L 19 AS 2253/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 3 (28,17) AS 325/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2253/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 251/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB wird als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.11.2010 wird zurückgewiesen. Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für März 2005.

Im März 2005 beantragte der am 00.00.1961 geborene, alleinstehende Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, u.a. einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Er legte u.a. ein nervenfachärztliches Attest von Dr. G vom 15.03.2005 vor, wonach folgende Diagnosen gestellt wurden: Cervikobrachialgie, Schultersteife, LWS-Syndrom, diffuse statische Wirbelsäuleninsuffizienz, Somatierungsstörungen, Spannungskopfschmerz, neurasthenisches Syndrom, vasomotorischer Kopfschmerz, HWS-Syndrom, eine vertebrobasiläre Insuffizienz, allergische Diathese, ein Crampi, Fibromyalgie sowie multiple degenerative Knochen-/Gelenksveränderungen. Wegen der chronischen therapierefraktären Krankheitsbilder sei der Kläger dauerhaft nicht in der Lage, irgendeiner geregelten Erwerbsfähigkeit nachzugehen. Im vorgelegten Allergiepass vom 11.11.1999 bescheinigt die Internistin Dr. E, dass der Kläger gegen Analgetika überempfindlich sei und eine Kontaktallergie gegen Amalgam, Paraben Mix und Perubalsam bestehe.

Durch Bescheid vom 07.04.2005 bewilligte die Stadt W dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.03. bis 30.04.2005 in Höhe von insgesamt 674,58 EUR mtl ... Durch Bescheid vom 21.04.2005 gewährte die Stadt W dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.03. bis 31.08.2005 in Höhe von 674,58 EUR mtl. (345,- EUR Regelleistung + 329,58 EUR Kosten der Unterkunft). Die Kosten der Unterkunft und Heizung setzten sich aus der Grundmiete 210,02 EUR abzüglich einer Garagenmiete von 20,42 EUR zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von 33,48 EUR und einer Heizkostenvorauszahlung von 106,50 EUR zusammen.

Der Facharzt für Innere Medizin L3 kam nach amtsärztlicher internistischer, orthopädischer und nervenärztlicher Untersuchung im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 17.06.2005 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger keine Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit i.S.d. gesetzlichen Rentenversicherung bestehe. Er sei für leichte, vorwiegend sitzende Tätigkeiten für mehr als drei Stunden täglich arbeitsfähig, wobei eine eingeschränkte psychische Belastbarkeit bestehe. Die Tätigkeiten sollten in geschlossenen Räumen stattfinden. Auszuschließen seien Staub, Rauch- und Dampfbelastung. Einen Wohnraummehrbedarf oder Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung ergebe sich aus den Erkrankungen nicht. Der Amtsarzt Dr. E stimmte dem Ergebnis zu. Durch Bescheid vom 21.09.2005 lehnte die Stadt W den Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung ab.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, dass angesichts der bei ihm bestehenden zahlreichen Allergien eine ganz spezielle und somit kostenintensive Krankenkost erforderlich sei. Er legte ein Attest von Dr. G vom 21.12.2005 vor, wonach wegen einer umfassenden Medikamentenallergie beim Kläger eine medikamentöse Behandlung der bereits im Attest vom 15.03.2005 aufgeführten Krankheitsbilder dauerhaft nicht möglich sei. Nach Auswertung der sozialmedizinischen Unterlagen der Deutschen Rentenversicherung kam der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit L am 19.05.2006 zu dem Ergebnis, dass im Vordergrund der leistungseinschränkenden Gesundheitsstörungen beim Kläger eine seelische Störung mit körperbetonten Beschwerden stehe. Es bestehe eine Allergiebereitschaft mit Allergie auf Antibiotika, Schmerzmittel, Hausstaubmilbe, Katzenhaare und Schimmelpilze. Diesbezüglich Allergene sollten gemieden werden. Im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 03.08.2006 führte der Facharzt für Innere Medizin L3 mit Zustimmung des Amtsarztes Dr. E aus, dass der Kläger aufgrund der Ergebnisse zahlreicher Allergietestungen im Wesentlichen gegen Inhaltsstoffe von Kosmetika, Schmerzmittel, Hausstaubmilben, Schimmelpilze sowie zahnärztlichem Füllungs- und Abformmaterial allergisch sei. Im Bereich der Nahrungsmittel gebe es lediglich schwach positive Testergebnisse gegenüber Haselnuss, Anis und Kümmel. Eine manifeste Sensibilisierung gegenüber essentiellen Nahrungsmitteln sei nicht nachgewiesen. Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung sei aus amtsärztlicher Sicht medizinisch nicht begründet. In einer weiteren amtsärztlichen Stellungnahme vom 05.09.2007 führte der Facharzt für Innere Medizin L3 mit Zustimmung des Amtsarztes Dr. E aus, dass den Attesten von Dr. G nicht zu entnehmen sei, dass übliche Nahrungsmittel mit Konservierungsmitteln zur Ernährung des Klägers nicht geeignet wären. Durch Widerspruchsbescheid vom 12.10.2007 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

In dem Verfahren S 40 R 83/06 vor dem Sozialgericht Düsseldorf erkannte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland im Prozessvergleich vom 31.05.2007 beim Kläger das Vorliegen des Versicherungsfalls der vollen Erwerbsminderung auf Zeit i.S. des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Zeit vom 02.05.2005 bis 30.11.2008 an und verpflichtet sich, dem Kläger für die Zeit vom 01.12.2005 bis 30.11.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmung zu gewähren. Der Rentenversicherungsträger ging von einem Leistungsvermögen des Klägers von 3 bis 6 Stunden täglich und einer Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes aus. Durch Bescheid vom 28.06.2007 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.12.2005 bis 30.11.2008; der Zahlbetrag belief sich ab dem 01.08.2007 auf 587,30 EUR mtl ... Sie erstattete dem Beklagte für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.07.2007 einen Betrag von 11.983,39 EUR.

Mit der am 09.11.2007 erhobenen Klage hat der Kläger die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung aus medizinischen Gründen für die Zeit ab dem 01.03.2005 begehrt.

Er hat vorgetragen, dass bei ihm aufgrund eines anaphylaktischen Schocks eine Allergie gegen Konservierungsstoffe bestehe. Deshalb sei er gezwungen, ausschließlich Lebensmittel ohne Konservierungsmittel oder Chemikalien zu sich zu nehmen. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. G seien nicht überzeugend. Es gebe einen direkten Zusammenhang zwischen dem Histaminwert und einer pseudoallergischen Reaktion, wobei die vom Sachverständigen durchgeführten Blutuntersuchungen einen massiv erhöhten Histaminwert ergeben hätten. Bei ihm sei zwischenzeitlich eine Histaminintoleranz nachgewiesen.

Das Sozialgericht hat den Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde und Allergologie Dr. G mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das klinische und psychiatrische Krankheitsbild des Klägers nach seiner allergologischen Erfahrung einer Somatisierungsstörung eines seelisch kranken Menschen, der die Allergologie zum Krankheitsgewinn benutzt, entspreche. Es bestehe auch keine Pseudoallergie auf Konservierungsstoffe im Nahrungsmittelbereich. Eine spezielle Diät oder Biokost sei bei dem Kläger nicht erforderlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens vom 02.07.2009 Bezug genommen.

Des weiteren hat das Sozialgericht einen Befundbericht von dem Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Schlafmedizin und Allergologie Dr. T eingeholt. Dieser hat im Befundbericht vom 08.06.2010 ausgeführt, dass in der Allergietestung eine Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel nicht nachgewiesen worden sei. Die Bestimmung der Diaminooxidase liege deutlich unterhalb des Normbereichs, so dass differenzialdiagnostisch der Verdacht auf das Vorliegen einer Histaminintoleranz bestehe. Nach den Mehrbedarfsempfehlungen sei ernährungsbedingter Mehrbedarf beim Kläger aktuell nicht ableitbar, da die in der Empfehlung genannten Erkrankungen, die zur Gewährung eines Mehrbedarfes führten, beim Kläger nicht vorlägen.

Durch Urteil vom 05.11.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 13.12.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.12.2010 Berufung eingelegt.

Er verfolgt sein Begehren weiter. Er trägt ergänzend vor, dass im Rahmen einer stationären Behandlung ihm ein Plan zur Lebensmittelauswahl bei einer Histaminintoleranz ausgehändigt worden sei. Aus diesem Plan ergebe sich ein Mehrbedarf für Ernährung aus medizinischen Gründen. Bei ihm bestehe eine Pseudoallergie, die in ihrer klinischen Symptomatik sehr stark einer klassischen allergischen Reaktion ähnele, ohne dass eine immunologische Reaktion nachweisbar wäre. Bei ihm bestehe eine Parabenallergie, dies habe der vom Sozialgericht gehörte Sachverständige verkannt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.11.2010 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2007 und Änderung des Bescheides vom 21.04.2005 zu verurteilen, ihm für März 2005 höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme vom Sachverständigen Dr. G eingeholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der beigezogenen Rentenakten der Deutschen Rentenversicherung Rheinland und der Akten des Sozialgerichts Düsseldorf S 40 R 83/06, S 31 SB 231/05 und S 9 KR 56/05 ER Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig (vgl. BSG Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 21.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2007, mit dem der Beklagte den zusätzlich zur Regelleistung geltend gemachten Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II abgelehnt hat. Dieser Bescheid stellt einen Überprüfungsbescheid nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch hinsichtlich der Höhe der im Bescheid vom 21.04.2005 gewährten Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 674,58 EUR für den Monat März 2005 dar (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R = juris Rn 15f). Durch Bescheid vom 21.04.2005, der den Bescheid vom 07.04.2005 ersetzt hat, hat der Beklagte konkludent für den Bewilligungszeitraum vom 01.03. bis 31.08.2005 die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II abgelehnt.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger ist nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II als bewilligt für März 2005 zu.

Der Kläger hat zwar im März 2005 die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II insofern dem Grunde nach erfüllt, als er in diesem Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet sowie seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik gehabt hat und hilfebedürftig gewesen ist.

Dahinstehen kann, ob er erwerbsfähig i.S.v. § 8 SGB II gewesen ist. Jedenfalls steht ihm für März 2005 kein höherer Anspruch als bewilligt zu.

Für März 2005 hat der Beklagte dem Kläger die in § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II vorgesehene Regelleistung für Alleinstehende in voller Höhe gewährt. Die Höhe der für den Kläger anzusetzende Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus den Bestimmungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach die Regelleistung für Alleinstehende ab dem 01.01.2005 345,00 EUR mtl. beträgt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, u.a. die des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen für einen zurückliegenden Zeitraum - wie im vorliegenden Fall - zusteht. Vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber ist nur verpflichtet worden, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 = nach juris Rn 210 ff; Beschluss vom 18.02.2010 - 1 BvR 1523/08 -, Beschluss vom 24.03.2010 - 1 BvR 395/09 -; BSG Urteil vom 17.16.2010 - B 14 AS 17/10 R = nach juris Rn 16).

Die monatlichen Leistungen sind nicht um einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II zu erhöhen. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist. Zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen (im Folgenden: Mehrbedarfsempfehlungen 2008) herangezogen werden (BT-Drucks. 15/1516 S 57). Die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 können danach als Orientierungshilfe dienen (BSG Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R = juris Rn 16f).

Zur Überzeugung des Senats besteht beim Kläger kein erhöhter Bedarf aus medizinischen Gründen. Es sind keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen festzustellen, die eine von der Vollkost abweichende, besondere Ernährung erfordern. Ein Krankheitsbild, das nach den Mehrbedarfsempfehlungen regelhaft eine kostenaufwändigere Ernährung bedingt, wie z.B. eine Niereninsuffienz, konsumierende Erkrankungen, Erkrankungen mit gestörter Nährstoffaufnahme oder Nährstoffauswertung, liegt beim Kläger nicht vor. Weder aus den Feststellungen des Sachverständigen Dr. G noch aus den im Verfahren beigezogenen Befundberichten der behandelnden Ärzte ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Krankheitsbilder. Der behandelnde Neurologe und Psychiater Dr. G beschreibt beim Kläger orthopädische Krankheitsbilder - Zervikobrachialgie, Schultersteife, LWS-Syndrom, diffuse statische Wirbelsäuleninsuffizienz, HWS-Syndrom, Fibromyalgie, multiple degenerative Knochen-/Gelenksveränderungen - sowie Krankheitsbilder auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet - Somatierungsstörungen, Spannungskopfschmerz, neurasthenisches Syndrom, vasomotorischer Kopfschmerz, vertebrobasiläre Insuffizienz - und allergische Diathese. Des weiteren besteht nach den übereinstimmenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. G und des den Kläger behandelnden Internisten, Pneumologen und Allergologen Dr. T beim Kläger ein Asthma bronchiale mit Sensibilisierung gegenüber Hausstaubmilben. Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, die nach den Mehrbedarfsempfehlungen 2008 eventuell einen von der Vollkost abweichenden Bedarf bedingen kann, liegt beim Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. G nicht vor. Weder die allergologische Untersuchung noch die eingehende anamnestische Befragung des Klägers durch den Sachverständigen über die Nahrungsaufnahme haben Anhaltspunkte für das Vorliegen einer allergischen Nahrungsmittelunverträglichkeit oder einer Histaminintoleranz, die einen von der Vollkost abweichenden Ernährungsbedarf bedingen, ergeben. Der Kläger hat insbesondere bei der eingehenden Befragung durch den Sachverständigen keine Nahrungsmittel und Konservierungsstoffe angeben können, die konkret zu Unverträglichkeiten bei der Nahrungsaufnahme geführt haben.

Der Senat sieht keinen Anlass an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen Dr G zu zweifeln. Das Gutachten ist in sich widerspruchsfrei, nachvollziehbar und schlüssig begründet. Es beruht auf einer kritischen Auswertung des Akteninhalts und einer eingehenden Untersuchung und Befragung des Klägers. Die Feststellungen des Sachverständigen stehen auch nicht in Widerspruch zu den im Verfahren beigezogenen medizinischen Unterlagen. Ebenso wie Dr. G verneint der behandelnde Allergologe Dr. T im Befundbericht vom 08.06.2010 beim Kläger das Vorliegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs wegen Nahrungsmittelunverträglichkeiten. In der Allergietestung hat Dr. T keine Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel nachweisen können. Zwar hat Dr. T differentialdiagnostisch hinsichtlich eines Laborbefundes den Verdacht einer Histaminintoleranz geäußert. Dr. G hat jedoch in seiner im Berufungsverfahren eingeholten ergänzenden Stellungnahme überzeugend dargelegt, dass sich aus der anamnestischen Befragung des Klägers keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass beim Genuss von Nahrungsmitteln, die hoch konzentriert biogene Amine enthalten, beim Kläger pathologische Reaktionen auftreten. Vielmehr hat der Kläger in seinem Nahrungsmitteltagebuch, das er im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt hat, nach den Darlegungen von Dr. G zahlreiche Nahrungsmittel aufgeführt, die in höherer Konzentration biogene Amine enthalten, aber dennoch zu keinen Beschwerden geführt haben. Auch die wiederholten Angaben des behandelnden Nervenfacharztes Dr. G, dass bei Kläger eine allergische Diathese bestehe, wiederlegen nicht die Ausführunge des Sachverständigen. Zum einen beschreibt der Begriff allergische Diathese nur eine Disposition des Körpers zu einer allergischen Reaktion (vgl. Psychrembel, Klinisches Wörterbuch, 260 Aufl. zum Begriff "allergische Diathese"). Hieraus lässt sich nicht das Bestehen einer Nahrungsmittelunverträglichkeit ableiten. Zum anderen hat Dr. G nachvollziehbar ausgeführt, dass das klinische und psychiatrische Krankheitsbild des Klägers einer Somatisierungsstörung entspreche, die zum Krankheitsgewinn nutze. Insoweit stimmen diese Ausführungen mit den Festellungen Dr. S und Dr. G1 überein, die in den Verfahren S 31 SB 231/05 und S 40 R 83/06 als Sachverständige gehört worden sind. Der Neurologe und Psychiater Dr. S hat in dem Gutachten vom 24.04.2006 im Verfahren S 31 SB 231/05, das vom Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Somatisierungsstörung mit multiplen körperlichen Beschwerden und eine Angststörung mit frei flottierenden Ängsten, Panikattacken und einem phobischen Schwindel diagnostiziert. Ebenso beschreibt der Neurologe und Psychiater Dr. G1 in seinem Gutachten vom 15.12.2006 im Verfahren S 40 R 83/06, das vom Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, zwanghaften und histrionischen Anteilen, die zur Ausbildung einer fixierten und chronifizierten, phobisch-hypochondrischen Wesenveränderung geführt hat. Auch aus dem vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Berichtererstattervermerk über die Anhörung von Dr. L und Dr. L1 als Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2008 in dem Verfahren I-8 U 66/07 ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass beim Kläger allergische Reaktionen gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten festgestellt worden sind. Vielmehr kommt Dr. L1 mit überzeugender Begründung zu dem Ergebnis, dass schon der Nachweis der im Allergiepass aufgeführten Allergien, insbesodere der einer Parabeneallergie, nicht geführt ist.

Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 1 - 4 SGB II oder eines Sonderbedarfs nach § 23 Abs. 3 SGB II haben im März 2005 auch nicht vorgelegen. Es sind nach Aktenlage keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 1 - 4 SGB II oder eines Sonderbedarfs nach § 23 Abs. 3 SGB II ersichtlich. Das Vorliegen solcher Bedarfe ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers. Ebenso hat beim Kläger im streitigen Zeitraum keine atypische Bedarfslage bestanden (vgl. zu den Ansprüchen bei atypischen Bedarfslagen: BSG Urteil vom 19.08.2010 - B 14 AS 13/10 R). Weder nach Aktenlage noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich Hinweise auf eine solche Bedarfslage.

Der Beklagte hat die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II von 329,58 EUR, eine Bruttowarmmiete von 350,00 EUR abzüglich der nicht berücksichtigungsfähigen Kosten für die Anmietung einer Garage von 20,42 EUR übernommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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