L 9 U 4092/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 2069/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 4092/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Skiunfall im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer betrieblichen Fortbildungsveranstaltung ist kein versicherter Arbeitsunfall, da es sich insoweit um eine betriebsunabhängige, private Tätigkeit handelte.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Anerkennung eines Unfalles als Arbeitsunfall.

Die 1966 geborene Klägerin ist kaufmännische Angestellte im Betrieb des Ehemannes, einem Heizungs- und Lüftungsbau-Unternehmen mit 10 Angestellten. Mit Unfallanzeige vom 15.01.2009 hat das Unternehmen mitgeteilt, dass die Klägerin beim Skifahren in Ö. im Rahmen eines Betriebsausfluges letztlich ohne genauen Grund am 08.01.2009 gestürzt sei und sich dabei erhebliche Verletzungen am rechten Knie zugezogen habe. Aus den ebenfalls vorgelegten medizinischen Befundberichten ergibt sich eine Kniegelenksdistorsion mit einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes sowie einer Innen- und Außenmeniskusläsion rechts, welche in Innsbruck am 09.01.2009 operativ versorgt wurden. Arbeitsunfähigkeit bestand bis 22.03.2009.

Der Arbeitgeber gab unter 30.01.2009 an, die Veranstaltung habe in Z., Ö., in einem Gasthaus stattgefunden. Sie habe unter anderem dazu gedient, die Arbeitsabläufe zu verbessern. Die Kosten der Veranstaltung hätte die Firma Uwe D. bis 110 EUR pro Person übernommen. Mit Ausnahme einer Aushilfe, die den Störungsdienst gemacht habe, seien alle zehn im Betrieb Beschäftigten aufgefordert gewesen, daran teilzunehmen. Von den Eingeladenen hätten 6 Personen an der Veranstaltung teilgenommen. Der ebenfalls beigefügten Ausschreibung ergibt sich das folgende (geplante) Programm:

08.01.2009 bis 10.00 Uhr Anreise mit eigenem PKW bis 10.00 Uhr ab 10.00 Uhr Skifahren wer möchte Schneeschuhwandern für nicht Skifahrer 17.00 - 20.00 Uhr Schulung im Nebenzimmer Brückenwirt Thema: Rapportzettel 09.01.2009 8.00 - 12.00 Uhr Schulung Gefährdung und Maßnahmen bei der Montage von Sonnenkollektoren Tätigkeiten im Lager/Regale

ab 13.00 Uhr Skifahren und zur freien Verfügung

21.00 Uhr Rodeln in V.

10.01.2009 8.00 bis 12.00 Uhr Schulung Arbeitsabläufe verbessern, Aufnahme, Motivation ab 13.00 Uhr Skifahren; zur freien Verfügung ab 17.00 Uhr Heimreise Betrieblich werden 110 EUR pro Person übernommen Rest wird selber getragen

Mit Bescheid vom 18.03.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalles vom 08.01.2009 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen ab. Zur Begründung vertrat sie die Auffassung, dass das in der Ausschreibung aufgeführte Freizeitprogramm nicht als Aktivität zur Stärkung des Gemeinschaftssinnes gewertet werden könne. Das Skifahren spreche nur einen begrenzten Interessenkreis und nicht die gesamte Belegschaft an. Im Vordergrund des Freizeitprogrammes hätten somit die persönlichen Interessen der Beteiligten und nicht die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls gestanden. Das zum Unfall führende Skifahren sei danach dem privaten, unversicherten Freizeitbereich zuzuordnen.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, dass diejenigen Beschäftigten, die nicht Skifahren konnten, Schneeschuhwandern gewesen seien. Weil man gemeinsam Skifahren bzw. Schneeschuhwandern gewesen sei, sei es auch um die Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls gegangen. Sie sei nicht alleine unterwegs gewesen. Hauptsächlicher Gegenstand des Betriebsausfluges sei die Durchführung verschiedener Schulungsmaßnahmen gewesen, wie aus dem Programm ersichtlich sei. Diese Themen seien vorgesehen worden, weil es sich um praxisrelevante Fragen gehandelt habe, die im Alltag und im Kundenkontakt immer wieder zu Schwierigkeiten geführt hätten und die nun im Rahmen der Gemeinschaftsveranstaltung hätten bearbeitet werden sollen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sinn und Zweck einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sei die Förderung der Verbundenheit der Belegschaft des Betriebs untereinander mit dem Ziel, ein gutes Betriebsklima zu erreichen, was sich letztlich positiv auf die Leistungsmotivation der Beschäftigten auswirke und daher eine gleichwertige Bedeutung für das Unternehmensziel habe, wie die jeweilige echte betriebliche Tätigkeit aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses an sich. Bezüglich der Veranstaltung, in deren Rahmen die Klägerin tätig geworden sei und den Unfall erlitten habe, könne der beschriebene betriebsgemeinschaftsfördernde Zweck der Veranstaltung nicht festgestellt werden. Das Skifahren bei dem sich die Klägerin verletzt habe, sei nicht im Rahmen einer Geschäfts- und Dienstreise erfolgt, welche dazu bestimmt gewesen sei, den betrieblichen Interessen wesentlich zu dienen. Deshalb fehle es am inneren Zusammenhang dieser Tätigkeit mit der Arbeitstätigkeit als kaufmännische Angestellte im Betrieb des Ehemannes. Die in der Zeit von Donnerstag, dem 08.01.2009 bis Samstag, den 10.01.2009 auf Veranlassung des Arbeitgebers durchgeführte Reise sei daher in Abschnitte zu unterteilen, für die einerseits Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestanden habe und in solche, die andererseits vom Versicherungsschutz nicht abgedeckt gewesen seien. Schon die Kostenbegrenzung des Unternehmers auf 110 EUR pro Person an den Gesamtkosten für die Veranstaltung deute darauf hin, dass die Veranstaltung eine nicht zu vernachlässigende außerbetriebliche Prägung gehabt habe. Darüber hinaus ergebe sich aus dem vorgelegten Programm, dass der Freizeitanteil an der Veranstaltung gegenüber den betrieblichen Anteilen schon vom hierfür vorgesehenen zeitlichen Umfang her deutlich im Vordergrund gestanden habe. Von besonderer Bedeutung sei jedoch, dass gerade die Teilnahme an den Freizeitaktivitäten den teilnehmenden Beschäftigten ganz offensichtlich freigestellt gewesen sei ("wer möchte", "zur freien Verfügung"). Bei dem unabhängig von den Schulungsveranstaltungen durchgeführten Skifahren bzw. Schneeschuhwandern habe es sich nicht um einen Teil einer betrieblichen Veranstaltung gehandelt.

Die zunächst am 29.06.2009 noch vor Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Untätigkeitsklage hat die Klägerin unter dem 27.07.2009 "als Verpflichtungsklage unter Aufrechterhaltung der Anträge aus der Klagschrift vom 25.06.2009 weitergeführt". Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, das Angebot habe der gesamten Belegschaft gegolten und denjenigen, die am Skiprogramm nicht hätten teilnehmen wollen, sei eine gleichwertige andere Wintersportaktivität angeboten worden.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.06.2010 hat der als Zeuge gehörte Ehemann der Klägerin angegeben, dass es sich schon um eine besondere Veranstaltung gehandelt habe. Der Betrieb hätte so etwas nur etwa dreimal in 19 Jahren veranstaltet. Er habe sich wegen der Inhalte abgesprochen, wo es im Betrieb klemme, und dass die Zusammengehörigkeit wieder besser funktioniere. Bei einem kleinen Betrieb habe man sehr viel Stress, man komme weniger zum Reden miteinander. Einmal seien sie wandern, einmal beim Rafting gewesen. Die Leute sollten eingebunden werden, so z. B. beim Thema "die Rapportzettel stimmen nicht", man habe erreichen wollen, dass man darüber spricht. Beim Thema Sonnenkollektoren sei es um sicherheitsrelevante Themen gegangen. Man habe kaum einmal Zeit, gemeinsam eine Tasse Kaffee zu trinken oder nach den Kindern zu fragen. Das habe man wieder ändern wollen, das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken wollen. Dazu habe gerade diese Aktivität mit dem Skifahren gehört. Das Programm sei lose gedacht und keine feste Vorgabe gewesen. Von den 10 Beschäftigten hätten 6 teilgenommen, 2 Beschäftigte hätten krankheitsbedingt nicht mitfahren könne, bei einem Kollegen sei die Tochter am Vortag verunglückt gewesen und eine Aushilfe habe nicht mitkommen können. Die Kosten seien über die Firma abgerechnet (110 EUR) worden, im Übrigen aber auch übernommen worden, so dass für die Mitarbeiter keine Kosten angefallen seien. Man habe darüber hinaus für die Mittagspause einen Treffpunkt vereinbart gehabt, für alle, also auch für die Schneeschuhwanderer.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat ausgeführt, dass während des dreitägigen Aufenthaltes auch Fortbildungsveranstaltungen von insgesamt 11 Stunden geplant gewesen seien. Damit seien pro Tag lediglich ca. 4 Stunden für Schulungen verplant gewesen, während die restliche Zeit zur freien Verfügung gestanden habe. Die Fortbildungsveranstaltungen könnten schon rein rechnerisch nicht im Vordergrund gestanden haben. Ein betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung könne ausgeschlossen werden, weil diese nur dann vorliege, wenn diese mit einer versicherten Betriebstätigkeit gleichgesetzt werden könne und wenn die Veranstaltung geeignet sei, den Gemeinschaftsgedanken zwischen den Beschäftigten untereinander sowie zur Unternehmensführung und dem Beschäftigten zu fördern. Dies könne jedoch nicht gelingen, wenn von vornherein nur einem Teil der Beschäftigten die Teilnahme überhaupt möglich sei. Dass für Nicht-Skifahrer eine Alternative zur Verfügung gestanden habe, ändere nichts daran, dass mehrere Veranstaltungen nebeneinander dem Gemeinschaftsgedanken aufgrund der geringen Personenanzahl wiedersprächen.

Mit Urteil vom 24.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Voraussetzung für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sei es, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Betriebsleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander diene. Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen sei hingegen nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert würden. Stünden Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehle es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang. Nach Überzeugung des Gerichts hätten bei dem dreitägigen Ausflug Sport- und Freizeitinteressen im Vordergrund gestanden. Die Angebote an Schulungen seien dem gegenüber deutlich nachrangig gewesen. Hinsichtlich des Skifahrens fehle es damit an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang. Die Reise sei in Abschnitte zu unterteilen. Während die Schulungen vom Schutzbereich umfasst seien, gelte dies jedoch nicht für die Sportaktivitäten und damit auch nicht für das Skifahren, welches zum Unfall geführt habe.

Gegen das ihr am 17.07.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.08.2010 Berufung eingelegt.

Unter Wiederholung und Vertiefung des bisherigen Vortrages hält sie daran fest, der Unfall habe unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Allein der Umstand, dass der Inhaber der Firma alle Beschäftigten eingeladen und den Aufwand bis zu 110 EUR/Person übernommen habe, schließe eine private Veranlassung des Betriebsausfluges aus. Der Betriebsinhaber habe keine Veranlassung gehabt, eine Vielzahl von Personen, die für ihn arbeiteten, privat einzuladen. Die betriebliche Einladung sei als Veranstaltung für die Gesamtheit der Belegschaft und nicht für einen begrenzten Interessenkreis geplant gewesen oder so eingeladen worden. Ein tägliches Schulungsprogramm sei vorgesehen gewesen. Eine gemeinsame sportliche Freizeitgestaltung schließe den betrieblichen Zusammenhang und die betriebliche Veranlassung nicht aus. Die Klägerin habe sich als Mitarbeiterin im Betrieb dem Ausflug angeschlossen, obwohl auch sie sonst keine Veranlassung gehabt hätte, privaten Kontakt, auch noch über Tage hinweg, mit den Mitarbeitern des Betriebes zu pflegen. Sie habe für diese Zeit nämlich auch die Betreuung ihrer Kinder und ihres Haushaltes sowie der Haustiere anderweitig sicher stellen müssen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Juni 2010 und den Bescheid vom 18. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2009 aufzuheben und festzustellen, dass ihr Unfall vom 08. Januar 2009 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist weiterhin der Auffassung, dass das Skifahren der privaten Sphäre der Klägerin zuzurechnen und damit nicht versichert gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf beigezogenen Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig.

Die ursprünglich als Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG erhobene Klage ist nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2009 im Wege der Klageänderung als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig.

Mit dem Antrag erstrebt die Klägerin die gerichtliche Feststellung, dass sie bei dem Sturz am 08.01.2009 unter Versicherungsschutz gestanden hat und der erlittene Unfall demzufolge ein Arbeitsunfall war. Richtige Klageart zur Erreichung dieses Ziels ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil v. 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in Juris) die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Der zunächst neben der Anerkennung beantragten Entschädigung des erlittenen Unfalls kommt hingegen keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. hierzu ausführlich BSG a.a.O.). Nachdem die Beklagte jedwede Entschädigung schon deshalb abgelehnt hatte, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, ist die Klage der Klägerin zunächst nur auf die Anerkennung ihres Unfalls als Arbeitsunfall gerichtet, um dann - darauf aufbauend - später Leistungen beanspruchen zu können. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte in dieser Situation die Grundlagen der in Frage kommenden Leistungsansprüche vorab im Wege einer isolierten Feststellungsklage klären lassen. Das betrifft nicht nur die in § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG ausdrücklich vorgesehene Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit, sondern auch die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls in Fällen, in denen vom Versicherungsträger bereits das Vorliegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit bestritten wird (BSG a.a.O.).

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfalles vom 08.01.2009 als Arbeitsunfall hat.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sog. innerer oder sachlicher Zusammenhang), ist wertend zu entscheiden, indem untersucht wird, ob sie innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach dem Gesetz der Unfallversicherungsschutz reicht (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. SozR 2200 § 548 Nr. 70 S 197; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32 S 113; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 14, jeweils RdNr. 6 m.w.N.).

Der innere (sachliche) Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit ist in erster Linie immer dann gegeben, wenn die Tätigkeit dem Unternehmen objektiv wesentlich zu dienen bestimmt ist (objektive Handlungstendenz). Dies ist immer dann zu bejahen, wenn der Beschäftigte zur Erfüllung einer sich aus seinem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung handelt. Dies gilt grundsätzlich auch außerhalb des Betriebsortes im Rahmen von Geschäfts- und Dienstreisen. Ein sachlicher Zusammenhang mit der Beschäftigung liegt grundsätzlich auch dann vor, wenn der Versicherte an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung (BSG Urteile v. 22.09.2009, B 2 U 27/08 R; 07.12.2004, B 2 U 47/03 R; 09.12.2003, B 2 U 52/02 R) oder an Betriebssport (BSG Urt. v. 13.12.2005, B 2 U 29/04 R, alle in Juris) teilnimmt.

Die wertende Betrachtung erfolgt nach einem objektiven Maßstab, nach dem die hier zu beurteilende Reise vorwiegend von der Verfolgung betriebsbezogener Zwecke geprägt sein muss, um ihre Bestimmung, betrieblichen Interessen wesentlich zu dienen, bejahen zu können. Denn nicht alle Aktivitäten, die dem Unternehmen nützlich sind oder sein können, stehen unter Versicherungsschutz (BSG, Urt. v. 25.08.1994, 2 RU 23/93, in Juris).

Danach stellt der Senat zunächst fest, dass die Klägerin nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung am 08.01.2009 Ski gefahren ist. Entsprechendes gehört nicht zu den Aufgaben einer kaufmännischen Angestellten, auch wenn diese im Betrieb des Ehemannes beschäftigt ist. Vielmehr richtete sich - wie sich den Einlassungen des vom SG als Zeugen gehörten Arbeitgebers und den Einlassungen der Klägerin selbst entnehmen lässt -, die Aufforderung zur Teilnahme zwar an alle Mitarbeiter, eine Verpflichtung zur Teilnahme bestand jedoch weder an den Schulungs-/Fortbildungsveranstaltungen noch an den anderen geplanten Aktivitäten. Von insgesamt 10 Mitarbeitern haben dann auch nur 6 tatsächlich teilgenommen. Eine arbeitsvertragliche Verpflichtung, und damit eine Geschäfts- oder Dienstreise, wird von der Klägerin auch nicht behauptet oder geltend gemacht. Im Übrigen gibt es auch bei Geschäfts- und Dienstreisen keinen Versicherungsschutz "rund um die Uhr" (BSG, Urt. v. 27.05.1997, 2 RU 29/96, in Juris). Es ist vielmehr wie bei Tätigkeiten am Arbeitsplatz zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen, ihm zu dienen bestimmt sind und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre des Reisenden zuzurechnen sind. Selbst wenn man von einer im Vordergrund stehenden betrieblichen Schulungsmaßnahme, die auch wesentlicher Anlass für die Reise gewesen ist, ausgehen wollte, sind bei dieser Ausgangslage betriebsbezogene Tätigkeiten von reinen betriebsunabhängigen, privaten Tätigkeiten während der Reise abzugrenzen. Da die Klägerin beim Skifahren verunglückt war, ist dies eine unversicherte Verrichtung. Denn das Skifahren wäre dann allenfalls als Begleitprogramm einer Fortbildungsveranstaltung zu werten, welches keinerlei Bezug zu den betrieblichen Angelegenheiten aufweist. Es diente dann allein der Unterhaltung und der Geselligkeit, wobei letzteres auch unter dem Aspekt des kollegialen Erfahrungsaustauschs den notwendigen betrieblichen Zusammenhang nicht zu begründen vermag.

Der innere Zusammenhang lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung begründen. Das BSG hat in seiner ständigen Rechtsprechung die Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt, sofern bestimmte Voraussetzungen vorliegen: Die Zusammenkunft muss der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und dem Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dienen. Die Veranstaltung muss deshalb möglichst allen Beschäftigten des Unternehmens – bei Großbetrieben mindestens allen Beschäftigten einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten – offen stehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden (BSG in ständiger Rechtsprechung, vgl. u.a. Urt. v. 22.09.2009, B 2 U 27/08 R; 07.12.2004, B 2 U 47/03 R und 09.12.2003, B 2 U 52/02 R, alle in Juris). Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen ist auch nicht schon deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden (BSG Urt. v. 17.12.2004, B 2 U 47/03 R, in Juris). Zwar machen sowohl der als Zeuge gehörte Ehemann der Klägerin wie auch diese selbst geltend, die Reise habe neben der Schulung die Förderung der Verbundenheit und die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Kollegen bezweckt. Die zum Unfall führende Veranstaltung, das am Anreisetag ab 10:00 Uhr geplante und durchgeführte Skifahren, stand aber nicht allen an der Reise teilnehmenden Beschäftigten offen, weil das Skifahren Kenntnisse und Fertigkeiten verlangte, über die nicht alle Teilnehmer verfügten. Klassischer Abfahrtski wird darüber hinaus auch in weiten Teilen allein ausgeübt und bietet im Gegensatz zu anderen möglichen Freizeitveranstaltungen (wie etwa Bowling, gemeinsamen Wanderungen etc.) nur begrenzt die Möglichkeit des Austausches unter den Beschäftigten sowie zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten. Ein Gemeinschaftserlebnis, die Möglichkeit des gegenseitigen Austausches und die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls waren damit auch unter den teilnehmenden Personen nur bedingt zu erreichen. Angesichts der vergleichsweise kleinen Belegschaft ist das Skifahren und damit die Teilung der teilnehmenden Personen in Skifahrer und Nicht-Skifahrer nicht nur am Tag der Anreise sondern auch für die meisten weiteren geplanten Aktivitäten an den Folgetagen unter dem Gesichtspunkt der Gemeinschaftsveranstaltung wenig nachvollziehbar und schlüssig, weil damit ein nicht unerheblicher Teil der Teilnehmenden währenddessen zwangsläufig immer anderen Aktivitäten nachzugehen hatte. Die Zurechnung der Teilnahme eines Beschäftigten an einer geselligen Veranstaltung des Arbeitgebers zu einer versicherten Beschäftigung ist aber nur zulässig, wenn dem Arbeitgeber erklärtermaßen an einer auch objektiv möglichen Teilnahme der gesamten Belegschaft gelegen ist (BSG Urt. v. 22.09.2009, B 2 U 4/08 R, in Juris, m.w.N.). Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Veranstaltung mit Gefahren verbunden ist, die erwarten lassen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Belegschaft von einer Teilnahme Abstand nehmen wird. Gleiches gilt nach Überzeugung des Senats auch dann, wenn ein Teil der Belegschaft aus anderen Gründen an der angebotenen Teilnahme rein faktisch gehindert ist. Ein Alternativprogramm für Nicht-Skifahrer reicht insoweit nicht aus, den inneren Zusammenhang mit einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung wieder herzustellen, weil im Vordergrund ganz offensichtlich private Freizeitinteressen eines Teils der Belegschaft, nämlich des Teiles, der Skifahren konnte und wollte, gestanden haben. Dabei darf nicht unberücksichtigt gelassen werden, dass nach der Anreise am 08.01.2009 "bis 10 Uhr" ein offizielles gemeinsames Programm erst für 17:00 Uhr geplant war und auch an den folgenden beiden Tagen die beiden Nachmittage ab 13:00 Uhr für das Skifahren eingeplant worden waren, obwohl bekanntermaßen ein Teil der Belegschaft daran nicht teilnehmen konnte. Für diesen Teil der Belegschaft gab es an diesen Tagen auch kein Alternativprogramm mehr, vielmehr stand dieser Gruppe diese Zeit "zur freien Verfügung". Auch dies belegt den Freizeitcharakter dieser Teile der Reise. Daran ändert auch nichts, dass für den 08.01.2009 ein gemeinsames Mittagessen geplant gewesen sein soll. Unabhängig von der Frage, ob zu diesem Zeitpunkt dann von dem erforderlichen inneren Zusammenhang gesprochen werden könnte, ist der Unfall nicht währenddessen eingetreten.

Unter Versicherungsschutz stand der Unfall letztlich auch deshalb nicht, weil er dem Betriebssport zugeordnet werden müsste. Die Annahme von Betriebssport setzt u.a. voraus, dass sich Angehörige eines Unternehmens zu einer Betriebssportgemeinschaft zusammengeschlossen haben, der Ausgleichssport regelmäßig stattfindet und in einem dem Ausgleichszweck entsprechendem Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen muss (vgl. BSG v. 13.12.2005, B 2 U 29/04 R in Juris). Diese Voraussetzungen sind für die einmalig veranstaltete Fahrt nach Österreich ebenfalls nicht erfüllt.

Damit haben die Beklagte und das SG die Anerkennung als Arbeitsunfall zu Recht abgelehnt. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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