Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 46 AS 2774/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 406/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. August 2011 wird aufgehoben.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für August 2011 an die Antragsteller zu 1) und 2) je 238,95 EUR, an den Antragsteller zu 3) 108,09 EUR und an den Antragsteller zu 4) 90,04 EUR, für September bis November 2011 an die Antragsteller zu 1) und 2) je 421,68 EUR/Monat, an den Antragsteller zu 3) 190,74 EUR/Monat und an den Antragsteller zu 4) 158,89 EUR/Monat vorläufig zu zahlen. Die bereits an den Antragsteller zu 1) in diesem Zeitraum ausgezahlten Leistungen sind vom Gesamtzahlbetrag in Abzug zu bringen.
Der Beklagte hat die den Antragstellern entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, ihnen vorläufig Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu gewähren.
Der am. 1979 geborene Antragsteller zu 1) war bis März 2011 in Irland erwerbstätig und kehrte im April 2011 zusammen mit seiner Lebenspartnerin, der am. 1985 geborenen Antragstellerin zu 2), und deren beiden am. 2004 und am 2006 geborenen Kindern, den Antragstellern zu 3) und 4), nach Deutschland zurück. Die Antragsteller bewohnen eine ab 15. Mai 2011 angemietete 83,70 m² große Vierzimmerwohnung, für die eine Gesamtmiete i.H.v. 594,27 EUR/Monat zu zahlen ist (Grundmiete 393,39 EUR, Betriebskosten und Heizkosten je 100,44 EUR). Die Antragsteller zu 2) – 4) sind polnische Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 2) ist mit Wirkung ab 12. April 2011 Inhaberin einer Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) mit dem Aufenthaltsgrund der Arbeitsplatzsuche. Der Antragsteller zu 3) besucht seit August 2011 die 1. Klasse einer Grundschule. Einen Antrag der Antragstellerin zu 2) auf Bewilligung einer nicht rückzahlbaren Beihilfe für Schulmaterial vom 25. Mai 2011 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 29. Juli 2011 stellten die Antragsteller beim Antragsgegner einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, nachdem die Bundesagentur für Arbeit den Antrag des Antragstellers zu 1) auf Gewährung von Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuches - Arbeitsförderung (SGB III) mit Bescheid vom 7. Juni 2011 abgelehnt hatte.
Am 23. Juni 2011 belehrte der Antragsgegner den Antragsteller zu 1) darüber, dass die Grundmiete für einen 4-Personen-Haushalt entsprechend der Unterkunftsrichtlinie der Landeshauptstadt Magdeburg i.H.v. 391 EUR und eine Wohnungsgröße von max. 85 m² angemessen seien. Die für die Wohnung zu zahlende Grundmiete betrage jedoch 393,39 EUR. Der Antragsteller zu 1) erklärte sich damit einverstanden, dass nur die angemessene Grundmiete übernommen wird.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2011 bewilligte die Beklagte dem Antragsteller zu 1) für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 2011 monatliche Leistungen i.H.v. 320,69 EUR und für den Monat November 2011 i.H.v. 320,70 EUR jeweils unter Anrechnung einer dem Antragsteller zu 1) im Juni 2011 zugeflossenen, und auf sechs Monate verteilten Steuerrückerstattung i.H.v. insgesamt 1.111,67 EUR und Berücksichtigung der nach Ansicht des Beklagten angemessenen anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU). Dem Antrag auf Leistungen könne für die Antragsteller zu 2) – 4) nicht entsprochen werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen lägen nicht vor, da die Antragstellerin zu 2) lediglich ein alleiniges Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland habe. Deshalb seien die Antragsteller zu 2) – 4) vom Leistungsanspruch ausgeschlossen. Die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Gegen die Leistungsablehnung legten die Antragsteller zu 2) – 4) Widerspruch ein. Leistungen seien nach § 7 SGB II jedenfalls ab 12. Juli 2011 an sie zu zahlen gewesen, da sie sich seit dem 12. April 2011 in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten. Die Antragsteller zu 1) und 2) lebten bereits seit mehreren Jahren eheähnlich zusammen, so dass der Aufenthaltszweck nicht nur der Arbeitssuche diene. Selbst wenn die Rechtsauffassung des Antragsgegners für Zeiten vor dem 12. Juli 2011 richtig sein sollte, müsste der Antragsteller zu 1) 100 % der Regelleistung erhalten und der Antrag der Antragsteller zu 2) – 4) wäre an das Sozialamt weiterzuleiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2011 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Anspruchsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betreffe vor allem Unionsbürger, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU Gebrauch machten und sich zum Zweck der Arbeitssuche länger als drei Monate in Deutschland aufhielten. Auch die Höhe der Regelleistung für den Antragsteller zu 1) i.H.v. 328 EUR sei rechtmäßig, da eine Partnerschaft zwischen ihm und der Antragstellerin zu 2) bestehe. Dagegen haben die Antragsteller fristgerecht Klage erhoben (S 46 AS 2791/11). Mit Änderungsbescheid vom 29. Juli 2011 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller zu 1) in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 2011 Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 321,28 EUR/Monat und für November 2011 i.H.v. 321,29 EUR. Der Antragsgegner berücksichtigte nunmehr anteilig die tatsächlich anfallenden KdU. Mit Schreiben vom 2. August 2011 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu 1) dazu an, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Wohnung die angemessenen Kosten nach der Unterkunftsrichtlinie der Landeshauptstadt Magdeburg übersteigen würden. Angemessen seien eine Grundmiete i.H.v. 391 EUR und Betriebs- und Heizkosten i.H.v. 195,50 EUR.
Am 15. August 2011 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Magdeburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, ihnen vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der derzeitigen Fassung sei mit dem Recht der Europäischen Union in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht vereinbar und damit auf Unionsbürger nicht anzuwenden. Mit der Regelung habe der Gesetzgeber von der Möglichkeit nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG Gebrauch machen wollen. Nach dieser Vorschrift ist ein Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4b der Richtlinie (für die Dauer der Arbeitssuche) einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. Jedoch stellten die Leistungen des SGB II, auch das den Lebensunterhalt sichernde Arbeitslosengeld II, keine reine Sozialhilfeleistung in diesem Sinne dar. Zwar umfasse das Arbeitslosengeld II eine pauschalierte, dem Regelsatz der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) vergleichbare Regelung zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Ähnlich wie in der Sozialhilfe nach dem SGB XII seien für verschiedene Bedarfslagen Leistungen für Mehrbedarfe vorgesehen. Jedoch könnten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs finanzielle Leistungen, die unabhängig von ihrer Einstufung nach nationalem Recht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, nicht als "Sozialhilfeleistungen" im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG angesehen werden. Leistungen nach dem SGB II dienten hauptsächlich dem Zweck, die Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Sie könnten daher den EU-Angehörigen nicht vorenthalten werden.
Mit Beschluss vom 29. August 2011 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Es hat sich der Rechtsauffassung des Sozialgerichts Berlin in seinem Urteil vom 25. März 2010 (S 26 AS 8114/08) vollinhaltlich angeschlossen und auf dessen Ausführungen Bezug genommen. Danach sollten die Leistungen nach dem SGB II die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern. Das SGB II unterscheide grundlegend zwischen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, die der Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit dienten, und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Unterscheidung zwischen aktiven Leistungen, die den Erwerbsfähigen bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unterstützen sollten, und passiven Leistungen, die den Lebensunterhalt der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und ihrer Familienangehörigen sichern sollten, sei von Anfang an im Gesetzgebungsverfahrens angelegt. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die an die Stelle der früheren Arbeitslosenhilfe sowie der Sozialhilfe getreten seien, staatliche Fürsorgeleistungen darstellten, die allein der Sicherung eines menschenwürdigen Lebens der Hilfebedürftigen dienten und gerade nicht den "Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen". Sie seien mithin als "Sozialhilfe" im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EU anzusehen.
Am 29. August 2011 haben die Antragsteller zu 2) – 4) einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII beim Sozialamt der Stadt Magdeburg gestellt, der nach telefonischer Auskunft einer Mitarbeiterin des Sozialamtes vom 2. November 2011 noch nicht beschieden worden ist. Am 29. September 2011 haben die Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Beschwerde eingelegt. Sie verweisen auf ihre bisherige Argumentation. Der Antragsteller zu 3) habe zudem durch den Schulbesuch einen eigenen Aufenthaltsstatus erlangt, welcher sich auch auf seine Mutter auswirke. Bereits aus diesem Umstand ergebe sich ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Die Antragsteller beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. August 2011 den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen ab 15. August 2011 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er bezieht sich im Wesentlichen auf die seines Erachtens den Beschluss des Sozialgerichts tragenden Gründe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Allein das Begehren der Antragsteller zu 2) – 4), das auf den Erhalt vorläufiger SGB II-Leistungen für die Zeit ab 15. August 2011 gerichtet ist, überschreitet den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG heranzuziehenden Berufungswert i.H.v. 750 EUR. Die Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung abgelehnt. Der Antragsgegner hat den Antragstellern zu 2) – 4) im Rahmen der Folgenabwägung vorläufig für die Zeit vom 15. August bis 30. November 2011 Leistungen nach dem SGB II und im Zuge dessen dem Antragsteller zu 1) höhere Leistungen zu bewilligen. Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b, Rn. 16b). Ein Anordnungsgrund ist vorliegend gegeben. Die Antragsteller verfügen nach ihren glaubhaft gemachten Angaben über keine bereiten Mittel, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Senat kann nach der in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen nur summarischen Prüfung allerdings abschließend nicht klären, ob die Antragsteller zu 2) – 4) auch einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben.
Die Antragstellerin zu 2) hat zwar die den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II zugrundeliegenden Tatsachen glaubhaft gemacht, d.h. sie ist hilfebedürftig, erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie hält sich rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland auf, denn sie verfügt über eine Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU (vgl. dazu allg. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 23/10 R, Rn. 14, Juris). Hier könnte allerdings ein Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 1 Satz 2 SGB II vorliegen. Die Antragsteller zu 2) – 4) begehren die Gewährung vorläufiger Leistungen ab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht, mithin ab 15. August 2011. Zu diesem Zeitpunkt lebten sie bereits länger als drei Monate in der Bundesrepublik Deutschland, so dass ein Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II hier nicht gegeben ist.
Es könnte jedoch ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vorliegen. Danach sind vom Leistungsbezug nach dem SGB II Ausländerinnen und Ausländer ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.
Das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 2) ergibt sich gemäß der Bescheinigung nach § 5 FreizügG/EU aus dem Zweck zur Arbeitssuche. Sie kann sich auch nicht auf ein anderes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU berufen. Insbesondere steht ihr nicht das Aufenthaltsrecht als Familienangehörige des Antragstellers zu 1) nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 6 i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu, weil der nichteheliche Partner in den europarechtlichen Begriff des Familienangehörigen nicht einbezogen ist (Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 17.April 1986, 59/85. Leitsatz 1, Juris)
Auch eine Herleitung des Aufenthaltsrechts aus der Schulpflicht des Antragstellers zu 3) kommt nicht in Betracht. Als Norm, aus der ein Aufenthaltsrecht hergeleitet werden kann, ist allein das FreizügG/EU heranzuziehen. Das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) ist nach dessen § 1 Abs. 2 Nr. 1 nicht anwendbar auf Ausländer, deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Das FreizügG/EU ist mithin als speziellere Regelung zum Aufenthaltsgesetz anzusehen. Die Begründung eines Bleiberechts aus humanitären Gründen bei Vorhandensein schulpflichtiger Kinder nach dem Aufenthaltsgesetz ist hier also nicht von Bedeutung.
In Betracht kommt aber ein von der Arbeitnehmerfreizügigkeit unabhängiges, allein aus der Unionsbürgerschaft folgendes Freizügigkeitsrecht nach Art. 21 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Danach hat jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Die Vorschrift begründet ein subjektiv- öffentliches Recht, das dem Unionsbürger unabhängig vom Zweck seiner Inanspruchnahme unmittelbar zusteht. Es handelt sich um eine politische Grundfreiheit, welche das aus den wirtschaftlich motivierten Verkehrsfreiheiten folgende Aufenthaltsrecht überlagert (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BverwG), Urteil vom 10. November 1999, 6 C 30/98, Rn. 45 zur Vorgängervorschrift Art. 18 Abs. 1 EG (konsolidierte Fassung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997), Rn. 45, Juris; so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2010, L 16 AS 767/10 B ER, Rn. 44, Juris).
Falls sich nach der im Hauptsacheverfahren vorzunehmenden eingehenden Prüfung dieser Rechtsfrage herausstellen sollte, dass ein solches (zusätzliches) Aufenthaltsrecht vorliegend nicht trägt, wäre weiter zu prüfen, ob § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II europarechtswidrig ist oder aber europarechtskonform ausgelegt werden kann.
Es könnte ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vorliegen (so u.a. Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Juli 2011, L 7 AS 107/11 B ER, Rn. 18). Nach Art. 4 dieser Verordnung haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates wie die Staatsangehörigen selbst. Die Antragsteller zu 2) – 4) unterfallen sowohl dem persönlichen als auch dem sachlichen Geltungsbereich dieser Verordnung, da der Antragstellerin zu 2) von der Familienkasse Kindergeld für die Antragsteller zu 3) und 4) bewilligt worden ist. So gilt nach Art. 2 die Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, mithin für die Antragsteller zu 2) – 4) als Staatsangehörige Polens, wenn für sie die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten. Nach der Legaldefinition des Art. 1 Buchstabe l) sind "Rechtsvorschriften" für jeden Mitgliedstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art. 3 Abs. 1 genannten Zweige der sozialen Sicherheit. Dazu gehören nach Buchstabe j) die Familienleistungen, die in Art. 1 Buchstabe z) dieser Verordnung definiert werden als "Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I". Zu diesen Familienleistungen gehört auch das Kindergeld (EuGH zur Vorgängerverordnung Nr. 1408/71, Urteil vom 14. Oktober 2010, C – 16/09, Rn. 33, Juris). Einbezogen in die Gleichbehandlung sind nach Art 3 Abs. 3, Art. 70 i.V.m. der Anlage X auch die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.
Schließlich bleibt es einer eingehenden Rechtsprüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, ob die Regelung des §§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit dem Gemeinschaftsrecht unter Beachtung der Art. 12 und 39 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) vereinbar sind. Diese verbieten jede Art der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art. 12 EGV) und gewährleisten die Freizügigkeit der Arbeitsnehmer innerhalb der Gemeinschaft (Art. 39 EGV), die auch die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedsstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen umfasst (Art. 39 Abs. 2 EGV). Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang, ob die Leistungen nach dem SGB II von der systematischen Einordnung der Grundsicherungsleistungen als "sozialen Hilfe" im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG (dann ist der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II europarechtskonform) oder aber als "finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen" unter Art. 39 Abs. 2 EGV fallen (dann wäre der Leistungsausschluss europarechtswidrig). Diese Rechtsfrage ist umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Auch in Anbetracht der bereits oben genannten grundsätzlich zu klärenden komplexen Rechtsfragen sieht sich der Senat außer Stande, in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine abschließende Entscheidung zu treffen. Der Antragsgegner war somit im Wege der Folgenabwägung zu verpflichten, vorläufig auch an die Antragsteller zu 2) – 4) Grundsicherungsleistungen zu zahlen. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Rn. 26, Juris).
Im vorliegenden Fall geht die Folgenabwägung zugunsten der Antragsteller aus. In Anbetracht ihrer wirtschaftlichen Situation muss das Risiko des Antragsgegners im Falle seines Obsiegens im Hauptsacheverfahren, die vorläufig zu gewährenden Leistungen nur unter Schwierigkeiten zurückerhalten zu können, hinter dem Begehren der Antragsteller auf Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zurücktreten.
Als Leistungszeitraum hat der Senat sich vorliegend am laufenden Bewilligungsabschnitt orientiert. Dieser umfasst die Monate Juni bis November 2011, mithin den hier streitgegenständlichen Leistungszeitraum ab 15. August 2011. Der Senat geht davon aus, dass der Antragsgegner bei unverändert bleibenden tatsächlichen Verhältnissen den Antragstellern zu 2) – 4) auch weiterhin vorläufig Leistungen auf Antrag gewähren wird. Es ergibt sich ein vorläufiger Gesamtleistungsanspruch für die Antragsteller i.H.v. 1.192,99 EUR/Monat. Es sind zunächst die monatlichen Regelbedarfe der Antragsteller zu berücksichtigen (für die Antragsteller zu 1) und 2) je 328 EUR, für den Antragsteller zu 3) 251 EUR und für den Antragsteller zu 4) 215 EUR). Hinzuzurechnen sind - wie dies auch der Antragsgegner getan hat - die KdU i.H.v. 594,27 EUR, sodass sich ein Gesamtbedarf i.H.v. 1.716,27 EUR ergibt. Von der Hinzurechnung eines etwaig bestehenden Anspruchs auf Mehrbedarf für die Bereitung des Warmwassers nach § 21 Abs. 7 SGB II hat der Senat vorliegend abgesehen. Der Antragsgegner hat in seiner vom Antragsteller zu 1) nur in der Regelsatzhöhe beanstandeten und im Übrigen bestandskräftigen Leistungsberechnung für diesen den Mehrbedarf nicht berücksichtigt. Auch hinsichtlich der Einkommensanrechnung legt der Senat die Leistungsberechnung des Antragsgegners zugrunde. Zusätzlich zum Einkommen aus der Steuerrückerstattung ist auf den Bedarf der Antragsteller zu 3) und 4) jeweils das Kindergeld i.H.v. 184 EUR/Monat anzurechnen. Unter Berücksichtigung der Regelung des §§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ergibt sich somit ein monatlicher Leistungsanspruch für die Antragsteller zu 1) und 2) i.H.v. je 421,68 EUR, für den Antragsteller zu 3) i.H.v. 190,74 EUR und für den Antragsteller zu 4) i.H.v. 158,89 EUR. Ebenfalls unberücksichtigt hat der Senat eine Zahlung nach § 28 Abs. 3 SGB II für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf für den Antragsteller zu 3) gelassen. Einen entsprechenden Antrag der Antragstellerin zu 2) hatte der Antragsgegner mit Bescheid vom 29. Juli 2011 zurückgewiesen. Die Antragsteller haben diesen einmaligen Bedarf ausdrücklich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr geltend gemacht. Es ist daher davon auszugehen, dass er bereits anderweitig aus Eigenmitteln gedeckt worden ist und somit in diesem Verfahren unberücksichtigt bleiben kann.
Unter Beachtung eines nur anteiligen vorläufigen Leistungsanspruchs für August 2011 ergeben sich mithin aufgrund der vorstehenden Berechnungen die austenorierten vorläufigen Leistungshöhen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für August 2011 an die Antragsteller zu 1) und 2) je 238,95 EUR, an den Antragsteller zu 3) 108,09 EUR und an den Antragsteller zu 4) 90,04 EUR, für September bis November 2011 an die Antragsteller zu 1) und 2) je 421,68 EUR/Monat, an den Antragsteller zu 3) 190,74 EUR/Monat und an den Antragsteller zu 4) 158,89 EUR/Monat vorläufig zu zahlen. Die bereits an den Antragsteller zu 1) in diesem Zeitraum ausgezahlten Leistungen sind vom Gesamtzahlbetrag in Abzug zu bringen.
Der Beklagte hat die den Antragstellern entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, ihnen vorläufig Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu gewähren.
Der am. 1979 geborene Antragsteller zu 1) war bis März 2011 in Irland erwerbstätig und kehrte im April 2011 zusammen mit seiner Lebenspartnerin, der am. 1985 geborenen Antragstellerin zu 2), und deren beiden am. 2004 und am 2006 geborenen Kindern, den Antragstellern zu 3) und 4), nach Deutschland zurück. Die Antragsteller bewohnen eine ab 15. Mai 2011 angemietete 83,70 m² große Vierzimmerwohnung, für die eine Gesamtmiete i.H.v. 594,27 EUR/Monat zu zahlen ist (Grundmiete 393,39 EUR, Betriebskosten und Heizkosten je 100,44 EUR). Die Antragsteller zu 2) – 4) sind polnische Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 2) ist mit Wirkung ab 12. April 2011 Inhaberin einer Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) mit dem Aufenthaltsgrund der Arbeitsplatzsuche. Der Antragsteller zu 3) besucht seit August 2011 die 1. Klasse einer Grundschule. Einen Antrag der Antragstellerin zu 2) auf Bewilligung einer nicht rückzahlbaren Beihilfe für Schulmaterial vom 25. Mai 2011 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 29. Juli 2011 stellten die Antragsteller beim Antragsgegner einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, nachdem die Bundesagentur für Arbeit den Antrag des Antragstellers zu 1) auf Gewährung von Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuches - Arbeitsförderung (SGB III) mit Bescheid vom 7. Juni 2011 abgelehnt hatte.
Am 23. Juni 2011 belehrte der Antragsgegner den Antragsteller zu 1) darüber, dass die Grundmiete für einen 4-Personen-Haushalt entsprechend der Unterkunftsrichtlinie der Landeshauptstadt Magdeburg i.H.v. 391 EUR und eine Wohnungsgröße von max. 85 m² angemessen seien. Die für die Wohnung zu zahlende Grundmiete betrage jedoch 393,39 EUR. Der Antragsteller zu 1) erklärte sich damit einverstanden, dass nur die angemessene Grundmiete übernommen wird.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2011 bewilligte die Beklagte dem Antragsteller zu 1) für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 2011 monatliche Leistungen i.H.v. 320,69 EUR und für den Monat November 2011 i.H.v. 320,70 EUR jeweils unter Anrechnung einer dem Antragsteller zu 1) im Juni 2011 zugeflossenen, und auf sechs Monate verteilten Steuerrückerstattung i.H.v. insgesamt 1.111,67 EUR und Berücksichtigung der nach Ansicht des Beklagten angemessenen anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU). Dem Antrag auf Leistungen könne für die Antragsteller zu 2) – 4) nicht entsprochen werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen lägen nicht vor, da die Antragstellerin zu 2) lediglich ein alleiniges Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik Deutschland habe. Deshalb seien die Antragsteller zu 2) – 4) vom Leistungsanspruch ausgeschlossen. Die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Gegen die Leistungsablehnung legten die Antragsteller zu 2) – 4) Widerspruch ein. Leistungen seien nach § 7 SGB II jedenfalls ab 12. Juli 2011 an sie zu zahlen gewesen, da sie sich seit dem 12. April 2011 in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten. Die Antragsteller zu 1) und 2) lebten bereits seit mehreren Jahren eheähnlich zusammen, so dass der Aufenthaltszweck nicht nur der Arbeitssuche diene. Selbst wenn die Rechtsauffassung des Antragsgegners für Zeiten vor dem 12. Juli 2011 richtig sein sollte, müsste der Antragsteller zu 1) 100 % der Regelleistung erhalten und der Antrag der Antragsteller zu 2) – 4) wäre an das Sozialamt weiterzuleiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2011 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Anspruchsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betreffe vor allem Unionsbürger, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU Gebrauch machten und sich zum Zweck der Arbeitssuche länger als drei Monate in Deutschland aufhielten. Auch die Höhe der Regelleistung für den Antragsteller zu 1) i.H.v. 328 EUR sei rechtmäßig, da eine Partnerschaft zwischen ihm und der Antragstellerin zu 2) bestehe. Dagegen haben die Antragsteller fristgerecht Klage erhoben (S 46 AS 2791/11). Mit Änderungsbescheid vom 29. Juli 2011 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller zu 1) in der Zeit vom 1. Juni bis 31. Oktober 2011 Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 321,28 EUR/Monat und für November 2011 i.H.v. 321,29 EUR. Der Antragsgegner berücksichtigte nunmehr anteilig die tatsächlich anfallenden KdU. Mit Schreiben vom 2. August 2011 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu 1) dazu an, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Wohnung die angemessenen Kosten nach der Unterkunftsrichtlinie der Landeshauptstadt Magdeburg übersteigen würden. Angemessen seien eine Grundmiete i.H.v. 391 EUR und Betriebs- und Heizkosten i.H.v. 195,50 EUR.
Am 15. August 2011 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Magdeburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, ihnen vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der derzeitigen Fassung sei mit dem Recht der Europäischen Union in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht vereinbar und damit auf Unionsbürger nicht anzuwenden. Mit der Regelung habe der Gesetzgeber von der Möglichkeit nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG Gebrauch machen wollen. Nach dieser Vorschrift ist ein Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4b der Richtlinie (für die Dauer der Arbeitssuche) einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. Jedoch stellten die Leistungen des SGB II, auch das den Lebensunterhalt sichernde Arbeitslosengeld II, keine reine Sozialhilfeleistung in diesem Sinne dar. Zwar umfasse das Arbeitslosengeld II eine pauschalierte, dem Regelsatz der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) vergleichbare Regelung zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Ähnlich wie in der Sozialhilfe nach dem SGB XII seien für verschiedene Bedarfslagen Leistungen für Mehrbedarfe vorgesehen. Jedoch könnten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs finanzielle Leistungen, die unabhängig von ihrer Einstufung nach nationalem Recht den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, nicht als "Sozialhilfeleistungen" im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG angesehen werden. Leistungen nach dem SGB II dienten hauptsächlich dem Zweck, die Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Sie könnten daher den EU-Angehörigen nicht vorenthalten werden.
Mit Beschluss vom 29. August 2011 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Es hat sich der Rechtsauffassung des Sozialgerichts Berlin in seinem Urteil vom 25. März 2010 (S 26 AS 8114/08) vollinhaltlich angeschlossen und auf dessen Ausführungen Bezug genommen. Danach sollten die Leistungen nach dem SGB II die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern. Das SGB II unterscheide grundlegend zwischen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, die der Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit dienten, und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Unterscheidung zwischen aktiven Leistungen, die den Erwerbsfähigen bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unterstützen sollten, und passiven Leistungen, die den Lebensunterhalt der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und ihrer Familienangehörigen sichern sollten, sei von Anfang an im Gesetzgebungsverfahrens angelegt. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die an die Stelle der früheren Arbeitslosenhilfe sowie der Sozialhilfe getreten seien, staatliche Fürsorgeleistungen darstellten, die allein der Sicherung eines menschenwürdigen Lebens der Hilfebedürftigen dienten und gerade nicht den "Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen". Sie seien mithin als "Sozialhilfe" im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EU anzusehen.
Am 29. August 2011 haben die Antragsteller zu 2) – 4) einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII beim Sozialamt der Stadt Magdeburg gestellt, der nach telefonischer Auskunft einer Mitarbeiterin des Sozialamtes vom 2. November 2011 noch nicht beschieden worden ist. Am 29. September 2011 haben die Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Beschwerde eingelegt. Sie verweisen auf ihre bisherige Argumentation. Der Antragsteller zu 3) habe zudem durch den Schulbesuch einen eigenen Aufenthaltsstatus erlangt, welcher sich auch auf seine Mutter auswirke. Bereits aus diesem Umstand ergebe sich ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Die Antragsteller beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß, unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. August 2011 den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen ab 15. August 2011 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er bezieht sich im Wesentlichen auf die seines Erachtens den Beschluss des Sozialgerichts tragenden Gründe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Allein das Begehren der Antragsteller zu 2) – 4), das auf den Erhalt vorläufiger SGB II-Leistungen für die Zeit ab 15. August 2011 gerichtet ist, überschreitet den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG heranzuziehenden Berufungswert i.H.v. 750 EUR. Die Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung abgelehnt. Der Antragsgegner hat den Antragstellern zu 2) – 4) im Rahmen der Folgenabwägung vorläufig für die Zeit vom 15. August bis 30. November 2011 Leistungen nach dem SGB II und im Zuge dessen dem Antragsteller zu 1) höhere Leistungen zu bewilligen. Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.
Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b, Rn. 16b). Ein Anordnungsgrund ist vorliegend gegeben. Die Antragsteller verfügen nach ihren glaubhaft gemachten Angaben über keine bereiten Mittel, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Senat kann nach der in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen nur summarischen Prüfung allerdings abschließend nicht klären, ob die Antragsteller zu 2) – 4) auch einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben.
Die Antragstellerin zu 2) hat zwar die den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II zugrundeliegenden Tatsachen glaubhaft gemacht, d.h. sie ist hilfebedürftig, erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie hält sich rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland auf, denn sie verfügt über eine Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU (vgl. dazu allg. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 23/10 R, Rn. 14, Juris). Hier könnte allerdings ein Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 1 Satz 2 SGB II vorliegen. Die Antragsteller zu 2) – 4) begehren die Gewährung vorläufiger Leistungen ab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht, mithin ab 15. August 2011. Zu diesem Zeitpunkt lebten sie bereits länger als drei Monate in der Bundesrepublik Deutschland, so dass ein Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II hier nicht gegeben ist.
Es könnte jedoch ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vorliegen. Danach sind vom Leistungsbezug nach dem SGB II Ausländerinnen und Ausländer ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.
Das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 2) ergibt sich gemäß der Bescheinigung nach § 5 FreizügG/EU aus dem Zweck zur Arbeitssuche. Sie kann sich auch nicht auf ein anderes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU berufen. Insbesondere steht ihr nicht das Aufenthaltsrecht als Familienangehörige des Antragstellers zu 1) nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 6 i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu, weil der nichteheliche Partner in den europarechtlichen Begriff des Familienangehörigen nicht einbezogen ist (Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 17.April 1986, 59/85. Leitsatz 1, Juris)
Auch eine Herleitung des Aufenthaltsrechts aus der Schulpflicht des Antragstellers zu 3) kommt nicht in Betracht. Als Norm, aus der ein Aufenthaltsrecht hergeleitet werden kann, ist allein das FreizügG/EU heranzuziehen. Das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) ist nach dessen § 1 Abs. 2 Nr. 1 nicht anwendbar auf Ausländer, deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Das FreizügG/EU ist mithin als speziellere Regelung zum Aufenthaltsgesetz anzusehen. Die Begründung eines Bleiberechts aus humanitären Gründen bei Vorhandensein schulpflichtiger Kinder nach dem Aufenthaltsgesetz ist hier also nicht von Bedeutung.
In Betracht kommt aber ein von der Arbeitnehmerfreizügigkeit unabhängiges, allein aus der Unionsbürgerschaft folgendes Freizügigkeitsrecht nach Art. 21 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Danach hat jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Die Vorschrift begründet ein subjektiv- öffentliches Recht, das dem Unionsbürger unabhängig vom Zweck seiner Inanspruchnahme unmittelbar zusteht. Es handelt sich um eine politische Grundfreiheit, welche das aus den wirtschaftlich motivierten Verkehrsfreiheiten folgende Aufenthaltsrecht überlagert (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BverwG), Urteil vom 10. November 1999, 6 C 30/98, Rn. 45 zur Vorgängervorschrift Art. 18 Abs. 1 EG (konsolidierte Fassung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997), Rn. 45, Juris; so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 22. Dezember 2010, L 16 AS 767/10 B ER, Rn. 44, Juris).
Falls sich nach der im Hauptsacheverfahren vorzunehmenden eingehenden Prüfung dieser Rechtsfrage herausstellen sollte, dass ein solches (zusätzliches) Aufenthaltsrecht vorliegend nicht trägt, wäre weiter zu prüfen, ob § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II europarechtswidrig ist oder aber europarechtskonform ausgelegt werden kann.
Es könnte ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vorliegen (so u.a. Hessisches LSG, Beschluss vom 14. Juli 2011, L 7 AS 107/11 B ER, Rn. 18). Nach Art. 4 dieser Verordnung haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates wie die Staatsangehörigen selbst. Die Antragsteller zu 2) – 4) unterfallen sowohl dem persönlichen als auch dem sachlichen Geltungsbereich dieser Verordnung, da der Antragstellerin zu 2) von der Familienkasse Kindergeld für die Antragsteller zu 3) und 4) bewilligt worden ist. So gilt nach Art. 2 die Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, mithin für die Antragsteller zu 2) – 4) als Staatsangehörige Polens, wenn für sie die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten. Nach der Legaldefinition des Art. 1 Buchstabe l) sind "Rechtsvorschriften" für jeden Mitgliedstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art. 3 Abs. 1 genannten Zweige der sozialen Sicherheit. Dazu gehören nach Buchstabe j) die Familienleistungen, die in Art. 1 Buchstabe z) dieser Verordnung definiert werden als "Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen nach Anhang I". Zu diesen Familienleistungen gehört auch das Kindergeld (EuGH zur Vorgängerverordnung Nr. 1408/71, Urteil vom 14. Oktober 2010, C – 16/09, Rn. 33, Juris). Einbezogen in die Gleichbehandlung sind nach Art 3 Abs. 3, Art. 70 i.V.m. der Anlage X auch die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.
Schließlich bleibt es einer eingehenden Rechtsprüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, ob die Regelung des §§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit dem Gemeinschaftsrecht unter Beachtung der Art. 12 und 39 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) vereinbar sind. Diese verbieten jede Art der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Art. 12 EGV) und gewährleisten die Freizügigkeit der Arbeitsnehmer innerhalb der Gemeinschaft (Art. 39 EGV), die auch die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedsstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen umfasst (Art. 39 Abs. 2 EGV). Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang, ob die Leistungen nach dem SGB II von der systematischen Einordnung der Grundsicherungsleistungen als "sozialen Hilfe" im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG (dann ist der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II europarechtskonform) oder aber als "finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen" unter Art. 39 Abs. 2 EGV fallen (dann wäre der Leistungsausschluss europarechtswidrig). Diese Rechtsfrage ist umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Auch in Anbetracht der bereits oben genannten grundsätzlich zu klärenden komplexen Rechtsfragen sieht sich der Senat außer Stande, in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine abschließende Entscheidung zu treffen. Der Antragsgegner war somit im Wege der Folgenabwägung zu verpflichten, vorläufig auch an die Antragsteller zu 2) – 4) Grundsicherungsleistungen zu zahlen. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Rn. 26, Juris).
Im vorliegenden Fall geht die Folgenabwägung zugunsten der Antragsteller aus. In Anbetracht ihrer wirtschaftlichen Situation muss das Risiko des Antragsgegners im Falle seines Obsiegens im Hauptsacheverfahren, die vorläufig zu gewährenden Leistungen nur unter Schwierigkeiten zurückerhalten zu können, hinter dem Begehren der Antragsteller auf Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zurücktreten.
Als Leistungszeitraum hat der Senat sich vorliegend am laufenden Bewilligungsabschnitt orientiert. Dieser umfasst die Monate Juni bis November 2011, mithin den hier streitgegenständlichen Leistungszeitraum ab 15. August 2011. Der Senat geht davon aus, dass der Antragsgegner bei unverändert bleibenden tatsächlichen Verhältnissen den Antragstellern zu 2) – 4) auch weiterhin vorläufig Leistungen auf Antrag gewähren wird. Es ergibt sich ein vorläufiger Gesamtleistungsanspruch für die Antragsteller i.H.v. 1.192,99 EUR/Monat. Es sind zunächst die monatlichen Regelbedarfe der Antragsteller zu berücksichtigen (für die Antragsteller zu 1) und 2) je 328 EUR, für den Antragsteller zu 3) 251 EUR und für den Antragsteller zu 4) 215 EUR). Hinzuzurechnen sind - wie dies auch der Antragsgegner getan hat - die KdU i.H.v. 594,27 EUR, sodass sich ein Gesamtbedarf i.H.v. 1.716,27 EUR ergibt. Von der Hinzurechnung eines etwaig bestehenden Anspruchs auf Mehrbedarf für die Bereitung des Warmwassers nach § 21 Abs. 7 SGB II hat der Senat vorliegend abgesehen. Der Antragsgegner hat in seiner vom Antragsteller zu 1) nur in der Regelsatzhöhe beanstandeten und im Übrigen bestandskräftigen Leistungsberechnung für diesen den Mehrbedarf nicht berücksichtigt. Auch hinsichtlich der Einkommensanrechnung legt der Senat die Leistungsberechnung des Antragsgegners zugrunde. Zusätzlich zum Einkommen aus der Steuerrückerstattung ist auf den Bedarf der Antragsteller zu 3) und 4) jeweils das Kindergeld i.H.v. 184 EUR/Monat anzurechnen. Unter Berücksichtigung der Regelung des §§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ergibt sich somit ein monatlicher Leistungsanspruch für die Antragsteller zu 1) und 2) i.H.v. je 421,68 EUR, für den Antragsteller zu 3) i.H.v. 190,74 EUR und für den Antragsteller zu 4) i.H.v. 158,89 EUR. Ebenfalls unberücksichtigt hat der Senat eine Zahlung nach § 28 Abs. 3 SGB II für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf für den Antragsteller zu 3) gelassen. Einen entsprechenden Antrag der Antragstellerin zu 2) hatte der Antragsgegner mit Bescheid vom 29. Juli 2011 zurückgewiesen. Die Antragsteller haben diesen einmaligen Bedarf ausdrücklich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr geltend gemacht. Es ist daher davon auszugehen, dass er bereits anderweitig aus Eigenmitteln gedeckt worden ist und somit in diesem Verfahren unberücksichtigt bleiben kann.
Unter Beachtung eines nur anteiligen vorläufigen Leistungsanspruchs für August 2011 ergeben sich mithin aufgrund der vorstehenden Berechnungen die austenorierten vorläufigen Leistungshöhen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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