Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 7 AL 252/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 174/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 104/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juni 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin - zumindest aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - Arbeitslosengeld ab dem 1. Februar 2007 zu zahlen hat.
Nachdem die Klägerin ihre versicherungspflichtige Beschäftigung wegen einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Januar 2003 beendet hatte, meldete sie sich bei der Beklagten mit Wirkung ab dem 1. Februar 2003 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld. Daraufhin bewilligte die Beklagte ihr Arbeitslosengeld ab 1. Februar 2003 für längstens 780 Kalendertage. Wegen der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit hob die Beklagte die Bewilligung ab 15. Juli 2004 auf.
Am Dienstag, 23. Januar 2007, nahm die Klägerin am Kundenportal der Agentur für Arbeit C. Kontakt auf. Sie gab an, wegen einer Beendigung ihrer selbständigen Tätigkeit sich erneut mit Wirkung ab 1. März 2007 arbeitslos zu melden. Entsprechend vermerkte die Mitarbeiterin der Beklagten und spätere Zeugin (Zeugin) auf dem Antragsformblatt, das sie der Klägerin aushändigte, Arbeitsuchendmeldung 23. Januar 2007, Arbeitslosmeldung 23. Januar 2007, gegebenenfalls zum 1. März 2007. Auch bestimmte die Zeugin einen Termin bei der Arbeitsvermittlung für den 26. Februar 2007.
Bei dem Beratungsgespräch vom 26. Februar 2007 gab die Klägerin laut Aktenvermerk an, ihr Ladengeschäft sei bis zum 24. Februar 2007 geöffnet gewesen. Deswegen habe sie sich auch bisher nicht um Bewerbungen kümmern können. Hätte sie jedoch gewusst, dass sie sich spätestens am 1. Februar 2007 hätte arbeitslos melden müssen, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu behalten, so hätte sie das Geschäft auch zum 31. Januar 2007 schließen können.
Mit Bescheid vom selben Tage lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab, weil die Klägerin die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht erfüllt habe. Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 21. März 2007 bei der Beklagten schriftlich Widerspruch ein. Er führte hierzu aus, die Klägerin habe ihre selbständige Tätigkeit ab 26. Februar 2007 beendet. Die Klägerin habe darauf vertraut, erneut einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben, wenn sie ihre selbstständige Tätigkeit innerhalb von drei Jahren aufgebe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Im Ausgangsbescheid sei zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen erneuten Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt habe, weil sie innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 1. März 2007 nicht mindestens 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden habe. Auch ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren führe zu keinem anderen Ergebnis. Zwar habe die Klägerin noch einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld für 250 Tage bei ihrer Vorsprache am 23. Januar 2007 gehabt. Dieser Restanspruch sei jedoch nach § 147 Abs. 2 SGB III erloschen, weil sie sich erst zum 1. März 2007 arbeitslos gemeldet habe. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erlösche danach, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen seien. Das sei hinsichtlich dieses Anspruchs zu Lasten der Klägerin mit Ablauf des 1. Februar 2007 eingetreten. Die Klägerin könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als habe sie sich bereits spätestens zum 1. Februar 2007 erneut arbeitslos gemeldet. Selbst wenn ein Verstoß gegen Beratungspflichten anzunehmen sei, könne eine Restitution im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht erfolgen, weil eine fehlende Arbeitslosmeldung als Tatsachenerklärung im Gegensatz zu einem Leistungsantrag, der lediglich eine Willenserklärung darstelle, nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 25. Mai 2007 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Zeugin in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2010 zum Verlauf des Kontaktes mit der Klägerin am 23. Januar 2007 vernommen. Die Zeugin hat bei ihrer Vernehmung vor allem ausgeführt, in der Eingangszone würden zunächst die persönlichen Daten eines Kunden erfasst und anschließend ein Antragsformblatt ausgehändigt. Automatisch erfasst würde das Datum der Vorsprache. Ebenfalls erfolge automatisch eine Abfrage einer bereits vorhandenen Kundennummer. Nur Name und Adresse des Kunden blieben länger als zehn Monate gespeichert. Ein vorheriger Leistungsbezug sei in der Bearbeitungsmaske nicht zu erkennen. Der Tag der Aushändigung des Antragsformblattes sei für sie der Tag der Arbeitslosmeldung. Das Wort "gegebenenfalls" sei vorgegeben und könne nicht entfernt werden. Auf Bl. 33 der Leistungsakte der Beklagten sei der Ausdruck der Leistungsabteilung enthalten. Sie könne das Blatt nur gesondert ziehen. Sie mache das aber nicht, weil es nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehöre. Nach einem Restanspruch würde der Kunde nicht immer gefragt. Im vorliegenden Fall könne sie sich nicht erinnern. Gebe es einen Anlass für sie, würde sie jedoch danach fragen. Wegen weiterer Einzelheiten und der Aussage im protokollierten Wortlaut wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 16. Juni 2010 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin ab dem 1. Februar 2007 Arbeitslosengeld zu zahlen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Beklagte habe es pflichtwidrig versäumt, die Klägerin bei dem Erstkontakt am 23. Januar 2007 darauf hinzuweisen, dass eine Arbeitslosmeldung bis spätestens 1. Februar 2007 erfolgen müsse. Auch habe die Zeugin ausdrücklich bestätigt, dass sie technisch in der Lage gewesen sei, den Datensatz aufzurufen, aus dem die Restanspruchsdauer und der Entstehungszeitpunkt des vorherigen Anspruchs zu erkennen sei. Weiter sei zu berücksichtigen, dass nach Angaben der Zeugin im Antragsformblatt für den Tag der Arbeitslosmeldung die Aushändigung des Formblattes maßgeblich sei. Der weitere Zusatz "gegebenenfalls mit Wirkung ab 1. März 2007" sei insoweit irreführend. Es sei daher von einer Arbeitslosmeldung am 23. Januar 2007 auszugehen. Die Beklagte habe es unterlassen, im Wege weiterer Sachverhaltsermittlungen zu klären, was die Einschränkung, gemeint ist "gegebenenfalls ", bedeutete.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 3. September 2010 zugestellte Urteil am 28. September 2010 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Verwertung der Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2010 im Wege des Urkundsbeweises einverstanden erklärt.
Die Beklagte weist darauf hin, dass das Urteil des SG nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu halten sei, weil ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht fehlende Tatsachen vorverlegen könne. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte aufgrund der Angaben der Klägerin bei der Kontaktaufnahme davon ausgehen musste, dass sie sich ohnehin nicht vor dem 1. März 2007 arbeitslos melden könne, weil sie ihre selbstständige Tätigkeit noch fortgesetzt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juni 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Das Urteil des SG ist rechtswidrig, weil der angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld steht der Klägerin ab dem 1. Februar 2007 nicht zu.
Einen erneuten Anspruch auf Arbeitslosengeld hat die Klägerin nicht begründet, weil sie die nach §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 Nr. 3, 123, 124 SGB III idF des Änderungsgesetzes vom 24.12.2003 (SGB III F. 2005) erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat.
Erforderlich ist danach, dass innerhalb einer Rahmenfrist von zwei Jahren der Antragsteller mindestens zwölf Monate in einem Versicherungsverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Unabhängig davon, ob die Klägerin sich zum 23. Januar 2007, 1. Februar 2007 oder 1. März 2007 arbeitslos gemeldet hat und damit frühestens zu diesen Zeitpunkten die sonstigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt haben kann, kann sie die vorbenannte Anwartschaftszeit schon deshalb nicht erfüllen, weil sie ab dem 15. Juli 2004 ununterbrochen bis zum 24. Februar 2007 eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt hat, die einen Versicherungstatbestand nicht begründen kann.
Der verbliebene Restanspruch auf Arbeitslosengeld aufgrund der vorherigen Arbeitslosigkeit ist hingegen vor der erneuten Arbeitslosmeldung erloschen.
Nach § 147 Abs. 2 SGB III kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre vergangen sind.
Ist der Anspruch am 1. Februar 2003 bereits aufgrund des nach § 77 SGG bestandskräftigen Bewilligungsbescheids entstanden, läuft diese Frist zum 1. Februar 2007 kalendermäßig ab; eine Hemmung oder Unterbrechung des Fristablaufs ist ausgeschlossen (BSG, 19.01.2005 – B 11a/11 AL 11/04 R mnN). Läuft die Frist kalendermäßig ab, endet sie mit Ablauf des Tages, der seiner Benennung nach dem Tag entspricht, an dem er entstanden ist (§ 26 Abs. 1 SGB X iVm §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).
Jedenfalls vor dem 2. Februar 2007 hat die Klägerin sich jedoch weder persönlich arbeitslos gemeldet noch ist sie arbeitslos gewesen, so dass der Restanspruch bereits erloschen ist, bevor die Klägerin die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen konnte.
Beide Leistungsvoraussetzungen nach §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 119, 122 Abs. 1 S. 1 SGB III F. 2005 haben bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen.
Persönlich arbeitslos gemeldet hat sich die Klägerin gemäß § 122 Abs. 1 S. 1 SGB III erst zum 1. März 2007 bei der Arbeitsagentur C. Zwar lässt die Aufnahme im Antragsformblatt, worauf das SG hingewiesen hat, eine andere Deutung durchaus zu, weil der Wortlaut der Erklärungen missverständlich gefasst ist. Die Aussage der Zeugin und das Vorbringen der Klägerin stimmen darin überein, dass sie bei dem Kontakt am 23. Januar 2007 noch selbstständig tätig gewesen ist und sich schon deshalb erst zu einem späteren Zeitpunkt - voraussichtlich 1. März 2007 - arbeitslos melden wollte.
Auch arbeitslos ist die Klägerin vor Aufgabe ihrer selbstständigen Tätigkeit Ende Februar 2007 nicht nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB III F. 2005 gewesen. Danach setzt Arbeitslosigkeit einerseits das Bemühen voraus, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen nach Nr. 2) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung zu stehen (Verfügbarkeit nach Nr. 3). Beide Voraussetzungen konnte sie während ihrer selbstständigen Tätigkeit nicht erfüllen; zumal die Klägerin selber bei dem Beratungsgespräch am 26. Februar 2007 angegeben hat, bis zum Abschluss der selbstständigen Tätigkeit für eine Beschäftigung nicht zur Verfügung gestanden zu haben.
Dieses Ergebnis kann auch durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht korrigiert werden, obwohl eine unzureichende Beratung durch die Beklagte nicht von vornherein auszuschließen ist.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat nicht nur zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat und zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Im Gegensatz zum Amtshaftungsanspruch, der allein auf dem ordentlichen Rechtsweg verfolgt werden kann und eine Fehlerkorrektur allein mittels Schadensausgleich vorsieht, muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil auch durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Schließlich darf die Korrektur durch den Herstellungsanspruch dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl. im Einzelnen: BSG, 31.01.2006 – B 11a AL 15/05 R; BSG, 01.04.2004 – B 7 AL 52/03 R - sowie BSG, 03.12.2009 - B 11 AL 28/08 R; Kreßel, NZS 1994, 395 ff.).
Die Arbeitslosmeldung, vor allem aber die objektive und subjektive Verfügbarkeit des Anspruchstellers stellen aber tatsächliche Umstände dar, die der Leistungsträger nicht ersetzen kann. Das Bundessozialgericht hat zwar in der bereits zitierten Entscheidung vom 19. Januar 2005 das Vorliegen eines Beratungsfehlers in der Sache geprüft, nachdem ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. -hilfe während des Bezugs von Erziehungsgeld erloschen war. Jedenfalls dann, wenn der Betroffene im entscheidenden Zeitraum nicht verfügbar war, ist jedoch daran festzuhalten, dass ein Herstellungsanspruch nicht eingreifen kann. Andernfalls würde das richterrechtlich geschaffene Rechtsinstitut seine Konturen vollständig verlieren und wäre von einem Schadensersatzanspruch nicht mehr abgrenzbar: Jedenfalls dann, wenn eine tatsächliche und für die Beklagte unverfügbare Anspruchsvoraussetzung nicht vorliegt (und nicht nur von den rechtlichen Wirkungen eines tatsächlichen Vorgangs, etwa einer Arbeitslosmeldung, abgesehen werden muss), bleibt es dabei, dass die damit verbundenen gesetzlichen Folgen nicht über einen Herstellungsanspruch korrigiert werden können. Dementsprechend hat das BSG in einem nachfolgenden Urteil vom 31. Januar 2006 (B 11a AL 15/05 R) festgehalten, dass ein Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe auf der Grundlage des vergleichbaren § 196 S. 2 Nr. 4 SGB III (in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) nicht durch einen Herstellungsanspruch überwunden werden könne, wenn der Arbeitslose während der entsprechenden Zeit auf Grund einer Ausbildung nicht verfügbar war. Eine weitergehende Korrektur im Wege des Herstellungsanspruchs widerspräche dem Gesetzeszweck, weil eine Ersetzung von tatsächlichen Umständen, denen gestaltende Entscheidungen des Antragstellers zu Grunde liegen, in Abgrenzung zum Amtshaftungsanspruch ausgeschlossen sei. Insofern unterscheide sich der Sachverhalt nachhaltig von den Verhältnissen, die der vorangegangenen Entscheidung des BSG vom 19. Januar 2005 zugrunde lagen. In dieser Entscheidung sei insbesondere darauf abgestellt worden, dass sich für die dort relevante Zeit der Bezug von Erziehungsgeld und Arbeitslosenhilfe nicht ausschließen würden und die Klägerin nicht auf eine Beendigung der Arbeitslosigkeit erst nach Ablauf der Erlöschensfrist verwiesen werden könne.
Auch der Verweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Anspruch ist auf Grund einer gesetzlich bindend vorgegebenen Verfallsfrist erloschen. Diese rechtliche Konsequenz hängt nicht von einem Verhalten der Beklagten ab – wie z. B. im Falle der Verjährung, bei der sie nach Ermessen zu entscheiden hat, ob sie eine entsprechende Einrede erhebt –; das Erlöschen folgt vielmehr unmittelbar aus der entsprechenden gesetzlichen Anordnung, die nicht zur Disposition der Beklagten steht (vgl. dazu Karmanski in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 147 Rn. 26).
Schließlich kommt auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Frage. § 27 SGB X ist wegen des Charakters der Frist aus § 147 Abs. 2 SGB III als kalendermäßig ablaufender Verfallsfrist, die einer Hemmung und Unterbrechung nicht zugänglich ist, nicht anwendbar (vgl. nur Niewald in Gagel, SGB II/III, § 147 Rdnr. 29 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang des Rechtsstreits gemäß § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Gründe die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen sind nicht ersichtlich.
II. Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin - zumindest aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - Arbeitslosengeld ab dem 1. Februar 2007 zu zahlen hat.
Nachdem die Klägerin ihre versicherungspflichtige Beschäftigung wegen einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Januar 2003 beendet hatte, meldete sie sich bei der Beklagten mit Wirkung ab dem 1. Februar 2003 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld. Daraufhin bewilligte die Beklagte ihr Arbeitslosengeld ab 1. Februar 2003 für längstens 780 Kalendertage. Wegen der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit hob die Beklagte die Bewilligung ab 15. Juli 2004 auf.
Am Dienstag, 23. Januar 2007, nahm die Klägerin am Kundenportal der Agentur für Arbeit C. Kontakt auf. Sie gab an, wegen einer Beendigung ihrer selbständigen Tätigkeit sich erneut mit Wirkung ab 1. März 2007 arbeitslos zu melden. Entsprechend vermerkte die Mitarbeiterin der Beklagten und spätere Zeugin (Zeugin) auf dem Antragsformblatt, das sie der Klägerin aushändigte, Arbeitsuchendmeldung 23. Januar 2007, Arbeitslosmeldung 23. Januar 2007, gegebenenfalls zum 1. März 2007. Auch bestimmte die Zeugin einen Termin bei der Arbeitsvermittlung für den 26. Februar 2007.
Bei dem Beratungsgespräch vom 26. Februar 2007 gab die Klägerin laut Aktenvermerk an, ihr Ladengeschäft sei bis zum 24. Februar 2007 geöffnet gewesen. Deswegen habe sie sich auch bisher nicht um Bewerbungen kümmern können. Hätte sie jedoch gewusst, dass sie sich spätestens am 1. Februar 2007 hätte arbeitslos melden müssen, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu behalten, so hätte sie das Geschäft auch zum 31. Januar 2007 schließen können.
Mit Bescheid vom selben Tage lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab, weil die Klägerin die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht erfüllt habe. Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 21. März 2007 bei der Beklagten schriftlich Widerspruch ein. Er führte hierzu aus, die Klägerin habe ihre selbständige Tätigkeit ab 26. Februar 2007 beendet. Die Klägerin habe darauf vertraut, erneut einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben, wenn sie ihre selbstständige Tätigkeit innerhalb von drei Jahren aufgebe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Im Ausgangsbescheid sei zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen erneuten Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt habe, weil sie innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 1. März 2007 nicht mindestens 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden habe. Auch ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren führe zu keinem anderen Ergebnis. Zwar habe die Klägerin noch einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld für 250 Tage bei ihrer Vorsprache am 23. Januar 2007 gehabt. Dieser Restanspruch sei jedoch nach § 147 Abs. 2 SGB III erloschen, weil sie sich erst zum 1. März 2007 arbeitslos gemeldet habe. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erlösche danach, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen seien. Das sei hinsichtlich dieses Anspruchs zu Lasten der Klägerin mit Ablauf des 1. Februar 2007 eingetreten. Die Klägerin könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als habe sie sich bereits spätestens zum 1. Februar 2007 erneut arbeitslos gemeldet. Selbst wenn ein Verstoß gegen Beratungspflichten anzunehmen sei, könne eine Restitution im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht erfolgen, weil eine fehlende Arbeitslosmeldung als Tatsachenerklärung im Gegensatz zu einem Leistungsantrag, der lediglich eine Willenserklärung darstelle, nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 25. Mai 2007 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Zeugin in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2010 zum Verlauf des Kontaktes mit der Klägerin am 23. Januar 2007 vernommen. Die Zeugin hat bei ihrer Vernehmung vor allem ausgeführt, in der Eingangszone würden zunächst die persönlichen Daten eines Kunden erfasst und anschließend ein Antragsformblatt ausgehändigt. Automatisch erfasst würde das Datum der Vorsprache. Ebenfalls erfolge automatisch eine Abfrage einer bereits vorhandenen Kundennummer. Nur Name und Adresse des Kunden blieben länger als zehn Monate gespeichert. Ein vorheriger Leistungsbezug sei in der Bearbeitungsmaske nicht zu erkennen. Der Tag der Aushändigung des Antragsformblattes sei für sie der Tag der Arbeitslosmeldung. Das Wort "gegebenenfalls" sei vorgegeben und könne nicht entfernt werden. Auf Bl. 33 der Leistungsakte der Beklagten sei der Ausdruck der Leistungsabteilung enthalten. Sie könne das Blatt nur gesondert ziehen. Sie mache das aber nicht, weil es nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehöre. Nach einem Restanspruch würde der Kunde nicht immer gefragt. Im vorliegenden Fall könne sie sich nicht erinnern. Gebe es einen Anlass für sie, würde sie jedoch danach fragen. Wegen weiterer Einzelheiten und der Aussage im protokollierten Wortlaut wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 16. Juni 2010 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin ab dem 1. Februar 2007 Arbeitslosengeld zu zahlen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Beklagte habe es pflichtwidrig versäumt, die Klägerin bei dem Erstkontakt am 23. Januar 2007 darauf hinzuweisen, dass eine Arbeitslosmeldung bis spätestens 1. Februar 2007 erfolgen müsse. Auch habe die Zeugin ausdrücklich bestätigt, dass sie technisch in der Lage gewesen sei, den Datensatz aufzurufen, aus dem die Restanspruchsdauer und der Entstehungszeitpunkt des vorherigen Anspruchs zu erkennen sei. Weiter sei zu berücksichtigen, dass nach Angaben der Zeugin im Antragsformblatt für den Tag der Arbeitslosmeldung die Aushändigung des Formblattes maßgeblich sei. Der weitere Zusatz "gegebenenfalls mit Wirkung ab 1. März 2007" sei insoweit irreführend. Es sei daher von einer Arbeitslosmeldung am 23. Januar 2007 auszugehen. Die Beklagte habe es unterlassen, im Wege weiterer Sachverhaltsermittlungen zu klären, was die Einschränkung, gemeint ist "gegebenenfalls ", bedeutete.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 3. September 2010 zugestellte Urteil am 28. September 2010 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Verwertung der Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juni 2010 im Wege des Urkundsbeweises einverstanden erklärt.
Die Beklagte weist darauf hin, dass das Urteil des SG nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu halten sei, weil ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht fehlende Tatsachen vorverlegen könne. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte aufgrund der Angaben der Klägerin bei der Kontaktaufnahme davon ausgehen musste, dass sie sich ohnehin nicht vor dem 1. März 2007 arbeitslos melden könne, weil sie ihre selbstständige Tätigkeit noch fortgesetzt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juni 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Das Urteil des SG ist rechtswidrig, weil der angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld steht der Klägerin ab dem 1. Februar 2007 nicht zu.
Einen erneuten Anspruch auf Arbeitslosengeld hat die Klägerin nicht begründet, weil sie die nach §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 Nr. 3, 123, 124 SGB III idF des Änderungsgesetzes vom 24.12.2003 (SGB III F. 2005) erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat.
Erforderlich ist danach, dass innerhalb einer Rahmenfrist von zwei Jahren der Antragsteller mindestens zwölf Monate in einem Versicherungsverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Unabhängig davon, ob die Klägerin sich zum 23. Januar 2007, 1. Februar 2007 oder 1. März 2007 arbeitslos gemeldet hat und damit frühestens zu diesen Zeitpunkten die sonstigen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt haben kann, kann sie die vorbenannte Anwartschaftszeit schon deshalb nicht erfüllen, weil sie ab dem 15. Juli 2004 ununterbrochen bis zum 24. Februar 2007 eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt hat, die einen Versicherungstatbestand nicht begründen kann.
Der verbliebene Restanspruch auf Arbeitslosengeld aufgrund der vorherigen Arbeitslosigkeit ist hingegen vor der erneuten Arbeitslosmeldung erloschen.
Nach § 147 Abs. 2 SGB III kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre vergangen sind.
Ist der Anspruch am 1. Februar 2003 bereits aufgrund des nach § 77 SGG bestandskräftigen Bewilligungsbescheids entstanden, läuft diese Frist zum 1. Februar 2007 kalendermäßig ab; eine Hemmung oder Unterbrechung des Fristablaufs ist ausgeschlossen (BSG, 19.01.2005 – B 11a/11 AL 11/04 R mnN). Läuft die Frist kalendermäßig ab, endet sie mit Ablauf des Tages, der seiner Benennung nach dem Tag entspricht, an dem er entstanden ist (§ 26 Abs. 1 SGB X iVm §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).
Jedenfalls vor dem 2. Februar 2007 hat die Klägerin sich jedoch weder persönlich arbeitslos gemeldet noch ist sie arbeitslos gewesen, so dass der Restanspruch bereits erloschen ist, bevor die Klägerin die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen konnte.
Beide Leistungsvoraussetzungen nach §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 119, 122 Abs. 1 S. 1 SGB III F. 2005 haben bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen.
Persönlich arbeitslos gemeldet hat sich die Klägerin gemäß § 122 Abs. 1 S. 1 SGB III erst zum 1. März 2007 bei der Arbeitsagentur C. Zwar lässt die Aufnahme im Antragsformblatt, worauf das SG hingewiesen hat, eine andere Deutung durchaus zu, weil der Wortlaut der Erklärungen missverständlich gefasst ist. Die Aussage der Zeugin und das Vorbringen der Klägerin stimmen darin überein, dass sie bei dem Kontakt am 23. Januar 2007 noch selbstständig tätig gewesen ist und sich schon deshalb erst zu einem späteren Zeitpunkt - voraussichtlich 1. März 2007 - arbeitslos melden wollte.
Auch arbeitslos ist die Klägerin vor Aufgabe ihrer selbstständigen Tätigkeit Ende Februar 2007 nicht nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB III F. 2005 gewesen. Danach setzt Arbeitslosigkeit einerseits das Bemühen voraus, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen nach Nr. 2) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung zu stehen (Verfügbarkeit nach Nr. 3). Beide Voraussetzungen konnte sie während ihrer selbstständigen Tätigkeit nicht erfüllen; zumal die Klägerin selber bei dem Beratungsgespräch am 26. Februar 2007 angegeben hat, bis zum Abschluss der selbstständigen Tätigkeit für eine Beschäftigung nicht zur Verfügung gestanden zu haben.
Dieses Ergebnis kann auch durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht korrigiert werden, obwohl eine unzureichende Beratung durch die Beklagte nicht von vornherein auszuschließen ist.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat nicht nur zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat und zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Im Gegensatz zum Amtshaftungsanspruch, der allein auf dem ordentlichen Rechtsweg verfolgt werden kann und eine Fehlerkorrektur allein mittels Schadensausgleich vorsieht, muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil auch durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Schließlich darf die Korrektur durch den Herstellungsanspruch dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl. im Einzelnen: BSG, 31.01.2006 – B 11a AL 15/05 R; BSG, 01.04.2004 – B 7 AL 52/03 R - sowie BSG, 03.12.2009 - B 11 AL 28/08 R; Kreßel, NZS 1994, 395 ff.).
Die Arbeitslosmeldung, vor allem aber die objektive und subjektive Verfügbarkeit des Anspruchstellers stellen aber tatsächliche Umstände dar, die der Leistungsträger nicht ersetzen kann. Das Bundessozialgericht hat zwar in der bereits zitierten Entscheidung vom 19. Januar 2005 das Vorliegen eines Beratungsfehlers in der Sache geprüft, nachdem ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. -hilfe während des Bezugs von Erziehungsgeld erloschen war. Jedenfalls dann, wenn der Betroffene im entscheidenden Zeitraum nicht verfügbar war, ist jedoch daran festzuhalten, dass ein Herstellungsanspruch nicht eingreifen kann. Andernfalls würde das richterrechtlich geschaffene Rechtsinstitut seine Konturen vollständig verlieren und wäre von einem Schadensersatzanspruch nicht mehr abgrenzbar: Jedenfalls dann, wenn eine tatsächliche und für die Beklagte unverfügbare Anspruchsvoraussetzung nicht vorliegt (und nicht nur von den rechtlichen Wirkungen eines tatsächlichen Vorgangs, etwa einer Arbeitslosmeldung, abgesehen werden muss), bleibt es dabei, dass die damit verbundenen gesetzlichen Folgen nicht über einen Herstellungsanspruch korrigiert werden können. Dementsprechend hat das BSG in einem nachfolgenden Urteil vom 31. Januar 2006 (B 11a AL 15/05 R) festgehalten, dass ein Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe auf der Grundlage des vergleichbaren § 196 S. 2 Nr. 4 SGB III (in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) nicht durch einen Herstellungsanspruch überwunden werden könne, wenn der Arbeitslose während der entsprechenden Zeit auf Grund einer Ausbildung nicht verfügbar war. Eine weitergehende Korrektur im Wege des Herstellungsanspruchs widerspräche dem Gesetzeszweck, weil eine Ersetzung von tatsächlichen Umständen, denen gestaltende Entscheidungen des Antragstellers zu Grunde liegen, in Abgrenzung zum Amtshaftungsanspruch ausgeschlossen sei. Insofern unterscheide sich der Sachverhalt nachhaltig von den Verhältnissen, die der vorangegangenen Entscheidung des BSG vom 19. Januar 2005 zugrunde lagen. In dieser Entscheidung sei insbesondere darauf abgestellt worden, dass sich für die dort relevante Zeit der Bezug von Erziehungsgeld und Arbeitslosenhilfe nicht ausschließen würden und die Klägerin nicht auf eine Beendigung der Arbeitslosigkeit erst nach Ablauf der Erlöschensfrist verwiesen werden könne.
Auch der Verweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Anspruch ist auf Grund einer gesetzlich bindend vorgegebenen Verfallsfrist erloschen. Diese rechtliche Konsequenz hängt nicht von einem Verhalten der Beklagten ab – wie z. B. im Falle der Verjährung, bei der sie nach Ermessen zu entscheiden hat, ob sie eine entsprechende Einrede erhebt –; das Erlöschen folgt vielmehr unmittelbar aus der entsprechenden gesetzlichen Anordnung, die nicht zur Disposition der Beklagten steht (vgl. dazu Karmanski in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 147 Rn. 26).
Schließlich kommt auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Frage. § 27 SGB X ist wegen des Charakters der Frist aus § 147 Abs. 2 SGB III als kalendermäßig ablaufender Verfallsfrist, die einer Hemmung und Unterbrechung nicht zugänglich ist, nicht anwendbar (vgl. nur Niewald in Gagel, SGB II/III, § 147 Rdnr. 29 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang des Rechtsstreits gemäß § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Gründe die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen sind nicht ersichtlich.
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