L 4 R 2960/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 6480/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2960/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteils des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der am 1951 geborene Kläger erlernte zunächst keinen Beruf, sondern war von 1966 bis 1980 in verschiedenen ungelernten handwerklichen Tätigkeiten erwerbstätig. Vom 16. Juni 1980 bis zum 30. Juni 1991 war der Kläger als Maschinist, vom 31. August 1992 bis 30. Juni 1994 als Sanitärhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. In der Zeit vom 30. Juli 1994 bis 20. Februar 1996 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Nach einer Zeit der Entrichtung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung (vom 01. März 1996 bis 28. Februar 1999) war der Kläger vom 01. März 1999 bis 14. Juni 2001 als Bauleiter im Außendienst versicherungspflichtig beschäftigt. In der Folgezeit bezog der Kläger zunächst bis 14. April 2002 wieder Arbeitslosengeld und absolvierte währenddessen am 17. Dezember 2001 erfolgreich eine Prüfung zum Elektrotechniker für Blitzschutzanlagen. Zum 31. Januar 2002 machte er sich mit einem Betrieb als Elektrotechniker beschränkt auf Erdungs- und Blitzschutzanlagen selbstständig und entrichtete während dieser Zeit freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung, unterbrochen durch kurze Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld.

Am 29. Juni 2005 stellte der Kläger bei der Beklagten Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab an, sich seit 09. März 2005 aufgrund eines Schlafapnoe-Syndroms und eines Restless-Legs-Syndroms für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen über den Kläger, insbesondere den Entlassungsbericht des Prof. Dr. D. vom 27. April 2005 über einen Aufenthalt des Klägers in der stationären Schlafüberwachung der Klinik S. in G. in der Zeit vom 07. bis 09. März 2005, bei und veranlasste zunächst eine Begutachtung des Klägers durch die Internistin Dr. R ... Die Gutachterin berichtete aufgrund einer Untersuchung des Klägers am selben Tag in ihrem Gutachten vom 19. August 2005 von einem Schlafapnoe-Syhdrom sowie einem Restless-Legs-Syndrom. Beim Kläger sei im Januar 2005 ein Schlafapnoe-Syndrom diagnostiziert und eine CPAP-Maske verordnet worden, was zu einem besseren Schlaf geführt, bezüglich der beklagten Tagesmüdigkeit jedoch nichts geändert habe. Bei einer Kontrolluntersuchung in der Klinik S. im März 2005 sei ursächlich noch ein Restless-Legs-Syndrom diagnostiziert und eine Behandlung mit Restex begonnen worden. Trotz guten Ansprechens auch dieser Behandlung klage der Kläger nach wie vor über mehrfach am Tag plötzlich auftretende Müdigkeit, auch bei seiner Tätigkeit als Installateur von Blitzableitern auf dem Dach. Aufgrund der letztendlich nicht eindeutig geklärten Tagesmüdigkeit könne er diese Arbeit nicht mehr weiter ausüben. Möglich seien ihm jedoch noch mittelschwere Arbeiten ohne Absturzgefahr, ohne Eigen- und Fremdgefährdung sowie ohne häufiges Klettern und Steigen mindestens sechs Stunden täglich. Die Beklagte ließ dieses Gutachten durch ihren sozialmedizinischen Dienst auswerten und veranlasste sodann eine weitere Begutachtung des Klägers durch den Neurologen und Psychiater Dr. G ... Dieser berichtete aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 12. Dezember 2005 in seinem Gutachten vom 13. Dezember 2005 erneut vom Vorliegen eines Schlafapnoe-Syndroms und eines Restless-Legs-Syndroms und gelangte ebenfalls zu der Auffassung, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Installateur im Blitzschutzbau nur noch unter drei Stunden täglich erwerbstätig sein könne, unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen jedoch noch mittelschwere berufliche Tätigkeiten in Tagesschicht ohne Sturzgefährdung und nicht an laufenden Maschinen vollschichtig verrichten könne. Das EEG habe keine krankhaften Veränderungen gezeigt. Auch nach längerer EEG-Ableitung seien keine Einschlafphänomene aufgetreten. Die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers sei wegen des Schlafapnoe-Syndroms unter Gefahr eines imperativen Einschlafens tagsüber insofern eingeschränkt, als Tätigkeiten auf dem Dach, auf Leitern und Gerüsten wegen der erheblichen Unfallgefährdung nicht mehr möglich seien. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger jedoch noch mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten, soweit diese nicht mit Absturzgefahr und an laufenden Maschinen verbunden seien. Immerhin habe sich das imperative Schlafen tagsüber insoweit gebessert, als der Kläger privat Auto fahre. Nach eigenen Angaben sei dies ohne Probleme möglich.

Mit Bescheid vom 12. April 2006 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007, lehnte den Rentenantrag des Klägers im Übrigen jedoch mit Bescheid vom 04. Mai 2006 ab.

Am 22. Mai 2006 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 04. Mai 2006 Widerspruch ein und trug vor, dass auch das Leistungsvermögen in leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts auf unter sechs Stunden täglich gesunken sei. Er sei nicht in der Lage, einfach nach Bedarf in ein Auto zu steigen und zu fahren, sondern er müsse diese Fahrten in sein Schlafverhalten einplanen. Lange Autofahrten würden von ihm ohnehin nicht durchgeführt. Auch auf kurzen Fahrstrecken komme es immer wieder vor, dass er Schlafattacken habe und seine Frau bitten müsse, weiterzufahren. Entgegen der Auffassung des Gutachters Dr. G. könne er daher auch in leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht vollschichtig erwerbstätig sein. Der Kläger legte im Verlauf des Widerspruchsverfahrens den ärztlichen Befundbericht der behandelnden Nervenärztin und Psychotherapeutin Dr. O. vom 08. Juni 2006 vor. Die Beklagte holte die ärztliche Stellungnahme vom 01. August 2006 bei Dr. K. von ihrem sozialmedizinischen Dienst ein, der zu der Auffassung gelangte, der Befundbericht von Dr. O. könne keine andere Leistungseinschätzung nach sich ziehen. Die dort mitgeteilte anankastische Persönlichkeitsstörung führe nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung, das Restless-Legs-Syndrom und die obstruktive Schlafapnoe-Symptomatik seien bereits gutachterlich gewürdigt worden. Ein weiterer Aufklärungsbedarf werde nicht erkannt, die Tagesmüdigkeit sei auch im Rahmen einer leichteren depressiven Verstimmung möglicherweise zu interpretieren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2006 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Feststellung von Art und Schwere der Erkrankung des Klägers seien zwei sozialmedizinische Gutachten erstellt worden. Die im Widerspruchsverfahren eingereichten Unterlagen seien vom ärztlichen Dienst ausgewertet worden. Ein weiterer Aufklärungsbedarf habe nicht erkannt werden können. Unter Berücksichtigung aller erhobenen Befunde sei ärztlicherseits noch ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes festgestellt worden. Bei diesem Sachverhalt liege ein Zustand der vollen Erwerbsminderung beim Kläger nicht vor.

Der Kläger erhob am 29. August 2006 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage. Zur Begründung verwies er auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren und führte ergänzend an, dass aus seiner Sicht die Schlussfolgerung, auf nervenärztlichem und psychotherapeutischem Gebiet bestehe keine quantitative Leistungseinschränkung, nicht ohne weitere medizinische Ermittlungen getroffen werden könne.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Im Verlauf des Klageverfahrens legte sie die Stellungnahme des Dr. K. vom 21. Dezember 2007 vor.

Das SG vernahm die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. R.-O. gab an (Auskunft vom 30. Januar 2007), der Kläger habe sie zuletzt vor etwa einem Jahr aufgrund einer entzündlichen Ohrerkrankung aufgesucht. Der Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen liege auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Orthopäde Dr. Rü. teilte mit (Auskunft vom 29. Januar 2007), der Kläger sei bisher nur einmal bei ihm vorstellig gewesen. Nervenärztin und Psychotherapeutin Dr. O. gab in ihrer Auskunft vom 24. Januar 2007 an, der Kläger befinde sich seit 24. August 2005 in ihrer Behandlung. Die auf ihrem Fachgebiet erhobenen Befunde und Diagnosen stimmten im Wesentlichen mit denjenigen überein, die in den Verwaltungsgutachten erhoben worden seien. Sie schließe sich der Beurteilung beider Gutachter auch hinsichtlich des Leistungsvermögens an. Aus ihrer Sicht liege das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebende Leiden auf neurologischem und schlafmedizinischen Fachgebiet. Urologe Dr. H. (Auskunft vom 29. Januar 2007) teilte mit, der Kläger habe sich zuletzt im Oktober 2005 bei ihm vorgestellt; weitere Angaben könne er nicht machen. Pneumologe und Internist Dr. W. (Auskunft vom 01. Februar 2007) gab an, er habe den Kläger bis 28. August 2006 behandelt und schließe sich den Befunderhebungen, Diagnosen und sozialmedizinischen Wertungen der Verwaltungsgutachten an.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete sodann die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Schlafmedizinerin PD Dr. Ho. ihr Gutachten vom 31. Oktober 2007. Die Sachverständige berichtete aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 01. August 2007 von einem obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom, einem schweren Restless-Legs-Syndrom sowie einem mittelschwer ausgeprägten depressiven Syndrom, am ehesten im Sinne einer Anpassungsstörung. Der Kläger sei zum Termin bewusstseinsklar sowie zeitlich, örtlich und situativ zur eigenen Person orientiert erschienen. Störungen des Auffassungsvermögens und des Gedächtnisses seien im Gespräch nicht festzustellen gewesen, subjektiv habe der Kläger deutliche Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen sowie eine Einschlafneigung beklagt. Im Gespräch sei er leicht übermüdet erschienen. Der formale Gedankengang sei unauffällig und geordnet gewesen. Im Vordergrund der Beschwerden stehe eine erhebliche Tagesmüdigkeit. Die Ursache dieser Tagesmüdigkeit sei aus ärztlicher Sicht am ehesten multifaktoriell durch das Schlafapnoe-Syndrom, ein schweres Restless-Legs-Syndrom und das depressive Syndrom zu erklären. Zudem könnten Tagesmüdigkeit und Einschlafattacken im Einzelfall als Nebenwirkung der Medikation des Restless-Legs-Syndroms auftreten. Bezüglich der Diagnose einer Narkolepsie und Kataplexie hätten sich in der aktuellen Anamneseerhebung keine sicheren Anhaltspunkte feststellen lassen. Die Einschlafattacken seien zwar als imperativ, jedoch überwiegend in monotonen Situationen berichtet worden. Eine abschließende Beurteilung könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben werden. Zur Behandlung der subjektiv erheblichen Tagesmüdigkeit und des depressiven Syndroms, die zu einer deutlichen Minderung der Leistungsfähigkeit beitrügen, seien eine weitere diagnostische Abklärung und stationäre Behandlungsversuche in einer psychiatrisch-neurologischen Fachklinik erforderlich. Zum Ausschluss einer Narkolepsie sowie zur Verifizierung der Tagesschläfrigkeit seien eine erneute polysomnographische Untersuchung, ein multipler Schlaflatenztest und ein multipler Wachbleibetest erforderlich. Derzeit sei dem Kläger eine vollschichtige Tätigkeit nicht möglich. Er könne lediglich noch Tätigkeiten mit häufigen Ruhepausen bis zu vier Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Aufgrund der Konzentrationsstörungen seien Arbeiten an gefährdenden Maschinen sowie Arbeiten, die mit andauernder Konzentration verbunden seien, nicht möglich.

Mit Urteil vom 14. Mai 2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei grundsätzlich in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Kammer stütze ihre Überzeugung auf das internistische Gutachten von Dr. R. sowie das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. G ... Zwar stellten die Tagesmüdigkeit sowie die Beschwerden durch das Restless-Legs-Syndrom erhebliche Leistungseinschränkungen für den zuletzt ausgeübten Beruf des Klägers dar. Bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt seien dem Kläger jedoch noch Tätigkeiten ohne Absturzgefahr, ohne Eigen- und Fremdgefährdung und ohne häufiges Klettern und Steigen zumutbar. Auch der behandelnde Pneumologe stimme in seiner Stellungnahme vom 01. Februar 2007 dem Gutachten von Dr. R. zu. Dr. G. führe in seinem Gutachten vom 13. Dezember 2005 aus, dass der Kläger anamnestisch vorübergehende depressive Verstimmungszustände angegeben habe. Diese hätten sich nach Medikation deutlich gebessert. Auch das Restless-Legs-Syndrom sei derzeit unter neuer Medikation verbessert. Im Befund werde eine leicht depressive Stimmungslage ohne vitale Depressionszeichen angeführt. Dr. G. gehe aber davon aus, dass wegen der Depression keine zusätzliche Leistungsminderung bestehe. Dem habe Dr. O. in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 24. Januar 2007 zugestimmt. Das Gutachten von Dr. G. sei daher nach Ansicht der Kammer nicht zu beanstanden. Dem Gutachten der PD Dr. Ho. könne die Kammer demgegenüber nicht folgen. Sie stimme mit diesem Gutachten zwar insoweit überein, als eine stationäre Maßnahme in einer psychiatrisch-neurologischen Klinik für indiziert gehalten werde. Nicht zu folgen vermöge die Kammer dagegen der Annahme, dass derzeit eine Erwerbsminderung auf nervenfachärztlichem Gebiet bestehe. Die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode sei nach Prüfung der Kammer nicht nachvollziehbar. Die Testergebnisse in der Begutachtungssituation hätten lediglich eine leicht- bis mittelgradige Depression ergeben. Auch nach den anamnestischen Befunden sei lediglich von einer leichtgradigen Depression auszugehen. Im Übrigen sei es in gewisser Hinsicht widersprüchlich, dass die Sachverständige zum einen ausführe, dass eine Leistungseinschätzung erst nach stationärer Abklärung im Sinne einer Rehabilitationsmaßnahme getroffen werden könne, sie aber andererseits derzeit eine Erwerbsminderung bejahe. Diese Aussage könne nach Ansicht der Kammer nur in der Hinsicht gedeutet werden, dass eine dauerhafte Erwerbsminderung auf der Basis der bisherigen Befunde derzeit nicht sicher feststellbar sei.

Gegen das ihm am 12. Juni 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Juni 2008 Berufung eingelegt. Er sei nicht mehr in der Lage, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Die Ausführungen des SG zum Gutachten der PD Dr. Ho. seien nicht nachvollziehbar. Diese habe schlüssig und nachvollziehbar die Auffassung vertreten, dass ihm (dem Kläger) derzeit eine vollschichtige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich sei. Außerdem sei dargelegt worden, dass selbst bei Ausübung einer halbschichtigen Tätigkeit häufige Ruhepausen erforderlich seien, so dass er auch nicht in der Lage sei, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen auszuüben. Vor diesem Hintergrund wäre selbst in Anbetracht der von der Sachverständigen empfohlenen Behandlungsoptionen zumindest die Gewährung einer Zeitrente in Betracht zu ziehen gewesen. Die bei ihm bestehende Tagesmüdigkeit und die immer wieder auftretenden Schlafattacken seien nicht hinreichend gewürdigt worden. Das Gutachten des Dr. G. sei fehlerhaft und daher nicht verwertbar, insbesondere habe es das EEG nicht zutreffend ausgewertet. Durch seine behandelnde Nervenärztin Dr. O. sei mittlerweile eine Narkolepsie diagnostiziert worden. Die Schlafattacken träten bei ihm unregelmäßig auf und seien über den gesamten Tag verteilt. Dies habe dazu geführt, dass er im Jahr 2009 innerhalb eines halben Jahres sein Haus nur zweimal wegen Arztterminen verlassen habe und dort regelmäßig im Wartezimmer eingeschlafen sei. Auch im Wartebereich des Büros seines Prozessbevollmächtigten sei er vor einem dortigen Termin wieder eingeschlafen. Als verantwortungsvoller Mensch fahre er im Übrigen nur dann Auto, wenn er sich sicher sei, dass er weder für sich noch für andere eine Gefahr sei. Daher unternehme er längere Fahrten ausschließlich in Begleitung. An guten Tagen erleide er bis mittags teilweise etwa fünf Schlafattacken und müsse danach mehrere Minuten schlafen. Selbst Autofahrten bis zu dreißigminütiger Dauer müsse er teilweise noch kurz vor Erreichen des Ziels unterbrechen, damit dem unwiderstehlichen Schlafdrang nachgegeben werden könne. Der Kläger hat im Verlaufe des Berufungsverfahrens u.a. das Attest der Dr. O. vom 12. Mai 2009 sowie zuletzt das "Attest zur Vorlage beim Rechtsanwalt" vom 18. Oktober 2011 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Mai 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 04. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Juni 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung, ab 01. Januar 2006 anstelle von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren, hilfsweise die Einholung eines schlafmedizinischen Gutachtens von Amts wegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Dr. O. nochmals schriftlich als sachverständige Zeugin gehört (Auskunft vom 19. August 2011). Dr. O. hat darin angegeben, der Kläger sei in seinem psychischem Befund bewusstseinsklar, allseits orientiert, gemindert im Antrieb, die Mnestik leicht gestört, die Stimmung sei depressiv, der Gedankengang geordnet. Es bestünden keine Wahrnehmungsstörungen und keine Eigen- oder Fremdgefährdung. Das EEG sei unregelmäßig, es ergebe sich jedoch kein Herdbefund und kein pathologisch verwertbarer Befund im EEG. Als Diagnosen seien ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, eine Narkolepsie und Kataplexie, eine anankastische Persönlichkeitsstörung, eine mittelgradige depressive Episode, ein Restless-Legs-Syndrom und eine Somatisierungsstörung festzustellen. Leichte Tätigkeiten ohne hohe Anforderungen an das Konzentrationsvermögen könnten vom Kläger jedoch über sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Das maßgebliche Leiden liege auf nervenfachärztlichem Gebiet.

Mittlerweile bezieht der Kläger - nach nochmaliger befristeter Weiterbewilligung (Bescheid vom 16. Januar 2008) - die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer (Bescheid vom 25. Januar 2010).

Die Berichterstatterin hat den Fall in nichtöffentlicher Sitzung vom 29. September 2011 erörtert.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Mit dem angefochtenen Urteil vom 14. Mai 2008 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Streitgegenständlich ist hier lediglich ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, ab 01. Januar 2006 anstelle der ihm bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die Ablehnung des Antrags auf Rente wegen voller Erwerbsminderung durch den Bescheid der Beklagten vom 04. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Kläger ist seit 01. Juni 2005 nicht voll erwerbsgemindert. Er kann Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Inhalts der Verwaltungsgutachten von Dr. R. vom 19. August 2005 sowie des Dr. G. vom 13. Dezember 2005, der sachverständigen Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers, insbesondere der Neurologin und Psychiaterin Dr. O., sowie der von PD Dr. Ho. in ihrem Gutachten vom 31. Oktober 2007 erhobenen Befunde fest.

Der Kläger leidet an dauerhaften Einschränkungen ausschließlich auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Bei ihm liegen zunächst Gesundheitsstörungen in Form eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms sowie eines Restless-Legs-Syndroms vor. Dies folgt übereinstimmend aus dem Gutachten von Dr. R. vom 19. August 2005, dem Gutachten des Dr. G. vom 13. Dezember 2005, den von Dr. O. in ihren Auskünften vom 24. Januar 2007 und 19. August 2011 und den von PD Dr. Ho. in ihrem Sachverständigengutachten vom 31. Oktober 2007 mitgeteilten Diagnosen. Zudem leidet der Kläger an depressiven Episoden. Zwar hat Dr. G. in seinem Verwaltungsgutachten eine entsprechende Diagnose nicht gestellt. Jedoch werden dies stützende Befunde sowohl von PD Dr. Ho. in ihrem Gutachten vom 31. Oktober 2007 als auch von der behandelnden Ärztin Dr. O. berichtet. PD Dr. Ho. hat insoweit ein mittelschwer ausgeprägtes depressives Syndrom diagnostiziert. Entsprechend hat Dr. O. in ihrer Arztauskunft vom 19. August 2011 die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode gestellt. Der Senat hält das Vorliegen einer depressiven Erkrankung aufgrund dieser sich auch in der Einschätzung des Schweregrads der Erkrankung entsprechenden Angaben daher für erwiesen. Der Senat geht schließlich - zugunsten des Klägers - weiter davon aus, dass bei diesem eine Narkolepsie-Erkrankung vorliegt. Zwar hat die Sachverständige PD Dr. Ho. insoweit ausgeführt, es ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Diagnose dieser Erkrankung. Sie hat weiter die Auffassung vertreten, dass sich anhand des von Dr. G. erhobenen EEG für den aktuellen Stand der Erkrankung keine validen Ergebnisse ableiten lassen. Auch hat Dr. G. die Diagnose einer Narkolepsie-Erkrankung nicht gestellt. Jedoch hat Dr. O. ihre schon durch Attest vom 12. Mai 2009 mitgeteilte Diagnose einer Narkolepsie-Erkrankung (damals gestützt auf das durch Dr. G. erhobene EEG) auch aktuell in ihrer vom Senat eingeholten Auskunft vom 19. August 2011 nochmals unter Mitteilung dies stützender Befunde (Epworth Sleepiness Scale; Pittsburgh Schlafqualitäts Index) bestätigt. Der Senat sieht daher - insoweit abweichend vom Verwaltungsgutachten des Dr. G. und der Ausführungen der PD Dr. Ho. - das Vorliegen auch dieser Erkrankung als erwiesen an.

Aus den beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Aus ihnen resultiert eine erhöhte Tagesmüdigkeit mit Einschlafattacken bei gestörtem Nachtschlaf. Dies ergibt sich aus den beiden Verwaltungsgutachten der Dr. R. und des Dr. G., dem Gutachten der Sachverständigen PD Dr. Ho. und der Auskunft der sachverständigen Zeugin Dr. O., zuletzt in ihrer Auskunft vom 19. August 2011. Der Kläger kann daher Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an laufenden Maschinen sowie Arbeiten, die mit andauernder Konzentration verbunden sind, nicht mehr verrichten. Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen auf nervenfachärztlichem Gebiet, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes nach Überzeugung des Senats weder Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht, noch erfordern sie betriebsunübliche Arbeitsbedingungen.

Der Kläger ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten ohne Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und ohne Sturzgefahr, die nicht an laufenden Maschinen erfolgen, in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat folgt insoweit der Einschätzung beider Verwaltungsgutachten der Dr. R. und des Dr. G., vor allem aber der behandelnden Nervenärztin Dr. O. in ihren sachverständigen Zeugenauskünften, zuletzt derjenigen vom 19. August 2011, dass sich wesentliche Leistungseinschränkungen auch quantitativer Art weder aus der bestehenden Tagesmüdigkeit noch den mit der Narkolepsie-Erkrankung einhergehenden Einschlafattacken ergeben. Sowohl Dr. R. (Verwaltungsgutachten vom 19. August 2005) als auch Dr. G. (Verwaltungsgutachten vom 13. Dezember 2005) haben davon berichtet, dass Tagesmüdigkeit und imperativer Schlafdrang (von dem als Befund auch Dr. G. ausging, und dessen Gutachten der Senat daher insgesamt für verwertbar erachtet) zwar ein Gefährdungspotential für bestimmte Tätigkeiten in sich bergen, der Kläger jedoch in Tätigkeiten, die diese Gefahren meiden, insgesamt nicht in seiner Ausdauerfähigkeit über mindestens sechs Stunden eingeschränkt ist. Die den Kläger auch hinsichtlich der Narkolepsie-Erkrankung behandelnde Nervenfachärztin Dr. O. hat - in Kenntnis beider Verwaltungsgutachten - diese Einschätzung in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 24. Januar 2007 ausdrücklich bestätigt, genauso wie der damals den Kläger behandelnde Internist Dr. W. in seiner Auskunft vom 01. Februar 2007. Auf nochmalige Nachfrage des Senats hat Dr. O. in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 19. August 2011 dem Senat gegenüber auch aus heutiger Sicht mitgeteilt, ihrer Auffassung nach sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes trotz seiner nervenärztlichen Leiden über mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten und hat folglich die Einschätzung der Gutachter erneut gestützt. Befunde, die eine Minderung der Ausdauerfähigkeit des Klägers zu begründen vermöchten, hat sie nicht mitgeteilt.

Soweit PD Dr. Ho. in ihrem Gutachten vom 31. Oktober 2007 zu einer anders lautenden Einschätzung (dies allerdings offenbar auch nur vorläufig) gelangt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Schon insgesamt erscheint das Gutachten nicht in sich schlüssig. Die Sachverständige stellt zwar einerseits fest, aus ihrer Sicht sei dem Kläger derzeit eine vollschichtige Tätigkeit nicht möglich, und geht insoweit von einem quantitativen Restleistungsvermögen von nur vier Stunden am Tag aus. Andererseits teilt sie an anderer Stelle mit, eine abschließende Beurteilung könne zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung nicht erfolgen, weil noch weitere diagnostische Abklärungen erforderlich seien. Der Senat hält insoweit schon für fraglich, warum die Sachverständige, soweit sie dies für erforderlich hielt, eine solche Abklärung nicht veranlasst hat. Aber auch unabhängig von diesem grundsätzlichen Einwand vermag die konkret von PD Dr. Ho. genannte Begründung für ihre Leistungseinschätzung über ein auch quantitativ herabgemindertes Leistungsvermögen den Senat nicht zu überzeugen. Die Sachverständige stützt ihre Einschätzung insoweit ganz maßgeblich auf eine aus Sicht des Klägers "subjektiv erhebliche Tagesmüdigkeit", ohne dies anhand von Befunden zu objektivieren. Der von der Sachverständigen mitgeteilte psychologische Befund ist weitgehend unauffällig. Der Kläger war in der Begutachtungssituation bewusstseinsklar und zeitlich, örtlich und situativ orientiert. Er beklagte zwar (subjektiv) deutliche Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen. Die Sachverständige hat jedoch Entsprechendes in der Begutachtungssituation nicht festgestellt; sie hat lediglich eine leichte Tagesmüdigkeit, im Übrigen aber keinerlei psychopathologischen Besonderheiten und insbesondere keine schnelle Erschöpfbarkeit oder ein schnell nachlassendes Konzentrationsvermögen berichtet. Das Gutachten begründet daher insgesamt im Wesentlichen den aus Sicht der Sachverständigen noch bestehenden Abklärungsbedarf, ohne Anhaltspunkte dafür zu liefern, auf welcher objektivierbaren Grundlage sie eine dauerhafte Herabsetzung der Ausdauerfähigkeit des Klägers auch in leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes begründet sieht. Hinsichtlich der getroffenen Leistungseinschätzung vermag der Senat der Sachverständigen daher nicht zu folgen. Er geht vielmehr mit den Verwaltungsgutachtern und den behandelnden Ärzten von einer noch verbliebenen Ausdauerfähigkeit in leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes über mindestens sechs Stunden täglich aus.

Anders als vom Kläger insbesondere zuletzt vorgetragen, liegt in seinem Fall überdies infolge des imperativen Schlafdrangs auch kein Seltenheits- oder Katalogfall vor, der zur Pflicht der Benennung eines konkreten Arbeitsplatzes führen würde (vgl. dazu Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80, 24, 35). Insbesondere werden durch die aus der Narkolepsie resultierenden Schlafattacken keine unüblichen Arbeitsbedingungen (in Form etwa betriebsunüblicher Pausen) erforderlich. Der Gesamteindruck, den der Senat anhand sämtlicher bei den Akten befindlicher medizinischer Unterlagen zu gewinnen vermochte, ergibt keine Anhaltspunkte für ein Leiden, dem nicht im Rahmen betriebsüblicher Verteilzeiten hinreichend Rechnung getragen werden könnte. Der Kläger hat bis jetzt das Autofahren nicht aufgegeben. Er selbst schildert, er halte es für verantwortbar, selbst zu fahren, wenn eine Begleitperson neben ihn sitze, die ihn im Zweifel ablösen könne. Schon deshalb geht der Senat davon aus, dass der Schlafdrang des Klägers jedenfalls noch insoweit beherrschbar ist, dass er im Zweifel an den Straßenrand fahren, das Fahrzeug anhalten und das Steuer übergeben könnte. Auch die behandelnde Ärztin Dr. O. hat im Übrigen offenbar keinerlei Veranlassung gesehen, die Fahrtüchtigkeit des Klägers in Frage zu stellen.

Überdies wurde der Kläger mittlerweile insgesamt drei Mal begutachtet, außerdem hielt er sich zu dreitägiger stationärer Begutachtung im Krankenhaus auf, ohne dass er in dieser Situation einer (berichtenswerten) Schlafattacke erlegen wäre (vgl. mit diesem Argument auch das LSG Nordrhein-Westfalen vom 26. Mai 2010 - L 8 R 165/09 - in juris). Darauf weist im Übrigen auch die Sachverständige PD Dr. Ho. in ihrem Gutachten vom 31. Oktober 2007 hin, die zudem angibt, dass Schlafattacken offenbar vorrangig in monotonen Situationen aufträten. Vor allem aber hat auch die behandelnde Ärztin Dr. O. in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 19. August 2011 weder im Rahmen der vom Senat erfragten Befunde noch in Beantwortung der Frage des Senats, inwieweit sich die diagnostizierten Erkrankungen des Klägers auf eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nachteilig auswirkten, Angaben gemacht, die eine Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen plausibel erscheinen ließen. Soweit Dr. O. davon abweichend in ihrem "Fachärztlichen Attest zur Vorlage beim Rechtsanwalt" vom 18. Oktober 2011 - im Nachgang zum Erörterungstermin am 29. September 2011 - erstmals angibt, der Kläger leide täglich an sieben bis zehn Schlafattacken über 25 Minuten (also insgesamt einer erzwungenen Schlafdauer von etwa vier Stunden im Verlaufe eines Tages bei alle zwei Stunden wiederkehrenden Anfällen von knapp einer halben Stunden), erscheint diese Angabe nicht glaubhaft. Entsprechende drastische Befunde hat Dr. O. gegenüber dem Senat (nur zwei Monate zuvor) nicht mitgeteilt, obwohl die von ihr gemachten Angaben zu Befund und Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers sehr sorgfältig und ausführlich waren und sich daher keine Anhaltspunkte für eine Lückenhaftigkeit oder ein versehentliches Übergehen dergestalt gravierender Einschränkungen ergeben. Auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den sich Senat bzw. Berichterstatterin in den beiden Verhandlungen vom Kläger und dessen Durchhaltefähigkeit verschaffen konnten - hält der Senat diese neuen Angaben daher nicht für plausibel. Soweit es sich dabei um eine gegenüber der in der sachverständigen Zeugenauskunft vom 19. August 2011 berichteten Gesundheitssituation neue Entwicklung handelt, ist diese aufgrund noch nicht gegebener Dauerhaftigkeit der Leistungsstörung derzeit nicht rentenrelevant.

Nach allem bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Fähigkeit, typische ungelernte Tätigkeiten zu verrichten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anfallen (z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen) beim Kläger in nennenswerter, nicht durch persönliche Verteilzeiten ausgleichbarer Weise beeinträchtigt wären. Eine ablehnende Haltung von Arbeitgebern gegenüber der Einstellung von Personen, die an Narkolepsie bzw. Kataplexie leiden, wäre gegebenenfalls rentenrechtlich nicht zu berücksichtigen. Denn nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08. November 1998 - 13/4 RA 93/94 -, juris) kann nicht jedweder Vorbehalt einzelner Arbeitgeber oder Belegschaften gegen Anfallsleidende unabhängig davon, worauf er beruht - zu einem Rentenanspruch führen. Ebenso wie bei der Bedeutsamkeit häufiger Krankheitszeichen ist auch hier auf die Beurteilung "vernünftig und billig denkender Arbeitgeber" abzustellen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 05. März 1959 - 4 RJ 27/58 - BSGE 9, 192, 194 f.; BSG, Urteil vom 21. Juli 1992 - 4 RA 13/91 -, juris). Nach Überzeugung des Senates gibt es für einen vernünftig und billig denkenden Arbeitgeber keinen Anlass für eine ablehnende Haltung gegenüber Personen, die - wie der Kläger - einen insgesamt noch beherrschbaren und jedenfalls in der Öffentlichkeit nicht wesentlich beobachtbaren Schlafdrang aufweisen. Allein aus der Tatsache, dass der Kläger (lediglich einmal) von seinem Prozessbevollmächtigten im Wartebereich schlafend angetroffen wurde, vermag demgegenüber eine Unzumutbarkeit einer Einstellung des Klägers in leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht zu begründen. Das gilt jedenfalls dann, wenn es um einen Arbeitsplatz geht, bei dem eine Eigen- und Fremdgefährdung entsprechend den oben beschriebenen qualitativen Einschränkungen des Klägers ausgeschlossen ist (vgl. mit entsprechender Wertung insgesamt auch das LSG Nordrhein-Westfalen, aaO).

Bei dieser Sachlage sieht sich der Senat zu weiteren Ermittlungen zum medizinischen Sachverhalt nicht gedrängt, so dass ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten nicht von Amts wegen einzuholen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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