L 1 U 4709/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 2175/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4709/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 03.08.2010 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung eines Arbeitsunfalls. Zwischen den Beteiligten ist insbesondere im Streit, ob der Kläger bei dem von ihm behaupteten schädigenden Ereignis auf der Baustelle seiner Schwester, der Zeugin S.H., unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Der 1963 geborene Kläger war als angestellter Zimmermann bei der Firma M. (7 bis 8 Beschäftigte), als selbständiger Zimmermann (sog. Einmannbetrieb; Mitglieds-Nr. bei der Bezirksverwaltung B. der Beklagten) sowie als Nebenerwerbslandwirt tätig. Der Kläger war im Rahmen seiner selbständigen Zimmermannstätigkeit seit dem 01.09.1994 von der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unternehmerpflichtversicherung befreit.

Die Schwester des Klägers und Zeugin S.H. teilte der Beklagten mit Auskunftsbogen vom 29.09.2003 mit, dass sie den Ausbau der ihr gehörenden Scheune in der K.straße in U.-G. in ein Wohngebäude beabsichtige. Die hierfür erforderlichen Kosten schätzte S.H. auf 60.000 EUR, als Baubeginn sei der Jahresanfang 2004 geplant. Am 08.06.2004 wurde der Baubeginn mit dem 10.01.2004 angegeben, und es wurden für verschiedene Gewerke beauftragte Firmen benannt. Ein Teil der Arbeiten werde mit Eigenbauarbeiten unter Mithilfe von Helfern ausgeführt, wofür unter anderem auch die Zimmererarbeiten und Dachdeckerarbeiten benannt wurden.

Am 23.08.2004 teilte S.H. der Beklagten dann mit, dass die Scheune abgebrannt sei und die Arbeiten eingestellt worden seien. Als Beleg über die bis dahin beschäftigten Helfer wurde eine Übersicht vom 24.09.2004 vorgelegt, wonach der - hier erstmalig von S.H. genannte - Kläger bis zu dem Brand 134 Arbeitsstunden auf der Baustelle für den Dach- und Innenausbau aufgewendet habe.

Mit Schreiben vom 16.02.2005 teilte S.H. der Beklagten mit, dass zu voraussichtlichen Baukosten von 275.000 EUR ab sofort der Wiederaufbau der abgebrannten Scheune beabsichtigt sei. Auf den Mitteilungsbögen über die Beschäftigung von gewerblichen Unternehmen wurde der Kläger nunmehr nicht mehr aufgeführt, stattdessen wurde der Arbeitgeber des Klägers, die Fa. M., als eventueller Auftragnehmer für einen Teil der Arbeiten benannt ("vielleicht").

Der Kläger meldete sich am 24.10.2005 erstmalig bei der Beklagten und gab an, am 13.03.2005 als Zimmermann auf der Baustelle von S.H. einen Unfall erlitten zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war die Wohnanschrift des Klägers identisch mit der Adresse des von S.H. betriebenen Bauvorhabens. Der Kläger gab an, er habe auf einem Spannholz gestanden und sei von einem sich aus der Auflage lösenden zweiten Spannholz umgestoßen worden, woraufhin er ca. zwei Meter tief auf seine Wirbelsäule gefallen sei. Er habe sich den 11. Brustwirbel (11. BWK) gebrochen und könne nach Aussage seiner Ärzte nicht mehr als Zimmermann arbeiten. Er habe sich erst jetzt bei der Beklagten gemeldet, weil er schwer verletzt gewesen und davon ausgegangen sei, dass der Unfall automatisch von seinen Ärzten als Arbeitsunfall gemeldet werde. Als weiteren Zeugen des Unfalls neben S.H. benannte er den Bauhelfer und Zeugen A.M.

Der Kläger war vom 14.03.2005 bis zum 15.03.2005 stationär in der Chirurgischen Klinik R. untergebracht, in deren Entlassungsbericht von einem Unfall "bei privaten Arbeiten" die Rede ist. Vom 15.03.2005 bis zum 23.03.2005 war der Kläger in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum U., wo eine BWK 11-Fraktur, eine Gehirnerschütterung und eine Halswirbelsäule(HWS)-Beckenprellung diagnostiziert wurden. Als Nebendiagnose wurde ein C2-Abusus (Alkoholsucht) mitgeteilt. Bei dem Kläger wurde am 16.03.2005 eine dorsale Spondylodese (Wirbelkörperverblockung) BWK 10 auf BWK 12 durchgeführt, und er wurde bis zum Abschluss einer Anschlussheilmaßnahme als arbeitsunfähig entlassen. In dem Entlassungsbericht vom 23.03.2005 wurde in der Rubrik Anamnese lediglich ein "Sturz aus 2 Metern Höhe" am 14.03.2005 ohne eine Bezugnahme auf eine konkrete Verrichtung mitgeteilt. In dem Bericht über die anschließende Reha-Maßnahme der Landesversicherungsanstalt B.-W. S. (LVA) vom 27.04.2005 ist in der Rubrik orthopädische Anamnese angegeben, der Kläger habe am 14.03.2005 einen "häuslichen Unfall" erlitten.

In der Übersicht über auf ihrer Baustelle eingesetzte Helfer für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2005 hatte S.H. am 14.05.2005 lediglich ihren Freund M.V. angegeben. Erst im nachfolgenden Zeitraum ab dem 01.04.2005 bis zum 30.06.2005 war der Kläger wieder als Helfer mit 30 Stunden Hilfsarbeiten von S.H. angegeben worden.

S.H. gab auf Nachfrage der Beklagten am 16.11.2005 an, dass der Kläger tatsächlich im Rahmen ihres Bauvorhabens einen Unfall erlitten habe. Der Kläger habe indes erklärt, dass er den Unfall und die bis zum Unfall geleisteten Stunden auf seinen Betrieb habe anmelden wollen, weswegen sie die Arbeitsstunden des Klägers insoweit nicht der Beklagten gemeldet habe. Die Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten auf der Baustelle seien komplett durch die Fa. M. ausgeführt worden.

In der Unfallanzeige vom 29.01.2006 gab S.H. als Unfalltag den 15.03.2005 an. Der Kläger habe abends "spontan" mitgeholfen, indem er nach Anbringung von zwei Holzstämmen zur Aussteifung der Außenwände deren richtigen Sitz überprüft habe, wobei sich dann der Unfall wie vom Kläger geschildert ereignet habe. Hierzu legte S.H. eine Kopie des Bautagebuchs vor, wonach der Kläger in der Zeit vom 09.03.2005 bis zum 30.04.2005 lediglich am 15.03.2005 und auch nur eine einzige Stunde auf der Baustelle tätig gewesen sei. Erst ab dem 13.05.2005 wurde der - nach Angaben seiner Ärzte zur selben Zeit arbeitsunfähige - Kläger in diesem Bautagebuch wieder als gelegentlicher Helfer bei Zimmerer- und Dacharbeiten mit einem Umfang von 1,5 bis 3 Stunden angegeben. Insgesamt seien 400 Stunden Eigenbauarbeiten auf der Baustelle geplant gewesen, wovon der Kläger nach dem Unfall noch 30 Stunden geleistet habe und nach ursprünglicher Planung noch weitere 100 Stunden bis zum Bauende hätte leisten sollen. Der Kläger sei nicht gegen Entgelt auf der Baustelle tätig geworden.

Der Bauhelfer A.M. bestätigte als Zeuge vor dem Bürgermeisteramt U. am 08.02.2006 die Angaben des Klägers zum Unfallhergang, wobei sowohl der Zeuge als auch der Kläger als Zeitpunkt des Vorfalls weiterhin den 13.03.2005 nannten.

S.H. gab am 15.02.2006 gegenüber der Beklagten an, dass die Zimmererarbeiten ursprünglich sowohl durch die Fa. M. als auch durch den Kläger durchgeführt werden sollten. Nach dem Unfall des Klägers seien diese Arbeiten dann komplett an die Fa. M. vergeben worden.

Das Bauprojekt von S.H. wurde in der Folgezeit nicht fertiggestellt, sondern im August 2007 als (unfertiges) Wohnhaus verkauft.

Mit Bescheid vom 17.08.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 13.03.2005 ab, da der Kläger für sein eigenes Unternehmen (Einmannbetrieb) tätig geworden sei und nicht für seine Schwester S.H. Ein Arbeitsunfall liege damit nicht vor.

Der Kläger begründete seinen deswegen am 12.09.2006 eingelegten Widerspruch damit, dass er S.H. nie eine Rechnung habe ausstellen wollen. Vielmehr habe er im Rahmen der Familienmithilfe gehandelt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die noch unbefangen gemachten ersten Angaben des Klägers und der Zeugin S.H. wiesen darauf hin, dass der Kläger auf der Baustelle im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit als Zimmermann einbezogen worden sei, für welche eine Befreiung von der gesetzlichen Unfallversicherung vorliege.

Der Kläger hat am 05.06.2007 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Er sei nicht im Rahmen seines eigenständigen Gewerbes auf der Baustelle der Schwester tätig gewesen. Ihm habe ursprünglich der Hof, auf welchem sich das Bauprojekt mit der Scheune befunden habe, gehört. Er habe der Schwester angeboten, die Scheune in eine Wohnung umzubauen, und der Schwester vor Beginn der ersten Umbauarbeiten das Eigentum am Hof und der Scheune übertragen. Bei der Eigentumsübertragung im Herbst 2005 sei es zum Streit gekommen, der zu einem Rechtsstreit geführt habe. Bis zum Unfallzeitpunkt sei jedoch die Beziehung zu seiner Schwester sehr gut gewesen, und er habe ihr nie eine Rechnung für die von ihm durchgeführten Arbeiten ausgestellt, weder für die Zeit bis zum Abbrennen der Scheune bzw. der Wohnung noch im Rahmen des Wiederaufbaus. Er habe seiner Schwester S.H. sogar Materialien zum Umbau kostenlos zur Verfügung gestellt und einen mit 10.000 EUR besparten Bausparvertrag zur Finanzierung der Reparatur der Scheune übertragen. Wäre es nicht zu dem Unfall gekommen, hätte er im Rahmen des Wiederaufbaus weitere Zimmererarbeiten durchgeführt, insbesondere den Dachstuhl errichtet, Treppen eingebaut, Wände isoliert und Trockenwände errichtet. Ohne den Unfall wäre es seines Erachtens während des Wiederaufbaus des Gebäudes zu 110 Stunden Arbeitszeit seinerseits gekommen; bis zum Abbrennen des Gebäudes habe seine Arbeitsleistung bereits 134 Stunden betragen. Die Pause in den Bauarbeiten nach dem Brand erkläre sich dadurch, dass die Entschädigung durch die Brandversicherung nicht geklärt gewesen sei. Dennoch seien die Arbeiten vor und nach dem Brand als eine zusammenhängende Tätigkeit anzusehen, weswegen von einer versicherten Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) auszugehen sei.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin S.H. sowie der Zeugen A.M. (Bauhelfer) und K.P. (Statiker). Die Zeugin S.H. hat sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen und eine Aussage verweigert.

Mit Urteil vom 03.08.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei lediglich als Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 4, § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Die darüber hinaus erhobene Leistungsklage sei gemäß § 54 Abs. 4 SGG unzulässig, weil ein konkreter Leistungsanspruch weder geltend gemacht noch von der Beklagten über einen solch konkreten Anspruch bislang entschieden worden sei (mit Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - vom 07.09.2004 - B 2 U 46/03 R -). Die Beklage habe die Feststellung eines Arbeitsunfalls zu Recht abgelehnt, weil der Kläger sich seine Verletzungen nicht bei einer versicherten Tätigkeit zugezogen habe. Der Kläger sei nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter tätig gewesen. Beschäftigung sei nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dies setze nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei, was bei einer Beschäftigung mit einem fremden Betrieb dann der Fall sei, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und hinsichtlich Zeit, Ort, Dauer und Art der Ausführung seiner Arbeiten einem umfassenden Weisungsrecht unterliege (mit Hinweis auf BSG vom 19.08.2003 - B 2 U 38/02 R -). Ein derartiges Weisungsverhältnis der Zeugin S.H. als Bauherrin habe gegenüber dem Kläger nicht bestanden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in den Betrieb der Schwester eingegliedert gewesen sei und einem umfassenden Weisungsrecht unterlegen habe. Sowohl die Art und Weise der Erbringung der einzelnen Bauleistungen als auch die Zeit der Arbeitsausübung habe dem Kläger oblegen.

Der Kläger sei auch nicht wie ein Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII tätig geworden. Zwar sei hierfür eine persönliche Abhängigkeit in Abgrenzung zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nicht erforderlich. Vielmehr reiche es aus, dass eine ernstliche, dem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit verrichtet werde, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspreche und ihrer Art nach auch von Personen verrichtet werden könne, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stünden und die ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen geleistet werde, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich sei (mit Hinweis auf BSG vom 27.06.2000 - B 2 U 44/00 B -; BSG vom 24.03.1998 - B 2 U 21/97 R - ; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 20 m.w.N.). Grundsätzlich schlössen auch Verwandtschafts-, Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht von vornherein aus. Ein Verwandter werde allerdings dann nicht wie ein Beschäftigter, sondern als Verwandter tätig, wenn die zum Unfall führende Verrichtung nach Art, Umfang sowie Dauer durch das verwandtschaftliche Verhältnis geprägt sei, wobei nicht allein auf die Stundenzahl abzustellen sei (BSG SozR 2200 § 539 RVO Nr. 55; BSG vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R -). Entscheidend sei stets das Gesamtbild der gegenseitigen im Rahmen der Familien- oder Freundschaftsbande geleisteten Gefälligkeiten. Dabei sei vor allem zu berücksichtigen, dass für das Eltern-Kind-Verhältnis und auch für geschwisterliche Beziehungen besondere Pflichten bestünden, welche eine erhöhte Erwartung an die Hilfsbereitschaft rechtfertigten. Die Tätigkeiten unter Verwandten schlössen den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII aus, wenn diese ihr gesamtes Gepräge durch die familiären Bindungen zwischen den Angehörigen erhielten. In diesem Fall werde der Verwandte nicht Arbeitnehmern "ähnlich" tätig. Je enger die verwandtschaftliche Beziehung sei, um so eher sei die Annahme von Gefälligkeitsdiensten aufgrund familiärer Beziehungen naheliegend, welche nicht mehr als arbeitnehmerähnlich angesehen werden könnten (BSG vom 29.09.1992 - 2 RU 46/91 -; LSG Nordrhein-Westfalen vom 02.03.2007 - L 4 U 47/06 - ).

Vorliegend habe der Kläger seinen Arbeitsaufwand ohne den Unfall nach Abbrennen der Scheune auf zunächst 80 und sodann auf 110 Stunden geschätzt; tatsächlich habe er ca. eine Stunde bis zum Unfall und danach weitere 29 Stunden gearbeitet. Es könne offenbleiben, ob auch die bereits vor dem Brand der Scheune durchgeführten Arbeitsleistungen hinzuzuzählen seien, weil auch die dann ermittelte maximale Arbeitsleistung von 244 Stunden nicht ausschließe, dass es sich um Gefälligkeitsdienste aufgrund der verwandtschaftlichen Nähebeziehung gehandelt habe. Der Kläger habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass bis zum Zeitpunkt des Unfalles die verwandtschaftliche Beziehung vollständig intakt gewesen sei. Er habe sie sogar als besonders gut beschrieben, was auch dadurch belegt werde, dass er seiner Schwester den ihm gehörenden Bauernhof inklusive Scheune sowie einen Bausparvertrag in Höhe von 10.000 EUR übertragen habe. Außerdem habe er neben der Arbeitsleistung auf der Baustelle der Schwester auch das notwendige Material kostenlos zur Verfügung gestellt. Damit habe der Kläger selbst aufgrund des intakten Verwandtschaftsverhältnisses nicht nur finanzielle Leistungen, sondern auch Arbeitsleistungen erbracht. Dem stehe nicht entgegen, dass die durchzuführenden Arbeiten zumindest teilweise einer besonderen Sachkunde bedurft hätten. Zwar sei dem Aktenvermerk der Beklagten vom 20.12.2005 die Absicht einer Rechnungsstellung für die erbrachten Arbeiten zu entnehmen, jedoch habe zu diesem Zeitpunkt bereits eine Zerrüttung des Verhältnisses zu S.H. vorgelegen, welche zum Unfallzeitpunkt noch nicht vorgelegen habe. Deswegen sei auch fraglich, ob der Angabe der Zeugin S.H. zu diesem Zeitpunkt Glauben zu schenken sei. Dies ändere jedoch nichts daran, dass eine versicherte Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ausscheide. Da das Bauvorhaben der Zeugin S.H. auch nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert worden sei (wozu die Eigenheimzulage nicht gehöre), scheide eine versicherte Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 SGB VII aus. Eine freiwillige Versicherung nach § 6 SGB VII oder eine Versicherung kraft Satzung (§ 3 SGB VII) lägen ebenfalls nicht vor. Schließlich könne damit letztendlich auch offen bleiben, ob zum Vollbeweis überhaupt ein Unfallereignis am 13.03.2005 nachgewiesen sei. Schließlich habe die Zeugin S.H. in ihrer Unfallanzeige ein Ereignis vom 15.03.2005 erwähnt und im Entlassungsbericht der Kliniken B. vom 15.03.2005 als auch des Universitätsklinikums U.vom 23.03.2005 sei von einem Sturz des Klägers am 14.03.2005 die Rede. Das Urteil des SG ist dem Bevollmächtigten des Klägers am 08.09.2010 zugestellt worden.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 06.10.2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten sei ein versicherter Arbeitsunfall nachgewiesen. Der Unfall habe sich am 13.03.2005 abends ereignet, was durch die Beweisaufnahme bestätigt worden sei. Der Kläger sei während des Unfalls als Beschäftigter seiner Schwester tätig gewesen und habe deren Weisungen unterlegen. Der Kläger habe die Arbeiten in der Art und Weise durchführen müssen und auch durchgeführt, wie diese von seiner Schwester gewünscht worden seien. Von Gefälligkeitsdiensten könne nicht die Rede sein, da des Klägers Fachkunde als Zimmerer notwendig gewesen sei und auch der Umfang der Tätigkeit dies ausschließe. Bei der erforderlichen Einbeziehung der Tätigkeiten vor dem Abbrennen der Scheune seien ca. 500 Arbeitsstunden geleistet worden, wofür Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten werde. Nach dem Brand habe der Kläger weitere 100 Arbeitsstunden geleistet. Das SG habe zudem in unzutreffender Weise zwischen Bruder und Schwester die "engste verwandtschaftliche Beziehung" angenommen, wohin gegen nach bürgerlichem Recht Geschwister nur Verwandte zweiter Ordnung seien. Es sei keinesfalls üblich, dass Arbeiten wie in vorliegendem Umfang für ein Geschwisterteil gewissermaßen als Gefälligkeit erbracht würden. Dem entsprechend habe die Schwester des Klägers diesen auch bei der Beklagten als Beschäftigten angemeldet und hierzu offenkundig auch Versicherungsbeiträge geleistet. Es könne nicht zu Lasten des Klägers gehen, dass aufgrund zwischenzeitlich eingetretener massiver Differenzen zwischen den Geschwistern die Schwester des Klägers inzwischen die Aussage verweigere.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 03.08.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 17.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall des Klägers vom 13.03.2005 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlichen Unfallversicherungsleistungen zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Kläger sei nach § 1589 BGB mit der Zeugin S.H. im ersten Grad in der Seitenlinie verwandt. Es handele sich, wie das SG zutreffend festgestellt habe, um die engste verwandtschaftliche Beziehung. Darüber hinaus seien die Beziehungen zwischen dem Kläger und der Schwester nicht nur formal enger familiärer Art, sondern auch durch tatsächliche bestehende familiäre Bindungen geprägt gewesen. Der Kläger selbst habe angegeben, seiner Schwester aufgrund seiner damals sehr guten Beziehung zu ihr geholfen zu haben. Er habe ihr sogar einen besparten Bausparvertrag in Höhe von 10.000 EUR zum Herrichten des Daches zukommen lassen. Die Stunden, die der Kläger vor dem Brand geleistet habe, seien nicht zu berücksichtigen. Der Brand stelle eine Zäsur dar, welche die Annahme zweier getrennter Bauvorhaben begründe. Es sei nicht korrekt, dass die Tätigkeiten in engem zeitlichen Zusammenhang vorgenommen worden seien. Denn mit Schreiben vom 23.08.2004 habe die Schwester mitgeteilt, dass die Scheune abgebrannt sei und das Bauvorhaben nicht mehr durchgeführt werde. Mit dem Neubau der Wohnung sei erst Anfang 2005 begonnen worden.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des LSG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger aufgrund des von ihm vorgetragenen Sachverhalts keinen bei ihr versicherten Arbeitsunfall erlitten hat. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Der Senat lässt offen, ob der von dem Klägerbevollmächtigten ausdrücklich aufrecht erhaltene Leistungsantrag gemäß seinem Schriftsatz vom 06.10.2010 in Übereinstimmung mit den Anforderungen des SGG steht (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 07.09.2004 - B 2 U 46/03 R - und vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R -; BSG, Urteile vom 07.09.2004 - B 2 U 35/03 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 6 und vom 30.01.2007 - B 2 U 6/06 R -, alle veröffentlicht in Juris). Denn wegen des Fehlens eines Arbeitsunfalls im Sinne von § 8 SGB VII kommt es hierauf nicht entscheidend an.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass zwar für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Dagegen müssen die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Bereits ein Unfallereignis auf der Baustelle der Zeugin S.H. ist fraglich, nachdem als Unfallzeitpunkt sowohl der 13.03.2005, der 14.03.2005 und der 15.03.2005 in den Akten genannt werden, und zudem der Bericht der LVA vom 27.04.2005 einen häuslichen Unfall vom 14.03.2005 erwähnt und der Entlassungsbericht des Universitätsklinikums vom 23.03.2005 lediglich einen Sturz aus 2 Metern Höhe am 14.03.2005 ohne eine Bezugnahme auf eine konkrete versicherte Verrichtung.

Das Abwarten des Klägers nach dem eingetretenen Unfall und die Meldung erst im Oktober 2005 ist ein weiteres Indiz dafür, dass weder der Kläger noch S.H. zunächst von einem Arbeitsunfall oder gar einem bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall ausgegangen sind. Sofern der Kläger hierzu mit ergänzendem Schreiben vom 15.11.2005 mitgeteilt hat, dass die verspätete Meldung des Unfalls im Oktober 2005 aufgrund der schweren Verletzungen erfolgt sei, ist dies nicht nachvollziehbar, nachdem der Kläger ausweislich des von S.H. geführten Bautagebuchs bereits im April 2005 wieder regelmäßig auf der Baustelle mitgearbeitet hat.

Zudem konnte der Nachweis einer versicherten Tätigkeit im vorliegenden Verfahren nicht er-bracht werden, selbst wenn man annähme, dass ein Sturz des Klägers auf der Baustelle der S.H. im März 2005 erfolgt ist. Die Angaben des Klägers und der Zeugen zu den Umständen der Aufenthalte des Klägers auf der Baustelle der S.H. sind nicht eindeutig und erlauben verschiedene Interpretationsmöglichkeiten des Vorliegens einer versicherten oder unversicherten Tätigkeit.

Zunächst kann die Möglichkeit, dass der Kläger für seinen Beschäftigungsbetrieb, die Fa. M., als abhängig Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig geworden ist, mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden. Denn die Fa. M. ist mit der Ausführung von Arbeiten gemäß den Angaben von S.H. vom 15.02.2006 und in der Zeugenvernehmung des SG am 03.08.2010 erst beauftragt worden, nachdem der Kläger seinen Unfall erlitten hatte.

Abgesehen hiervon könnte der Kläger möglicherweise als abhängig Beschäftigter der Zeugin S.H. (versichert nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII), als sog. Wie-Beschäftigter (versichert nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), als der S.H. familiäre Gefälligkeitsdienste Leistender (nicht versichert, vgl. BSG SozR 2200 Nr. 55 zu § 539 RVO), als Selbständiger für seinen Einmannbetrieb mit der Mitglieds-Nr. 12-79643 bei der Bezirksverwaltung Böblingen der Beklagten (von der Versicherungspflicht als Unternehmer aufgrund einer Einzelfallentscheidung der Beklagten befreit) oder als Schwarzarbeiter (ohne offizielles Bekennen zu der Tätigkeit, ggf. versichert nach § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB VII) tätig gewesen sein.

Eine Versicherung aufgrund abhängiger Beschäftigung für die Zeugin S.H. nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII lag indes nicht vor. Eine solche Versicherung besteht nach § 7 Abs. 1 SGB IV bei nichtselbständiger Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, wobei Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sind (BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 5, NZS 2600, 257). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Unternehmen ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko, das Tätigwerden auf eigene Rechnung, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche der Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSG a.a.O. m.w.N.). Vorliegend kann von diesem Versicherungstatbestand nicht ausgegangen werden, weil der Kläger nur gelegentlich für S.H. tätig geworden ist, weswegen es bereits an einer Eingliederung in den Betrieb von S.H. fehlte. Die Tätigkeit war zudem maßgeblich von dem damals noch intakten Geschwisterverhältnis geprägt, und Kläger nahm auch keine Weisungen von S.H. an, sondern war im Gegenteil aufgrund seines Fachwissens als Zimmermann selbst eine treibende Kraft hinter dem damaligen Ausbau der Scheune und gab S.H. Tipps und Anregungen. Sowohl die Art und Weise der Erbringung einzelner Bauleistungen als auch die Zeit der Arbeitsausübung des Klägers auf der Baustelle wurden vom Kläger selbst bestimmt, wie das SG zutreffend festgestellt hat. Die Zeugenaussage des beim Unfall anwesenden Baustellenhelfers A.M. hat bestätigt, dass die Baustelle der S.H. während der Anwesenheit des Klägers unter dessen Regie stand und die anderen Helfer auf die Anweisungen des Klägers hörten.

Auch eine Versicherung als Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ist nicht nachgewiesen; nach dieser Vorschrift sind ferner Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, solche Personen unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen, die fremdnützig für ein anderes Unternehmen handeln, ohne dass eine Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB VII vorliegt, da dann die Zurechnung des Haftungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen vorzunehmen ist (BSG, Urteil vom 08.05.1980 - 8a RU 38/79). Entscheidend für das Vorliegen einer "Wie-Beschäftigung" ist nicht alleine die unmittelbar zum Unfall führende Verrichtung, sondern das Gesamtbild des ausgeführten und beabsichtigten Vorhabens (BSG, Urteil vom 24.01.1991 - 2 RU 44/90 -). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts soll § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen den Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstrecken, die - ohne bloße Gefälligkeit zu sein - zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen der Handlungstendenz nach dienende und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen und nicht im Wesentlichen auf einer Sonderbeziehung, z.B. als Familienangehöriger, Freund oder Vereinsmitglied, beruhen (vgl. BSG Urteil vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 6; Kruschinsky in SGB VII-Komm. § 2 RdNr. 850 ff.). Es handelt sich hierbei nicht um eine Billigkeitsvorschrift, die dann eingreift, wenn einzelne Merkmale des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII fehlen. Da auch nicht jede sonst üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugängliche Tätigkeit beschäftigtenähnlich verrichtet wird, kommt der - mit dem objektiv arbeitnehmerähnlichen Verhalten verbundenen - Handlungstendenz, die vom bloßen Motiv des Tätigwerdens zu unterscheiden ist, ausschlaggebende Bedeutung zu. So ist eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit insbesondere auch dann nicht gegeben, wenn ein Verletzter als Unternehmer oder wie ein Unternehmer tätig ist.

Bereits oben wurde zu der fehlenden Versicherung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VII ausgeführt, weshalb vom Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht ausgegangen werden kann. Aus den gleichen Gründen liegt auch keine Versicherung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vor, weil eine auch nur vorübergehende Eingliederung in das Unternehmen von S.H. nicht erkannt werden kann und auch kein vorübergehendes Weisungs-Unterworfensein "wie" bei einem nach § 7 SGB IV abhängigen Beschäftigten erkennbar ist. Eine Wie-Versicherung ist unabhängig davon auch deswegen ausgeschlossen, weil die Tätigkeit nicht in anderer Funktion verrichtet werden darf, und durch die Tätigkeit ein innerer Zusammenhang mit dem unterstützten Unternehmen hergestellt werden muss (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 12.04.2011 - L 3 U 121/10 - m.w.N.). Vorliegend liegen indes gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger auf der Baustelle für S.H. als Zimmermann seines - bei der Beklagten versicherungsfrei geführten - Einmannbetriebs tätig geworden ist. Insbesondere die noch unbefangenen Angaben von S.H. im Oktober und November 2005 in zeitlicher Nähe zu dem Unfall, denen der Senat einen besonderen Beweiswert beimisst, weisen in diese Richtung, wonach der Kläger angegeben habe, er werde seine Arbeitsstunden und den Arbeitsunfall auf seinen Betrieb anmelden.

Für die weiteren im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.1991 - 2 RU 44/90 -) zu berücksichtigenden Gesichtspunkte verweist der Senat auf die umfassende Beweisaufnahme und die Beweiswürdigung durch das SG, wobei er sich letzterer nach § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich anschließt.

Auch nach dem erweiterten Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren können sowohl nicht versicherte familiäre Gefälligkeitsdienste als auch ein ebenso nicht versichertes Tätigwerden als selbständiger Unternehmer für den Einmannbetrieb des Klägers nicht ausgeschlossen werden.

Insbesondere kommt es nach den schlüssigen Ausführungen des SG nicht darauf an, ob die Arbeitsstunden des Klägers vor dem Abbrennen der Scheune mit denjenigen nach dem Beginn des Wiederaufbaus zusammenzurechnen sind. Auch kann die in der Berufung angegebene höhere Stundenzahl einer Mitarbeit des Klägers von insgesamt 500 Stunden als wahr unterstellt werden, so dass dem diesbezüglichen Beweisantritt nicht nachzukommen war. Auch bei einem erheblichen Aufwand an Arbeitszeit kann noch eine familiäre Gefälligkeit vorliegen, insbesondere wenn dieser als sozial adäquat oder gar sozial erwartet zu qualifizieren ist (Hessisches LSG, Urteil vom 15.03.2011 - L 3 U 90/09 - zu der Hilfe eines Sohnes bei der Sanierung des Altbaus seiner Eltern). Zwar steht dem Versicherungsschutz grundsätzlich nicht entgegen, dass unter Verwandten die Bereitschaft zu Freundschaft- und Gefälligkeitsleistungen größer ist und deshalb die Tätigkeit, die sonst aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses oder jedenfalls gegen Entgelt verrichtet wird, als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst unentgeltlich erbracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1988 – 2 RU 81/87 – in HV-Info 1988, 1629). Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII besteht jedoch nicht, wenn es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst handelt oder die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen ist, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Verwandten, Freunden oder Nachbarn typisch, üblich und deshalb zu erwarten ist (Hessisches LSG a.a.O.).

Vorliegend ist die - bis zum späteren Streit - bestehende besondere Nähebeziehung dadurch dokumentiert, dass der Kläger seine Schwester S.H. regelrecht zum Ausbau der Scheune zur Wohnung gedrängt hatte, ihr hierfür Grundeigentum und einen Bausparvertrag übertragen sowie Baumaterial kostenlos überlassen hat. Hierdurch entsteht ein Gesamtbild, nach dem der Kläger erhebliche Kosten und Zeit zu Gunsten von S.H. aufgewendet hat, was sich nur durch eine besondere Nähebeziehung erklären lässt und worin sich auch die geleisteten Arbeitsstunden als familiäre Gefälligkeit einordnen lassen. Andererseits wäre es aufgrund dieses Gesamtbildes, das einen erheblichen Einsatz des Klägers für S.H. zeigt, befremdlich, abweichend vom sonstigen Einsatz des Klägers für S.H. für die Arbeitsstunden eine beschäftigungsähnliche Beziehung zu S.H. wie zu einem Arbeitgeber anzunehmen. Der Kläger hat in seinen Einlassungen vor dem SG in der Zeugenvernehmung vom 03.08.2010 deutlich dargestellt, welchen erheblichen zeitlichen und finanziellen Einsatz er für S.H. erbracht hat, und dass dies auf der geschwisterlichen Nähe beruhte. So hatte er der S.H. nicht nur 10.000 EUR geschenkt, damit diese die Baustelle in Angriff nehmen konnte, sondern auch sein Gefühl ausgedrückt, dass die Scheune auch nach der Eigentumsübereignung ihm gehöre und er es der Schwester ermögliche, aus ihrer Mietwohnung in das von ihm bereitgestellte Wohneigentum einzuziehen. Die Äußerungen des Klägers vor dem SG zeigen somit deutlich, dass sein Verhalten sehr stark von brüderlicher Fürsorge geprägt war, wodurch sich auch der hohe Geld- und Zeiteinsatz des Klägers erklären lässt.

Andererseits ist es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger beabsichtigte, für S.H. nach dem Beginn des Wiederaufbaus der Scheune Arbeiten zu leisten, die über seinen versicherungsfrei geführten Einmannbetrieb als Zimmermann abgerechnet werden sollten. Die ersten Einlassungen der S.H. wiesen darauf hin, dass die Tätigkeit und der Unfall dem Einmannbetrieb des Klägers zugewiesen werden sollten. Auch das Fehlen des Namens des Klägers im Bauhelfer-Tagebuch vom 13.03.2005 deutet in diese Richtung; der Eintrag am 15.03.2005, welcher erst im Januar 2006 nachgeholt wurde, ist bereits deswegen nicht als besonders zuverlässig anzusehen, weil an diesem Tag kein Unfall des Klägers, der sich bereits in stationärer Behandlung befand, stattgefunden hat. Außerdem handelt es sich um eine Nachmeldung für nur eine Stunde, die gemäß dem Anschreiben der S.H. vom 29.01.2006 erkennbar von der Absicht geprägt ist, nur das an Helferstunden einzuräumen, was nicht mehr geleugnet werden konnte. Zudem bestand zu der Situation vor dem Brand der Scheune der maßgebliche Unterschied, dass wegen der Auszahlung von Versicherungsleistungen eine bessere Liquidität von S.H. bestand, welche die Nachfrage nach vergüteten Zimmererleistungen vereinfachte. Darüber hinaus war es im Rahmen der gewährten Versicherungsleistungen für die S.H. unter Umständen sogar kostenneutral, dem Kläger für Wiederaufbauleistungen eine Vergütung zu gewähren. Schließlich ist auch die vom Klägerbevollmächtigten hervorgehobene Tatsache, dass der Kläger der S.H. keine seiner Leistungen in Rechnung gestellt hat, kein stichhaltiger Beweis für das Fehlen einer ursprünglichen Vergütungsabsicht. Denn nachdem der Unfall geschehen war, dürfte den Beteiligten schnell deutlich geworden sein, dass bei einer "Anmeldung" des Unfalls auf den Einmannbetrieb des Klägers - anders als bei einer Bauhelfertätigkeit nach § 2 Abs. 2 SGB VII - keine Leistungen der Beklagten zu erwarten waren. Im Verhältnis zu dem erheblichen Aufwand der Krankenbehandlung und Reha-Maßnahmen sowie zum möglichen Verletztenrenten-Anspruch wäre eine Berechnung der nach dem Wiederaufbau der Scheune geleisteten Arbeitsstunden wirtschaftlich deutlich weniger attraktiv gewesen. Insofern lag auch im Falle einer ursprünglich vereinbarten Vergütung für selbständige Zimmererarbeiten ein wirtschaftlich starkes Motiv vor, nach dem Unfall von einer Rechnungstellung Abstand zu nehmen.

Da das SG abschließend auch zu Recht Versicherungstatbestände nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 SGB VII (Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums), § 3 SGB VII (Versicherung kraft Satzung) und § 6 SGB VII (Freiwillige Versicherung) ausgeschlossen hat und sonstige Versicherungstatbestände nach dem SGB VII nicht ersichtlich sind, ist im Ergebnis vom Fehlen eines Versicherungsfalles, für dessen Vorliegen der Kläger die Feststellungslast trägt, auszugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved