L 13 R 3662/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3404/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3662/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1953 geborene Kläger hat den Beruf des Bau- und Möbelschreiners erlernt. Er war seit 1975 bis zuletzt als Kraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Zwischenzeitlich bezog er von 1. November 1997 bis 31. Dezember 2002 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und war danach wieder als Kraftfahrer tätig. Die auf Weitergewährung der Rente gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Konstanz (Az. S 4 RJ 469/03) nahm der Kläger im Januar 2004 zurück. Seit Dezember 2007 ist der Kläger arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos.

Am 2. Juni 2008 stellte der Kläger erneut einen Rentenantrag mit der Begründung, dass er sich wegen eines Bandscheibenvorfalls seit Dezember 2007 für erwerbsgemindert halte. Die darauf von der Beklagten veranlasste ärztliche Begutachtung durch Dr. F. am 3. Juli 2008 erbrachte vor allem einen chronisch anhaltenden Schmerzzustand der LWS und im linken Gesäß und deutliches Übergewicht. Aufgrund der Wirbelsäulenschädigung liege eine deutliche Minderbelastbarkeit vor, woraus sich qualitative Leistungsminderungen ableiten ließen. Leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen könnten jedoch noch ohne Gefahr für die Gesundheit im vollschichtigen Umfang ausgeübt werden. Mit Bescheid vom 10. Juli 2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da der Kläger nicht erwerbsgemindert sei. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 5. November 2008).

Am 25. November 2008 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. In der Zeit vom 12. bis 25. Februar 2009 befand sich der Kläger in schmerztherapeutischer Behandlung in der O.-Klinik in W ... Im Entlassungsbericht vom 10. März 2009 wurden ein chronisches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen und eine somatoforme Schmerz¬störung diagnostiziert. Eine psychologische Intervention lehne der Kläger derzeit ab. Zunächst müsse wohl das Sozialgerichtsverfahren abgewartet werden. Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Unter dem 23. März 2009 hat der Chefarzt der O.-Klinik, Dr. K., angegeben, dass zusätzlich zu den Diagnosen im Verwaltungsverfahren eine längere depressive Reaktion und eine somatoforme Störung durch den psychosomatischen Konziliararzt Dr. Sch. beim Kläger festgestellt worden seien. Der Orthopäde Dr. D. hat unter dem 28. April 2009 mitgeteilt, dass auch eine leichte Tätigkeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen aufgrund der chronischen Schmerzsituation nur unter drei Stunden möglich sei. Eine psychologische Mitbeurteilung der Belastungsfähigkeit werde für erforderlich gehalten. Das SG hat weiterhin ein nervenärztlich-sozialmedizinisches Gutachten beim Neurologen und Psychiater Dr. H., der auch als qualifizierter psychosomatischer Schmerzgutachter zertifiziert ist, eingeholt. In seinem Gutachten vom 4. Juni 2009, beruhend auf einer Untersuchung am selben Tag, hat der Sachverständige festgehalten, dass der Kläger ihm einen ausgefüllten Tageablauf geschildert habe. Er mache den Haushalt, gehe zum Einkaufen und habe einen reichlichen Freundes- und Bekanntenkreis. Der Kläger sei auch Mitglied der Festkommission eines Stadtfestes. Es habe sich im Grunde kein gravierender Organbefund ergeben, der die angegebenen Schmerzen organisch erklären könne. Für ein depressives Syndrom habe sich kein Hinweis ergeben. Der Kläger werde in diese Richtung auch nicht behandelt. Es sei die Diagnose einer undifferenzierten Somatisierungsstörung und eines chronischen Lumbalsyndroms ohne schwerwiegende Funktionseinschränkungen zu stellen. Der Kläger sei noch in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Eine zeitliche Leistungsminderung sei nicht begründbar. Unzumutbar seien allerdings körperliche Schwerarbeiten, ständiges Heben und Tragen von Lasten, ständiges Bücken, Treppen- und Leiternsteigen sowie Tätigkeiten überwiegend im Freien und unter Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein psychotherapeutisch-psychosomatisches Fachgutachten bei Dr. Sch. eingeholt. Unter dem 31. Januar 2010 hat der Sachverständige neben einem chronischen Schmerzsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperation und Postnukleotomie-Syndrom eine Anpassungsstörung im Sinne einer länger andauernden depressiven Reaktion diagnostiziert. Aufgrund der Gesamtsymptomatik, sowohl schmerzbedingt, psychologisch wie auch interpersonell, sei der Kläger in seinen gesamten Leistungsbereichen deutlich eingeschränkt. Er könne nur noch drei bis unter sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingesetzt werden. Das SG hat schließlich noch den behandelnden Kardiologen Dr. Sch. als sachverständigen Zeugen befragt. Unter dem 27. Mai 2010 hat dieser angegeben, dass der Kläger ausreichend gut belastbar sei. Die letzte Belastungsuntersuchung habe 125 Watt mit leichten thorakalen Beschwerden ergeben. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden verrichten. Mit Urteil vom 30. Juni 2010 hat das SG aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen. Bei dem Kläger bestünden vor allem eine undifferenzierte Somatisierungsstörung und ein chronisches Lumbalsyndrom. Eine rentenrelevante quantitative Einschränkung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ließe sich daraus nicht ableiten. Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen des Klägers entnehme das SG insbesondere dem Gerichtsgutachten von Dr. H., das im Wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgutachten von Dr. F. stehe. Soweit Dr. Sch. von einem deutlich zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen des Klägers ausgehe, könne dem nicht gefolgt werden. Eine so weitgehende Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens hätte beim Kläger nicht festgestellt werden können. Die Einschätzung von Dr. Sch., der auch behandelnder Arzt des Klägers sei und dessen objektive Distanz zum Kläger fraglich erscheine, sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig, da er als Kraftfahrer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar sei.

Gegen das ihm gemäß Empfangsbekenntnis am 6. Juli 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 4. August 2010 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung wird vorgetragen, das SG hätte das Gutachten von Dr. Sch. nicht allein deshalb zurückweisen dürfen, weil dieser als regelmäßiger Behandler des Klägers angeblich zu diesem keine ausreichende Distanz aufweise. Eine zutreffende Beurteilung der Erwerbsminderung könne im vorliegenden Fall nur eine Gesamtschau sämtlicher Krankheiten und Krankheitsfolgen ermöglichen. Bezüglich des vom Senat eingeholten Gutachtens von Dr. M. stelle sich die Frage, inwieweit dies überhaupt verwertbar sei. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige sei kein Orthopäde und auch kein Schmerztherapeut, sondern ein Internist, der sich im Wesentlichen mit den internistischen Beschwerden des Klägers auseinandergesetzt habe. Unter Berücksichtigung der Widersprüche im Gutachten selbst und aufgrund der nur teilweisen Begutachtung der Beschwerden des Klägers halte der Kläger das Gutachten als Grundlage für eine Berufungsentscheidung nicht für geeignet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 10. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 2. Juni 2008 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Der Senat hat den Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. M. mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger beauftragt. In seinem Gutachten vom 14. September 2010, beruhend auf einer Untersuchung des Klägers am selben Tag, hat Dr. M. bei dem Kläger neben einer koronaren Herzkrankheit eine chronifizierte Schmerzerkrankung mit deutlicher Betonung auf die Lendenwirbelsäule diagnostiziert, die er im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung sieht. Dem Kläger seien demnach noch körperlich leichte Tätigkeiten mit einer Hebe- und Tragebelastung bis maximal fünf bis zehn kg etwa zehnmal in der Stunde sechs Stunden täglich zuzumuten, wobei eine Rückenbelastung vermieden werden sollte und Tätigkeiten auf Leitern etc. sowie auch mit Eigen- und Fremdgefährdung nicht mehr leidensgerecht seien.

Die Beteiligten wurden unter dem 28. September 2010 darüber unterrichtet, dass eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung beabsichtigt sei (vgl. § 153 Abs. 4 SGG).

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen zwei Bund Verwaltungsakten der Beklagten, die Vor- und Klageakte des SG (S 4 RJ 469/03 und S 8 R 3404/08) und die Berufungsakte des Senats (L 13 R 3662/10) Bezug genommen. II.

Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 153 Abs. 4 SGG), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen. Einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG steht vorliegend insbesondere nicht entgegen, dass der Senat ein Sachverständigengutachten eingeholt hat (vgl. BSG vom 13. Oktober 1993 - 2 BU 79/93 = SozR 3-1500 § 153 Nr. 1 - Juris Rdnr. 8).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs.1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der den Rentenantrag des Klägers vom 2. Juni 2008 ablehnende Bescheid vom 10. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der auch im vorliegenden Fall anwendbaren Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.

Gemäß § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB V) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).

Der Kläger ist zur vollen Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit einer Reihe von qualitativen Einschränkungen - zu vermeiden ist eine Rückenbelastung, die Hebe- und Tragebelastung darf bis maximal fünf bis zehn kg betragen, dies etwa zehnmal in der Stunde mit der Möglichkeit, die Körperhaltung halbstündig zwischen Sitzen, Gehen und Stehen wechseln zu können, wobei Tätigkeiten auf Leitern etc. und solche mit Eigen- und Fremdgefährdung, überwiegend im Freien und unter Einwirkung von Kälte, Nässe und Zugluft unzumutbar sind - mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Er ist damit weder erwerbsgemindert, noch berufsunfähig und hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung.

Dass bei dem Kläger eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß nicht gegeben ist, hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der umfassend erhobenen Beweise zutreffend insbesondere aus dem Sachverständigengutachten von Dr. H. geschlussfolgert. Das SG hat überzeugend dargelegt, weshalb es nicht der Einschätzung des Leistungsvermögens im auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten von Dr. Sch. folgt, welches im Widerspruch zum Gutachten Dr. H. steht. Der Senat schließt sich deshalb zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils vom 30. Juni 2010, insbesondere der dort vorgenommenen Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers zur Begründung der Berufung und die im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Vielmehr ist durch das vom Senat in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten des Dr. M. die Richtigkeit der vom SG vorgenommenen Beweiswürdigung bestätigt worden. Auch Dr. M. hat dem Kläger noch ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts attestiert. Das Ergebnis seiner Begutachtung deckt sich weitestgehend mit dem Gutachten von Dr. H ... Soweit Dr. M. im Rahmen einer orientierenden psychischen Mitbeurteilung fachfremd von einem "teildepressiven Kläger" spricht, wohingegen Dr. H. für ein depressives Syndrom überhaupt keine Anhaltspunkte gesehen hat, so kann nicht ausgeschlossen werden, dass zwischenzeitlich eine diesbezügliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers eingetreten ist. Quantitative Leistungsbeeinträchtigungen resultieren hieraus indes nicht: Der Kläger selbst hat Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme verneint - auch hierin zeigt sich die mangelnde Nachvollziehbarkeit des Gutachten Sch., wurden doch darin gerade solche Konzentrationsstörungen und Gedächtnisstörungen im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen in den Vordergrund gestellt. Auch ansonsten lassen sich der Exploration durch Dr. M. keine psychischen Funktionseinschränkungen in einem Ausmaß entnehmen, dass man hieraus eine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens ableiten könnte. Letztlich lässt auch das Fehlen von Therapieansätzen entsprechende Schlüsse auf das Ausmaß des psychischen Leidensdruck des Klägers zu; so nimmt der Kläger derzeit noch nicht mal Antidepressiva ein.

Auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung ist nicht gegeben. Einschränkungen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, liegen beim Kläger nicht vor. Zwar schränken die beim Kläger festgestellten Einschränkungen das Spektrum der in Betracht kommenden Tätigkeiten ein, sie vermögen jedoch keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts zu begründen.

Letztlich liegen auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI nicht vor; der Kläger ist nicht berufsunfähig. Zwar kann der Kläger nicht mehr als Kraftfahrer tätig sein; dies hat der Sachverständige Dr. M. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar damit begründet, dass dem Kläger lang andauernde Sitzbelastungen vor dem Hintergrund der chronifizierten Schmerzerkrankung mit deutlicher Betonung auf den Lendenwirbelsäulenbereich nicht mehr zumutbar sind und er auch nicht mehr zu wesentlichen Be- und Entladetätigkeiten imstande ist. Der Kläger ist indes im Hinblick auf die von ihm zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kraftfahrer eines LKWs, der er sich, ohne dass nachgewiesen wäre, dass gesundheitliche Gründe dafür maßgebend waren, bereits kurze Zeit nach Beendigung der Berufsausbildung 1975 zugewandt hatte, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Zur Überzeugung des Senats ist der bisherige Beruf des Klägers allenfalls dem Bereich der unteren Angelernten zuzuordnen. Zwar ist nach der am 1. August 2001 in Kraft getretenen Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung (BKV) vom 19. April 2001 der Ausbildungsberuf Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin staatlich anerkannt und die Ausbildungsdauer gemäß § 2 BKV auf drei Jahre festgesetzt worden. Der Kläger hat jedoch weder diese verlängerte Ausbildung von drei Jahren nach der BKV noch die zweijährige Ausbildung zum Berufskraftfahrer auf der Grundlage der Berufskraftfahrerausbildungsverordnung vom 26. Oktober 1973 absolviert. Soweit ausnahmsweise bei einer langjährigen Tätigkeit in dem Beruf auch ohne formelle Ausbildung zum Berufskraftfahrer Berufsschutz als oberer Angelernter angenommen werden kann, wenn ein Versicherter in vollem Umfang über die praktischen und theoretischen Kenntnisse des Ausbildungsberufes verfügt, liegen auch diese Voraussetzungen nicht vor. Diese sind anhand von Indizien zu bestimmen, wozu neben der Dauer der Tätigkeit auch die tarifvertragliche Entlohnung, die Einarbeitungszeit und die beruflichen Vorkenntnisse gehören (BSG vom 24. April 1997 - 13 RJ 59/96 - Juris Rdnr. 15 ff.). Ausweislich der Auskunft des früheren Arbeitgebers des Klägers im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten vom 25. Mai 1998 war der Kläger zuletzt mit der Auslieferung von Tafel- und Kernobst beschäftigt und nicht in einer Vorgesetztenfunktion tätig. Nach dortiger Einschätzung sei für die zuletzt vom Kläger ausgeübte Tätigkeit eine bis zu dreimonatige Anlernzeit erforderlich und eine entsprechende tarifliche Einstufung erfolgt. Der Kläger ist demnach allenfalls als unterer Angelernter einzustufen. Als solcher ist der Kläger auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass es einer konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf.

Danach war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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