L 7 SO 5490/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 2253/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5490/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Oktober 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, die Kosten für die stationäre Unterbringung des Klägers in der Zeit vom 1. April 2007 bis 31. März 2008 im D. zu übernehmen.

Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Kostenübernahme für eine stationäre Maßnahme als Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der am 1962 in Sa. geborene einkommens- und vermögenslose Kläger hat seit seiner Jugend Alkoholprobleme und ist seit 1990 mit Unterbrechungen durch Gelegenheitsarbeiten arbeitslos. Abgesehen von zwischenzeitlichen Aufenthalten in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe lebte er auf der Straße. Ab 2003 hielt er sich ohne festen Wohnsitz in Ra. auf, bis er im November 2004 dort Aufnahme bei einem Bekannten fand. Am 31. Mai 2005 wurde er in stationäre Behandlung im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) R. aufgenommen.

Am 26. Juli 2005 wechselte der Kläger in die stationäre Betreuung der vom Beigeladenen getragenen Einrichtung D. im sog. "Trockenen Wiedereingliederungsbereich". Mit Bescheid vom 2. August 2005 bewilligte ihm der Beklagte für die Zeit vom 26. Juli 2005 bis zum 25. Januar 2006 Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten in Form der Übernahme der durch die dortige stationäre Maßnahme entstehenden Pflege- und Betreuungskosten (Maßnahmepauschalen nach Leistungstyp III 1.3 und 3.1 gem. der Anlage 1 des Rahmenvertrages nach § 79 Abs. 1 SGB XII Baden-Württemberg). Eine Verlängerung sei möglich, aber insgesamt nur für 18 Monate. Der Bescheid erging nachrichtlich an die Einrichtung. Diese Hilfe wurde mit Bescheiden vom 20. Januar 2006 und 11. September 2006 bis zum 25. Januar 2007 verlängert.

Als langfristige Ziele wurden im Gesamtplan/Hilfeplan vom 3. Januar 2006 u.a. formuliert: Stabilisierung von Fertigkeiten, die zur Gestaltung eines eigenen Wohnraumes nötig sind; in Regelmäßigkeit die Anforderungen des Alltags im Bereich Kochen, Wäscheversorgung und Wohnungsreinigung gestalten; Aneignung und Verbesserung der in der freien Wirtschaft gestellten Anforderungen; weniger Kontrolle, mehr eigenmotivierte Lebensgestaltung ohne Suchtmittel; Steigerung des Anforderungsprofils bzgl. einer eigenständigen Alltagsgestaltung; Bewerbung/Vermittlung ins Betreute Wohnen. Zur Begründung der Notwendigkeit einer stationären Hilfe wurde u.a. ausgeführt, dass Sozialkontakte nur zu Bewohnern der Einrichtung bestünden, diese bei fehlender Tagesstruktur wegfielen und der Kläger auf die Straße ausweichen werde. In der Fortschreibung des Plans vom 8. August 2006 wurden diese Ziele als nicht erreicht angesehen. Als neue Ziele wurden formuliert: Die "Fluchttendenz" verringern, die bei der Umsetzung geplanter Veränderungen auftrete; an einem "sicheren Ort" weitere Entwicklungsschritte versuchen (Die Bewerbung für das Betreute Wohnen sei abgegeben); durch Tagesstruktur/Arbeit die Rückfall auslösenden Situationen begrenzen; eine alkoholabstinente Lebensführung (bis auf mittlerweile zwei Rückfälle möglich). Weitere stationäre Hilfe i.S.e. Wiedereingliederung im suchtspezifischen Betreuungsbereich sei für den Wechsel ins Betreute Wohnen erforderlich. Es gelte Rückfallsituationen entgegenzuwirken. Im Hilfeplan zum Betreuungswechsel im Eingliederungsbereich vom "24.01.2006" (richtig 2007) wurde u.a. vermerkt, dass ohne eine Stabilisierung der Abstinenz nur geringe Ressourcen zur Versorgung eines eigenen Wohnraums bestünden. Eingeübte selbständige Haushaltsführung könne in Rückfallsituationen nicht mehr genutzt werden. Die Einsichtsfähigkeit/Motivation bzgl. seines Trinkverhaltens sowie der Leidensdruck, etwas zu ändern, seien nicht ausreichend stabil. Die verschiedenen Hilfearten seien nur im vollstationären Rahmen ausreichend zu koordinieren. Nach Verbesserung der Abstinenz sei eine Unterbringung in einem Betreuungsrahmen für Chronisch Abhängige geplant. Ambulante Hilfsangebote sowie eine Lebensgestaltung auf der Straße seien aufgrund der gesundheitlichen Gefährdung derzeit ausgeschlossen. Sobald ein Platz im "nassen" Eingliederungsbereich frei werde, werde der Kläger dorthin umziehen. Sollte die weitere Hilfegewährung vom Beklagten abgelehnt werden, benötige man alternative Betreuungsangebote, die dem Betreuungsbedarf gerecht würden.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2007 beantragte der Kläger beim Beklagten die Weitergewährung der Hilfe ab dem 26. Januar 2007. Der geplante Wechsel in ein Betreutes Wohnen komme nicht zustande. Im "trockenen" Bereich des D.s werde er nicht weiterbetreut. Wegen seiner mangelnden Motivation zur Alkoholabstinenz könne er dort zur Vermeidung sonst drohender Obdachlosigkeit im "nassen" Umfeld stationär betreut werden. Er bat um Kostenübernahme nach dem bisherigen Leistungstyp und im Falle einer Ablehnung um ein Angebot einer anderen Hilfe.

Mit Bescheid vom 16. März 2007 bewilligte der Beklagte "letztmalig" die Hilfe bis zum 31. März 2007. Die stationäre Hilfe im Rahmen der §§ 67 ff. SGB XII könne nur befristet, längstens 18 Monate, bewilligt werden. Mit der nun vorgenommenen Gewährung sei dieser Zeitraum überschritten, so dass eine weitere Verlängerung nicht mehr möglich sei.

Im dagegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, im Bescheid seien keine alternativen Betreuungsangebote aufgezeigt worden. Da eine Verlängerung im Eingliederungsbereich nicht möglich erscheine, müsse er im Langzeithilfebereich Hilfe beantragen. Dies bedeute eine vollstationäre Betreuung. Er warte auf einen Platz im "nassen Umfeld". Zur Zeit befinde er sich nach einer Entgiftung im Wohnbereich für Chronische-Langzeitbewohner im Suchthilfebereich. Dort versorgten sich die Bewohner nach ihren Möglichkeiten selbst, ergänzt durch tagesstrukturierende Angebote.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2007 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Aus dem Zweck der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten ergebe sich bereits deren zeitliche Befristung, die in der hierzu ergangenen Rechtsverordnung auch ausdrücklich geregelt sei. Der Verbleib in einer stationären Betreuung könne nicht durch fehlende Motivation zur Alkoholabstinenz begründet werden. Der Hilfeplan sehe einen Wechsel ins Betreute Wohnen vor. Der Kläger wirke hieran aber nicht ausreichend mit. Weitere Maßnahmen seien nach dem Hilfeplan ebenfalls von einer Alkoholabstinenz abhängig, die nicht gegeben sei. Eine stationäre Betreuung im "nassen Umfeld" sei nicht sinnvoll.

Hiergegen hat der Kläger am 13. August 2007 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.

Der Kläger wurde zunächst bis zum 31. März 2008 im D. gem. den Leistungstypen III.1.3. und 3.1. weiter betreut: vom 1. Februar bis 30. April 2007 im "nassen" Bereich, vom 1. Mai bis 14. September 2007 im "Chroniker"-Bereich sowie vom 15. September 2007 bis 31. März 2008 wiederum im "nassen" Bereich. Die Einrichtung hatte den Kläger darüber informiert, dass er für die dadurch entstehenden Kosten aufkommen müsse, wenn sie vom Sozialhilfeträger nicht übernommen würden. Der Kläger hat dies akzeptiert. Ein schriftlicher Vertrag wurde hierüber nicht geschlossen. Anschließend lebte der Kläger in einer Pension in Al., bevor er zulasten eines anderen Kostenträgers am 1. Juli 2008 wieder im D. Aufnahme gefunden hat (Leistungstyp III. 1.5 und 3.2).

Mit Urteil vom 19. Oktober 2009 hat das SG der Klage, mit der zuletzt die Gewährung von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten für die Zeit vom 1. April 2007 bis 31. März 2008 begehrt worden war, stattgegeben und den Beklagten verurteilt, die Hilfe im genannten Zeitraum "in Form der in Anspruch genommenen Unterbringung auf dem D." zu gewähren. Der Kläger habe wegen des Fehlens einer ausreichenden Unterkunft und einer gesicherten Lebensgrundlage sowie der Alkoholkrankheit auch am 31. März 2007 noch zum Personenkreis i.S.d. § 67 SGB XII gehört und sei auf Beratung, Betreuung und Kontrolle angewiesen gewesen. Die gesetzlich vorgesehenen Hilfen seien auch zur Milderung oder Verhütung einer Verschlimmerung der Schwierigkeiten zu gewähren. Dem Kläger hätte ohne weitere Aufnahme erneut ein Leben auf der Straße gedroht. Nach dem Gesamtfallgrundsatz hätte der Beklagte bei Ungeeignetheit der weiteren Betreuung geeignete Alternativen prüfen müssen, was nicht erfolgt sei. Eine absolute Zeitgrenze bei der Gewährung von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten ergebe sich weder aus dem Gesetzes- noch dem Verordnungsrecht. Ohne intensive Prüfung habe sich der Beklagte nicht darauf zurückziehen dürfen, dass dem Kläger mangels Abstinenzmotivation nicht zu helfen gewesen sei. Bei sich daraus ergebender Verpflichtung zur Hilfeerbringung dem Grunde nach könne sich dieser nicht mehr darauf berufen, im Rahmen seines Auswahlermessens wäre eine andere Leistung in Betracht gekommen, wenn die tatsächlich durchgeführte Maßnahme nicht offensichtlich ungeeignet oder unwirtschaftlich gewesen sei. Da diese Ausnahmen bei der in Anspruch genommenen Unterbringung im "nassen Umfeld" nicht erfüllt seien, habe der Beklagte die Kosten hierfür zu tragen.

Gegen dieses ihm am 18. November 2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 25. November 2009 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und zu deren Begründung vorgetragen, die nur befristete Hilfegewährung entspreche dem Zweck der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, insbesondere der Förderung der Selbsthilfe, und sei verordnungsrechtlich angelegt. Dem widerspreche die angestrebte langfristige stationäre Unterbringung. Die Erfahrung im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zeige, dass bei solchen Maßnahmen innerhalb von längstens 18 Monaten deutlich werde, ob der gewünschte Erfolg erreicht werde. Auch ein Alkoholkranker sei für seine Genesung selbst verantwortlich, solange er seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht verloren habe, wofür beim Kläger aber nichts spreche. Andere Hilfen seien nicht naheliegend gewesen, da der Kläger weder behindert noch pflegebedürftig sei. Ein niederschwelligeres Angebot, sofern überhaupt denkbar, wäre angesichts der fehlenden Motivation des Klägers sinnlos gewesen. Eine andere Hilfe sei gar nicht gewünscht worden, was durch den nach nur kurzer Unterbrechung erneut begründeten Daueraufenthalt in der Einrichtung belegt werde. Bei fehlender Möglichkeit, den Zweck der Überwindung der Schwierigkeiten zu erreichen, seien monatliche Kosten i.H.v. über EUR 2.000.- wirtschaftlich nicht vertretbar. Der Alkoholkrankheit des Klägers könne nicht mit Maßnahmen nach § 67 SGB XII begegnet werden. Dieser habe ausreichend Zeit gehabt, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen oder andere ambulante Hilfsangebote wahrzunehmen. Eine dahingehende Beratung sei Aufgabe der Einrichtung gewesen, die den Kläger auf das Leben außerhalb hätte vorbreiten sollen. Es sei auch nicht ersichtlich, warum der Kläger nach Verlassen der Einrichtung hätte obdachlos werden müssen.

Mit Beschluss vom 23. September 2011 (Berichtigungsbeschluss vom 13. Oktober 2011) wurde der Träger der Einrichtung zum Verfahren beigeladen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Versagung der Hilfe könne nicht mit seiner Unfähigkeit zur Alkoholabstinenz begründet werden, da diese gerade mit der begehrten Maßnahme überwunden werden sollte. Der Beklagte habe selbst eingeräumt, dass eine alternative Hilfe für den Kläger nicht zur Verfügung gestanden habe. Dass der Kläger keine andere Hilfe gewollt habe, sei schon durch dessen ausdrückliche Bitte um alternative Angebote widerlegt. Der Beklagte sei seiner Beratungspflicht aber nicht nachgekommen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Auf Anfrage des Senats hat Dr. J., Oberärztin der Suchtabteilung des ZfP W., am 21. Mai 2010 als sachverständige Zeugin schriftlich mitgeteilt, beim Kläger bestehe eine schwere psychophysische Alkoholabhängigkeit mit rezidivierenden Rückfällen bei nur kurzen Abstinenzphasen. Bei mehreren Vorstellungen in der Suchtambulanz habe er zwar eine Abstinenzmotivation gezeigt, aber psychisch labil und außerstande imponiert, über längere Zeit abstinent zu sein. Im Rahmen einer vom 20. bis 29. März 2007 durchgeführten Entgiftung hätten sich eine Leberschädigung und alkoholassoziierte epileptische Anfälle ergeben. Der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, seinen Alkoholkonsum willentlich zu steuern. Einer geregelten Tätigkeit habe er nicht nachgehen, soziale Kontakte nicht pflegen können. Er sei nicht in der Lage gewesen, seine sozialen Belange und Verpflichtungen zu überblicken und zu regeln.

Der Sozialarbeiter/Sozialpädagoge des D.s Ha. hat unter dem 28. Juni 2010 angegeben, mit der Unterbringung ab April 2007 habe verhindert werden sollen, dass der Kläger auf die Straße ausweichen müsse; dies sei nur im stationären Setting möglich gewesen. Wegen der vorgelegten Hilfepläne wird auf Bl. 29/35 der Senatsakten, wegen der weiteren Auskunft vom 15. November 2011 auf Bl. 97/98 der Senatsakten verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht verurteilt.

Mit dem beim Beklagten gestellten Leistungsantrag begehrte der Kläger die Gewährung von Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gem. §§ 67 ff. SGB XII in Form der stationären Unterbringung in der Einrichtung D. des Beigeladenen nach den bisherigen Leistungstypen. Leistungen der stationären Hilfe in Einrichtungen werden durch den Sozialhilfeträger nicht gegenständlich oder als Geldleistung erbracht. Vielmehr nehmen die Sozialhilfeträger die Verantwortung für die Versorgungsinfrastruktur durch Abschluss der Verträge nach den §§ 75 ff. SGB XII wahr. Dem Hilfebedürftigen gegenüber besteht die Leistungsverpflichtung in der Übernahme der Heimkosten in Form eines Schuldbeitritts durch den Sozialhilfeträger (Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 75 Nr. 9; BSG FEVS 61, 534). Dass der Bedarf des Klägers an Betreuung im streitigen Zeitraum durch die Einrichtung des Beigeladenen gegenständlich gedeckt wurde, schließt daher einen Anspruch gegen den Beklagten nicht aus. Der - noch aktuelle - sozialhilferechtliche Bedarf besteht in Form der Kostenübernahme.

Der Kläger ist dem Beigeladenen als Träger der Einrichtung zivilrechtlich zur Zahlung der Kosten seiner Unterbringung verpflichtet. Anders als im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung erbringt der Sozialhilfeträger, wie ausgeführt, bei stationärer Hilfe keine kostenlose Sachleistung durch einen Dritten. Vielmehr schließt der Hilfesuchende selbst mit der Einrichtung, die die Hilfe gegenständlich erbringt, einen entgeltlichen Vertrag. Die Sozialhilfeleistung besteht in der Übernahme der so begründeten Kosten (BSG a.a.O.). Auch ohne schriftliche Vereinbarung kommt durch die einvernehmliche stationäre Aufnahme zumindest konkludent ein solcher Vertrag zustande. Denn vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund kommt den tatsächlichen Handlungen (Inanspruchnahme bzw. Erbringung der stationären Hilfe) ein entsprechender rechtlicher Erklärungswert zu. Darüber hinaus konnte die weitere Hilfe ab dem 1. April 2007 jedenfalls im vorliegenden Fall weder vom Kläger noch der Einrichtung als für den Kläger kostenlose Sachleistung des Sozialhilfeträgers verstanden werden, nachdem der Beklagte eine Hilfeleistung ab diesem Zeitpunkt bereits zuvor durch Bescheid vom 16. März 2007 abgelehnt hatte. Mit dieser Gestaltung stimmt insbesondere die übereinstimmende Darstellung der Einrichtung und des Klägers in der Auskunft vom 15. November 2011 überein, dass letzterer seine Kostenverpflichtung für die Aufnahme akzeptiert hatte. Mangels abweichender Vereinbarung kann dieser Vertrag nur so verstanden werden, dass sich die vom Kläger geschuldete Vergütung nach den in den Verträgen nach §§ 75 ff. SGB XII vorgesehenen Maßnahmepauschalen für die in Anspruch genommenen Leistungstypen bestimmte. Denn ein Abgehen von den zuvor bestehenden Vertragsinhalten während der Zeit der Förderung durch den Sozialhilfeträger ist ersichtlich nicht vereinbart worden. Der angestrebte - und umgesetzte - Wechsel innerhalb der verschiedenen Betreuungsbereiche hat nicht zu einer Änderung der in Anspruch genommenen Leistungstypen geführt.

Der Kläger gehörte im hier streitigen Zeitraum zu den von § 67 Satz 1 SGB XII erfassten Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind. Besondere Lebensverhältnisse in diesem Sinne sind gekennzeichnet durch einen - unfreiwilligen - Mangel an Elementen, die nach herrschender gesellschaftlicher Anschauung und gesetzlicher Wertentscheidung "normale" Lebensverhältnisse prägen. Nach der präzisierenden Regelung des § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten i.d.F. vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3060; (VO)) bestehen besondere Lebensverhältnisse bei fehlender oder nicht ausreichender Wohnung, bei ungesicherter wirtschaftlicher Lebensgrundlage, bei gewaltgeprägten Lebensumständen, bei Entlassung aus einer geschlossenen Einrichtung oder bei vergleichbaren nachteiligen Umständen. Zu letzteren gehört auch die fehlende Chance zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise, z.B. durch ein Leben auf der Straße (Roscher in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 67 Rdnr. 15). Soziale Schwierigkeiten liegen vor, wenn ein Leben in der Gemeinschaft durch ausgrenzendes Verhalten des Hilfesuchenden oder eines Dritten wesentlich eingeschränkt ist, insbesondere im Zusammenhang mit der Erhaltung oder Beschaffung einer Wohnung, mit der Erlangung oder Sicherung eines Arbeitsplatzes, mit familiären oder sozialen Beziehungen oder mit Straffälligkeit (§ 1 Abs. 3 VO). Allgemeine Lebenskrisen oder -risiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, finanzielle Schwierigkeiten genügen daher nicht per se. Maßgeblich ist vielmehr die ausgrenzende Wirkung der Schwierigkeiten im Hinblick auf ein Leben in der Gemeinschaft (Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 67 Rdnr. 17). Eine kausale Verknüpfung zwischen den besonderen Lebensverhältnissen und den sozialen Schwierigkeiten ist nicht erforderlich. Sie müssen aber in einem Zusammenhang stehen, der spezielle Hilfen nötig macht. Dies ist der Fall, wenn es nicht genügt, den Mangel in den Lebensverhältnissen zu beseitigen, um die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erreichen, sondern auch auf die sozialen Schwierigkeiten eingegangen werden muss (Bieback, a.a.O., Rdnr. 4; § 1 Abs. 1 VO).

Außerhalb der Einrichtung verfügte der Kläger über keinerlei gesicherte Unterkunft und wirtschaftliche Lebensgrundlage. Einen Arbeitsplatz hielt er nicht inne. Entgelt ersetzende sozialversicherungsrechtliche Ansprüche standen ihm nicht zu. In Betracht kamen daher nur die existenzsichernden Leistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Mit Ende der stationären Betreuung drohte ein Leben "auf der Straße" und damit einhergehend die fehlende Chance zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise, insbesondere im Hinblick auf die Alkoholerkrankung des Klägers einschließlich der alkoholbedingten Leberschädigung und epileptischen Anfälle, wie von Dr. J. beschrieben. Diese besonderen Lebensverhältnisse waren verknüpft mit sozialen Schwierigkeiten im Sinne ausgrenzenden Verhaltens. Den vorliegenden Hilfeplänen 2006 und 2007, aber auch 2008 ist eine Tendenz des Klägers zur Vernachlässigung und Verwahrlosung zu entnehmen. Diese führte zu Schwierigkeiten im Bereich der selbständigen Haushaltsführung (Sauberkeit; regelmäßige Mahlzeiten) und des Wohnens (Sauberkeit; auffälliges Auftreten gegenüber Vermietern). Fehlende Tagesstrukturen minderten den Selbstwert des Klägers und begünstigten Rückfall auslösende Situationen im Rahmen der Alkoholkrankheit. Solche wiederum verhinderten die dauerhafte Umsetzung bereits angeeigneter Fähigkeiten im Bereich der Selbstversorgung; vorhandene Barmittel wurden in Alkohol umgesetzt. Daraus wird auch ersichtlich, dass allein die Überwindung der besonderen Lebensverhältnisse nicht zur Eingliederung in die Gemeinschaft ausreichte. Die Beschaffung einer Wohnung allein hätte die Tendenz zur Verwahrlosung nicht beseitigt, die Beschaffung eines Arbeitsplatzes nicht die fehlenden Ressourcen zur Selbstversorgung im Bereich Wohnen/Haushalt kompensiert. Die fehlenden sozialen Beziehungen außerhalb der Einrichtung trugen ebenfalls zur Instabilität bei.

Diese Problemlage steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung des Senats fest. Dabei stützt er sich insbesondere auf die vorliegenden Hilfepläne, in denen die bestehenden Mängel, Probleme und Schwierigkeiten des Klägers im Einzelnen ausführlich dargestellt und dessen vorhandenen Ressourcen gegenüber gestellt werden. Nachvollziehbar wird daraus der komplexe Zusammenhang und das Wechselspiel der Verhältnisse und Schwierigkeiten deutlich. Der lediglich pauschale Einwand des Beklagten, es sei nicht ersichtlich, weshalb der Kläger nach Verlassen der Einrichtung hätte obdachlos werden sollen, vermag hieran keinen Zweifel zu wecken. Dieser berücksichtigt weder die äußeren Umständen (fehlende Wohnung; fehlende soziale Beziehungen außerhalb der Einrichtung) noch die beschriebenen Besonderheiten des Klägers (Tendenz zur Verwahrlosung; auffälliges Auftreten gegenüber Vermietern; "Fluchttendenz" als Reaktion auf Umsetzung von Veränderungen). Eigene Erhebungen, die denen der Hilfepläne widersprechen könnten, hat der Beklagte selbst auch nicht angestellt.

Dass der Kläger nicht in der Lage war, diese Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu überwinden (§ 67 Satz 1 SGB XII), ergibt sich bereits aus deren Dauer und dem bisherigen Verlauf. Die Alkoholprobleme bestehen seit der Jugend, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt konnte der Kläger bereits seit 1990 nicht mehr Fuß fassen. Des Weiteren hat er überwiegend auf der Straße gelebt. Darüber hinaus zeigt es sich in den bereits beschriebenen, den Hilfeplänen zu entnehmenden eingeschränkten Ressourcen des Klägers.

Der Kläger hat somit im streitigen Zeitraum die persönlichen Voraussetzungen der begehrten Hilfe nach § 67 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 1 VO erfüllt.

Die möglichen Leistungen umfassen alle Maßnahmen, die notwendig sind, um die Schwierigkeiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere Beratung und persönliche Betreuung für die Leistungsberechtigten und ihre Angehörigen, Hilfen zur Ausbildung, Erlangung und Sicherung eines Arbeitsplatzes sowie Maßnahmen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung (§ 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Das mit der Hilfe angestrebte Ziel wird in § 2 Abs. 1 Satz 1 VO dahingehend näher bestimmt, die Hilfesuchenden zur Selbsthilfe zu befähigen, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen und die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu sichern. Durch Unterstützung der Hilfesuchenden zur selbständigen Bewältigung ihrer besonderen sozialen Schwierigkeiten sollen sie in die Lage versetzt werden, ihr Leben entsprechend ihren Bedürfnissen, Wünschen und Fähigkeiten zu organisieren und selbstverantwortlich zu gestalten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Hilfesuchende verpflichtet sind, nach eigenen Kräften an der Überwindung der besonderen sozialen Schwierigkeiten mitzuwirken.

Im Hilfeplan vom 24. Januar 2007 wurde allerdings das früher formulierte Ziel eines baldigen Wechsels in ein Betreutes Wohnen zumindest zunächst aufgegeben. Darin kann jedoch keine vollständige Aufgabe der Anleitung zur Selbsthilfe gesehen werden, wie wohl der Beklagte meint. Die in § 2 Abs. 1 Satz 3 VO geregelte Mitwirkungspflicht des Hilfesuchenden besteht ausdrücklich nur "nach eigenen Kräften", also nur soweit der Hilfesuchende dazu fähig ist. Anleitung zur Selbsthilfe kann daher nur in dem Umfange Ziel sein, soweit der Hilfesuchende nach seinen aktuellen Fähigkeiten tatsächlich dazu in der Lage ist. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass die fehlende Mitwirkung des Betroffenen häufig gerade Ausdruck des Problems ist, das zu seiner Hilfebedürftigkeit führt, z.B. bei psychischen Erkrankungen oder Abhängigkeitsleiden (Bieback, a.a.O., § 68 Rdnr. 17). Wenn der Hilfeplan vom 24. Januar 2007 das Betreute Wohnen als unmittelbares Ziel aufgab, geschah dies in Anpassung an die durch sein Abhängigkeitsleiden bestimmten, tatsächlichen Ressourcen des Klägers. Entgegen der Prognosen in den früheren Hilfeplänen war eine abstinente Lebensführung noch nicht erreicht worden. Dr. J. hat in ihrer Stellungnahme vom 21. Mai 2010 bestätigt, dass der Kläger zwar eine Abstinenzmotivation gezeigt hatte, aber tatsächlich nicht in der Lage war, seinen Alkoholkonsum willentlich zu steuern. Der Einwand des Beklagten, auch ein Alkoholkranker sei für seine Genesung selbst verantwortlich, ist daher nicht an den rechtlichen Vorgaben orientiert. Die fehlende dauerhafte Abstinenz war Ausdruck des Krankheitsbildes und damit der willentlichen Beeinflussung des Klägers entzogen. Die dadurch limitierten Ressourcen bestimmten wiederum die ihm obliegende Mitwirkungspflicht ("nach eigenen Kräften").

In dem für den Beginn des streitigen Zeitraums aktuellen und damit hier maßgeblichen Hilfeplan vom 24. Januar 2007 werden ein Hilfebedarf beschrieben und Maßnahmen aufgezeigt, die an den in § 2 Abs. 1 VO genannten Zielen ausgerichtet sind: Der Tendenz zur Vernachlässigung und Verwahrlosung sollte durch Unterstützung bei der Zimmerhygiene und durch eine stationäre Vollversorgung mit regelmäßiger gesunder Ernährung begegnet werden. Die Fähigkeit zur Einteilung von Geldmitteln sollte zumindest zunächst durch Auszahlung von Teilbeträgen in kurzen Rhythmen kontrolliert werden. Tagesstruktur sollte - auch zur Stärkung des Selbstwertes - durch eine Halbtagsbeschäftigung auf Prämienbasis gewährleistet, Sozialkontakte hierdurch und durch Freizeitaktivitäten gestärkt werden. Die vorgesehenen Maßnahmen waren somit auf die oben dargestellten Schwierigkeiten des Klägers ausgerichtet, die seine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft behindern. Gleichzeitig waren sie zumindest teilweise - angepasst an die tatsächlichen Fähigkeiten des Klägers - auf die Befähigung zur Selbsthilfe ausgerichtet: Unterstützung bei statt Übernahme der Zimmerhygiene; Angebot einer Teilselbstversorgung; Halbtagsbeschäftigung.

Die Notwendigkeit der Maßnahmen i.S.d. § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII setzt voraus, dass sie - gemessen an den dort genannten Zielen - Aussicht auf Erfolg bieten. Dies erfordert eine Prognose, ohne dass überspannte Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind. Vor allem sind besondere Umstände zu berücksichtigen, die im Einzelfall dazu führen können, dass Fortschritte nur in geringem Umfange bzw. sehr langsam erzielt werden (vgl. Bieback, a.a.O., § 68 Rdnr. 16). Der Beklagte hat insoweit eingewandt, die Erfahrung in seinem Zuständigkeitsbereich zeige, dass bei Maßnahmen wie der beim Kläger durchgeführten innerhalb von 18 Monaten deutlich werde, ob der gewünschte Erfolg erreicht werde; beim Kläger sei aber innerhalb der geförderten 21 Monate kein Erfolg erzielt worden. Der hier gebotenen Beurteilung des individuellen Falles wird diese pauschale Betrachtung nicht gerecht. Sie lässt bereits nicht erkennen, inwieweit tatsächlich vergleichbare Schwierigkeiten, Defizite und Ressourcen in diese "Erfahrungswerte" eingeflossen sind und welche Rückschlüsse dies auf die konkrete Situation des Klägers erlauben könnte. Die Erfolglosigkeit der bisher durchgeführten Maßnahme, die in der Aufgabe der in den ersten Hilfeplänen gesteckten Ziele zum Ausdruck kommt, begründet nicht die Annahme der fehlenden Erfolgsaussicht der mit Antrag vom 22. Januar 2007 begehrten Hilfe. Es darf gerade nicht außer Acht gelassen werden, dass nicht eine bloße Fortführung der bisherigen Maßnahme erfolgen sollte (und erfolgte), sondern ein Wechsel im Betreuungsbereich. Der bisherigen Maßnahme im "trockenen" Eingliederungsbereich lag die Einschätzung zugrunde, dass eine durchgängige Abstinenz erreicht werden könnte. Dies ergibt sich aus den Darstellungen in den früheren Hilfeplänen. Hieran waren die Hilfsangebote, die Ziele und die Anforderungen an den Kläger im Rahmen der Selbsthilfe ausgerichtet. Diese Einschätzung hatte sich aber in der Folge nicht bestätigt; eine Abstinenz wurde nicht erreicht. Dies beruhte nach der überzeugenden Darstellung von Dr. J. nicht auf einem durch den Kläger beeinflussbaren Trinkverhalten, sondern war Ausdruck des der willentlichen Steuerung entzogenen Krankheitsbildes. Die auf einer Abstinenz beruhenden Hilfsangebote waren daher nachvollziehbar nicht erfolgreich. Die nun begehrte und im streitigen Zeitraum durchgeführte Maßnahme bezog sich hingegen gerade auf den "nassen" Eingliederungsbereich und den Bereich für chronisch Alkoholabhängige, zu deren Zielgruppe der Kläger nach dem nunmehr geklärten Krankheitsbild gehörte.

Aufgrund dessen geht der Senat davon aus, dass diese Maßnahme ausreichende Erfolgsaussichten bot. Die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit mit nicht steuerbarem Trinkverhalten steht dem nicht entgegen. Ziel der Maßnahme war es nicht, i.S.e. medizinischen Therapie diese Erkrankung zu überwinden, sondern deren Auswirkungen zumindest zu mildern, soweit sie der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen. Entsprechend formulierte der Hilfeplan vom 24. Januar 2007 keine Maßnahmen mehr, die eine Abstinenz voraussetzten, sondern von einer "Regulation des Trinkens" ausgingen. Angesichts der Schwere der Alkoholkrankheit, dem jahrzehntelangen Bestehen von Alkoholproblemen, jahrelangem Leben auf der Straße mit Vernachlässigung und Verwahrlosung konnte beim Kläger nicht erwartet werden, dass er innerhalb eines im Vergleich dazu kurzen Zeitraums an die Gesellschaft herangeführt werden kann. Dem entsprechend wurden die verfolgten Ziele im bereits oben beschriebenen Maße angepasst. Eine vollständige Beseitigung der sozialen Schwierigkeiten ist jedoch für die Erfolgsaussicht nicht erforderlich, da Maßnahmen auch mit dem Ziel der Milderung der Schwierigkeiten oder der Verhütung ihrer Verschlimmerung ergriffen werden können (vgl. Bieback, a.a.O., § 68 Rdnr. 16). Darüber hinaus lässt sich dem Hilfeplan vom 1. Juli 2008 entnehmen, dass der Kläger nunmehr immerhin in der Lage war, sich an Absprachen am Arbeitsplatz zu halten.

Dem Hilfeanspruch des Klägers im streitigen Zeitraum steht nicht entgegen, dass seine stationäre Betreuung in der Einrichtung des Beigeladenen durch den Beklagten bereits 21 Monate gefördert worden war. Da mit der Hilfe letztlich die Überwindung der sozialen Schwierigkeiten angestrebt wird, ist ihr eine zeitliche Begrenzung zwar immanent. Dies bedeutet jedoch zunächst nur, dass sie nicht auf Dauer angelegt sein darf. Dementsprechend sieht § 2 Abs. 5 Satz 1 VO gerade für Hilfen in stationären Einrichtungen vor, dass diese nur befristet gewährt werden sollen. Dabei macht aber dieser Wortlaut ("soll") deutlich, dass Abweichungen im Einzelfall anzuerkennen sind. Eine feste zeitliche Obergrenze, wie vom Beklagten angenommen, ist aus dem Gesetz nicht ableitbar und auch nicht mit diesem zu vereinbaren (Roscher, a.a.O., § 68 Rdnr. 6 m.w.N.; Bieback, a.a.O., § 68 Rdnr. 18). Dies stünde der Ausrichtung an den besonderen Schwierigkeiten jeweils im konkreten, individuellen Einzelfall entgegen. Gerade die Komplexität der Situation des Hilfesuchenden, die Grund für diese Hilfeform ist, lässt sich nicht mit pauschalierenden Obergrenzen vereinbaren. Die zeitliche Begrenzung bestimmt sich daher nur im Hinblick auf die Erfolgsaussicht, so dass grundsätzlich auch eine Hilfe über mehrere Jahre in Betracht kommt (vgl. Bieback und Roscher, jeweils a.a.O.). Anderes ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 5 Satz 3 VO, wonach die (stationäre) Hilfe spätestens nach jeweils sechs Monaten zu überprüfen ist. Dies limitiert nicht die zeitliche Dauer der möglichen Hilfeleistung, sondern legt einen Zeitpunkt fest, zu dem die bisher geleistete Hilfe evaluiert werden soll; es handelt sich lediglich um eine Sonderregelung zur allgemeinen Evaluationsvorschrift des Abs. 4. Dem Einwand des Beklagten, die langfristige stationäre Unterbringung widerspreche dem Zweck der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, kann daher nicht in dieser Absolutheit gefolgt werden. Im Übrigen sieht auch der Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII für Baden-Württemberg stationäre Langzeithilfen im Rahmen der Hilfen nach § 67 SGB XII ausdrücklich vor (Leistungstyp III.1.5).

Wie oben bereits ausgeführt, konnte für den streitigen Zeitraum eine Erfolgsaussicht angenommen werden, weil insbesondere der beabsichtigte (und erfolgte) Wechsel der Hilfemaßnahme zu beachten war. Gerade die Vorschrift des § 2 Abs. 5 Satz 3 VO macht deutlich, dass die geleistete Hilfe auf ihre Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit hin regelmäßig überprüft werden sollen. Dies bedeutet nicht, dass die Hilfe einzustellen ist, wenn sich dabei ergibt, dass die gewährte Hilfe nicht wirksam war. Besteht der Hilfebedarf fort und sind andere Hilfsmaßnahmen vorhanden und erfolgversprechend, ist vielmehr die Hilfe umzustellen. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Anspruch des Hilfesuchenden durch eine erfolglose Hilfegewährung erlischt. Demgemäß entspricht es auch nicht den gesetzlichen Vorgaben, bei der Evaluation "durchgefallene" Hilfen in eine Gesamtdauer der Hilfegewährung einzustellen und diese zu deckeln. Dass sich die gewährte Hilfe entgegen früherer Erwartungen als nicht erfolgreich erweisen kann, liegt in der Eigenart der prognostischen Entscheidung begründet.

Der Senat ist davon überzeugt, dass eine ambulante oder teilstationäre Hilfe nicht geeignet war, den Hilfebedarf zu decken (§ 2 Abs. 5 Satz 1 VO). Dies ist im Hilfeplan vom 24. Januar 2007 anschaulich dargelegt. Der Kläger benötigte Hilfe gleich in mehreren Bereichen (Wohnen, Haushaltsführung und Versorgung; Tagesstruktur und Beschäftigung; soziale Kontakte), so dass nachvollziehbar wird, dass deren Koordination und Gewährleistung nur in einem stationären Rahmen möglich war; insoweit wird auch auf die obigen Ausführungen zur Gefährdung bei Verlassen der stationären Einrichtung verwiesen.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich darüber hinaus, dass der Beklagte im Rahmen des ihm nach § 17 Abs. 2 SGB XII grundsätzlich zustehenden Auswahlermessens den Kläger mangels Geeignetheit nicht auf ambulante oder teilstationäre Hilfen verweisen konnte. Dass eine andere stationäre Maßnahme überhaupt zur Verfügung gestanden hätte, die die benötigte Hilfe besser, effektiver oder zumindest in gleicher Weise gewährleisten konnte, ist für den Senat nicht ersichtlich. Der Beklagte hat hierzu selbst nichts Konkretes vorgetragen. Jedenfalls für den hier streitigen Zeitraum ist angesichts der oben ausgeführten Inhalte des Hilfeplanes vom 24. Januar 2007, insbesondere der noch vorgesehenen Anleitung zur Selbsthilfe - wenn auch in reduziertem Umfange -, nicht erkennbar, dass die Bedarfsdeckung durch die tatsächlich gewährten Hilfen ungeeignet oder solche nach dem Leistungstyp III. 1.5 ausreichend gewesen wären. Demnach ist davon auszugehen, dass die tatsächlich in Anspruch genommene Maßnahme im streitigen Zeitraum die einzige war, die den gesetzlichen Hilfeanspruch des Klägers erfüllen konnte. Bei einer solchen Ermessensreduktion auf Null ist eine Verurteilung zu der begehrten Leistung selbst vorzunehmen.

Vorrangige Leistungen nach dem SGB XII oder anderen Leistungsgesetzen kommen für die im Rahmen der stationären Unterbringung gewährte Hilfe nicht in Betracht. Soweit es sich um Beratungen und personelle Hilfen handelt, stellen diese Dienstleistungen dar, auch wenn sie durch einen Dritten - die Einrichtung - erbracht werden. Diese Leistung wird daher gem. § 68 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen erbracht. Darüber hinaus ist der alleinstehende Kläger ohnehin einkommens- und vermögenslos und damit hilfebedürftig.

Die Berufung des Beklagten hatte daher keinen Erfolg. Im Tenor war der Inhalt des Anspruches des Klägers klarzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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