L 5 KR 119/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 351/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 119/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Krankengeld vom 2.1. bis 18.3.2009.

Der 1950 geborene Kläger hatte unter dem 12.12.2007 einen Arbeitsvertrag (Hilfskraft Spritzerei) geschlossen. Dieser war auf 6 Monate befristet. Er verlängerte sich automatisch jeweils um weitere 6 Monate, wenn nicht spätestens 2 Wochen vor Ablauf der Verlängerung widersprochen wird. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers endete zum 31.12.2008; sein Arbeitgeber hatte der weiteren Verlängerung des Arbeitsvertrags mit Schreiben vom 8.12.2008 widersprochen. Aufgrund der Beschäftigung war der Kläger pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gewesen.

Am 17.10.2008 meldete sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit V.-S. zum 1.1.2009 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld I. Mit Bescheid vom 26.1.2009 stellte die Arbeitsagentur den Eintritt einer Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1.1. bis 7.1.2009 fest; der Kläger habe sich verspätet arbeitssuchend gemeldet. Die dagegen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 9.2.2009) beim Sozialgericht Reutlingen erhobene Klage wurde mit Urteil vom 11.11.2009 (- S 8 AL 742/09 -) abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Am 5.1.2009 stellte die Allgemeinärztin Dr. T. dem Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Erstbescheinigung) aus. Arbeitsunfähigkeit wurde für die Zeit vom 2.1.2009 bis 7.1.2009 festgestellt. Ab 8.1.2009 wurde der Kläger in einem Krankenhaus stationär behandelt; es wurde eine Hüfttotalendoprothese implantiert. Danach absolvierte der Kläger vom 19.1.bis 2.2.2009 eine vom Rentenversicherungsträger gewährte stationäre Anschluss-Heilbehandlung. Bis 18.3.2009 war der Kläger noch krankgeschrieben (Auszahlungsscheine für Krankengeld vom 9.2.2009, 25.2.2009, 18.3.2009). Ab 19.3.2009 bezog er Arbeitslosengeld I auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgelts von 58,60 EUR (Bl. 114 Akte der Agentur für Arbeit). In einem für die Arbeitsverwaltung erstellten Gutachten vom 19.5.2009 ist vollschichtiges Leistungsvermögen zumindest für leichte Tätigkeiten ungeachtet bestehender Verschleißerscheinungen in beiden Hüftgelenken und chronischer Rückenbeschwerden bei Wirbelsäulenfehlhaltung festgestellt.

Mit Bescheiden vom 10.2. und 20.4.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab 2.1.2009 bzw. 8.1.2009 ab. Nach Beendigung der Versicherungspflicht als Beschäftigter zum 31.12.2008 habe der Krankengeldanspruch während der Dauer der Sperrzeit ohne Bezug von Arbeitslosengeld I geruht (§ 49 Abs. 1 Nr. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Versicherungspflicht zur Krankenversicherung der Arbeitslosen trete gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erst ab dem 2. Monat einer Sperrzeit ein; hier habe die Sperrzeit aber weniger als einen Monat betragen. Ab 1.1.2009 sei der Kläger über seine Ehefrau ohne Anspruch auf Krankengeld familienversichert gewesen.

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.12.2009 zurück; zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen die Begründung des Ausgangsbescheids. Der Widerspruchsbescheid ist dem Bevollmächtigten des Klägers am 4.1.2010 zugegangen.

Am 4.2.2010 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Er verwies auf § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (Auffangversicherung) und trug vor, er sei bei der Beklagten 18 Jahre krankenversichert gewesen und dürfe nicht wegen einer einwöchigen Sperrzeit den Krankengeldanspruch verlieren, zumal die Hüftoperation am 8.1.2009 unumgänglich gewesen sei.

Am 25.11.2010 führte das Sozialgericht eine mündliche Verhandlung durch; ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag vom 23.11.2010 wurde von den Beteiligten abgelehnt.

Mit Gerichtsbescheid vom 25.11.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) aus, dem Kläger stehe Krankengeld für die Zeit vom 2.1. bis 18.3.2009 nicht zu. Maßgeblich sei das Versicherungsverhältnis bei Entstehen des Krankengeldanspruchs, hier also am 6.1.2009 als dem Tag nach der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Die Mitgliedschaft des Klägers in der (Krankengeld einschließenden) Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) habe mit Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 31.12.2008 geendet. Eine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) sei daran anschließend nicht zustandegekommen, weil der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld I wegen der (rechtskräftig bestätigten) Sperrzeit vom 1.1. bis 7.1.2009 geruht habe. Die (Krankengeld nicht einschließende) Familienversicherung des Klägers (§ 10 SGB V) habe den (subsidiären) nachgehenden Leistungsanspruch aus § 19 Abs. 2 SGB V verdrängt (§ 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Deswegen sei auch keine Auffangversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V) zustande gekommen, wobei letztere ohnehin einen Anspruch auf Krankengeld nicht einschließen würde (§ 44 Abs. 2 SGB V). Während der stationären Krankenhausbehandlung und der Anschlussheilbehandlung habe der Kläger Entgeltersatzleistungen, die eine Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld hätte begründen können, nicht bezogen. Ab 26.2.2009 hätte ein etwaiger Krankengeldanspruch gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ohnehin geruht, nachdem der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen fristgerecht nur bis 25.2.2009 vorgelegt und die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit nicht binnen einer Woche gemeldet habe. Auf das (von der Rechtsprechung des BSG abweichende) Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.9.2008 (- L 16 KR 37/08 -) könne sich der Kläger mangels nachgehenden Leistungsanspruchs (§ 19 Abs. 2 SGB V) ebenfalls nicht berufen. Ab 1.2.2009 wäre ein sich an einen nachgehenden Leistungsanspruch anschließender Anspruch auf Arbeitslosengeld I mangels Verfügbarkeit des Klägers für die Vermittlung in Arbeit nicht entstanden. Der Kläger habe sich wegen der eingetretenen Arbeitsunfähigkeit bei der Arbeitsagentur mit Veränderungsanzeige vom 12.1.2009 abgemeldet und sich erst wieder am 19.3.2009 persönlich arbeitslos gemeldet, weswegen ihm erst ab diesem Tag wieder Arbeitslosengeld I zugestanden habe. Anhaltspunkte dafür, dass dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnende Umstände zur verspäteten Arbeitsunfähigkeitsmeldung erst am 5.1.2009 geführt hätten, lägen nicht vor. Nach einem Beratungsvermerk der Arbeitsagentur vom 15.12.2008 habe der Kläger nämlich bereits an diesem Tag in Aussicht gestellt, dass er entweder noch vor dem 1.1.2009 oder aber alsbald danach voraussichtlich krankgeschrieben werde; er sei auch zutreffend über die deswegen eintretenden Rechtsfolgen belehrt worden, ohne dass die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erkennbar gewesen wären.

Auf den ihm am 10.12.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.1.2011 Berufung eingelegt. Er bekräftigt und wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Es seien vom Sozialgericht nicht ausreichend gewürdigte unglückliche Umstände zusammengetroffen. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V hätte erweitert ausgelegt werden müssen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.9.2008, - L 16 KR 37/08 -), weswegen ihm Krankengeld in Höhe eines fiktiven Arbeitslosengelds zustehe (§ 47b SGB V). Er habe sich notgedrungen familienversichern müssen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.11.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 10.2.2009 und 20.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.12.2009 zu verurteilen, ihm Krankengeld vom 2.1.2009 bis 18.3.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Dem vom Kläger angeführten Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen habe ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen; der Kläger habe wegen der Familienversicherung einen nachgehenden Leistungsanspruch nicht gehabt. Berechnungen zur konkreten Höhe des Krankengeldanspruchs seien nicht vorgenommen worden; das mit der Klage begehrte Krankengeld werde aber angesichts des streitigen Zeitraums über dem Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG /750 EUR) liegen (Schriftsatz vom 22.11.2011).

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei mit der Berufung begehrtem Krankengeld für etwa 2 ½ Monate überschritten (Schriftsatz der Beklagten vom 22.11.2011). Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht Krankengeld für die Zeit vom 2.1. bis 18.3.2009 nicht zu.

I. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB V. Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Voraussetzung ist freilich, dass das jeweilige Krankenversicherungsverhältnis die Gewährung von Krankengeld (als Entgeltersatzleistung) einschließt. Maßgeblich hierfür sind die versicherungsrechtlichen Verhältnisse (der Versichertenstatus) an dem Tag, an dem der Anspruch auf Krankengeld entstehen würde. Das ist bei (stationären - dazu Senatsurteil vom 3.8.2011, - L 5 KR 1056/10 -) Krankenhausbehandlungen oder bei Behandlungen in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung gem. § 46 Satz 1 Nr. 1 SGB V der Tag des Behandlungsbeginns, ansonsten gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V der Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt.

Die Versicherungsverhältnisse, die die Gewährung von Krankengeld nicht einschließen, sind in § 44 Abs. 2 SGB V aufgeführt. Danach können insbesondere gem. § 10 SGB V Familienversicherte Krankengeld nicht beanspruchen (§ 44 Abs. 2 Nr. 1 SGB V), während Mitgliedern der Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) und der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) bei Arbeitsunfähigkeit (zu den Anforderungen näher ebenfalls Senatsurteil vom 3.8.2011, a. a. O.) Krankengeld zusteht.

Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind Mitglied der Krankenversicherung der Beschäftigten Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte. Die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Arbeitslosen wird durch zwei getrennte Versicherungspflichttatbestände umschrieben. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. SGB V sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld I oder Unterhaltsgeld nach dem SGB III beziehen. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 2.Alt. SGB V sind versicherungspflichtig auch solche Personen, die die genannten Leistungen nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch hierauf ab Beginn des zweiten Monats bis zur zwölften Woche einer Sperrzeit (§ 144 SGB III) oder ab Beginn des zweiten Monats wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 143 Abs. 2 SGB III) ruht.

Das Gesetz unterscheidet danach in § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V eine Versicherungspflicht bei Leistungsbezug (näher hierzu KassKomm/Peters, SGB V § 5 Rdnr. 41) und eine Versicherungspflicht ohne Leistungsbezug. Letztere ist nach dem Gesetzeswortlaut auf klar (und eng) umgrenzte Sachverhalte festgelegt. Versicherungspflicht tritt nur ein für die Zeit ab dem zweiten Monat einer Sperrzeit nach § 144 SGB III. Erfasst sind damit (bis zu) zwölfwöchige Sperrzeiten (vor allem) wegen Arbeitsaufgabe, Arbeitsablehnung, bei unzureichenden Eigenbemühungen oder Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme i. S. d. § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, 3 und 5 SGB II (vgl. zur Dauer der Sperrzeiten § 144 Abs. 3 und 4 SGB III). In diesen Fällen besteht Versicherungspflicht aber nur für die Zeit ab Beginn des zweiten Sperrzeitmonats, nicht jedoch für den vom Gesetz ausdrücklich ausgenommenen ersten Sperrzeitmonat. Eine rechtlich bedenkliche Lücke im Krankenversicherungsschutz entsteht dadurch nicht. Versicherungspflichtige haben nach Ende ihrer Mitgliedschaft nämlich einen nachgehenden Anspruch auf Leistungen für einen Monat gem. § 19 Abs. 2 SGB V (dazu noch im Folgenden); daran knüpft § 5 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. SGB V an. Freiwillig Versicherte können die Versicherung aufrechterhalten (§ 9 SGB V; vgl. KassKomm/Peters, SGB V § 5 Rdnr. 43; auch BSG, Urt. v. 26.6.2007, - B 1 KR 19/06 R – zur Anknüpfung an § 19 Abs. 2 SGB V). Der Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. SGB V ist daher über seinen Wortlaut hinaus nicht, auch nicht entsprechend, auf die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III anwendbar, da diese gem. § 144 Abs. 6 SGB III (nur) eine Woche beträgt und damit in den von der Versicherungspflicht ausgenommenen ersten Sperrzeitmonat fällt. Das vom Kläger angeführte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.9.2008 (- L 16 KR 37/08 -) betrifft eine andere Fallgestaltung (Ruhen eines Arbeitslosengeldanspruchs wegen Urlaubsabgeltung und (weiteres) Ruhen mittelbar wegen der Urlaubsabgeltung nach Ende eines nachgehenden Leistungsanspruchs aus § 19 Abs. 2 SGB V); sofern darüber hinaus allgemein eine erweiternde Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. SGB V befürwortet werden sollte, könnte sich der Senat dem nicht anschließen (vgl. auch BSG, Urt. v. 26.6.2007, - B 1 KR 19/06 R - Rdnr. 11).

Besteht Versicherungsschutz mit Krankengeldanspruch und liegt Arbeitsunfähigkeit vor, ist die Inanspruchnahme dieser Leistung an die Erfüllung einer dem Versicherten auferlegten Meldeobliegenheit geknüpft. Der gem. §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 46 SGB V entstandene Leistungsanspruch ruht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nämlich, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, es sei denn, die Meldung erfolgt innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Der Versicherte muss außerdem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V hinweisen und diese vorlegen. Die Meldeobliegenheit ist vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes zu erfüllen, auch nach einer vorübergehend leistungsfreien Zeit, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeit seit Beginn durchgängig fortbestanden hat (BSG, Urt. v. 8.2.2000, - B 1 KR 11/99 R -); gleiches gilt bei ununterbrochenem Leistungsbezug, wenn wegen der Befristung ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V) über die Weitergewährung von Krankengeld erneut zu befinden ist. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und der Krankenkasse melden, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden. Legt der Versicherte keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) vor, endet der Krankengeldanspruch mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit, ohne dass es eines Aufhebungsbescheids bedürfte (vgl. zu alledem auch Senatsurteil vom 3.8.2011, - L 5 KR 1056/10 -).

Der Anspruch auf Krankengeld endet (erlischt) – wie alle Leistungsansprüche – gem. § 19 Abs. 1 SGB V grundsätzlich mit dem Ende der Mitgliedschaft, soweit im SGB V nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter endet mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet (§ 190 Abs. 2 SGB V). Die Mitgliedschaft besteht jedoch fort, wenn ein Erhaltungstatbestand des § 192 SGB V erfüllt ist. Das ist gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V insbesondere der Fall, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld (tatsächlich) bezogen wird. Ist die Mitgliedschaft auch unter Berücksichtigung der Erhaltungstatbestände in § 192 SGB V beendet, besteht gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V noch ein nachgehender Leistungsanspruch ggf. auch auf Krankengeld längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der beitragsfreie nachwirkende Versicherungsschutz dient der Vermeidung sozialer Härten. Er soll verhindern, dass Betroffene bei kurzzeitigen Beschäftigungslücken, etwa wegen eines Arbeitsplatzwechsels, vorübergehend keinen Krankenversicherungsschutz haben. Eine Versicherung nach § 10 SGB V (Familienversicherung) hat deswegen Vorrang vor dem (grundsätzlich subsidiären, vgl. BSG, Urt. v. 20.8.1986, - 8 RK 74/84 -) nachgehenden Leistungsanspruch (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Mitglieder, deren eigene Mitgliedschaft endet, die aber nach § 10 SGB V Familienversicherte sein oder werden können, sind daher auf den Familienversicherungsschutz verwiesen. Sie haben (mangels Schutzbedürftigkeit - vgl. BSG, Urt. v. 20.8.1986, - 8 RK 74/84 -) keinen nachgehenden Leistungsanspruch aus § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V (vgl. auch LSG Hessen, Urt. v. 26.10.2010, - L 1 KR 84/10 -, sowie Senatsurteil vom 3.8.2011, - L 5 KR 1056/10 -).

II. Davon ausgehend steht dem Kläger für die streitige Zeit (2.1. bis 18.3.2009) Krankengeld nicht zu.

Wie das Sozialgericht in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt hat, sind für den Umfang des Krankenversicherungsschutzes des Klägers hinsichtlich der Krankengeldgewährung die Versicherungsverhältnisse am 6.1.2009 maßgeblich. Das ist der Tag, der auf den Tag der (zum 2.1.2009 zurückbezogenen) ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung durch Bescheinigung der Dr. T. vom 5.1.2009 folgte (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V).

Am 6.1.2009 war der Kläger gem. § 190 Abs. 2 SGB V nicht mehr Mitglied der Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), weil sein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt bereits zum 31.12.2008 geendet hatte. Ein Erhaltungstatbestand des § 192 SGB V war (unstreitig) nicht erfüllt. Der Kläger war an dem genannten Stichtag auch nicht Mitglied der Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Arbeitslosengeld I bezog er erst ab 19.3.2009, weshalb der Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. SGB V für den 6.1.2009 von vornherein ausscheidet. Auch der Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. SGB V war am 6.1.2009 nicht erfüllt. Seinerzeit ruhte der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld I nicht ab dem zweiten Monat einer Sperrzeit i. S. d. § 144 III, sondern nur wegen einer einwöchige Sperrzeit - vom 1.1. bis 7.1.2009 - infolge verspäteter Arbeitssuchendmeldung nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 i. V. m. § 144 Abs. 6 SGB III. Hiervon ist auszugehen, nachdem die Klage des Klägers gegen den Ruhensbescheid bzw. Widerspruchsbescheid der Agentur für Arbeit V.-S. vom 26.1.2009 bzw. 9.2.2009 mit rechtskräftigem Urteil des Sozialgerichts vom 11.11.2009 (- S 8 AL 742/09 -) abgewiesen wurde.

Am 6.1.2009 (und zuvor schon ab 1.1.2009) war der Kläger, worüber die Beteiligten ebenfalls nicht streiten, gem. § 10 SGB V über seine Ehefrau familienversichert. Die Voraussetzungen insbesondere des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 SGB V waren erfüllt, namentlich bestand nach dem Gesagten keine Vorrangversicherung in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Die Familienversicherung schließt die Gewährung von Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit gem. § 44 Abs. 2 Nr. 1 SGB V aber nicht ein. Ein nachgehender Leistungsanspruch auf Krankengeld (nach Ende der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Beschäftigten zum 31.12.2008) gem. § 19 Abs. 2 SGB V wird von der vorrangigen Familienversicherung verdrängt.

Das Krankenversicherungsverhältnis des Klägers als familienversichertes Mitglied der Beklagten änderte sich erst wieder nach Ende des hier streitigen Zeitraums (2.1. bis 18.3.2009), nämlich am 19.3.2009, da der Kläger ab diesem Tag Arbeitslosengeld I bezog und deswegen Mitglied der Krankenversicherung der Arbeitslosen wurde (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. bzw. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Während der stationären Krankenhausbehandlung ab 8.1.2009 zur Implantation einer Hüfttotalendoprothese und der deswegen durchgeführten (medizinischen) Anschlussheilbehandlung ab 19.1.2009 bis 2.2.2009 war der Kläger noch familienversichert. Eine Vorrangversicherung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V (mit Anspruch auf Krankengeld) ist nicht begründet worden; der Kläger war insbesondere nicht Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 6 SGB V (vgl. auch § 44 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 SGB V). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind in § 5 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) i. V. m. §§ 33 ff. SGB IX geregelt und von den dem Kläger nach der Hüftoperation gewährten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr. 1 SGB IX) abgegrenzt; letztere füllen den Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 6 SGB V nicht aus. Ein Bezug von Unterhaltsgeld gem. §§ 153 ff. SGB III (a.F.), 434j Abs. 10 SGB III (i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. SGB V) steht nicht in Rede.

Nach Maßgabe der genannten Gesetzesbestimmungen steht dem Kläger Krankengeld für die streitige Zeit daher nicht zu, weil er nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert war. Auf das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit bzw. deren ärztliche Feststellung kommt es nicht an. Unerheblich ist auch, dass unglückliche Umstände zusammengetroffen sein mögen und der Kläger langjährig Mitglied der Beklagten war. Ausschlaggebend ist allein die Erfüllung der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen und das darin hervortretende Bedürfnis nach sozialem Schutz durch eine Entgeltersatzleistung.

III. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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