L 20 AY 114/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 (16) AY 102/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 114/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AY 1/12 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1)
Eine nach § 44 SGB X rückwirkende Gewährung von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG kommt nicht in Betracht, wenn eine Bedürftigkeit für Leistungen nach dem AsylbLG bzw. für Leistungen nach einem grundsicherungsrechtlichen Leistungsregime zwischenzeitlich temporär oder auf Dauer weggefallen ist. (LSG NRW, Urteils vom 23.5.2011 - L 20 AY 139/10)
2)
Dies gilt auch dann, wenn Bedürftigkeit nach dem AsylbLG bzw. dem einschlägigen grundsicherungsrechtlichen Leistungsregime (hier: SGB II) nur deshalb nicht vorliegt, weil eine andere Sozialleistung, deren Gewährung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen und damit an ihre Bedürftigkeit (im weiteren Sinne) anknüpft (hier: Kinderzuschlag nach § 6a BKGG) bezogen wird.
3)
Die Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII haben (neben dem AsylbLG) die Funktion, für den von ihnen erfassten Personenkreis abschließend und insgesamt lückenlos das Niveau des menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG zu sichern. Damit bestimmen sie zugleich die Grenze, oberhalb derer Bedürftigkeit grundsätzlich nicht mehr besteht.
4)
Ist diese Obergrenze überschritten, scheidet eine Nachzahlung nach § 2 AsylbLG i.V.m. § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X aus.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20.9.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Gewährung einer höheren Nachzahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die Kläger zu 1 und 2 wurden 1973 bzw. 1972 in Q (Kosovo) geboren und sind seit 2008 verheiratet. Sie reisten 1991 in die Bundesrepublik ein und besitzen ebenso wie ihre gemeinsamen 1993, 1995 und 2000 geborenen Kinder, die Kläger zu 3 - 5, die kosovarische Staatsangehörigkeit.

In der Vergangenheit verfügten die Kläger zunächst durchgängig über ausländerrechtliche Duldungen. Sie wohnen seit 1992 im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten, die ihnen seit mehr als vier Jahren Leistungen nach § 3 AsylbLG (sog. Grundleistungen) gewährte.

Am 16.4.2007 nahm der Kläger zu 1 eine - zunächst auf ein Jahr befristete - versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Firma T GmbH in H auf. Die Klägerin zu 2 war weiterhin nicht erwerbstätig. Vor diesem Hintergrund erteilte die Beklagte unter dem 22.5.2007 einen "Einstellungsbescheid", in dem sie ausführte, sie werde mit Wirkung vom 1.6.2007 keine Leistungen mehr an die Kläger erbringen, weil die Kläger zu 1 und 2 in der Lage seien, durch eigenes Einkommen den Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen. Der letzte, am 4.4.2007 erlassene Bescheid verliere ab dem 1.6.2007 seine Gültigkeit. Grundleistungen nach dem AsylbLG erhielten die Kläger jedoch noch bis einschließlich zum 30.6.2007.

Bei der Firma T GmbH arbeitete der Kläger zu 1 zunächst bis zum Frühjahr 2009. Seine monatlichen Nettoeinkünfte beliefen sich zunächst auf etwa 1.000,00 EUR und ab August 2008 auf etwa 1.300,00 EUR. Daneben zahlte die Familienkasse S Kindergeld und (zeitweise) Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG). Die Kläger erhielten teilweise auch Wohngeld.

Im Einzelnen verfügte die Familie im Oktober 2008 über folgende Einkünfte:

Kinderzuschlag für September 2008 294,00 EUR (Kontoeingang 9.10.)
Kindergeld für Oktober 2008 462,00 EUR (Kontoeingang 9.10.)
Nettoeinkommen Kläger zu 1 1.343,02 EUR (Kontoeingang 16.10.)
Kinderzuschlag für Oktober 2008 340,00 EUR (Kontoeingang 17.10)
Summe: 2.439,02 EUR

Die Kosten der Familie für Unterkunft und Heizung beliefen sich im Oktober 2008 auf 390,00 EUR.

Zwischenzeitlich erhielten die Kläger zu 2 - 5 im April bzw. Juli 2008 vom Ausländeramt des Kreises T Aufenthaltserlaubnisse auf der Grundlage des § 104a Abs. 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Auch dem Kläger zu 1 wurde im Anschluss daran eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG erteilt.

Am 20.5.2009 beantragten die Kläger bei der Beklagten, ihnen Leistungen entsprechend dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nach § 2 AsylbLG (sog. Analogleistungen) zu gewähren, und zwar rückwirkend für die Dauer der letzten vier Jahre vor Antragstellung, beginnend mit dem 1.1.2005 bis zum Ausscheiden aus dem Leistungsbezug nach dem AsylbLG unter entsprechender Abänderung zwischenzeitlich etwaig bestandskräftig gewordener Bescheide sowie unter Anrechnung der gewährten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG und entsprechend der Maßgabe des § 44 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuch (SGB X), hilfsweise des § 48 SGB X. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylbLG seien erfüllt, weil sie durchgehend seit mehr als 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und zum anderen die Dauer ihres Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst hätten.

Mit Bescheid vom 19.5.2009 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis zum 30.6.2007 eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 4.001,88 EUR. Die Kläger erfüllten ab dem 1.1.2005 die erforderliche Vorbezugszeit von Leistungen nach § 3 AsylbLG. Außerdem könne ihnen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kein rechtsmissbräuchliches Verhalten entgegengehalten werden. Darüber hinaus habe das BSG in seinen Urteilen vom 17.6.2008 die Anwendbarkeit des § 44 SGB X im AsylbLG bestätigt. Der Wert bereits erbrachter Leistungen nach § 3 AsylbLG sei jedoch von den sich nach § 2 AsylbLG i.V.m. dem SGB XII errechnenden Leistungen in Abzug zu bringen. Dabei seien nur vergleichbare Leistungen einzubeziehen; unschädlich sei insoweit allerdings, wenn nach §§ 3 ff. AsylbLG Einmalleistungen erbracht worden sein sollten, die nach dem SGB XII durch Pauschalen abgegolten würden. Nach dem Urteil des BSG sei also zu prüfen, welche Leistungen die Kläger erhalten hätten und inwieweit diese - ob als Einmalleistungen oder in Form von Pauschalen - nach dem SGB XII noch zustünden. Bei den erstrebten Leistungen entsprechend dem SGB XII sei allerdings gegebenenfalls der sog. Aktualitätsgrundsatz zu beachten. Nicht mehr bestehende Bedarfe seien nachträglich nicht zu decken. Vor diesem Hintergrund machte die Beklagte bei der Berechnung des Nachzahlungsbetrages im einzelnen ausgeführte Abschläge für nicht mehr nachholbare, in der Regelsatzleistung nach dem SGB XII enthaltene Bedarfe, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Dagegen legten die Kläger Widerspruch ein, mit dem sie die Bewilligung eines höheren Nachzahlungsbetrages geltend machten. Es könne nicht rechtens sein, wenn einerseits anerkannt würde, dass sie berechtigt seien, für die vergangenen vier Jahre den Differenzbetrag zwischen § 2 AsylbLG und § 3 AsylbLG geltend zu machen, ihnen im gleichen Zuge allerdings gesagt werde, dass diese Rechte aufgrund des Aktualitätsgrundsatzes jedoch nur teilweise berücksichtigt würden. Dies stelle im Übrigen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Verhältnis zu denjenigen Ausländern dar, denen korrekterweise rechtzeitig bei Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen Leistungen nach § 2 AsylbLG erbracht worden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.9.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anwendbarkeit des Aktualitätsgrundsatzes entspreche den Urteilen des BSG vom 17.6.2008. Sofern über den bisher ermittelten Nachholbedarf hinaus unter Aktualitätsgesichtspunkten weitere Ansprüche für die Kläger gesehen würden, sei die Beklagte bereit, diese zu prüfen. Der bloße Hinweis darauf, dass der Aktualitätsgrundsatz keine Anwendung finde und es demzufolge zu einer weiteren Nachzahlung kommen müsse, reiche hierfür jedoch nicht aus.

Hiergegen haben die Kläger am 26.10.2009 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Münster erhoben. Die Beklagte verkenne die Rechtslage, die durch die Entscheidungen des BSG vom 17.6.2008 entstanden sei. Das BSG habe den Aktualitätsgrundsatz zwar am Rande erwähnt. Dies sei jedoch nur dahingehend zu verstehen, dass er zur Vermeidung von Doppelleistungen Anwendung finden müsse, wenn der jeweilige Antragsteller Leistungen eines anderen Leistungsträgers, etwa einer Krankenversicherung, erhalten habe. Habe der Leistungsträger aber - wie hier - jahrelang Leistungen nach § 2 AsylbLG rechtswidrig vorenthalten, könne dies zumindest nach Treu und Glauben nicht dazu führen, dass zum einen rechtswidriges Verwaltungshandeln anerkannt werde und zum anderen eingewandt werde, durch den Zeitablauf bis zur grundsätzlichen Klärung der betroffenen Rechtsfragen durch das BSG sei es zu einem Bedarfswegfall gekommen; denn im Ergebnis wäre der Leistungsträger dann rechtswidrig zulasten der Kläger bereichert.

Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid vom 18.6.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.9.2009 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern Analogleistungen gemäß § 2 AsylbLG entsprechend dem SGB XII nach Maßgabe des § 44 SGB X unter Anrechnung der gewährten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2007 zu gewähren und den Nachzahlungsbetrag mit 4 % zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer Rechtsauffassung festgehalten. Das BSG habe nicht mehr bestehende Bedarfe ausdrücklich als nicht mehr zu decken angesehen. Die Kläger seien durch die zuerkannte Nachzahlung und durch weitere Sachleistungen so gestellt, dass sie ein menschenwürdiges Leben führen könnten. Sie hätten außerdem von der im Widerspruchsbescheid eingeräumten Möglichkeit der Konkretisierung des Nachholbedarfes keinen Gebrauch gemacht.

Das SG hat Ermittlungen hinsichtlich der Erwerbstätigkeit des Klägers zu 1, der hieraus erzielten Einkünfte sowie der daneben bzw. stattdessen bezogenen Lohnersatz- oder Sozialleistungen angestellt, auf die Bezug genommen wird.

Mit Urteil vom 20.9.2010 hat es die Klage abgewiesen. Unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R hat es ausgeführt, bei der Anwendung des § 44 SGB X müsse berücksichtigt werden, ob Bedürftigkeit für Leistungen noch fortbestehe. Sei die Bedürftigkeit zwischenzeitlich temporär oder auf Dauer entfallen, etwa weil der Betroffene Einkommen erzielt oder Vermögen erworben habe, sei eine Nachzahlung in der Regel abzulehnen. Im Sozialhilferecht sei mithin nicht nur darauf abzustellen, ob die Ablehnung einer Leistung zum Zeitpunkt der Entscheidung nach damaliger Sach- und Rechtslage rechtswidrig gewesen sei, sondern auch darauf, ob zwischenzeitlich der ursprüngliche Bedarf, der zu Unrecht nicht durch Sozialleistungen gedeckt worden sei, oder die Bedürftigkeit entfallen sei. Maßgebender Zeitpunkt für die zu treffende Entscheidung sei dabei die letzte Tatsacheninstanz. Diese Grundsätze fänden auch im Bereich des AsylbLG Anwendung (Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.6.2010 - L 20 AY 33/10 B). Danach bestehe im vorliegenden Fall ein Anspruch der Kläger auf höhere Leistungen nicht mehr. Denn seit dem 30.6.2007 bestritten sie ihren Lebensunterhalt ohne den Bezug von Sozialhilfeleistungen. Die Einkünfte des Klägers zu 1, das zur steuerlichen Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung dienende Kindergeld sowie der Kinderzuschlag hätten ab dem 1.7.2007 ausgereicht, um eine eventuelle Bedürftigkeit nachträglich entfallen zu lassen. Eine mögliche Verfassungswidrigkeit der Leistungssätze nach dem AsylbLG ändere daran nichts, weil hieraus allein ein Nachzahlungsanspruch nach § 44 SGB X nicht begründet werden könne. Für Verfahren nach § 44 SGB X könne eine rückwirkende Erhöhung der Leistungssätze allenfalls zur Folge haben, dass sich die beim Ausscheiden aus dem Leistungsbezug noch zu erfüllenden Bedarfe erhöhen würden. Auch solche erhöhten Bedarfe würden jedoch durch die den Klägern ab dem 1.7.2007 zur Verfügung stehenden Einkünfte und andere Leistungen in jedem Fall ausgeglichen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte bereits zu Unrecht eine Nachzahlung in Höhe von 4.001,88 EUR geleistet habe.

Dagegen richtet sich die am 7.10.2010 eingelegte Berufung der Kläger, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen. Ergänzend führen sie zur Begründung aus, das BSG habe gerade in der von dem SG herangezogenen Entscheidung vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R den Aktualitätsgrundsatz auch im Rahmen des AsylbLG "gekippt". Dort sei ausgeführt, dass es bei pauschalierten Leistungen, die - wie der Regelsatz - typisierend von einer Bedarfsdeckung ausgingen, nicht des Nachweises anderweitiger Bedarfsdeckung bedürfe, wenn diese Leistungen nicht nur der Befriedigung eines aktuellen, sondern auch eines zukünftigen und vergangenen Bedarfs dienten. Diese Pauschalen nähmen daher nicht an der von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommenen "Existenzschwäche" des Sozialhilfeanspruches teil und seien bei fortdauernder Bedürftigkeit im Rahmen von § 44 Abs. 4 SGB X nachzuzahlen. Ferner dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in der Entscheidung vom 9.2.2010 zur Verfassungswidrigkeit der Regelleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auch die Leistungen nach den §§ 1a und 3 AsylbLG zwischenzeitlich als verfassungswidrig angesehen werden müssten, weil die Höhe dieser Leistungen evident unzureichend sei.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, den Klägern Analogleistungen gemäß § 2 AsylbLG entsprechend dem SGB XII nach Maßgabe des § 44 SGB X unter Anrechnung der gewährten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG und unter entsprechender Abänderung der früheren Verwaltungsakte für den Zeitraum 1.1.2005 bis zum 30.6.2007 nach dem AsylbLG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die angefochtene Entscheidung des SG und hält an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Prozessakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

I) Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 18.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.9.2009 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und damit die Frage, ob den Klägern für die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 30.6.2007 ein höherer Nachzahlungsbetrag in Form von Leistungen nach § 2 AsylbLG zusteht.

Dabei ist der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag der Kläger sachgerecht dahin auszulegen (§ 123 SGG), dass (notwendigerweise) auch die Aufhebung des der begehrten Verurteilung der Beklagten zu einer höheren Nachzahlung entgegenstehenden Urteils des Sozialgerichts vom 20.9.2010 beantragt wird. II) Die statthafte (§§ 143 ff. SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet. Sie sind durch die angefochtenen Bescheide nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Ein Anspruch auf Rücknahme der auf der Grundlage des § 3 AsylbLG für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis zum 30.6.2007 ergangenen, bestandskräftigen (Leistungs-) Bescheide nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X und auf (höhere) Nachzahlung von Analogleistungen gemäß § 2 AsylbLG besteht nicht. Der Senat nimmt zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil vom 20.9.2010 Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). 1) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Diese Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 17.6.2008 - B 8 AY 5/07 R Rn. 12), der sich der Senat bereits angeschlossen hat (vgl. etwa Urteil des Senats vom 23.5.2011 - L 20 AY 139/10), grundsätzlich auch im Bereich des AsylbLG anzuwenden. a) Zwar dürften den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum grundsätzlich Analogleistungen nach § 2 AsylbLG zugestanden haben. Denn sie erfüllen die Vorbezugszeit von 48 Monaten Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, und es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie die Dauer ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hätten. Die Beklagte war zudem (und wäre noch immer) die für die Leistungserbringung zuständige Behörde; sie ist daher nach § 44 Abs. 3 SGB X auch für die Entscheidung über die teilweise Rücknahme der seinerzeitigen Leistungsbescheide nach § 44 SGB X zuständig. b) Die Kläger haben gleichwohl keinen Anspruch auf (weitere) Leistungen für die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 30.6.2007. Denn zwischenzeitlich ist es zu einem Bedürftigkeitswegfall gekommen, der solche Nachzahlungen ausschließt. aa) Das BSG hat in der Entscheidung vom 17.6.2008 - B 8 AY 5/07 R (Rn. 16) zu § 44 SGB X ausgeführt, es sei zu beachten, dass ggf. Bedarfe, die in Anwendung des SGB XII hätten gedeckt werden müssen, mittlerweile entfallen sein könnten. Es hat insofern auf den Gesichtspunkt des Aktualitätsprinzips abgestellt; nicht mehr bestehende Bedarfe seien nachträglich nicht mehr zu decken (ausdrücklich so ausgeführt - ebenfalls im Rahmen des AsylbLG - in dem weiteren Urteil vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07, Rn. 49). bb) Zur konkreten Anwendung des Aktualitätsprinzips bzw. zur Frage, wann genau von einem Bedürftigkeitswegfall auszugehen ist, hat das BSG in einer Entscheidung zum Sozialhilferecht (Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R) präzisierend ausgeführt, bei einer rückwirkenden Korrektur bestandskräftiger rechtswidriger Leistungsablehnungen nach § 44 SGB X seien ggf. Besonderheiten im Sozialhilferecht zu beachten, welche einer Leistungsgewährung für die Vergangenheit entgegenstehen können. Diene Sozialhilfe nach dem (vom BSG hier ausdrücklich so bezeichneten) Gegenwärtigkeitsprinzip nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage (a.a.O., Rn. 13), so müssten Sozialhilfeleistungen für einen zurückliegenden Zeitraum nur erbracht werden, wenn die Notlage noch fortbestehe; dies setze nicht nur einen punktuellen Bedarf, sondern auch eine aktuelle Bedürftigkeit des Hilfesuchenden voraus (Rn. 14). Bei Überprüfungen nach § 44 SGB X (bei denen regelmäßig die an sich mögliche zeitnahe Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Leistungsbewilligung mangels Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht stattgefunden hat) verlange das Gebot der materiellen Gerechtigkeit im Sozialhilfebereich regelmäßig aber gerade nicht, dem (früher einmal) Hilfebedürftigen eine Leistung zu gewähren, derer er nicht (mehr) bedürfe; auf diese Weise werde sichergestellt, dass die nachträgliche Sozialhilfeleistung nicht den Charakter einer Entschädigung erhalte (Rn. 15). Zwar hat das BSG Fälle einer pauschalen Leistungserbringung von dieser "Existenzschwäche" der Sozialhilfe ausgenommen; solche Leistungen seien im Umfang des § 44 Abs. 4 SGB X ggf. nachzuerbringen, sofern die pauschalierten Leistungen nur der Befriedigung nicht nur eines aktuellen, sondern auch eines zukünftigen und vergangenen Bedarfs dienten (a.a.O. Rn. 20). Für den Fall eines temporären oder auf Dauer eingetretenen Wegfalls der Bedürftigkeit - etwa durch Erzielung eines entsprechenden Einkommens oder durch Erwerb von Vermögen - hat es gleichwohl einen Nachzahlungsanspruch in der Regel verneint. Denn dann bestehe ein sozialhilferechtlicher Bedarf mangels fortbestehender Bedürftigkeit nicht mehr fort. Im Sozialhilferecht sei mithin nicht nur darauf abzustellen, ob die Ablehnung einer Leistung zum Zeitpunkt der Entscheidung nach damaliger Sach- und Rechtslage rechtswidrig war, sondern im Hinblick auf § 44 Abs. 4 SGB X auch darauf, ob zwischenzeitlich der ursprüngliche Bedarf, der zu Unrecht nicht durch Sozialhilfeleistungen gedeckt wurde, oder die Bedürftigkeit im oben bezeichneten Sinn entfallen sind. Maßgebender Zeitpunkt für die zu treffende Entscheidung sei dabei naturgemäß die letzte Tatsacheninstanz; entfalle die Bedürftigkeit erst danach, sei das aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes hinzunehmen (a.a.O. Rn. 21). cc) Der Senat hat sich dieser Rechtsansicht bereits angeschlossen (vgl. Urteil vom 23.5.2011 - L 20 AY 139/10, Rn. 33; Revision anhängig unter B 8 AY 4/11 R). Darüber hinaus hat er der zum SGB XII ergangenen Rechtsprechung des BSG auch für den Bereich des AsylbLG entnommen, dass bei einem zwischenzeitlichen Wegfall der ununterbrochenen Bedürftigkeit für Leistungen entweder nach dem AsylbLG oder nach den grundsicherungsrechtlichen Leistungsregimes des SGB II bzw. des SGB XII ein Nachzahlungsanspruch nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X (insgesamt) ausscheidet. Dabei reicht für einen Ausschluss rückwirkender Leistungen bereits ein ggf. nur kurzfristiger zwischenzeitlicher Wegfall der Bedürftigkeit aus (a.a.O, Rn. 34). Bei den Klägern ist es zwischenzeitlich zu solch einem Bedürftigkeitswegfall gekommen. Denn jedenfalls im Oktober 2008 verfügten sie über Einkünfte, welche ihren grundsicherungsrechtlichen Bedarf (deutlich) überstiegen: Das maßgebende grundsicherungsrechtliche Bezugssystem der Kläger war in dem genannten Monat die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Da ihnen zwischenzeitlich eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG erteilt worden war, gehörten sie nicht mehr zu dem berechtigten Personenkreis nach § 1 AsylbLG. Vielmehr handelte es sich bei dem Kläger zu ,1 der vollschichtig erwerbstätig war, und auch bei der Klägerin zu 2 um erwerbsfähige Hilfebedürftige i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 und § 8 SGB II. Bedürftigkeit i.S.v. § 9 SGB II bestand jedenfalls im Monat Oktober 2008 jedoch nicht. Der (fiktive) Bedarf der Kläger nach § 20 und § 22 SGB II belief sich in diesem Monat auf insgesamt 1.725,00 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus jeweils 316,00 EUR Regelbedarf der Kläger zu 1 und 2 sowie einmal 281,00 EUR (Kläger zu 3) und zweimal 211,00 EUR (Klägerin zu 4 und 5) Regelbedarf für die Kinder. Hinzu kommen die Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 390,00 EUR. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass in dem fraglichen Monat ein höherer Bedarf der Familie insbesondere im Hinblick auf die Mehrbedarfsregelung des § 21 SGB II bestand. Diesem Bedarf sind die Einkünfte der nach den Grundsätzen des SGB II als Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 SGB II) anzusehenden Kläger für den Monat Oktober 2008 nach Maßgabe des § 11 SGB II i.V.m. der auf der Grundlage des § 13 SGB II ergangenen Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) in der seinerzeit geltenden Fassung gegenüberzustellen. Entscheidend ist der jeweilige Zuflusszeitpunkt, also der Zeitpunkt, in dem die jeweiligen Zahlungen auf dem Girokonto – des Klägers zu 1 – eingingen (vgl. zum "Zuflussprinzip" z.B. BSG, Urteil vom 18.2.2010 – B 14 AS 86/08 R, Rn. 11 m.w.N.). Weder im Hinblick auf das Arbeitsentgelt des Klägers zu 1 noch auf den Kinderzuschlag ist hingegen entscheidend, für welchen Monat die (ggf. verspäteten oder verfrühten) Zahlungen erfolgten.

Im Oktober 2008 flossen neben dem Nettoerwerbseinkommen des Klägers zu 1 (für September) i.H.v. 1.343,02 EUR das Kindergeld für die Kläger zu 3 - 5 (462,00 EUR) sowie der Kinderzuschlag für Oktober (340,00 EUR) und für September (294,00 EUR) auf dem Konto des Klägers zu 1 zu. Das Erwerbseinkommen ist nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II (100,00 EUR) sowie § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II (210,00 EUR) noch um insgesamt 310,00 EUR zu bereinigen, so dass ein anzurechnendes Erwerbseinkommen von 1.033,02 EUR verbleibt. Insgesamt belaufen sich damit im Oktober 2008 die dem Gesamtbedarf nach dem SGB II gegenüberzustellenden Einkünfte der Kläger auf 2.129,02 EUR.

Demensprechend war im Monat Oktober keiner der Kläger hilfebedürftig i.S.v. § 9 SGB II. Denn die anrechenbaren Gesamteinkünfte (2.129,02 EUR) überstiegen den (fiktiven) Gesamtbedarf (1.725,00 EUR) mit 404,02 EUR deutlich. Angesichts dieser erheblichen Bedarfsüberschreitung ist auch eine individualisierte Berechnung für die einzelnen Kläger entbehrlich. Gleiches würde im Übrigen für den Fall gelten, dass man (unter - nach Ansicht des Senats allerdings nicht zulässiger - Außerachtlassung des Zuflussprinzips bei Zuflüssen aus Sozialleistungen) die im Oktober 2008 verspätet erfolgte Auszahlung von Kindergeldzuschlag für den Monat September 2008 (294,00 EUR) außer Ansatz lassen könnte; denn selbst dann würde sich noch immer eine Bedarfsüberschreitung von (404,02./. 294,00 =) 110,02 EUR ergeben.

dd) Fehlte es jedenfalls im Oktober 2008 an der Hilfebedürftigkeit der Kläger i.S.v. § 9 SGB II, so ginge damit allein dann kein Nachzahlungen ausschließender Wegfall der Bedürftigkeit einher, wenn auch eine Berechtigung zum Bezug von Kinderzuschlag eine solche Wertung nicht zulassen würde.

Den Klägern ist zuzugeben, dass für eine solche Wertung die gesetzliche Zielsetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG herangezogen werden könnte; danach wird Kinderzuschlag gerade gezahlt, um eine Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II zu vermeiden. Ist es für einen Nachzahlungsanspruch nach § 2 AsylbLG in Anwendung von § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X unschädlich, wenn zwar das Leistungsregime des AsylbLG nicht mehr einschlägig ist, jedoch statt dessen Bedürftigkeit nach einem grundsicherungsrechtlichen Leistungsregime weiterhin und ununterbrochen fortbesteht (s.o. zu cc), so mag es auf den ersten Blick in der Tat nahe liegen, in Fällen, in denen allein durch Gewährung von Kinderzuschlag nach § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG das Leistungsregime des SGB II nicht Platz greift, weiterhin von einer vergleichbaren Situation auszugehen wie für den Fall einer grundsicherungsrechtlichen Leistungsnotwendigkeit.

In seinen bisherigen Entscheidungen (Urteil vom 23.5.2011 - L 20 AY 139/10, Rn. 34; Beschluss vom 28.1.2011 - L 20 AY 85/10 B, Rn. 8) hat der Senat diese Frage (nicht nur mit Blick auf den Bezug von Kinderzuschlag, sondern auch auf den Bezug von Wohngeld) offengelassen. Der vorliegende Fall macht jedoch deutlich, dass bei näherer Betrachtung eine Gleichstellung von Fällen des Bezuges von Kinderzuschlag mit solchen des Bezuges von Grundsicherungsleistungen bei der Frage einer rückwirkenden Erbringung von Leistungen nach § 2 AsylbLG in Anwendung von § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X nicht gerechtfertigt erscheint. Vielmehr hat sich die Frage nach einem Bedürftigkeitswegfall allein an einer (ggf. fiktiven) grundsicherungsrechtlichen Bedürftigkeitsprüfung - also an den Vorschriften des SGB II bzw. des SGB XII - mit den dort (im Vergleich zum AsylbLG bereits höhere Bedarfe berücksichtigenden) maximal anzuerkennenden, nachzahlungsunschädlichen Bedarfs- und Einkommenshöhen zu orientieren. Denn allein diese Leistungssysteme haben (wie auch das AsylbLG) die Funktion, für den von ihnen erfassten Personenkreis abschließend und insgesamt lückenlos das Niveau des menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG (sog. menschenwürdiges Existenzminimum) zu bestimmen. Bei der Erzielung von Einkünften oberhalb der sich aus ihnen ergebenden Bedarfsgrenzen ist eine Bedürftigkeit für Leistungen mit der Funktion der existenzsichernden Sozialhilfe grundsätzlich nicht mehr anzuerkennen. Wenn auch andere Sozialleistungen (hier der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG) an eine Bedürftigkeit (in einem weiteren Sinne) anknüpfen, führt das zu keiner anderen Bewertung, sofern dieser andere Leistungsbezug jedenfalls zu einem Überschreiten der Bedarfsgrenze des menschenwürdigen Existenzminimums führt. Ohne eine solche Beschränkung auf Einkünfte maximal in Höhe eines grundsicherungsrechtlichen Leistungsregimes ergäben sich zudem Ungleichbehandlungen, die mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigen wären. Dies zeigt der Fall der Kläger besonders deutlich. Denn hätte eine Familie aus fünf Personen unter ansonsten gleichen Umständen im Anschluss an den Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG ein den grundsicherungsrechtlichen Bedarf um mehr als 400,00 EUR überschreitendes Einkommen erzielt, welches nicht (teilweise) aus dem Bezug von Kinderzuschlag herrührte, wäre der Verlust eines Nachzahlungsanspruches nach § 2 AsylbLG i.V.m. § 44 SGB X unter dem Gesichtspunkt des Bedürftigkeitswegfalls von vornherein unfraglich. Für eine Besserstellung der Kläger allein unter dem Gesichtspunkt des grundsicherungsvermeidenden Bezuges von Kinderzuschlag nach § 6 BKGG ist – bei gleich hoher Überschreitung des grundsicherungsrechtlichen Bedürftigkeitsniveaus – kein Grund ersichtlich. Eine Orientierung einzig an einem Bedürftigkeitsniveau nach den Grundsicherungsregimes des SGB II oder SGB XII liegt überdies aus Praktikabilitätserwägungen nahe. Auch die Rechtsprechung des BSG zum Bedürftigkeitswegfall nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X ist erkennbar von der Erwägung getragen, für in der Regel längere und zumeist einige Jahre zurückliegende Leistungsverhältnisse ein eher formales, an Praktikabilitätserwägungen orientiertes Abgrenzungskriterium zu liefern. Diese Erwägung zeigt sich bereits darin, dass es auf die Dauer des Bedürftigkeitswegfalles nicht ankommen soll und bereits eine nur kurzzeitige Unterbrechung im grundsicherungsrechtlichen Leistungsbedarf zu einem Wegfall des Nachzahlungsanspruches führt (vgl. BSG, Urteil vom 9.6.2011 – B 8 AY 1/10 R, Rn. 20). Die Orientierung an Praktikabilitätserwägungen erscheint mit Blick auf die Erfordernisse einer handhabbaren Leistungsverwaltung auch aus Sicht des Senats zulässig; denn immerhin haben die betroffenen Leistungsbezieher es unterlassen, die ursprünglichen, rechtswidrigen Leistungsbescheide anzufechten. c) Haben die Kläger wegen eines zumindest für Oktober 2008 feststellbaren Bedürftigkeitswegfalls von vornherein keinen Nachzahlungsanspruch nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X, so ist unerheblich, dass die Beklagte zu den mit den angefochtenen Bescheiden vorgenommenen Nachzahlungsabschlägen nicht berechtigt gewesen wäre, wäre die Bedürftigkeit nicht entfallen (dazu BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 AY 1/10 R; vorgehend Urteil des Senats vom 17.5.2010 - L 20 AY 10/10). Denn wegen des Bedürftigkeitswegfalls wäre die Beklagte nicht einmal zu der mit den angefochtenen Bescheiden bewilligten Nachzahlung verpflichtet gewesen; insoweit sind die Kläger selbstredend nicht beschwert.

2) Die Kläger können ihr Begehren - wie ebenfalls vom SG zutreffend ausgeführt - auch nicht etwa auf eine ggf. verfassungswidrige Bemessung der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG stützen (hierzu bereits Urteil des Senats 23.5.2011 - L 20 AY 139/10, Rn. 37). Aus der Entscheidung des BVerfG zu den Regelleistungen nach dem SGB II (Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09) ergibt sich, dass nicht nur die Leistungsbemessung nach dem SGB II, sondern auch die gleich hohe Leistungen vorsehende Bemessung nach dem SGB XII und nach § 2 AsylbLG i.V.m. dem SGB XII bis zum 31.12.2010 anzuwenden gewesen ist. Eine etwaige Verfassungswidrigkeit der Grundleistungen, die derzeit dem BVerfG in zwei Verfahren zur konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG (1 BvL 10/10 und 2/11) zur Prüfung vorliegen, kann sich deshalb auf die Entscheidung im Falle der Kläger nicht auswirken. Die Kläger haben es zur Zeit des Leistungsbezuges versäumt, die jeweiligen Leistungsbewilligungen anzufechten.

3) Mangels Anspruchs der Kläger auf (weitere) Nachzahlungen hat das SG zu Recht auch einen Zinsanspruch verneint.

III) Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

IV) Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung bei (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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