L 22 R 1178/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 29 R 2655/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1178/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Rente, wobei sie sich gegen die Berücksichtigung eines Altersvorsorgeanteils, erstmalig vorgenommen mit Rentenanpassung zum 01. Juli 2003, bei der Berechnung der Rentenanpassung wendet.

Die 1943 geborene Klägerin bezog seit dem 01. Februar 2003 Altersrente für schwer behinderte Menschen (Bescheid vom 16. Dezember 2002). Zum 01. Juli 2003 wurde ihre Rente von der Beklagten angepasst, wobei der Berechnungsfaktor des aktuellen Rentenwertes (Ost) von 22,70 Euro um 1,19 Prozent auf 22,97 Euro erhöht wurde.

Gegen die Rentenanpassungsmitteilung hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Bundesregierung habe die Veränderung der Rentenanpassungsformel im Rahmen des Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) vom 21. März 2001, mit der die Berücksichtigung eines Altersvorsorgeanteils (AVA) erfolgte, u. a. damit begründet, dass nach geltendem EU-Recht kollektive Belastungen der Versicherten bei der Berechnung der Rentenanpassungshöhe mit berücksichtigt werden müssten. Wesentlicher Bestandteil der neuen Rentenanpassungsformel sei dementsprechend die Einbeziehung und Bewertung des Altersvorsorgeanteils für die "Riester-Rente". Dies sei nicht zulässig, da die Anzahl der abgeschlossenen "Riester-Renten"-Verträge unter der Hälfte der in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten liege, also der Grenze, ab der nach EU-Recht eine kollektive, berücksichtigungsfähige Belastung überhaupt vorliege.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2009 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen: Das Bundessozialgericht (BSG) habe inzwischen bestätigt, dass die Vorschriften zur Rentenanpassung zum 01. Juli 2003, die durch das AVmEG vom 21. März 2001 (BGBl 1 S. 403) derart geändert worden seien, dass bei der neuen Rentenanpassungsformel unter anderem der AVA berücksichtigt werde, mit dem Grundgesetz übereinstimmten (Urteile des BSG vom 27. März 2007, B 13 R 37/06 R, und vom 20. Dezember 2007, B 4 RA 48/05 R). Der Widerspruchsbescheid enthält in der Rechtsmittelbelehrung ("Ihr Recht") den Hinweis, dass gegen den Bescheid "innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe bei dem für Sie zuständigen Sozialgericht" Klage erhoben werden kann.

Am 17. Mai 2010 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt, im Wesentlichen mit der gleichen Begründung wie im Widerspruchsverfahren. Die Klägerin hat im Übrigen die Auffassung vertreten, dass die Klage auszusetzen sei, bis die Bundesrepublik Deutschland wieder ein Rechtsstaat sei und mit ordentlichen Staatsgerichten besetzt sei. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe Menschenrechtsverletzungen festgestellt, woraus sie folgere, dass die Bundesrepublik Deutschland kein "wirksamer Rechtsstaat" sei. Da die Bundesrepublik Deutschland keine "Staatsgerichte" zur Verfügung stelle, sondern nur "Privatgerichte", bleibe dem Bürger nichts anderes übrig, als seine Ansprüche bei den Sozialgerichten lediglich anzumelden, um die Verjährung seiner Ansprüche zu verhindern. Eine ordentliche Rechtsprechung durch die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland sei nicht zu erwarten. Im Übrigen fehle es an einer wirksamen Rechtsgrundlage, auf der die Richter in der Bundesrepublik Deutschland ihre Richtertätigkeit ausüben würden.

Mit Gerichtsbescheid des SG vom 16. November 2010 ist die Klage abgewiesen worden. Das SG hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils insbesondere ausgeführt:

"Die Kammer ist entgegen der von der Klägerin geäußerten Auffassung berechtigt, über die von der Klägerin erhobene Klage zu entscheiden. Soweit die Klägerin ausführt, dass ein Gerichtsverfahren im Augenblick einem Bürger nicht zuzumuten sei, da die Bundesrepublik Deutschland zurzeit kein Rechtsstaat mit einer gültigen Verfassung sei, könne dieser Auffassung nicht beigetreten werden. Dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 08. Juni 2006 – 75529/01 (Sürmeli/Deutschland) ist nichts Derartiges zu entnehmen. Denn der EGMR hat lediglich entschieden, dass die in der bundesdeutschen Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe einem Beschwerdeführer kein wirksames Mittel geben, sich wegen der Dauer eines anhängigen zivilgerichtlichen Verfahrens zu beschweren, und deswegen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht genügen. Mithin kann das genannte Urteil auch nicht dazu herangezogen werden, dass von der Klägerin behauptete Vorliegen eines Stillstands der Rechtspflege im Sinne von § 245 Zivilprozessordnung (ZPO) sowie die Voraussetzungen für die Aussetzung eines Verfahrens zu begründen.

Im Übrigen ist die allgemein anerkannte, historisch, politisch und rechtlich legitime verfassungsmäßige Grundlage der Bundesrepublik Deutschland, ihrer Rechtsordnung und ihrer Institutionen das Bonner Grundgesetz (GG) vom 23. Mai 1949 (BGBl S. 1) in seiner zuletzt durch das Gesetz vom 21. Juli 2010 (BGBl I S. 2010, 944) geänderten Fassung, das weiter in Kraft ist. Die Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen von 1990 ist der gegenwärtige deutsche Nationalstaat. Sie ist als Staat mit dem früheren Deutschen Reich identisch, sie ist dessen heutige rechtliche und tatsächliche Erscheinungsform (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 31. Juli 1973, BvF 1/73; Beschluss vom 21. Oktober 1987, 2 BvR 73/83; Beschluss vom 26. Oktober 2004, 2 BvR 955/00, 2 BvR 1038/01).

Soweit sich die Klägerin auch nach Lektüre des gerichtlichen Schreibens vom 30. September 2010 weiterhin nicht von der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren nachgeordneter Gliederungen überzeugen konnte, ist dies für die Entscheidung über die erhobene Klage rechtlich ohne Bedeutung. Denn im weiteren Vortrag der Klägerin sind an keiner Stelle beachtliche und einer ernsthaften Diskussion zugängliche Sachargumente für die von ihr vertretene Auffassung zu entnehmen. Schließlich besteht auch für das von der Klägerin unter Bezugnahme auf verschiedene, nicht einschlägige Verfahrensvorschriften geäußerte Begehren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des Kammervorsitzenden dafür, dass er nach deutschem Recht deutscher Richter mit wirksamer Ernennung ist, in seinen Entscheidungen unabhängig sei usw., keine Rechtsgrundlage, so dass dem nicht nachzukommen gewesen war

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anpassung ihrer Rente über den Betrag hinaus, der im Gesetz selbst und in der Verordnung zur Anpassung der Renten im Jahr 2003 (Rentenanpassungsverordnung 2003 – RAV 2003) vom 04. Juni 2003 (BGBl. I S. 2003, 784) vorgesehen ist "

Im Weiteren hat die Kammer in ihren Entscheidungsgründen wörtlich aus dem Urteil des BSG vom 20. Dezember 2007 (B 4 RA 48/05 R) zitiert, wonach die zum 01. Juli 2003 durch die Rentenanpassungsverordnung (RAV) 2003 erfolgte Rentenanpassung nicht gegen das Grundgesetz verstoße.

Gegen die der Klägerin am 19. November 2010 zugestellte Entscheidung ist am 15. Dezember 2010 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Berufung eingelegt worden.

Die Klägerin hat ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ist der Auffassung, dass die Begründungen des Sozialgerichts für den Laien unverständlich und an den Haaren herbeigezogen wirkten. Der Grundsatz der Klarheit und Verständlichkeit sei hier bereits verletzt. dass das Urteil schon deshalb zu beanstanden sei, weil auf der zugestellten Ausfertigung keine eigenhändige Unterschrift des Richters vorhanden sei. Des Weiteren sei die Ausfertigung des Gerichtsbescheides offenbar von einer Justizbeschäftigten und nicht von einem Beamten oder einer Beamtin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erfolgt. Eine Verkündung des Urteils sei auch nicht vermerkt und damit nicht dokumentiert. Damit sei die erste Instanz nicht ordnungsgemäß abgeschlossen. Dem Landessozialgericht werde im Übrigen aufgegeben darzulegen, auf welcher Rechtsgrundlage es seine Tätigkeit ausübe.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2010 sowie die Rentenanpassungsmitteilung zum 01. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin höhere Rente für die Zeit ab 1. Juli 2003 aufgrund unverminderter Rentenanpassung ohne Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils bei der Berechnung der Rentenanpassung zu gewähren, und des Weiteren, über dieAnträge aus dem Schriftsatz vom 27.10.2011 zu entscheiden, die wie folgt lauten: 1. Das Gericht wird gebeten, schriftlich mitzuteilen, im Namen welchen Volkes es Recht spricht: a. Bundesrepublik Deutschland, b. Deutschland, c. vereintes Deutschland (bestehend aus Bundesrepublik Deutschland, DDR und Berlin, oder andere, 2. Das Gericht wird gebeten, den schriftlichen Nachweis zu erbringen, dass es ein Staatsgericht ist und mit gesetzlichen Richtern besetzt ist. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, so wird hilfsweise beantragt, die Klage auszusetzen bis Deutschland wieder ein Rechtsstaat ist und mit ordentlichen Staatsgerichten und gesetzlichen Richtern besetzt ist, Feststellung des § 245 ZPO (Art. 25 GG) Stillstand der Rechtspflege durch Verlust des Art. 100, 101 GG im Rahmen des Völkerrechts. Die Konsequenzen auf die laufende Rechtsprechung sind, dass die Gesetze wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rechtssicherheit ungültig und nichtig sind (BVerwGE 17, 192=DVBl 1964, 147). Für den Stillstand der Rechtspflege ist kein Krieg erforderlich, es reicht das Fehlen der ordentlichen Staatsgerichte. Im Übrigen befindet sich Deutschland immer noch im Kriegszustand mit 42 Staaten. 3. Der Deutschen Rentenversicherung Bund wird aufgegeben, die unverminderte Rentenanpassung am1.7.1003 vorzunehmen. 4. Den zur Zeit nicht ausgezahlten Beitrag ab Klagebeginn mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen. 5. Die Kosten dieses Rechtsstreits zu übernehmen. 6. Es wird gebeten, dass alle Anträge, die abgelehnt werden, unter Angabe der Gesetzesparagraphen einzeln zu begründen zur Vermeidung einer Gehörsrüge. Sofern das Gericht sich nicht als Staatsgericht mit gesetzlichen Richtern ausgibt, wird von der Klägerin das Gericht wegen Befangenheit abgelehnt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die bei gezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Az.: ), die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klage war zwar zulässig. Insbesondere hat die Klägerin die Klagefrist, die am 17. Mai 2010 zum Zeitpunkt der Klageerhebung auch noch nicht abgelaufen war, eingehalten. Die Klagefrist hat hier gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG ein Jahr betragen wegen der in der Rechtsmittelbelehrung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2009 fehlerhaft angegebenen Klagefrist von einem Jahr statt einem Monat (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG) und des Fehlens des Namens und der Adresse des für die Klage zuständigen Sozialgerichts.

Über die Berufung hat in Übereinstimmung mit § 28 Abs. 2 SGG das aufgrund des Staatsvertrages über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom 26. April 2004 mit Wirkung ab 01. Juli 2005 errichtete Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden (GVBl Berlin 2004, 380, GVBl Brandenburg 2004, 281) und der nach der gültigen Geschäftsverteilung zuständige 22. Senat zu erkennen.

Der Rechtsstreit war nicht gemäß § 245 Zivilprozessordnung (ZPO) durch einen Stillstand der Rechtspflege in Deutschland unterbrochen, wie die Klägerin meint. Soweit sie sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 08. Juni 2006 – 75529/01 (Sürmeli/Deutschland) bezieht, ist dem nichts Derartiges zu entnehmen. Die Klägerin verkennt den Inhalt dieser Entscheidung des EGMR, wenn sie meint, der erkennende Senat dürfe hier deswegen nicht entscheiden, weil nach dem genannten Urteil die Bundesrepublik Deutschland so anzusehen sei, als ob es sich bei ihr nicht um einen Rechtsstaat handele. Denn in diesem Urteil hat der EGMR lediglich entschieden, dass die in der bundesdeutschen Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe einem Beschwerdeführer kein wirksames Mittel gäben, sich wegen der Dauer eines anhängigen zivilgerichtlichen Verfahrens zu beschweren, und deswegen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht genügten. Dass deshalb das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland als Ganzes nicht mehr die Gewähr der Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze gebe, ist dem genannten Urteil des EGMR nicht zu entnehmen. Da es sich insoweit allein um eine nicht nachvollziehbare rechtliche Bewertung der Klägerin handelt, kann das genannte Urteil auch nicht dazu herangezogen werden, das von der Klägerin behauptete Vorliegen eines Stillstands der Rechtspflege im Sinne von § 245 Zivilprozessordnung (ZPO) zu begründen, zumal diese Vorschrift lediglich den Fall der tatsächlichen Lahmlegung der Gerichtsorganisation im Sinne eines geordneten Justizbetriebes durch Krieg, Unruhen, Epidemien, Überschwemmungen, atomare Katastrophen, Lawinenunglücke, terroristische Anschläge, Justizbeamtenstreiks und dergleichen regelt (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Auflage 2005, § 245 Rdnr. 1).

Die Bundesrepublik Deutschland als Nachfolgerin des Deutschen Reiches befindet sich auch – anders als die Klägerin meint – spätestens mit dem Inkrafttreten des Zwei-Plus-Vier-Vertrages vom 12.09.1990 (BGBl II, S. 1318) am 15.03.1991 (BGBl II, S. 58) nicht mehr in einem als Folge des zweiten Weltkriegs resultierenden Kriegszustand. Der Zwei-Plus-Vier-Vertrag hat einen Friedensvertrag ersetzt (so im Zusammenhang mit Entschädigungsverfahren, u. a.: OLG Stuttgart 12. Zivilsenat, Urteil vom 20.06.2000, 12 U 37/00, veröffentlicht in juris; bestätigt durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.06.2003, III ZR 245/98, ebenfalls veröffentlicht in juris).

Aussetzungsgründe nach den §§ 246, 247 ZPO, die gemäß § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren gelten, sind von der Klägerin weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Das Verfahren erster Instanz ist entgegen der Ansicht der Klägerin abgeschlossen. Denn der ihr am 19. November 2010 zugestellte Gerichtsbescheid ist nicht deshalb unwirksam, weil ihm die nach Meinung der Klägerin notwendige eigenhändige Unterschrift des Kammervorsitzenden fehlt. Nach § 134 Abs. 1 SGG ist das Urteil - entsprechend auch ein Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) - vom Vorsitzenden zu unterschreiben. Dies ist hier geschehen. Der Kammervorsitzende Dr. B hat ausweislich des in den Gerichtsakten befindlichen Original-Gerichtsbescheides die vollständige Entscheidung (§ 136 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 SGG) unterschrieben, was der Klägerin auch bereits mitgeteilt worden ist (Schreiben des SG vom 07. April 2011). Der Klägerin ist auch gemäß §§ 135, 137 SGG eine Ausfertigung des Urteils zugestellt worden. Ausweislich der von ihr übersandten Kopie des Ausfertigungsvermerks hat sie eine Ausfertigung des Gerichtsbescheides mit der maschinengeschriebenen Unterschrift des Vorsitzenden Dr. B und ausgefertigt von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle B erhalten. Weitere Anforderungen an die Ausfertigung sind nicht zu stellen. Die Justizangestellte B, die die Ausfertigung des Gerichtsbescheides als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Berlin unterschrieben hat, hat nicht wie die Klägerin meint, eine "Täuschung im Rechtsverkehr" begangen, indem sie den Ausfertigungsvermerk als "Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle" und das gesonderte Begleitschreiben, mit dem die Entscheidung zugestellt worden ist, als "Justizangestellte" unterschrieben hat. Dies beruht darauf, dass die Justizangestellte bei der Ausfertigung des Gerichtsbescheides in ihrer Funktion als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle tätig geworden ist, was von ihrem Beschäftigungsstatus als Justizangestellte – als solche unterschreibt die Justizangestelle im sonstigen Geschäftsverkehr des Gerichts wie hier in dem Begleitschreiben – zu unterscheiden ist.

Soweit die Klägerin rügt, dass die Entscheidung des SG, durch Gerichtsbescheid zu erkennen, rechtswidrig gewesen sei und sie hiermit nicht einverstanden gewesen sei, handelt es sich nicht um einen Verfahrensfehler des SG. Denn die Entscheidung des SG, durch Gerichtsbescheid zu erkennen ist nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder grobe Fehleinschätzungen zugrunde liegen (BSG, Urteil vom 16. März 2006, B 4 RA 59/04 R, veröffentlicht in juris). Dies ist hier nicht der Fall. Das SG hat ohne Ermessensfehler zu Recht die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides als gegeben erachtet. Sowohl – war und – ist der Sachverhalt übersichtlich als auch die Rechtslage geklärt, so dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheides nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGG vorlagen. Die Beteiligten sind auch ordnungsgemäß nach § 105 Abs. 1 S. 2 SGG angehört worden.

Zutreffenderweise hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Rente unter Nichtberücksichtigung des bei der Rentenanpassung zum 01. Juli 2003 in Anschlag gebrachten Altersvorsorgeanteils. Die Beklagte hat durch die Rentenanpassungsmitteilung die Altersrente der Klägerin rechtmäßigerweise um den Faktor 1,04 v. H. erhöht.

Es gibt keine Rechtsgrundlage für einen höheren Anspruch der Klägerin unter Nichtberücksichtigung eines AVA. Die Berücksichtigung eines solchen Anteils bei der Berechnung der Rentenanpassung zum 01. Juli 2003, gegen dessen dem Gesetz entsprechende rechnerische Umsetzung die Klägerin keine Einwände erhebt, ist verfassungsgemäß.

Hierzu hat das BSG, dem sich der Senat inhaltlich anschließt, in seinem Urteil vom 27. März 2007, B 13 R 37/06 R (zitiert nach juris Rz. 11, 12, 24, 25) ausgeführt:

"1. Der Verordnungsgeber war zum 1.7.2004 nicht durch § 69 Abs. 1 SGB VI ermächtigt – damit auch nicht verpflichtet – einen neuen höheren aktuellen Rentenwert als 26,13 EUR zu bestimmen. Die RAV 2003 bestimmt in § 1: Der aktuelle Rentenwert beträgt vom 1.7.2003 an 26,13 Euro (Abs 1) Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt vom 1.7.2003 an 22,97 Euro (Abs 2). Nach § 5 der RAV 2003 trat diese am 1.7.2003 in Kraft. Eine zeitliche Geltungsbeschränkung enthält die RAV nicht. Das als Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze verkündete Gesetz über die Aussetzung der Anpassung der Renten zum 1.7.2004 (RAAG) enthält als einzige Vorschrift die Regelung: Zum 1.7.2004 werden der aktuelle Rentenwert und der aktuell Rentenwert (Ost) nicht verändert.

Der Senat verkennt nicht, dass diese Beurteilung (der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit, davon abhängt, dass die Gesamtheit derjenigen Berechnungsfaktoren, von dem nach § 68 i. V. m. § 255 e SGB VI (in der damaligen Verfassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002, BGBl. 1 754) die durch das RAAG ausgesetzte Rentenanpassung abhing, verfassungsmäßig waren. Hieran hat der Senat jedoch keinen Zweifel.

Nach den insoweit geltenden Regelungen bestimmte sich der geänderte aktuelle Rentenwert aus dem bisherigen aktuellen Rentenwert, in dem nicht nur auf die Veränderung des Bruttoentgelts eines durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmers abgestellt wurde (§ 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB VI), sondern auch auf die Veränderung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (§ 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB VI) einschließlich des Altersvorsorgeanteils (§ 68 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 und § 255 e Abs. 1 bis 3 SGB VI), was zu der modifizierten Rentenanpassungsformel des § 255 e Abs. 4 SGB VI führte. Hiernach wirkt sich auf die Rentenanpassung auch aus, ob die aktiv Beschäftigten einen - höheren oder niedrigeren – Beitragssatz zur Rentenversicherung zu zahlen haben und wie sich der Altersvorsorgeanteil entwickelt, also die Beiträge zur ,Riester-Rente’ als einer zwar privaten Altersvorsorge, jedoch mit staatlicher Förderung in Form von Zulagen und Steuerfreibeträgen. Beide Faktoren können jedoch nicht als sachwidrig angesehen werden, schmälern sie doch für den aktiv Beschäftigten den Anteil seines Bruttoentgelts der ihm (netto) zur freien Verfügung steht. Dabei kann auch nicht als sachwidrig gewertet werden, dass § 255 e Abs. 3 SGB VI den Anstieg der steuerlich geförderten Beiträge zur privaten Alterssicherung nicht genau abbildet, sondern pauschaliert nachzeichnet, auch um einen kontinuierlichen Anstieg darzustellen (Einzelheiten bei Stahl in Hauck/Noftz, K § 255 e SGB VI, Rdnr. 16, Stand 2005). Ebenso wenig sachwidrig ist, dass der Altersvorsorgeanteil bei der Rentenanpassung unabhängig davon berücksichtigt wird, inwieweit die ,Riester-Rente’ von den Beschäftigten tatsächlich angenommen wird und damit die entsprechenden Beiträge in der Tat das verfügbare Einkommen des durchschnittlichen Beschäftigten mindern. Denn der Arbeitnehmer, der keine zusätzliche private Altersvorsorge aufbaut, mag dadurch sein gegenwärtiges verfügbares Einkommen erhöhen, jedoch nur gegen den Preis späterer Belastung (vgl. Wiechmann, DAngVers 2003, 307, 309)."

Auch im Urteil vom 13. November 2008, B 13 R 13/08 R (veröffentlicht in juris), hat das BSG keinerlei Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils gesehen. Hierzu hat es ausgeführt (Rz. 30, 31, 32 des bei juris veröffentlichten Urteils):

"Die Einführung sowohl des Altersvorsorgeanteils als auch des Nachhaltigkeitsfaktors war erforderlich, geeignet und verhältnismäßig. Im Rahmen der Erforderlichkeit der Maßnahmen ist zu prüfen, ob nicht ein anderes, milderes Mittel hätte gewählt werden können, dass die Rentenanpassung weniger stark begrenzt hätte

Bei der Einführung des Altersvorsorgeanteils im Jahr 2001 durch das AVmEG vom 21. März 2001 (BGBl I S. 403) stand aus Sicht des Gesetzgebers die Problematik der rückläufigen Geburtenzahl einerseits und die steigende Lebenserwartung und damit die immer länger werdende Rentenlaufzeit andererseits im Vordergrund (BT-Drucksache 14/4595 S. 1). Der jüngeren Generation droht eine Beitragsbelastung von 24 v. H. bis 26 v. H. im Jahre 2030 ohne die Gewissheit zu haben, trotz hoher Beiträge eine ausreichende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten (BT-Drucksache 14/4595 S. 37). Das Vertrauen in die Zukunftsfestigkeit der gesetzlichen Alterssicherung konnte deshalb durch eine Beitragsbegrenzung geschaffen werden. Ein stabiler Beitragssatz leistet einen wesentlichen Beitrag zur Begrenzung der Lohnnebenkosten und damit für mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland (BT-Drucksache 14/4595 S. 37). Die Einführung des Altersvorsorgeanteils ist im Zusammenhang mit der Einführung der zusätzlichen Kapital gedeckten Altersvorsorge (Riester-Rente) zu sehen. Nur durch den Abschluss dieser und anderer Altersvorsorgemaßnahmen kann die künftige Niveauabsenkung der gesetzlichen Rentenversicherung für die jetzigen Beitragszahler kompensiert werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Beitragszahler zur allgemeinen Rentenversicherung ab dem Jahre 2002 beginnend mit einem Mindestbeitrag von 1 v. H. und steigend auf 4 v. H. seiner beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des SGB VI bis zum Jahre 2008 eine von der allgemeinen Rentenversicherung unabhängige Altersversorgung aufbauen (BT-Drucksache 14/4595 S. 38, 39). Diese Aufwendungen beeinträchtigen die Höhe der verfügbaren Nettolöhne der Arbeitnehmer und sind daher bei der Ermittlung des Anstiegs der beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des SGB VI zu berücksichtigen (Bundestagsdrucksache 14/4595, S. 47; Senatsurteil vom 27. März 2007, SozR 4-2600 § 65 Nr. 1 Rdnr. 25).

Dabei kann es nicht als sachwidrig gewertet werden, dass § 255 Abs. 3 SGB VI dem Anstieg der steuerlich geförderten Beiträge zur privaten Alterssicherung nicht genau abbildet, sondern pauschaliert nachzeichnet, auch um den kontinuierlichen Anstieg darzustellen (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2007, SozR 4-2600 § 65 Nr. 1 Rdnr. 25). Genauso wenig ist es sachwidrig, dass der Altersvorsorgeanteil bei der Rentenanpassung unabhängig davon berücksichtigt wird, inwieweit die ,Riester-Rente’ von den Beschäftigten tatsächlich angenommen wird und damit die entsprechenden Beiträge in der Tat das verfügbare Einkommen des durchschnittlichen Beschäftigten mindern. Denn der Arbeitnehmer, der keine zusätzliche private Altersvorsorge aufbaut, mag dadurch sein gegenwärtiges verfügbares Einkommen erhöhen, jedoch nur gegen den Preis späterer Belastung (vgl. Senatsurteil a.a.O.; Wiechmann, DAngVers 2003, 307, 309). Die Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils bei der Berechnung der Rentenanpassung gewährleistet, dass Rentenempfänger an der steigenden Belastung der Erwerbstätigen für die Altersvorsorge durch eine geringere Rentenanpassung beteiligt werden. Die Einsparung bei voller Wirkung des Altersvorsorgeanteils soll bei ca. 10 Milliarden Euro liegen (Brall/Dünn/Fasshauer, DRV 2005, 460. 478). "

Ebenso wenig hat das BSG Bedenken gegen die Rentenanpassung im Jahre 2003 im Übrigen geäußert. In seinem Urteil vom 20. Dezember 2007, B 4 RA 48/05 R (veröffentlicht in juris) hat es ausdrücklich festgestellt, dass die Rentenanpassung durch die Verordnung zur Anpassung der Renten im Jahre 2003 verfassungsgemäß ist, allerdings ohne speziell auf die Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils bei der Rentenanpassung zum 01. Juli 2007 einzugehen. Es hat in diesem Urteil dargelegt, dass die zum 01. Juli 2003 durch die RAV 2003 vom 04. Juni 2003 (BGBl. I 2003, 784) erfolgte Rentenanpassung mit dem Faktor von 1,04 Prozent (bezogen auf den aktuellen Rentenwert, der aktuelle Rentenwert-Ost erhöhte sich um 1,19 Prozent) nicht gegen Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs.1 und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz verstoße.

Den Ausführungen des BSG schließt sich der Senat an und verweist zur weiteren Begründung auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil.

Zum 1. Antrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 27.10.2011wird auf Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz (GG) verwiesen. Die Formel entspricht dem in diesem Artikel enthaltenen Verfassungsgrundsatz, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Das "Volk" im Sinne des Art 20 Abs. 2 GG umfasst alle deutschen Staatsangehörigen und die ihnen nach Art 116 Abs.1 GG gleichgestellten Personen; die Zugehörigkeit zum Staatsvolk der Bundesrepublik wird also grundsätzlich durch die Staatsangehörigkeit vermittelt (vgl. BVerfG, Urteil vom 31.10.1990, 2 BvF 2/89, 2 BvF 6/89, veröffentlicht in juris, dort Rz. 54).

Das Urteil muss gemäß § 311 Abs. 1 ZPO die Überschrift "Im Namen des Volkes" enthalten, um dadurch auf den Träger der Gerichtshoheit zu verweisen (Musielak, ZPO 8. Auflage 2011, § 311 Rz. 1).

Soweit die Klägerin beantragt hat, "das Gericht wegen Befangenheit abzulehnen, sofern das Gericht sich nicht als Staatsgericht mit gesetzlichen Richtern ausgibt", ist ein damit geäußertes Gesuch der Ablehnung des Senates wegen Besorgnis der Befangenheit schon deshalb abzulehnen, weil es unzulässig mit einer Bedingung verknüpft ist. Prozessuale Erklärungen sind aus Gründen der Rechtssicherheit bedingungsfeindlich. Dessen ungeachtet hat das Landessozialgericht, in dessen Räumen die mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, die erkennenden Richter ersichtlich auch in seinem Geschäftsverteilungsplan ausgewiesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.,
Rechtskraft
Aus
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