Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 3446/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2519/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.05.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für eine Liposuktion (Fettabsaugung) durch die Beklagte in Höhe von 5.800,87 EUR.
Die 1979 geborene Klägerin leidet an einem Lipödem-Syndrom der Beine (ICD R60.0). Am 23.11.2009 beantragte sie bei der Beklagten, die Kosten der in zwei Sitzungen geplanten Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie zu übernehmen. Jahrelange Lymphdrainage sowie eine Ernährungsumstellung und Sport seien ohne Einfluss auf das Lipödem geblieben. Die Liposuktion sei daher die einzige Möglichkeit, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Sie leide inzwischen auch psychisch unter dem bei ihr seit Jahren bestehenden ausgeprägten Lipödem. Vorgelegt wurden Lichtbilder der betroffenen Beine und eine Bescheinigung der Hautklinik des Klinikums D. vom 06.11.2009. Darin führte Dr. R., Oberarzt der Hautklinik des Klinikums D. aus, bei der Klägerin finde sich die für ein Lipödem typische Morphologie mit nicht-oedematösen Fußrücken. An den Beinen bestehe eine deutliche Fettgewebsvermehrung mit Fettkragenbildung über den Gelenken, vor allem an den Unterschenkeln. Es bestehe ein deutlicher Ruheschmerz und Druckdolenz in den betroffenen Regionen. Mit 62 kg Körpergewicht bei 162 cm Körpergröße sei die Klägerin normalgewichtig, die Dysproportion falle daher deutlich auf. Die vorgesehene Liposuktion sei indiziert und wirtschaftlich. Die Kosten beliefen sich auf ca. 2.604,00 EUR je Sitzung. Die Kompressionstherapie und die Lymphdrainagen wirkten nur gegen das Ödem und seien langfristig gesehen kostenintensiver. Vorgelegt wurde ferner ein Arztbrief von Dr. H. vom Medizinischen Versorgungszentrum Markgrafenresidenz vom 17.06.2009, die bei Normgewichtigkeit der Klägerin eine massive Lipohypertrophie beidseits bis in die Knöchelregion bei wenig Ödematisierung diagnostiziert hatte. Empfohlen wurde von Dr. H. die Fortsetzung der Therapie mit manueller Lymphdrainage und konsequenter Kompressionsbestrumpfung.
Der von der Beklagten befragte MDK legte in einer Stellungnahme nach Aktenlage am 10.12.2009 dar, dass die Fettabsaugung in der kosmetisch-ästhetischen Chirurgie ein etabliertes Verfahren sei. Die Methode sei jedoch mit der Gefahr von Risiken und Nebenwirkungen verbunden. An vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten stehe die offene chirurgische Methode der Lipom-Exstirpation zur Verfügung, die zudem die Möglichkeit der histologischen Untersuchung des entnommenen Gewebes zum Ausschluss eines bösartigen Tumors biete. Des Weiteren sei die Liposuktion als neue Behandlungsmethode vom zuständigen gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nicht in den Katalog der vertragsärztlichen ambulanten Behandlungen aufgenommen worden.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme darauf hin mit Bescheid vom 16.12.2009 ab.
Mit ihrem hiergegen am 21.01.2010 erhobenem Widerspruch legte die Klägerin ein ausführliches Attest von Dr. R. vom 22.12.2009 vor. Dieser legte dar, dass alle zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten (manuelle Lymphdrainage, Kompressionsbestrumpfung, gesunde Ernährung, regelmäßiger Sport) versucht worden seien. Es gebe keine Behandlungsalternativen zur Liposuktion, deren Wirksamkeit indikationsbezogen nachgewiesen sei. Die bestehenden vertraglichen Methoden dienten nicht der Beseitigung der Ursache.
Der MDK verblieb in einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme (Dr. A. vom 01.03.2010) bei seiner bisherigen Beurteilung. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2010, ausgefertigt unter dem 9.7.2010, unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 16.12.2008 - B1 KR 11/08 R - zurück.
Am 18.08.2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe und ließ zur Begründung vortragen, der Widerspruchsbescheid sei ihr erst am 19.7.2010 bekannt gegeben worden. Sie leide unter starken Schmerzen im Bereiche der Knie. Sie fühle sich insgesamt stark in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt. Auch leide sie auch psychisch stark unter dem Lipödem. Seit 15 Jahren habe sie beispielsweise kein Freibad mehr besucht. Alle zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten seien versucht worden. Die Liposuktion hätte als neue Behandlungsmethode schon längst anerkannt werden müssen. Die Nichtaufnahme der Liposuktion in den Behandlungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen beruhe auf Systemversagen. Diese Behandlungsmethode stehe mit seriösen wissenschaftlichen Methoden, welche auch einen gewissen Erforschungsgrad erreicht hätten, in Einklang. Die Liposuktion habe eine breite Resonanz in der wissenschaftlichen Diskussion gefunden und werde weltweit tausendfach durchgeführt. Nebenwirkungen seien nicht bekannt. Die ambulanten Operationen seien am 30.07.2010 und am 01.10.2010 durchgeführt worden. Insgesamt seien Kosten in Höhe von 5.800,87 EUR entstanden.
Das Sozialgericht Karlsruhe wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2011 ab.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung bestehe nicht. Gemäß § 13 Abs. 3 2. Alternative SGB 5 seien von einer Krankenkasse, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden seien, diese in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig gewesen sei. § 13 Abs. 3 SGB V lasse eine Kostenerstattung nur dann zu, wenn der Krankenversicherungsträger einen Sach-oder Dienstleistungsanspruch nicht erfüllt habe (BSG vom 16.12.1993 - 4 RK 5/92 - m.w.N.). Die Klägerin habe jedoch keinen Anspruch auf Behandlung mit der streitigen Therapie. Gemäß § 27 Abs. 1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). § 135 Abs. 1 SGB V schließe jedoch die Leistungspflicht der Krankenkasse für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden so lange aus, bis diese vom zuständigen Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen als zweckmäßig anerkannt seien (ständige Rechtsprechung des BSG seit den Urteilen vom 16.09.1997 - 1 RK 21/95 u.a.). Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Bundesausschuss die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt habe oder ob über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden sei. Das Gesetz schließe eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des Bundesausschusses, sondern ausdrücklich auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung aus, denn es solle sichergestellt werden, dass neue Behandlungsweisen erst nach ausreichender Prüfung in den dafür vorgesehenen Verfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung eingesetzt würden (BSG a.a.O.). Vorliegend sei festzustellen, dass eine Entscheidung des zuständigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht vorliege. Eine Abrechnung der ambulant durchgeführten Liposuktion zu Lasten der Beklagten scheide daher aus. Eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V könne abweichend hiervon dann in Betracht kommen, wenn der Bundesausschuss über die Anerkennung einer neuen Methode ohne sachlichen Grund nicht oder nicht zeitgerecht entschieden habe (so genannter Systemmangel, BSG a.a.O.). Es bestünden jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der G-BA von einer Beurteilungsreife der streitigen Behandlungsmethode ausgehen müsse und damit über die Anerkennung der streitigen Methode nicht zeitgerecht entschieden habe. Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Therapie des Lipödems der Beine (in der Fassung Stand 06/2009) wiesen zwar unter Abschnitt 9 darauf hin, dass zur Reduktion des Fettgewebes die operative Therapie mittels Fettabsaugung eingesetzt werde. Die benannte Leitlinie sei jedoch lediglich der Klassifikation S 1 zugeordnet. Diese ist dahingehend definiert: "Eine repräsentativ zusammengesetzte Expertengruppe der Fachgesellschaft(en) erarbeitet im informellen Konsens eine Empfehlung, die vom Vorstand der Fachgesellschaft(en) verabschiedet wird" (recherchiert unter: http://www.awmf. org/leitlinien/awmf-regelwerk/hilfen-werkzeuge/klassifikation-s1.html). Danach gebe es noch keine Anhaltspunkte dafür, dass der G-BA von einer Beurteilungsreife der streitigen Behandlungsmethode ausgehen müsse (zuletzt Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 24.11.2009 - L 9 KR 29/08 -). Ein weitergehender Systemmangel, welcher es rechtfertigen könne, im Einzelfall die Leistungspflicht der Beklagten für die streitige Behandlungsmethode zu bejahen, liege nicht vor. Das nicht zeitgerecht durchgeführte Anerkennungsverfahren oder aus sachlichen Gründen nicht durchgeführte Anerkennungsverfahren sei ein Unterfall des so genannten Systemmangels bei der Beurteilung von Lücken im System der gesetzlichen Krankenversicherung, wobei andere Formen des Systemmangels damit nicht ausgeschlossen würden. Ein weiterer Systemmangel könne über das Korrektiv des § 13 Abs. 3 SGB V als Anspruchsgrundlage auch für Sachverhalte angenommen werden, in denen aufgrund extremer Seltenheit der Erkrankung das formalisierte Verfahren des G-BA zur Beurteilung einer neuen Behandlungsmethode dieser Erkrankung nicht durchgeführt werde (z. B. LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 15.05.2002 - L 4 KR 19/01 -). Ein derartiger "Seltenheitsfall" könne jedoch bei der klägerischen Erkrankung nicht angenommen werden. Die zahlreichen Literaturstellen zu den oben dargelegten Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zum Lipödem belegten, dass das klägerische Krankheitsbild kein extrem seltenes Krankheitsbild sei. Die Suchabfrage im Deutschen Ärzteblatt (www.Ärzteblatt.de ) unter dem Begriff "Liposuktion" ergebe ab 1998 ebenfalls acht Artikel zum Krankheitsbild der Klägerin. Dies lasse die Schlussfolgerung nicht zu, dass das klägerische Krankheitsbild ein "Seltenheitsfall" sei, der es rechtfertige, nicht von der Verbindlichkeit der Richtlinien des G-BA auszugehen. Ein Anspruch auf Kostenübernahme lasse sich auch nicht nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 - begründen. Voraussetzung für die Kostenübernahme für nicht anerkannte Behandlungsmethoden sei, dass der Betreffende "an einer lebensbedrohlichen oder sogar regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet". Dies sei vorliegend nicht der Fall.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 16.05.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 16.06.2011 Berufung einlegen lassen. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und trägt ergänzend vor, in der ärztlichen Wissenschaft sei die Alternative einer dauerhaften Kompressionstherapie quasi nur als mechanische Hilfe zu verstehen. Auch regelmäßig durchzuführende Lymphdrainagen seien lediglich im Sinne einer kosmetischen Korrektur zu verstehen. Dr. R. habe in einer Studie festgestellt, dass die komplexe physikalische Entstauungstherapie, bestehend aus manueller Lymphdrainage und Kompressionen nur gegen die Ödemkomponente wirksam sei, wodurch auch nur eine kurzfristige Besserung der Beschwerden erzielt werde. Das vermehrte Fettgewebe werde nicht entfernt. Eine solche Entfernung sei eben nur mittels der Liposuktion durch die Mikrokanülen-Technik und in der weiter entwickelten Form mit der Vibrationskanülen-Technik in Tumeszenz-Lokalanästhesie möglich geworden. Die Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode beim Lipödem habe Dr. R. in einer Untersuchung an 25 Patientinnen festgestellt. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsmethode sei darauf hinzuweisen, dass die konservative Behandlung mit Lymphdrainagen-Kompressionsstrümpfen lebenslang durchgeführt werden müsse. Im Fall der Klägerin habe die Beklagte bislang Kosten für Lymphdrainagen und Kompressionsstrümpfe i.H.v. ca. 37.618,00 EUR für die Behandlung des Lipödems aufbringen müssen. Bei der hier vorliegenden Krankheitsdauer von ca. 14 Jahren entspreche das jährlichen Kosten i.H.v. 2.687,00 EUR. Die nunmehr durchgeführten Behandlungen seien mit Kosten i.H.v. insgesamt lediglich 5.800,87 EUR auf Dauer gesehen wesentlich kostengünstiger, als die manuellen Behandlungsmethoden. Dass die bei der Klägerin durchgeführten Liposuktionen erfolgreich gewesen seien, habe der behandelnde Arzt Dr. R. in seinem abschließenden Behandlungsbericht schriftlich festgehalten. Die Klägerin legte den Behandlungsbericht von Dr. R. vom 22.06.2011 vor. Danach habe sich nach den Sitzungen jeweils ein regelrechter Heilungsverlauf gezeigt. Kompression und manuelle Lymphdrainage seien postoperativ für sechs Wochen durchgeführt worden. Derzeit benötige die Klägerin noch wöchentlich einmal manuelle Lymphdrainage. Diese solle weitergeführt werden, solange Schwellungsneigung bestehe. Das Beschwerdebild habe sich deutlich gebessert, das Beinvolumen habe reduziert werden können. Eine noch unvollständige Refraktion der Haut sei sicher dem früheren ausgeprägten Übergewicht anzulasten. Die Klägerin sei hinsichtlich einer Straffungsoperation an die R.klinik in D. verwiesen worden.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.05.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten der selbstbeschafften Liposuktion an den Beinen i.H.v. insgesamt 5.800,18 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die am 30.07.2010 und 01.10.2010 durchgeführten ambulanten Behandlungen seien als neue Behandlungs- und Untersuchungsmethoden im Sinne des § 135 Abs.1 SGB V aufgrund einer fehlenden Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Behandlung. Ein Anspruch aus § 13 Abs.3 SGB V auf Kostenerstattung bestehe gleichfalls nicht, da ein Erstattungsanspruch nicht weiter gehen könne als der Sachleistungsanspruch, der, wie auch vom Sozialgericht bestätigt, hier nicht bestehe. Ein sog. Systemmangel, der vorliege, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss über die Anerkennung einer neuen Methode ohne sachlichen Grund nicht oder nicht zeitgerecht entschieden habe, sei nicht gegeben. Das Krankheitsbild stelle auch keine für die Klägerin lebensbedrohende oder sogar regelmäßig tödliche Erkrankung dar, die aufgrund des Beschlusses des BVerfG vom 06.12.2005 — 1 BvR 347/98 eine Kostenübernahme begründen könnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr die Kosten für die durchgeführten Liposuktionen zu erstatten; sie hat darauf keinen Anspruch.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative SGB V sind Kosten von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit eine Leistung notwendig war, wenn sie diese zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Beschluss vom 15.04.1997 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 15 m.w.N.; Urteil vom 25.09.2000 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 22 S. 105 f.; Urteil vom 19.02.2003 - B 1 KR 18/01 R -, jeweils veröffentlicht in juris). Die Klägerin hat allerdings vor der Durchführung der Behandlungen am 30.7.2010 und 1.10.2010 eine Entscheidung der Beklagten mit dem Bescheid vom 16.12.2009 und dem am 19.7.2010 bekanntgegebenen Widerspruchsbescheid vom 25.6.2010 herbeigeführt, so dass ein Erstattungsanspruch nicht schon aus diesem Grund scheitert.
Der Kostenerstattungsanspruch reicht aber nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (st. Rspr. vgl. z.B. BSGE 79, 125, 126 f. = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11 S. 51 f ... m.w.N.; Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R - veröffentlicht in Juris). Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Danach waren die streitigen Luposuktions-Behandlungen rechtlich von der Leistungspflicht der GKV im Bereich der ambulanten Versorgung nicht umfasst.
Von der Leistungspflicht der GKV sind neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann erfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte u.s.w.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R -, veröffentlicht in Juris). Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine ärztliche Untersuchungs- oder Behandlungsmethode "neu", wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht als abrechnungsfähige Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) aufgeführt wird (BSG, Urteil vom 26.09.2006 - B 1 KR 3/06 R - m.w.N., veröffentlicht in Juris).
Der EBM enthält die Liposuktions-Behandlung nicht. Sie war damit als neue Methode auch in Anlage I der Richtlinie des GBA "Methoden vertragsärztliche Versorgung" nicht anerkannt und ist damit grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KR 11/08/ R -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.11.2009 - L 9 KR 29/08 -, jeweils in Juris). Das Fehlen einer positiven Entscheidung des Bundesausschusses bei neuen Behandlungsmethoden steht einer Leistungspflicht der Krankenkasse entgegen. § 135 Abs. 1 SGB V ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst und schließt neue Behandlungsmethoden so lange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen aus, bis der Bundesausschuss sie als zweckmäßig anerkannt hat (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -, veröffentlicht in Juris).
Ein Ausnahmefall, bei dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf, liegt bei der Klägerin nicht vor. Für einen Seltenheitsfall, bei dem von dem Erfordernis der Empfehlung des GBA abgesehen werden könnte, spricht nichts. Der Bundesausschuss hat bei der Bewertung neuer Behandlungsmethoden deren Qualität und Wirtschaftlichkeit zu prüfen und dazu auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurückzugreifen, die auf der Grundlage statistischer Erfassungen von Behandlungsfällen Aussagen über die Wirksamkeit der Behandlungsmethode treffen können. Diese Vorgehensweise ist bei einzigartigen Erkrankungen, die weltweit nur extrem selten auftreten, nicht möglich, so dass es in diesen Fällen dem GBA verwehrt ist, zur Qualität einer Behandlungsmethode generalisierend Stellung zu nehmen. In diesen Fällen ist die Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausgenommen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R - in Juris). Einen solchen Sonderfall einer besonders seltenen Erkrankung stellt das Lipödem der Klägerin aber nicht dar.
Eine Leistungspflicht der Beklagten kommt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sog. Systemversagens in Betracht. Ein solcher Fall kann ausnahmsweise gegeben sein, wenn die fehlende Anerkennung der Methode darauf zurückzuführen ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen das Verfahren nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt hat. In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den Richtlinien höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Krankenbehandlungsanspruchs aus § 27 Abs. 1 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 a.a.O. m.w.N.). Ein solcher Fall des Systemversagens liegt hier schon deshalb nicht vor, weil das Verfahren vor dem GBA antragsabhängig ist und ein entsprechender Antrag beim Bundesausschuss bislang nicht gestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 26.09.2006 a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass sich die antragsberechtigten Stellen oder der GBA aus sachfremden bzw. willkürlichen Erwägungen mit der Materie nicht oder nur zögerlich befasst haben, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
Letztendlich ergibt sich ein Sachleistungsanspruch der Klägerin auch nicht aus einer grundrechtskonformen Auslegung des SGB V. Die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes (GG) können in besonders gelagerten Fällen die Gerichte zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten. Dies gilt insbesondere in der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, denn das Leben stellt einen Höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung dar (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25). Die Voraussetzungen für eine grundrechtskonforme Auslegung in diesem Sinne liegen hier indes nicht vor. Es besteht auch kein Anlass, die Rechtsgedanken des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.12.2005 a.a.O. auf weitläufigere Bereiche auszudehnen, vielmehr hat der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen den Leistungsumfang der GKV durch Schaffung besonderer Verfahren und mit besonderem Sachverstand ausgestatteter Institutionen bewusst begrenzt (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R sowie - B 1 KR 12/05 R - jeweils in Juris). Denn entscheidend ist insoweit, dass das vom Bundesverfassungsgericht herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die hierzu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als entscheidenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen. Im Gegenteil ist es auch nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, dass der Gesetzgeber die nähere Konkretisierung der durch unbestimmte Rechtsbegriffe festgelegten Leistungsverpflichtung im Einzelfall im Rahmen der Vorgaben des Vertragsarztrechts vor allem den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten vorbehält, den Leistungskatalog auch an finanzwirtschaftlichen Erwägungen orientiert und die Krankenkassen deshalb nicht alles zu leisten haben, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (BSG, Urteil vom 26.09.2009 - B 1 KR 3/06 R -, veröffentlicht in Juris).
Soweit die Klägerin geltend machen lässt, mit den durchgeführten Liposuktionen habe sie der Beklagten Kosten für die Fortsetzung der konservativen Behandlung durch Kompressionsbestrumpfung und manuelle Lymphdrainage erspart, kann sie mit diesem Vortrag nicht durchdringen. In tatsächlicher Hinsicht ist die Prognose etwaiger gesparter Aufwendungen spekulativ. Denn bei der Klägerin besteht offenbar auch nach den durchgeführten Liposuktionen weiterhin eine Behandlungsbedürftigkeit mittels manueller Lymphdrainagen. Jedenfalls ergibt sich dies aus dem Behandlungsbericht des Dr. R. vom 22.06.2011, der eine Fortsetzung der auch bis dahin wöchentlich durchgeführten Lymphdrainagen wegen Schwellneigung empfohlen hat. Schließlich hat die Beklagte die Klägerin auf die vertragliche Behandlungsmöglichkeit einer offenen chirurgischen Methode der Lipomextirpation verwiesen. In rechtlicher Hinsicht ist dem Einwand ersparter Aufwendungen entgegenzuhalten, dass der Anspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V nur die beim Versicherten konkret entstandenen Kosten erfasst. Weder die fiktiven Kosten für eine Leistung, die ebenfalls in Frage gekommen wäre, noch die Ersparnis der Krankenkasse gehören dazu (BSG Urt. v. 24.09.1996 - 1 RK 33/95). Andernfalls könnte die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden (BSG Beschluss vom 26.07.2004 - B 1 KR 30/04 B).
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin bleibt deshalb ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für eine Liposuktion (Fettabsaugung) durch die Beklagte in Höhe von 5.800,87 EUR.
Die 1979 geborene Klägerin leidet an einem Lipödem-Syndrom der Beine (ICD R60.0). Am 23.11.2009 beantragte sie bei der Beklagten, die Kosten der in zwei Sitzungen geplanten Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie zu übernehmen. Jahrelange Lymphdrainage sowie eine Ernährungsumstellung und Sport seien ohne Einfluss auf das Lipödem geblieben. Die Liposuktion sei daher die einzige Möglichkeit, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Sie leide inzwischen auch psychisch unter dem bei ihr seit Jahren bestehenden ausgeprägten Lipödem. Vorgelegt wurden Lichtbilder der betroffenen Beine und eine Bescheinigung der Hautklinik des Klinikums D. vom 06.11.2009. Darin führte Dr. R., Oberarzt der Hautklinik des Klinikums D. aus, bei der Klägerin finde sich die für ein Lipödem typische Morphologie mit nicht-oedematösen Fußrücken. An den Beinen bestehe eine deutliche Fettgewebsvermehrung mit Fettkragenbildung über den Gelenken, vor allem an den Unterschenkeln. Es bestehe ein deutlicher Ruheschmerz und Druckdolenz in den betroffenen Regionen. Mit 62 kg Körpergewicht bei 162 cm Körpergröße sei die Klägerin normalgewichtig, die Dysproportion falle daher deutlich auf. Die vorgesehene Liposuktion sei indiziert und wirtschaftlich. Die Kosten beliefen sich auf ca. 2.604,00 EUR je Sitzung. Die Kompressionstherapie und die Lymphdrainagen wirkten nur gegen das Ödem und seien langfristig gesehen kostenintensiver. Vorgelegt wurde ferner ein Arztbrief von Dr. H. vom Medizinischen Versorgungszentrum Markgrafenresidenz vom 17.06.2009, die bei Normgewichtigkeit der Klägerin eine massive Lipohypertrophie beidseits bis in die Knöchelregion bei wenig Ödematisierung diagnostiziert hatte. Empfohlen wurde von Dr. H. die Fortsetzung der Therapie mit manueller Lymphdrainage und konsequenter Kompressionsbestrumpfung.
Der von der Beklagten befragte MDK legte in einer Stellungnahme nach Aktenlage am 10.12.2009 dar, dass die Fettabsaugung in der kosmetisch-ästhetischen Chirurgie ein etabliertes Verfahren sei. Die Methode sei jedoch mit der Gefahr von Risiken und Nebenwirkungen verbunden. An vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten stehe die offene chirurgische Methode der Lipom-Exstirpation zur Verfügung, die zudem die Möglichkeit der histologischen Untersuchung des entnommenen Gewebes zum Ausschluss eines bösartigen Tumors biete. Des Weiteren sei die Liposuktion als neue Behandlungsmethode vom zuständigen gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nicht in den Katalog der vertragsärztlichen ambulanten Behandlungen aufgenommen worden.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme darauf hin mit Bescheid vom 16.12.2009 ab.
Mit ihrem hiergegen am 21.01.2010 erhobenem Widerspruch legte die Klägerin ein ausführliches Attest von Dr. R. vom 22.12.2009 vor. Dieser legte dar, dass alle zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten (manuelle Lymphdrainage, Kompressionsbestrumpfung, gesunde Ernährung, regelmäßiger Sport) versucht worden seien. Es gebe keine Behandlungsalternativen zur Liposuktion, deren Wirksamkeit indikationsbezogen nachgewiesen sei. Die bestehenden vertraglichen Methoden dienten nicht der Beseitigung der Ursache.
Der MDK verblieb in einer weiteren sozialmedizinischen Stellungnahme (Dr. A. vom 01.03.2010) bei seiner bisherigen Beurteilung. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2010, ausgefertigt unter dem 9.7.2010, unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 16.12.2008 - B1 KR 11/08 R - zurück.
Am 18.08.2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe und ließ zur Begründung vortragen, der Widerspruchsbescheid sei ihr erst am 19.7.2010 bekannt gegeben worden. Sie leide unter starken Schmerzen im Bereiche der Knie. Sie fühle sich insgesamt stark in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt. Auch leide sie auch psychisch stark unter dem Lipödem. Seit 15 Jahren habe sie beispielsweise kein Freibad mehr besucht. Alle zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten seien versucht worden. Die Liposuktion hätte als neue Behandlungsmethode schon längst anerkannt werden müssen. Die Nichtaufnahme der Liposuktion in den Behandlungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen beruhe auf Systemversagen. Diese Behandlungsmethode stehe mit seriösen wissenschaftlichen Methoden, welche auch einen gewissen Erforschungsgrad erreicht hätten, in Einklang. Die Liposuktion habe eine breite Resonanz in der wissenschaftlichen Diskussion gefunden und werde weltweit tausendfach durchgeführt. Nebenwirkungen seien nicht bekannt. Die ambulanten Operationen seien am 30.07.2010 und am 01.10.2010 durchgeführt worden. Insgesamt seien Kosten in Höhe von 5.800,87 EUR entstanden.
Das Sozialgericht Karlsruhe wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2011 ab.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung bestehe nicht. Gemäß § 13 Abs. 3 2. Alternative SGB 5 seien von einer Krankenkasse, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden seien, diese in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig gewesen sei. § 13 Abs. 3 SGB V lasse eine Kostenerstattung nur dann zu, wenn der Krankenversicherungsträger einen Sach-oder Dienstleistungsanspruch nicht erfüllt habe (BSG vom 16.12.1993 - 4 RK 5/92 - m.w.N.). Die Klägerin habe jedoch keinen Anspruch auf Behandlung mit der streitigen Therapie. Gemäß § 27 Abs. 1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). § 135 Abs. 1 SGB V schließe jedoch die Leistungspflicht der Krankenkasse für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden so lange aus, bis diese vom zuständigen Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen als zweckmäßig anerkannt seien (ständige Rechtsprechung des BSG seit den Urteilen vom 16.09.1997 - 1 RK 21/95 u.a.). Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Bundesausschuss die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt habe oder ob über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden sei. Das Gesetz schließe eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des Bundesausschusses, sondern ausdrücklich auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung aus, denn es solle sichergestellt werden, dass neue Behandlungsweisen erst nach ausreichender Prüfung in den dafür vorgesehenen Verfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung eingesetzt würden (BSG a.a.O.). Vorliegend sei festzustellen, dass eine Entscheidung des zuständigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht vorliege. Eine Abrechnung der ambulant durchgeführten Liposuktion zu Lasten der Beklagten scheide daher aus. Eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V könne abweichend hiervon dann in Betracht kommen, wenn der Bundesausschuss über die Anerkennung einer neuen Methode ohne sachlichen Grund nicht oder nicht zeitgerecht entschieden habe (so genannter Systemmangel, BSG a.a.O.). Es bestünden jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der G-BA von einer Beurteilungsreife der streitigen Behandlungsmethode ausgehen müsse und damit über die Anerkennung der streitigen Methode nicht zeitgerecht entschieden habe. Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Therapie des Lipödems der Beine (in der Fassung Stand 06/2009) wiesen zwar unter Abschnitt 9 darauf hin, dass zur Reduktion des Fettgewebes die operative Therapie mittels Fettabsaugung eingesetzt werde. Die benannte Leitlinie sei jedoch lediglich der Klassifikation S 1 zugeordnet. Diese ist dahingehend definiert: "Eine repräsentativ zusammengesetzte Expertengruppe der Fachgesellschaft(en) erarbeitet im informellen Konsens eine Empfehlung, die vom Vorstand der Fachgesellschaft(en) verabschiedet wird" (recherchiert unter: http://www.awmf. org/leitlinien/awmf-regelwerk/hilfen-werkzeuge/klassifikation-s1.html). Danach gebe es noch keine Anhaltspunkte dafür, dass der G-BA von einer Beurteilungsreife der streitigen Behandlungsmethode ausgehen müsse (zuletzt Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 24.11.2009 - L 9 KR 29/08 -). Ein weitergehender Systemmangel, welcher es rechtfertigen könne, im Einzelfall die Leistungspflicht der Beklagten für die streitige Behandlungsmethode zu bejahen, liege nicht vor. Das nicht zeitgerecht durchgeführte Anerkennungsverfahren oder aus sachlichen Gründen nicht durchgeführte Anerkennungsverfahren sei ein Unterfall des so genannten Systemmangels bei der Beurteilung von Lücken im System der gesetzlichen Krankenversicherung, wobei andere Formen des Systemmangels damit nicht ausgeschlossen würden. Ein weiterer Systemmangel könne über das Korrektiv des § 13 Abs. 3 SGB V als Anspruchsgrundlage auch für Sachverhalte angenommen werden, in denen aufgrund extremer Seltenheit der Erkrankung das formalisierte Verfahren des G-BA zur Beurteilung einer neuen Behandlungsmethode dieser Erkrankung nicht durchgeführt werde (z. B. LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 15.05.2002 - L 4 KR 19/01 -). Ein derartiger "Seltenheitsfall" könne jedoch bei der klägerischen Erkrankung nicht angenommen werden. Die zahlreichen Literaturstellen zu den oben dargelegten Ausführungen der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zum Lipödem belegten, dass das klägerische Krankheitsbild kein extrem seltenes Krankheitsbild sei. Die Suchabfrage im Deutschen Ärzteblatt (www.Ärzteblatt.de ) unter dem Begriff "Liposuktion" ergebe ab 1998 ebenfalls acht Artikel zum Krankheitsbild der Klägerin. Dies lasse die Schlussfolgerung nicht zu, dass das klägerische Krankheitsbild ein "Seltenheitsfall" sei, der es rechtfertige, nicht von der Verbindlichkeit der Richtlinien des G-BA auszugehen. Ein Anspruch auf Kostenübernahme lasse sich auch nicht nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 - begründen. Voraussetzung für die Kostenübernahme für nicht anerkannte Behandlungsmethoden sei, dass der Betreffende "an einer lebensbedrohlichen oder sogar regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet". Dies sei vorliegend nicht der Fall.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 16.05.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 16.06.2011 Berufung einlegen lassen. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und trägt ergänzend vor, in der ärztlichen Wissenschaft sei die Alternative einer dauerhaften Kompressionstherapie quasi nur als mechanische Hilfe zu verstehen. Auch regelmäßig durchzuführende Lymphdrainagen seien lediglich im Sinne einer kosmetischen Korrektur zu verstehen. Dr. R. habe in einer Studie festgestellt, dass die komplexe physikalische Entstauungstherapie, bestehend aus manueller Lymphdrainage und Kompressionen nur gegen die Ödemkomponente wirksam sei, wodurch auch nur eine kurzfristige Besserung der Beschwerden erzielt werde. Das vermehrte Fettgewebe werde nicht entfernt. Eine solche Entfernung sei eben nur mittels der Liposuktion durch die Mikrokanülen-Technik und in der weiter entwickelten Form mit der Vibrationskanülen-Technik in Tumeszenz-Lokalanästhesie möglich geworden. Die Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode beim Lipödem habe Dr. R. in einer Untersuchung an 25 Patientinnen festgestellt. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsmethode sei darauf hinzuweisen, dass die konservative Behandlung mit Lymphdrainagen-Kompressionsstrümpfen lebenslang durchgeführt werden müsse. Im Fall der Klägerin habe die Beklagte bislang Kosten für Lymphdrainagen und Kompressionsstrümpfe i.H.v. ca. 37.618,00 EUR für die Behandlung des Lipödems aufbringen müssen. Bei der hier vorliegenden Krankheitsdauer von ca. 14 Jahren entspreche das jährlichen Kosten i.H.v. 2.687,00 EUR. Die nunmehr durchgeführten Behandlungen seien mit Kosten i.H.v. insgesamt lediglich 5.800,87 EUR auf Dauer gesehen wesentlich kostengünstiger, als die manuellen Behandlungsmethoden. Dass die bei der Klägerin durchgeführten Liposuktionen erfolgreich gewesen seien, habe der behandelnde Arzt Dr. R. in seinem abschließenden Behandlungsbericht schriftlich festgehalten. Die Klägerin legte den Behandlungsbericht von Dr. R. vom 22.06.2011 vor. Danach habe sich nach den Sitzungen jeweils ein regelrechter Heilungsverlauf gezeigt. Kompression und manuelle Lymphdrainage seien postoperativ für sechs Wochen durchgeführt worden. Derzeit benötige die Klägerin noch wöchentlich einmal manuelle Lymphdrainage. Diese solle weitergeführt werden, solange Schwellungsneigung bestehe. Das Beschwerdebild habe sich deutlich gebessert, das Beinvolumen habe reduziert werden können. Eine noch unvollständige Refraktion der Haut sei sicher dem früheren ausgeprägten Übergewicht anzulasten. Die Klägerin sei hinsichtlich einer Straffungsoperation an die R.klinik in D. verwiesen worden.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.05.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten der selbstbeschafften Liposuktion an den Beinen i.H.v. insgesamt 5.800,18 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die am 30.07.2010 und 01.10.2010 durchgeführten ambulanten Behandlungen seien als neue Behandlungs- und Untersuchungsmethoden im Sinne des § 135 Abs.1 SGB V aufgrund einer fehlenden Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Behandlung. Ein Anspruch aus § 13 Abs.3 SGB V auf Kostenerstattung bestehe gleichfalls nicht, da ein Erstattungsanspruch nicht weiter gehen könne als der Sachleistungsanspruch, der, wie auch vom Sozialgericht bestätigt, hier nicht bestehe. Ein sog. Systemmangel, der vorliege, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss über die Anerkennung einer neuen Methode ohne sachlichen Grund nicht oder nicht zeitgerecht entschieden habe, sei nicht gegeben. Das Krankheitsbild stelle auch keine für die Klägerin lebensbedrohende oder sogar regelmäßig tödliche Erkrankung dar, die aufgrund des Beschlusses des BVerfG vom 06.12.2005 — 1 BvR 347/98 eine Kostenübernahme begründen könnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr die Kosten für die durchgeführten Liposuktionen zu erstatten; sie hat darauf keinen Anspruch.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative SGB V sind Kosten von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit eine Leistung notwendig war, wenn sie diese zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Beschluss vom 15.04.1997 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 15 m.w.N.; Urteil vom 25.09.2000 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 22 S. 105 f.; Urteil vom 19.02.2003 - B 1 KR 18/01 R -, jeweils veröffentlicht in juris). Die Klägerin hat allerdings vor der Durchführung der Behandlungen am 30.7.2010 und 1.10.2010 eine Entscheidung der Beklagten mit dem Bescheid vom 16.12.2009 und dem am 19.7.2010 bekanntgegebenen Widerspruchsbescheid vom 25.6.2010 herbeigeführt, so dass ein Erstattungsanspruch nicht schon aus diesem Grund scheitert.
Der Kostenerstattungsanspruch reicht aber nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (st. Rspr. vgl. z.B. BSGE 79, 125, 126 f. = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11 S. 51 f ... m.w.N.; Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R - veröffentlicht in Juris). Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Danach waren die streitigen Luposuktions-Behandlungen rechtlich von der Leistungspflicht der GKV im Bereich der ambulanten Versorgung nicht umfasst.
Von der Leistungspflicht der GKV sind neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann erfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte u.s.w.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R -, veröffentlicht in Juris). Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine ärztliche Untersuchungs- oder Behandlungsmethode "neu", wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht als abrechnungsfähige Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) aufgeführt wird (BSG, Urteil vom 26.09.2006 - B 1 KR 3/06 R - m.w.N., veröffentlicht in Juris).
Der EBM enthält die Liposuktions-Behandlung nicht. Sie war damit als neue Methode auch in Anlage I der Richtlinie des GBA "Methoden vertragsärztliche Versorgung" nicht anerkannt und ist damit grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KR 11/08/ R -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.11.2009 - L 9 KR 29/08 -, jeweils in Juris). Das Fehlen einer positiven Entscheidung des Bundesausschusses bei neuen Behandlungsmethoden steht einer Leistungspflicht der Krankenkasse entgegen. § 135 Abs. 1 SGB V ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst und schließt neue Behandlungsmethoden so lange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen aus, bis der Bundesausschuss sie als zweckmäßig anerkannt hat (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -, veröffentlicht in Juris).
Ein Ausnahmefall, bei dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf, liegt bei der Klägerin nicht vor. Für einen Seltenheitsfall, bei dem von dem Erfordernis der Empfehlung des GBA abgesehen werden könnte, spricht nichts. Der Bundesausschuss hat bei der Bewertung neuer Behandlungsmethoden deren Qualität und Wirtschaftlichkeit zu prüfen und dazu auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurückzugreifen, die auf der Grundlage statistischer Erfassungen von Behandlungsfällen Aussagen über die Wirksamkeit der Behandlungsmethode treffen können. Diese Vorgehensweise ist bei einzigartigen Erkrankungen, die weltweit nur extrem selten auftreten, nicht möglich, so dass es in diesen Fällen dem GBA verwehrt ist, zur Qualität einer Behandlungsmethode generalisierend Stellung zu nehmen. In diesen Fällen ist die Behandlung aus dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb nicht schon mangels entsprechender Empfehlung des Bundesausschusses ausgenommen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R - in Juris). Einen solchen Sonderfall einer besonders seltenen Erkrankung stellt das Lipödem der Klägerin aber nicht dar.
Eine Leistungspflicht der Beklagten kommt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sog. Systemversagens in Betracht. Ein solcher Fall kann ausnahmsweise gegeben sein, wenn die fehlende Anerkennung der Methode darauf zurückzuführen ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen das Verfahren nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt hat. In einem solchen Fall widerspricht die Nichtberücksichtigung der Methode in den Richtlinien höherrangigem Recht, nämlich der Garantie eines den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden Krankenbehandlungsanspruchs aus § 27 Abs. 1 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 a.a.O. m.w.N.). Ein solcher Fall des Systemversagens liegt hier schon deshalb nicht vor, weil das Verfahren vor dem GBA antragsabhängig ist und ein entsprechender Antrag beim Bundesausschuss bislang nicht gestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 26.09.2006 a.a.O.). Anhaltspunkte dafür, dass sich die antragsberechtigten Stellen oder der GBA aus sachfremden bzw. willkürlichen Erwägungen mit der Materie nicht oder nur zögerlich befasst haben, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
Letztendlich ergibt sich ein Sachleistungsanspruch der Klägerin auch nicht aus einer grundrechtskonformen Auslegung des SGB V. Die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes (GG) können in besonders gelagerten Fällen die Gerichte zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten. Dies gilt insbesondere in der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, denn das Leben stellt einen Höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung dar (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25). Die Voraussetzungen für eine grundrechtskonforme Auslegung in diesem Sinne liegen hier indes nicht vor. Es besteht auch kein Anlass, die Rechtsgedanken des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.12.2005 a.a.O. auf weitläufigere Bereiche auszudehnen, vielmehr hat der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen den Leistungsumfang der GKV durch Schaffung besonderer Verfahren und mit besonderem Sachverstand ausgestatteter Institutionen bewusst begrenzt (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R sowie - B 1 KR 12/05 R - jeweils in Juris). Denn entscheidend ist insoweit, dass das vom Bundesverfassungsgericht herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die hierzu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als entscheidenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen. Im Gegenteil ist es auch nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, dass der Gesetzgeber die nähere Konkretisierung der durch unbestimmte Rechtsbegriffe festgelegten Leistungsverpflichtung im Einzelfall im Rahmen der Vorgaben des Vertragsarztrechts vor allem den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten vorbehält, den Leistungskatalog auch an finanzwirtschaftlichen Erwägungen orientiert und die Krankenkassen deshalb nicht alles zu leisten haben, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (BSG, Urteil vom 26.09.2009 - B 1 KR 3/06 R -, veröffentlicht in Juris).
Soweit die Klägerin geltend machen lässt, mit den durchgeführten Liposuktionen habe sie der Beklagten Kosten für die Fortsetzung der konservativen Behandlung durch Kompressionsbestrumpfung und manuelle Lymphdrainage erspart, kann sie mit diesem Vortrag nicht durchdringen. In tatsächlicher Hinsicht ist die Prognose etwaiger gesparter Aufwendungen spekulativ. Denn bei der Klägerin besteht offenbar auch nach den durchgeführten Liposuktionen weiterhin eine Behandlungsbedürftigkeit mittels manueller Lymphdrainagen. Jedenfalls ergibt sich dies aus dem Behandlungsbericht des Dr. R. vom 22.06.2011, der eine Fortsetzung der auch bis dahin wöchentlich durchgeführten Lymphdrainagen wegen Schwellneigung empfohlen hat. Schließlich hat die Beklagte die Klägerin auf die vertragliche Behandlungsmöglichkeit einer offenen chirurgischen Methode der Lipomextirpation verwiesen. In rechtlicher Hinsicht ist dem Einwand ersparter Aufwendungen entgegenzuhalten, dass der Anspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V nur die beim Versicherten konkret entstandenen Kosten erfasst. Weder die fiktiven Kosten für eine Leistung, die ebenfalls in Frage gekommen wäre, noch die Ersparnis der Krankenkasse gehören dazu (BSG Urt. v. 24.09.1996 - 1 RK 33/95). Andernfalls könnte die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden (BSG Beschluss vom 26.07.2004 - B 1 KR 30/04 B).
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin bleibt deshalb ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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