L 11 R 5864/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 3877/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5864/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09.12.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger auf Grundlage seines Rentenantrags vom 13.02.2009 gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, über den 31.05.2009 hinaus zusteht.

Der am 07.05.1956 in Saran/Karaganda/Kasachstan geborene Kläger siedelte 1991 in die Bundesrepublik Deutschland über; er ist deutscher Staatsangehöriger. In Kasachstan war der Kläger bis zur Ausreise vollschichtig als Arbeiter, Traktorist, Baggerführer und Viehpfleger tätig; ihm war jedoch wegen eines schweren Polytraumas in Folge eines Autounfall im Jahr 1988 eine Rente gewährt worden. In Deutschland besuchte er vom 02.09.1991 bis zum 30.04.1992 einen Sprachkurs und wurde anschließend zum Installateursgehilfe angelernt. In diesem Beruf arbeitete der Kläger vom 22.06.1992 bis zum 01.09.1996; das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung. Vom 02.09.1996 bis zum 25.08.1997 wurde der Kläger durch die Bundesagentur für Arbeit zum Hausmeister umgeschult und war anschließend bis 31.12.2003 in diesem Beruf beschäftigt. Auch dieses Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung. Seit dem 01.01.2004 ist der Kläger arbeitsunfähig geschrieben bzw arbeitslos. Dem Kläger ist ein GdB von 60 sowie das Merkzeichen G zuerkannt. Der Kläger bezieht derzeit Leistungen nach dem SGB II, seine Ehefrau ist halbtags beschäftigt.

Am 27.10.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, sich wegen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Spinalkanalstenose, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, linkes Kniegelenk und Herzkrankheit seit dem 01.12.1988 für erwerbsgemindert zu halten. In dem gegen die Ablehnung der begehrten Rente (Bescheid vom 30.11.2004, Widerspruchsbescheid vom 14.02.2005) geführten Klageverfahren (Sozialgericht Freiburg (SG) S 2 R 665/05) hat das SG den Kläger nervenärztlich begutachten lassen (Gutachten Dr F. vom 21.11.2005, ergänzende Stellungnahme Dr F. vom 09.01.2006, weiteres Gutachten Dr F. vom 20.10.2006, Gutachten Dr D. vom 01.04.2008). Die Gutachter stellten eine Neurasthenie mit abnormen Anflügen von Müdigkeit (Dr F.) bzw ein Schmerzsyndrom/anhaltende somatoforme Schmerzstörung (Dr D.) fest. Im Vergleichswege wurde dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalles im November 2005 eine zeitlich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 31.05.2009 zuerkannt.

Am 13.02.2009 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente über den 31.05.2009 hinaus. Die Beklagte holte Gutachten auf internistischem Fachgebiet beim Internisten und Sozialmediziner Dr C. und auf nervenärztlichem Fachgebiet bei der Ärztin für Nervenheilkunde, Sozialmedizin, Rehabilitatonsmedizin, Diplom-Psychologin B. ein. Dr C. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 09.04.2009 eine koronare Zwei-Gefäß-Erkrankung, einen sehr gut eingestellten Diabetes mellitus Typ 2b ohne Folgeschäden und degenerative Wirbelsäulenveränderungen. Er hielt den Kläger für leichte Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, Gehen und überwiegend im Sitzen, in Tagesschicht bzw Früh-/Spätschicht sowie unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungsapparates für sechs Stunden und mehr leistungsfähig. Frau Bechert diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 31.03.2009 eine Migräne und Verdacht auf Dysthymia. Sie hielt den Kläger im Beruf als Hausmeister sowie für mittelschwere Tätigkeiten ohne qualitative Einschränkungen für sechs Stunden und mehr leistungsfähig.

Mit Bescheid vom 27.04.2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Rente über den 31.05.2009 hinaus ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. In seinem Widerspruch vom 11.05.2009 machte der Kläger geltend, sein Gesundheitszustand habe sich seit dem Vergleich nicht verbessert, sondern eher verschlimmert. Nach Einholung einer erneuten Stellungnahme von Dr C. wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2009 zurück.

Mit seiner am 03.08.2009 beim SG Klage erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte Dr S., Prof Dr Z., Dr M., Dr L., Dr B. und Dr T. als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 18 bis 77 der SG-Akte Bezug genommen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr S. hat in seiner Auskunft vom 17.11.2009 mitgeteilt, den Kläger zuletzt am 20.09.2007 untersucht zu haben. Der Internist und Kardiologe Prof Dr Z. hat in seiner schriftlichen Aussage vom 20.11.2009 angegeben, eine am 13.05.09 durchgeführte Coronarangiographie habe eine Ein-Gefäß-KHK mit Stent RCA medial, Stent RCX medial, Taxusstent RIVP Ostium, Taxusstent RPLD Ostium sowie verbliebener mittelgradiger Stenose RD Ostium, wobei alle beschriebenen Stents (RCA medial, RCX medial, RIVP Ostium, RPLD Ostium) offen gut durchgängig und ohne Lumenreduktion seien, gezeigt. Die in der Praxis Dr T. durchgeführte Ergometrie habe eine Belastbarkeit von 150 Watt mit normalem Puls und Blutdruckverhalten, ohne Rhythmusstörungen und ohne Ischämiezeichen gezeigt. Auf der letzten Belastungsstufe habe Angina pectoris, allerdings ohne Hinweise auf Belastungscoronarinsuffizienz bestanden. Der Abbruch der Belastung sei wegen körperlicher Erschöpfung erfolgt. Außerdem bestehe ein Diabetes mellitus Typ II, vorbeschrieben eine Hypercholesterinämie sowie ein Ex-Nikotinkonsum sowie eine Unterschenkelvarikosis. Das maßgebliche Leiden liege auf kardiologischem Fachgebiet. Prof Dr Z. hat die Frage, ob der Kläger eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis zu sechs Stunden ohne Gesundheitsgefährdung ausüben könne, bejaht. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr M. hat unter dem Datum des 03.12.2009 mitgeteilt, dass beim Kläger seit 3/2009 rezidivierende Angstgefühle vom Herz ausgehend bestünden. 2008 sei eine Verschlechterung der KHK eingetreten, der Kläger sei mit einem zweiten Stent versorgt worden, die Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule hätten sich verstärkt. 2009 hätten sich psychosomatische Störungen und Angstgefühle entwickelt. Das maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem und kardialem Fachgebiet. Der Kläger sei stark durch die anhaltenden orthopädischen Beschwerden, Dauerschmerzen und Angstgefühle durch seine rezidivierenden kardialen Beschwerden eingeschränkt. Der Orthopäde Dr L. hat dem SG mit Schreiben vom 09.12.2009 mitgeteilt, beim Kläger bestehe ein chronischer Rückenschmerz mit wechselweiser Verschlechterung entweder lumbal (bei Zustand nach Wirbelkörperfraktur) oder thorakal ( bei Skoliose der Brustwirbelsäule). Aus ärztlicher Sicht sei diesbezüglich selbst eine leichte Tätigkeit ohne schweres Heben oder Arbeiten in Zwangshaltungen nicht für mehr als vier Stunden arbeitstäglich empfehlenswert. Der Internist Dr B. hat in seiner Stellungnahme vom 01.02.2010 gegenüber dem SG ausgeführt, ihm seien aufgrund der ihm vorliegenden Informationen keine Gründe bekannt, warum eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von bis zu sechs Stunden nicht ohne Gesundheitsgefährdung hätte ausgeübt werden könne. Der Kardiologe Dr T. hat mit Schreiben vom 08.03.2010 mitgeteilt, beim Kläger bestehe ein Metabolisches Syndrom, eine Ein-Gefäßerkrankung mit Indikation zur PTCA der RCA, ein RCA-PTCA mit Stent Implantation 12/05, eine Belastungsangina mit Indikation zur invasiven Klärung, eine RCX-PTCA mit BM Stent Implantation medial 05/08 sowie ein RIVP-Ostium-PTCA mit TAXUS-Stent Implantation und RPLD-Ostium-PTCA mit TAXUS-Stent Implantation 11/08. Da der Kläger seit 04/09 und der letzten Koronarangiographie 05/09 nicht mehr zu einer Untersuchung gekommen sei, könne vermutet werden, dass zZt weniger oder keine kardialen Beschwerden bestünden. Sollte zZt keine kardiale Limitierung bestehen, könne der Kläger von Seiten seines Herzens über sechs Stunden arbeiten.

Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens auf orthopädischem Fachgebiet bei Prof Dr B ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf Blatt 89 bis 101 der SG-Akte Bezug genommen. Prof Dr B. hat in seinem Gutachten vom 26.05.2010 ausgeführt, bei seiner Untersuchung hätten sich eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenkes bei deutlicher Gonarthrose, eine leichte Bewegungseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenkes links nach in Varusfehlstellung verheilter distaler Unterschenkelfraktur mit verwachsener Operationsnarbe, eine endgradige Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes sowie eine leichte Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule nach Kompressionsbruch des vierten Lendenwirbels gezeigt. Im Vordergrund stehe das linke Kniegelenk, wo 1992 der Innenmeniskus arthroskopisch saniert worden sei. Es habe sich eine jetzt deutliche mediale und femoropatellare Arthrose entwickelt, die zu einem glaubhaften Belastungsschmerz geführt habe. Dabei sei das Gelenk derzeit vollkommen reizlos ohne Erguss oder Kapselschwellung. Auch der Bewegungsausfall liege mit der aufgehobenen Überstreckbarkeit und dem mäßigen Beugedefizit in einem funktionell unwesentlichen Bereich, der lediglich die tiefe Kniebeuge und die Hockstellung nicht mehr zulasse. Obwohl eine distale Unterschenkelfraktur nicht ganz achsengerecht verheilt sei, habe sich eine nur leichte Bewegungseinschränkung der Sprunggelenke gezeigt. Die gelegentlich auftretende Instabilität sei nachvollziehbar, sie werde vorwiegend auf unebenem Gelände auftreten. An der Wirbelsäule sei funktionell und röntgenologisch nur der Lendenabschnitt betroffen. Die Beschwerden gingen eindeutig auf die Folgen der 1988 erlittenen Kompressionsfraktur des vierten Lendenwirbels zurück. Der Wirbel sei deutlich kahnartig deformiert und abgeflacht und mit dem darüber liegenden Nachbarwirbel durch eine reparatorische Spondylose verbunden mit einem entsprechenden umschriebenen Funktionsausfall und Elastizitätsverlust mit eingeschränkter Belastbarkeit. Insgesamt sei die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule aber noch ordentlich, die Rumpfbeuge gut erhalten bei ebenfalls nur leicht eingeschränkten Dreh- und Neigebewegungen. Offensichtlich werde der posttraumatische Befund durch die kräftig entwickelte Rückenmuskulatur gut kompensiert, so dass sich im Rahmen der derzeitigen reduzierten Beanspruchung auch kein Hartspann entwickelt habe. Auch radikuläre Ausfälle oder Irritationen bestünden nicht. Möglich seien dem Kläger leichte körperliche Arbeiten mit dem nur gelegentlichen Heben und Tragen von Lasten bis acht kg. Die Arbeiten sollten überwiegend im Sitzen verrichtet werden mit der Möglichkeit auch gelegentlich aufstehen und umhergehen zu können. Zwangshaltungen, häufiges Bücken sowie Hockstellungen müssten vermieden werden. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht möglich. Akkord- und Fließbandarbeiten seien nicht zumutbar. Schicht- und Nachtarbeit sei möglich. Wegen der bei Arthrose ungünstigen Einwirkungen von Kälte und Nässe sollten die Arbeiten in geschlossenen erwärmten Räumen ausgeführt werden. Unter Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich ohne Gefährdung seiner Gesundheit arbeiten.

Mit Gerichtsbescheid vom 09.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter den im Sachverständigengutachten genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Sämtliche behandelnden Ärzte seien mit Ausnahme des behandelnden Orthopäden Dr. L. und soweit sie Angaben zur quantitativen Leistungsfähigkeit gemachten hätten, von einer Leistungsfähigkeit des Klägers von sechs Stunden täglich ausgegangen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit; er sei nicht berufsunfähig. Zu Recht habe die Beklagte den Kläger der Gruppe der ungelernten Arbeiter zugeordnet.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 14.12.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15.12.2010 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Er sei nicht zutreffend, dass er in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, zwar mit Einschränkung, vollschichtig zu verrichten. Er leide an einer koronaren Zwei-Gefäss-Erkrankung mit mehrfacher perkutaner Koronarintervention 2005 und 2008, an Diabetes Mellitus Typ 2b ohne Folgeschäden, an degenerativen Wirbelsäulenveränderungen und alten Kompressionsfrakturen von Brustwirbelkörper 7 und Lendenwirbelkörper 2, einer beginnenden Hüftgelenksarthrose beidseits, einer posttraumatischen oberen Sprunggelenksarthrose links, an Migräne, einem chronischen Schmerzsyndrom links bei Zustand nach mehreren Frakturen und degenerativen Veränderungen des linken Knies, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leichten bis mittleren Grades sowie einem neurasthenischen Symptomkomplex. Die vom Gericht eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte bestätigten diesen Vortrag. Er leide demzufolge unter belastungsunabhängigen Schmerzen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates sowie auch in beiden Sprunggelenken. Diese Schmerzen verursachen bei ihm Schwindelanfälle und Übelkeit. Zwar würden von Prof Dr B. zutreffende Diagnosen gestellt, gleichwohl komme dieser aus nicht nachvollziehbaren Gründen zu einem von den behandelnden Ärzten abweichenden Ergebnis. Aufgrund der bestehenden Beschwerden sei es ihm jedenfalls nicht möglich einer Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Er sei auf die ständige Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen. Auch dies sei mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen verbunden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09.12.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, über den 31.05.2009 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gem § 109 SGG beim Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Rehabilitationswesen Dr G. ein Gutachten eingeholt. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 26 bis 63 der Senatsakte Bezug genommen. Dr G. hat in seinem Gutachten vom 03.08.2011 ausgeführt, beim Kläger liege eine komplexe Störung mit einerseits nachgewiesenen und objektivierbaren organischen Erkrankungen und gleichzeitig einer funktionell hoch relevanten psychischen Symptomatik vor. Klinisch bestehe aus neurologischer Sicht eine Spannungskopfschmerzsymptomatik, vermischt mit einer Migräne. Ggf bestehe zusätzlich noch eine arzneimittelinduzierte Kopfschmerzkomponente bei hohem Gebrauch von nicht steroidalen Antiphlogistika. Auf psychosomatisch-psychiatrischen Fachgebiet bestehe eine schwer chronifizierte Schmerzsymptomatik im Rahmen einer chronischen Schmerzstörung, die deutliche Aspekte einer somatoformen Schmerzstörung trage. Weiterhin bestehe eine zusätzliche affektive Störung, wobei sich einerseits Aspekte einer Dysthymia, einer lang anhaltenden depressiven Störung in leichter Form fänden, die dann phasenweise zusätzlich akzentuiert würden durch eine dem Kläger nicht bewusste und von ihm abgewehrte Depression in larvierter Form, die insbesondere in sozialen Kontakten durch die Reizbarkeit zu Komplikationen führe. Diese depressive Störung sei wenig moduliert, liege seit langer Zeit vor und sei am ehesten im Rahmen einer mittelgradigen depressiven langanhaltenden Störung unter dem dann gegebenen Bild einer Double depression aus Dysthymia und Depression einzuordnen. Letztlich zeige sich anhand der gesamten Entwicklung, dass sich insbesondere hinsichtlich der sich daraus ergebenden Funktionseinschränkungen sowohl die sogenannte körperliche wie auch die sogenannte psychiatrisch-psychosomatisch-psychologische Symptomatik in erheblicher Weise gegenseitig bedingten, sodass sie letztlich nicht mehr auftrennbar erschienen. Aufgrund der komplexen gemischten Symptomatik sei die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers in erheblicher Weise eingeschränkt. Grundsätzlich seien leichte Tätigkeiten noch möglich; dabei seien Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck, Nachtschichttätigkeiten in einem Wechsel aus Stehen, Sitzen und gelegentlichem Gehen im Tagschichtbetrieb möglich. Zu vermeiden sei die Steuerung von komplexen Arbeitsvorgängen sowie die Überwachung und hohe Verantwortung für Personen und Maschinen. Ebenso seien Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Ersteigen von Leiten und Gerüsten, Heben und Tragen auch mittelschwerer Lasten, Tätigkeiten mit langem Gehen, Lärmexposition, Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, häufig wechselnde Arbeitszeiten, extreme Temperaturexposition, Nässe und Zugluft zu vermeiden. Es sei davon auszugehen, dass es bereits bei geringen Belastungen zu erheblichen Schmerzsensationen komme, die einerseits die linke untere Extremität wie auch den LWS-Bereich, insbesondere aber auch den Kopfbereich in Form einer bimodalen Kopfschmerzsymptomatik beträfen. Bereits bei erwarteter Belastung komme es aufgrund jahrelanger und jetzt fixiert erscheinender Konditionierung zu Schmerzvorgängen, die psycho-physiologisch im Rahmen eines erhöhten Muskeltonus mit dann Akzentuierung primär organbedingter degenerativer Schmerzen einerseits, andererseits durch die muskuläre Dysbalance, zB im Bereich des Kopfes, zu Spannungskopfschmerzen führten. Darüber hinaus komme es über die Schmerzwahrnehmung zu einer vegetativen Dysregulation in vielerlei Hinsicht, diese zeige sich in Form von Palpitationen, erhöhten stressbedingten Reaktionen im gastro-intestinalen Bereich mit entsprechenden Ulcera, sowie letztlich auch ungünstigen Stoffwechselparametern wie Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörung. Bezüglich der psycho-physiologischen Abläufe komme es entsprechend über die Schmerzsymptomatik mit den Kläger dann beängstigenden körperlichen Symptome zu Rückzügigkeit. Denken und generelle Wahrnehmungen seien fokussiert auf die Erfassung von Schmerzen, die gleichsam vom Organismus als Warnzeichen für drohende Gefahr verarbeitet würden. Bereits in der Sowjetunion sei der Kläger anlässlich eines schweren Polytraumas bei einem Autounfall berentet worden und habe ein Nischendasein führen können. Er habe sich darauf eingestellt, letztlich recht bedürfnislos mit dem zur Verfügung stehenden zurechtzukommen, es habe für ihn wenig Motivation gegeben, darüber hinaus sich in seinem Leistungsvermögen zu schulen und zu fordern, eher hätten sich damals ein bereits duldsame, bedürfnislose, karge Wesenszüge und Lebensart abgebildet. So habe auch bei letztlich in der biographischen Entwicklung nicht festzumachenden spezifischen Traumatisierungen doch kaum eine Ressourcenentwicklung stattfinden können, die Durchhaltevermögen, Leistungserbringung und Willensstärke in größerem Umfang ermöglichen könnten. Unter Aufbringung seiner Reserven und der hohen Motivation, seiner Familie im Westen eine neue Existenz zu schaffen, sei diese Entwicklung letztlich Anfang der 90er Jahre kurzzeitig durchbrochen wurden, wo es dem Kläger gelungen sei, auch über einige Jahre berufliche Stabilität zu finden. Grundsätzlich bestehe die Hauptproblematik darin, dass sich beim Kläger kaum eine Ressourcenlage hinsichtlich der Wahrnehmung und des Aushaltenkönnens belastender Emotionen wie Wut, Ärger, Trauer etc habe ausbilden können. Die häufig von gereizten Depressionen Betroffenen empfundene Schuld sei beim Kläger abgewehrt und finde sich vermutlich in den multiplen körperlichen Symptomen als Selbstbestrafungsaspekte wieder. Der Kläger sei aufgrund der psycho-physiologischen Abläufe als Folge der kombinierten psychosomatischen Erkrankung im allgemeinen Sinn nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche zu arbeiten. Neben den qualitativen Leistungseinschränkungen finde sich eine quantitative Leistungseinschränkung, die allenfalls eine tägliche Belastbarkeit an fünf Tagen in der Woche für drei bis weniger als sechs Stunden.

Die Beklagte hat durch ihren ärztlichen Dienst ausführen lassen, dass Dr G. ein internistisch-psychosomatisches Gutachten, kein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstellt habe. Seine gegenüber den Vorgutachtern abweichende Leistungseinschätzung begründe Dr G. nicht etwa mit einer Verschlechterung der gesundheitlichen Situation sondern damit, dass Prof Dr B. aufgrund derselben Befundlage zu einem vollkommen anderen Leistungsprofil gekommen sei. Lege man den von Dr G. erhobenen psychopathologischen Befund zugrunde, so lasse sich hieraus keine mittelschwere depressive Erkrankung ableiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten - insbesondere der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen - wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Rente wegen voller und wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, über den 31.05.2009 hinaus ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.07.2009. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.05.2009 hinaus.

Die dem Kläger gewährte Rente war bis zum 31.05.2009 befristet. Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist (§ 102 Abs 1 Satz 1 SGB VI in der seit 01.05.2007 geltenden Fassung). Damit richtet sich der geltend gemachte Anspruch für die Zeit nach dem 31.05.2009 nach § 43 SGB VI. Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach Durchführung der Beweisaufnahme und unter Auswertung aller vorliegender medizinischer Unterlagen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger noch in der Lage ist, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen (dazu siehe unten), leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten; der Kläger ist damit nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Die Überzeugung des Senats stützt sich auf die Gutachten von Dr C., Frau B. und Prof Dr B. sowie die Auskünfte der sachverständigen Zeugen Prof Dr Z., Dr B. und Dr T ... Dagegen konnte sich der Senat der Auffassung des Gutachters Dr G. sowie den behandelnden Ärzte Dr M. und Dr L. nicht anschließen, denn aus deren Ausführungen konnte ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen nicht schlüssig abgeleitet werden.

Der Kläger leidet auf internistischem Fachgebiet an einer koronaren Zwei-Gefäß-Erkrankung, einen sehr gut eingestellten Diabetes mellitus Typ 2b ohne Folgeschäden (vgl Gutachten Dr C.). Dies wird im Ergebnis auch von Prof Dr Z. bestätigt. Hinzu kommt ein Metabolisches Syndrom sowie eine Belastungsangina mit Indikation zur invasiven Klärung (vgl Auskunft Dr T.). Auf orthopädischem Fachgebiet liegt beim Kläger eine Schädigung des linken Kniegelenks mit Bewegungseinschränkung bei deutlicher Gonarthrose, eine Schädigung des oberen und unteren Sprunggelenks links nach in Varusfehlstellung verheilter distaler Unterschenkelfraktur mit verwachsener Operationsnarbe mit leichter Bewegungseinschränkung, eine Schädigung des linken Hüftgelenks mit endgradiger Bewegungseinschränkung sowie eine Schädigung der Lendenwirbelsäule nach Kompressionsbruch des vierten Lendenwirbels mit leichter Bewegungseinschränkung vor (vgl Gutachten Prof Dr B.). Dr L. beschreibt dieselbe Erkrankungssituation als chronischer Rückenschmerz mit wechselweiser Verschlechterung entweder lumbal (bei Zustand nach Wirbelkörperfraktur) oder thorakal (bei Skoliose der Brustwirbelsäule). Dr L. konnte noch einen Fersensporn diagnostizieren. Auf nervenärztlichem Fachgebiet besteht eine Migräne und sowie der Verdacht auf Dysthymia (vgl Gutachten Frau B.). Eine Schmerzerkrankung konnte - entgegen den Behauptungen des Klägers - der behandelnde Orthopäde Dr L. nicht feststellen. Soweit dieser Druck- bzw Tiefenschmerzen angibt, bezieht er sich auf das Vorliegen einzelner Erkrankungen, zB an Wirbelsäule, Hüfte, Knie, Fersensporn. Er kann gerade keinen generalisierten Schmerz oder ein sonstiges Schmerzsyndrom darstellen. Dies konnte auch Prof Dr B. nicht feststellen. Insoweit konnte sich der Senat den anderslautenden Einschätzungen von Dr G. nicht anschließen. Gegen das Vorliegen der von Dr G. angenommenen schweren chronifizierten Schmerzsymptomatik mit deutlichen Aspekten einer somatoformen Schmerzstörung spricht auch, dass der Kläger bei Dr T. noch in der Lage war (vgl Auskunft Prof Dr Z.), eine Ergometrie bis zur Belastbarkeit von 150 Watt mit normalem Puls und Blutdruckverhalten, ohne Rhythmusstörungen und ohne Ischämiezeichen, durchzuführen; der Abbruch erfolgte nicht wegen Schmerzen sondern wegen Erschöpfung. Auch dass der Kläger bei der Begutachtung durch Prof Dr B. an Daumen und Zeigefingerkuppe rechts Arbeitsspuren aufwies und dies damit begründete, alle anfallenden kleineren Reparaturen im Haushalt selbst vorzunehmen, spricht gegen das Vorliegen einer Schmerzerkrankung. Ebenso lässt sich aus dem von Prof Dr B. erhobenen Tagesablauf eine eigenständige Schmerzerkrankung oder soziale Rückzugstendenzen nicht ableiten. Denn dort hatte der Kläger angegeben, er stehe zusammen mit seiner Frau, die als Putzhilfe teilzeitbeschäftigt sei, morgens um 6.00 Uhr auf, frühstücke, gehe etwa eine Stunde spazieren, bei gutem Wetter auch einmal länger, wenn er unterwegs Pausen einschalten könne. Zu Hause lese er Zeitung und schaue sehr viel fern. Seine Frau erledige die Einkäufe und die Hausarbeit. Da ihm der Internist wegen seiner Herzprobleme empfohlen habe, sich auch mehr zu bewegen, gehe er dann nachmittags noch einmal ungefähr eine Stunde spazieren. Zwar hat der Kläger bei der Schilderung des Tagesablaufs ausgeführt, irgendwelche Arbeiten nicht mehr zu verrichten, doch hat er auch selbst - was durch die Arbeitsspuren an seinen Händen bestätigt wird - dem Gutachter Prof Dr B. angegeben, "irgendetwas müsse man ja machen, um den Tag herumzubringen. Er verrichte alle anfallenden kleineren Reparaturen im Haushalt." Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger auch bei Dr G. angegeben hatte, mit Stöcken bisweilen 1,5 Stunden am Stück spazieren zu gehen. Weshalb der Kläger gegenüber Dr G. einen von seinen Angaben bei Prof Dr B. abweichenden Tagesablauf schildert, konnte auch Dr G. nicht darlegen, zumal dieser eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ausgeschlossen hat. Eine schmerztherapeutische Behandlung wird nicht durchgeführt, Schmerzmittel im Wesentlichen nur im Hinblick auf die Kopfschmerzen eingenommen. Dies sowie die in der Ergometrie gezeigte Belastbarkeit, der Tagesablauf und das Verrichten von Reparaturen sprechen gegen das Bestehen einer erheblichen, die Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht beeinträchtigender Schmerzsymptomatik. Auch konnte sich der Senat angesichts der geschilderten Umstände sowie der Tatsache, dass der Kläger schon seit Jahren keine nervenärztliche Behandlung bzw Betreuung mehr in Anspruch nimmt (vgl die Auskunft von Dr S.), nicht vom Vorliegen einer erheblichen psychiatrischen bzw neurologischen Erkrankung überzeugen. Auch wenn Dr G. hier eine schwerwiegende psychiatrische bzw psychosomatische Erkrankung vorträgt, so konnte der Senat eine solche Erkrankung weder aus dem Gutachten von Dr G. selbst noch aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ableiten. Insoweit weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass auch die im Gutachten von Dr G. mitgeteilten Erhebungen den Schluss auf die von ihm benannten Erkrankungen und Leistungseinschränkungen nicht zulassen. Auch die von Dr G. geschilderten Gespräche des Klägers mit seinen Nachbarn, die Besuche seiner Kinder, sprechen gegen den von Dr G. angenommenen Rückzug des Klägers und somit ebenso gegen eine erhebliche psychiatrische bzw psychosomatische Erkrankung wie auch die Einschätzung von Dr G., der Kläger sei noch in der Lage Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck zu verrichten. Soweit der Kläger mangels eines großen Freundes- und Bekanntenkreises nur wenig Kontakt über die Familie und den Nachbarkreis hinaus hat, ist der soziale Kontakt nicht aus medizinischen Gründen eingeengt.

Sofern tatsächlich die laut Dr G. schon in der Sowjetunion bestehenden Erkrankungen vorliegen sollten, so muss berücksichtigt werden, dass der Kläger mit diesen Erkrankungen sowohl in Kasachstan als auch in der Bundesrepublik Deutschland vollschichtig gearbeitet hatte und Dr G. eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ausgeschlossen hatte. Ohne eine zu einem Zeitpunkt eingetretene Verschlechterung kann daher die von Dr G. angenommene Erkrankung ein zeitlich reduziertes Leistungsvermögen nicht schlüssig begründen.

Auch aus den im früheren SG-Verfahren S 14 R 662/05 eingeholten Gutachten (Gutachten Dr F., Gutachten Dr D.) lassen sich keine den vorliegenden Streitgegenstand (Rentengewährung ab 01.06.2009) berührenden Erkrankungen ableiten. Zwar waren damals eine Neurasthenie mit abnormen Anflügen von Müdigkeit (Dr F.) bzw ein Schmerzsyndrom/ anhaltende somatoforme Schmerzstörung vor allem im Bereich der linken unteren Extremitäten und des Rückens in Form belastungsabhängiger Schmerzen im linken Sprunggelenk, im linken Kniegelenk, im linken Oberschenkel und im Bereich der Lendenwirbelsäule (Dr D.) beschrieben worden, doch ließen sich diese Erkrankungen von keinem der behandelnden Ärzte seit dem Jahr 2009 mehr beschreiben. Insoweit ist der Senat weder an die damals angenommenen Erkrankungen des Klägers noch daran gebunden, dass dem Kläger bereits einmal eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt worden war.

Mit den dargestellten Erkrankungen kann der Kläger nach Überzeugung des Senats und in Übereinstimmung mit den schlüssigen Gutachten Dr C., Frau B., Prof Dr B. sowie den Auskünften von Prof Dr Z., Dr B. und Dr T. noch an fünf Tagen pro Woche leichte Tätigkeiten täglich mindestens sechs Stunden verrichten. Dies gilt umso mehr, als gerade die orthopädischen Erkrankungen nur geringe bzw endgradige Einschränkungen verursachen (vgl Gutachten Prof Dr B.); auch die mit diesen Erkrankungen verbundenen Schmerzen verursachen keine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche. Die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen führen damit zu keiner rentenrelevanten quantitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Vielmehr bedingen diese Erkrankungen lediglich qualitative Einschränkungen. Möglich sind dem Kläger noch leichte körperliche Arbeiten mit dem nur gelegentlichen Heben und Tragen von Lasten bis acht kg. Dabei sollen die Arbeiten möglichst in geschlossenen erwärmten Räumen und überwiegend im Sitzen verrichtet werden mit der Möglichkeit auch gelegentlich aufstehen und umhergehen zu können, Schicht- und Nachtarbeit ist möglich; Dr G. hält sogar Tätigkeiten unter hohem Zeitdruck für zumutbar. Zwangshaltungen, häufiges Bücken sowie Hockstellungen sind zu mieden. Des Weiteren sind Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten unter ungünstiger Einwirkung von Kälte und Nässe zu vermeiden.

Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass der Kläger noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus ihnen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG, 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist dabei auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies haben sowohl Prof Dr B. als auch im Ergebnis Dr G. bestätigt.

Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats nach dem 31.05.2009 wieder (bzw noch) in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen hatte nach Ende der bis zum 31.05.2009 befristeten Rente sowie seither durchgängig bestanden. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung über den 31.05.2009 hinaus.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 01.01.2001 geltenden Fassungen (zuletzt geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu, einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf zu nehmen.

Der Kläger ist nach Überzeugung des Senats als Ungelernter einzustufen. Er hat keine Ausbildung durchlaufen, die Umschulung zum Hausmeister umfasste keine mehr als einjährige Anlernzeit. Zuletzt war der Kläger als Hausmeister beschäftigt gewesen; eine Tätigkeit auf dem Niveau eines oberen Angelernten bzw eines Facharbeiters konnte nicht festgestellt werden. Damit ist der Kläger auf sämtliche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommende Tätigkeiten verweisbar. Derartige leichte Tätigkeiten kann er aber - wie oben dargelegt - arbeitstäglich noch sechs Stunden und mehr verrichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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