L 25 AS 1711/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 AS 453/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 1711/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. Juli 2007 geändert. Der Bescheid vom 15. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. Dezember 2005 in der Fassung der Bescheide vom 27. März 2008 und vom 9. April 2008 wird geändert und der Beklagte wird verurteilt, den Klägern über die bereits für Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligten Leistungen hinaus weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung wie folgt zu gewähren: - für Oktober 2005 in Höhe von 187,89 Euro, - für November 2005 in Höhe von 40,39 Euro, - für Dezember 2005 in Höhe von 40,39 Euro, - für Januar 2006 in Höhe von 90,39 Euro, - für Februar 2006 in Höhe von 28,39 Euro, - für März 2006 in Höhe von 28,39 Euro. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und werden die Klagen gegen die Bescheide vom 27. März 2008 und vom 9. April 2008 abgewiesen. Der Beklagte hat den Klägern deren außergerichtliche Kosten für den gesamten Rechtsstreit im Umfang von einem Drittel zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).

Die Kläger, der alleinerziehende 1964 geborene Kläger zu 1. sowie seine Kinder, die zwischen 1988 und 1996 geborenen Kläger zu 2. bis 4., bezogen von dem Beklagten seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie bewohnten seit dem 1. August 2004 in N eine seit 1994 bezugsfähige rund 114 m² große Fünf-Zimmer-Doppelhaushälfte zu einer monatlichen Kaltmiete von 570,- Euro. Der monatliche Betriebskostenvorschuss belief sich auf 50,- Euro, der monatliche Vorschuss für Heizkosten (Gas) auf 100,- Euro. Daneben zahlten die Kläger einen monatlichen Abschlag für Wasser in Höhe von 20,- Euro, Abwasser in Höhe von 30,- Euro sowie für Strom in Höhe von 50,- Euro. Im Januar 2006 zahlten die Kläger für Wasser und Abwasser keinen Abschlag, ab Februar 2006 betrug der monatliche Abschlag insoweit insgesamt 62,- Euro. Der Beklagte bewilligte den Klägern zunächst KdU in Höhe von monatlich 655,- Euro.

Mit Schreiben vom 14. April 2005 teilte der Beklagte dem Kläger zu 1. mit, dass eine Wohnfläche von 114 m² und ein Kaltmietpreis von 4,92 Euro je Quadratmeter nicht angemessen seien. Die Höhe der Angemessenheit werde durch den zuständigen Leistungsträger, den Landkreis O, im neuen Leitfaden zur Durchführung des § 22 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) definiert. Angemessen seien für eine vierköpfige hilfebedürftige Familie ca. 90 m² Wohnfläche zu einem Quadratmeterpreis von bis zu 4,20 Euro. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II sollte sich der Kläger zu 1. bemühen, die Kosten der Unterkunft entweder durch einen Wohnungswechsel, durch Untervermietung oder auf andere Weise zu senken. In diesem Fall wäre eine Übernahme der tatsächlichen Kosten bis zu sechs Monaten möglich. Andernfalls sei nur die Berücksichtigung der angemessenen Kosten zulässig. Der Beklagte übermittelte dem Kläger zu 1. des Weiteren einen Vordruck mit der Bitte, diesen bis zum 29. April 2005 unterschrieben zurückzusenden. Hierin hätte sich der Kläger zu 1. bereit erklärt, seine Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II in Verbindung mit dem Leitfaden des Landkreises O zur Durchführung des § 22 SGB II schnellstmöglich zu senken. Der Kläger zu 1. unterschrieb diese Erklärung aber nicht und teilte dem Beklagten am 23. Mai 2005 unter Vorlage eines Schreibens des Gesundheitsamtes des Landkreises O vom 3. August 2004, dem sich eine Schimmelpilzproblematik in der ehemaligen Wohnung der Kläger entnehmen lässt, mit, er und seine Kinder seien in den Sommerferien 2004 nicht ganz freiwillig umgezogen. Unter Einbeziehung aller Aspekte sei die zum 1. August 2004 bezogene Wohnung aus seiner Sicht die beste Lösung gewesen; ein ganz wesentlicher Aspekt sei, dass seine Kinder nicht aus ihrem sozialen Umfeld gerissen würden. Eine Untervermietung sei nicht möglich, ein Umzug scheine derzeit eher unrealistisch. Der Kläger zu 1. erklärte weiter, zu einem Gespräch über die Sachlage bereit zu sein.

Mit Bescheid vom 15. April 2005 bewilligte der Beklagte den Klägern KdU in Höhe von monatlich 705,- Euro für den Zeitraum April bis September 2005, wobei er neben der Kaltmiete und dem Betriebskostenvorschuss Heizkosten in Höhe von 100,- Euro berücksichtigte und letztgenannten Betrag um 15,- Euro für die Warmwasserbereitung kürzte.

Mit Bescheid vom 15. September 2005 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. März 2006 KdU in Höhe von monatlich nur noch 513,- Euro (428,- Euro zuzüglich Heizkosten von 100,- Euro abzüglich 15,- Euro Warmwasserpauschale). Hiergegen legte der Kläger zu 1. Widerspruch ein, den er unter anderem damit begründete, seine Kinder hätten von Alter und Geschlecht je einen Anspruch auf ein eigenes Zimmer. Durch Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2005 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger zu 1. am 9. Dezember 2005 Klage erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 19. Juli 2007 hat er beantragt,

" 1. Das Gericht stellt fest, dass sämtliche Bescheide des Beklagten seit dem Bewilligungs- zeitraum ab 1.10.05 zum Nachteil des Klägers berechnet und beschieden wurden.

2. Der Beklagte wird verurteilt, den zu Unrecht gekürzten Betrag für Aufwendungen für Miete nachzuzahlen. 14 Monate x 192,00 EUR = 2.688,00 EUR 8 Monate x 132,00 EUR = 1.056,00 EUR.

3. Das Gericht stellt fest, dass die Betriebskosten ab dem Bewilligungsbescheid ab dem 1.10.05 ebenfalls nicht korrekt und zum Nachteil des Klägers berechnet wurden.

4. Der Beklagte wird verurteilt, die Differenz zwischen dem gezahlten Betrag für Betriebskosten und dem vom Kläger zu beanspruchenden Betrag nachzuzahlen. 14 Monate x 110,10 EUR = 1.541,40 EUR 8 Monate x 84,30 EUR = 674,40 EUR.

5. Das Gericht stellt fest, dass die Kündigung des Regelsatzes um 100 % des Klägers durch den Beklagten nicht zulässig ist.

6. Der Beklagte wird verurteilt, den aufgelaufenen Betrag nachzuzahlen. 6 Monate x 345,00 EUR = 2.070,00 EUR.

7. Dem Beklagten wird untersagt, fortlaufende ungeschwärzte Kontoauszüge vom Beklagten zu verlangen.

8. Der Beklagte wird gerügt. Seine Verfahrensweise ist unverhältnismäßig, anmaßend und gefährdet somit den sozialen Frieden. 9. Der Beklagte zahlt dem Kläger ab 1.8.07 einen Auszahlungsbetrag von 1.530,00 EUR."

Das Sozialgericht hat die nur für den Kläger zu 1. geführte Klage weitgehend als unzulässig abgewiesen. Gegen den Bescheid vom 15. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2005 hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Höhere KdU als die im Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. März 2006 bewilligten stünden dem Kläger zu 1. nicht zu.

Gegen das ihm am 22. August 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger zu 1. am 19. September 2007 Berufung eingelegt, mit der er zunächst beantragt hat, den Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des Bescheides vom 15. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2005 "zu verurteilen, dem Kläger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in gesetzlicher Höhe sowie für die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden drei Kinder Sozialgeld und Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen und zwar in Höhe von monatlich 799,26 EUR zu bewilligen." Der Betrag von monatlich 799,26 Euro setze sich zusammen aus der Kaltmiete (570,- Euro), der Betriebskostenvorauszahlung (50,- Euro) sowie Vorauszahlungen für Wasser (20,- Euro), Abwasser (30,- Euro), Heizkosten (100,- Euro) und Strom (29,26 Euro). Letztgenannter Betrag ergebe sich aus der Differenz der tatsächlichen Stromkostenvorauszahlung in Höhe von 50,- Euro abzüglich des im Regelsatz für Stromkosten enthaltenen Betrages von 20,74 Euro. Die vom Beklagten angewendete Richtlinie sei rechtswidrig, zumal sie von einer "klassische[n] Familie" - Ehepaar mit zwei Kindern - ausgehe, demgegenüber der Wohnbedarf eines Alleinerziehenden mit drei Kindern größer sei. Die vom Beklagten zugrunde gelegten KdU seien zu niedrig. In N stünde für den Kläger zu 1. eine Wohnung mit gleichem Standard in ähnlicher Größe nicht zu einem Quadratmeterpreis von 4,20 Euro zur Verfügung. Ein Umzug sei auch nicht zumutbar. Die Tochter - die jetzige Klägerin zu 3. - habe ihr Abitur absolviert, der zum streitgegenständlichen Zeitraum 16 jährige Sohn - der jetzige Kläger zu 2. - habe sich in der Schulausbildung und mitten in der "pubertären Hochphase" befunden, der damals achtjährige Sohn - der jetzige Kläger zu 4. - sei ein kleiner Junge gewesen. Jedes Kind habe ein eigenes Zimmer benötigt und benötige ein solches auch immer noch. Insgesamt habe jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ein eigenes Zimmer benötigt, des Weiteren sei ein weiteres Zimmer zur Aufrechterhaltung eines intakten Familienlebens benötigt worden. Der Kläger zu 1. benötige im Rahmen einer von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit den zur Wohnung gehörenden Garten als Lagerplatz für Werkzeuge, Maschinen, Leitern, Gerüste usw. Ein schlüssiges Konzept zum Nachweis des Wohnungspreisniveaus liege für den streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2005 bis März 2006 nicht vor.

Mit Bescheid vom 27. März 2008 hat der Beklagte den Klägern für die Monate Oktober bis Dezember 2005 monatlich 50,- Euro für die Wasser- und Abwasservorauszahlung nachbewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 9. April 2008 hat er für Februar und März 2006 je 62,- Euro für die Wasser- und Abwasservorauszahlung nachbewilligt.

Auf Hinweis des ehemaligen Berichterstatters des Senats hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger um Erweiterung des Rubrums um die Kläger zu 2. bis 4. gebeten. Die Übernahme der Stromkosten verfolgen die Kläger nicht mehr weiter.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 19. Juli 2007 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 15. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. Dezember 2005 in der Fassung der Bescheide vom 27. März 2008 und vom 9. April 2008 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. März 2006 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 770,- Euro abzüglich der bereits bewilligten Leistungen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Bescheide vom 27. März 2008 und vom 9. April 2008 abzuweisen.

Der Beklagte hat den "Leitfaden des Landkreises O als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zur Durchführung des § 22 SGB II "Kosten der Unterkunft/Heizung"" vom 15. September 2004 sowie eine zum 1. Januar 2006 in Kraft getretene "Richtlinie zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)" nebst zum 1. Mai 2008, zum 1. September 2008 sowie zum 1. Februar 2009 in Kraft getretenen Änderungen übermittelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die die Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nach § 153 Abs. 1, § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch die in diesem erlassenen Bescheide vom 27. März und vom 9. April 2008, über die der Senat indes in Ermangelung einer erstinstanzlichen Entscheidung kraft Klage zu entscheiden hat.

Die zulässige Berufung sowie die im Berufungsverfahren neu erhobenen Klagen sind nur teilweise begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist in seinem angegriffenen Umfang nur teilweise aufrechtzuerhalten. Der Bescheid vom 15. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2005 in der Fassung der Bescheide vom 27. März 2008 und vom 9. April 2008 ist teilweise rechtswidrig und verletzt die Kläger, die bei vernünftiger Betrachtung bereits von Beginn des Verwaltungsverfahrens an sämtlich als Beteiligte des Verwaltungsverfahrens und des gerichtlichen Verfahrens anzusehen sind, insoweit in ihren Rechten. Ihnen stehen für den streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. März 2006 höhere Leistungen für KdU als die bewilligten zu.

Streitgegenstand sind allein Ansprüche der Kläger auf höhere Leistungen für KdU. Sie haben den Streitstoff in der Sache mittlerweile auf die KdU beschränkt (zur Zulässigkeit einer solchen Beschränkung vgl. nur Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - juris).

Die Kläger gehören dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II. Der Kläger zu 1. hatte das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet, war erwerbsfähig und hilfebedürftig und hatte - auch im streitigen Zeitraum - seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954); nachfolgend (a. F.)). Die Kläger zu 2. bis 4. gehörten als dem Haushalt angehörende minderjährige unverheiratete Kinder nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014) zur Bedarfsgemeinschaft. Neben der Regelleistung hatten die Kläger damit Anspruch auf Leistungen für KdU. Einkommen oder Vermögen, das dem Anspruch auf KdU ganz oder teilweise entgegenstehen könnte, liegt hier nicht vor.

KdU werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F.). Erfasst sind alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben. Dazu zählt hier neben der geschuldeten Nettokaltmiete in Höhe von 570,- Euro auch die Vorauszahlung für die "kalten" Betriebskosten in Höhe von 50,- Euro. Zu berücksichtigen sind grundsätzlich auch die von den Klägern zu tragenden Vorauszahlungen für Wasser und Abwasser.

Die Angemessenheit von KdU ist (getrennt von den Kosten der Heizung, vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - juris) unter Zugrundelegung der so genannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. Alsdann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen, wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind. Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Im Streitfall ist das der Bestimmung der Kosten zu Grunde liegende Konzept damit von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen und gegebenenfalls ein solches Konzept durch eigene Ermittlungen zu ergänzen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 2/10 R - juris).

Die angemessene Wohnungsgröße beträgt - wovon der Beklagte grundsätzlich zutreffend ausgeht - für einen Vier-Personen-Haushalt in N sowie im Landkreis O 90 m². Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 2/10 R - juris). Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsraum gilt § 27 Abs. 1 bis 5 des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) vom 13. September 2001 (BGBI. I S. 2376) in Verbindung mit § 5 des Wohnungsbindungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2404). Wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße verweist § 27 Abs. 4 WoFG auf die nach § 10 WoFG von den Ländern festgelegten Wohnungsgrößen. Für das Land B wurde zu § 10 WoFG die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr zum Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsgesetz vom 5. Oktober 2002 erlassen. Danach sind für einen Vier-Personen-Haushalt bis zu 90 m² Wohnfläche oder vier Wohnräume angemessen. Ob hier die Wohnungsmiete angemessen ist, kann der Senat nicht feststellen. Dabei kann er offen lassen, ob als räumlicher Vergleichsmaßstab der Landkreis O oder (nur) die Stadt N heranzuziehen ist. Denn es lässt sich jeweils der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsgrenze) im streitgegenständlichen Zeitraum nicht bestimmen.

Zu Grunde zu legen ist dabei im Ansatz ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des BSG auf Grundlage eines diese Vorgaben beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln (vgl. BSG Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris). Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben. Das kann unter anderem dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens zehn Prozent des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht. Ferner müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen (Standard, gegebenenfalls auch ausgedrückt in Jahr des ersten Bezuges oder der letzten Renovierung plus Wohnungsgröße und Ausstattung) in die Auswertung eingeflossen sein (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris). Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des BSG dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - juris). Der 4. Senat des BSG hat die Schlüssigkeitsanforderungen wie folgt zusammengefasst:

&61485; Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), &61485; es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zum Beispiel welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, &61485; Angaben über den Beobachtungszeitraum, &61485; Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel), &61485; Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, &61485; Validität der Datenerhebung, &61485; Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und &61485; Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Der Beklagte stützt sich vorliegend auf den "Leitfaden des Landkreises O als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zur Durchführung des § 22 SGB II "Kosten der Unterkunft/Heizung"" vom 15. September 2004 sowie eine zum 1. Januar 2006 in Kraft getretene "Richtlinie zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)" nebst zum 1. Mai 2008, zum 1. September 2008 sowie zum 1. Februar 2009 in Kraft getretenen Änderungen. Dabei handelt es sich um bloße Verwaltungsvorschriften, die keine unmittelbare Rechtswirkung für die Betroffenen entfalten. Aus den genannten Quellen selbst ist nicht erkennbar, dass den dort genannten Oberwerten (hier 4,20 Euro für Städte mit sozialem Wohnungsbau) ein schlüssiges Konzept im Sinne der zitierten Rechtsprechung des BSG zu Grunde liegt. Ob zur Ermittlung des Wertes die Produkttheorie unter Zugrundelegung der oben genannten Wohnungsgrößen angewandt und bezogen auf die verschiedenen Wohnungsgrößen Daten gesammelt und ausgewertet worden sind, ist aus den von dem Beklagten übermittelten Quellen offenkundig nicht zu ersehen.

Der Beklagte trägt zwar vor, die in den Richtlinien aufgeführten Nettokaltmieten basierten auf Erhebungen und Auswertungen von Statistiken aller großen Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften über den vorhandenen Wohnraum im Landkreis O. Ausgewertet werde auf diese Weise weit über die Hälfte des gesamten Wohnungsbestandes. Bei den Auswertungen seien unter anderem die Wohnungslage, die Wohnungsgröße, die Kaltmiete und auch der Modernisierungsstandard berücksichtigt worden. Durch die seit 2005 stattfindenden Vermieterumfragen und Analysen des Wohnungsmarktes würden die marktüblichen Mieten von Wohnungen im unteren und mittleren Preisniveau ermittelt. Die Angemessenheitsbetrachtung ergebe sich aus der Mietpreissituation für vergleichbare Wohnungen am jeweiligen Wohnstandort, wobei hier das untere Preisniveau maßgeblich sei. Die Angemessenheit der Basiswerte der Richtlinie unterliege der stetigen Überprüfung. Dazu würden die Vermieterstatistiken jährlich angefordert und ausgewertet. Diese Datenerhebungen spiegelten somit die jeweils aktuellen örtlichen Verhältnisse am hiesigen Wohnungsmarkt wider. Darüber hinaus werde der Wohnungsmarkt des Landkreises O durch Zeitungsanzeigen und Internetauftritte intensiv beobachtet. Auch dieser Vortrag – unterstellt, er wäre zutreffend – lässt nicht erkennen, ob den ermittelten Oberwerten ein schlüssiges Konzept im Sinne der zitierten Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt. Denn die mitgeteilten Erhebungskriterien und -methoden sind zu unscharf umschrieben, um dem Senat eine Beurteilung darüber zu ermöglichen, ob ein schlüssiges Konzept hier vorliegt. Insbesondere aber sind die erhobenen Daten nicht benannt worden, so dass dem Senat jeder Anhaltspunkt dafür fehlt, die Daten einerseits und ihre etwaige Gewichtung andererseits nachvollziehen zu können.

Der Senat sieht auch keine Möglichkeiten, den angemessenen Quadratmeterpreis selbst zu bestimmen. Die umfassende Ermittlung der Daten sowie die Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts ist Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein schlüssiges Konzept auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne ein schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und gegebenenfalls eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Der für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständige kommunale Träger muss die bei ihm vorhandenen Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 50/09 R - juris). Ergänzend muss das Gericht auf andere vorhandene Datengrundlagen für ein schlüssiges Konzept (zum Beispiel Mietspiegel, vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 4406 R - juris) zurückgreifen. Der Beklagte hat hier indes ausdrücklich erklärt, aufbereitete und damit übermittelbare Erkenntnisquellen und -daten lägen erst für den Zeitraum ab 2007 und damit nicht für den streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2005 bis März 2006 vor. Der Senat kann damit von dem Beklagten keine zuverlässige Entscheidungsgrundlage erlangen. Andere vorhandene Datengrundlagen sind nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Namentlich Mietspiegel - qualifizierte wie auch einfache - waren für den streitigen Zeitraum weder in N noch im Landkreis O vorhanden und können somit nicht für die Bestimmung einer Angemessenheitsgrenze herangezogen werden.

Somit lassen sich keine hinreichenden Feststellungen für den streitigen Zeitraum und den Vergleichsraum mehr treffen. Da es an lokalen Erkenntnismöglichkeiten fehlt, wären grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger zu übernehmen. Allerdings kann die Übernahme der tatsächlichen Kosten nicht unbegrenzt erfolgen. Es gibt eine "Angemessenheitsgrenze" nach "oben". Durch sie soll verhindert werden, dass extrem hohe und damit nicht nur nach Auffassung des Grundsicherungsträgers, sondern per se unangemessene Mieten durch den Steuerzahler zu finanzieren sind. Die Heranziehung der Tabellenwerte ersetzt mithin die für den Vergleichsraum und den konkreten Zeitraum festzustellende Referenzmiete nicht. Sie dient lediglich dazu, die zu übernehmenden tatsächlichen Aufwendungen zu begrenzen. Die Grenze findet sich vorliegend insoweit in den Tabellenwerten zu § 8 des Wohngeldgesetzes (WoGG) in seiner bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung. Da insoweit eine abstrakte, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum unabhängige Begrenzung vorgenommen wird, ist auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen. Bei einem Vier-Personen-Haushalt und der vorliegend für die Stadt N anzusetzenden Stufe II ergibt sich daraus ein Betrag von monatlich 475,- Euro. Ferner ist mit dem BSG ein "Sicherheitszuschlag" - etwa zehn Prozent der Tabellenwerte (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - juris) - zum jeweiligen Tabellenwert im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Hilfebedürftigen auf Sicherung des Wohnraumes als erforderlich anzusehen. Denn es kann beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch tatsächlich die angemessene Referenzmiete war (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 50/09 R - juris). Vorliegend erachtet der Senat einen Sicherheitszuschlag von zehn Prozent als angemessen, woraus sich ein Betrag von monatlich 522,50 Euro ergibt, der indes neben der Nettokaltmiete auch die Betriebskostenvorauszahlung sowie die Vorauszahlungen für Wasser und Abwasser als Bestandteile der Unterkunftskosten umfasst (vgl. nur Lauterbach in Gagel, § 22 SGB II, Rn. 55; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juni 2010 - L 13 AS 4212/08 - Sozialgericht Braunschweig, Urteil vom 9. September 2009 - S 33 AS 2716/08 - Urteile jeweils bei juris).

Für Oktober 2005 stehen den Klägern indes die gesamten tatsächlichen KdU abzüglich der Kosten für die Warmwasserbereitung zu. Dies folgt aus § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. (später bis zum 31. März 2011 § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie danach als Bedarf der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. enthält damit eine Zumutbarkeitsregelung, die es verhindern soll, dass Leistungsberechtigte gegebenenfalls sofort (bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit) gezwungen werden sollen, ihre bisherige Wohnung aufzugeben. Schutzbedürftig sind nach der Norm des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. insbesondere solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessenen Wohnung leben oder bei denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs beispielsweise durch eine Mieterhöhung unangemessen werden (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - juris). Hier liegt die zuerst genannte Voraussetzung vor. Denn die Kläger haben ihre jetzt bewohnte Wohnung zum 1. August 2004 angemietet. Das BSG hat in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F.) auch Anwendung findet, wenn ein Leistungsberechtigter kurz vor Beginn des Leistungsbezugs eine Wohnung anmietet, deren Kosten unangemessen hoch sind. Auch dann setzt eine Begrenzung der Leistungserbringung auf die angemessenen Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II regelmäßig voraus, dass eine Aufforderung zur Kostensenkung vorliegt, die dem Hilfebedürftigen Klarheit über die aus der Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft verschafft (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 19/09 R - juris). Dem schließt sich der Senat an. Gewendet auf den vorliegenden Fall bedeutet dies indes, dass eine Kostensenkung der KdU erst zum 1. November 2005 erfolgen durfte. Denn ausgehend von dem Datum der Kostensenkungsaufforderung vom 14. April 2005 und der darin enthaltenen Mitteilung, eine Übernahme der tatsächlichen Kosten "wäre" bis zu sechs Monaten möglich, durften die Kläger annehmen, dass jedenfalls noch die Oktobermiete in tatsächlicher Höhe übernommen würde. Der Senat verkennt zwar nicht, dass die Kostensenkungsaufforderung die Übernahme der tatsächlichen Wohnungskosten davon abhängig zu machen scheint, dass sich die Kläger bemühen, die Kosten der Unterkunft zu senken ("in diesem Fall"). Insgesamt ist die Formulierung aber nicht so zu verstehen, dass bei Nichtbemühen der Kläger eine Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten überhaupt nicht in Betracht kommt.

Eine Übernahme der tatsächlichen KdU ab dem 1. November 2005 nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. scheidet hingegen aus. Die Kläger sind durch die Angabe der aus Sicht des Beklagten angemessenen Unterkunftskosten (hier: 90 m² mal 4,20 Euro = Nettokaltmiete 378,- Euro) sowie über die aus seiner Sicht bestehende Rechtslage grundsätzlich hinreichend informiert worden (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 70/06 R – juris). Ob die Angabe zur Höhe der Referenzmiete fehlerhaft gewesen ist, kann aus den dargelegten Gründen nicht festgestellt werden. Wäre dies aber so, so führte dies nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung, wenn dadurch bewirkt worden wäre, dass die Kläger ihre Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt hätten. Auch da- rüber hinausgehende irreführende konkrete Aussagen des Beklagten über den Zuschnitt der für die Kläger als angemessen in Betracht kommenden Wohnungen, die kausal dafür gewesen sein könnten, dass die Kläger in ihrer Wohnungssuche behindert waren, könnten zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung führen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - juris). Derartige Fälle liegen hier aber nicht vor, denn Bemühungen der Kläger, die KdU durch Wohnungswechsel zu senken, sind nicht erkennbar.

Kennt demnach - wie hier für die Zeit ab dem 1. November 2005 - der Hilfebedürftige seine Obliegenheit zur Senkung der Kosten seiner Unterkunft und sind Kostensenkungsmaßnahmen sowohl subjektiv zumutbar als auch möglich, kann er die Erstattung seiner Aufwendungen ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Maßnahmen zum Beispiel bei Einhaltung von Kündigungsfristen etc. wirksam werden könnten, nur noch in Höhe der Referenzmiete, also der Aufwendungen für eine angemessene Wohnung verlangen, es sei denn, es ist wie hier auf die Tabellenwerte zu § 8 WoGG zurückzugreifen; dann bilden diese unter Berücksichtigung des bereits skizzierten "Zuschlages" die Obergrenze.

Sind Kostensenkungsmaßnahmen nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar, werden die tatsächlichen (höheren) Aufwendungen zwar zunächst übernommen, nach dem Gesetzeswortlaut "in der Regel jedoch längstens für sechs Monate". Die Norm sieht damit selbst bei Vorliegen von "Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit" vor, dass "in der Regel" spätestens nach sechs Monaten nur noch die Aufwendungen in Höhe der Referenzmiete erstattet werden sollen (Regelfall). Da einerseits das Recht jedoch auch von Hilfebedürftigen bei der Suche von Alternativwohnungen "nichts Unmögliches oder Unzumutbares" verlangen kann, andererseits aber die Übernahme überhöhter KdU angesichts der genannten Rechtsfolgenanordnung Ausnahmecharakter haben soll, sind im Rahmen der Bestimmung der Ausnahmen vom Regelfall strenge Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit zu stellen. Die Erstattung nicht angemessener KdU bleibt der durch sachliche Gründe begründungspflichtige Ausnahmefall und die Obliegenheit zur Kostensenkung bleibt auch bei Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit bestehen; unangemessen hohe KdU werden auch bei Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen nicht zu angemessenen KdU. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der eine Ausnahme rechtfertigenden "Unzumutbarkeit" folgende Grundsätze maßgebend (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - juris):

- Zu respektieren ist die Einbindung Hilfebedürftiger in ihr soziales Umfeld. Den Hilfebedürftigen wird im Rahmen der Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen zugebilligt, dass von ihnen ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit der Aufgabe des soziales Umfeldes verbunden wäre, regelmäßig nicht verlangt werden kann. Bleibt das soziale Umfeld erhalten, sind umgekehrt Kostensenkungsmaßnahmen (z. B. durch einen Umzug) im Normalfall zumutbar.

- Aufrechterhalten des sozialen Umfeldes bedeutet indes nicht, dass keinerlei Veränderungen der Wohnraumsituation stattfinden dürften. Vielmehr sind vom Hilfeempfänger auch Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzunehmen, wie sie etwa erwerbstätigen Pendlern als selbstverständlich zugemutet werden.

- Weitergehende Einschränkungen der Obliegenheit zur Senkung unangemessener KdU im Sinne subjektiver Unzumutbarkeit bedürfen besonderer Begründung. Beruft sich ein Hilfebedürftiger darauf, sich z. B. örtlich nicht verändern oder seine Wohnung nicht aufgeben zu können, müssen hierfür besondere Gründe vorliegen, die einen Ausnahmefall begründen können. Hierfür kommen insbesondere grundrechtsrelevante Sachverhalte oder Härtefälle in Betracht. Dazu gehört etwa die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder, die möglichst nicht durch einen Wohnungswechsel zu einem Schulwechsel gezwungen werden sollten; ebenso kann auf Alleinerziehende Rücksicht genommen werden, die zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind, die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte. Ähnliches kann für behinderte oder pflegebedürftige Menschen oder für die sie betreuenden Familienangehörigen gelten, die zur Sicherstellung der Teilhabe behinderter Menschen ebenfalls auf eine besondere wohnungsnahe Infrastruktur angewiesen sind. Derjenige, der insbesondere als alleinstehender erwerbsfähiger Hilfeempfänger solche oder ähnliche Gründe nicht anführen kann, wird bereits den Tatbestand der subjektiven Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen kaum erfüllen.

Eine objektive Unmöglichkeit einer Unterkunftsalternative wird nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen sein, zumal es in Deutschland insbesondere im streitbefangenen Zeitraum keine allgemeine Wohnungsnot gab und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum herrsche. Anhaltspunkte für eine objektive Unmöglichkeit im genannten Sinne hat der Senat hier nicht.

Aber auch unter dem Blickwinkel der (Un)Zumutbarkeit liegen die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. hier nicht vor. Umzüge innerhalb des örtlichen Vergleichsraums führen im Regelfall nicht zu einer Aufgabe des sozialen Umfeldes, da es sich bei diesem Vergleichsraum - hier käme das Stadtgebiet von N in Betracht - bereits um einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich handelt, der es ermöglicht, soziale Bindungen auch nach Umzügen aufrecht zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 20. August 2009 - B 14 AS 41/08 R - juris). Das Alter und die jeweilige Lebenssituation der Kläger zu 2. bis 4. (Abitur, Pubertät, Grundschulbesuch) begründen keine Unzumutbarkeit eines Umzugs, zumal die Kläger in ähnlicher Lebenssituation zum 1. August 2004 – aus nachvollziehbaren Gründen – umgezogen sind. Der Senat merkt in diesem Zusammenhang auch an, dass die Schulen, die die Kläger zu 2. bis 4. im streitigen Zeitraum besucht haben (-Gymnasium, Realschule und Grundschulen ), räumlich relativ weit auseinander liegen, so dass innerhalb des Vergleichsraums kein Wohnort denkbar ist, der allein wegen des Schulbesuchs sonderlich vorzugswürdig wäre. Der Hinweis, jeder Kläger habe ein eigenes Zimmer benötigt, greift nicht durch, weil eine den Klägern zuzugestehene Wohnung mit einer Größe von 90 m² möglicherweise über vier Zimmer verfügen könnte und nicht erkennbar ist, warum sich zumindest die Kläger zu 2. und 4. ein Zimmer nicht hätten teilen können. Der Hinweis, der Kläger zu 1. benötige im Rahmen einer von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit den zur Wohnung gehörenden Garten als Lagerplatz, greift hier schon deshalb nicht durch, weil der Kläger zu 1. eine selbständige Tätigkeit erst zum 12. September 2006 aufgenommen hat.

Nach den obigen Ausführungen hat der Beklagte demnach von einer monatlichen Bruttokaltmiete von 522,50 Euro für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2006 auszugehen.

Die Heizkostenvorauszahlung in Höhe von monatlich 100,- Euro ist angemessen und im Ansatz vom Beklagten ebenfalls übernommen worden. Heizkosten sind zwar nicht in jedem Falle und in jeder Höhe zu übernehmen (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - juris). Insofern stehen auch die Heizkosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unter dem Leistungsvorbehalt der "Angemessenheit". Eklatant kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen ist auch vom Grundsicherungsträger nicht zu finanzieren. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können sich insbesondere daraus ergeben, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten. Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes halten es das BSG und so auch der Senat für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung für möglich, die von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegel" oder - soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen - den "Bundesweiten Heizspiegel" heranzuziehen. Aus dem "Bundesweiten Heizspiegel", der auf bundesweit erhobenen Heizdaten von rund 63.000 zentral beheizten Wohngebäuden basiert, was hinreichend repräsentativ erscheint und der seit 2005 jährlich veröffentlicht wird (vgl. http://www.heizspiegel.de; wegen des Heizspiegels für vergangene Jahre vgl. die Datenbank unter http://www.mieterbund.de/), ergeben sich Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche, die hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch" unterscheiden. Der Grenzwert, den das BSG und auch der Senat zu Grunde legen, ist das Produkt aus dem Wert, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt. Vorliegend ist ein kommunaler Heizspiegel nicht vorhanden, so dass auf den "Bundesweiten Heizspiegel" zurückgegriffen werden kann. Bei der vorliegend mit Gas beheizten Doppelhaushälfte liegt der Grenzwert ausweislich der im Bundesweiten Heizspiegel 2006 mitgeteilten Vergleichswerte 2005 bei 16,- Euro je Quadratmeter. Heizkosten sind demnach bei einer angemessenen Wohnungsgröße von 90 m² in Höhe von 1.440,- Euro jährlich angemessen, so dass die hier in Rede stehenden Heizkosten in Höhe von jährlich 1.200,- Euro angemessen sind. Nichts anderes würde im Übrigen vorliegend auch dann gelten, wollte man auf den Bundesweiten Heizspiegel 2005 zurückgreifen, dem die Vergleichswerte 2004 zugrunde liegen. Denn der maßgebliche Grenzwert würde sich dann auf 13,50 Euro je m² belaufen, so dass angemessen jährliche Heizkosten in Höhe von 1.215,- Euro wären, die hier aber nicht überschritten werden. Erst recht gälte dies auch dann, wollte man auf den Bundesweiten Heizspiegel 2007 mit seinem maßgeblichen Grenzwert von 17,80 Euro je m² zurückgreifen.

Von den demnach im Grundsatz anzusetzenden 100,- Euro monatlich sind die Kosten für die Warmwasserbereitung abzuziehen (vgl. Urteil des BSG vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R - juris). Soweit der Beklagte insoweit monatlich 15,- Euro abgesetzt hat, ist dies indes zwar falsch, aber für die Kläger begünstigend. Denn richtig ist nach Maßgabe der zitierten Entscheidung des BSG für die Bedarfsgemeinschaft der Kläger ein monatlicher Abzug für die Warmwasserbereitung in Höhe von 19,11 Euro. Dieser Betrag ist für Oktober 2005 von der Warmmiete in Höhe von 770,- Euro abzuziehen. Für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 31. März 2006 ist der von dem Beklagten zu wenig abgezogene Betrag von 4,11 Euro monatlich mit den höheren Ansprüchen für die Bruttokaltmiete zu verrechnen. Denn zwar ist eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Leistungen für KdU nach § 22 SGB II zulässig; eine weitere Aufspaltung des Streitgegenstandes in die Leistungen für die Unterkunft und für die Heizung ist rechtlich dagegen nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 132/10 R - juris). Daraus folgt hier aber, dass Zuvielleistungen für Heizung saldierend auf höhere Ansprüche für die Bruttokaltmiete anzurechnen sind.

Aus dem Gesagten ergeben sich demnach folgende Leistungsansprüche der Kläger für KdU, auf die die bereits bewilligten Leistungen (563,- Euro monatlich im Zeitraum Oktober bis Dezember 2005, 513,- Euro im Januar 2006 und 575,- Euro monatlich für Februar und März 2006) anzurechnen sind:

Für Oktober 2005: 750,89 Euro (770,- Euro abzüglich 19,11 Euro für die Kosten der Warmwasserbereitung) und

für den Zeitraum November 2005 bis März 2006 monatlich 603,39 Euro (522,50 Euro Bruttokaltmiete + 100,- Euro Heizung abzüglich 19,11 Euro für die Kosten der Warmwasserbereitung).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst. Dabei haben die Kläger im Berufungsverfahren zunächst einen Gesamtbetrag von noch 1.717,56 Euro geltend gemacht (799,26 Euro abzüglich bereits jeweils bewilligter 513,- Euro mal sechs). Unterlegen sind sie auch unter Berücksichtigung der Nachbewilligungen des +Beklagten mit 1.027,72 Euro (gerundet 59 Prozent). Unter Berücksichtigung der erstinstanzlichen Anträge erscheint eine Quotelung, nach der der Beklagte ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen hat, angemessen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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