Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 3171/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 696/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung für die Zeit von Februar 2008 bis Januar 2009.
Der 1971 geborene Kläger bewohnt eine Einzimmerwohnung, für welche er monatlich 165 EUR Kaltmiete zuzüglich Heiz- und Nebenkosten von 50 EUR zu entrichten hat. Er bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten, der neben der vollen Regelleistung die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) in tatsächlicher Höhe abzüglich der Energiekostenpauschale von 6,53 EUR bzw. 6,63 EUR gewährt hat (Bewilligungsbescheide vom 22. Oktober 2007 und 18. März 2008: 11/07 bis 9/08 KdU 208,47 EUR; Bewilligungsbescheid vom 1. September 2008: 10/08 bis 3/09 KdU 208,37 EUR).
Am 13. Oktober 2009 ging beim Beklagten die Nebenkostenabrechnung vom 28. Februar 2009 für die Zeit von Februar 2008 bis Januar 2009 ein. Der Kläger beantragte die Übernahme der geforderten Nachzahlung von 795,09 EUR. Mit Bescheid vom 22. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2010 lehnte der Beklagte dies mit der Begründung ab, dass die Abrechnung zu spät eingereicht worden und die Abrechnung zudem zweifelhaft sei.
Hiergegen richtet sich die am 25. Mai 2010 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung hat der Kläger geltend gemacht, eine Kopie der Abrechnung bereits drei Tage nach Erhalt in den Briefkasten des Beklagten geworfen zu haben. Die Nachforderung aus der Nebenkostenabrechnung gehöre zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Januar 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Summe der Einzelpositionen aus der Nebenkostenabrechnung betrage bei Außerachtlassung der Stromkosten 565,83 EUR, die in der Abrechnung ausgewiesenen Gesamtkosten von 966,09 EUR seien angesichts dessen nicht plausibel. Bei tatsächlichen Nebenkosten von 565,83 EUR sei angesichts der geleisteten Vorauszahlungen von 600 EUR für denselben Zeitraum eine Nachforderung nicht nachvollziehbar. Soweit Stromkosten von 429 EUR in den Gesamtnachzahlungsbetrag von 795,09 EUR einflössen, sei für eine Übernahme durch den Beklagten kein Raum. Gemäß § 20 Abs. 1 SGB II umfasse die Regelleistung u.a. Haushaltsenergie, der entsprechende Bedarf sei daher durch die Gewährung der Regelleistung pauschal abgegolten, so dass eine Übernahme der tatsächlichen Stromkosten im Rahmen der Unterkunftskosten ausscheide.
Hiergegen richtet sich die am 17. Februar 2011 eingelegte Berufung des Klägers. Er macht weiter geltend, Anspruch auf Übernahme der Nachzahlungsforderung zu haben. Der Vermieter habe inzwischen eine korrigierte Berechnung unter Berücksichtigung der Vorauszahlungen vorgelegt, woraus sich eine Nebenkostennachforderung von 384,30 EUR ergebe, welche der Vermieter gemäß einem Vergleichsvorschlag seines Prozessbevollmächtigten auf pauschal 300 EUR reduziert habe. Nachforderungen von Betriebs- und Heizkosten stellten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine einmalig geschuldete Zahlung zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat dar. Die Nachforderung begründe eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 22. März 2010 - B 4 AS 62/09 R - BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 38).
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Januar 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 22. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2010 zu verurteilen, die Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung für die Zeit Februar 2008 bis Januar 2009 in Höhe von 300 EUR zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch durch die Ermäßigung der Nebenkostennachforderung ändere sich nichts an dem Umstand, dass Stromkosten nicht übernommen würden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) sowie statthaft (§ 143 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands mit ursprünglich 795,09 EUR die Berufungssumme von 750 EUR überstiegen hat (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die nachträgliche Beschränkung des Berufungsantrags auf Zahlung von 300 EUR wegen einer Absenkung der Nebenkostennachforderung auf der Grundlage eines Vergleichsvorschlags des Vermieters des Klägers von März 2011 ändert an der Zulässigkeit der Berufung nichts (vgl. BSG SozR SozR 4-2500 § 37 Nr. 7). Indes ist die Berufung in der Sache nicht begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Nachforderung des Vermieters aus der Nebenkostenabrechnung Februar 2008 bis Januar 2009.
Gegenstand des Berufungssverfahrens ist zunächst der Bescheid vom 22. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2010, mit dem der Beklagte die Übernahme der für den Zeitraum Februar 2008 bis Januar 2009 zu leistenden Heiz- und Betriebskostennachzahlung abgelehnt hat. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG i.V.m. § 56 SGG. Die Rechtmäßigkeit dieses Ablehnungsbescheids misst sich an § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, weil der Beklagte dem Kläger mit den vorangegangenen Bewilligungsbescheiden vom 22. Oktober 2007, 18. März 2008 und 1. September 2008 u.a. Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 31. März 2009 bewilligt hatte und das Nachforderungsverlangen des Vermieters zeitlich in die entsprechenden Bewilligungsabschnitte fällt. Mit dem Antrag vor dem SG auf Übernahme der Nachzahlungsforderungen des Vermieters aus der Nebenkostenabrechnung vom 28. Februar 2009 hat der Kläger den Streitstoff dabei inhaltlich ausdrücklich auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt. Dies ist zulässig (vgl. BSGE 97, 217 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Der Höhe nach hat der Kläger seinen Antrag im Berufungsverfahren auf weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 300 EUR begrenzt.
Maßgebend für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, hier also die oben genannten Bewilligungsbescheide, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Dabei sind bei der Frage, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - bezogen auf die hier streitigen Kosten der Unterkunft und Heizung - dazu führt, dass die Bewilligungsbescheide abzuändern sind, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl. BSGE 95,191 = SozR 4-4300 § 37b Nr. 2). Hier hat der Beklagte die KdU in tatsächlicher Höhe abzüglich der Warmwasserpauschale übernommen, so dass die KdU ursprünglich zutreffend festgesetzt wurden. Der Kläger erfüllte im Zeitraum Februar 2008 bis Januar 2009 auch die Voraussetzungen der §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 19 Satz 1, 22 SGB II.
Eine Änderung gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass der Bewilligungsbescheide vorlagen, ist hier mit der Nachforderung der Heiz- und Betriebskosten eingetreten. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung stützt sich auf § 22 Abs. 1 SGB II, denn dieser erfasst auch einmalige Leistungen wie eine Nebenkostennachforderung (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 16). Die Nachforderung ist als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 38). Dabei umfasst der Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch die KdU, wobei der tatsächliche Bedarf auch später konkretisiert werden kann, wie es hier durch Vorlage der Nebenkostenabrechnung geschehen ist.
Allerdings war vorliegend die durch die Heiz- und Betriebskostennachforderung für Februar 2008 bis Januar 2009 eingetretene Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht wesentlich "zugunsten des Betroffenen". Denn dies würde i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X eine rechtserhebliche Änderung erfordern, d.h. die Bewilligungsbescheide hätten unter den nunmehr objektiv vorliegenden Voraussetzungen so nicht mehr erlassen werden dürfen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, denn auch unter Berücksichtigung einer Heiz- und Nebenkostennachforderung von 300 EUR hätten dem Kläger keine höheren Leistungen für KdU bewilligt werden können, denn aus der Nebenkostennachforderung ergibt sich kein zu übernehmender Bedarf.
Nach der korrigierten Abrechnung für Februar 2008 bis Januar 2009 sind an kalten Nebenkosten angefallen 325,65 EUR sowie an Heizkosten 229,65 EUR, insgesamt somit 555,30 EUR. Dieser Bedarf ist mit den Vorauszahlungen von insgesamt 600 EUR bereits gedeckt, so dass sich rein rechnerisch für die vom Beklagten zu tragenden Nebenkosten sogar ein Guthaben ergibt. Die hinzu kommenden Stromkosten von 429 EUR können jedoch vom Beklagten auch nicht anteilig übernommen werden, denn der Bedarf für Haushaltsenergie ist - wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat - pauschal über die Regelleistung abgegolten. Insoweit hat das BSG bereits wiederholt bestätigt, dass die Regelleistung auch die Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile umfasst (vgl. BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 18; BSG, Beschluss vom 26. Mai 2010 - B 4 AS 7/10 B - (juris)).
Auch wenn tatsächlich ein höherer Bedarf besteht, führt dies nicht dazu, dass insoweit weitere Leistungen zu gewähren sind. Wie Leistungsbezieher die statistisch in bestimmter Höhe in die pauschalierte Regelleistung eingeflossenen Anteile etwa für Energiekosten verwenden, bleibt ihnen überlassen. Verursacht jemand in einem bestimmten Bereich weniger Kosten, kann er die Ersparnis für andere Bereiche einsetzen. Umgekehrt muss er bei höherem Verbrauch im Rahmen seiner Eigenverantwortlichkeit diese Mehrkosten zu Lasten anderer Bedarfe aus der Regelleistung finanzieren (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juni 2009 - L 12 AS 2226/09 PKH-B -). Im Rahmen der KdU sind die Stromkosten für Haushaltsenergie nicht zu berücksichtigen. Insoweit kann auch die Nebenkostennachforderung von 300 EUR, die allein auf Stromkosten für Haushaltsenergie beruht, vom Beklagten nicht übernommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung für die Zeit von Februar 2008 bis Januar 2009.
Der 1971 geborene Kläger bewohnt eine Einzimmerwohnung, für welche er monatlich 165 EUR Kaltmiete zuzüglich Heiz- und Nebenkosten von 50 EUR zu entrichten hat. Er bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Beklagten, der neben der vollen Regelleistung die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) in tatsächlicher Höhe abzüglich der Energiekostenpauschale von 6,53 EUR bzw. 6,63 EUR gewährt hat (Bewilligungsbescheide vom 22. Oktober 2007 und 18. März 2008: 11/07 bis 9/08 KdU 208,47 EUR; Bewilligungsbescheid vom 1. September 2008: 10/08 bis 3/09 KdU 208,37 EUR).
Am 13. Oktober 2009 ging beim Beklagten die Nebenkostenabrechnung vom 28. Februar 2009 für die Zeit von Februar 2008 bis Januar 2009 ein. Der Kläger beantragte die Übernahme der geforderten Nachzahlung von 795,09 EUR. Mit Bescheid vom 22. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2010 lehnte der Beklagte dies mit der Begründung ab, dass die Abrechnung zu spät eingereicht worden und die Abrechnung zudem zweifelhaft sei.
Hiergegen richtet sich die am 25. Mai 2010 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung hat der Kläger geltend gemacht, eine Kopie der Abrechnung bereits drei Tage nach Erhalt in den Briefkasten des Beklagten geworfen zu haben. Die Nachforderung aus der Nebenkostenabrechnung gehöre zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Januar 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Summe der Einzelpositionen aus der Nebenkostenabrechnung betrage bei Außerachtlassung der Stromkosten 565,83 EUR, die in der Abrechnung ausgewiesenen Gesamtkosten von 966,09 EUR seien angesichts dessen nicht plausibel. Bei tatsächlichen Nebenkosten von 565,83 EUR sei angesichts der geleisteten Vorauszahlungen von 600 EUR für denselben Zeitraum eine Nachforderung nicht nachvollziehbar. Soweit Stromkosten von 429 EUR in den Gesamtnachzahlungsbetrag von 795,09 EUR einflössen, sei für eine Übernahme durch den Beklagten kein Raum. Gemäß § 20 Abs. 1 SGB II umfasse die Regelleistung u.a. Haushaltsenergie, der entsprechende Bedarf sei daher durch die Gewährung der Regelleistung pauschal abgegolten, so dass eine Übernahme der tatsächlichen Stromkosten im Rahmen der Unterkunftskosten ausscheide.
Hiergegen richtet sich die am 17. Februar 2011 eingelegte Berufung des Klägers. Er macht weiter geltend, Anspruch auf Übernahme der Nachzahlungsforderung zu haben. Der Vermieter habe inzwischen eine korrigierte Berechnung unter Berücksichtigung der Vorauszahlungen vorgelegt, woraus sich eine Nebenkostennachforderung von 384,30 EUR ergebe, welche der Vermieter gemäß einem Vergleichsvorschlag seines Prozessbevollmächtigten auf pauschal 300 EUR reduziert habe. Nachforderungen von Betriebs- und Heizkosten stellten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine einmalig geschuldete Zahlung zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat dar. Die Nachforderung begründe eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 22. März 2010 - B 4 AS 62/09 R - BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 38).
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Januar 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 22. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2010 zu verurteilen, die Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung für die Zeit Februar 2008 bis Januar 2009 in Höhe von 300 EUR zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch durch die Ermäßigung der Nebenkostennachforderung ändere sich nichts an dem Umstand, dass Stromkosten nicht übernommen würden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) sowie statthaft (§ 143 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands mit ursprünglich 795,09 EUR die Berufungssumme von 750 EUR überstiegen hat (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die nachträgliche Beschränkung des Berufungsantrags auf Zahlung von 300 EUR wegen einer Absenkung der Nebenkostennachforderung auf der Grundlage eines Vergleichsvorschlags des Vermieters des Klägers von März 2011 ändert an der Zulässigkeit der Berufung nichts (vgl. BSG SozR SozR 4-2500 § 37 Nr. 7). Indes ist die Berufung in der Sache nicht begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Nachforderung des Vermieters aus der Nebenkostenabrechnung Februar 2008 bis Januar 2009.
Gegenstand des Berufungssverfahrens ist zunächst der Bescheid vom 22. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2010, mit dem der Beklagte die Übernahme der für den Zeitraum Februar 2008 bis Januar 2009 zu leistenden Heiz- und Betriebskostennachzahlung abgelehnt hat. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG i.V.m. § 56 SGG. Die Rechtmäßigkeit dieses Ablehnungsbescheids misst sich an § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, weil der Beklagte dem Kläger mit den vorangegangenen Bewilligungsbescheiden vom 22. Oktober 2007, 18. März 2008 und 1. September 2008 u.a. Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 31. März 2009 bewilligt hatte und das Nachforderungsverlangen des Vermieters zeitlich in die entsprechenden Bewilligungsabschnitte fällt. Mit dem Antrag vor dem SG auf Übernahme der Nachzahlungsforderungen des Vermieters aus der Nebenkostenabrechnung vom 28. Februar 2009 hat der Kläger den Streitstoff dabei inhaltlich ausdrücklich auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt. Dies ist zulässig (vgl. BSGE 97, 217 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Der Höhe nach hat der Kläger seinen Antrag im Berufungsverfahren auf weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 300 EUR begrenzt.
Maßgebend für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, hier also die oben genannten Bewilligungsbescheide, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Dabei sind bei der Frage, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - bezogen auf die hier streitigen Kosten der Unterkunft und Heizung - dazu führt, dass die Bewilligungsbescheide abzuändern sind, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl. BSGE 95,191 = SozR 4-4300 § 37b Nr. 2). Hier hat der Beklagte die KdU in tatsächlicher Höhe abzüglich der Warmwasserpauschale übernommen, so dass die KdU ursprünglich zutreffend festgesetzt wurden. Der Kläger erfüllte im Zeitraum Februar 2008 bis Januar 2009 auch die Voraussetzungen der §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 19 Satz 1, 22 SGB II.
Eine Änderung gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass der Bewilligungsbescheide vorlagen, ist hier mit der Nachforderung der Heiz- und Betriebskosten eingetreten. Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung stützt sich auf § 22 Abs. 1 SGB II, denn dieser erfasst auch einmalige Leistungen wie eine Nebenkostennachforderung (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 16). Die Nachforderung ist als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 38). Dabei umfasst der Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch die KdU, wobei der tatsächliche Bedarf auch später konkretisiert werden kann, wie es hier durch Vorlage der Nebenkostenabrechnung geschehen ist.
Allerdings war vorliegend die durch die Heiz- und Betriebskostennachforderung für Februar 2008 bis Januar 2009 eingetretene Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht wesentlich "zugunsten des Betroffenen". Denn dies würde i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X eine rechtserhebliche Änderung erfordern, d.h. die Bewilligungsbescheide hätten unter den nunmehr objektiv vorliegenden Voraussetzungen so nicht mehr erlassen werden dürfen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, denn auch unter Berücksichtigung einer Heiz- und Nebenkostennachforderung von 300 EUR hätten dem Kläger keine höheren Leistungen für KdU bewilligt werden können, denn aus der Nebenkostennachforderung ergibt sich kein zu übernehmender Bedarf.
Nach der korrigierten Abrechnung für Februar 2008 bis Januar 2009 sind an kalten Nebenkosten angefallen 325,65 EUR sowie an Heizkosten 229,65 EUR, insgesamt somit 555,30 EUR. Dieser Bedarf ist mit den Vorauszahlungen von insgesamt 600 EUR bereits gedeckt, so dass sich rein rechnerisch für die vom Beklagten zu tragenden Nebenkosten sogar ein Guthaben ergibt. Die hinzu kommenden Stromkosten von 429 EUR können jedoch vom Beklagten auch nicht anteilig übernommen werden, denn der Bedarf für Haushaltsenergie ist - wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat - pauschal über die Regelleistung abgegolten. Insoweit hat das BSG bereits wiederholt bestätigt, dass die Regelleistung auch die Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile umfasst (vgl. BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 18; BSG, Beschluss vom 26. Mai 2010 - B 4 AS 7/10 B - (juris)).
Auch wenn tatsächlich ein höherer Bedarf besteht, führt dies nicht dazu, dass insoweit weitere Leistungen zu gewähren sind. Wie Leistungsbezieher die statistisch in bestimmter Höhe in die pauschalierte Regelleistung eingeflossenen Anteile etwa für Energiekosten verwenden, bleibt ihnen überlassen. Verursacht jemand in einem bestimmten Bereich weniger Kosten, kann er die Ersparnis für andere Bereiche einsetzen. Umgekehrt muss er bei höherem Verbrauch im Rahmen seiner Eigenverantwortlichkeit diese Mehrkosten zu Lasten anderer Bedarfe aus der Regelleistung finanzieren (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juni 2009 - L 12 AS 2226/09 PKH-B -). Im Rahmen der KdU sind die Stromkosten für Haushaltsenergie nicht zu berücksichtigen. Insoweit kann auch die Nebenkostennachforderung von 300 EUR, die allein auf Stromkosten für Haushaltsenergie beruht, vom Beklagten nicht übernommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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