Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 828/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 2630/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 09.03.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Unfall des Klägers am 03.07.2008 als Arbeitsunfall festzustellen ist.
Der 1968 geborene Kläger stand im Juli 2008 im Leistungsbezug der Bundesagentur für Arbeit. Er bezog von der Agentur für Arbeit O. Arbeitslosengeld I. Am 03.07.2008 stellte sich der Kläger aus eigener Initiative ohne Aufforderung der Bundesagentur bei der Firma R.-S.-H. aufgrund deren Stellenanzeige vor. In der Stellenanzeige waren neben Aushilfskräften auf 400 EUR Basis auch Mitarbeiter für den Abschleppdienst und die Ölspurbeseitigung für den Werkstattbereich und Bereitschaftsdienst gesucht worden. Im Rahmen des Vorstellungsgesprächs kam es zwischen dem Kläger und dem Betriebsinhaber H. (H.) zu der Übereinkunft, dass der Kläger zusammen mit dem bei der Firma H. Beschäftigten O. (O.) zu einem Kunden, der Firma O., fährt, um auf deren Werksgelände ein defektes Rad eines Radladers zu wechseln. Bei der Reifenmontage wurde das Ersatzrad für den Radlader mit einem Durchmesser von etwa 1,60-1,80 m auf der Schaufel eines Baggers an den Radlader herangefahren. Während des Versuchs, das Ersatzrad von der Baggerschaufel auf die Radaufhängung des Radladers aufzubringen, stürzte das Ersatzrad auf den Kläger, der sich hierbei eine Fraktur des Mittelhandknochens links und Verletzungen am Rücken zuzog.
Der Kläger zeigte am 02.10.2008 über seinen Bevollmächtigten den Unfall der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung an, die die Unfallmeldung an ihr Mitglied, der Beklagten, weiterleitete. Der Kläger machte geltend, er habe anlässlich eines Probearbeitstages am 03.07.2008 einen schweren Unfall erlitten. Im übersandten Fragebogen gab der Kläger unter dem 22.10.2008 an, beim Wechseln eines Caterpillarrades mit dem Gewicht von ca. 1000 kg habe gedroht, dass dieses auf einen Kollegen kippe. Beim Versuch, den Kollegen zu retten, sei das Rad auf ihn gestürzt. Auf telefonische Anfrage der Beklagten am 04.11.2008 erläuterte der Kläger, aufgrund der Zeitungsannonce habe er sich bei der Firma H. vorgestellt und habe vereinbart, dass er einmal mitarbeite, damit man abschätzen könne, wie ihm die Tätigkeit liege. An diesem Tag sei es gleich zu dem Unfall gekommen.
Die Agentur für Arbeit O. teilte auf Anfrage mit, der Unfall habe sich im Rahmen eines so genannten Probearbeitsverhältnisses bei der Firma H. ereignet. Das "Arbeitsverhältnis" sei ohne Vermittlung bzw. Mitwirkung der Agentur zu Stande gekommen (Schreiben vom 07.11.2008).
Mit Bescheid vom 27.01.2009 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Unfalls vom 03.07.2008 als Arbeitsunfall ab. Der Kläger habe zum Zeitpunkt des Unfalls keine versicherte Tätigkeit ausgeübt. Es habe sich um einen Probearbeitstag gehandelt, bei dem keine Eingliederung in den Betrieb gegeben und auch nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit gearbeitet worden sei. Auch eine Versicherung nach § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VII als Wie-Beschäftigter liege nicht vor. Die Tätigkeit am Unfalltag sei wesentlich durch die Wahrnehmung eigener Interessen geprägt gewesen. Er sei nicht wie ein Beschäftigter tätig geworden.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Erledigung der Aufgabe sei ausschließlich im betrieblichen Interesse der Firma H. erfolgt, die auch vom geldwerten finanziellen Vorteil seiner Tätigkeit profitiert habe. Er wäre auch ohne die Ausführung des Radwechsels auf dem Gelände der Firma O. ohne weiteres eingestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt nicht Beschäftigter gewesen. Er sei auch nicht wie ein versicherter Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 SGB VII tätig geworden, denn bei Hospitations- oder Probearbeitstagen im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens zur Erlangung eines Arbeitsplatzes fehle es regelmäßig an einer Eingliederung in den Betrieb des potentiellen Arbeitgebers. Die Tätigkeit sei wesentlich durch die Wahrnehmung eigener Interessen geprägt gewesen.
Der Kläger erhob am 19.02.2009 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg. Er machte geltend, er sei als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII versichert gewesen. Die Beklagte habe sich darüber hinaus nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob er nicht auch als Versicherter nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII anzusehen sei, denn er habe den Mitarbeiter O. aus einer gegenwärtigen Gefahr für dessen Leib und Leben gerettet. Er habe sich bei der Firma H., die einen Kfz-Mechaniker mit Schwerpunkt kaufmännischer Führungsqualität als Filialleiter gesucht habe, beworben, wobei die Tätigkeit fast ausschließlich im kaufmännischen Bereich gelegen hätte. Anlässlich eines wenige Tage vor dem Unfallereignis geführten Telefonats sei vereinbart worden, dass er den Betrieb und das kürzlich erworbene Straßenreinigungsfahrzeug für ausgelaufene Schadstoffreste anschauen könne. Es sollte in dieses Fahrzeug eingewiesen werden. Am 03.07.2008 habe er mit dem Firmeninhaber H. auf dem Betriebsgelände über das zustehende Grundgehalt und den weiteren Arbeitsablauf im Detail gesprochen. Es habe ein mündlich geschlossener Arbeitsvertrag vorgelegen. Während dieses Gesprächs habe sich ergeben, dass die Firma O. angerufen habe, weil bei ihr ein Radwechsel vorzunehmen sei. Der Geselle O. habe aber keinen Führerschein für den Lkw gehabt und der den Lkw sonst fahrende Mitarbeiter sei nicht vor Ort gewesen. Da er - der Kläger - den Firmen-LKW habe fahren dürfen, sei er zusammen mit dem Gesellen O. zu der Firma O. gefahren. Der Firmeninhaber H. habe konkrete Anweisungen gegeben, wie bei der Montage vorzugehen sei. Er - der Kläger - habe nicht eine überwiegend im eigenen Interesse liegende freiwillige Tätigkeit verrichtet, sondern sei im ausschließlichen Interesse der Firma H. tätig gewesen. Bei der Radmontage sei er, um den Sturz des Rades auf O. zu verhindern, auf die Schaufel des Baggers gesprungen und habe O. einen Stoß versetzt, damit dieser aus dem Gefahrenbereich herausgekommen sei. Bei dieser Rettungsaktion sei er ausgerutscht, weshalb das schwere Rad auf ihn gestürzt sei. Es habe jedenfalls eine versicherte Unfallhilfe vorgelegen.
Die Beklagte wandte ein, die Umstände, aus denen sich das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ergebe, seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverhältnis seien zum Unfallzeitpunkt nicht gegeben gewesen.
Mit Beschluss vom 03.08.2009 wurde die Unfallkasse B.-W. beigeladen. Die Beigeladene machte geltend, nach § 135 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII gehe die Versicherung als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII der Versicherung als Nothelfer nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII vor. Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers sei das Bewerbungsverfahren insgesamt abgeschlossen gewesen, weshalb die Radmontage im Zusammenhang mit der Anordnung des Arbeitgebers erfolgt sei. Der Versicherungsschutz als Nothelfer greife daher nicht ein, weil ein Zusammenhang mit der versicherten Berufstätigkeit bestehe.
Das Sozialgericht hörte in der mündlichen Verhandlung am 09.03.2010 den Kläger an und vernahm O. und H. als Zeugen. O. gab an, er habe zum Zeitpunkt des Unfalls nicht auf der Baggerschaufel gestanden, andernfalls wäre er von dem Rad zerdrückt worden. Es habe keiner auf der Schaufel gestanden, beide seien vor der Schaufel links und rechts des Rades gestanden. Einen Stoß habe er vom Kläger nicht erhalten. Er fühle sich nicht von dem Kläger gerettet, er würde eher sagen, es sei umgekehrt gewesen. H. sagte aus, sie hätten jemanden für die Reifenmontage und für den Abschlepp- und Notdienst gesucht. Durch die Vorgeschichte des Klägers sei er davon ausgegangen, dass er im ganzen Spektrum eingesetzt werden könne. Beim Vorstellungsgespräch habe er dem Kläger gesagt, dass er nur jemanden einstellen möchte, der mindestens einen Tag zur Probearbeit komme. Der Kläger habe ihm auch ausdrücklich gesagt, dass er derartige Räder schon montiert habe. An dem Tag hätte auch er selbst mitfahren können. Er könne heute nicht mehr sagen, ob an diesem Tag das Büro schlecht besetzt gewesen sei und er deshalb nicht habe fortgehen können. Auf jeden Fall hätte er O. dazu gefragt, wie es mit dem Kläger gegangen sei. Außerdem sei geplant gewesen, dass der Kläger auch nach dem Termin bei der Firma O. weiter probegearbeitet hätte.
Mit Urteil vom 09.03.2010 hob das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten auf und stellte fest, dass es sich bei dem Unfall des Klägers vom 03.07.2008 um einen von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall handele. In den Entscheidungsgründen führte das Sozialgericht aus, der Kläger sei bei dem Radwechsel als Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert gewesen. Der Kläger und H. hätten sich zwar auf einen Probearbeitstag verständigt und der Kläger habe möglicherweise noch einen derartigen Probearbeitstag beim Aufsuchen des Betriebsgeländes am Morgen des 03.07.2008 beabsichtigt. Diese Grundlage sei jedoch verlassen worden, als H. ihn angewiesen habe, mit dem Zeugen O. zur Firma O. zu fahren. Da nur der Kläger über die erforderliche Fahrerlaubnis zur Ausführung des Auftrags verfügt habe, habe die Ausführung des Auftrags vom Kläger abgehangen. Die fehlende Eingliederung im Betrieb zeige sich bei den typischen Probearbeiten insbesondere darin, dass der Bewerber seine Verrichtung jederzeit unvollendet abbrechen könne. Demgegenüber sei die Firma H. hier darauf angewiesen gewesen, dass der Kläger den Auftrag bis zum Ende ausführe. Der Kläger habe bei der Ausführung auch einem umfassenden Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Dauer und Art der Ausführung unterlegen.
Das Urteil ist der Beklagten am 10.05.2010 und dem Kläger am 06.05.2010 zugestellt worden.
Die Beklagte hat am 04.06.2010 hiergegen Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, der Kläger sei zum Zeitpunkt des Unfalls nicht Beschäftigter gewesen. Der Kläger und der Zeuge H. hätten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass es sich um einen Probearbeitstag gehandelt habe. Um die Eignung für ein in Aussicht gestelltes Beschäftigungsverhältnis festzustellen, habe der Kläger an der Radmontage mitwirken sollen. Im Vordergrund habe nicht die Arbeitsleistung gestanden, vielmehr habe der künftige Arbeitgeber einschätzen wollen, mit welcher Einstellung der Kläger an die Arbeit herangehe. Eine Eingliederung in den Betrieb habe nicht stattgefunden. Die Probearbeit hätte jederzeit beendet werden können. Weshalb dies ohne das Risiko zivilrechtlicher Konsequenzen nicht möglich gewesen sein soll, sei nicht nachvollziehbar. Gegebenenfalls hätte H. selbst einspringen können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 09.03.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise festzustellen, dass es sich um einen von der Beigeladenen zu entschädigenden Arbeitsunfall handelt, hilfsweise dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen der Vorabentscheidung die im Schriftsatz vom 17.11.2011 auf Seite 2 und Seite 9 formulierten Fragen vorzulegen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Kläger hat am 26.08.2011 Anschlussberufung erhoben und hilfsweise die Verurteilung der Beigeladenen beantragt. Im Übrigen verweist er auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts. Die von der Beklagten zur Begründung ihrer Rechtsauffassung herangezogenen Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 01.10.2008 (L 17 U 43/08) und des Sozialgerichts Aachen vom 16.09.2009 (S 8 U 26/09) beträfen einen anderen Sachverhalt. Vorliegend sei er in den Betrieb eingegliedert gewesen. Ihm sei eine konkrete Aufgabe übertragen worden, wobei sowohl Ort als auch Zeit und die Dauer des Einsatzes vorgegeben gewesen seien. Nach Aussage des Zeugen H. habe er sowohl ihm als auch seinem Mitarbeiter O. konkrete Anweisungen gegeben. Auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 05.03.2002 - B 2 U 9/01 R - werde verwiesen. Danach werde selbst bei Annahme eines Fremdgeschäftsführungswillens die Eintrittspflicht der Berufsgenossenschaft bejaht, in deren Mitgliedsbetrieb sich das Unfallereignis ereignet habe. Nach dieser Entscheidung sei auch die Motivation des Verletzten, welche zur Arbeitsaufnahme geführt habe, von untergeordneter Bedeutung. Der EuGH solle im Rahmen der Vorabentscheidung zu den im Hilfsantrag dargelegten Rechtsfrage Stellung nehmen. Insoweit sei zu klären, ob die Regelung des § 2 SGB VII, welche aus eigenem Antrieb auf Arbeitssuche befindliche Arbeitnehmer vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung ausnehmen, der Richtlinie entgegenstehe. Die Richtlinie sei erlassen, um einen wirksamen Schutz besonders gefährdender Arbeitnehmer auf dem Gebiet der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Hierunter seien auch Arbeitnehmer im Probearbeitsverhältnis zu fassen.
Die Beigeladene beantragt - nach sachdienlicher Auslegung -,
die Anschlussberufung des Klägers, soweit ihre Verurteilung beantragt ist, zurückzuweisen.
Sie trägt vor, nach der Aussage des Zeugen O. habe er keinen Stoß des Klägers erhalten und auf Frage des Gerichts, ob er sich vom Kläger gerettet fühle, habe er angegeben, es sei eher umgekehrt gewesen. Ihre Zuständigkeit komme nicht in Betracht.
Im nicht-öffentlichen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 26.08.2011 ist der Mitarbeiter der Firma O., R. L. (L.), als Zeuge vernommen worden. Er hat angegeben, er könne sich nicht erinnern, dass es eine Situation gegeben habe, in der der Kläger seinen Kollegen O. davor bewahrt habe, selbst vom Reifen getroffen zu werden. Nach seiner Schätzung habe der Ersatzreifen einen Durchmesser von etwa 1,6 bis 1,8 m gehabt. Wegen der Radgröße hätten der Kläger und sein auf der anderen Seite des Rades stehender Kollege nicht immer Blickkontakt gehabt. Der Kläger habe auf der Baggerschaufel gestanden, er könne heute aber nicht mehr mit Sicherheit sagen oder ausschließen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls der Kollege des Klägers auch auf der Schaufel gestanden habe. In der Regel werde aber der Reifen mit der Ecke der Schaufel aufgenommen, um schräg unter den Reifen heranzukommen. Bei dieser Verfahrensweise stabilisiere die eine Seitenwand der Schaufel den Reifen. Auf der anderen Seite des Reifens sei genug Standfläche. Eigentlich könne auf der Seite, wo der Reifen an die Seitenwand der Schaufel lehne, niemand mehr auf der Schaufel gestanden haben, es sei denn, er habe ganz vorne am Rand gestanden. In der Regel sei es aber so, dass der Betreffende auf dem Boden stehe. Derjenige, der auf der Seite der stabilisierenden Seitenwand der Baggerschaufel stehe, sei jedenfalls von der Seite her nicht durch einen herunterrutschenden Reifen gefährdet. Von vorne könne der Reifen aber auf den Betreffenden stürzen.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers sind statthaft, Berufungsausschlussgründe nach §§ 143,144 SGG liegen nicht vor. Die formgerecht eingelegten Berufungen sind auch im Übrigen zulässig. Die Berufung der Beklagten ist fristgerecht erhoben worden.
Die am 26.08.2011 eingelegte und daher nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist eingegangene Berufung des Klägers ist als unselbständige Anschlussberufung zulässig (§ 202 SGG i. V. m. § 524 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)), wobei die an die Berufungserwiderungsfrist geknüpfte Anschlussberufungsfrist (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO) nicht gilt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 143 Rdnr. 5), denn eine vergleichbare Regelung zur Berufungserwiderung gemäß § 521 Abs. 2 i.V.m. §§ 277, 296 ZPO fehlt im sozialgerichtlichen Verfahren.
Die Berufung der Beklagten ist begründet (siehe unten A), die Anschlussberufung des Klägers ist dagegen nicht begründet (siehe unten B).
A Die Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 27.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2009 ist rechtmäßig. Das von ihr angefochtene Urteil des Sozialgerichts mit der darin getroffenen Feststellung eines Arbeitsunfalls war daher aufzuheben. Ein von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall lag nicht vor.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
A 1 Kraft Gesetzes sind versichert nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Beschäftigte.
Der Kläger war bei der Firma H. nicht beschäftigt. Beschäftigung ist nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 SGB IV, der für sämtliche Bereiche der Sozialversicherung gilt (vgl. z.B. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 1), die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Zwischen dem Kläger und der Firma H. bestand entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kein Arbeitsverhältnis.
Ein auf Arbeitsvertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen. Unstreitig war ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht zu Stande gekommen. Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger auch nicht aufgrund eines mündlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages tätig geworden. Ausdrücklich mündlich geäußerte oder konkludent abgegebene Willenserklärungen des Klägers und von H. zum Abschluss eines Arbeitsvertrages sind nicht nachgewiesen. Anhaltspunkte dafür, dass die ursprünglich ins Auge gefasste Probearbeit beendet war oder mit der Erledigung des Auftrages bei der Firma O. nicht mehr durchgeführt werden sollte, wie das Sozialgericht meint, hat der Senat nicht. Der Zeuge H. hat bei seiner Vernehmung angegeben, er stelle nur jemand ein, der einen Tag Probearbeit geleistet habe. Zu den Aufgaben des Klägers hätte auch gehört, in der Werkstatt ähnlich wie bei der Firma O. Reifen zu wechseln. Nach der Reifenmontage beim Kunden O. wäre der Kläger weiter mit Probearbeiten befasst worden. Nach dieser Aussage ist nicht erkennbar, dass der Kläger bereits vom Zeugen H. eingestellt worden war, als er zusammen mit dem Zeugen O. zur Firma O. gefahren ist. Die vom Zeugen H. berichtete Frage an den Kläger, "ob es für ihn ein Problem darstelle", den Kundenauftrag bei der Fa. O. auszuführen, ist weder nach dem Wortlaut noch nach den äußeren Umständen als Vertragsangebot eines Arbeitsvertrages zu verstehen. Für ein Vertragsangebot sprechende Umstände hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht überzeugend dargelegt. Dass vor dem Probearbeitstag die Vertragsbedingungen in Vorgesprächen weitgehend abgeklärt waren und hierüber Einigung bestand, ändert nichts an der Tatsache, dass eine Probearbeit vor dem endgültigen Vertragsschluss vereinbart war, was der Kläger auch nicht bestritten hatte. Es war für den Senat auch nicht erkennbar, dass die Reifenmontage nicht dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle entsprach und daher eine gesonderte Absprache zu unterstellen wäre. Abgesehen davon, dass hiermit ein Arbeitsvertrag - in Abgrenzung zur werksvertraglichen Geschäftsbesorgung - auch nicht belegt wäre, ist ausweislich der vorgelegten Stellenausschreibung, auf die sich der Kläger beworben hatte, ein Mitarbeiter für den Werkstattbereich gesucht worden, was Reifenmontage umfasst. Die Aussage von H., der Kläger wäre damit auch betraut worden, ist sonach auch glaubhaft. Dem vom Kläger behaupteten Stellenprofil seiner künftigen Tätigkeit im kaufmännischen Bereich hatte H. widersprochen. Dagegen spricht auch, dass der Kläger seine eigene Arbeitskleidung mitgebracht hatte, die für Büroarbeiten nicht erforderlich gewesen wäre.
Aus der Aussage des Zeugen L., der Kläger habe ihm gesagt, heute sei sein erster Arbeitstag, lässt sich zur Überzeugung des Senats eine bereits erfolgte arbeitsvertragliche Anstellung des Klägers nicht sicher herleiten, da seine Angaben auf der Fahrt ins Krankenhaus gegenüber dem Kunden auf anderen Motiven beruht haben mögen, sei es, dass er dem Kunden nicht offen legen wollte, die Firma H. habe den Kundenauftrag für einen "Einstellungstest" genutzt, sei es dass er die in der Probearbeit ersichtlich gewordene Unerfahrenheit nicht noch durch die Offenlegung eines fehlenden festen Arbeitsvertrages verstärken wollte. Letztlich kann auch dahinstehen, ob der Zeuge L. Angaben des Klägers mit einem Arbeitsvertrag auf Probe verwechselt oder missverstanden hat.
Gegen eine feste Anstellung spricht auch das eigene Vorbringen des Klägers bis zum Ende des Widerspruchsverfahrens. Der Kläger hatte in der Anzeige des Unfalls an die Beklagte und auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens durchgehend von einer Probearbeit gesprochen. Erstmals mit der Klagebegründung wird vorgetragen, es sei ein mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden. Dies ist als gesteigertes Vorbringen zur Überzeugung des Senats nicht glaubhaft, wie auch der Kläger für den Senat wenig glaubwürdig ist, denn auch seine übrigen Angaben zum Unfallhergang sind in der Beweisaufnahme des Sozialgerichts und des Senats nicht bestätigt worden (siehe unten). Diese Einschätzung wird auch noch verstärkt durch das Verhalten des Klägers im Nebenverfahren zum Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH), die ihm zunächst unter Ratenzahlung gewährt worden war. Im Nebenverfahren war ein Stundungsantrag mit der unrichtigen Angabe, es seien noch Raten für die PKH-Bewilligung aus erster Instanz zu entrichten, gestellt worden und schließlich ist die PKH-Bewilligung für das Berufungsverfahren rückwirkend entzogen worden, da im Antragsformular eine anderweitige Rechtsgewährung nicht angegeben worden war. Unter Gesamtwürdigung des Vorbringens des Klägers und des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht daher für den Senat fest, dass der Zeuge H. sich am Unfalltag von der Eignung des Stellenbewerbers noch kein abschließendes Bild gemacht hatte und - für den Kläger erkennbar - ihn mit der Radmontage im Rahmen einer Probearbeit, die vor Abschluss des Arbeitsvertrages im Rahmen der Vertragsanbahnung durchgeführt wird, betraute. Insoweit liegt auch kein Abschluss eines Arbeitsvertrages mit Probezeit vor, bei der der Arbeitgeber grundsätzlich von der Eignung des Arbeitnehmers ausgeht, aber ein gegenseitiges Kündigungsrecht ohne Angabe von Kündigungsgründen für einen begrenzten Zeitraum vereinbart ist.
A 2 Entgegen der Auffassung des Klägers ist er auch nicht als Wie-Beschäftigter tätig geworden. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII sind auch Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Beurteilungsmaßstab für eine abhängige Beschäftigung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist § 7 Abs. 1 SGB IV, der für sämtliche Bereiche der Sozialversicherung gilt, in der ab 01.04.1999 geltenden Fassung. Danach ist eine Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Ein solches setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem Fremdbetrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Voraussetzungen müssen bei der Wie-Beschäftigung nicht vollständig vorliegen. Maßstab ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Die Anwendung der Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB VII setzt aber voraus, dass der Betreffende wie ein in einem Arbeitsverhältnis Stehender tätig wird und es sich hierbei um eine mehr oder weniger vorübergehende fremdbestimmte Tätigkeit handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht (vgl. stellvertretend BSG Urteil vom 18.03.2003 B 2 U 25/02 R-, veröffentlicht in Juris) und von wirtschaftlichem Wert oder wirtschaftlichen Nutzen ist. Die Tätigkeit muss ferner ihrer Art nach üblicherweise auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von Personen in einem Beschäftigungsverhältnis verrichtet werden (ständige Rechtsprechung; vgl. u. a. BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 25 und Nr. 60 jeweils mit weiteren Nachweisen). Für die Bestimmung einer einem fremden Unternehmen wesentlich dienenden Tätigkeit ist maßgeblich auf die Handlungstendenz der tätigen Personen, d. h. auf deren subjektive Sicht, abzustellen (BSG a. a. O. § 539 Nr. 100).
Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen einer - vorübergehenden - Eingliederung in den Betrieb mit Weisungsgebundenheit - soweit fachliche Anordnungen betreffend - und einer dem erklärten Willen des Auftraggebers/Arbeitgebers entsprechenden Tätigkeit von wirtschaftlichem Nutzen sowie einer der Art nach auf dem Arbeitsmarkt üblichen Verrichtung erfüllt. Jedoch ist die für den Versicherungsschutz ausschlaggebende, mit dem objektiv arbeitnehmerähnlichen Tun verbundene Handlungstendenz (BSG, Urteil vom 20.01.1987 - 2 RU 15/86 -, SozR 2200 § 589 Nr. 119) des Klägers nicht vom einem prägenden Fremdgeschäftsführungswillen getragen gewesen.
Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass im Rahmen der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses Tätigkeiten während einer Probearbeit wesentlich von dem eigenwirtschaftlichen Interesse des Stellenbewerbers geprägt sind, der die Firma von seiner Eignung für die angebotene Stelle überzeugen und damit den Abschluss des Arbeitsvertrages erreichen möchte (BSG Urteil vom 20.01.1987 a.a.O.). Unerheblich ist in diesem Fall, dass der Stellenbewerber sich vorübergehend in den Betriebsablauf eingliedert und auch für den Betrieb nützliche und verwertbare Arbeiten verrichtet (BSG a.a.O.). Ziel der Probearbeit ist gerade die vorübergehende betriebliche Eingliederung wie bei den anderen Beschäftigten des Betriebes, um die fachliche und persönliche Eignung des Stellenbewerbers im normalen Betriebsablauf am möglichen künftigen Arbeitsplatz zu erkennen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und des Klägers ist nicht ersichtlich, weshalb durch die Wahrnehmung eines Kundenauftrages außerhalb des Betriebsgeländes aus Sicht des Zeugen H. und auch aus Sicht des Klägers keine Probearbeit stattgefunden haben soll. Ein Abbruch der Probearbeit wäre dem Kläger auch auf dem Betriebsgelände der Firma O. möglich gewesen. Welche zivilrechtlichen Konsequenzen sich hieraus für die Firma H. gegenüber der Firma O. ergeben hätten, worauf der Kläger abstellt, ist nicht entscheidungserheblich. Abgesehen davon ist weder vorgetragen noch für den Senat ersichtlich, dass im konkreten Fall Schadensersatzansprüche oder ähnliches begründet oder geltend gemacht worden wären, zumal nach Aussage des Zeugen L. die Firma O. regelmäßiger Kunde der Firma H. ist.
Soweit der Kläger sich auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 05.03.2002 – B 2 U 9/01 R - beruft, ergeben sich hieraus bei der gegebenen Sachlage keine andere Beurteilungsansätze. Dem vom BSG entschiedenen Revisionsverfahren lag ein Zuständigkeitsstreit verschiedener Unfallversicherungsträger zu Grunde, weil der Unfallverletzte als Bruder einer landwirtschaftlichen Unternehmerin das von ihr gestellte Holz in einem Sägewerkunternehmen selbst zu Bauholz verarbeitete, um für seine Schwester eine Kostenersparnis und den früheren Abschluss von Sägearbeiten zu erreichen. Vorliegend war aus den Umständen des Falles ein Fremdgeschäftsführungswille des Verletzten angenommen worden entweder zugunsten des landwirtschaftlichen Unternehmens der Schwester oder des Sägewerkunternehmens. Eine eigenwirtschaftliche Handlungstendenz kam nicht in Betracht. Weitere Folgerungen sind aus dieser Entscheidung daher nicht zu ziehen.
B 1 Die Anschlussberufung des Klägers, mit der er hilfsweise eine Verurteilung der Beigeladenen anstrebt, ist unbegründet. Eine Verurteilung der Beigeladenen war nicht auszusprechen. Die Beigeladene als zuständiger Unfallversicherungsträger für die Versicherungsfälle der Nothelfer nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a) SGB VII ist nicht entschädigungspflichtig für den streitigen Unfall des Klägers. Der Kläger war am 03.07.2008 nicht versichert nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a) SGB VII.
Nach dieser Vorschrift ist versichert, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leistet oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit rettet. Es steht nicht zur sicheren Überzeugung des Senats fest, dass der Unfall des Klägers bei der Rettung des Zeugen O. vor dem umkippenden Ersatzrad geschehen ist, wie der Kläger behauptet hat. Eine solche Rettungsaktion ist nicht nachgewiesen. Weder der vom Sozialgericht vernommene Zeuge O. noch der im Berufungsverfahren vernommene Zeuge L. haben eine Verrichtung des Klägers geschildert, aus der eine Rettung des Zeugen O. aus einer gegenwärtigen Gesundheitsgefahr ersichtlich wird. Der Zeuge O. hat dies ausdrücklich verneint. Der Zeuge L. hat sich an einen solchen Vorgang nicht erinnert. Der Senat hat auch keinen Anknüpfungspunkt hierfür in dem von beiden Zeugen übereinstimmend geschilderten Ablauf der Radmontage erkennen können. Nach Aussage beider Zeugen standen der Kläger und der Zeuge O. jeweils links und rechts neben dem mindestens 1,6 bis 1,8 m Durchmesser umfassenden Rad, wobei nach Aussage des Zeugen O. beide vor der Baggerschaufel standen, nach Aussage des Zeugen L. stand jedenfalls der Kläger von Anfang an auf der Baggerschaufel. Blickkontakt zwischen dem Kläger und O. war wegen der Größe des Rades nicht immer möglich. Nach beiden Sachverhaltsvarianten ist es aus Sicht des Senats deshalb schwer vorstellbar, dass der Kläger den Zeugen O. über das Rad hinweg oder hinter dem Rad entlang mit einem Stoß hätte erreichen können, um ihn aus dem Gefahrbereich des umkippenden Rades zu bringen. Der Kläger hat hierzu nach Abschluss der Beweisaufnahme nichts Weiteres vorgetragen, weshalb der Senat seine Angaben über eine Rettung für unglaubhaft hält.
Darüber hinaus besteht auch kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII. Danach sind Personen versichert, die nach den Vorschriften des SGB II oder des SGB III der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung einer Dienststelle der Bundesanstalt für Arbeit, eines nach § 6a des SGB II zugelassenen kommunalen Trägers oder des nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des SGB II zuständigen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen. Eine Aufforderung der zuständigen Agentur für Arbeit O. an den Kläger, sich bei der Firma H. vorzustellen, war nach deren Auskunft vom 07.11.2008 nicht ergangen. Dies hat der Kläger auch nicht in Abrede gestellt, weshalb von der Beiladung des für diesen Versicherungsfall zuständigen Versicherungsträgers, der Unfallkasse des Bundes (§ 125 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII), abgesehen worden ist.
Weshalb die Versicherungstatbestände nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VII unter dem Gesichtspunkt der Europäischen Sozialcharta vorliegend dahingehend auszulegen sind, dass gleichwohl Versicherungsschutz aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestand, ist nicht ersichtlich. Die behauptete Behinderung trat nach Vorbringen des Klägerbevollmächtigten im Termin vor dem Senat erst nach dem Unfall mit den geltend gemachten Unfallfolgen ein. Zum Umfallzeitpunkt war der Kläger nicht Behinderter. Außerdem ist nicht vorgetragen, welche Auslegungskriterien aus der Sozialcharta für die vom Kläger beanspruchte Gesetzesauslegung zu gewinnen sind. Darüber hinaus kommen Ansprüche auf Teilhabeleistungen gegen den Rentenversicherungsträger und ggfs. aus der Arbeitslosenversicherung in Betracht, wenn deren gesetzliche Voraussetzungen vorliegen.
B 2 Die Anschlussberufung des Klägers hat auch mit seinem weiteren Hilfsantrag, den Rechtsstreit zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen, keinen Erfolg.
Nach Art. 267 Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ((AEUV) veröff. im Amtsblatt der Europäischen Union C 83 vom 30.03.2010) entscheidet der EuGH im Wege der Vorabentscheidung a) über die Auslegung der Verträge, b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union. Abs. 2 dieses Artikels lautet: Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaates gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.
Die dem EuGH übertragene Aufgabe bei Vorabentscheidungsersuchen besteht darin, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben (EuGH Urteil vom 15.09.2011 – C-197/10 -, ABl. Eu 2011, Nr. C 319,8-9). Der Senat sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens keine Veranlassung, zur Auslegung der Richtlinie 1991/383 der Europäischen Union (im Folgenden nur noch Richtlinie) eine Vorabentscheidung herbeizuführen. Richtlinien sind kein unmittelbar geltendes Recht, sondern sie verpflichten die nationalen Stellen der Mitgliedsländer ihre Inhalte im nationalen Recht umzusetzen (vgl. hier Art. 10 und 11 der Richtlinie). Vorliegend war die Richtlinie bis 31.12.1992 umzusetzen (Art. 10 der Richtlinie). Ob bereits deshalb eine Vorabentscheidung ausscheidet, mag dahinstehen. Eine Entscheidungsrelevanz der zur Vorabentscheidung gestellten Rechtsfragen ist nicht gegeben. Die Richtlinie galt für Arbeitsverhältnisse aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages und für Leiharbeitsverhältnisse (Art. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Richtlinie). Ziel war die Sicherstellung des gleichen Schutzniveaus der genannten Arbeitnehmer mit den anderen Arbeitnehmern im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (Art. 2 der Richtlinie). Regelungen zur Entschädigung von Arbeitsunfällen sind in der Richtlinie nicht enthalten.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung ist nicht zu erkennen. Die Anwendung von Sicherheitsvorschriften und Gewährung von Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz unterscheidet sich im Fall des Klägers nicht von den aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarungen tätigen Arbeitnehmern. Der Kläger war außerdem als Arbeitsloser krankenversichert. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, inwiefern hinsichtlich der Gewährung von Unfallversicherungsschutz die in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VII aufgeführten Tatbestände der gesetzlichen Unfallversicherung unzureichend sind oder im Falle des Klägers einer gemeinschaftswidrigen Auslegung unterliegen. Das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist ein hinreichend zuverlässiges Differenzierungsmerkmal, weshalb auch keine willkürliche Unterscheidung vorgenommen wird. Ein Verstoß gegen das national geltende Gleichheitsgebot in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) oder gegen das Recht der freien Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG wurde demnach auch verneint (BSG Urteil vom 20.01.1987 a.a.O). Schließlich ist seitens des Klägers auch nicht vorgetragen, inwieweit er im Vergleich mit arbeitssuchenden Unionsbürgern der Mitgliedsländer einem Nachteil unterliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Unfall des Klägers am 03.07.2008 als Arbeitsunfall festzustellen ist.
Der 1968 geborene Kläger stand im Juli 2008 im Leistungsbezug der Bundesagentur für Arbeit. Er bezog von der Agentur für Arbeit O. Arbeitslosengeld I. Am 03.07.2008 stellte sich der Kläger aus eigener Initiative ohne Aufforderung der Bundesagentur bei der Firma R.-S.-H. aufgrund deren Stellenanzeige vor. In der Stellenanzeige waren neben Aushilfskräften auf 400 EUR Basis auch Mitarbeiter für den Abschleppdienst und die Ölspurbeseitigung für den Werkstattbereich und Bereitschaftsdienst gesucht worden. Im Rahmen des Vorstellungsgesprächs kam es zwischen dem Kläger und dem Betriebsinhaber H. (H.) zu der Übereinkunft, dass der Kläger zusammen mit dem bei der Firma H. Beschäftigten O. (O.) zu einem Kunden, der Firma O., fährt, um auf deren Werksgelände ein defektes Rad eines Radladers zu wechseln. Bei der Reifenmontage wurde das Ersatzrad für den Radlader mit einem Durchmesser von etwa 1,60-1,80 m auf der Schaufel eines Baggers an den Radlader herangefahren. Während des Versuchs, das Ersatzrad von der Baggerschaufel auf die Radaufhängung des Radladers aufzubringen, stürzte das Ersatzrad auf den Kläger, der sich hierbei eine Fraktur des Mittelhandknochens links und Verletzungen am Rücken zuzog.
Der Kläger zeigte am 02.10.2008 über seinen Bevollmächtigten den Unfall der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung an, die die Unfallmeldung an ihr Mitglied, der Beklagten, weiterleitete. Der Kläger machte geltend, er habe anlässlich eines Probearbeitstages am 03.07.2008 einen schweren Unfall erlitten. Im übersandten Fragebogen gab der Kläger unter dem 22.10.2008 an, beim Wechseln eines Caterpillarrades mit dem Gewicht von ca. 1000 kg habe gedroht, dass dieses auf einen Kollegen kippe. Beim Versuch, den Kollegen zu retten, sei das Rad auf ihn gestürzt. Auf telefonische Anfrage der Beklagten am 04.11.2008 erläuterte der Kläger, aufgrund der Zeitungsannonce habe er sich bei der Firma H. vorgestellt und habe vereinbart, dass er einmal mitarbeite, damit man abschätzen könne, wie ihm die Tätigkeit liege. An diesem Tag sei es gleich zu dem Unfall gekommen.
Die Agentur für Arbeit O. teilte auf Anfrage mit, der Unfall habe sich im Rahmen eines so genannten Probearbeitsverhältnisses bei der Firma H. ereignet. Das "Arbeitsverhältnis" sei ohne Vermittlung bzw. Mitwirkung der Agentur zu Stande gekommen (Schreiben vom 07.11.2008).
Mit Bescheid vom 27.01.2009 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Unfalls vom 03.07.2008 als Arbeitsunfall ab. Der Kläger habe zum Zeitpunkt des Unfalls keine versicherte Tätigkeit ausgeübt. Es habe sich um einen Probearbeitstag gehandelt, bei dem keine Eingliederung in den Betrieb gegeben und auch nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit gearbeitet worden sei. Auch eine Versicherung nach § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VII als Wie-Beschäftigter liege nicht vor. Die Tätigkeit am Unfalltag sei wesentlich durch die Wahrnehmung eigener Interessen geprägt gewesen. Er sei nicht wie ein Beschäftigter tätig geworden.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Erledigung der Aufgabe sei ausschließlich im betrieblichen Interesse der Firma H. erfolgt, die auch vom geldwerten finanziellen Vorteil seiner Tätigkeit profitiert habe. Er wäre auch ohne die Ausführung des Radwechsels auf dem Gelände der Firma O. ohne weiteres eingestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt nicht Beschäftigter gewesen. Er sei auch nicht wie ein versicherter Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 SGB VII tätig geworden, denn bei Hospitations- oder Probearbeitstagen im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens zur Erlangung eines Arbeitsplatzes fehle es regelmäßig an einer Eingliederung in den Betrieb des potentiellen Arbeitgebers. Die Tätigkeit sei wesentlich durch die Wahrnehmung eigener Interessen geprägt gewesen.
Der Kläger erhob am 19.02.2009 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg. Er machte geltend, er sei als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII versichert gewesen. Die Beklagte habe sich darüber hinaus nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob er nicht auch als Versicherter nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII anzusehen sei, denn er habe den Mitarbeiter O. aus einer gegenwärtigen Gefahr für dessen Leib und Leben gerettet. Er habe sich bei der Firma H., die einen Kfz-Mechaniker mit Schwerpunkt kaufmännischer Führungsqualität als Filialleiter gesucht habe, beworben, wobei die Tätigkeit fast ausschließlich im kaufmännischen Bereich gelegen hätte. Anlässlich eines wenige Tage vor dem Unfallereignis geführten Telefonats sei vereinbart worden, dass er den Betrieb und das kürzlich erworbene Straßenreinigungsfahrzeug für ausgelaufene Schadstoffreste anschauen könne. Es sollte in dieses Fahrzeug eingewiesen werden. Am 03.07.2008 habe er mit dem Firmeninhaber H. auf dem Betriebsgelände über das zustehende Grundgehalt und den weiteren Arbeitsablauf im Detail gesprochen. Es habe ein mündlich geschlossener Arbeitsvertrag vorgelegen. Während dieses Gesprächs habe sich ergeben, dass die Firma O. angerufen habe, weil bei ihr ein Radwechsel vorzunehmen sei. Der Geselle O. habe aber keinen Führerschein für den Lkw gehabt und der den Lkw sonst fahrende Mitarbeiter sei nicht vor Ort gewesen. Da er - der Kläger - den Firmen-LKW habe fahren dürfen, sei er zusammen mit dem Gesellen O. zu der Firma O. gefahren. Der Firmeninhaber H. habe konkrete Anweisungen gegeben, wie bei der Montage vorzugehen sei. Er - der Kläger - habe nicht eine überwiegend im eigenen Interesse liegende freiwillige Tätigkeit verrichtet, sondern sei im ausschließlichen Interesse der Firma H. tätig gewesen. Bei der Radmontage sei er, um den Sturz des Rades auf O. zu verhindern, auf die Schaufel des Baggers gesprungen und habe O. einen Stoß versetzt, damit dieser aus dem Gefahrenbereich herausgekommen sei. Bei dieser Rettungsaktion sei er ausgerutscht, weshalb das schwere Rad auf ihn gestürzt sei. Es habe jedenfalls eine versicherte Unfallhilfe vorgelegen.
Die Beklagte wandte ein, die Umstände, aus denen sich das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ergebe, seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverhältnis seien zum Unfallzeitpunkt nicht gegeben gewesen.
Mit Beschluss vom 03.08.2009 wurde die Unfallkasse B.-W. beigeladen. Die Beigeladene machte geltend, nach § 135 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII gehe die Versicherung als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII der Versicherung als Nothelfer nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a SGB VII vor. Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers sei das Bewerbungsverfahren insgesamt abgeschlossen gewesen, weshalb die Radmontage im Zusammenhang mit der Anordnung des Arbeitgebers erfolgt sei. Der Versicherungsschutz als Nothelfer greife daher nicht ein, weil ein Zusammenhang mit der versicherten Berufstätigkeit bestehe.
Das Sozialgericht hörte in der mündlichen Verhandlung am 09.03.2010 den Kläger an und vernahm O. und H. als Zeugen. O. gab an, er habe zum Zeitpunkt des Unfalls nicht auf der Baggerschaufel gestanden, andernfalls wäre er von dem Rad zerdrückt worden. Es habe keiner auf der Schaufel gestanden, beide seien vor der Schaufel links und rechts des Rades gestanden. Einen Stoß habe er vom Kläger nicht erhalten. Er fühle sich nicht von dem Kläger gerettet, er würde eher sagen, es sei umgekehrt gewesen. H. sagte aus, sie hätten jemanden für die Reifenmontage und für den Abschlepp- und Notdienst gesucht. Durch die Vorgeschichte des Klägers sei er davon ausgegangen, dass er im ganzen Spektrum eingesetzt werden könne. Beim Vorstellungsgespräch habe er dem Kläger gesagt, dass er nur jemanden einstellen möchte, der mindestens einen Tag zur Probearbeit komme. Der Kläger habe ihm auch ausdrücklich gesagt, dass er derartige Räder schon montiert habe. An dem Tag hätte auch er selbst mitfahren können. Er könne heute nicht mehr sagen, ob an diesem Tag das Büro schlecht besetzt gewesen sei und er deshalb nicht habe fortgehen können. Auf jeden Fall hätte er O. dazu gefragt, wie es mit dem Kläger gegangen sei. Außerdem sei geplant gewesen, dass der Kläger auch nach dem Termin bei der Firma O. weiter probegearbeitet hätte.
Mit Urteil vom 09.03.2010 hob das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide der Beklagten auf und stellte fest, dass es sich bei dem Unfall des Klägers vom 03.07.2008 um einen von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall handele. In den Entscheidungsgründen führte das Sozialgericht aus, der Kläger sei bei dem Radwechsel als Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert gewesen. Der Kläger und H. hätten sich zwar auf einen Probearbeitstag verständigt und der Kläger habe möglicherweise noch einen derartigen Probearbeitstag beim Aufsuchen des Betriebsgeländes am Morgen des 03.07.2008 beabsichtigt. Diese Grundlage sei jedoch verlassen worden, als H. ihn angewiesen habe, mit dem Zeugen O. zur Firma O. zu fahren. Da nur der Kläger über die erforderliche Fahrerlaubnis zur Ausführung des Auftrags verfügt habe, habe die Ausführung des Auftrags vom Kläger abgehangen. Die fehlende Eingliederung im Betrieb zeige sich bei den typischen Probearbeiten insbesondere darin, dass der Bewerber seine Verrichtung jederzeit unvollendet abbrechen könne. Demgegenüber sei die Firma H. hier darauf angewiesen gewesen, dass der Kläger den Auftrag bis zum Ende ausführe. Der Kläger habe bei der Ausführung auch einem umfassenden Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Dauer und Art der Ausführung unterlegen.
Das Urteil ist der Beklagten am 10.05.2010 und dem Kläger am 06.05.2010 zugestellt worden.
Die Beklagte hat am 04.06.2010 hiergegen Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, der Kläger sei zum Zeitpunkt des Unfalls nicht Beschäftigter gewesen. Der Kläger und der Zeuge H. hätten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass es sich um einen Probearbeitstag gehandelt habe. Um die Eignung für ein in Aussicht gestelltes Beschäftigungsverhältnis festzustellen, habe der Kläger an der Radmontage mitwirken sollen. Im Vordergrund habe nicht die Arbeitsleistung gestanden, vielmehr habe der künftige Arbeitgeber einschätzen wollen, mit welcher Einstellung der Kläger an die Arbeit herangehe. Eine Eingliederung in den Betrieb habe nicht stattgefunden. Die Probearbeit hätte jederzeit beendet werden können. Weshalb dies ohne das Risiko zivilrechtlicher Konsequenzen nicht möglich gewesen sein soll, sei nicht nachvollziehbar. Gegebenenfalls hätte H. selbst einspringen können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 09.03.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise festzustellen, dass es sich um einen von der Beigeladenen zu entschädigenden Arbeitsunfall handelt, hilfsweise dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen der Vorabentscheidung die im Schriftsatz vom 17.11.2011 auf Seite 2 und Seite 9 formulierten Fragen vorzulegen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Kläger hat am 26.08.2011 Anschlussberufung erhoben und hilfsweise die Verurteilung der Beigeladenen beantragt. Im Übrigen verweist er auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts. Die von der Beklagten zur Begründung ihrer Rechtsauffassung herangezogenen Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 01.10.2008 (L 17 U 43/08) und des Sozialgerichts Aachen vom 16.09.2009 (S 8 U 26/09) beträfen einen anderen Sachverhalt. Vorliegend sei er in den Betrieb eingegliedert gewesen. Ihm sei eine konkrete Aufgabe übertragen worden, wobei sowohl Ort als auch Zeit und die Dauer des Einsatzes vorgegeben gewesen seien. Nach Aussage des Zeugen H. habe er sowohl ihm als auch seinem Mitarbeiter O. konkrete Anweisungen gegeben. Auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 05.03.2002 - B 2 U 9/01 R - werde verwiesen. Danach werde selbst bei Annahme eines Fremdgeschäftsführungswillens die Eintrittspflicht der Berufsgenossenschaft bejaht, in deren Mitgliedsbetrieb sich das Unfallereignis ereignet habe. Nach dieser Entscheidung sei auch die Motivation des Verletzten, welche zur Arbeitsaufnahme geführt habe, von untergeordneter Bedeutung. Der EuGH solle im Rahmen der Vorabentscheidung zu den im Hilfsantrag dargelegten Rechtsfrage Stellung nehmen. Insoweit sei zu klären, ob die Regelung des § 2 SGB VII, welche aus eigenem Antrieb auf Arbeitssuche befindliche Arbeitnehmer vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung ausnehmen, der Richtlinie entgegenstehe. Die Richtlinie sei erlassen, um einen wirksamen Schutz besonders gefährdender Arbeitnehmer auf dem Gebiet der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Hierunter seien auch Arbeitnehmer im Probearbeitsverhältnis zu fassen.
Die Beigeladene beantragt - nach sachdienlicher Auslegung -,
die Anschlussberufung des Klägers, soweit ihre Verurteilung beantragt ist, zurückzuweisen.
Sie trägt vor, nach der Aussage des Zeugen O. habe er keinen Stoß des Klägers erhalten und auf Frage des Gerichts, ob er sich vom Kläger gerettet fühle, habe er angegeben, es sei eher umgekehrt gewesen. Ihre Zuständigkeit komme nicht in Betracht.
Im nicht-öffentlichen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 26.08.2011 ist der Mitarbeiter der Firma O., R. L. (L.), als Zeuge vernommen worden. Er hat angegeben, er könne sich nicht erinnern, dass es eine Situation gegeben habe, in der der Kläger seinen Kollegen O. davor bewahrt habe, selbst vom Reifen getroffen zu werden. Nach seiner Schätzung habe der Ersatzreifen einen Durchmesser von etwa 1,6 bis 1,8 m gehabt. Wegen der Radgröße hätten der Kläger und sein auf der anderen Seite des Rades stehender Kollege nicht immer Blickkontakt gehabt. Der Kläger habe auf der Baggerschaufel gestanden, er könne heute aber nicht mehr mit Sicherheit sagen oder ausschließen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls der Kollege des Klägers auch auf der Schaufel gestanden habe. In der Regel werde aber der Reifen mit der Ecke der Schaufel aufgenommen, um schräg unter den Reifen heranzukommen. Bei dieser Verfahrensweise stabilisiere die eine Seitenwand der Schaufel den Reifen. Auf der anderen Seite des Reifens sei genug Standfläche. Eigentlich könne auf der Seite, wo der Reifen an die Seitenwand der Schaufel lehne, niemand mehr auf der Schaufel gestanden haben, es sei denn, er habe ganz vorne am Rand gestanden. In der Regel sei es aber so, dass der Betreffende auf dem Boden stehe. Derjenige, der auf der Seite der stabilisierenden Seitenwand der Baggerschaufel stehe, sei jedenfalls von der Seite her nicht durch einen herunterrutschenden Reifen gefährdet. Von vorne könne der Reifen aber auf den Betreffenden stürzen.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers sind statthaft, Berufungsausschlussgründe nach §§ 143,144 SGG liegen nicht vor. Die formgerecht eingelegten Berufungen sind auch im Übrigen zulässig. Die Berufung der Beklagten ist fristgerecht erhoben worden.
Die am 26.08.2011 eingelegte und daher nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist eingegangene Berufung des Klägers ist als unselbständige Anschlussberufung zulässig (§ 202 SGG i. V. m. § 524 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)), wobei die an die Berufungserwiderungsfrist geknüpfte Anschlussberufungsfrist (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO) nicht gilt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 143 Rdnr. 5), denn eine vergleichbare Regelung zur Berufungserwiderung gemäß § 521 Abs. 2 i.V.m. §§ 277, 296 ZPO fehlt im sozialgerichtlichen Verfahren.
Die Berufung der Beklagten ist begründet (siehe unten A), die Anschlussberufung des Klägers ist dagegen nicht begründet (siehe unten B).
A Die Berufung der Beklagten ist begründet. Ihr Bescheid vom 27.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2009 ist rechtmäßig. Das von ihr angefochtene Urteil des Sozialgerichts mit der darin getroffenen Feststellung eines Arbeitsunfalls war daher aufzuheben. Ein von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall lag nicht vor.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
A 1 Kraft Gesetzes sind versichert nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Beschäftigte.
Der Kläger war bei der Firma H. nicht beschäftigt. Beschäftigung ist nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 SGB IV, der für sämtliche Bereiche der Sozialversicherung gilt (vgl. z.B. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 1), die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Zwischen dem Kläger und der Firma H. bestand entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kein Arbeitsverhältnis.
Ein auf Arbeitsvertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis ist zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen. Unstreitig war ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht zu Stande gekommen. Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger auch nicht aufgrund eines mündlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages tätig geworden. Ausdrücklich mündlich geäußerte oder konkludent abgegebene Willenserklärungen des Klägers und von H. zum Abschluss eines Arbeitsvertrages sind nicht nachgewiesen. Anhaltspunkte dafür, dass die ursprünglich ins Auge gefasste Probearbeit beendet war oder mit der Erledigung des Auftrages bei der Firma O. nicht mehr durchgeführt werden sollte, wie das Sozialgericht meint, hat der Senat nicht. Der Zeuge H. hat bei seiner Vernehmung angegeben, er stelle nur jemand ein, der einen Tag Probearbeit geleistet habe. Zu den Aufgaben des Klägers hätte auch gehört, in der Werkstatt ähnlich wie bei der Firma O. Reifen zu wechseln. Nach der Reifenmontage beim Kunden O. wäre der Kläger weiter mit Probearbeiten befasst worden. Nach dieser Aussage ist nicht erkennbar, dass der Kläger bereits vom Zeugen H. eingestellt worden war, als er zusammen mit dem Zeugen O. zur Firma O. gefahren ist. Die vom Zeugen H. berichtete Frage an den Kläger, "ob es für ihn ein Problem darstelle", den Kundenauftrag bei der Fa. O. auszuführen, ist weder nach dem Wortlaut noch nach den äußeren Umständen als Vertragsangebot eines Arbeitsvertrages zu verstehen. Für ein Vertragsangebot sprechende Umstände hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht überzeugend dargelegt. Dass vor dem Probearbeitstag die Vertragsbedingungen in Vorgesprächen weitgehend abgeklärt waren und hierüber Einigung bestand, ändert nichts an der Tatsache, dass eine Probearbeit vor dem endgültigen Vertragsschluss vereinbart war, was der Kläger auch nicht bestritten hatte. Es war für den Senat auch nicht erkennbar, dass die Reifenmontage nicht dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle entsprach und daher eine gesonderte Absprache zu unterstellen wäre. Abgesehen davon, dass hiermit ein Arbeitsvertrag - in Abgrenzung zur werksvertraglichen Geschäftsbesorgung - auch nicht belegt wäre, ist ausweislich der vorgelegten Stellenausschreibung, auf die sich der Kläger beworben hatte, ein Mitarbeiter für den Werkstattbereich gesucht worden, was Reifenmontage umfasst. Die Aussage von H., der Kläger wäre damit auch betraut worden, ist sonach auch glaubhaft. Dem vom Kläger behaupteten Stellenprofil seiner künftigen Tätigkeit im kaufmännischen Bereich hatte H. widersprochen. Dagegen spricht auch, dass der Kläger seine eigene Arbeitskleidung mitgebracht hatte, die für Büroarbeiten nicht erforderlich gewesen wäre.
Aus der Aussage des Zeugen L., der Kläger habe ihm gesagt, heute sei sein erster Arbeitstag, lässt sich zur Überzeugung des Senats eine bereits erfolgte arbeitsvertragliche Anstellung des Klägers nicht sicher herleiten, da seine Angaben auf der Fahrt ins Krankenhaus gegenüber dem Kunden auf anderen Motiven beruht haben mögen, sei es, dass er dem Kunden nicht offen legen wollte, die Firma H. habe den Kundenauftrag für einen "Einstellungstest" genutzt, sei es dass er die in der Probearbeit ersichtlich gewordene Unerfahrenheit nicht noch durch die Offenlegung eines fehlenden festen Arbeitsvertrages verstärken wollte. Letztlich kann auch dahinstehen, ob der Zeuge L. Angaben des Klägers mit einem Arbeitsvertrag auf Probe verwechselt oder missverstanden hat.
Gegen eine feste Anstellung spricht auch das eigene Vorbringen des Klägers bis zum Ende des Widerspruchsverfahrens. Der Kläger hatte in der Anzeige des Unfalls an die Beklagte und auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens durchgehend von einer Probearbeit gesprochen. Erstmals mit der Klagebegründung wird vorgetragen, es sei ein mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden. Dies ist als gesteigertes Vorbringen zur Überzeugung des Senats nicht glaubhaft, wie auch der Kläger für den Senat wenig glaubwürdig ist, denn auch seine übrigen Angaben zum Unfallhergang sind in der Beweisaufnahme des Sozialgerichts und des Senats nicht bestätigt worden (siehe unten). Diese Einschätzung wird auch noch verstärkt durch das Verhalten des Klägers im Nebenverfahren zum Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH), die ihm zunächst unter Ratenzahlung gewährt worden war. Im Nebenverfahren war ein Stundungsantrag mit der unrichtigen Angabe, es seien noch Raten für die PKH-Bewilligung aus erster Instanz zu entrichten, gestellt worden und schließlich ist die PKH-Bewilligung für das Berufungsverfahren rückwirkend entzogen worden, da im Antragsformular eine anderweitige Rechtsgewährung nicht angegeben worden war. Unter Gesamtwürdigung des Vorbringens des Klägers und des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht daher für den Senat fest, dass der Zeuge H. sich am Unfalltag von der Eignung des Stellenbewerbers noch kein abschließendes Bild gemacht hatte und - für den Kläger erkennbar - ihn mit der Radmontage im Rahmen einer Probearbeit, die vor Abschluss des Arbeitsvertrages im Rahmen der Vertragsanbahnung durchgeführt wird, betraute. Insoweit liegt auch kein Abschluss eines Arbeitsvertrages mit Probezeit vor, bei der der Arbeitgeber grundsätzlich von der Eignung des Arbeitnehmers ausgeht, aber ein gegenseitiges Kündigungsrecht ohne Angabe von Kündigungsgründen für einen begrenzten Zeitraum vereinbart ist.
A 2 Entgegen der Auffassung des Klägers ist er auch nicht als Wie-Beschäftigter tätig geworden. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII sind auch Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Beurteilungsmaßstab für eine abhängige Beschäftigung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist § 7 Abs. 1 SGB IV, der für sämtliche Bereiche der Sozialversicherung gilt, in der ab 01.04.1999 geltenden Fassung. Danach ist eine Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Ein solches setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem Fremdbetrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Voraussetzungen müssen bei der Wie-Beschäftigung nicht vollständig vorliegen. Maßstab ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Die Anwendung der Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB VII setzt aber voraus, dass der Betreffende wie ein in einem Arbeitsverhältnis Stehender tätig wird und es sich hierbei um eine mehr oder weniger vorübergehende fremdbestimmte Tätigkeit handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht (vgl. stellvertretend BSG Urteil vom 18.03.2003 B 2 U 25/02 R-, veröffentlicht in Juris) und von wirtschaftlichem Wert oder wirtschaftlichen Nutzen ist. Die Tätigkeit muss ferner ihrer Art nach üblicherweise auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von Personen in einem Beschäftigungsverhältnis verrichtet werden (ständige Rechtsprechung; vgl. u. a. BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 25 und Nr. 60 jeweils mit weiteren Nachweisen). Für die Bestimmung einer einem fremden Unternehmen wesentlich dienenden Tätigkeit ist maßgeblich auf die Handlungstendenz der tätigen Personen, d. h. auf deren subjektive Sicht, abzustellen (BSG a. a. O. § 539 Nr. 100).
Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen einer - vorübergehenden - Eingliederung in den Betrieb mit Weisungsgebundenheit - soweit fachliche Anordnungen betreffend - und einer dem erklärten Willen des Auftraggebers/Arbeitgebers entsprechenden Tätigkeit von wirtschaftlichem Nutzen sowie einer der Art nach auf dem Arbeitsmarkt üblichen Verrichtung erfüllt. Jedoch ist die für den Versicherungsschutz ausschlaggebende, mit dem objektiv arbeitnehmerähnlichen Tun verbundene Handlungstendenz (BSG, Urteil vom 20.01.1987 - 2 RU 15/86 -, SozR 2200 § 589 Nr. 119) des Klägers nicht vom einem prägenden Fremdgeschäftsführungswillen getragen gewesen.
Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass im Rahmen der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses Tätigkeiten während einer Probearbeit wesentlich von dem eigenwirtschaftlichen Interesse des Stellenbewerbers geprägt sind, der die Firma von seiner Eignung für die angebotene Stelle überzeugen und damit den Abschluss des Arbeitsvertrages erreichen möchte (BSG Urteil vom 20.01.1987 a.a.O.). Unerheblich ist in diesem Fall, dass der Stellenbewerber sich vorübergehend in den Betriebsablauf eingliedert und auch für den Betrieb nützliche und verwertbare Arbeiten verrichtet (BSG a.a.O.). Ziel der Probearbeit ist gerade die vorübergehende betriebliche Eingliederung wie bei den anderen Beschäftigten des Betriebes, um die fachliche und persönliche Eignung des Stellenbewerbers im normalen Betriebsablauf am möglichen künftigen Arbeitsplatz zu erkennen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und des Klägers ist nicht ersichtlich, weshalb durch die Wahrnehmung eines Kundenauftrages außerhalb des Betriebsgeländes aus Sicht des Zeugen H. und auch aus Sicht des Klägers keine Probearbeit stattgefunden haben soll. Ein Abbruch der Probearbeit wäre dem Kläger auch auf dem Betriebsgelände der Firma O. möglich gewesen. Welche zivilrechtlichen Konsequenzen sich hieraus für die Firma H. gegenüber der Firma O. ergeben hätten, worauf der Kläger abstellt, ist nicht entscheidungserheblich. Abgesehen davon ist weder vorgetragen noch für den Senat ersichtlich, dass im konkreten Fall Schadensersatzansprüche oder ähnliches begründet oder geltend gemacht worden wären, zumal nach Aussage des Zeugen L. die Firma O. regelmäßiger Kunde der Firma H. ist.
Soweit der Kläger sich auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 05.03.2002 – B 2 U 9/01 R - beruft, ergeben sich hieraus bei der gegebenen Sachlage keine andere Beurteilungsansätze. Dem vom BSG entschiedenen Revisionsverfahren lag ein Zuständigkeitsstreit verschiedener Unfallversicherungsträger zu Grunde, weil der Unfallverletzte als Bruder einer landwirtschaftlichen Unternehmerin das von ihr gestellte Holz in einem Sägewerkunternehmen selbst zu Bauholz verarbeitete, um für seine Schwester eine Kostenersparnis und den früheren Abschluss von Sägearbeiten zu erreichen. Vorliegend war aus den Umständen des Falles ein Fremdgeschäftsführungswille des Verletzten angenommen worden entweder zugunsten des landwirtschaftlichen Unternehmens der Schwester oder des Sägewerkunternehmens. Eine eigenwirtschaftliche Handlungstendenz kam nicht in Betracht. Weitere Folgerungen sind aus dieser Entscheidung daher nicht zu ziehen.
B 1 Die Anschlussberufung des Klägers, mit der er hilfsweise eine Verurteilung der Beigeladenen anstrebt, ist unbegründet. Eine Verurteilung der Beigeladenen war nicht auszusprechen. Die Beigeladene als zuständiger Unfallversicherungsträger für die Versicherungsfälle der Nothelfer nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a) SGB VII ist nicht entschädigungspflichtig für den streitigen Unfall des Klägers. Der Kläger war am 03.07.2008 nicht versichert nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a) SGB VII.
Nach dieser Vorschrift ist versichert, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leistet oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit rettet. Es steht nicht zur sicheren Überzeugung des Senats fest, dass der Unfall des Klägers bei der Rettung des Zeugen O. vor dem umkippenden Ersatzrad geschehen ist, wie der Kläger behauptet hat. Eine solche Rettungsaktion ist nicht nachgewiesen. Weder der vom Sozialgericht vernommene Zeuge O. noch der im Berufungsverfahren vernommene Zeuge L. haben eine Verrichtung des Klägers geschildert, aus der eine Rettung des Zeugen O. aus einer gegenwärtigen Gesundheitsgefahr ersichtlich wird. Der Zeuge O. hat dies ausdrücklich verneint. Der Zeuge L. hat sich an einen solchen Vorgang nicht erinnert. Der Senat hat auch keinen Anknüpfungspunkt hierfür in dem von beiden Zeugen übereinstimmend geschilderten Ablauf der Radmontage erkennen können. Nach Aussage beider Zeugen standen der Kläger und der Zeuge O. jeweils links und rechts neben dem mindestens 1,6 bis 1,8 m Durchmesser umfassenden Rad, wobei nach Aussage des Zeugen O. beide vor der Baggerschaufel standen, nach Aussage des Zeugen L. stand jedenfalls der Kläger von Anfang an auf der Baggerschaufel. Blickkontakt zwischen dem Kläger und O. war wegen der Größe des Rades nicht immer möglich. Nach beiden Sachverhaltsvarianten ist es aus Sicht des Senats deshalb schwer vorstellbar, dass der Kläger den Zeugen O. über das Rad hinweg oder hinter dem Rad entlang mit einem Stoß hätte erreichen können, um ihn aus dem Gefahrbereich des umkippenden Rades zu bringen. Der Kläger hat hierzu nach Abschluss der Beweisaufnahme nichts Weiteres vorgetragen, weshalb der Senat seine Angaben über eine Rettung für unglaubhaft hält.
Darüber hinaus besteht auch kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII. Danach sind Personen versichert, die nach den Vorschriften des SGB II oder des SGB III der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung einer Dienststelle der Bundesanstalt für Arbeit, eines nach § 6a des SGB II zugelassenen kommunalen Trägers oder des nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des SGB II zuständigen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen. Eine Aufforderung der zuständigen Agentur für Arbeit O. an den Kläger, sich bei der Firma H. vorzustellen, war nach deren Auskunft vom 07.11.2008 nicht ergangen. Dies hat der Kläger auch nicht in Abrede gestellt, weshalb von der Beiladung des für diesen Versicherungsfall zuständigen Versicherungsträgers, der Unfallkasse des Bundes (§ 125 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII), abgesehen worden ist.
Weshalb die Versicherungstatbestände nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VII unter dem Gesichtspunkt der Europäischen Sozialcharta vorliegend dahingehend auszulegen sind, dass gleichwohl Versicherungsschutz aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestand, ist nicht ersichtlich. Die behauptete Behinderung trat nach Vorbringen des Klägerbevollmächtigten im Termin vor dem Senat erst nach dem Unfall mit den geltend gemachten Unfallfolgen ein. Zum Umfallzeitpunkt war der Kläger nicht Behinderter. Außerdem ist nicht vorgetragen, welche Auslegungskriterien aus der Sozialcharta für die vom Kläger beanspruchte Gesetzesauslegung zu gewinnen sind. Darüber hinaus kommen Ansprüche auf Teilhabeleistungen gegen den Rentenversicherungsträger und ggfs. aus der Arbeitslosenversicherung in Betracht, wenn deren gesetzliche Voraussetzungen vorliegen.
B 2 Die Anschlussberufung des Klägers hat auch mit seinem weiteren Hilfsantrag, den Rechtsstreit zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen, keinen Erfolg.
Nach Art. 267 Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ((AEUV) veröff. im Amtsblatt der Europäischen Union C 83 vom 30.03.2010) entscheidet der EuGH im Wege der Vorabentscheidung a) über die Auslegung der Verträge, b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union. Abs. 2 dieses Artikels lautet: Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaates gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.
Die dem EuGH übertragene Aufgabe bei Vorabentscheidungsersuchen besteht darin, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben (EuGH Urteil vom 15.09.2011 – C-197/10 -, ABl. Eu 2011, Nr. C 319,8-9). Der Senat sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens keine Veranlassung, zur Auslegung der Richtlinie 1991/383 der Europäischen Union (im Folgenden nur noch Richtlinie) eine Vorabentscheidung herbeizuführen. Richtlinien sind kein unmittelbar geltendes Recht, sondern sie verpflichten die nationalen Stellen der Mitgliedsländer ihre Inhalte im nationalen Recht umzusetzen (vgl. hier Art. 10 und 11 der Richtlinie). Vorliegend war die Richtlinie bis 31.12.1992 umzusetzen (Art. 10 der Richtlinie). Ob bereits deshalb eine Vorabentscheidung ausscheidet, mag dahinstehen. Eine Entscheidungsrelevanz der zur Vorabentscheidung gestellten Rechtsfragen ist nicht gegeben. Die Richtlinie galt für Arbeitsverhältnisse aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages und für Leiharbeitsverhältnisse (Art. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Richtlinie). Ziel war die Sicherstellung des gleichen Schutzniveaus der genannten Arbeitnehmer mit den anderen Arbeitnehmern im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (Art. 2 der Richtlinie). Regelungen zur Entschädigung von Arbeitsunfällen sind in der Richtlinie nicht enthalten.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung ist nicht zu erkennen. Die Anwendung von Sicherheitsvorschriften und Gewährung von Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz unterscheidet sich im Fall des Klägers nicht von den aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarungen tätigen Arbeitnehmern. Der Kläger war außerdem als Arbeitsloser krankenversichert. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, inwiefern hinsichtlich der Gewährung von Unfallversicherungsschutz die in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VII aufgeführten Tatbestände der gesetzlichen Unfallversicherung unzureichend sind oder im Falle des Klägers einer gemeinschaftswidrigen Auslegung unterliegen. Das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist ein hinreichend zuverlässiges Differenzierungsmerkmal, weshalb auch keine willkürliche Unterscheidung vorgenommen wird. Ein Verstoß gegen das national geltende Gleichheitsgebot in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) oder gegen das Recht der freien Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG wurde demnach auch verneint (BSG Urteil vom 20.01.1987 a.a.O). Schließlich ist seitens des Klägers auch nicht vorgetragen, inwieweit er im Vergleich mit arbeitssuchenden Unionsbürgern der Mitgliedsländer einem Nachteil unterliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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