L 3 U 76/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 98 U 199/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 76/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines am 01. Oktober 2004 erlittenen Unfalls.

Der 1965 geborene Kläger, der zu jener Zeit als Zimmerer bei der Firma W GmbH & Co. KG beschäftigt war, zog sich während der Arbeit am 01. Oktober 2004 eine Frak-tur am linken kleinen Finger zu, als er beim Herabsteigen von einer Leiter das Gleich-gewicht verlor, sich an einem Doka-Träger abfing und hierbei den kleinen Finger ver-drehte und danach mit diesem nochmals gegen den Träger schlug. Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 28. Februar 2005 (vgl. Berichte des Durchgangsarztes (DA) und Chirurgen Dr. R vom 19. Oktober 2004, 24. Februar 2005, 04. März 2005 und 21. März 2005 sowie Bericht des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. H von der Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaften E. V. (UBS) vom 20. De-zember 2004).

Der Kläger, dem von der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (DRV) mit Bescheid vom 28. August 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01. Mai 2008 bis zum 30. Juni 2010 gewährt worden war, wandte sich mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 an die Beklagte und begehrte die Gewährung einer Verletztenrente. Nach Beiziehung des im Erwerbsminderungsverfahren eingeholten Gutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie B vom 31. August 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. November 2009, bestätigt durch Widerspruchsbe-scheid vom 29. Januar 2010 (Az.: 3/05452/04-1), die Gewährung einer Verletztenren-te mit der Begründung ab, der Arbeitsunfall vom 01. Oktober 2004 habe nach verzö-gertem Heilverlauf der Kleinfingerfraktur links keine bleibenden Unfallfolgen hinterlas-sen.

Mit am 05. März 2010 beim Sozialgericht (SG) Berlin eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage gegen die zuvor genannten Bescheide erhoben, die beim SG unter dem Aktenzeichen S 163 U 152/10 anhängig war.

Mit Schreiben vom 15. März 2010, beim SG Berlin eingegangen am 16. März 2010, hat die Beklagte das an sie gerichtete Schreiben des Klägers vom 22. Februar 2010, welches bei ihr am 24. Februar 2010 eingegangen war und in dem dieser der "Ableh-nung von Rentenansprüchen aus seinen Arbeitsunfällen von 2003, 2004 und 2002 unter den Aktenzeichen mit den Schreiben vom 29. Januar 2010" widersprochen hat-te, sowie ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 05. März 2010 als Klage gemäß § 91 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur weiteren Veranlassung vorgelegt.

Nach entsprechendem Hinweis durch richterlichen Brief vom 11. Juni 2010 hat das SG Berlin durch Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2011 die Klage mit der Begrün-dung abgewiesen, diese sei wegen doppelter Rechtshängigkeit (§§ 94, 202 SGG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)) unzulässig. So sei bereits am 05. März 2010 eine Klage mit identischem Streitgegenstand in der 163. Kammer des SG Berlin zum Aktenzeichen S 163 U 152/10 eingegangen.

Gegen den ihm am 23. Februar 2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich der Kläger mit der am 23. März 2011 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg einge-legten Berufung. Er rügt insbesondere, dass das SG es unterlassen habe, die beiden Verfahren S 163 U 152/10 und S 98 U 199/10, die jeweils den Arbeitsunfall vom 01. Oktober 2004 betreffen würden, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Dann wäre auch die Klagefrist gewahrt, da er ja bereits unter dem 22. Feb-ruar 2010 über die Beklagte sein Klagebegehren geltend gemacht habe. Zudem ver-tritt er die Auffassung, dass sämtliche die Erwerbsunfähigkeit bedingenden Leiden auf den Arbeitsunfall vom 01. Oktober 2004 zurück zu führen seien; daher sei ein ortho-pädisches sowie ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur Feststellung der Un-fallfolgen durch das Gericht einzuholen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 11. Februar 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Janu-ar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletz-tenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 01. Oktober 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend bzw. einen Anspruch auf Verletztenrente mangels Vorliegens bleibender Unfallfolgen nicht für gegeben.

In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Bevollmächtigte des Klägers sei-nen, dem SG Berlin am gleichen Tag noch per Fax übermittelten Schriftsatz vom 02. November 2011 (in Kopie) vorgelegt, in dem er nach Rücksprache mit dem Kläger die Rücknahme der Klage in dem Verfahren S 163 U 152/10 erklärt hat.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Streitakte des SG Berlin (S 163 U 152/10) sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbe-gründet.

Im Ergebnis zutreffend hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2011 die vom Kläger persönlich mit dem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 22. Febru-ar 2010 fristgerecht (§§ 87, 90, 91 Abs. 1 SGG) erhobene Klage gegen den Bescheid vom 24. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2010 abgewiesen. Zwar kann, anders als noch im Zeitpunkt der Entscheidung des SG wie auch des Senats über den Prozesskostenhilfeantrag (Beschluss vom 27. April 2011), nun nicht mehr die Unzulässigkeit der Klage festgestellt werden, da nach Rück-nahme der Klage in dem Verfahren des SG Berlin zum Aktenzeichen S 163 U 152/10 am 02. November 2011 die doppelte Rechtshängigkeit entfallen ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 94 RdNr. 7b m. w. Nachweisen). Jedoch erweist sich die Klage als unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 24. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2010 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 01. Oktober 2004.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versi-cherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für den früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind jedoch nur zu be-rücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versi-cherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirken-de Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII). Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicher-ten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII).

Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens erge-benden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbsle-bens. Die MdE-Festsetzung ist eine rechtliche Wertung in Form einer Schätzung, die nach anerkannten Richtwerten erfolgt, die zur weitgehenden Gleichbehandlung aller Verletzten zu beachten sind (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Anmerkungen 3.6, 3.6.1 und 3.6.2). Zu beachten ist weiterhin, dass allein maßgebend die feststellbaren Funktionseinschränkungen sind, aus den Diagnosen allein lässt sich nicht auf die Beeinträchtigung der Erwerbsfähig-keit schließen. Schmerzen, die mit den Unfallfolgen einhergehen, fließen nicht geson-dert in die MdE-Schätzung ein, da die MdE-Richtwerte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mitberücksichtigen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Anm. 5.5.10). Die Bemessung des Grades der MdE im Rahmen des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist eine Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Berück-sichtigung der in Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze (vgl. Urteile des BSG vom 18. März 2003 – B 2 U 31/02 R – in Breithaupt 2003, 565; vom 02. November 1999 – B 2 U 49/98 R – in SozR 3-2200 § 581 Nr. 6) trifft. Diese sind für die Entscheidung im Einzelfall zwar nicht bin-dend. Sie bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis.

Zwar hat der Kläger am 01. Oktober 2004 einen Arbeitsunfall (§ 8 Abs. 1 SGB VII) erlitten, als er bei seiner versicherten Tätigkeit als Zimmerer beim Herabsteigen einer Leiter das Gleichgewicht verlor, er bei dem Versuch sich abzufangen den kleinen Fin-ger links verdrehte und gegen einen Stahlträger schlug und sich dabei eine nicht dis-lozierte kurze Schrägfraktur der Endphalanx des linken Kleinfingers zuzog. Jedoch sind Unfallfolgen, die eine MdE über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus begründen könnten, nicht festzustellen.

Zur Überzeugung des Senats ist die erlittene Kleinfingerfraktur links ausgeheilt, sie hat nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit am 28. Februar 2005 keine Funktionsein-schränkungen hinterlassen, die eine MdE von mindestens 10 v.H. (Stützrente) bedin-gen. Dies ergibt sich aus den von den behandelnden Ärzten erhoben Befunden, die in der Verwaltungsakte dokumentiert sind. So zeigte sich bei der röntgenologischen Kon-trolle nebst Untersuchung des Klägers durch den DA und Chirurgen Dr. R am 28. Feb-ruar 2005 die Fraktur sicher durchbaut und die Achse der Endphalanx nahezu normal (vgl. DA-Bericht vom 21. März 2005). Die noch bei der Untersuchung am 04. Februar 2005 festgestellten Einschränkungen der Beweglichkeit konnten nach der zwischen-zeitlich fortgeführten Krankengymnastik von Dr. R am 28. Februar 2005 nicht mehr befundet werden. Abgesehen davon zeigte sich laut DA-Bericht vom 21. März 2005 bereits bei der Untersuchung am 04. Februar 2005 die Streckfähigkeit des linken Kleinfingers als nur noch gering eingeschränkt, der Abstand der Kleinfingerkuppe zur Hohlhand betrug beim vollen Faustschluss nur noch einen Zentimeter (cm). Anhalts-punkte für weitergehende Funktionseinschränkungen des linken Kleinfingers sind auch nicht dem im Erwerbsminderungsrentenverfahren erstellten Gutachten des Arz-tes für Neurologie und Psychiatrie B vom 31. August 2005 zu entnehmen. Der bei den durchgangsärztlichen Untersuchungen am 04. und 28. Februar 2005 festgestellte Be-fund rechtfertigt keine MdE von mindestens 10 v. H. Nach den im einschlägigen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätzen wird erst der Verlust des Kleinfingers (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 565) bzw. eine Versteifung aller Gelenke am kleinen Finger in Streckstellung oder in Beugestellung oder die Durchtrennung des ellenseitigen Klein-fingernervens (vgl. Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Auflage 2009, S. 163) mit einer MdE von 10 v. H. bewertet. Ein vergleichbarer Sachverhalt ist hier auch nicht im Ansatz erkennbar.

Soweit der Kläger meint, seine die Erwerbsminderung nach rentenversicherungsrecht-lichen Gesichtspunkten begründenden Leiden seien auf das Unfallgeschehen vom 01. Oktober 2004 (bzw. auf die in den Jahren 2002 und 2003 erlittenen Arbeitsunfälle), zurückzuführen, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Für die Anerkennung von – weiteren - Unfallfolgen ist erforderlich, dass sowohl zwi-schen der unfallbringenden Tätigkeit und dem Unfallereignis als auch zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung ein innerer ursächlicher Zusammen-hang besteht. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Unfall und die Gesundheits-schädigung im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahr-scheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die (hinreichende) Wahr-scheinlichkeit – nicht eine Möglichkeit – ausreicht (BSG in SozR 3-2200, § 551 RVO Nr. 16 m.w.N.). Anders als nach der im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie, nach der jedes Ereignis, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg ent-fiele, als Ursache des Erfolges gilt, erfolgt im Sozialrecht die Unterscheidung und Zu-rechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kau-sal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursa-che wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesund-heitsschadens abgeleitet werden (vgl. u. a. BSG in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Da es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben kann, ist für die Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache allein relevant, dass das Unfallereignis wesentlich war. Ob es eine konkurrierende Ursache war, ist unerheblich. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhande-nen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die (naturwissen-schaftliche) Verursachung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art uner-setzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes alltäglich vorkommende Er-eignis zu derselben Zeit die Erscheinungen verursacht hätte. Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei Abwägung aller Umstände, die für den Zusammenhang sprechenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung des Ge-richts gegründet werden kann (vgl. BSG in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 m. w. N.).

Unter Beachtung der zuvor dargestellten Grundsätze ist ein Zusammenhang der beim Kläger bestehenden internistischen und seelischen Leiden (Diagnosen des Nervenarz-tes Bvom 31. August 2005: Dysthymie, Somatisierungsstörung, Bluthochdruck, medi-kamentös gut eingestellt, kombinierte Fettstoffwechselstörung, Wirbelsäulensyndrom) mit dem Unfallgeschehen vom 01. Oktober 2004 bzw. dem hierbei erlittenen Gesund-heitserstschaden in Form einer Kleinfingerfraktur links nicht wahrscheinlich. Eine Wir-belsäulenverletzung ist den zeitnah zum Unfallgeschehen erhobenen Befunden nicht zu entnehmen, entsprechende Beschwerden sind vom Kläger bei den durchgangsärzt-lichen Untersuchungen am 01. Oktober 2004 und 29. November 2004 nicht geschil-dert worden (vgl. DA-Berichte vom 19. Oktober 2004 und 02. Dezember 2004). Viel-mehr ergibt sich aus dem Gutachten des Nervenarztes Bvom 31. August 2005, dass der Kläger bei seiner Untersuchung über seit vielen Jahren bestehende Wirbelsäulen-beschwerden klagte und diese auch Anlass einer 2002 vom Rentenversicherungsträ-ger durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme waren, es sich demzufolge um ein un-fallunabhängig vorbestehendes Leiden handelt. Ebenso schilderte der Kläger gegen-über dem Nervenarzt Bvorbestehende depressive Störungen, z. Bsp. ausgeprägter nach der Scheidung der ersten Ehe, wie auch einen schon länger bestehenden sozia-len Rückzug und eine bei ihm allgemein bestehende Ängstlichkeit. Zwar hat sich der Kläger deswegen erst im März 2005 (nach Einstellung des Verletztengeldes!) in eine nervenärztliche Behandlung begeben und ist ihm deswegen ab dem 01. März 2005 Arbeitsunfähigkeit attestiert worden, jedoch vermag allein dieser zeitliche Ablauf noch nicht einen Zusammenhang der vom Nervenarzt B festgestellten Dysthymie (depressi-ve Verstimmung) mit dem Unfallgeschehen vom 01. Oktober 2004 bzw. der hierbei erlitten Kleinfingerfraktur zu begründen. Die vom Nervenarzt B diagnostizierte erhebli-che Somatisierungsstörung bezieht sich auf die vom Kläger angegebenen (langjähri-gen) Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden, ohne dass ein irgendwie gearteter Be-zug zur ausgeheilten Kleinfingerfraktur hergestellt wird. Auch sind die auf internisti-schem Gebiet bestehenden Leiden, der im Jahr 2000 festgestellte Bluthochdruck und die kombinierte Fettstoffwechselstörung, nach den Angaben des Klägers bei der Be-gutachtung durch den Nervenarzt B dem Unfallgeschehen vom 01. Oktober 2004 nicht zuzurechnen.

Da in allen vorliegenden Berichten und Gutachten von ärztlicher Seite noch nicht ein-mal die Vermutung eines Zusammenhangs zwischen den zur Erwerbsminderung im rentenversicherungsrechtlichen Sinne führenden Leiden des Klägers und dem Ar-beitsunfall vom 01. Oktober 2004 geäußert wird und der Kläger weder im hiesigen Streitverfahren noch in dem zum Aktenzeichen S 163 U 152/10 beim SG Berlin ge-führten Verfahren ärztliche Einschätzungen, die seinen Anspruch stützen könnten, vorgelegt hat, sieht der Senat keinen Anlass für Ermittlungen – quasi ins Blaue hinein – von Amts wegen. Den in der mündlichen Verhandlung des Senats formulierten Be-weisanregungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers, ein orthopädisches und ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Feststellung der Folgen (welcher?) des Unfalls vom 01. Oktober 2004 einzuholen und die Akten des SG Berlin zum Aktenzeichen S 23 R 416/06 und S 163 U 151/10 beizuziehen, war daher nicht zu folgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved