L 5 AS 4/09

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 25 AS 159/07 / S 25 AS 1793/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AS 4/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2008 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. &8195;

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der an die Kläger in den Zeiträumen vom 1. Juni 2006 bis zum 30. November 2006 und 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 erbrachten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – im Hinblick auf weitere Kosten der Unterkunft in Höhe des hälftigen Tilgungsanteils des für die Anschaffung des Einfamilienhauses aufgenommenen Kredits sowie in Höhe von 40,- Euro monatlich wegen der Bildung einer Instandhaltungsrücklage.

Der 1961 geborene Kläger zu 1.) ist der Vater der Kläger zu 2.) – geboren 1994 – und zu 3.) – geboren 1996 –.

Die Kläger zu 1.) bis 3.) bewohnen ein Einfamilienhaus mit einer Fläche von 109 qm, das im Eigentum des Klägers zu 1.) und seiner geschiedenen Ehefrau – der Mutter der Kläger zu 2.) und 3.) – steht. Für die Finanzierung des Hausbaues sowie für den Erwerb des Grundstücks hatten der Kläger zu 1.) und seine geschiedene Ehefrau 1998 Kredite bei der H. Sparkasse sowie der W. aufgenommen. Diese bedient der Kläger nach der Scheidung der Ehe im Jahr 2004 allein. Der Beklagte berücksichtigte die Schuldzinsen für beide Kredite als angemessene Kosten der Unterkunft, nicht jedoch die Tilgung der Kredite (1 % jährlich bei der H. Sparkasse, 0,5 % jährlich bei der W.).

Mit Bescheid vom 20. Juni 2006 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II, da der Kläger zu 1.) keine Einnahmen aus seiner freiberuflichen Tätigkeit als Grafiker erzielte und die Unterhaltszahlungen der geschiedenen Ehefrau sowie das Kindergeld nicht für den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft ausreichten. Als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wurden insgesamt 920,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2006 bewilligt; für die Kosten der Unterkunft waren Schuldzinsen in Höhe von 563,82 Euro, Heizkosten in Höhe von 62,50 Euro, Betriebskosten in Höhe von 121,49 Euro und Wassergeld in Höhe von 47,- Euro, insgesamt also 794,81 Euro monatlich berücksichtigt worden. Hiervon waren allerdings 408,- Euro monatlich aufgrund des Einkommens (Unterhalt der Kinder und Kindergeld) abzuziehen, so dass sich ein Betrag von 386,81 Euro ergab. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Bescheid vom 20. Juni 2006 Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 21. Mai 2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis zum 30. November 2007. Als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wurden insgesamt 886,78 Euro für Juni 2007 und 886,42 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 30. November 2007 bewilligt; für die Kosten der Unterkunft waren Schuldzinsen in Höhe von 563,82 Euro monatlich zugrunde gelegt worden. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Bescheid vom 21. Mai 2007 Bezug genommen.

Hiergegen legte der Kläger zu 1.) jeweils Widerspruch ein mit der Begründung, es müsse bei den Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden, dass er an seine geschiedene Ehefrau eine Nutzungsentschädigung zahle, indem er die vollen Tilgungsleistungen für die Hauskredite, und nicht nur die Hälfte, übernehme.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 19. Dezember 2006 und 10. Juli 2007 wies der Beklagte den jeweiligen Widerspruch als unbegründet zurück. Im Wesentlichen führte er aus, der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verpflichtet sei.

Mit den am 20. Januar 2007 und am 10. August 2007 vor dem Sozialgericht Hamburg erhobenen Klagen (S 25 AS 159/07 und S 25 AS 1793/07) haben die Kläger geltend gemacht, die geschiedene Ehefrau des Klägers zu 1.) bzw. die Mutter der Kläger zu 2.) und 3.) habe aufgrund ihrer Miteigentümerstellung zur ideellen Hälfte einen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung. Der Anspruch werde dadurch befriedigt, dass der Kläger zu 1.) die aufgenommenen Darlehen bediene. Insoweit erfolge keine Inanspruchnahme durch die geschiedene Ehefrau. Der Kläger zu 1.) habe im Jahr 2006 Darlehensraten in Höhe von 873,72 Euro monatlich gezahlt, und zwar 726,03 Euro monatlich an die H. Sparkasse und 147,69 Euro monatlich an die W ... In diesen Beträgen sei zum überwiegenden Teil ein Zinsanteil, aber auch ein Tilgungsanteil in Höhe von monatlich 186,22 Euro enthalten. Die Tilgungsbeträge für das Darlehen bei der H. Sparkasse hätten sich für das Jahr 2007 auf 2.105,96 EUR belaufen, für das Darlehen bei der W. auf 1.325,25 EUR. Die Hälfte davon, also 142,97 EUR monatlich, müssten als Nutzungsentschädigung bei den Kosten der Unterkunft zusätzlich berücksichtigt werden. Bei den Kosten für die Unterkunft sei außerdem zu berücksichtigen, dass für das Eigenheim eine Instandhaltungsrücklage für Erhaltungsaufwand gebildet werden müsse. Hierfür sei ein Betrag von 1.056,- EUR jährlich anzusetzen. Die Hälfte davon müsse er, der Kläger zu 1.), tragen, so dass sich ein Betrag von 528,- EUR jährlich ergebe. Er mache gegenüber dem Beklagten einen Betrag von 40,- EUR monatlich geltend.

Mit Urteilen vom 16. Oktober 2008 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass den Klägern kein Anspruch auf Bewilligung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft zustehe. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II seien Kosten der Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen seien. Bei selbstgenutzten Eigenheimen, die nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht als Vermögen zu verwerten seien, gehörten zu den tatsächlichen Aufwendungen jedenfalls die in § 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VO zu § 76 Bundessozialhilfegesetz – BSHG – genannten Ausgaben, insbesondere für Schuldzinsen. Der Beklagte habe die von dem Kläger zu 1.) zu zahlenden Schuldzinsen in voller Höhe berücksichtigt; die Aufwendungen für die Kredittilgung habe er zu Recht nicht berücksichtigt. Die mit der Tilgung eintretende Minderung der auf dem Wohneigentum ruhenden Belastungen führe bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu einer Mehrung des Vermögens des Eigentümers. Das Arbeitslosengeld II solle aber lediglich den Lebensunterhalt sichern und nicht der Vermögensbildung dienen. Zwar habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 18. Juni 2008 (B 14/11b AS 67/06 R) diesen Grundsatz relativiert, indem es ausgeführt habe, dass Tilgungsleistungen, die zur Erhaltung des Wohneigentums unvermeidbar seien, dann übernommen werden könnten, wenn der Hilfebedürftige alles unternommen habe, um die Tilgungsverpflichtung während des Bezuges von Grundsicherungsleistungen so niedrig wie möglich zu halten, und wenn durch die gesamten Finanzierungskosten die für eine Mietwohnung angemessenen Kosten nicht überschritten würden. Auch unter Berücksichtigung dieser neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung seien den Klägern aber keine höheren Leistungen zu bewilligen. Der Kläger zu 1.) zahle nach seinem Vortrag nicht nur die Hälfte der mit den Banken vereinbarten Tilgungsleistungen, sondern sogar die gesamten Beträge, also auch den Teil, den seine geschiedene Ehefrau zahlen müsste. Statt seine Tilgungsverpflichtung während des Bezuges von SGB II-Leistungen so niedrig wie möglich zu halten, habe er sogar noch eine zusätzliche Tilgungsverpflichtung übernommen. Dass er diese Pflicht übernommen habe, um auf diese Weise seiner geschiedenen Ehefrau eine Entschädigung für die Nutzung des Einfamilienhauses zukommen zu lassen, sei ebenso wenig nachgewiesen wie ein Bemühen gegenüber den Banken um eine Herabsetzung oder Stundung der Tilgungsverpflichtungen. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob grundsätzlich eine derartige Nutzungsentschädigung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft zu zählen und zu berücksichtigen wäre. Im Übrigen würden Kosten der Unterkunft bei Berücksichtigung des Tilgungsanteils das Maß des Angemessenen übersteigen. Ein Anspruch auf die Zahlung einer Instandhaltungspauschale bestehe ebenfalls nicht. Es sei lediglich ein Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft gegeben. Damit lasse sich allenfalls ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für notwendig gewordene Mängelbeseitigungen herleiten, nicht aber für eine Rücklagenbildung. Konkrete Instandhaltungskosten für den hier streitigen Bewilligungszeitraum seien nicht geltend gemacht worden.

Die Urteile des Sozialgerichts wurden dem Bevollmächtigten der Kläger am 10. Dezember 2008 bzw. am 14. Januar 2009 zugestellt.

Mit den am 9. Januar 2009 und am 13. Februar 2009 eingelegten Berufungen (L 5 AS 4/09 und L 5 AS 30/09) verfolgen die Kläger ihre Begehren weiter und führen aus, das Sozialgericht habe nicht ausreichend gewürdigt, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers zu 1.) gegenüber den Klägern einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung habe und dass die Unterhaltung der von den Klägern bewohnten Wohnung erfordere, eine Instandhaltungsrücklage zu bilden. Zu Unrecht habe sich das Sozialgericht hinsichtlich der Frage der Angemessenheit von Wohnungskosten an den entsprechenden fachlichen Weisungen des Beklagten orientiert. Hierüber sei ein Sachverständigengutachten einzuholen. Im Hinblick auf die an die geschiedenen Ehefrau des Klägers zu 1.) vereinbarungsgemäß zu zahlende Nutzungsentschädigung, worüber durch Vernehmung der geschiedenen Ehefrau Beweis zu erheben sei, habe das Sozialgericht § 745 BGB übersehen. Der sich hieraus ergebene Anspruch belaufe sich mindestens auf die Hälfte des angemessenen Mietzinses, der marktüblicherweise bei dem von den Klägern bewohnten Einfamilienhaus mit monatlich 880,- Euro anzusetzen sei. Im Zusammenhang mit den Tilgungsleistungen habe es das Sozialgericht auch versäumt zu prüfen, ob in der finanziellen Situation der Kläger eine Aussetzung oder Streckung der Tilgungsleistung überhaupt möglich sei. Hinsichtlich der Frage nach einer Instandhaltungspauschale werde auf § 16 Abs. 2 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) – WoEigG – hingewiesen; danach bestehe die Pflicht, eine Instandhaltungsrücklage zu bilden. Demzufolge habe die obergerichtliche Rechtsprechung auch deren Berücksichtigungsfähigkeit anerkannt. Es müsse im Hinblick darauf, dass das Wohneigentum Schonvermögen sei, den Anspruchsberechtigten ermöglicht werden, das Wohneigentum auch weiterhin zu halten. Dazu gehöre auch der Ersatz für die Instandhaltungsrücklagen und für die angemessen Aufwendungen für die Immobilie.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2008, Az.: S 25 AS 159/07, aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2006 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern für den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 30. November 2006 über die im Bescheid vom 20. Juni 2006 gewährten Leistungen hinaus, weitere Leistungen in Höhe von 40,- Euro monatlich zur Bildung einer Instandhaltungsrücklage und 93,11 Euro monatlich für eine Nutzungsentschädigung zu bewilligen

sowie

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2008, Az.: S 25 AS 1793/07, aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 21. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 über die im Bescheid vom 21. Mai 2007 gewährten Leistungen hinaus, weitere Leistungen in Höhe von 40,- Euro monatlich zur Bildung einer Instandhaltungsrücklage und 142,97 Euro monatlich für eine Nutzungsentschädigung zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt jeweils,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Ausführungen in den angefochtenen Urteilen für zutreffend. Dem Senat haben neben den Gerichtsakten auch die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird hierauf Bezug genommen. Die Berufungen sind mit Beschluss vom 8. September 2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden. Auf das Sitzungsprotokoll vom 8. September 2011 wird insoweit verwiesen wie auch bezüglich der vom Bevollmächtigten der Kläger gestellten Beweisanträge.

Entscheidungsgründe:

Die am 9. Januar und am 13. Februar 2009 eingelegten Berufungen gegen die am 10. Dezember 2008 und am 14. Januar 2009 zugestellten Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2008 sind statthaft (§§ 143, 144 Sozialgesetzbuch – SGG –) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

Die Berufungen sind aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

1. Die Kläger, die Leistungsberechtigte im Sinne des SGB II sind, haben keinen Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft in Höhe der hälftiges Tilgungsanteils der Finanzierungskosten.

Rechtsgrundlage für die Leistungen für Unterkunft und Heizung sind §§ 19 bzw. 28, 22 SGB II in der ab dem 1. April 2006, der ab dem 1. August 2006 und der ab dem 1. Januar 2007 gültigen Fassung. Danach werden im Rahmen des Arbeitslosengeldes II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Bei einem selbstgenutzten Eigenheim sind als Unterkunftskosten alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind, zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 7.7.2011, B 14 AS 51/10 R). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG, Urteil vom 13.4.2011, B 14 AS 106/10 R). Die zu Mietwohnungen entwickelten Grundsätze gelten auch, soweit Hilfebedürftige Kosten für selbst genutztes Wohneigentum von angemessener Größe im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II geltend machen. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten richtet sich für Mieter und Wohnungseigentümer nach einheitlichen Kriterien. Dieses folgt aus dem Gebot der Gleichbehandlung von hilfebedürftigen Mietern und Wohnungseigentümern (BSG, Urteil vom 18.6.2008, B 14/11b AS 67/06 R).

Die von dem Beklagten bewilligten Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 747,81 Euro monatlich (563,25 Euro zuzüglich 121,49 Euro für Nebenkosten und 62,50 Euro für Heizung) durch Bescheid vom 20. Juni 2006 für den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 30. November 2006 bzw. in Höhe von 811,01 Euro monatlich (563,82 Euro zuzüglich 173,85 Euro Nebenkosten und 73,34 Euro Heizung) durch Änderungsbescheid vom 27. November 2006 für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. November 2006 und in Höhe von 812,09 Euro im Monat Juni 2007 und in Höhe von 806,73 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 30. November 2007 durch Bescheid vom 21. Mai 2007 entsprechen der Angemessenheit und sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Ein höherer Leistungsanspruch ist nicht gegeben. Der Beklagte hat bei der Bewilligung der angemessenen Unterkunftskosten die von dem Kläger zu 1.) zu zahlenden Schuldzinsen in voller Höhe berücksichtigt. Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass eine darüber hinausgehende Tilgungsleistung des Klägers nicht als angemessene Kosten der Unterkunft anzuerkennen ist, da diese der Vermögensbildung dient. Zwar schließt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 18.6.2008, a.a.O.) der Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Berücksichtigung von Tilgungsraten nicht aus. Jedoch besteht ein solcher Anspruch nur in Ausnahmefällen, in denen die Kosten in Form von Tilgungsleistungen zur Erhaltung des Wohneigentums unvermeidbar sind. Dieses setzt zunächst allerdings voraus, dass der Hilfebedürftige vor Inanspruchnahme staatlicher Leistungen alles unternehmen muss, um die Tilgungsverpflichtung während des Bezugs von Grundsicherungsleistungen so niedrig wie möglich zu halten. Außerdem erfährt ein solcher möglicherweise gegebener Anspruch eine Begrenzung durch den Betrag, den der Grundsicherungsträger bei einer angemessenen Mietwohnung zu tragen hätte.

Im vorliegenden Falle kann es nach Auffassung des Senats dahin stehen, ob sich der Kläger zu 1.) um eine Verringerung der Tilgungslast bemüht hat oder ob solche Bemühungen von vornherein ohne Erfolg geblieben und daher nutzlos gewesen wären. Auch kann dahinstehen, ob die Angemessenheit der Wohnkosten durch die entsprechende fachliche Weisung des Beklagten richtig definiert wird – daher war insoweit auch kein Beweis zu erheben. Denn es ist ein konkreter Verlust der Wohnung, wie er in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Falle aufgrund der Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen drohte, ohne Übernahme der Tilgungsleistungen durch den Beklagten nicht erkennbar. Das von den Klägern bewohnte Haus konnte auch ohne Übernahme von Tilgungsleistungen durch den Beklagten seit dem Jahr 2006 gehalten werden, wie der Geschehensablauf zeigt (vgl. LSG NRW, Urteil vom 25.11.2010, L 7 AS 57/08). Der Gesichtspunkt der Vermögensbildung betrifft im Übrigen die Tilgungsleistungen in voller Höhe, denn der Kläger profitiert von jeglicher Tilgung durch entsprechend hälftigen Erwerb lastenfreien Eigentums.

Auch führt der Aspekt, dass die alleinige Tilgung der Kredite durch den Kläger zu 1.) nach seinen Angaben auf der Grundlage einer mit seiner geschiedenen Ehefrau getroffenen Vereinbarung erfolgen und der Kläger zu 1.) dadurch von einem Anspruch der geschiedenen Ehefrau auf Nutzungsentschädigung frei werden soll, nicht zu einer anderen Betrachtung. Daher war dem insoweit gestellten Beweisantrag nicht nachzugehen. Ein vom Kläger zu 1.) übernommener Schuldendienst als Ausgleich für eine seiner früheren Ehefrau zu zahlende Nutzungsentschädigung ändert nichts daran, dass der Kläger zu 1.) im Verhältnis zum Darlehensgeber Tilgungen auf die eigene Darlehensschuld bezüglich des aufgenommenen Darlehens für den gemeinsamen Hauskauf leistet. Der Kläger haftet nämlich als Gesamtschuldner gem. § 421 BGB. Eine besondere Verknüpfung mit den Kosten der Unterkunft ergibt sich durch eine ausschließlich das Innenverhältnis zwischen dem Kläger zu 1.) und seiner geschiedenen Ehefrau betreffende Vereinbarung nicht. Sie stellte lediglich eine Verrechnung wechselseitiger Ansprüche aus § 426 Abs. 2 BGB bzw. aus § 745 Abs. 2 BGB dar, die das Grundbedürfnis des Wohnens nicht unmittelbar berührt.

2. Ein Anspruch auf Leistungen für eine Instandhaltungspauschale besteht ebenfalls nicht. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage. Vielmehr müssen konkrete Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt und nachgewiesen werden (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.4.2010, L 10 AS 85/07). Leistungen nach dem SGB II sind auf das aktuell Notwendige beschränkt und können nicht der Ansparung einer Rücklage zur Finanzierung zukünftiger Ereignisse dienen, wenn dazu im Zeitpunkt der Hilfebedürftigkeit keine Verpflichtung besteht (BSG, Urteil vom 3.3.2009, - B 4 AS 38/08 R -). Etwas anderes folgt auch nicht aus der von den Klägern zitierten Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 26. Januar 2007 (L 12 AS 3932/06), da in dem dort zugrundeliegenden Sachverhalt eine Verpflichtung zur Bildung einer Rücklage für Instandhaltungsmaßnahmen gegeben war, die aufgrund von § 21 WoEigG nicht zur Disposition des einzelnen zur Wohnungseigentümergemeinschaft gehörenden Eigentümers stand. Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Der Kläger zu 1.) ist nicht aufgrund bestehenden Wohnungseigentums im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes verpflichtet, eine Instandhaltungspauschale bezüglich des von ihm bewohnten Hauses zu entrichten. Bezüglich des Wohnhauses des Klägers besteht kein Wohnungseigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes. Ein solches besteht lediglich im Verhältnis zwischen dem Wohnhaus der Kläger zu dem benachbarten gewerblich genutzten Hausgrundstück des Klägers zu 1.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG, da die Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit von Tilgungsleistungen, die mit der Nutzungsentschädigung für ein im Miteigentum eines Dritten stehenden Hauses verrechnet werden, im Rahmen der Leistungen für die Kosten der Unterkunft – soweit ersichtlich – bisher nicht entschieden wurde.

Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

Für die Revision vor dem Bundessozialgericht können Beteiligte, die nicht schon durch Bevollmächtigte der unter 1. oder 2. der Rechtsmittelbelehrung genannten Gewerkschaften oder Vereinigungen vertreten sind, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwaltes beantragen.

Der Antrag kann von den Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten und ggf. durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - ggf. nebst entsprechenden Belegen - müssen bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Revision beim Bundessozialgericht eingehen.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann eine zur Vertretung bereite Rechtsanwältin oder ein bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und machen sie von ihrem Recht, eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf Antrag die beizuordnende Rechtsanwältin oder der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Die Revisionsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Rechtskraft
Aus
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