Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 447/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3544/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen 22.7.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1955 geborene Klägerin (GdB 60, Merkzeichen G) hat keinen Beruf erlernt. Zuletzt war sie als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt.
Unter dem 6.5.2002 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung; einen von der Beklagten geforderten formgerechten Antrag reichte sie zunächst nicht ein.
Vom 18.11. bis 9.12.2003 absolvierte die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in den Fachkliniken H., B. U ... Im Entlassungsbericht vom 11.12.2003 ist die Diagnose Knie-TEP links 27.10.2003 festgehalten. Die Klägerin könne als Raumpflegerin 6 Stunden täglich und mehr arbeiten und leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) ebenfalls 6 Stunden täglich und mehr verrichten.
Nach erneuter Rentenantragstellung am 17.01.2005 erhob die Beklagte das Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 7.3.2005. Dieser diagnostizierte hochgradige degenerative Veränderungen des rechten Kniegelenks mit endgradiger Bewegungseinschränkung, die stattgehabte Einpflanzung einer ungekoppelten Knietotalendoprothese links 10/03 bei Aufbraucherscheinungen mit noch bestehendem Beugedefizit, degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule, statische Wirbelsäulenfehlhaltung und Rumpfmuskeldysbalance ohne Anhalt für das Vorliegen von Nervenwurzelreizzeichen sowie Übergewicht (BMI 36,9), außerdem Senk-, Spreizfüße beidseits und langjährigen Nikotinkonsum. Derzeit bestehe kein vollschichtiges Leistungsvermögen wegen der degenerativen Veränderungen des rechten Kniegelenks und der Funktionsminderung beider Kniegelenke bei noch nicht vollständig konsolidierter Situation nach der Knietotalendoprothese. Vollschichtiges Leistungsvermögen werde erst wieder zu erreichen sein, wenn auch eine Kniegelenkssanierungsoperation rechts durchgeführt worden sei. Als Reinigungskraft könne die Klägerin (dauerhaft) nur unter 3 Stunden täglich arbeiten und (derzeit) leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts 3 bis unter 6 Stunden täglich verrichten.
Mit Bescheid vom 6.2.2006 gewährte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1.5.2004 bis 30.4.2006 (Monatsbetrag 758,48 EUR).
Die Klägerin legte gegen die Befristung der Rente Widerspruch ein. Mit (Teilabhilfe-)Bescheid vom 20.3.2006 bewilligte ihr die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30.4.2007. Im Übrigen wies sie den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 4.7.2006 zurück.
Am 1.8.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen (Verfahren S 6 R 2809/06). Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (Kardiologe Dr. B. vom 14.11.2006: Klägerin komplett asymptomatisch; kardiologisch keine Leistungseinschränkung; Orthopäde Dr. K. vom 23.3.2007: keine Leistungseinschätzung möglich).
Vom 7. bis 28.3.2007 absolvierte die Klägerin (nach der Implantation einer Knieendoprothese rechts) erneut eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in den Fachkliniken H ... Im Entlassungsbericht vom 2.4.2007 sind die Diagnosen Knie-TEP rechts nach Gonarthrose, OP 28.2.2007, Zustand nach Knie-TEP links 2003 mit Restbeschwerden sowie Adipositas festgehalten. Als Reinigungskraft könne die Klägerin 3 bis unter 6 Stunden täglich arbeiten, leichte, gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen: u.a. keine kniegelenksbelastenden Bewegungsmuster) überwiegend im Sitzen aber 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Die Klägerin werde vorerst noch arbeitsunfähig entlassen.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 8.5.2007 befürwortete Dr. G. die Verlängerung der Rentengewährung um 6 Monate zur weiteren Stabilisierung von Beweglichkeit und Muskelkraft der Kniegelenke.
Mit Schriftsatz vom 23.5.2007 erkannte die Beklagte daraufhin einen Anspruch der Klägerin auf volle Erwerbsminderungsrente über den 30.4.2007 hinaus an; die Klägerin nahm das Anerkenntnis an. Der Klägerin wurde in Ausführung des Anerkenntnisses Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 31.10.2007 bewilligt.
Am 27.6.2007 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der vollen Erwerbsminderungsrente über den 31.10.2007 hinaus.
Die Beklagte erhob das Gutachten der Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin sowie Sozialmedizin Dr. H. vom 10.8.2007. Diese diagnostizierte künstliche Kniegelenke beidseits mit mäßiger Bewegungseinschränkung, Zustand nach OP links 10/03, rechts 2/07, Bluthochdruck bei Übergewicht, medikamentös behandelt, degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule, statische Wirbelsäulenfehlhaltung und Rumpfmuskeldysbalance mit leichter Bewegungseinschränkung ohne Nervenwurzelreizzeichen sowie Senk-Spreizfüße beidseits und langjährigen Nikotinmehrgebrauch. Die radiologischen Befunde zeigten inzwischen eine reizlos einliegende Knieendoprothese links ohne Lockerungszeichen und eine regelrechte Stellung im Kniegelenk. Der Befund habe sich gegenüber dem orthopädischen Gutachten vom März 2005 gebessert. Das funktionelle Ergebnis am linken Kniegelenk sei zur Zeit als befriedigend zu bezeichnen. Am rechten Kniegelenk finde sich radiologisch eine regelrechte Lage der Knieendoprothese. Die Narbenverhältnisse seien reizlos, bei leichter Rötung, Überwärmung und Schwellung. Die Schmerzsymptomatik habe sich schon gut gebessert. Eine Abschwellung und weitere Besserung des funktionellen Ergebnisses könne in den nächsten Wochen erwartet werden. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen: u.a. kein häufiges Knien und Hocken) 6 Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 12.9.2007 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 16.1.2008 zurück.
Am 1.2.2008 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Sie könne nur noch kurze Wegstrecken zurücklegen. Die Kniegelenksschmerzen hätten sich chronifiziert. Hinzu kämen weitere gesundheitliche Einschränkungen, wie zunehmende Hüftprobleme. Sie könne nur noch unter 3 Stunden täglich arbeiten.
Das Sozialgericht befragte zunächst behandelnde Ärzte und erhob sodann das Gutachten der Ärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. K.-I. vom 17.1.2009.
Der Allgemeinarzt Dr. V. teilte Diagnosen mit; eine Leistungseinschätzung gab er nicht ab. Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich verschlechtert, da sie auch am rechten Knie operiert worden sei (Bericht vom 11.6.2008). Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. S. teilte im Bericht vom 24.6.2008 Behandlungstermine mit (18.4., 19.5. und 13.6.2008). Die Klägerin leide an einer anhaltenden depressiven Störung mit reaktiven Anteilen und einer chronischen somatoformen Schmerzstörung. Bislang sei eine adäquate Behandlung über einen ausreichend langen Zeitraum nicht durchgeführt worden. Unter entsprechender Therapie könne u. U. eine Besserung in absehbarer Zeit, innerhalb von 6 Monaten, erreicht werden. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten daher mindestens 6 Stunden täglich verrichten. Die Prognose sei allerdings schwierig. Die Psychiaterin S. (Praxis Dr. P.), die die Klägerin zweimal konsultiert hatte, diagnostizierte (u.a.) eine reaktive Depression bei etwas gemindert wirkendem Antrieb, nach unten ausgelenkter Stimmungslage und vorhandener Schwingungsfähigkeit. Derzeit sei die Klägerin nicht belastbar; dies müsse nach ausreichender Behandlung erneut beurteilt werden (Bericht vom 10.10.2008). Prof. Dr. W. (Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik, T.) gab im Bericht vom 3.3.2009 an, aufgrund der Befunde (Knieendoprothesen beidseits, V. a. Sehnenreizung im Bereich des linken Kniegelenks, degenerative Veränderungen beider Schultergelenke, Adipositas) bestünden keine Bedenken gegen die täglich mindestens sechsstündige Verrichtung leichter Tätigkeiten.
Dr. K.-I. führte in ihrem Gutachten zum psychopathologischen Befund aus, die affektive Modulation sei erhalten, der Antrieb unauffällig bei leicht gedrückter, ängstlich wirkender Grundstimmung; ein Morgentief werde nicht berichtet. Die Gutachterin eruierte außerdem den Tagesablauf der Klägerin (u.a. Kochen, Besorgen der Wäsche, Saubermachen, Einkaufen erledige der Ehemann, Fernsehen) und diagnostizierte auf ihrem Fachgebiet eine mäßiggradige depressiv-ängstliche Anpassungsstörung und den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung. Hinweise auf eine schwere, rezidivierende Depression gebe es nicht. Die Behandlungsmöglichkeiten würden bisher nur unzureichend, nämlich medikamentös und psychoedukativ, ausgeschöpft. Eine nervenärztliche Behandlung finde zwar regelmäßig statt, eine psychotherapeutische Behandlung im eigentlichen Sinne jedoch nicht. Die Intensivierung der ambulanten Behandlung sei zu empfehlen; dadurch könne eine deutliche Besserung erreicht werden. Die Klägerin sei in der Lage (bei qualitativen Einschränkungen) 6 Stunden täglich und mehr erwerbstätig zu sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.7.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Klägerin stehe Erwerbsminderungsrente nicht (mehr) zu, da sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne. Erwerbsminderung liege daher nicht vor (§ 43 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Das gehe aus dem Gutachten der Dr. K.-I. und dem Bericht des Prof. Dr. W. hervor. Dr. K.-I. habe keine Anhaltspunkte für kognitive oder psychische Störungen und Antriebs- oder Konzentrationsminderungen von rentenrechtlich erheblichem Ausmaß gefunden. Die Klägerin führe nach eigenen Angaben den Haushalt, besorge die Wäsche und putze. Wegen ihrer mäßiggradigen, depressiv-ängstlichen Herabstimmung könne dauerhafte Erwerbsminderung nicht angenommen werden. Diese Einschätzung entspreche auch der Auffassung des Nervenarztes Dr. S., der unter adäquater Therapie eine Besserung in absehbarer Zeit für möglich halte. Die Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet rechtfertigten keine andere Sicht der Dinge. Sie begründeten allein qualitative Leistungseinschränkungen. Die abweichende Auffassung der Ärztin S. (Praxis Dr. P.) könne nicht überzeugen, da sie sich anhand der Befunde nicht objektivieren lasse.
Auf den ihr am 24.7.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 4.8.2009 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt (unter Vorlage weiterer Arztberichte) ihr bisheriges Vorbringen. Das Sozialgericht hätte weitere Ermittlungen anstellen müssen. Die Auffassung behandelnder Ärzte, die sie für erwerbsgemindert hielten, sei zutreffend. Sie habe sich in der Zeit von April bis Juni 2009 zwei Wochen in der Psychiatrischen Universitätsklinik T. stationär behandeln lassen und stelle sich etwa einmal monatlich bei der Psychiaterin S. vor. Außerdem sei am 22.10.2009 eine Revision der Knieendoprothese vorgenommen worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 22.7.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.1.2008 zu verurteilen, ihr ab dem 1.11.2007 (weiterhin) Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat die behandelnde Psychiaterin S. (Praxis Dr. P.) befragt und sodann auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten dieser Ärztin vom 1.12.2010 und von Amts wegen das Gutachten des Prof. Dr. F. (Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T., mit Dr. K.) vom 22.9.2011 erhoben. Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen vorgelegt.
Die Psychiaterin S. hat im Bericht vom 26.4.2010 mitgeteilt, die Klägerin werde seit 8.8.2008 wegen einer reaktiven Depression bei Arthralgie regelmäßig behandelt. Die Symptomatik habe sich zunächst von schwerer bis leichtgradiger Depressivität bei gleichzeitiger Verbesserung der Schmerzen gebessert. Psychopathologisch imponiere die Klägerin zuletzt aber wieder deutlich eingeschränkt durch Schlafprobleme, Grübeln und Schmerzen sowie starker Antriebsminderung, Hoffnungslosigkeit und Lebensüberdruss. Der Haushalt werde nur noch unzureichend und unter höchster Anstrengung verrichtet. Der Gesundheitszustand stehe und falle mit den Schmerzen und der Behandlung der Kniegelenke. Insgesamt sei trotz zwischenzeitlicher Besserung keine wesentliche Befundänderung eingetreten. Bei ihrer letzten Vorstellung habe die Klägerin drei Monate lang keine Psychopharmaka eingenommen. Sie können auch leichte Tätigkeiten nicht mehr 6 Stunden täglich verrichten.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 25.5.2010 hat Dr. P. an der bisherigen Leistungseinschätzung festgehalten.
In einem (von der Klägerin vorgelegten) Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 28.5.2010 wird die Fortführung der konservativen Therapie mit Schmerztherapie und lokaler Kälteanwendung und bei Beschwerdepersistenz eine Bildgebung empfohlen (Befund: u.a. leicht hinkendes Gangbild, am linken Knie reizlose Weichteile, kein intraartikulärer Erguss, Extension/Flexion 0-0-90°, Bänder lax, jedoch keine größere Instabilität, deutliche Druckschmerzen oberflächlich über der Narbe, regelrecht einliegende KTP).
Die Psychiaterin S. hat in ihrem gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten ausgeführt, auf ihrem Fachgebiet liege eine schwere reaktive Depression, aufgrund der Dauer einzuordnen als chronifizierte depressive Störung = Dysthymie vor. Seit 12 Monaten sei die Störung mindestens mittelgradig, seit 6 Monaten schwer ausgeprägt, auch mit suizidalen Krisen (Absichten sich das Leben zu nehmen). Die typischen Symptome einer Depression, u.a. ausgeprägte Antriebsminderung, Freud- und Lustlosigkeit, Lebensüberdruss, lägen vor. Bezüglich der Schmerzen handele es sich um ständig vorhandene, mehr oder minder ausgeprägte Beschwerden insbesondere des linken Kniegelenks. Außerdem bestünden belastungsabhängige Schmerzen der rechten Schulter und der LWS sowie der Verdacht eines Karpaltunnelsyndroms. Die Beschwerden würden nicht vorgetäuscht oder aggraviert. Einer ambulanten Psychotherapie habe sich die Klägerin nicht gestellt. Die fehlende Bereitschaft hierzu sei aber nicht willensabhängig, sondern unterliege tiefgreifenden Abwehrmechanismen. In der aktuellen Situation seien Willensanstrengungen weder möglich noch bestehe Hoffnung, dadurch eine Verbesserung zumindest der Schmerzproblematik zu erzielen, zumal bislang kein erfolgreiches medikamentöses Regime habe etabliert werden können. Die Klägerin könne sowohl von körperlicher Seite wie auch psychisch selbst leichteste Tätigkeiten nicht mehr verrichten. Schon die kurze Wegstrecke zu ihrer Schwester (300 Meter) stelle ein regelmäßig nicht zu überwindendes Hindernis dar. Die Angaben der Klägerin seien glaubhaft. Sie könne leichte Tätigkeiten auch nicht stundenweise verrichten und sei auch nicht wegefähig, könne insbesondere wegen der eingeschränkten Beugefähigkeit der Knie kaum in öffentliche Verkehrsmittel einsteigen. Die psychischen Einschränkungen bestünden in der aktuell vorliegenden Schwere seit Frühjahr 2009, nachdem eine Re-Operation nicht den erwünschten Erfolg gebracht habe. Wesentliche Verbesserungen seien nicht zu erwarten. Medikamentöse Schmerzbehandlungen hätten nicht zu einer befriedigenden Besserung geführt; das gelte auch für eine stationäre psychiatrische Intervention vom 8. bis 19.5.2009 bei zunehmender suizidaler Entwicklung. Die von Dr. K.-I. gefundenen Einschränkungen hätten sich im Befund verschlechtert.
Die Beklagte hat hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 27.1.2011 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, die Gutachterin S. habe in sich widersprüchlich eine schwere reaktive Depression und eine Dysthymie diagnostiziert. Die angenommene Leistungseinschränkung werde vorwiegend mit einer Schmerzsymptomatik aufgrund der orthopädischen Erkrankungen und weniger mit der psychischen Erkrankung selbst begründet. Widersprüchlich sei auch die Datierung der psychischen Einschränkungen in der aktuell angenommenen Schwere auf Frühjahr 2009, nachdem die Gutachterin zuvor von im Verlauf unterschiedlichen Ausprägungsgraden (leichtgradig bis schwer) berichtet habe. Dass seit der Begutachtung durch Dr. K.-I. (mäßiggradige depressiv-ängstliche Anpassungsstörung) im Januar 2009 bis zum Frühjahr 2009 eine erhebliche Verschlimmerung eingetreten sei, erscheine sehr unwahrscheinlich. Eine Verschlechterung der orthopädischen Beschwerden (Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 28.5.2010) könne ebenfalls nicht abgeleitet werden; insbesondere sei die Beweglichkeit bei einer Extension/Flexion von 0/0/90° nicht schwererwiegend eingeschränkt. Es bleibe bei der bisherigen Leistungseinschätzung.
Prof. Dr. F. hat in seinem Gutachten ausgeführt, die Klägerin habe angegeben, aufgrund der anhaltenden Schmerzen habe sie bemerkt, dass sie sich seit ca. 2006 psychisch belastet fühle. Seit dem letzten Jahr habe sich ihr psychisches Befinden nochmals deutlich verschlechtert. Um die Zeit des stationären Aufenthaltes in der Psychiatrischen Universitätsklinik T. habe sie erstmalig unter Suizidgedanken gelitten, habe daran gedacht, Tabletten einzunehmen ohne tatsächlichen Suizidimpuls oder konkretere Suizidpläne. Die behandelnde Psychiaterin S. suche sie etwa alle drei Monate auf.
Der Gutachter hat eine nur leicht gedrückte Stimmungslage gefunden; die Klägerin sei affektiv schwingungsfähig. Der Antrieb werde als vermindert angegeben. Die erschwerten Gang- und Standproben seien unsicher gewesen unter leichtem Hinken links bei Gangproben; der Seiltänzergang sei schmerzbedingt nicht möglich. Bei der Exploration habe sich die Klägerin mit leicht reduzierter Grundstimmung und erhaltener Schwingungsfähigkeit sowie stark moduliertem Affekt ohne Auffälligkeiten im formalen oder inhaltlichen Gedankengang gezeigt. Der Antrieb habe anamnestisch vermindert erschienen; die Klägerin habe eine Initiativ- und Lustlosigkeit beschrieben. Ein Anhalt für eine produktiv psychotische Symptomatik habe sich nicht gefunden.
Prof. Dr. F. hat Angst und Depression gemischt bei chronifizierter Schmerzsymptomatik diagnostiziert. Die Störung sei gekennzeichnet durch das gleichzeitige Vorliegen von Angst und Depression, ohne dass beide Störungen ein Ausmaß erreichten, das eine entsprechende einzelne Diagnose rechtfertigen würde. Eine Verbesserung der Lebensqualität erscheine durchaus möglich, sei jedoch davon abhängig, inwieweit sich die Klägerin auf psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungsangebote, darunter insbesondere Strategien zur Schmerzbewältigung, zum Aktivitätsaufbau und zur Erweiterung des Handlungsspielraums, einlassen könne. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei (in qualitativer Hinsicht) eingeschränkt. Sie könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen: keine Tätigkeiten mit besonderer geistig-seelischer oder körperlicher Belastung, insbesondere kein Zeitdruck, keine Akkord- und Fließbandarbeit, keine Tätigkeit, die körperliche Fitness, ein hohes Maß an Ausgeglichenheit oder soziale Kompetenz erfordere, keine Nachtschicht) aber 6 Stunden täglich verrichten; wegen der Einschränkungen durch die Schmerzsymptomatik seien nur noch körperlich leichte Tätigkeiten möglich. Angesichts der bei der Untersuchung zurückgelegten Wegstrecken (mit Pausen 3 Treppen, 300 Meter) erscheine unter geeignetem Training die Erweiterung der zumutbaren Gehstrecke auf 500 Meter erreichbar, obgleich die Klägerin angegeben habe, aktuell eine Wegstrecke von ca. 200 Meter unter Schmerzen bewältigen zu können. Fahrten zur behandelnden Ärztin lege sie mit dem Zug zurück; Öffentliche Verkehrsmittel könnten (ggf. nach einer Phase der stringenten Übung) genutzt werden. Bei einem Verdacht auf Schonhaltung und Vermeidungstendenz sollte schrittweise versucht werden, den Handlungsradius zu erweitern, da durchaus damit zu rechnen sei, dass eine erneute regelmäßige Beschäftigung mit Tagesstrukturierung zu einer Verbesserung der Symptomatik führen könne. Hierfür erscheine neben der Stärkung der Medikamentencompliance die Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie mit verhaltenstherapeutischem Schwerpunkt sinnvoll. Die von der Gutachterin S. geschilderte psychische Symptomatik erscheine zum aktuellen Zeitpunkt rückläufig. Die depressive Symptomatik erscheine nicht akut verschlechtert, wie von der Gutachterin S. beschrieben, sondern scheine sich im Rahmen eines fortschreitenden, chronifizierten, sozial desintegrierenden Verlaufs (Passivität, Vermeidung von Aktivität, fehlende Ablenkung) weiter verfestigt zu haben.
Die Beklagte hat hierzu abschließend die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 13.10.2011 vorgelegt. Dieser hat sich der Leistungseinschätzung des Prof. Dr. F. angeschlossen. Es ergäben sich auch weiterhin keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Wegefähigkeit. Weitere Sachaufklärung erscheine nicht erforderlich.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr über den 31.10.2007 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente über den 31.10.2007 hinaus nicht mehr zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die Ergebnisse der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren anzumerken:
Auch der Senat ist der Auffassung, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, weshalb Erwerbsminderung nicht vorliegt (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Das geht insbesondere aus dem Entlassungsbericht der Fachkliniken H. vom 2.4.2007, dem Verwaltungsgutachten von Frau Dr. H. und den Gerichtsgutachten von Dr. K.-I. sowie von Prof. Dr. F. hervor. Der abweichenden Auffassung der Ärztin S. kann sich der Senat demgegenüber nicht anschließen.
Auf orthopädischem Fachgebiet liegen rentenberechtigende Leistungseinschränkungen nicht vor. Für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente sind nicht Diagnosen oder Erkrankungen als solche bzw. das Vorliegen einer knieendoprothetischen Versorgung (beidseits) maßgeblich. Vielmehr kommt es auf sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche (zeitliche) Leistungseinschränkungen an. Solche sind auf orthopädischem Fachgebiet aber nicht festgestellt worden. Nach der ersten Kniegelenksoperation (links) im Oktober 2003 hat die Klägerin eine (Anschluss-)Heilbehandlung in den Fachkliniken H. absolviert. Im Entlassungsbericht vom 11.12.2003 haben sie die Klinikärzte (wieder) für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Zur gleichen Erkenntnis ist man in den Fachkliniken H. nach der zweiten Kniegelenksoperation (rechts) im Februar 2007 und der Absolvierung einer erneuten (Anschluss-)Heilbehandlung gelangt; im Entlassungsbericht vom 2.4.2007 ist erneut Leistungsfähigkeit für (jedenfalls) leichte Tätigkeiten über 6 Stunden täglich angenommen worden. Diese Leistungseinschätzung hat sich bei der Begutachtung der Klägerin im Rentenverfahren bestätigt. Dr. H. hat ihre Leistungsbeurteilung (leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich) im Gutachten vom 10.8.2007 auf einen eingehenden orthopädischen Befund gestützt. Sie hat bei der Röntgendiagnostik regelrecht einliegende Knieendoprothesen festgestellt bei reizlosen Narbenverhältnissen und einem gegenüber einer Erstbegutachtung 2005 durch Dr. K. gebesserten Befund, befriedigendem funktionellen Ergebnis und der Erwartung einer weiteren Besserung und Abschwellung. Prof. Dr. W., in dessen Klinik (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T.) die Klägerin operiert worden war, hat im Bericht vom 3.3.2009 ebenfalls Bedenken gegen die mindestens sechsstündige Verrichtung leichter Tätigkeiten nicht geäußert. Auch dem zuletzt vorgelegten Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 28.5.2010 sind Hinweise auf rentenrechtlich beachtliche (zeitliche) Leistungseinschränkungen nicht zu entnehmen. Im Befund dokumentiert sind ein nur leicht hinkendes Gangbild, reizlose Weichteilverhältnisse am linken Knie ohne intraartikulären Erguss sowie ausreichende Beweglichkeit (Extension/Flexion 0-0-90°). Dr. B. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.1.2011 demzufolge zu Recht eine Verschlechterung der orthopädischen Beschwerden verneint.
Die Klägerin beruft sich für ihr Rentenbegehren im Wesentlichen auf eine Depressionserkrankung. Hierzu sind eingehende Ermittlungen angestellt worden. Diese haben eine zu rentenberechtigenden (zeitlichen) Leistungsminderungen führende Erkrankung des depressiven Formenkreises jedoch nicht ergeben.
Dr. K.-I. hat in ihrem Gutachten vom 17.1.2009 einen im Wesentlichen unauffälligen psychopathologischen Befund erhoben; der in sozialmedizinischer Hinsicht bedeutsame Antrieb hat sich bei erhaltener affektiver Modulation und (nur) leicht gedrückter, ängstlich wirkender Grundstimmung als unauffällig erwiesen. Sie hat daher im Wesentlichen lediglich eine mäßiggradige depressiv-ängstliche Anpassungsstörung diagnostizieren können; Hinweise auf eine schwere, rezidivierende Depression hat sie nicht gefunden. Dazu korrespondiert, dass die Klägerin Behandlungsmöglichkeiten, die eine deutliche Besserung ermöglichen könnten, offenbar mangels entsprechenden Leidensdrucks auch nur unzureichend ausgeschöpft hat. Die Gutachterin hat die Klägerin damit überzeugend für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten.
Die abweichende Auffassung der (behandelnden) Psychiaterin S. in deren auf Antrag der Klägerin gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten vom 1.12.2010 kann nicht überzeugen. So ist schon die Diagnostik unschlüssig. Die gleichzeitige Annahme bzw. Gleichsetzung von schwerer reaktiver Depression und Dysthymie ist widersprüchlich; hierauf hat Dr. B. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.1.2001 zutreffend hingewiesen. Das Gutachten enthält zum psychopathologischen Befund im Kern auch eher allgemeine Darlegungen zur Symptomatik von Depressionserkrankungen und anamnestische Angaben der Klägerin. Eine überzeugende sozialmedizinische (rentenrechtliche) Leistungseinschätzung hinsichtlich psychiatrischer Krankheitsbilder ist daraus so nicht abzuleiten; insbesondere genügt der Hinweis, die Angaben der Klägerin seien glaubhaft, hierfür nicht. Die Ansicht der Ärztin S. steht zudem in Widerspruch zur Auffassung der Dr. K.-I., nachdem die Gutachterin S. die Leistungseinschränkung (auch kein stundenweises Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten) auf das Frühjahr 2009 datiert hat. Im Gegensatz dazu hat Dr. K.-I. noch im Januar 2009 eine erhaltene affektive Modulation und unauffälligen Antrieb festgestellt ohne Hinweise auf eine schwere rezidivierende Depression. Die Ärztin S. hat sich damit nicht ausreichend auseinandergesetzt; eine entsprechende Verschlimmerung der psychiatrischen Erkrankung hat Dr. B. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.1.2011 angesichts der kurzen Zeitspanne und des Fehlens dokumentierter Änderungen des medizinischen Sachverhalts zu Recht für sehr unwahrscheinlich erachtet. Die Verlaufsbeurteilung der Ärztin S. ist schließlich auch insoweit widersprüchlich, als sie selbst (deutlich) unterschiedliche Krankheitsausprägungen (leichtgradig bis schwer – Bericht vom 26.4.2010) und erst seit 6 Monaten (ab Begutachtung im Dezember 2010) einen schweren Ausprägungsgrad postuliert, gleichwohl aber aufgehobenes Leistungsvermögen ab Frühjahr 2009 angenommen hat. Auch hierauf hat Dr. B. in der Stellungnahme vom 27.1.2011 zutreffend hingewiesen und zu Recht angenommen, dass die Ärztin S. ihre Auffassung letztendlich stärker auf die – orthopädisch fundierte – Schmerzsymptomatik und weniger auf die Folgewirkungen einer Erkrankung des psychiatrischen Fachgebiets selbst gründet.
Die Ergebnisse der psychiatrischen Begutachtung der Klägerin durch Prof. Dr. F. haben bestätigt, dass rentenberechtigende Leistungseinschränkungen durch eine psychiatrische Erkrankung nicht festzustellen sind. Im Gutachten vom 22.9.2011 hat Prof. Dr. F. (im Wesentlichen in Übereinstimmung mit Dr. K.-I.) nur eine leicht gedrückte Stimmungslage bei affektiver Schwingungsfähigkeit gefunden; der Antrieb ist – lediglich – anamnestisch durch Beschreibung von Initiativ- und Lustlosigkeit als vermindert erschienen, woraus eine sozialmedizinisch beachtliche Leistungsminderung nicht abzuleiten ist.
Gestützt auf diesen Befund hat der Gutachter letztendlich wie Dr. K.-I. allein Angst und Depression gemischt bei chronifizierter Schmerzsymptomatik diagnostiziert, wobei weder die Depression noch die Angst ein Ausmaß erreichen, das die entsprechende einzelne Diagnose rechtfertigt. Eine Erkrankung des depressiven Formenkreises, die wegen ihres Schweregrades zu rentenberechtigenden Leistungsminderungen führen würde, ist damit aber nicht festgestellt. Demzufolge hat der Gutachter die Klägerin auch schlüssig für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Unterstrichen wird die Richtigkeit dieser Annahme durch das Fehlen einer - bei höhergradigen Erkrankungen des depressiven Formenkreises zu erwartenden - adäquaten psychopharmakologischen, psychotherapeutischen bzw. psychiatrischen Therapie. Auch eine entsprechende, regelmäßig multimodale angemessene (intensive) Schmerztherapie geht aus den ärztlichen Dokumentationen bzw. aus den Rentengutachten nicht hervor. Vielmehr hat schon der Psychiater und Psychotherapeut Dr. S. (der eine sechsstündige Erwerbstätigkeit für möglich erachtet hat) im Bericht vom 24.6.2008 festgestellt, dass eine adäquate Behandlung über einen ausreichend langen Zeitraum nicht durchgeführt worden ist. Die Ärztin S. hat im Bericht vom 26.4.2010 mitgeteilt, die Klägerin habe über einen Zeitraum von 3 Monaten keine Psychopharmaka eingenommen. Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. F. hat die Klägerin selbst angegeben, sie suche die Ärztin S. etwa alle 3 Monate – nach dem Berufungsvorbringen einmal im Monat - auf. Wenn aber (tatsächlich) eine sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche Erkrankung des depressiven Formenkreises vorliegt, finden – schon wegen des entsprechenden Leidensdrucks – angemessene, auch engmaschige Behandlungen statt (vgl. auch Senatsurteil vom 11.5.2011, - L 5 R 1823/10 -). Das Fehlen einer solchen Therapie, auch einer speziellen Schmerztherapie bzw. als deren Element etwa einer auf die Schmerzbewältigung gerichteten Verhaltenstherapie, ist mit tiefgreifenden Abwehrmechanismen (Gutachten S. vom 1.12.2010) schlüssig nicht zu erklären. Prof. Dr. F. hat – in Übereinstimmung mit dem seinerzeit noch behandelnden Dr. S. (Bericht vom 24.6.2008) – daher, zumal bei als rückläufig befundener psychischer Symptomatik, überzeugend eine Besserungsmöglichkeit durch Therapie angenommen und bei seiner Beurteilung auch die stationäre Behandlung der Klägerin in der Psychiatrischen Universitätsklinik T. im Mai 2009 berücksichtigt.
Durchgreifende Zweifel an der Wegefähigkeit der Klägerin bestehen nicht. Aus einer Erkrankung des psychiatrischen Fachgebiets sind rentenrechtlich beachtliche Einschränkungen der zumutbaren Wegstrecke für das Aufsuchen eines Arbeitsplatzes nicht abzuleiten. Dass die Klägerin an der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch die gemischte Depression bzw. Angst gehindert wäre, hat insbesondere Prof. Dr. F. nicht festgestellt. In orthopädischer Hinsicht schließt die Implantation der Knieendoprothesen beidseits die Wegefähigkeit ebenfalls nicht aus. Das ist insbesondere aus den bereits erwähnten Berichten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. nicht zu entnehmen. Im Bericht vom 28.5.2010 ist bei ausreichender Beweglichkeit lediglich ein leicht hinkendes Gangbild dokumentiert. Die (zudem fachfremde) Annahme der Psychiaterin S. in ihrem gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten vom 1.12.2010, die Klägerin könne wegen eingeschränkter Beugefähigkeit der Knie kaum in öffentliche Verkehrsmittel einsteigen, ist damit nicht vereinbar und beruht im Kern auf durch die orthopädischen Befunde nicht gestützten Angaben der Klägerin. Demzufolge hat Dr. B. in der abschließenden beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.10.2011 zu Recht keine Anhaltspunkte für eine sozialmedizinisch beachtliche Einschränkung der Wegefähigkeit festgestellt.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen, etwa weitere Begutachtungen, nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1955 geborene Klägerin (GdB 60, Merkzeichen G) hat keinen Beruf erlernt. Zuletzt war sie als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt.
Unter dem 6.5.2002 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung; einen von der Beklagten geforderten formgerechten Antrag reichte sie zunächst nicht ein.
Vom 18.11. bis 9.12.2003 absolvierte die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in den Fachkliniken H., B. U ... Im Entlassungsbericht vom 11.12.2003 ist die Diagnose Knie-TEP links 27.10.2003 festgehalten. Die Klägerin könne als Raumpflegerin 6 Stunden täglich und mehr arbeiten und leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) ebenfalls 6 Stunden täglich und mehr verrichten.
Nach erneuter Rentenantragstellung am 17.01.2005 erhob die Beklagte das Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 7.3.2005. Dieser diagnostizierte hochgradige degenerative Veränderungen des rechten Kniegelenks mit endgradiger Bewegungseinschränkung, die stattgehabte Einpflanzung einer ungekoppelten Knietotalendoprothese links 10/03 bei Aufbraucherscheinungen mit noch bestehendem Beugedefizit, degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule, statische Wirbelsäulenfehlhaltung und Rumpfmuskeldysbalance ohne Anhalt für das Vorliegen von Nervenwurzelreizzeichen sowie Übergewicht (BMI 36,9), außerdem Senk-, Spreizfüße beidseits und langjährigen Nikotinkonsum. Derzeit bestehe kein vollschichtiges Leistungsvermögen wegen der degenerativen Veränderungen des rechten Kniegelenks und der Funktionsminderung beider Kniegelenke bei noch nicht vollständig konsolidierter Situation nach der Knietotalendoprothese. Vollschichtiges Leistungsvermögen werde erst wieder zu erreichen sein, wenn auch eine Kniegelenkssanierungsoperation rechts durchgeführt worden sei. Als Reinigungskraft könne die Klägerin (dauerhaft) nur unter 3 Stunden täglich arbeiten und (derzeit) leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts 3 bis unter 6 Stunden täglich verrichten.
Mit Bescheid vom 6.2.2006 gewährte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1.5.2004 bis 30.4.2006 (Monatsbetrag 758,48 EUR).
Die Klägerin legte gegen die Befristung der Rente Widerspruch ein. Mit (Teilabhilfe-)Bescheid vom 20.3.2006 bewilligte ihr die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30.4.2007. Im Übrigen wies sie den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 4.7.2006 zurück.
Am 1.8.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen (Verfahren S 6 R 2809/06). Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (Kardiologe Dr. B. vom 14.11.2006: Klägerin komplett asymptomatisch; kardiologisch keine Leistungseinschränkung; Orthopäde Dr. K. vom 23.3.2007: keine Leistungseinschätzung möglich).
Vom 7. bis 28.3.2007 absolvierte die Klägerin (nach der Implantation einer Knieendoprothese rechts) erneut eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in den Fachkliniken H ... Im Entlassungsbericht vom 2.4.2007 sind die Diagnosen Knie-TEP rechts nach Gonarthrose, OP 28.2.2007, Zustand nach Knie-TEP links 2003 mit Restbeschwerden sowie Adipositas festgehalten. Als Reinigungskraft könne die Klägerin 3 bis unter 6 Stunden täglich arbeiten, leichte, gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen: u.a. keine kniegelenksbelastenden Bewegungsmuster) überwiegend im Sitzen aber 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Die Klägerin werde vorerst noch arbeitsunfähig entlassen.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 8.5.2007 befürwortete Dr. G. die Verlängerung der Rentengewährung um 6 Monate zur weiteren Stabilisierung von Beweglichkeit und Muskelkraft der Kniegelenke.
Mit Schriftsatz vom 23.5.2007 erkannte die Beklagte daraufhin einen Anspruch der Klägerin auf volle Erwerbsminderungsrente über den 30.4.2007 hinaus an; die Klägerin nahm das Anerkenntnis an. Der Klägerin wurde in Ausführung des Anerkenntnisses Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 31.10.2007 bewilligt.
Am 27.6.2007 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der vollen Erwerbsminderungsrente über den 31.10.2007 hinaus.
Die Beklagte erhob das Gutachten der Fachärztin für physikalische und rehabilitative Medizin sowie Sozialmedizin Dr. H. vom 10.8.2007. Diese diagnostizierte künstliche Kniegelenke beidseits mit mäßiger Bewegungseinschränkung, Zustand nach OP links 10/03, rechts 2/07, Bluthochdruck bei Übergewicht, medikamentös behandelt, degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule, statische Wirbelsäulenfehlhaltung und Rumpfmuskeldysbalance mit leichter Bewegungseinschränkung ohne Nervenwurzelreizzeichen sowie Senk-Spreizfüße beidseits und langjährigen Nikotinmehrgebrauch. Die radiologischen Befunde zeigten inzwischen eine reizlos einliegende Knieendoprothese links ohne Lockerungszeichen und eine regelrechte Stellung im Kniegelenk. Der Befund habe sich gegenüber dem orthopädischen Gutachten vom März 2005 gebessert. Das funktionelle Ergebnis am linken Kniegelenk sei zur Zeit als befriedigend zu bezeichnen. Am rechten Kniegelenk finde sich radiologisch eine regelrechte Lage der Knieendoprothese. Die Narbenverhältnisse seien reizlos, bei leichter Rötung, Überwärmung und Schwellung. Die Schmerzsymptomatik habe sich schon gut gebessert. Eine Abschwellung und weitere Besserung des funktionellen Ergebnisses könne in den nächsten Wochen erwartet werden. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen: u.a. kein häufiges Knien und Hocken) 6 Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 12.9.2007 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 16.1.2008 zurück.
Am 1.2.2008 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Sie könne nur noch kurze Wegstrecken zurücklegen. Die Kniegelenksschmerzen hätten sich chronifiziert. Hinzu kämen weitere gesundheitliche Einschränkungen, wie zunehmende Hüftprobleme. Sie könne nur noch unter 3 Stunden täglich arbeiten.
Das Sozialgericht befragte zunächst behandelnde Ärzte und erhob sodann das Gutachten der Ärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. K.-I. vom 17.1.2009.
Der Allgemeinarzt Dr. V. teilte Diagnosen mit; eine Leistungseinschätzung gab er nicht ab. Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich verschlechtert, da sie auch am rechten Knie operiert worden sei (Bericht vom 11.6.2008). Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. S. teilte im Bericht vom 24.6.2008 Behandlungstermine mit (18.4., 19.5. und 13.6.2008). Die Klägerin leide an einer anhaltenden depressiven Störung mit reaktiven Anteilen und einer chronischen somatoformen Schmerzstörung. Bislang sei eine adäquate Behandlung über einen ausreichend langen Zeitraum nicht durchgeführt worden. Unter entsprechender Therapie könne u. U. eine Besserung in absehbarer Zeit, innerhalb von 6 Monaten, erreicht werden. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten daher mindestens 6 Stunden täglich verrichten. Die Prognose sei allerdings schwierig. Die Psychiaterin S. (Praxis Dr. P.), die die Klägerin zweimal konsultiert hatte, diagnostizierte (u.a.) eine reaktive Depression bei etwas gemindert wirkendem Antrieb, nach unten ausgelenkter Stimmungslage und vorhandener Schwingungsfähigkeit. Derzeit sei die Klägerin nicht belastbar; dies müsse nach ausreichender Behandlung erneut beurteilt werden (Bericht vom 10.10.2008). Prof. Dr. W. (Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik, T.) gab im Bericht vom 3.3.2009 an, aufgrund der Befunde (Knieendoprothesen beidseits, V. a. Sehnenreizung im Bereich des linken Kniegelenks, degenerative Veränderungen beider Schultergelenke, Adipositas) bestünden keine Bedenken gegen die täglich mindestens sechsstündige Verrichtung leichter Tätigkeiten.
Dr. K.-I. führte in ihrem Gutachten zum psychopathologischen Befund aus, die affektive Modulation sei erhalten, der Antrieb unauffällig bei leicht gedrückter, ängstlich wirkender Grundstimmung; ein Morgentief werde nicht berichtet. Die Gutachterin eruierte außerdem den Tagesablauf der Klägerin (u.a. Kochen, Besorgen der Wäsche, Saubermachen, Einkaufen erledige der Ehemann, Fernsehen) und diagnostizierte auf ihrem Fachgebiet eine mäßiggradige depressiv-ängstliche Anpassungsstörung und den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung. Hinweise auf eine schwere, rezidivierende Depression gebe es nicht. Die Behandlungsmöglichkeiten würden bisher nur unzureichend, nämlich medikamentös und psychoedukativ, ausgeschöpft. Eine nervenärztliche Behandlung finde zwar regelmäßig statt, eine psychotherapeutische Behandlung im eigentlichen Sinne jedoch nicht. Die Intensivierung der ambulanten Behandlung sei zu empfehlen; dadurch könne eine deutliche Besserung erreicht werden. Die Klägerin sei in der Lage (bei qualitativen Einschränkungen) 6 Stunden täglich und mehr erwerbstätig zu sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.7.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Klägerin stehe Erwerbsminderungsrente nicht (mehr) zu, da sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne. Erwerbsminderung liege daher nicht vor (§ 43 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Das gehe aus dem Gutachten der Dr. K.-I. und dem Bericht des Prof. Dr. W. hervor. Dr. K.-I. habe keine Anhaltspunkte für kognitive oder psychische Störungen und Antriebs- oder Konzentrationsminderungen von rentenrechtlich erheblichem Ausmaß gefunden. Die Klägerin führe nach eigenen Angaben den Haushalt, besorge die Wäsche und putze. Wegen ihrer mäßiggradigen, depressiv-ängstlichen Herabstimmung könne dauerhafte Erwerbsminderung nicht angenommen werden. Diese Einschätzung entspreche auch der Auffassung des Nervenarztes Dr. S., der unter adäquater Therapie eine Besserung in absehbarer Zeit für möglich halte. Die Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet rechtfertigten keine andere Sicht der Dinge. Sie begründeten allein qualitative Leistungseinschränkungen. Die abweichende Auffassung der Ärztin S. (Praxis Dr. P.) könne nicht überzeugen, da sie sich anhand der Befunde nicht objektivieren lasse.
Auf den ihr am 24.7.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 4.8.2009 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt (unter Vorlage weiterer Arztberichte) ihr bisheriges Vorbringen. Das Sozialgericht hätte weitere Ermittlungen anstellen müssen. Die Auffassung behandelnder Ärzte, die sie für erwerbsgemindert hielten, sei zutreffend. Sie habe sich in der Zeit von April bis Juni 2009 zwei Wochen in der Psychiatrischen Universitätsklinik T. stationär behandeln lassen und stelle sich etwa einmal monatlich bei der Psychiaterin S. vor. Außerdem sei am 22.10.2009 eine Revision der Knieendoprothese vorgenommen worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 22.7.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.1.2008 zu verurteilen, ihr ab dem 1.11.2007 (weiterhin) Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat die behandelnde Psychiaterin S. (Praxis Dr. P.) befragt und sodann auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten dieser Ärztin vom 1.12.2010 und von Amts wegen das Gutachten des Prof. Dr. F. (Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie T., mit Dr. K.) vom 22.9.2011 erhoben. Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen vorgelegt.
Die Psychiaterin S. hat im Bericht vom 26.4.2010 mitgeteilt, die Klägerin werde seit 8.8.2008 wegen einer reaktiven Depression bei Arthralgie regelmäßig behandelt. Die Symptomatik habe sich zunächst von schwerer bis leichtgradiger Depressivität bei gleichzeitiger Verbesserung der Schmerzen gebessert. Psychopathologisch imponiere die Klägerin zuletzt aber wieder deutlich eingeschränkt durch Schlafprobleme, Grübeln und Schmerzen sowie starker Antriebsminderung, Hoffnungslosigkeit und Lebensüberdruss. Der Haushalt werde nur noch unzureichend und unter höchster Anstrengung verrichtet. Der Gesundheitszustand stehe und falle mit den Schmerzen und der Behandlung der Kniegelenke. Insgesamt sei trotz zwischenzeitlicher Besserung keine wesentliche Befundänderung eingetreten. Bei ihrer letzten Vorstellung habe die Klägerin drei Monate lang keine Psychopharmaka eingenommen. Sie können auch leichte Tätigkeiten nicht mehr 6 Stunden täglich verrichten.
In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 25.5.2010 hat Dr. P. an der bisherigen Leistungseinschätzung festgehalten.
In einem (von der Klägerin vorgelegten) Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 28.5.2010 wird die Fortführung der konservativen Therapie mit Schmerztherapie und lokaler Kälteanwendung und bei Beschwerdepersistenz eine Bildgebung empfohlen (Befund: u.a. leicht hinkendes Gangbild, am linken Knie reizlose Weichteile, kein intraartikulärer Erguss, Extension/Flexion 0-0-90°, Bänder lax, jedoch keine größere Instabilität, deutliche Druckschmerzen oberflächlich über der Narbe, regelrecht einliegende KTP).
Die Psychiaterin S. hat in ihrem gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten ausgeführt, auf ihrem Fachgebiet liege eine schwere reaktive Depression, aufgrund der Dauer einzuordnen als chronifizierte depressive Störung = Dysthymie vor. Seit 12 Monaten sei die Störung mindestens mittelgradig, seit 6 Monaten schwer ausgeprägt, auch mit suizidalen Krisen (Absichten sich das Leben zu nehmen). Die typischen Symptome einer Depression, u.a. ausgeprägte Antriebsminderung, Freud- und Lustlosigkeit, Lebensüberdruss, lägen vor. Bezüglich der Schmerzen handele es sich um ständig vorhandene, mehr oder minder ausgeprägte Beschwerden insbesondere des linken Kniegelenks. Außerdem bestünden belastungsabhängige Schmerzen der rechten Schulter und der LWS sowie der Verdacht eines Karpaltunnelsyndroms. Die Beschwerden würden nicht vorgetäuscht oder aggraviert. Einer ambulanten Psychotherapie habe sich die Klägerin nicht gestellt. Die fehlende Bereitschaft hierzu sei aber nicht willensabhängig, sondern unterliege tiefgreifenden Abwehrmechanismen. In der aktuellen Situation seien Willensanstrengungen weder möglich noch bestehe Hoffnung, dadurch eine Verbesserung zumindest der Schmerzproblematik zu erzielen, zumal bislang kein erfolgreiches medikamentöses Regime habe etabliert werden können. Die Klägerin könne sowohl von körperlicher Seite wie auch psychisch selbst leichteste Tätigkeiten nicht mehr verrichten. Schon die kurze Wegstrecke zu ihrer Schwester (300 Meter) stelle ein regelmäßig nicht zu überwindendes Hindernis dar. Die Angaben der Klägerin seien glaubhaft. Sie könne leichte Tätigkeiten auch nicht stundenweise verrichten und sei auch nicht wegefähig, könne insbesondere wegen der eingeschränkten Beugefähigkeit der Knie kaum in öffentliche Verkehrsmittel einsteigen. Die psychischen Einschränkungen bestünden in der aktuell vorliegenden Schwere seit Frühjahr 2009, nachdem eine Re-Operation nicht den erwünschten Erfolg gebracht habe. Wesentliche Verbesserungen seien nicht zu erwarten. Medikamentöse Schmerzbehandlungen hätten nicht zu einer befriedigenden Besserung geführt; das gelte auch für eine stationäre psychiatrische Intervention vom 8. bis 19.5.2009 bei zunehmender suizidaler Entwicklung. Die von Dr. K.-I. gefundenen Einschränkungen hätten sich im Befund verschlechtert.
Die Beklagte hat hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 27.1.2011 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, die Gutachterin S. habe in sich widersprüchlich eine schwere reaktive Depression und eine Dysthymie diagnostiziert. Die angenommene Leistungseinschränkung werde vorwiegend mit einer Schmerzsymptomatik aufgrund der orthopädischen Erkrankungen und weniger mit der psychischen Erkrankung selbst begründet. Widersprüchlich sei auch die Datierung der psychischen Einschränkungen in der aktuell angenommenen Schwere auf Frühjahr 2009, nachdem die Gutachterin zuvor von im Verlauf unterschiedlichen Ausprägungsgraden (leichtgradig bis schwer) berichtet habe. Dass seit der Begutachtung durch Dr. K.-I. (mäßiggradige depressiv-ängstliche Anpassungsstörung) im Januar 2009 bis zum Frühjahr 2009 eine erhebliche Verschlimmerung eingetreten sei, erscheine sehr unwahrscheinlich. Eine Verschlechterung der orthopädischen Beschwerden (Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 28.5.2010) könne ebenfalls nicht abgeleitet werden; insbesondere sei die Beweglichkeit bei einer Extension/Flexion von 0/0/90° nicht schwererwiegend eingeschränkt. Es bleibe bei der bisherigen Leistungseinschätzung.
Prof. Dr. F. hat in seinem Gutachten ausgeführt, die Klägerin habe angegeben, aufgrund der anhaltenden Schmerzen habe sie bemerkt, dass sie sich seit ca. 2006 psychisch belastet fühle. Seit dem letzten Jahr habe sich ihr psychisches Befinden nochmals deutlich verschlechtert. Um die Zeit des stationären Aufenthaltes in der Psychiatrischen Universitätsklinik T. habe sie erstmalig unter Suizidgedanken gelitten, habe daran gedacht, Tabletten einzunehmen ohne tatsächlichen Suizidimpuls oder konkretere Suizidpläne. Die behandelnde Psychiaterin S. suche sie etwa alle drei Monate auf.
Der Gutachter hat eine nur leicht gedrückte Stimmungslage gefunden; die Klägerin sei affektiv schwingungsfähig. Der Antrieb werde als vermindert angegeben. Die erschwerten Gang- und Standproben seien unsicher gewesen unter leichtem Hinken links bei Gangproben; der Seiltänzergang sei schmerzbedingt nicht möglich. Bei der Exploration habe sich die Klägerin mit leicht reduzierter Grundstimmung und erhaltener Schwingungsfähigkeit sowie stark moduliertem Affekt ohne Auffälligkeiten im formalen oder inhaltlichen Gedankengang gezeigt. Der Antrieb habe anamnestisch vermindert erschienen; die Klägerin habe eine Initiativ- und Lustlosigkeit beschrieben. Ein Anhalt für eine produktiv psychotische Symptomatik habe sich nicht gefunden.
Prof. Dr. F. hat Angst und Depression gemischt bei chronifizierter Schmerzsymptomatik diagnostiziert. Die Störung sei gekennzeichnet durch das gleichzeitige Vorliegen von Angst und Depression, ohne dass beide Störungen ein Ausmaß erreichten, das eine entsprechende einzelne Diagnose rechtfertigen würde. Eine Verbesserung der Lebensqualität erscheine durchaus möglich, sei jedoch davon abhängig, inwieweit sich die Klägerin auf psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungsangebote, darunter insbesondere Strategien zur Schmerzbewältigung, zum Aktivitätsaufbau und zur Erweiterung des Handlungsspielraums, einlassen könne. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei (in qualitativer Hinsicht) eingeschränkt. Sie könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen: keine Tätigkeiten mit besonderer geistig-seelischer oder körperlicher Belastung, insbesondere kein Zeitdruck, keine Akkord- und Fließbandarbeit, keine Tätigkeit, die körperliche Fitness, ein hohes Maß an Ausgeglichenheit oder soziale Kompetenz erfordere, keine Nachtschicht) aber 6 Stunden täglich verrichten; wegen der Einschränkungen durch die Schmerzsymptomatik seien nur noch körperlich leichte Tätigkeiten möglich. Angesichts der bei der Untersuchung zurückgelegten Wegstrecken (mit Pausen 3 Treppen, 300 Meter) erscheine unter geeignetem Training die Erweiterung der zumutbaren Gehstrecke auf 500 Meter erreichbar, obgleich die Klägerin angegeben habe, aktuell eine Wegstrecke von ca. 200 Meter unter Schmerzen bewältigen zu können. Fahrten zur behandelnden Ärztin lege sie mit dem Zug zurück; Öffentliche Verkehrsmittel könnten (ggf. nach einer Phase der stringenten Übung) genutzt werden. Bei einem Verdacht auf Schonhaltung und Vermeidungstendenz sollte schrittweise versucht werden, den Handlungsradius zu erweitern, da durchaus damit zu rechnen sei, dass eine erneute regelmäßige Beschäftigung mit Tagesstrukturierung zu einer Verbesserung der Symptomatik führen könne. Hierfür erscheine neben der Stärkung der Medikamentencompliance die Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie mit verhaltenstherapeutischem Schwerpunkt sinnvoll. Die von der Gutachterin S. geschilderte psychische Symptomatik erscheine zum aktuellen Zeitpunkt rückläufig. Die depressive Symptomatik erscheine nicht akut verschlechtert, wie von der Gutachterin S. beschrieben, sondern scheine sich im Rahmen eines fortschreitenden, chronifizierten, sozial desintegrierenden Verlaufs (Passivität, Vermeidung von Aktivität, fehlende Ablenkung) weiter verfestigt zu haben.
Die Beklagte hat hierzu abschließend die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 13.10.2011 vorgelegt. Dieser hat sich der Leistungseinschätzung des Prof. Dr. F. angeschlossen. Es ergäben sich auch weiterhin keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Wegefähigkeit. Weitere Sachaufklärung erscheine nicht erforderlich.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr über den 31.10.2007 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente über den 31.10.2007 hinaus nicht mehr zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die Ergebnisse der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren anzumerken:
Auch der Senat ist der Auffassung, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, weshalb Erwerbsminderung nicht vorliegt (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Das geht insbesondere aus dem Entlassungsbericht der Fachkliniken H. vom 2.4.2007, dem Verwaltungsgutachten von Frau Dr. H. und den Gerichtsgutachten von Dr. K.-I. sowie von Prof. Dr. F. hervor. Der abweichenden Auffassung der Ärztin S. kann sich der Senat demgegenüber nicht anschließen.
Auf orthopädischem Fachgebiet liegen rentenberechtigende Leistungseinschränkungen nicht vor. Für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente sind nicht Diagnosen oder Erkrankungen als solche bzw. das Vorliegen einer knieendoprothetischen Versorgung (beidseits) maßgeblich. Vielmehr kommt es auf sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche (zeitliche) Leistungseinschränkungen an. Solche sind auf orthopädischem Fachgebiet aber nicht festgestellt worden. Nach der ersten Kniegelenksoperation (links) im Oktober 2003 hat die Klägerin eine (Anschluss-)Heilbehandlung in den Fachkliniken H. absolviert. Im Entlassungsbericht vom 11.12.2003 haben sie die Klinikärzte (wieder) für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Zur gleichen Erkenntnis ist man in den Fachkliniken H. nach der zweiten Kniegelenksoperation (rechts) im Februar 2007 und der Absolvierung einer erneuten (Anschluss-)Heilbehandlung gelangt; im Entlassungsbericht vom 2.4.2007 ist erneut Leistungsfähigkeit für (jedenfalls) leichte Tätigkeiten über 6 Stunden täglich angenommen worden. Diese Leistungseinschätzung hat sich bei der Begutachtung der Klägerin im Rentenverfahren bestätigt. Dr. H. hat ihre Leistungsbeurteilung (leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich) im Gutachten vom 10.8.2007 auf einen eingehenden orthopädischen Befund gestützt. Sie hat bei der Röntgendiagnostik regelrecht einliegende Knieendoprothesen festgestellt bei reizlosen Narbenverhältnissen und einem gegenüber einer Erstbegutachtung 2005 durch Dr. K. gebesserten Befund, befriedigendem funktionellen Ergebnis und der Erwartung einer weiteren Besserung und Abschwellung. Prof. Dr. W., in dessen Klinik (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T.) die Klägerin operiert worden war, hat im Bericht vom 3.3.2009 ebenfalls Bedenken gegen die mindestens sechsstündige Verrichtung leichter Tätigkeiten nicht geäußert. Auch dem zuletzt vorgelegten Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 28.5.2010 sind Hinweise auf rentenrechtlich beachtliche (zeitliche) Leistungseinschränkungen nicht zu entnehmen. Im Befund dokumentiert sind ein nur leicht hinkendes Gangbild, reizlose Weichteilverhältnisse am linken Knie ohne intraartikulären Erguss sowie ausreichende Beweglichkeit (Extension/Flexion 0-0-90°). Dr. B. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.1.2011 demzufolge zu Recht eine Verschlechterung der orthopädischen Beschwerden verneint.
Die Klägerin beruft sich für ihr Rentenbegehren im Wesentlichen auf eine Depressionserkrankung. Hierzu sind eingehende Ermittlungen angestellt worden. Diese haben eine zu rentenberechtigenden (zeitlichen) Leistungsminderungen führende Erkrankung des depressiven Formenkreises jedoch nicht ergeben.
Dr. K.-I. hat in ihrem Gutachten vom 17.1.2009 einen im Wesentlichen unauffälligen psychopathologischen Befund erhoben; der in sozialmedizinischer Hinsicht bedeutsame Antrieb hat sich bei erhaltener affektiver Modulation und (nur) leicht gedrückter, ängstlich wirkender Grundstimmung als unauffällig erwiesen. Sie hat daher im Wesentlichen lediglich eine mäßiggradige depressiv-ängstliche Anpassungsstörung diagnostizieren können; Hinweise auf eine schwere, rezidivierende Depression hat sie nicht gefunden. Dazu korrespondiert, dass die Klägerin Behandlungsmöglichkeiten, die eine deutliche Besserung ermöglichen könnten, offenbar mangels entsprechenden Leidensdrucks auch nur unzureichend ausgeschöpft hat. Die Gutachterin hat die Klägerin damit überzeugend für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten.
Die abweichende Auffassung der (behandelnden) Psychiaterin S. in deren auf Antrag der Klägerin gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten vom 1.12.2010 kann nicht überzeugen. So ist schon die Diagnostik unschlüssig. Die gleichzeitige Annahme bzw. Gleichsetzung von schwerer reaktiver Depression und Dysthymie ist widersprüchlich; hierauf hat Dr. B. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.1.2001 zutreffend hingewiesen. Das Gutachten enthält zum psychopathologischen Befund im Kern auch eher allgemeine Darlegungen zur Symptomatik von Depressionserkrankungen und anamnestische Angaben der Klägerin. Eine überzeugende sozialmedizinische (rentenrechtliche) Leistungseinschätzung hinsichtlich psychiatrischer Krankheitsbilder ist daraus so nicht abzuleiten; insbesondere genügt der Hinweis, die Angaben der Klägerin seien glaubhaft, hierfür nicht. Die Ansicht der Ärztin S. steht zudem in Widerspruch zur Auffassung der Dr. K.-I., nachdem die Gutachterin S. die Leistungseinschränkung (auch kein stundenweises Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten) auf das Frühjahr 2009 datiert hat. Im Gegensatz dazu hat Dr. K.-I. noch im Januar 2009 eine erhaltene affektive Modulation und unauffälligen Antrieb festgestellt ohne Hinweise auf eine schwere rezidivierende Depression. Die Ärztin S. hat sich damit nicht ausreichend auseinandergesetzt; eine entsprechende Verschlimmerung der psychiatrischen Erkrankung hat Dr. B. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.1.2011 angesichts der kurzen Zeitspanne und des Fehlens dokumentierter Änderungen des medizinischen Sachverhalts zu Recht für sehr unwahrscheinlich erachtet. Die Verlaufsbeurteilung der Ärztin S. ist schließlich auch insoweit widersprüchlich, als sie selbst (deutlich) unterschiedliche Krankheitsausprägungen (leichtgradig bis schwer – Bericht vom 26.4.2010) und erst seit 6 Monaten (ab Begutachtung im Dezember 2010) einen schweren Ausprägungsgrad postuliert, gleichwohl aber aufgehobenes Leistungsvermögen ab Frühjahr 2009 angenommen hat. Auch hierauf hat Dr. B. in der Stellungnahme vom 27.1.2011 zutreffend hingewiesen und zu Recht angenommen, dass die Ärztin S. ihre Auffassung letztendlich stärker auf die – orthopädisch fundierte – Schmerzsymptomatik und weniger auf die Folgewirkungen einer Erkrankung des psychiatrischen Fachgebiets selbst gründet.
Die Ergebnisse der psychiatrischen Begutachtung der Klägerin durch Prof. Dr. F. haben bestätigt, dass rentenberechtigende Leistungseinschränkungen durch eine psychiatrische Erkrankung nicht festzustellen sind. Im Gutachten vom 22.9.2011 hat Prof. Dr. F. (im Wesentlichen in Übereinstimmung mit Dr. K.-I.) nur eine leicht gedrückte Stimmungslage bei affektiver Schwingungsfähigkeit gefunden; der Antrieb ist – lediglich – anamnestisch durch Beschreibung von Initiativ- und Lustlosigkeit als vermindert erschienen, woraus eine sozialmedizinisch beachtliche Leistungsminderung nicht abzuleiten ist.
Gestützt auf diesen Befund hat der Gutachter letztendlich wie Dr. K.-I. allein Angst und Depression gemischt bei chronifizierter Schmerzsymptomatik diagnostiziert, wobei weder die Depression noch die Angst ein Ausmaß erreichen, das die entsprechende einzelne Diagnose rechtfertigt. Eine Erkrankung des depressiven Formenkreises, die wegen ihres Schweregrades zu rentenberechtigenden Leistungsminderungen führen würde, ist damit aber nicht festgestellt. Demzufolge hat der Gutachter die Klägerin auch schlüssig für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Unterstrichen wird die Richtigkeit dieser Annahme durch das Fehlen einer - bei höhergradigen Erkrankungen des depressiven Formenkreises zu erwartenden - adäquaten psychopharmakologischen, psychotherapeutischen bzw. psychiatrischen Therapie. Auch eine entsprechende, regelmäßig multimodale angemessene (intensive) Schmerztherapie geht aus den ärztlichen Dokumentationen bzw. aus den Rentengutachten nicht hervor. Vielmehr hat schon der Psychiater und Psychotherapeut Dr. S. (der eine sechsstündige Erwerbstätigkeit für möglich erachtet hat) im Bericht vom 24.6.2008 festgestellt, dass eine adäquate Behandlung über einen ausreichend langen Zeitraum nicht durchgeführt worden ist. Die Ärztin S. hat im Bericht vom 26.4.2010 mitgeteilt, die Klägerin habe über einen Zeitraum von 3 Monaten keine Psychopharmaka eingenommen. Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. F. hat die Klägerin selbst angegeben, sie suche die Ärztin S. etwa alle 3 Monate – nach dem Berufungsvorbringen einmal im Monat - auf. Wenn aber (tatsächlich) eine sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtliche Erkrankung des depressiven Formenkreises vorliegt, finden – schon wegen des entsprechenden Leidensdrucks – angemessene, auch engmaschige Behandlungen statt (vgl. auch Senatsurteil vom 11.5.2011, - L 5 R 1823/10 -). Das Fehlen einer solchen Therapie, auch einer speziellen Schmerztherapie bzw. als deren Element etwa einer auf die Schmerzbewältigung gerichteten Verhaltenstherapie, ist mit tiefgreifenden Abwehrmechanismen (Gutachten S. vom 1.12.2010) schlüssig nicht zu erklären. Prof. Dr. F. hat – in Übereinstimmung mit dem seinerzeit noch behandelnden Dr. S. (Bericht vom 24.6.2008) – daher, zumal bei als rückläufig befundener psychischer Symptomatik, überzeugend eine Besserungsmöglichkeit durch Therapie angenommen und bei seiner Beurteilung auch die stationäre Behandlung der Klägerin in der Psychiatrischen Universitätsklinik T. im Mai 2009 berücksichtigt.
Durchgreifende Zweifel an der Wegefähigkeit der Klägerin bestehen nicht. Aus einer Erkrankung des psychiatrischen Fachgebiets sind rentenrechtlich beachtliche Einschränkungen der zumutbaren Wegstrecke für das Aufsuchen eines Arbeitsplatzes nicht abzuleiten. Dass die Klägerin an der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch die gemischte Depression bzw. Angst gehindert wäre, hat insbesondere Prof. Dr. F. nicht festgestellt. In orthopädischer Hinsicht schließt die Implantation der Knieendoprothesen beidseits die Wegefähigkeit ebenfalls nicht aus. Das ist insbesondere aus den bereits erwähnten Berichten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. nicht zu entnehmen. Im Bericht vom 28.5.2010 ist bei ausreichender Beweglichkeit lediglich ein leicht hinkendes Gangbild dokumentiert. Die (zudem fachfremde) Annahme der Psychiaterin S. in ihrem gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten vom 1.12.2010, die Klägerin könne wegen eingeschränkter Beugefähigkeit der Knie kaum in öffentliche Verkehrsmittel einsteigen, ist damit nicht vereinbar und beruht im Kern auf durch die orthopädischen Befunde nicht gestützten Angaben der Klägerin. Demzufolge hat Dr. B. in der abschließenden beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.10.2011 zu Recht keine Anhaltspunkte für eine sozialmedizinisch beachtliche Einschränkung der Wegefähigkeit festgestellt.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen, etwa weitere Begutachtungen, nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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