die Zukunft aufgehoben und dem Kläger für den betreffenden Zeitraum nur noch Leistungen in Höhe von 299,12 EUR monatlich bewilligt.

Rechtsgrundlage des Aufhebungsbescheides sind die §§ 45 des Sozialgesetzbuches – Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) i. V. m. § 40 SGB II. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet, soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn die Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die sie nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich die Begünstigte nicht berufen, wenn einer der Fälle des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Danach kann sich der Begünstigte u. a. auf Vertrauen nicht berufen wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) ist in diesem Fall der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

1.

Die Bewilligung vom 29. Juni 2006, in der Fassung vom 24. Juli 2006 ist rechtswidrig, denn die ARGE hatte dem Kläger zu hohe Leistungen bewilligt. Mit dem Bescheid vom 31. August 2006 hat die ARGE in der Sache nur die vorübergehende Herabsetzung mit dem Bescheid vom 23. August 2006 wieder aufgehoben, weshalb der Regelung keine weitergehende Bedeutung zukommt.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II erwerbsfähige Hilfebedürftige. Der Kläger war erwerbsfähig. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Dabei sind nach Abs. 2 der Vorschrift bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.

a)

Der Bedarf des Klägers betrug im fraglichen Zeitraum monatlich 486,00 EUR.

aa)

Die Höhe der Regelleistung richtet sich danach, ob zwei volljährige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft zusammenleben (§ 20 Abs. 3 SGB II) oder eine allein stehende Einzelperson Leistungen verlangt (§ 20 Abs. 2 SGB II). Der Kläger und die Zeugin G. bilden nach der Überzeugung des Senates im fraglichen Zeitraum eine solche Bedarfsgemeinschaft und lebten zusammen in der D-straße 12, weshalb die Regelleistung des Klägers 90 % der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II in der damaligen Fassung beträgt, also 311 EUR.

Zur Bedarfsgemeinschaft gehörten nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II i. d. Fassung ab 1. August 2006 als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.

(1)

Die Neufassung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II für den zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ab dem 1. August 2006 konkretisiert den früheren Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft und erweitert ihn auf gleichgeschlechtliche Partner, die füreinander einstehen. Kennzeichen einer eheähnlichen Gemeinschaft ist das Einstehen füreinander. Die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft ist gerechtfertigt, wenn die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Schon der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft war daher im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft auszulegen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG Urteil v. vom 17. November 1992 – 1 BvL 8/87BverfGE 87, 234, 264 f.) erkennt die Unterschiede zwischen Ehegatten und nicht ehelichen Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau darin, dass sich Ehegatten gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet sind und vermutet werden kann, dass die Unterhaltspflicht auch tatsächlich erfüllt wird, soweit sie nicht dauernd getrennt sind. Für die Partner einer rechtlich nicht geregelten Gemeinschaft bestehen solche gegenseitigen Unterhaltspflichten nicht, sie können ihre Einkünfte und Vermögen grundsätzlich frei verwenden. Da aber Ehegatten nicht schlechter gestellt werden dürfen als ihnen vergleichbare eheähnliche Gemeinschaften (vgl. BVerfG v. 10. Juli 1984, BVerfGE 67, 186), darf der Gesetzgeber für solche Gemeinschaften gleich wirkende Regelungen treffen, wenn die Bindungen der Partner in einer Lebensgemeinschaft so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten im Hinblick auf die verschärfte Bedürftigkeitsprüfung vergleichbar (BVerfG, Urteil vom 17. November 1992, a. a. O.).

Folglich führt nicht jede Wohn- und Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau zur Annahme einer solchen Einstandsgemeinschaft, sondern es kommt auf den subjektiven Willen zur Bildung einer solchen, zwar nicht rechtlich, aber sittlich als verbindlich empfundenen, Gemeinschaft an. Das Gesetz knüpft die Rechtsfolge damit an das Vorliegen eines subjektiven Tatbestandes, der mit Hilfe von (mittelbaren) Hinweistatsachen ermittelt werden kann. Die Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft bzw. Einstandsgemeinschaft kann nur das Ergebnis einer Würdigung aller Umstände des Zusammenlebens sein.

Eine Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts ist nur dann eheähnlich, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens begründen, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Kriterien für eine eheähnliche Gemeinschaft sind nach der Rechtsprechung u.a. die Dauerhaftigkeit und Kontinuität der Gemeinschaft, eine gemeinsame Wohnung, eine bestehende Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft und die gemeinsame Versorgung von Angehörigen, aber nicht die Feststellung geschlechtlicher Beziehungen. Des Weiteren kann der Wille, die gemeinsame Wohnung bei der Arbeitsuche nicht aufzugeben, auf eine eheähnliche Gemeinschaft hindeuten (vgl. BSG v. 28. April 1999 - SozR 3-4100 § 119 Nr. 15 - Juris Rn. 30). Eine Entscheidung ist nur anhand von solchen Hinweistatsachen möglich, wobei die Dauer des Zusammenlebens das gewichtigste Indiz für eine eheähnlichen Gemeinschaft ist (BSG, Urteil v. 17.10.2002 - B 7 AL 96/00 R - BSGE 90, 90). Gegebenenfalls können auch – im Rahmen einer Gesamtwürdigung – der Anlass für das Zusammenziehen, die konkrete Lebenssituation der Partner während der streitgegenständlichen Zeit und die nach außen erkennbare Intensität der gelebten Gemeinschaft herangezogen werden (vgl. den Verweis des BSG auf die Rechtsprechung des BVerwG, z.B. BVerwG v. 24.06.1999, Az. 5 B 114/98 – Juris Rn. 4).

Der Gesetzgeber hat die vorgenannten Hinweistatsachen für das SGB II ab dem 1. August 2006 in eine Vermutungsregel gefasst. Nach § 7 Abs. 3a SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen vermutet, wenn Partner

länger als ein Jahr zusammenleben

mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben

Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder

befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(2)

Der Kläger und die Zeugin G. haben länger als ein Jahr zusammengelebt. Sie sind mehrfach in gemeinsame Wohnungen umgezogen. So haben sie vom 1. Januar 1994 bis 1. Juli 1995 in der C-straße 21 in H. gewohnt. Nach einer Phase der räumlichen Trennung sind sie am 15. Dezember 1997 wieder zusammen in die Wohnung an der M. 49 in H. gezogen. Anlässlich dieses Einzugs in eine gemeinsame Wohnung hatte der Kläger ursprünglich die Zeugin G. im Antragsformular beim Sozialamt auch als seine Partnerin angegeben und dies, nachdem ihr Einkommen bei ihm angerechnet wurde, in der Weise korrigiert, dass es sich nur um eine reine Wohngemeinschaft handele. Nach den Daten des Einwohnermeldeamtes haben der Kläger und die Zeugin G. ab dem 7. Februar 2002 bis 5. April 2004 durchgehend zusammen gewohnt und sind hierbei zweimal umgezogen (von der B-straße in D. in die Z-straße 28 in H. und von dort in die D-straße 12 in H.). Gerade die häufigen gemeinsamen Umzüge deuten auf eine hohe innere Verbindung hin. Die Wohnungen, insbesondere die Wohnung in der D-straße 12, waren auch nach Größe und Zuschnitt nicht für getrennte Lebensbereiche ausgelegt.

Nach der Überzeugung des Senates ist der Kläger aus dieser Wohnung in der D-straße 12 auch nicht im April 2004 ausgezogen. Dies gründet sich auf die schriftlichen erstinstanzlichen Zeugenaussagen der Mieter in der D-straße 15 C. B., S. K. und G. K., der Beschreibung der Wohnverhältnisse bei den Hausbesuchen durch den Ermittlungsdienst der ARGE, den vom Kläger nicht mit schlüssigen Einlassungen begründeten ungewöhnlichen Umständen der behaupteten "Nutzung" der Wohnung durch ihn, den in Fotos dokumentierten Unterschieden der Wohnungsausstattung nach dem Auszug des Zeugen M. G. und den widersprüchlichen Angaben zu den Wohnverhältnissen der Zeugen M. und M. G. sowie der Einlassungen des Klägers.

Im Einzelnen beruht die Überzeugung auf folgenden Gesichtspunkten:

Der Kläger hat zwar behauptet, aus der Wohnung in der D-straße 12 ausgezogen und in die Wohnung D-straße 15 eingezogen zu sein. Diese Behauptung aber ist nach Auffassung des Senates durch die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen und der eigenen widersprüchlichen Einlassungen des Klägers widerlegt. Die Zeugen B., K. und K. haben alle übereinstimmend dargestellt, dass nach einer älteren Frau in die betreffende Mittelwohnung im Parterre in der D-straße 15 ein junger Mann eingezogen sei. Nach den von den Zeugen geschilderten Umständen hat sich der Zeuge G. als neuer Mieter ausgegeben und sich auch als solcher verhalten. Die Zeugin B., die berufsbedingt tagsüber viel zu Hause ist, hat den Kontakt mit dem Zeugen G. ausführlich geschildert. Dieser habe schon in der Wohnung gewohnt, als sie Mitte 2005 eingezogen sei. Sie hat viele Details von den Lebensumständen berichtet, die auch mit äußeren Umständen korrespondieren. Dabei hat sie einen in sich plausiblen Lebenssachverhalt geschildert, der durch Äußerungen des Klägers (Wegzug von dem Zeugen G. unter Mitnahme der Möbel) bestätigt wurden. So hat sie davon berichtet, dass der Herr G. eine Katze hat. Ein Kratzbaum ist auf den Fotos aus dem Verfahren S 114 AS 2342/06 ER Bl. 68-73 zu sehen und der betreffende Kratzbaum ist bei dem Auszug von Herrn G. im Februar 2007 mitgenommen worden. Sie hat berichtet, dass sie dem Zeugen G. einen grünen Schuhschrank für seine Wohnungsausstattung geschenkt hat. Auch dieser Schuhschrank ist auf den Fotos zu erkennen. Sie hat einen persönlichen Kontakt zu dem Zeugen G. gehabt und nicht nur Beobachtungen von außen gemacht. Der Zeuge G. (teilweise von der Zeugin als M. G. oder G. bezeichnet) habe "als Mieter" an den Hauspartys teilgenommen. Auch von dem Umzug konnte sie Details berichten wie: Ein weißer Transporter, verladener Katzenbaum, verladene Schlafzimmermöbel, Wohnstubenmöbel und Küchenmöbel. Sie hat Tatsachen für ihre Einschätzung, der Zeuge G. habe dort gewohnt, genannt. So hat sie den Zeugen abends mit Einkaufstüten die Wohnung betreten sehen und ihn dort "immer" gesehen, wohingegen sie den Kläger auch gesehen hat, aber nur beim Leeren des Briefkastens. Demgegenüber fallen Erinnerungslücken bei den genauen Daten (Auszug im Dezember 2006 statt im Februar 2007) weniger in das Gewicht, denn der Ablauf selbst ist nicht widersprüchlich. Die Zeugin K. hat ebenfalls berichtet, dass ein junger Mann in die Wohnung eingezogen und später mit den ganzen Möbeln wieder ausgezogen ist. Sie hat berichtet, dass nach der ältern Frau, die ins Pflegeheim kam, der Zeuge G. ("der M.") einzog. Die Zeugin K. hat den Herrn G. mehrmals wöchentlich bei typischen Verrichtungen eines Mieters (mit Einkäufen reinkommen, Müll rausbringen) getroffen. Auffällig ist auch, dass auch Frau K. den Kläger gesehen hat, aber nur beim Briefkastenausleeren, ohne dass er dann in die Wohnung gegangen sei. Auch die Zeugin K. hat den Zeugen G. beim Hausfest gesehen.

Demgegenüber ist die Einlassung des Zeugen G., er habe sich zwar täglich in der Wohnung D-straße 15 aufgehalten, wenn sich Herr E. dort aufgehalten habe, nicht glaubhaft. In diesem Fall hätten die Zeugen auch den Kläger öfter sehen müssen. Der Zeuge G. hat nicht erklären können, warum er sich nach außen wie ein neuer Mieter verhalten habe, warum viele Gegenstände – wie von ihm selbst eingeräumt – wie z. B. die vorhandenen CD/DVDs in der Wohnung D-straße 15 untergebracht waren. Zudem besteht ein Widerspruch zwischen seiner Einlassung, in der Wohnung seiner Mutter habe sich kein Computer befunden, daher habe er nur in der Wohnung in der D-straße 15 am Computer arbeiten können und der Einlassung des Klägers, auch bei der Zeugin G. habe ein Computer gestanden.

Die Aussage des Zeugen V. war nicht sehr ergiebig, da er weder den Ein- noch den Auszug gesehen hat. Er hat den Kläger ebenfalls beim Briefkasten gesehen. Welche Wohnung der Kläger danach betreten habe, ist der Aussage nicht zu entnehmen. Für seine Einschätzung "die Wohnung gehöre dem Kläger" hat er keine weiteren Tatsachen genannt. Insbesondere wird daraus auch nicht deutlich, ob sich die Aussage auf das tatsächliche Bewohnen oder auf die Vertragsbeziehungen (Genossenschaftsmitglied) bezog.

Der Zeuge K. wohnt ebenfalls auf der gleichen Etage auf der die betreffende Wohnung in der D-straße 15 liegt. Er hat nach dem Auszug der Vormieterin, die ins Altersheim ging, den Einzug eines jungen Mannes, den er damals für Herrn E. hielt, beobachtet. Seine genauen Beobachtungen zu der früheren und dem neuen Mieter passen dazu, dass die Zeugin B. ausgesagt hat, dass "die Hausgemeinschaft wie eine kleine Familie sei". Den Kläger, von dem er inzwischen wisse, dass es sich um Herrn E. handele, hat er nur beim Wasseruhrenwechsel gesehen. Auch den Auszug von dem Zeugen G. hat der Zeuge wahrgenommen. Dies ist plausibel, da er mit der Notwendigkeit, seinen Wagen umparken zu müssen, ein besonderes Detail in Erinnerung behalten hatte. Die Aussagen des Zeugen V. "der M. ist der Sohn der Lebensgefährtin des Klägers" und des Zeugen K. "ich habe einmal gehört, wie der Junge (der Zeuge G.) zu der Frau G. Mutter und dem Herrn E. Vater sagte" deuten auf eine große Nähe zwischen dem Kläger und der Zeugin G ...

Demgegenüber hat der Zeuge K. Einschätzungen geäußert "soweit ich weiß wohnt der Kläger in der D-straße 15". Hierzu hat er aber keine Fakten genannt. Er hat geäußert, dass es ihn nichts angehe, wo sich der Kläger aufhalte und dass er öfter bei der Zeugin G. zu Besuch sei. Umstände, die auf ein tatsächliches Bewohnen der Wohnung durch den Kläger rückschließen lassen, hat er nicht genannt.

Die Aussagen der Mitmieter, wonach der Zeuge G. als neuer Mieter eingezogen sei, sind glaubhaft, denn sie passen zu den weiteren äußeren Umständen, die dagegen sprechen, dass der Kläger die Wohnung in der D-straße 15 bewohnt hat. Die Wohnung war mit Einrichtungsgegenständen eingerichtet, die vom Lebensalter zu einem jungen Mann und nicht zu dem Kläger passen. Dies zeigt zum einen die jugendliche Einrichtung (Foto von Motorrad und Rennwagen an der Wand; Fotos von einer Frau im Alter des Zeugen G.; Barhocker rot gestrichene Wände usw.) zum anderen zeigt sich dies daran, wie die Wohnung nach dem Auszug von Herrn G. ausgesehen hat. So war die Küche nicht mehr eingerichtet, die Hängeschränke waren entfernt worden, es stand nur noch ein Plastiktisch dort und auch die Einrichtung des Wohnzimmers hatte einen anderen Charakter bekommen, es fanden sich keine persönlichen Gegenstände oder Bilder/Fotos mehr dort, stattdessen ein altes Sofa, eine Plastikdecke über dem Tisch usw ... Würde die Einlassung des Klägers stimmen, diese Einrichtung hatte ihm gehört, wäre nicht plausibel, warum sich nach dem Wegzug des Zeugen G., diese Einrichtung (persönliche Gegenstände, Fotos usw.) so fundamental geändert hatte. Weitere objektiv festzustellende Umstände sprechen dagegen, dass die Wohnung in der D-straße 15 den gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers darstellte. Unterlagen wie z. B. der Mietvertrag befanden sich bei dem Hausbesuch am 18. Juli 2006 in der Wohnung in der D-straße 12. Der hierfür genannte Grund, des Einarbeitens in den Computer, überzeugt nicht, da der Kläger widersprüchliche Angaben zu dem Vorhandensein eines eigenen Computers gemacht hat und sich bei dem Hausbesuch ein in Betrieb befindlicher Computer in der Wohnung in der D-straße 15 vorfand. Anfangs verneinte der Kläger die Möglichkeit, auf einem eigenen PC in der D-straße 15 arbeiten zu können, wohingegen er in der mündlichen Verhandlung vom Juli 2011 wiederum angab, neben dem Computer bei der Zeugin G. auch einen Computer in der Wohnung Diesterwegstr. 15 genutzt zu haben. Stattdessen fanden sich persönliche Unterlagen des Zeugen G. in der Wohnung in der D-straße 15. Die neu gekaufte Waschmaschine befand sich im Juli 2006 nicht in der Wohnung oder im Waschkeller in der D-straße 15. Hierzu räumte der Kläger ein, dass sie in der D-straße 12 aufgestellt worden sei. Die erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom Kläger abgegebene Erklärung, er habe die Maschinen wegen eines drohenden Verlustes der Wohnung getauscht, erscheint dem Senat nicht als glaubhaft.

Die aufgeführten Umstände stellen zwar für sich genommen jeweils nur einzelne Indizien dar. In der Gesamtheit und in Verbindung mit den oben dargestellten Zeugenaussagen hingegen ergeben sie ein geschlossenes Bild, nach dem für den Senat kein vernünftiger Zweifel mehr daran besteht, dass der Kläger auch im streitgegenständlichen Zeitraum, nicht in die Wohnung in der D-straße 15, sondern unverändert in der Wohnung D-straße 12 zusammen mit der Zeugin G. gewohnt hat.

Durch das weitere Bewohnen der D-straße 12 zusammen mit Zeugin G., greift weiter die Vermutungsregel in § 7 Abs. 3a SGB II. Diese Vermutung, die von einem längerem Zusammenleben für eine Einstandsgemeinschaft ausgeht, hat der Kläger aus den oben genannten Gründen nicht entkräftigt, er hat nicht behauptet, mit der Zeugin G. zwar zusammengewohnt aber nicht zusammen gewirtschaftet zu haben. So befanden sich in der D-straße 12 auch kaum eigenen Möbel des Klägers. Er hatte bei seinem behaupteten Auszug umfangreiche Erstausstattung vom Sozialamt bekommen, um sich Möbel anzuschaffen. Das gemeinsame Wirtschaften und "Füreinander da sein" auch in der Vergangenheit zeigt sich auch daran, dass Zeugin G. für den Kläger Hosen zur Reinigung gebracht hat und der Kläger ihren Sohn zur Behörde begleitet hat. Gegenüber dem Behördenmitarbeiter wurde die Anwesenheit des Klägers nach dessen Notiz so erklärt, dass der Kläger der Lebenspartner der Mutter des Zeugen M. G. sei. Nach der Aussage des Zeugen K. soll Herr G. zu dem Kläger Vater gesagt haben. Da der Kläger nicht behauptet hat, er habe sich von der Zeugin G. getrennt, können auch Sachverhalte vor Oktober 2006 zur Prüfung der Einstandsgemeinschaft herangezogen werden. Bis zur Kontensperrung des Kontos von der Zeugin G. im Mai 2003 hatte der Kläger – weil er nach seiner Darstellung wegen einer negativen SCHUFA-Auskunft kein eigenes Konto einrichten konnte – ihr Konto als Bankverbindung gegenüber den Behörden angegeben. Eine diesbezügliche Ermächtigung hat die Zeugin G. im Oktober 2006 vorsorglich offiziell widerrufen.

Demgegenüber sind die Einlassungen des Klägers und der Zeugin G. widersprüchlich. So soll zum einen nach der Ummeldung Herr G. offiziell am 28. September 2006 bei dem Kläger miteingezogen sein. In der Zeugenaussage hat dieser aber betont, durchgehend bei seiner Mutter in der D-straße 12 gewohnt zu haben. Dies hat auch die Zeugin G. betont. Danach habe ihr Sohn durchgehend bis zu seinem Auszug im März 2007 bei ihr gewohnt. Der Kläger hat auch nicht plausibel erklären können, ob bzw. warum die ihm als Erstausstattung bewilligten Gegenstände, wie ein weiterer Fernseher (nach der Bewilligung eines Fernsehers durch das Sozialamt im Jahr 2004) und eine Waschmaschine in der D-straße 12 standen und dort genutzt wurden (s. o.). Die Zeugin G. hat zudem zunächst nicht mitgeteilt, dass der Kläger offiziell bei ihr im Jahr 2003 gewohnt hat und dies später "heruntergespielt". In seiner letzten Einlassung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger eingeräumt, dass die Waschmaschine in die Wohnung in der D-straße 12 verbracht worden sei, wobei die Begründung hierfür, wie oben dargestellt, nicht überzeugt.

bb)

Ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung - wie ihn die ARGE angesetzt hat - steht dem Kläger nicht zu.

Der Kläger bedarf nicht aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung gem. § 21 Abs. 5 SGB II. Für seine Erkrankungen: Hyperurikämie, Gicht, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ IIa muss er aus medizinischen Gründen keine über eine Vollkosternährung hinausgehende Nahrung zu sich nehmen.

Anhaltspunkte im Sinne von Orientierungshilfen für die grundsätzliche Beurteilung der Anforderungen an den krankheitsbedingten Ernährungsaufwand stellen die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (Empfehlungen) dar (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 64/06 R – zitiert nach juris). Nach den neuen Empfehlungen in der 3. Auflage vom 1. Oktober 2008 waren die Empfehlungen aus dem Jahr 1997 überholt. Nach dem neuen Erkenntnisstand ist bei Erkrankungen, für die Vollkost angezeigt ist, wie Hyperlipidämie, Hyperurikämie, Gicht, Hypertonie, Diabetes mellitus (Typ II und Typ I konventionell und intensiviert konventionell behandelt) und auch Neurodermitis in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen: Es sei davon auszugehen, dass der auf der Grundlage der EVS 2003 bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost decke. Hierfür wurde ein eigenständig eingeholtes ernährungswissenschaftliches Gutachten über Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung zugrunde gelegt.

Die betreffenden Erkenntnisse aus den Empfehlungen vom 1. Oktober 2008 können auch auf den hier streitigen Zeitraum ab Oktober 2006 angewandt werden. Da die Empfehlungen des Deutschen Vereins keine Rechtsnormqualität aufweisen gibt es auch keine Hinderungsgründe, die darin enthaltenen medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Erkenntnisse heranzuziehen, wenn sie Zeiträume betreffen, die vor der Veröffentlichung der Empfehlungen lagen (vgl. BSG Urteil vom 10. Mai 2011 – B 4 AS 100/10 R – Rn. 23 zitiert nach juris). Die Erkenntnisse beruhen auch nicht auf geänderten Daten ab 2008. Die überarbeiteten Empfehlungen beruhen auf Datenmaterial, welches aus den Jahren 2003 und 2004 stammt. Für die wissenschaftliche Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. zu den Lebensmittelkosten wurden die Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 2003) angesetzt. Auch die verwandten Preisindizes stammten nicht aus Daten, welche nach 2006 lagen. Es wurden neue diätetische Erkenntnisse wie sie im "Rationalisierungsschema 2004" formuliert waren, umgesetzt.

Es ergeben sich aus den Erkrankungen des Klägers keine Besonderheiten, die eine von den vorgenannten Orientierungswerten abweichende Beurteilung gebieten würden. Anhaltspunkte für einen schweren Verlauf, insbesondere mit einer gestörten Nährstoffaufnahme, sind bei dem Kläger nicht zu erkennen und hat dieser auf Befragen nicht genannt. Es handelt sich nicht um mehrere Erkrankungen, die eine kostenaufwändige Ernährung bedingen können (etwa Diabetes mellitus und Schonkost wegen Magen und Darmoperation so BSG, Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 58/06 R). Die geforderte Vollkost (oder auch Reduktionskost) unterscheidet sich bei Bluthochdruck und den anderen Erkrankungen nicht. Sie deckt nach den ärztlichen Erkenntnissen, die den Empfehlungen zugrunde liegen, diese Stoffwechselkrankheiten ab. Eine Differenzierung in purinreduzierte Kost (Hyperurikämie und Gicht), Diabeteskost und natriumdefinierte Kost bei Hypertonie findet nicht mehr statt. Eine Kumulation von Einschränkungen liegt nicht vor. Veranlassung für die Einholung eines medizinischen und/oder ernährungswissenschaftlichen Gutachtens sieht der Senat daher nicht.

cc)

Kosten der Unterkunft und Heizung sind für den Kläger in Höhe von 175,00 EUR monatlich zu berücksichtigen. Auf den Kläger entfallen die hälftigen Unterkunftskosten für die Wohnung in der D-straße 12. Bei den Heizkosten in Höhe von 72,75 EUR ist der Anteil, der auf die Warmwassererwärmung entfällt, in Abzug zu bringen. Hierfür sind die Werte, wie sie im Regelsatz enthalten sind, anzusetzen. Dieser Abzug beträgt für den Kläger und die Zeugin G. jeweils monatlich 5,60 EUR. Daneben sind die Grundmiete in Höhe von 238,08 EUR und die Betriebskosten in Höhe von 50,36 EUR zu berücksichtigen. Die Kosten wurden in der tatsächlichen Höhe berücksichtigt. Anhaltspunkte für unangemessene Kosten der Unterkunft oder für Heizung bestanden nicht.

Hieraus ergibt sich für den Kläger der Gesamtbedarf von 486,00 EUR monatlich.

b)

Dem steht ein Einkommen von Zeugin G. in Höhe von 481,51 EUR aus der Witwenrente gegenüber. Dieses Einkommen ist um die Pauschale für private Versicherungen gem. § 3 Abs 1 Nr. 1 AlgII-V in Höhe von 30 EUR zu reduzieren. Weitere Abzugsposten (Kfz-Versicherung) sind nicht geltend gemacht und es bestehen auch keine Anhaltspunkte hierfür.

Da der Bedarf von dem Kläger und Zeugin G. gleich hoch ist, ist auch das Einkommen nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II hälftig aufzuteilen. Danach ergibt sich für den Kläger kein höherer Einzelanspruch (nämlich gerundet 260 EUR) als von der ARGE im Aufhebungsbescheid berücksichtigt (299,12 EUR).

2.

Dem Kläger ist kein Vertrauensschutz zuzubilligen. Die fehlerhafte Bewilligung beruhte auf seinen bewusst falschen Angaben. Der tatsächliche Umstand, ob er tatsächlich weiter in der D-straße 12 bei Zeugin G. wohnen geblieben ist oder ob er in die D-straße 15 eingezogen ist, erfordert keine rechtliche Wertungen. Die falsche Angabe hierzu kann nur vorsätzlich erfolgt sein.

II.

Dem Kläger stehen auch für den Bewilligungsabschnitt ab Januar 2007 bis März 2007 keine höheren Leistungen zu. Es haben sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht geändert. Auch für diesen Zeitraum hat der Kläger nicht in der D-straße 15, sondern in der D-straße 12 gewohnt.

Nach dem Auszug von dem Zeugen G. ist die Wohnung auch nicht mehr bewohnbar gewesen, denn der Strom ist nach der Darstellung des Klägers dort im Februar 2007 abgestellt worden. Die Einlassung des Klägers, er habe keinen Strom benötigt und mit dem Licht der Straßenlaterne gelebt, erscheint dem Senat nicht glaubhaft. So seien nach den Darstellungen des Zeugen K. überwiegend die Rolladen runtergelassen gewesen und nur jemand tagsüber zum Lüften gekommen. Auch die Fotos deuten eher nicht auf eine tatsächlich bewohnte Wohnung hin. Es stand in der Küche ein noch eingepacktes Küchengerät. Eine funktionsfähige Küche ist nicht mehr zu erkennen.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

C

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Basis gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung.
Rechtskraft
Aus
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