S 31 R 8460/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 31 R 8460/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung der Beschäftigungszeit im Beitrittsgebiet vom 1. September 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).

Die am 1952 geborene Klägerin erhielt mit Urkunde vom 27. Juli 1977 durch die H. Universität zu B den akademischen Grad des "Diplom-Sprachmittlers" verliehen. Mit Urkunde derselben Universität vom 19. Juni 1984 wurde ihr zudem der akademische Grad des "doctor philosophiae (Dr. phil.)" verliehen.

Ausweislich ihres in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Sozialversicherungsausweises der ehemaligen DDR arbeitete die Klägerin vom 1. September 1980 bis zum 31. Dezember 1985 zunächst als wissenschaftliche Assistentin an der H -Universität zu B und sodann vom 1. Januar 1986 an dort als Lehrer im Hochschuldienst ("LHD"). Gemäß der ebenfalls in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Bescheinigung der Abteilung für Personal und Personalentwicklung der H.-Universität vom 23. Januar 2007 wird sie dort bereits seit dem Jahr 1984 als Lehrer im Hochschuldienst geführt.

Am 13. Mai 1986 hatte die Klägerin mit der H -Universität eine Vereinbarung "auf der Grundlage der Verordnung zur Sicherung arbeitsrechtlicher Ansprüche mitreisender Ehepartner bei der Delegierung ins Ausland vom 21.09.1971 (GBl. II. Nr. 69 S. 595)" getroffen. Hierin hieß es unter anderem wörtlich: "1. Kollegin Dr. P begleitet den Ehepartner für die Dauer des Auslandseinsatzes von September 86 bis 1990 nach VR China. Während dieser Zeit ruht das Arbeitsrechtsverhältnis mit der Kollegin Dr. P ... 2. Die Betriebszugehörigkeit wird durch das ruhende Arbeitsverhältnis nicht unterbrochen. [ ] 5. Die H -Universität verpflichtet sich, bei betrieblicher Veränderung, die eine Wiederaufnahme der vor dem Auslandseinsatz des Ehepartners der Kollegin Dr. P übertragenen Arbeitsaufgabe nicht zulassen, mit der Kollegin Dr. P in einem persönlichen Kadergespräch entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Notwendige Qualifizierungsmaßnahmen zur Erfüllung der veränderten Arbeitsaufgabe werden gemeinsam beraten und vorbereitet. [ ] 7. Die Kollegin Dr. P verpflichtet sich, vor Begründung eines befristeten Arbeitsrechtsverhältnisses für die Dauer des Auslandseinsatzes mit einer Institution oder Einrichtung des Gastlandes die Zustimmung des Leiters der Auslandsvertretung und des Ministeriums für Außenhandel der DDR einzuholen. [ ] 8. Die Kollegin Dr. P verpflichtet sich, vor Begründung eines unbefristeten Arbeitsrechtsverhältnisses mit einer Institution der DDR im Ausland die H -Universität, Direktorat für Kader und Qualifizierung, zu informieren, um das Arbeitsrechtsverhältnis mit der H -Universität zu lösen. [ ]"

Laut Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten vom 14. Januar 1987 hatte die Klägerin sodann ab 1. Oktober 1986 die Tätigkeit einer Referentin mit der Arbeitsaufgabe "Referent in der Botschaft der DDR in der Volksrepublik China" mit Arbeitsort "B / " aufgenommen. Der Arbeitsvertrag war "befristet für die Dauer des Auslandseinsatzes in P ". Das Beschäftigungsverhältnis als Referentin im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten bestand dem Sozialversicherungsausweis der Klägerin zufolge vom 1. Oktober 1986 bis zum 5. August 1990. Ab dem 6. August 1990 war sie nach den Angaben im Sozialversicherungsausweis wieder als Lehrerin im Hochschuldienst an der H -Universität beschäftigt. Die Klägerin arbeitet bis heute an der H -Universität. Ausweislich des von ihr in der mündlichen Verhandlung zur Sitzungsniederschrift gereichten Schreibens der Universität beging sie im September 2005 ihr dortiges 25-jähriges Dienstjubiläum.

Am 20. März 2007 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Nach der von der Beklagten eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16. Mai 2007 war die Klägerin während ihrer Beschäftigungszeit beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR nicht in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen worden.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG ab. Zur Begründung führte sie aus, dass dieses Gesetz mangels Vorliegens einer Versorgungsanwartschaft im Sinne des AAÜG bei Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 1991 auf die Klägerin nicht anwendbar sei. Die Klägerin sei weder am 30. Juni 1990 in ein solches Versorgungssystem einbezogen gewesen noch habe sie auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage im Juli 1991 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Für die hier in Betracht kommende Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (AVWiss) gemäß Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG sei die betriebliche Voraussetzung für eine Anwartschaft am 30. Juni 1990 nicht erfüllt gewesen. Insoweit sei die Klägerin an diesem Stichtag nicht in einer Institution im Sinne der entsprechenden Versorgungsordnung der AVWiss beschäftigt gewesen. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 7. August 2007 Widerspruch ein. Insoweit machte sie geltend, dass am Stichtag des 30. Juni 1990 ein Arbeitsrechtsverhältnis mit der H -Universität bestanden habe, auch wenn sie dort keine aktive Tätigkeit ausgeübt habe. Dieses Arbeitsverhältnis habe lediglich geruht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Am Stichtag des 30. Juni 1990 sei die Klägerin beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten beschäftigt gewesen. Hierbei habe es sich nicht um eine wissenschaftliche Einrichtung im Sinne der entsprechenden Versorgungsordnung gehandelt. Insoweit sei die erforderliche betriebliche Voraussetzung für eine nachträgliche Einbeziehung in die AVWiss nicht erfüllt, mit der Folge, dass das AAÜG auf die Klägerin nicht anwendbar sei.

Mit ihrer am 12. November 2007 erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Berlin verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten dürften bei ihr die Voraussetzungen einer Einbeziehung in die AVWiss am Stichtag des 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Denn insoweit habe das Arbeitsrechtsverhältnis mit der H -Universität fortbestanden, es habe lediglich geruht. Insoweit könne eine am Stichtag des 30. Juni 1990 unbezahlte Freistellung von der Arbeit – für die es eine Vielzahl von möglichen Gründen gab – nicht per se zu einer Versagung der Anwendung des AAÜG führen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 9. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeiten vom 1. September 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (Zusatzversorgungssystem nach Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die während dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Die Klägerin habe am 30. Juni 1990 keine Versorgungszusage gehabt. Auch seien die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG nicht erfüllt. Für mitreisende Ehegatten sei während der dienstlichen Entsendung die Anwartschaft auf eine Zusatzversorgung nur dann erhalten geblieben, wenn sie bereits über eine positive Versorgungszusage verfügt hätten. Dies sei bei der Klägerin jedoch nicht der Fall gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten zum Az. verwiesen, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 9. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Feststellung ihrer Beschäftigungszeit vom 1. September 1980 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG. Ein Anspruch auf Feststellung dieser Zeiten nach den §§ 5 und 8 AAÜG besteht nicht.

In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist, ist die Beklagte nur dann zu den von der Klägerin begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn die Klägerin gemäß § 1 Abs. 1 AAÜG dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfällt. Soweit dies der Fall ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob sie Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).

Einen ihrem Begehren entsprechenden Anspruch hat die Klägerin schon deshalb nicht, weil sie nicht in den persönlichen Geltungsbereich der Vorschriften des AAÜG fällt. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn eine Prüfung des Vorliegens der in § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen ergibt, dass die Vorschriften des AAÜG auf die Klägerin Anwendung finden, was hier jedoch nicht der Fall ist.

Denn gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG gelten die Regelungen dieses Gesetzes für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Derartige Ansprüche hatte die Klägerin jedoch nicht erworben, denn im Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 war sie insoweit nicht versorgungsberechtigt. Darüber hinaus hatte sie auch keine Versorgungsanwartschaft erworben. Solche Anwartschaften hatten Personen, die am 30. Juni 1990 Inhaber einer Versorgungszusage waren oder eine solche früher gehabt hatten (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG) oder für die sich dies aus einer einzelvertraglichen Regelung ergab.

Darüber hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Vorschrift des § 1 Abs. 1 AAÜG jedoch erweiternd verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass das AAÜG auch Anwendung auf Personen findet, die am 30. Juni 1990 zwar nicht in ein Versorgungssystem einbezogen waren, die jedoch nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 zwingend einzubeziehen waren, weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllten und diese auch nicht von einer Ermessensentscheidung einer dazu berufenen Stelle der DDR abhängig war (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002, Az. B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 2; B 4 RA 41/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; B 4 RA 3/02 R, SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 – veröffentlicht auch in juris). Danach ist zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fiktiven) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Dies ist dann der Fall, wenn der Berechtigte nach den tatsächlichen Gegebenheiten (1.) eine Beschäftigung ausgeübt hat, die (2.) entgeltlich war und die (3.) ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war. Diese Prüfung ist anhand der Rechtslage am 1. August 1991 vorzunehmen. Ob ein solcher fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Zusage besteht, hängt jeweils von der Ausgestaltung der zu Bundesrecht gewordenen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme ab.

Die Klägerin gehörte am 30. Juni 1990 dem hier einzig in Betracht kommenden Zusatzversorgungssystem der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (Zusatzversorgungssystem nach Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG) weder auf Grund einer entsprechenden Zusage noch aufgrund einer einzelvertraglichen Regelung an. Sie war darüber hinaus aber auch nicht nach den abstrakt-generellen Regelungen dieses Versorgungssystems in dieses zwingend einzubeziehen, weil sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Versorgungszusage erfüllt hatte. Denn insoweit erfüllte sie am 30. Juni 1990 nicht die Voraussetzungen für eine obligatorische Einbeziehung in die AVWiss.

Im Bereich der AVWiss beurteilt sich die Einbeziehung nach den entsprechenden versorgungsrechtlichen Bestimmungen, die – und soweit sie – partielles Bundesrecht geworden waren. Hierbei handelt es sich um die Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Juli 1951 (GBl. DDR Nr. 85, S. 657 – VO-AVWiss) in der Fassung der Verordnung vom 13. Mai 1959 (GBl. DDR Nr. 32, S. 521), der Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik vom 26. September 1951 (GBl. DDR Nr. 117, S. 879 – 1. DB zur VO-AVWiss) sowie der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVWiss vom 11. Juni 1959 (GBl. DDR I, S. 612 – 2. DB zur VO-AVWiss). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hängt eine Einbeziehung nach den genannten versorgungsrechtlichen Vorschriften im Bereich der AVWiss von folgenden drei Voraussetzungen ab (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, Az. B 4 RA 40/02 R, Rdnr. 37 – zitiert nach juris):

1. von der Zugehörigkeit zur wissenschaftlichen Intelligenz im Sinne des § 2 VO-AVWiss (persönliche Voraussetzung), 2. von der Ausübung einer hauptberuflichen wissenschaftlichen Tätigkeit entsprechend der Qualifikation (sachliche Voraussetzung) sowie 3. von der Ausübung einer solchen Tätigkeit in einer wissenschaftlichen Einrichtung im Sinne der §§ 1 und 6 VO-AVWiss (betriebliche Voraussetzung).

Die Klägerin erfüllt nicht die zweite (sachliche) und dritte (betriebliche) Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVWiss, denn insoweit war sie am 30. Juni 1990 nicht in wissenschaftlicher Tätigkeit an einer entsprechenden Einrichtung beschäftigt.

Die von der Klägerin zum maßgeblichen Stichtag am 30. Juni 1990 ausgeübte Beschäftigung einer Referentin in der Botschaft der DDR in der Volksrepublik China stellte weder eine wissenschaftliche Tätigkeit entsprechend ihrer Qualifikation dar noch erfolgte sie an einer wissenschaftlichen Einrichtung im Sinne der Versorgungsordnung. Denn beim Ministerium für Auswärtigen Angelegenheiten handelte es sich um keine der in § 6 VO-AVWiss genannten wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen oder medizinischen Einrichtungen der DDR. Dass die Klägerin dort auch keine wissenschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung selbst bestätigt. Insoweit habe es sich um eine klassische Referententätigkeit gehandelt.

Die Klägerin hatte jedoch am maßgeblichen Stichtag, dem 30. Juni 1990, auch keine wissenschaftliche Tätigkeit mehr an der H -Universität zu B ausgeübt. Zwar stellte diese als Universität gemäß § 6 VO-AVWiss eine wissenschaftliche Einrichtung im Sinne des § 1 VO-AVWiss dar. Jedoch erfüllt die Klägerin die sachliche Voraussetzung einer Einbeziehung insoweit nicht, als dass sie am 30. Juni 1990 keine der Versorgungsordnung entsprechende wissenschaftliche Tätigkeit mehr tatsächlich ausgeübt hatte. Denn insoweit hatte das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der H -Universität zu B im Zeitraum vom 1. Oktober 1986 bis zum 5. August 1990 auf Grund der zwischen beiden getroffenen Vereinbarung vom 13. Mai 1986 geruht.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – der die erkennende Kammer folgt – beurteilt sich die Frage, inwieweit die tatsächliche Ausübung einer entsprechenden Beschäftigung als sachliche Voraussetzung für die fiktive Einbeziehung in eine Versorgungsordnung auch dann noch vorliegt, wenn das zu Grunde liegende Arbeitsverhältnis ruht, danach, ob das Ruhen für das mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängende Sozialpflichtversicherungsverhältnis "schädlich" oder "unschädlich" war. Dies bestimmt sich wiederum nach den einschlägigen Vorschriften der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 (GBl. DDR I, S. 373 – SVO). Denn den zu Bundesrecht gewordenen, am 1. August 1991 geltenden Bestimmungen der SVO lässt sich entnehmen, dass im Sprachgebrauch der DDR bei einer Nichtverrichtung der Arbeit zwischen "sozialpflichtversicherungsschädlichen" und "sozialpflichtversicherungsunschädlichen" Tatbeständen unterschieden wurde. Denn während der Dauer eines Arbeitsrechtsverhältnisses waren alle "Werktätigen" bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten pflichtversichert (§ 2 Abs. 1 S. 1 SVO). Das Sozialpflichtversicherungsverhältnis begann demnach mit der Aufnahme der Arbeit und endete, wenn sämtliche Rechtsbeziehungen des "Werktätigen" zur Sozialpflichtversicherung erloschen waren, in der Regel mit dem Tod. Eine länger andauernde Nichtverrichtung der Arbeit führte zu einer Unterbrechung der Pflichtversicherung gemäß § 4 SVO, die eine inhaltliche Umgestaltung des Sozialpflichtversicherungsverhältnisses zur Folge hatte. Abweichend von diesen Grundsätzen waren in § 3 SVO Tatbestände geregelt, bei deren Vorliegen bei vorübergehender (zeitlich begrenzter) Nichtverrichtung der Arbeit ausnahmsweise keine Unterbrechung der Sozialpflichtversicherung eintrat (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005, Az. B 4 RA 3/05, Rdnr. 21 f. – zitiert nach juris). Von der Ausübung einer tatsächlichen Beschäftigung im Sinne der sachlichen Voraussetzung einer Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem kann jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn lediglich eine vorübergehende, zeitlich begrenzte Nichtverrichtung der Arbeit vorgelegen hatte, die nicht zu einer Unterbrechung des Sozialpflichtversicherungsverhältnisses geführt hatte. Sofern keine tatsächliche Arbeit verrichtet wurde, ohne dass ein Fortsetzungstatbestand des § 3 SVO erfüllt war, liegt die sachliche Voraussetzung einer Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem nicht vor (so BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005, a.a.O., Rdnr. 26 f. zur Einbeziehung eines Versicherten in die Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) für den Fall des Bezuges einer Invalidenrente bei ruhendem Arbeitsverhältnis am Stichtag des 30. Juni 1990). Dass das zu Grunde liegende Arbeitsverhältnis zwar fortbestand, jedoch lediglich ruhend gestellt worden war, ist angesichts der fehlenden Ausübung in diesem Fall nicht von Bedeutung (so auch Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 27. Juli 2010, Az. L 20 R 260/08, Rdnr. 24 – zitiert nach juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen war das Ruhen des Arbeitsverhältnisses der Klägerin mit der H -Universität im Zeitraum vom 1. Oktober 1986 bis zum 5. August 1990 "sozialpflichtversicherungsschädlich", so dass die sachliche Voraussetzung der Einbeziehung in die AVWiss am 30. Juni 1990 mangels tatsächlicher Ausübung einer wissenschaftlichen Tätigkeit im Falle der Klägerin nicht erfüllt ist. Denn gemäß § 4 S. 1 SVO wurde die Pflichtversicherung unter anderem unterbrochen "bei vereinbarter unbezahlter Freistellung für länger als 3 Wochen ab Beginn der Freistellung". Nach § 4 S. 2 SVO blieb für die Dauer der Freistellung zwar der Anspruch auf Sachleistungen für den Werktätigen und seine Familienangehörigen erhalten. Ein Anspruch auf Geldleistungen bestand jedoch gemäß S. 3 erst wieder ab dem Tag der vereinbarten Wiederaufnahme der Arbeit, sofern die entsprechenden Voraussetzungen dafür vorlagen. Der Regelung des § 4 S. 1 SVO entsprechend wurde gemäß § 3 lit. h SVO die Sozialversicherung nicht unterbrochen durch Zeiten der "vereinbarten unbezahlten Freistellung von der Arbeit bis zur Dauer von 3 Wochen". Die Klägerin war vorliegend jedoch auf Grund der Vereinbarung mit der H -Universität vom 13. Mai 1986 länger als drei Wochen unbezahlt von ihrer dortigen Arbeit freigestellt. Die Freistellung war für vier Jahre vorgesehen und dauerte tatsächlich bis zum 5. August 1990. Das auf Grund des Arbeitsvertrages mit der H -Universität bestehende Sozialpflichtversicherungsverhältnis der Klägerin wurde wegen der längeren Freistellung umgestaltet und sah lediglich noch einen Sachleistungsbezug vor (ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin durch ihre Arbeitsaufnahme beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten durch dieses Arbeitsverhältnis nahtlos wieder in den Genuss eines umfassenden Sozialpflichtversicherungsschutzes gekommen sein dürfte). Dementsprechend erfolgte zum maßgeblichen Zeitpunkt am 30. Juni 1990 durch die Klägerin keine Ausübung einer tatsächlichen wissenschaftlichen Tätigkeit mehr an der H -Universität zu Berlin, auch wenn das Arbeitsverhältnis mit dieser formell fortbestanden hatte.

Darüber hinaus ist hier auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin während der Zeit des ruhenden Arbeitsverhältnisses mit der H -Universität ein neues Beschäftigungsverhältnis mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten begründet hatte. Demgemäß erfolgte die tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung am 30. Juni 1990 im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses als Referentin an der Botschaft der DDR in P. Insoweit ist hier zum Stichtag auch die betriebliche Voraussetzung für eine Einbeziehung der Klägerin in die AVWiss nicht erfüllt. Denn ob die betriebliche Voraussetzung erfüllt ist, hängt davon ab, wer im rechtlichen Sinne Arbeitgeber war. Dies ist diejenige natürliche oder juristische Person, mit dem der Arbeitnehmer den dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsvertrag geschlossen hat. Der Betrieb des Arbeitgebers ist im rechtlichen Sinne Beschäftigungsstelle des Arbeitnehmers. Erfolgt das Tätigwerden des Arbeitnehmers trotz bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses im Betrieb eines Dritten aufgrund einer mit diesem geschlossenen arbeitsvertraglichen Vereinbarung tritt dieser – gegebenenfalls befristet – an die Stelle des bisherigen Arbeitsvertrags mit der Folge, dass nunmehr der Dritte auf Dauer – oder bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung für einen bestimmten Zeitraum – im rechtlichen Sinne Arbeitgeber wird. Entscheidend für die betriebliche Voraussetzung ist somit die tatsächlich ausgeübte Beschäftigung und nicht ein zwar noch anderweitig bestehendes, zum maßgeblichen Zeitpunkt jedoch ruhendes Arbeitsverhältnis (so LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. März 2007, Az. L 17 R 165/05, Rdnr. 24 – zitiert nach juris für den Fall einer Delegierung bei ruhendem Arbeitsverhältnis). Auf Grund der Ruhensvereinbarung mit der H -Universität und der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten war die H -Universität währenddessen nicht mehr die maßgebliche Beschäftigungsstelle der Klägerin.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom BSG aufgestellten Grundsätzen zu einer Beschäftigung in der DDR mit Auslandsberührung im Falle einer Entsendung ins Ausland. Hiernach ist eine Gleichstellung der Beschäftigung im Ausland mit der im Inland grundsätzlich dann geboten ist, wenn zwar die Arbeit im Ausland erfolgte, sie aber vom DDR-Arbeitgeber im Voraus zeitlich begrenzt war, dessen Weisungsgewalt jedenfalls im Sinne eines Rückholrechtes fortbestand, die Arbeitsleistung im Ausland vom DDR-Arbeitgeber als in seinem Interesse liegend zumindest anerkannt war, eine Rückkehr des Arbeitnehmers nach Beendigung des Auslandseinsatzes auf seinen früheren Arbeitsplatz oder aber eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt rechtlich geregelt war und wenn die mit dem Bestand des Arbeitsverhältnisses in der DDR verbundenen Nebenberechtigungen und -pflichten grundsätzlich erhalten blieben. Insoweit sei hierbei als Vergleichsmaßstab auf die Rechtsprechung in Fällen der so genannten Quasi-Entsendung und des so genannten Rumpfarbeitsverhältnisses abzustellen (so BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, Az. B 4 RA 40/02 R, Rdnr. 45 – zitiert nach juris). Hiernach liegt aber auch dann kein Beschäftigungsverhältnis mehr vor, wenn es vor Beginn des Auslandsaufenthaltes beendet wurde, wenn für die Zeit unbezahlter Urlaub oder eine allgemeine unbezahlte Freistellung gegeben wurde, wenn ein Interesse des Arbeitgebers nicht anerkannt wurde, wenn keine zeitliche Begrenzung im Voraus oder wenn kein Rückholrecht geregelt war (so BSG, a.a.O., Rdnr. 46). Nach diesen Grundsätzen ist hier jedoch nicht mehr von dem Vorliegen eines für eine Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem maßgebliches Beschäftigungsverhältnis mit der H -Universität auszugehen. Denn insoweit erfolgte im Fall der Klägerin zum einen der Auslandsaufenthalt nicht durch Entsendung durch die H -Universität als Arbeitgeber und auch nicht in deren Interesse. Selbst ins Ausland entsandt wurde nur der Ehepartner der Klägerin und diese folgte ihm lediglich nach. Zum anderen erfolgte hier für die Zeit des Auslandsaufenthaltes aber auch eine allgemeine unbezahlte Freistellung durch die H -Universität. Auch wenn bestimmte Nebenrechte und -pflichten auf Grund der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der H -Universität erhalten blieben, wurden die Hauptpflichten jedoch ruhend gestellt. Dies erfolgte auf Grund eines Auslandsaufenthaltes, der keinen Bezug zu dem Beschäftigungsverhältnis mit der H -Universität aufwies. Dementsprechend ist eine Gleichstellung der Auslandsbeschäftigung vorliegend nicht geboten.

Die Klage war von daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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