Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 16 U 283/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 147/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 4/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten für beide Instanzen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für beide Instanzen jeweils auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Veranlagung der Klägerin - die eine Konditorei in A-Stadt betreibt - zum Gefahrtarif 2005 der Beklagten.
Bei der Beklagten bestanden ab Mitte der 70’er Jahre Bestrebungen, die gefahrtarifliche Einstufung der Konditoreien einerseits und des Backgewerbes andererseits, die noch im Gefahrtarif 1999 unter den Gefahrtarifstellen 1 "Backgewerbe" mit der Gefahrklasse 6,7 und 2 "Konditoreien" mit der Gefahrklasse 3,7 eingeordnet waren, neu zu regeln mit dem Ziel der Zusammenführung beider Gefahrtarifstellen. Mit Veranlagungsbescheid vom 10. August 1999 war die Klägerin ab 1. Januar 1999 zum Gefahrtarif 1999 noch in die Gefahrtarifstelle 2 "Konditoreien" mit der Gefahrklasse 3,7 veranlagt worden. In dem hier streitigen und ab 1. Januar 2005 gültigen Gefahrtarif 2005 wurde die Zusammenlegung vollzogen und Bäckerei- sowie Konditoreibetriebe in der Gefahrtarifstelle 1 unter "Herstellung von Back- und Konditoreiwaren" mit der Gefahrklasse 6,0 zusammengeführt. Die Klägerin wurde mit Bescheid vom 20. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2005 für den Unternehmensbereich Bäckereien/Konditoreien zur Gefahrtarifstelle 1 mit der Gefahrklasse 6,0 des Gefahrtarifs 2005 veranlagt, für den Bürobereich zur Gefahrtarifstelle 18 mit der Gefahrklasse 0,8 und für den Vertrieb von Lebensmitteln zur Gefahrtarifstelle 19 mit der Gefahrklasse 3,0.
Gegen die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 1 wandte die Klägerin sich mit Klage vom 3. November 2005 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht). Zur Begründung der Klage trug sie vor, die Zusammenfassung von Konditoreien und Bäckereien im Gefahrtarif 2005 verstoße gegen die Bestimmung des § 157 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII, und führe zu einer Gefahrklassenerhöhung gegenüber dem Gefahrtarif 1999 von 3,7 auf 6,0. Die zitierte gesetzliche Bestimmung fordere, Gefahrtarifstellen nach einheitlichen Gefährdungsrisiken zu bilden. Davon abweichend fasse die Gefahrtarifstelle 1 im Gefahrtarif 2005 zwei verschiedene Unternehmensarten – die Gewerbezweige Bäckereien und Konditoreien - mit völlig unterschiedlichen Gefährdungsrisiken zusammen, so dass der Gefahrtarif insoweit rechtswidrig sei. Entgegen der Behauptung der Beklagten habe der Gewerbezweig "Konditoreien" sich nicht aufgelöst. Die Beklagte habe vielmehr aufgrund einer verbandspolitisch motivierten Entscheidung ihrer Vertreterversammlung entgegen dem ursprünglichen Vorschlag der Verwaltung die beiden jahrzehntelang getrennt bestehenden Gefahrtarifstellen zusammengelegt. Der Gewerbezweig "Konditor" bestehe fort und stehe auch nicht zur Disposition der Beklagten. Sie stelle als ein Konditoreibetrieb ausschließlich Konditoreiwaren her. Bäckereien und Konditoreien stellten klar abgrenzbare unterschiedliche Gewerbezweige dar ohne die von der Beklagten angenommene technologische Artverwandtheit. Für Konditoreien sei die Herstellung feiner Backwaren mit nicht durchgebackener Füllung, Süßspeisen, Konfiserieartikel wie Pralinen und Konfekte und Speiseeis prägend. Für die Bäckereien dominiere die Herstellung von Brot und Brötchen. Völlig unterschiedliche Unfallgefahren resultierten aus Folgendem: Beim Herstellungsvorgang spielten Backvorgänge eine untergeordnete Rolle und es werde auch nicht zur Nachtzeit gearbeitet wie typischerweise in Bäckereien. Aus dem Umgang mit Mehl und Mehlprodukten resultiere beim Backvorgang die hohe Zahl von Berufskrankheiten bei Bäckern infolge der Mehlstauballergie, die bei Konditoren nicht aufträten. Branchentypische Gefahren, die weitaus höhere Unfallrisiken bei Bäckereien begründeten, ergäben sich aus der Filialisierung im Bäckerhandwerk und den dadurch auftretenden Verkehrsunfällen zwischen zentraler Produktion und den Verkaufsstätten. Die Neufassung der Ausbildungsverordnung der Bäcker ab 1. August 2004 habe daran nichts geändert. Danach sei die Herstellung von Marzipan-, Schokoladen- und Nougaterzeugnissen, das Entwerfen und Herstellen von Zuckererzeugnissen, die Herstellung von Pralinen sowie von Speiseeis und Speiseeiserzeugnissen nicht Gegenstand der Berufsausbildung zum Bäcker, sondern der zum Konditor, wodurch beide Gewerbezweige klar abgegrenzt seien. Die Konditoreien erfüllten die von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernisse für einen eigenen Gewerbezweig sowohl vom hergestellten Produkt her als auch vom Herstellungsvorgang. Die Zahl der Konditoreien sei auch groß genug, um für sie eine eigene Gefahrtarifstelle beizubehalten. Sie hätten eigenständige berufsrechtliche Regelungen und eine eigenständige verbandsorganisatorische Struktur. Eine Differenz der in einer Gefahrtarifstelle zusammengefassten Risiken von etwa 1/3 werde von der Rechtsprechung nicht toleriert. Zumindest wäre eine Übergangsregelung erforderlich gewesen, um die Beitragserhöhungen um 38 % schrittweise durchzuführen. Praktikabilitätsgesichtspunkte würden die Beklagte nicht von der Beachtung der Kriterien des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII entbinden.
Die Beklagte hat entgegnet, Bäckereien und Konditoreien seien artverwandt und arbeiteten mit gleicher Technologie. Vom Statistischen Bundesamt würden sie unter "Herstellung von Backwaren" geführt und in der Handwerksordnung ebenfalls als artverwandt angesehen. Während der Gefahrtarif seit Jahren zunehmend unter sachlogischen Erwägungen gestrafft werde, sei für Bäckereien und Konditoreien eine Trennung in verschiedene Gewerbegruppen künstlich aufrechterhalten worden. Die in beiden Handwerken anzutreffende Arbeitsumgebung ähnele sich stark und es würden auch identische Rohstoffe verarbeitet: In Bäckereien in stärkerem Umfange mit Mehl in Konditoreien dagegen stärker mit Zucker und Schokolade. Eine Vielzahl weiterer Rohstoffe (Butter, Marzipan, Früchte beispielsweise) würden von beiden Handwerken gemeinsam im Produktionsprozess verarbeitet. Während im Berufsbild der Bäcker die Brot- und Brötchenherstellung hinzukomme, würden bei Konditoren Fertigkeiten für die Pralinenherstellung verlangt, so dass noch gewisse Unterschiede bestünden. Da Konditoreien in großem Umfange auch feine Backwaren mit deutlich höherem Mehlanteil als Torten herstellten, ließen sich beide Bereiche heute nicht mehr wirklich voneinander abgrenzen, zumal viele Unternehmen als Bäckerei-Konditorei aufträten und auch dem Kunden zu erkennen gäben, dass sie ein Warensortiment aus beiden Handwerken vorhalten. Letztlich resultiere daraus, dass Bäcker und Konditoren bei der Herstellung einander überschneidender Produkte in der gleichen Arbeitsumgebung identischen Gefahren ausgesetzt seien, gleiche Arbeitsvorgänge verrichteten, gleiche Maschinen und Technologien nutzten, identische Rohstoffe zur Herstellung ihrer Erzeugnisse verwendeten und somit insgesamt einer im Wesentlichen einheitlichen betrieblichen Gefährdungslage ausgesetzt seien. Für die Aufstellung des Gefahrtarifs 2005 seien die Daten der Jahre 1999 bis 2003 zugrunde gelegt worden und in den von ihr als gewerbezweigspezifischen Neulasttarif aufgestellten Gefahrtarif 2005 seien für die Gefahrtarifstelle 1 folgende Unternehmenszahlen eingeflossen: Für die Gewerbegruppe 11 der Bäcker 14.000, für die Gewerbegruppe 12 der Konditoren 2.800 sowie für Mischbetriebe 4.300. Bei sämtlichen der etwa 21.000 Betriebe handele es sich um Mischbetriebe, die einander überschneidende Produkte herstellten, die sowohl bäckerei- als auch konditoreitypisch seien. In den dem Bundesversicherungsamt (BVA) zur Genehmigung des Gefahrtarifs 2005 vorgelegten Unterlagen sei für die 2.800 Konditoreiunternehmen eine fiktive Gefahrklasse von 5,9 errechnet worden. Diese Gefahrklasse liege nur unwesentlich unter der gemeinsam für Bäckereien und Konditoreien ab 2005 geltenden Gefahrklasse von 6,0 und zeige, dass sich aus dem Zahlenmaterial keine wesentlich geringere Gefährdung der Konditoren gegenüber den Bäckern ergebe. Letztlich hätten nicht zwei Gefahrtarifstellen im Gefahrtarif 2005 fusioniert, sondern der Gewerbezweig der Konditoreien habe sich im Gewerbezweig der Bäckereien aufgelöst. Die Zusammenführung der Tarifstellen für Bäckereien und Konditoreien sei die klar bessere Alternative gegenüber einer arbeitsaufwendigen, noch über Jahre hinweg versuchten Katasterbereinigung der Gewerbegruppen Bäckereien und Konditoreien. Denn invalide Daten hätten noch über Jahre verzerrte Beitragsanforderungen bedingt. Die unterschiedliche Interpretation der Produktzugehörigkeiten seitens der Normadressaten habe zu fehlerhaften Lohnnachweisen und Neulastzuordnungen geführt und die Tendenz, bei unterschiedlicher Veranlagung von Bäckereien und Konditoreien Lohnsummen zur beitragsärmeren Konditorei zu melden, sei bei den Ringbetrieben deutlich erkennbar gewesen und habe auf der Basis der Datensätze für den Zeitraum 1999 bis 2003 wegen der Fehler bei der Lohnnachweisung und unklarer Zuordnung der Unfalllast zumindest bei diesen eine Abgrenzung der Gefährdungsrisiken erschwert.
Das Sozialgericht hat die Auskunft des BVA vom 9. Juni 2006 eingeholt, der diverse Anlagen beigefügt waren und in der der Gefahrtarif 2005 im Ergebnis nicht beanstandet wird. Die Klägerseite werte das dem Gefahrtarif 2005 zugrundeliegende Zahlenmaterial unrichtig aus. Die Zusammenfassung der Gefahrtarifstellen 1 und 2 aus dem Gefahrtarif 1999 in der Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 sei mit den Anforderungen des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vereinbar. Die Belastungsverhältnisse der ausschließlich zur Gewerbegruppe der Bäckereien und der Gewerbegruppe der Konditoreien nach den Beobachtungswerten der Jahre 1999 bis 2003 gemeldeten Unternehmen seien nicht stark different. Signifikante Abweichungen seien erst durch die Misch- bzw. Ringbetriebe entstanden, die erhebliche Fehlmeldungen abgegeben hätten. Die Zusammenfassung der Gewerbegruppen der Bäckereien und Konditoreien in einer Tarifstelle sei damit geeignet gewesen, Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Arbeitsentgelte und Versicherungsfälle zu vermeiden. Den technologischen und wirtschaftlichen Verhältnissen werde Rechnung getragen. Ausweislich der Entwicklung der Ausbildungsverordnungen beider Berufe bestehe zwischen den Gewerbezweigen eine enge Verzahnung und die Übergänge seien fließend. In einem solchen Falle, in dem Gewerbezweige in Mischformen betrieben würden, müsse eine gemeinsame Veranlagung hingenommen werden. Die für die ausschließlich dem Konditoreigewerbe angehörenden Betriebe resultierende Beitragssteigerung von 33,87 % sei ohne eine Übergangsregelung hinnehmbar. Denn gerade diese 2.800 Betriebe verkörperten die schlechten Risiken der derzeitigen Gewerbegruppe Konditoreien, die mit einer Belastungsziffer von 5,9 nahezu an die rechnerisch ermittelte Belastungsziffer für die gemeinschaftliche Gefahrtarifstelle 1 in Höhe von 6,0 heranreichten.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 19. Mai 2008 den streitigen Veranlagungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides mit der Begründung aufgehoben, die Zusammenfassung der Gewerbezweige Bäckereien und Konditoreien in der Gefahrtarifstelle 1 stelle einen Verstoß gegen die Erfordernisse des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII dar. Es handele sich um die Zusammenfassung stark unterschiedlicher Gefährdungsrisiken ausgehend vom Gefahrtarif 1999, in den die Bäckereien mit einer Gefahrklasse von 6,7 und die Konditoreien mit einer solchen von 3,7 aufgenommen gewesen seien. Die Konditoreibetriebe erreichten eine ausreichende Zahl, um als eigene Gefahrtarifstelle Berücksichtigung finden zu können. Eine Abweichung der Beklagten von der bis zum Gefahrtarif 1999 geübten Praxis der getrennten Veranlagung von Bäckereien und Konditoreien sei nicht hinreichend begründet, zumal Praktikabilitätsgründe allein hierfür nicht ausreichten. Ausbildungsordnungen, Betriebsweisen, hergestellte Produkte sowie daraus resultierende Unfallgefahren seien zwischen beiden Gewerben weiterhin different und man könne nur von einer Vereinigung in Randbereichen ausgehen. Dem Vortrag der Klägerin entsprechend sei auch bei Konditoreien und Bäckereien von unterschiedlichen Betriebsgefahren auszugehen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 7. Juli 2008 zugestellte Urteil am 29. Juli 2008 Berufung eingelegt und im Laufe des Berufungsverfahrens die Gefahrtarife 1999, 2005 und 2008 sowie die Übersicht "Belastungsziffern Gefahrtarif 2005" überreicht, deren Zahlen sie im Erörterungstermin vom 18. November 2010 erläutert hat. Zur Begründung der Berufung hat sie über ihr erstinstanzliches Vorbringen hinaus vorgetragen, das Sozialgericht habe den weiten Gestaltungsspielraum des Unfallversicherungsträgers bei Aufstellung eines Gefahrtarifes - ein Kernelement der Selbstverwaltung - übersehen und stelle in unzulässiger Weise Vermutungen sowie Zweckmäßigkeitsüberlegungen an. Es habe nicht hinreichend beachtet, dass der Gefahrtarif 2005 gemäß Teil II, Nr. 1 produktorientiert sei und dass der Großteil der produzierten Waren in Bäckereien einerseits und Konditoreien andererseits gleich sei. Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung sei nicht nur von Überschneidungen in Randbereichen auszugehen, sondern es handele sich im Allgemeinen um Mischbetriebe. Auch die Ausbildungsordnungen hätten sich zunehmend angenähert. Insbesondere würden so genannte feine Backwaren von beiden hergestellt. Auch die betrieblichen Gefährdungslagen seien bei beiden im Wesentlichen einheitlich. Die Verschmelzung von Innungsverbänden sei ein weiteres Indiz für die nahe Verwandtschaft beider Handwerke, die nicht rechtssicher, nachprüfbar und nachvollziehbar voneinander abgrenzbar seien und hinnehmen müssten, in einen Topf geworfen und trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt zu werden. Dieser Umstand sei als Folge der Typisierung hinzunehmen – nach der Rechtsprechung sogar bei Differenzen in einer Tarifstelle von 39,4 % unter Hinweis auf das Urteil des LSG Bayern vom 7. Oktober 1992 (Az.: L 2 U 24/89). Die dem BVA vorgelegten Zahlen hätten im Übrigen eine Mehrbelastung der Konditoreien von 11 % ergeben, denn die aus den Zahlen der Jahre 1999 bis 2003 ermittelten Belastungsziffern hätten für Konditoreien bei 5,9 und für Bäckereien bei 5,3 gelegen. Wegen weiterer Einzelheiten zu den mitgeteilten Zahlen sowie der Gegenüberstellung der Ausbildungsordnungen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 4. November 2010 aus dem Parallelverfahren beim LSG Niedersachsen-Bremen, Az.: L 14/3 U 189/10, verwiesen. Wegen einer nicht mehr möglichen trennscharfen Abgrenzung von Bäckereien und Konditoreien sei es zu aufwendigen Betriebsprüfungen mit der Feststellung vielfacher Falschmeldungen gekommen, so dass letztlich die Zusammenlegung beider Bereiche im Gefahrtarif 2005 beschlossen worden sei. Mit Schriftsatz vom 25. August 2011 hat die Beklagte alle Gefahrklassen für Bäckereien einerseits und Konditoreien andererseits mitgeteilt, zu denen dieselben zu den seit 1973 verabschiedeten Gefahrtarifen veranlagt worden sind. Sie hat die Beitragsbescheide der Klägerin für die Jahre 2005 bis 2007 beigefügt und hat erklärt, dass die Voraussetzungen zur gesonderten Veranlagung eines Nebenunternehmens seit dem Gefahrtarif 1973 bis zum Gefahrtarif 1999 nahezu unverändert waren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat - ihren erstinstanzlichen Vortrag ergänzend - im Berufungsverfahren vorgetragen, sie halte die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und die Vorgaben des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII durch die Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 für verletzt. Denn nach der Rechtsprechung müssten enge Gefahrengemeinschaften gebildet werden mit vergleichbaren Gefährdungsrisiken, wobei Belastungsunterschiede von über 30 % in jedem Falle zu hoch seien. Auch die Verwaltungspraktikabilität rechtfertige keine Zusammenfassung von Gefahrtarifstellen entgegen den Vorgaben des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. In Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung sei davon auszugehen, dass Bäckereien und Konditoreien unterschiedliche Gewerbezweige darstellten. Denn die Gegenüberstellung der Ausbildungsordnungen seitens der Beklagten ergebe, dass Weizenbrot, Weizenkleingebäck, Brot und Kleingebäck nur von Bäckern hergestellt werde, während wiederum Konditoren ausschließlich Erzeugnisse aus Marzipan, Schokolade und Nougat sowie Pralinen und Speiseeis fertigten, so dass eine eindeutige Abgrenzung möglich sei. Dass feine Backwaren sowohl von Bäckern wie von Konditoren hergestellt würden, führe nicht zu einer Identität der Gewerbezweige und dass eine größere Zahl von Unternehmen in beiden Bereichen tätig sei, rechtfertige keine Zusammenfassung beider Gewerbezweige. Spezielle Risiken in Bäckereien, die in Konditoreien nicht aufträten, resultierten aus Nachtarbeit, Schichtdienst, Hitzeeinwirkung, Bäckerasthma und Mehlallergien. Hinzu kämen die Gefahren im Straßenverkehr durch das Beliefern von Bäckereiverkaufsfilialen. Die erhöhte Unfallgefahr durch das Bedienen von Brotschneidemaschinen durch Bäckereiverkäuferinnen entfalle in Konditoreien. Dem entsprechend habe die Beklagte für 2003 im Backgewerbe 38,3 Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter nur 26,0 bei Konditoreien gegenüber gestellt. Bei Wegeunfällen betrage das Verhältnis 5,8 zu 3,2 und bei Verdachtsanzeigen auf Berufskrankheiten 1.503 zu 204. Während der Produktionsprozess in Bäckereien in weitem Umfang mit Hilfe von Maschinen durch oft ungelernte oder angelernte Mitarbeiter erfolge, arbeite der Konditor als Fachmann überwiegend von Hand und es würden nahezu ausschließlich ausgebildete Fachkräfte eingesetzt. Wegen des höheren Ausbildungsstandes der Mitarbeiter, des geringeren Einsatzes von Maschinen, des höheren Zeitaufwandes für das einzelne Produkt sowie der größeren Sorgfalt sei das Unfallrisiko in Konditoreien deutlich geringer. Die von der Beklagten behauptete Belastungsziffer von 5,9 für Konditoreibetriebe anhand der Zahlen des Beobachtungszeitraumes 1999 bis 2003 sei nicht korrekt ermittelt. Korrekt seien vielmehr die Zahlen, die die Verwaltung der Beklagten dem Vorstand mit dem Entwurf zum Gefahrentarif 2005 vom 29. April 2004 vorgelegt habe und in dem für die Konditoreien eine Gefahrklasse von 4,0 ermittelt worden sei. Auch die vom BVA angegebene Gefahrklasse 5,3 für die Bäckereien sei unrichtig. Die Gefahrklasse für Bäckereien habe danach bei 6,3 und die gemeinsame Gefahrklasse von Konditoreien und Bäckereien nach Zusammenfassung beider bei 6,0 gelegen. Insofern ergebe sich zwischen gemeinsamer Gefahrklasse und getrennter Erfassung der Konditoreien ein Belastungsunterschied von 33,33 %, der nicht hinnehmbar sei. Bestritten werde weiterhin die fehlerhafte Zuordnung von Lohnsummen und Unfallaufwendungen. Denn die Behauptung der Beklagten, die Mischbetriebe hätten Lohnsummen zur Konditoreigefahrtarifstelle, Unfallaufwendungen für dieselben Mitarbeiter aber abweichend hiervon zur Bäckereigefahrtarifstelle zugeordnet, sei durch keine Feststellungen – insbesondere des Prüfdienstes der Beklagten – belegt. Zudem habe die Beklagte keine bei ihres Erachtens richtiger Zuordnung zutreffenden Belastungsziffern ermittelt. Die Klägerin hat eine "rechtliche Stellungnahme" des Dr. E. EL. vom 21. September 2009 vorgelegt, die dieser im Rechtsstreit des Parallelverfahrens vor dem Sozialgericht Köln - Az.: S 16 U 265/05 – zur Frage der noch hinnehmbaren Belastungsunterschiede bei Vereinigung verschiedener Unternehmensarten – wie Bäckereien und Konditoreien – zu einem Gewerbezweig erstattet hat.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene, zulässige (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG) Berufung der Beklagten ist begründet. Die erstinstanzliche Entscheidung war aufzuheben. Denn die Beklagte hat als der für die Klägerin zuständige Unfallversicherungsträger diese zu Recht mit Bescheid vom 20. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2005 zum Gefahrtarif 2005 in die Gefahrtarifstelle 1 mit der Gefahrklasse 6,0 veranlagt.
Rechtsgrundlage für die Veranlagung eines Unternehmens ist ab 1. Januar 1997 (§ 219 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) die Vorschrift § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen veranlagt. Der Unfallversicherungsträger erstellt einen Gefahrtarif als autonomes Recht, in dem zur Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleiches gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Der Gefahrtarif und jede seiner Änderungen bedürfen der Genehmigung des BVA als Aufsichtsbehörde (§ 158 Abs. 1 SGB VII).
Diesen Vorgaben entsprechend hat die Beklagte in dem am 5. November 2004 vom BVA genehmigten und ab 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gefahrtarif 2005 einen gewerbezweigspezifischen Neulasttarif aufgestellt, in dessen Teil I die Zuteilung der Unternehmen zu den Gefahrklassen geregelt ist. Die Beklagte hat alle ihrem Zuständigkeitsbereich unterliegenden Unternehmen in 39 Gewerbegruppen untergliedert und diese sodann 17 Gewerbezweigen mit jeweils einer Gefahrtarifstelle zugeordnet. Der zwischen den Beteiligten streitigen Gefahrtarifstelle 1 hat sie als Gewerbegruppe die "Herstellung von Back- und Konditoreiwaren, soweit nicht in Gefahrtarifstelle 2 genannt" zugeordnet sowie die "Herstellung von Grundteigen, Teiglingen und Hefeklößen". Für die 17 Gefahrtarifstellen stellt der Gefahrtarif 2005 in Teil I Gefahrklassen von 1,0 (Gefahrtarifstelle 7: Gewerbegruppe 25 "Laboratorien, Fachschulen") bis 25,0 (Gefahrtarifstelle 15: Gewerbegruppen 82 und 83" ambulante Schaustellungs- und Zirkusunternehmen) fest, darunter für die Gefahrtarifstelle 1 die Gefahrklasse 6,0. Daneben sieht die Gefahrtarifstelle 18 eine spezielle Veranlagung für Bürobereiche mit der Gefahrklasse 0,8 vor. Die Gefahrtarifstellen 19 bis 23 regeln schließlich eine besondere Veranlagung für Vertriebsbereiche beim Vertrieb von Lebensmitteln, Tabak, Futtermitteln und Mühlenerzeugnissen, von Getränken und Aromen sowie Süßwaren und Eis mit Gefahrklassen zwischen 1,6 (Vertrieb von Tabak) und 5,5 (Vertrieb von Futtermitteln und Mühlenerzeugnissen). Einzelheiten zur Vornahme der Veranlagung durch die betroffenen Unternehmen normiert Teil II des Gefahrtarifs 2005, wonach sich die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem Gewerbezweig nach der Art des im Unternehmen überwiegend hergestellten Erzeugnisses richtet, bei nicht produzierenden Unternehmen nach Art und Gegenstand des Unternehmens. Teil II Ziffern 3 und 4 regeln die Veranlagung von Neben- und Hilfsunternehmen mit Details zur Veranlagung des Bürobereichs unter 4.1 und des Vertriebsbereichs unter 4.2.
Die Klägerin wendet sich nicht gegen den Veranlagungsbescheid vom 20. August 2005, soweit dieser sie für den Bürobereich zur Gefahrtarifstelle 18 mit Gefahrklasse 0,8 und für den Vertrieb von Lebensmitteln zur Gefahrtarifstelle 19 mit der Gefahrklasse 3,0 veranlagt hat, zumal diese Veranlagungen nicht beitragswirksam geworden sind. Zwischen den Beteiligten ist allein die Veranlagung der Klägerin zur Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 mit der Gefahrklasse 6,0 "Herstellung von Back- und Konditoreiwaren" streitig. Insoweit war der Senat zur Überprüfung aufgerufen und befugt, wobei er allerdings folgende Grundsätze zu beachten hatte: Der Gefahrtarif ist unabhängig von der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit als gesetztes objektives Recht des Unfallversicherungsträgers nur daraufhin überprüfbar, ob er mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten (vgl. BSGE 55, 26, 27, 13, 189; 27, 237, 240; BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2). Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte. Die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkten und die daraus folgende Entscheidung obliegt dem Unfallversicherungsträger (BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 809 Nr. 1). Dabei hat der Unfallversicherungsträger eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten, er hat beispielsweise im Hinblick auf die Beitragsgerechtigkeit, versicherungsmäßige Erfordernisse, Präventionsgesichtspunkte, Solidaritätserwägungen und nicht zuletzt Gründe der Verwaltungspraktibilität teilweise konträre Ziele in Einklang zu bringen (dazu Freischmidt in: Hauck, Sozialgesetzbuch VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Anmerkung 3 zu § 157). Der in einen Mehrheitsentscheid der Vertreterversammlung mündende weite Gestaltungsspielraum des Unfallversicherungsträgers umfasst auch die Frage, wie die Gewerbezweige voneinander abzugrenzen sind und welche Gewerbezweige letztlich in einer Tarifstelle zusammengefasst werden (dazu Heldmann, Tarifstellenbildung nach Gefährdungsrisiken, Die Berufsgenossenschaft 2007 Seiten 36, 37; Bigge in: Wannagat, Sozialgesetzbuch, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, SGB VII, Anmerkung 8 zu § 157).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben war die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2005 nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die bis zum Gefahrtarif 1999 geltende Regelung, die das Backgewerbe mit der Herstellung von Backwaren der Gefahrtarifstelle 1 und der Gewerbegruppe 11 mit der Gefahrklasse 6,7 und das Konditoreigewerbe mit Herstellung von Konditoreiwaren der Gefahrtarifstelle 2 und der Gewerbegruppe 12 mit der Gefahrklasse 3,7 zugeordnet hatte, einen Verstoß des Gefahrtarif 2005 gegen Vorgaben des § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII behauptet, folgt der erkennende Senat dieser Auffassung nicht. Denn mit der im Gefahrtarif 2005 erfolgten Zusammenveranlagung der Bäckerei- und der Konditoreibetriebe unter einer Gefahrtarifsstelle hält die Beklagte sich im Rahmen des ihrer Vertreterversammlung als Beschlussorgan zukommenden weiten Gestaltungs- und Entscheidungsspielraums und verstößt nicht gegen die dabei zu beachtenden Ermächtigungsnormen des SGB VII - insbesondere § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII – oder sonstiges höherrangiges Recht – vor allem den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die Gefahrklasse 6,0 beruht zudem auf gesichertem Zahlenmaterial und die Regelungen des Gefahrtarifs 2005 führen im Ergebnis nicht zu einer Beitragserhöhung, die von den betroffenen Konditoreiunternehmen nicht hinzunehmen wäre.
Die Beklagte hat sich mit dem Gefahrtarif 2005 für einen gewerbezweigspezifischen Neulasttarif entschieden, in dem sie den Vorgaben des § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII entsprechend Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleiches gebildet hat. Ein Gefahrtarif, der zur Bildung von Gefahrengemeinschaften an Gewerbezweige anknüpft, basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar, wie die Rechtsprechung in zahlreichen Entscheidungen bekräftigt hat (beispielsweise BSGE 91, 128; 95, 479 sowie BSG, Urteil vom 5. Juli 2005 - B 2 U 32/03). Die unfallversicherungsrechtliche Literatur folgt dieser Auffassung einheitlich (dazu beispielhaft Palsherm in: Brandenburg, Juris PK, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, Anm. 27 – 30 zu § 157). Das setzt allerdings eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige und ihre korrekte Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen voraus. Auch wenn es eine allgemein gültige Definition des Begriffs "Gewerbezweig" nicht gibt, hat dieser in der gesetzlichen Unfallversicherung eine lange Tradition (dazu Becker, Gefahrtarif und Beiträge in der gesetzlichen Unfallversicherung, BG 2004, 528, 531) Anknüpfungspunkt für die Definition und den Zuschnitt von Gewerbezweigen sind Art und Gegenstand der zu veranlagenden Unternehmen (BSGE 91, 128; 95, 147). Da ein gewerbezweigorientierter Gefahrtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernissen bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, die ihrerseits durch die hergestellten Erzeugnisse, die Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt werden. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken, sondern muss alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen. Die Gliederung der Gewerbezweige nach dem klassischen Technologieprinzip, also in Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und Weise ihrer Herstellung oder Bearbeitung, verliert in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung, so dass für eine sachgerechte Abgrenzung auch andere Merkmale wie einschlägige berufsrechtliche Regelungen oder bestehende verbandsorganisatorische Strukturen herangezogen werden können. Dennoch bleiben auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt für den Zuschnitt der Gewerbezweige in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben. Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss aber geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig folgen (dazu BSGE 27, 237, 241 ff., BSGE 95, 47 sowie BSG - Urteil vom 22. September 1988 – 2 RU 2/88). Indessen sind den Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung von Gewerbezweigen Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben (Beschluss des BVerfG in SozR 2200 § 734 Nr. 2). Eine Unternehmensart kann nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechend § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif ausgewiesenen Gewerbezweige zugeordnet werden. Nach der einem Gewerbezweigtarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Insofern unterscheiden sich die Vorgaben für die Zusammenstellung von Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen durchaus auch technologisch nicht verwandte Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden können. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden, als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (dazu BSGE 95, 47; BSG SozR 2200 § 734 Nr. 1; BVerfG SozR 2200 § 734 Nr. 2; BSG in NZA 1992, 335). Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den Berufsgenossenschaften reicht (BSGE 91, 128 ff.; 92, 190; 95, 47).
Die Beklagte hat diese Grundsätze beachtet und war bei Neuaufstellung des Gefahrtarifs 2005 nicht an die Gefahrtarifstellenbildung im Gefahrtarif 1999 gebunden, der die Bäckereien einerseits und die Konditoreien andererseits noch als zwei getrennte Gewerbezweige in unterschiedlichen Gefahrtarifstellen ausgewiesen hatte. Bei der Neuaufstellung eines Gefahrtarifs verfügt der Unfallversicherungsträger im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben über den vollen Gestaltungsspielraum. Rechtlich wird er durch die zum vorhergehenden Gefahrtarif getroffenen Entscheidungen nicht eingeschränkt. Er kann unter Beachtung vorstehender Vorgaben Tarifstellen neu zusammensetzen und neue Tarifstellen bilden (dazu Freischmidt, a.a.O., Anmerkung 23 zu § 157); so dass die Auffassung der Klägerin in der Klagebegründung vom 15. Februar 2006, der Unfallversicherungsträger finde die Gewerbezweige vor und deren Definition stehe nicht zu seiner Disposition, da sich die Gewerbezweige im Wirtschaftleben bildeten und nicht vom Unfallversicherungsträger gebildet würden, mit der in Rechtssprechung und Literatur übereinstimmend vertretenen Auffassung im Widerspruch steht.
Die Beklagte war danach berechtigt, Bäckereien und Konditoreien im Gefahrtarif 2005 in einer Gefahrtarifstelle unter der Gewerbegruppe 11 zu vereinen, ohne gegen das Gebot des § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII - der Bildung von Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken - zu verstoßen. Nach der Anlage zu § 1 der Verordnung über verwandte Handwerke in der Fassung vom 22. Juni 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 1314) handelt es sich bei Bäckern und Konditoren um im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 der Handwerksordnung verwandte Handwerke, die einander so nahe stehen, dass die Beherrschung des einen Handwerkes die fachgerechte Ausübung wesentlicher Tätigkeiten des anderen Handwerkes ermöglicht. Dies wird durch den Vergleich der Verordnung über die Berufsausbildung zum Konditor/zur Konditorin vom 3. Juni 2003 (Bundesgesetzblatt I Seite 790) mit der Verordnung über die Berufsausbildung zum Bäcker/zur Bäckerin vom 21. April 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 632) bestätigt. Danach erlernen Bäcker und Konditoren das Herstellen bzw. Weiterverarbeiten von feinen Backwaren aus Teigen, von Massen, von Überzügen, Füllungen und Cremes, von Partykleingebäck, von Süßspeisen, von Torten und Desserts sowie von kleinen Gerichten unter Verwendung frischer Rohstoffe. Bäckereitypisch ist danach allein noch das Herstellen von Weizenbrot und Weizenkleingebäck, von Brot und Kleingebäck sowie von Backwarensnacks. Konditorentypisch verbleibt das Herstellen von Spezial- und Dauergebäck, von Marzipan-, Schokoladen- und Nougaterzeugnissen, von Zuckererzeugnissen, Pralinen, Speiseeis und Speiseeiserzeugnissen. Auch die Informationen der Bundesanstalt für Arbeit zu den Berufen Bäcker und Konditor, die das Sozialgericht Köln im Urteil vom 20. Mai 2009 - Az.: S 16 U 265/05 - auf den Seiten 8 und 9 zitiert, bestätigen im Wesentlichen vergleichbare Arbeitsanforderungen und Arbeitsumstände für Bäcker und Konditoren. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des zitierten Urteils verwiesen.
Da sowohl die Bäckereien wie auch die Konditoreien in aller Regel klassische Handwerksbetriebe darstellen, in denen der Dienstleistungssektor nicht im Vordergrund steht, war zur Bestimmung von Art und Gegenstand der Unternehmen maßgeblich auf die Art der erzeugten Güter und deren Herstellungsweise abzustellen. Denn diese bilden die mit der versicherten Tätigkeit verbundenen Gefährdungsrisiken am besten ab. Insoweit ist der Klägerin zuzugeben, dass die Schwerpunkte der täglichen Tätigkeit von Konditoren auf der Herstellung feiner Backwaren mit nicht durchgebackenen Füllungen, von Süßspeisen, Konfiserieartikeln und Speiseeis liegen mag (Schriftsatz vom 15. Februar 2006), während in der Bäckerei die Herstellung von Brot und Brötchen im Vordergrund steht. Die Produktpalette beider Handwerke überschneidet sich dennoch weitgehend, insbesondere werden auch in Bäckereien Kuchen aller Art, Torten, feine Backwaren und Kleingebäck aller Art produziert und verkauft. Die zur Produktion verwendeten Materialien sind im Wesentlichen dieselben, wobei die Klägerin zu Recht darauf hinweist, dass Mehl und Mehlprodukte beim Bäcker stärker im Vordergrund stehen als beim Konditor, was auch die Beklagte nicht bestreitet. Der Herstellungsvorgang ist vergleichbar, auch wenn im durchschnittlichen Bäckereibetrieb die einzelnen Produkte in größeren Mengen unter stärkerem Einsatz von Maschinen gefertigt werden, während beim Konditor die Handarbeit noch stärker im Vordergrund steht. Die maschinelle Ausstattung der Produktionsräume mit Backöfen, Teigmaschinen und Transportgeräten und der Verkaufsräume mit Verkaufstheken und Kühlanlagen unterscheidet sich nur in Randbereichen, wie nicht zuletzt dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 17. November 2011 zu entnehmen ist, wo im Hinblick auf die beim Backvorgang verwendeten Maschinen (Teigmaschinen, Backöfen) keine Andersartigkeit behauptet, vielmehr nur auf die unterschiedlichen Größen von beispielsweise Teigmaschinen und Backöfen hingewiesen wird. Bäckereien und Konditoreien stellen danach artverwandte Betriebe dar, die unter Verwendung weitgehend gleicher Ausgangsprodukte und Technologien mit ähnlicher Produktionsweise überwiegend vergleichbare Produkte herstellen, so dass im Rahmen der von den Sozialgerichten durchzuführenden allein an den rechtlichen Vorgaben zu orientierenden Überprüfung die Zusammenlegung beider Handwerksbereiche in einer Gefahrtarifsstelle von dem weiten und auch an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ausgerichteten Gestaltungsspielraum der Beklagten grundsätzlich gedeckt war. Das Beenden der Mischveranlagung von Bäckern und Konditoren spricht als weiterer von der Beklagten im Rahmen der Abwägung zu beachtender Gesichtspunkt für die Zusammenlegung beider Handwerke in einer Gefahrtarifstelle. Denn belastbares Zahlenmaterial war auf der Basis einer weiterhin getrennten Veranlagung nicht zu gewinnen. Der Gefahrtarif bildet die Grundlage für die Beitragsbelastung der versicherten Unternehmen. Eingriffsakte der Verwaltung bedürfen einer normativen Grundlage, die so formuliert ist, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten erkennbar und berechenbar sind. Die Risikogruppen selbst sollen im Gefahrtarif nach äußerlich erkennbaren Merkmalen möglichst scharf gegeneinander abgegrenzt sein. Der Gefahrtarif soll nur solche Unterscheidungen treffen, die in der Praxis nicht allein durchführbar, sondern auch zuverlässig kontrollierbar sind. Die Abgrenzung muss klar und praktikabel sein, was die Rechtsprechung nicht zuletzt unter Hinweis auf die finanziellen Folgen der Tarifstellenzuordnung fordert (dazu: Schulz, Äquivalenzprinzip und Berufsgenossenschaftsbeitrag, Die Berufsgenossenschaft 1991, 331; Schulz, Grundfragen des berufsgenossenschaftlichen Gefahrtarifs, Seiten 14 und 15 unter 1.1.2.2.2.; BSGE 91, 128, 133; Urteil des Senats vom 30. August 2011 – L 3 U 141/09). Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1994 – 2 RU 6/94 – SGb 1995, 253).
Diesen Vorgaben hätte eine Regelung im Gefahrtarif 2005 nicht genügt, die für Bäckereien und Konditoreien weiter getrennte Gefahrklassen vorgesehen hätte wie im Gefahrtarif 1999 und allen früheren Gefahrtarifen und eine Mischveranlagung mehrerer Tausend Bäckerei- und Konditoreibetriebe zugelassen hätte. Denn eine eindeutige Abgrenzung beider Handwerke über die hergestellten Produkte war bereits in der Vergangenheit mit Schwierigkeiten verbunden und zukünftig zunehmend erschwert dies nicht zuletzt deswegen, weil immer mehr Unternehmen als Bäckerei/Konditorei auftreten und ein beide Handwerke umfassendes Warensortiment anbieten. Die in Teil II des Gefahrtarifs unter Ziffer 3.3.1 vorgesehene Veranlagung von Nebenunternehmen, die neben dem Nachweis einer räumlich getrennten Gewerbeausübung einen eigenen Personalstamm für das Nebenunternehmen mit getrennter Aufzeichnung der Arbeitsentgelte voraussetzte, führte bis zum Gefahrtarifs 1999 nicht zu einer sachgerechten Abgrenzung von Konditoren – und Bäckertätigkeit und zu keiner risikogerechten Beitragsveranlagung, was nach den im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung gewonnenen Erkenntnissen zu erwarten war. Denn die von der Beklagten praktizierte Mischveranlagung führt erfahrungsgemäß zu Problemen, wie sie bei der Beklagten in der Vergangenheit aufgetreten sind. Die nach einer Mischveranlagung veranlagten Unternehmen können danach oft bei der Gefahrklassenberechnung mangels zweifelsfreier Zuordnung von Entgelten und Versicherungsfallkosten nicht berücksichtigt werden. In den meisten Fällen lassen sich über die normierten Abgrenzungskriterien keine zuverlässigen Angaben in den Unternehmen führen und es besteht öfters die Neigung, Arbeitsentgelte für die Gewerbezweige mit niedrigen Gefahrklassen höher zu schätzen, was Erfahrungen und Ergebnisse der Rechnungsdienste der gewerblichen Berufsgenossenschaften eindeutig zeigen (dazu Schulz, Gefahrtarifstellenzusammensetzung bei Gewerbezweigtarifen, Die Berufsgenossenschaft 1984, 657, 660). Von daher ist anzustreben, die Zahl der Mischveranlagungen im Gefahrtarif gering zu halten (Haus in: Wannagat, a.a.O., Anmerkung 46 zu § 157).
Der Prüfdienst der Beklagten hat genau dieses gefahrtarifliche Erfahrungswissen bestätigt. Nach dem Schreiben der Beklagten an das BVA vom 28. Juli 2004 (Anlage 1 der Auskunft des BVA vom 9. Juni 2006) hat der Prüfdienst in den letzten Monaten vor Fertigung des Genehmigungsantrages vom 28. Juli 2004 etwa 9 % der 4300 Mischbetriebe überprüft und dabei erhebliche Fehlmeldungen bzw. Falschzuordnungen von Lohnsummen festgestellt, wodurch das Prinzip der Deckungsgleichheit zwischen Berechnungsmasse und veranlagter Masse unterlaufen wurde. Vergleichbare Filialbäckereien hatten zwischen 10 und 90 % ihrer Produktionslöhne zur Konditorei gemeldet, wie im vorgenannten Schreiben der Beklagten an das BVA ausgeführt. Die aus diesen Meldungen resultierenden Gefahrklassen von 2,1 für Konditoren und 7,8 für Bäckereien waren in einem solchen Ausmaß different, dass die Beklagte gezwungen war, diese Zahlen zu verwerfen. Denn für die 2800 Unternehmen, die lediglich über eine Veranlagung zur Gewerbegruppe der Konditoreien verfügten, hatte sich eine Gefahrklasse von 5.9 errechnen lassen und für die 14000 Unternehmen, die ausschließlich über ein Veranlagung zur Gewerbegruppe der Bäckereien verfügten, eine Gefahrklasse von 5,3. Da die über eine Mischveranlagung verfügenden Betriebe 48 % der für Bäckereibetriebe insgesamt gemeldeten Entgelte auf sich vereinten und 46 % der für Konditoreibetriebe insgesamt gemeldeten Entgelte – wie vorgenanntem Schreiben der Beklagten zu entnehmen –, waren nicht nur Einzelfälle betroffen, sondern das gesamte Zahlenmaterial war nicht mehr repräsentativ und aussagekräftig. Soweit die Beklagte sich in dieser Situation für die Zusammenführung der Tarifstellen für Bäckereien und Konditoreien und gegen den Versuch einer Katasterbereinigung beider Gewerbegruppen entschied, nachdem in langjähriger Zusammenarbeit mit beiden Berufsgruppen eine eindeutige und praktikable sowie nachprüfbare Abgrenzung beider Handwerke auf Basis der produzierten Güter nicht umsetzbar und noch über Jahre mit nicht validen Daten und fraglichen Beitragsanforderungen zu rechnen war, stand ihre Entscheidung auf einer sachgerechten Grundlage und lässt die Gewinnung stabilen Zahlenmaterials für die Zukunft erwarten.
Denn – anders als alle übrigen Zahlen zur gefahrtariflichen Einstufung von Bäckern und Konditoren zum Gefahrtarif 2005 – fußt allein die Gefahrklasse 6,0 der Gefahrtarifstelle 1 für die zusammen veranlagten Bäckereien und Konditoreien auf gesichertem Zahlenmaterial und entspricht versicherungsmathematischen Grundsätzen. Die Beklagte hat die Gefahrklasse 6,0 - wie von § 157 Abs. 3 SGB VII gefordert – aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten beider Handwerkszweige berechnet. Die zwischen den Beteiligten bis zuletzt streitige sachgerechte und zutreffende Zuordnung zu den bis zum Gefahrtarif 1999 als eigenständige Gewerbezweige angesehenen Konditorei- und Bäckereibetriebe hatte keine Auswirkung auf das Errechnen der gemeinsamen Gefahrklasse für beide Unternehmen, die aus den jeweils unstreitigen Gesamtzahlen der Entgelte und der gezahlten Leistungen zu gewinnen war.
Alle übrigen für die Konditoren einerseits und die Bäcker andererseits gewonnenen Zahlen werden von den Beteiligten jeweils in Frage gestellt und sind letztlich nicht als valide zu bezeichnen. Die Beklagte hatte in Vorbereitung des Gefahrtarifs 2005 ausgehend von unveränderten Begrifflichkeiten gegenüber dem Gefahrtarif 1999 für die 14000 Nur-Bäckereien eine Gefahrklasse von 5,3, für die 2800 Nur-Konditoreien eine Gefahrklasse von 5,9 und für die 4300 Mischbetriebe eine Gefahrklasse von 6,7 errechnet, wie den im Erörterungstermin vom 18. November 2010 überreichten und in diesem Termin erläuterten Schaubild zu entnehmen ist. Die Gefahrtarifstellen von 5,3 für Bäcker und 5,9 für Konditoren stehen indessen in deutlichem Widerspruch zu den allen Gefahrtarifen ab 1973 zugrunde liegenden Gefahrklassen beider Berufsgruppen und lassen nahezu 48 % der Gesamtlohnsumme für Bäckereibetriebe und 46 % der Gesamtlohnsumme für Konditoreibetriebe außer Acht, die auf die Mischbetriebe entfiel. Eine Neuberechnung auf Basis der nach Prüfung berichtigten Zahlen hat die Beklagte nicht durchgeführt, so dass die Klägerin diese Zahlen zu Recht als nicht valide bezeichnet. Die Beklagte hatte indessen ausgehend vom 1. Entwurf zum Gefahrtarif 2005 – Stand 29. April 2004, den sie für den Vorstand erarbeitet hatte, getrennte Gefahrklassen für Bäckereien und Konditoreien nach den früheren Vorgaben berechnet. Diese Berechnung nach den früheren Vorgaben hatte in den Gefahrtarifen 1973 bis 1999 zu den von der Beklagten im Schriftsatz vom 25. August 2011 übermittelten Gefahrklassen der Gefahrtarife ab 1973 geführt mit Beitragsersparnissen der Konditoren von 23 bis 45 % gegenüber den Bäckern. In dieser Größenordnung bewegt sich auch die Beitragsdifferenz, die die Beklagte auf Basis der - wie früher gemeldeten und nicht in Frage gestellten - Zahlen der Jahre 1999 bis 2003 im vorgenannten 1. Entwurf vom 29. April 2004 ermittelt hat und die eine Gefahrklasse von 6,3 für Bäckereibetriebe und eine solche von 4,0 für Konditoreibetriebe ergeben hatte, was einen um ca. 36,5 % reduzierten Beitrag der Konditoren gegenüber den Bäckern entspricht. Wie die Beklagte allerdings insoweit zu Recht beanstandet, sind in diese Berechnungen alle aufgrund der Mischveranlagungen fehlerhaften Meldungen von Entgelten und Unfallaufwendungen eingeflossen, was auch an dieser Berechnung Zweifel gebietet und letztlich bestätigt, dass als allein gesicherte Zahl die für Bäcker und Konditoren errechnete gemeinsame Gefahrklasse von 6,0 gelten kann.
Der erkennende Senat vertritt die Auffassung, dass auch die Entscheidung der Vertreterversammlung eines Unfallversicherungsträgers, mehrere Unternehmensarten einem Gewerbezweig zuzuordnen, nach Maßgabe der von § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII vorgegebenen Kriterien zu erfolgen hat, wobei die gemeinsame Zuordnung von Bäckerei- und Konditoreibetrieben zur Gewerbegruppe 11 unter Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 "Herstellung von Back- und Konditoreiwaren" bei annähernd gleichen Gefährdungsrisiken beider rechtsfehlerfrei erfolgte.
In Rechtsprechung und Literatur ist insofern streitig, ob die Vorgabe, dass in einer Gefahrengemeinschaft nur annähernd gleiche Gefährdungsrisiken enthalten sein dürfen, nur dann zum Tragen kommt, wenn mehrere Gewerbezweige in einer Gefahrtarifstelle zusammengefasst werden oder auch dann zu beachten ist, wenn auf der Stufe zuvor entschieden wird, wie ein Gewerbezweig abzugrenzen und welche Unternehmensgruppen einzubeziehen bzw. welche gesondert oder in Verbindung mit anderen, besser "passenden" Unternehmen zuzuordnen sind. Während das Bundessozialgericht unter Hinweis auf das Erfordernis der Risikomischung in einem Gewerbezweig sich für die erste Alternative ausgesprochen hatte (BSGE 91, 128 unter Hinweis auf BSG in SozR 2200 § 731 Nr. 2; ihm folgend Burchardt in: Becker u.a., Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), Kommentar, Anmerkung 31 d zur § 157), fordert Heldmann (BG 2007, 36), dass bereits auf der Ebene der Zusammenfassung einzelner Unternehmen zu Gewerbezweigen die Gefährdungsrisiken nicht ausgeblendet werden dürfen, da die jede Bedeutung des Gefährdungsrisikos auf der Stufe der Tarifstellenbildung verneinende Auffassung mit dem Gesetzeswortlaut des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht vereinbar sei. Heldmann übersieht indessen, dass das Bundessozialgericht in späteren Entscheidungen – wenn auch ohne Bezugnahme auf das Urteil vom 24. Juni 2003 - BSGE 91, 128 - seiner Auffassung beigetreten ist und mit Urteil vom 5. Juli 2005 - BSGE 95, 47 - sowie vom 28. November 2006 – B 2 U 10/05 R – ausgeführt hat, die Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr sei Ausdruck des Versicherungsprinzips, das im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung konsequenter als in anderen Zweigen der Sozialversicherung verwirklicht sei. Die Veranlagung nach Gefahrklassen solle eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (BVerfG in SozR 2200 § 734 Nr. 2). Sie müsse sich deshalb an den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen, was für einen Gewerbezweigtarif bedeute, dass nicht nur die zu einer Tarifstelle gehörenden Gewerbezweige, sondern grundsätzlich auch die den Gewerbezweig bildenden Unternehmen und Unternehmensarten untereinander hinsichtlich der Unfallgefahren vergleichbar sein müssten. Die Gewerbezweige müssten daher im Rahmen des Möglichen so zugeschnitten und voneinander abgegrenzt werden, dass diesem Gebot Rechnung getragen werde. Die Klägerin – ihr folgend das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main sowie das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 12. Mai 2010 – S 8 U 287/09 - weist auf die für Bäcker und Konditoren unterschiedliche Gefahrklasse im Gefahrtarif 1999 hin, wo die Bäcker in der Gefahrtarifstelle 1 mit der Gefahrklasse 6,7 und die Konditoren in der Gefahrtarifstelle 2 mit der Gefahrklasse 3,7 veranlagt waren. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. August 2011 die entsprechenden Gefahrklassen für beide Handwerke seit dem Gefahrtarif 1973 mitgeteilt, die ergeben, dass die Konditoreibetriebe gegenüber den Bäckereibetrieben durchweg eine um etwa 23 % bis 45 % günstigere Gefahrklasseneinstufung aufwiesen. Zur Begründung derartiger unterschiedlicher Risikolagen führt die Klägerin – beispielweise im Schriftsatz vom 27. Oktober 2006 – unter Hinweis auf Zahlen eines Vorstandsbriefes der Beklagten vom Juli 2004 aus, dass es in Bäckereibetrieben infolge des größeren Mehlverbrauches deutlich häufiger zu Mehlstauballergien mit daraus resultierenden Berufskrankheitenanzeigen komme und dass verstärkte Schicht- und Nachtarbeit im Bäckereihandwerk das Unfallrisiko ebenso erhöhe wie die stärkergradige Filialisierung im Bäckereihandwerk, das zudem mit Unfallrisiken bei Belieferung von Filialen verbunden sei, die die generell ohne Filialen arbeitenden Konditoreibetriebe nicht kennen würden. Die Sozialgerichte Frankfurt am Main und Osnabrück haben sich dieser Argumentation angeschlossen und eine annährend gleiche Gefährdungslage von Bäckereien und Konditoreien verneint. Allerdings waren – wie die Beklagte ebenfalls mitgeteilt hat – die Voraussetzungen zur gesonderten Veranlagung eines Nebenunternehmens abweichend von der Gefahrklasse des Hauptunternehmens seit 1973 im Wesentlichen wie im Gefahrtarif 1999 geregelt mit der möglichen Folge, dass auch in den Gefahrtarifen ab 1973 die mit einer Mischveranlagung verbundenen Probleme im Hinblick auf die Validität des Zahlenmaterials nicht auszuschließen sind. Da allerdings die Zahlen der Gefahrklassen für Bäcker einerseits und Konditoren andererseits zu den ab 1973 verwendeten Gefahrtarifen letztlich nicht bestritten sind, hat der Senat seinen Vergleich der Belastungsunterschiede auf die Zahlen gestützt, die die Beklagte in gleicher Weise wie für die früheren Gefahrtarife im 1. Entwurf vom 29. April 2004 ermittelt hatte und die neben der unstreitigen gemeinsamen Gefahrklasse von 6,0 eine Gefahrklasse von 4,0 für Konditoreien und 6,3 für Bäckereien ergeben hatten. Danach geht der Senat mit der Klägerin im Schriftsatz vom 7. Juni 2010 davon aus, dass diese Zahlen am ehesten die Risikobewertung für beide Unternehmenszweige widerspiegeln dürften und auch in der Tradition langjähriger Bewertungen stehen. Zur Feststellung noch tolerabler Belastungsunterschiede ist indessen nicht auf die Abweichung der Belastungsziffern der zusammenzufassenden Gewerbezweige bzw. Unternehmensarten voneinander abzustellen, sondern ausschließlich auf die Abweichung vom Durchschnitt einer gemeinsamen Gefahrklasse, die – valide berechnet – mit 6,0 Eingang in die Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 gefunden hat. Auf Basis dieser Zahlen würde danach der Belastungsunterschied der Konditoren gegenüber den Bäckern aufgrund der zum Gefahrtarif 2005 erhobenen Zahlen der Jahre 1999 bis 2003 bei etwa einem Drittel liegen. Eine Mehrbelastung diesen Umfanges ist in Anbetracht der konkreten Umstände als "noch annähernd gleiche Belastung" im Sinne des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII anzusehen und von den betroffenen Konditoreiunternehmen hinzunehmen.
Zu der Frage, bis zu welcher Differenz Gefahrengemeinschaften etwa gleiche Gefährdungsrisiken aufweisen, werden in Literatur und Rechtsprechung verschiedene Ansätze verfolgt und unterschiedliche Grenzbereiche formuliert. Schulz (Der Gefahrtarif im Sozialgesetzbuch VII, Sozialgerichtsbarkeit 1996, S. 571) sieht die annähernde Gleichheit der Belastung als Problem einer letztlich versicherungsmathematischen Berechnung. Der Begriff "Gefährdungsrisiken" sei in das SGB VII eingebracht worden, um damit auf für das Versicherungswesen maßgebende Grundsätze der Wahrscheinlichkeitsrechnung hinzuweisen. Die danach erforderlichen versicherungsmathematischen Berechnungen hingen in ihren Ergebnissen von verschiedenen Faktoren ab, wobei wesentlich neben dem gewünschten Sicherheitsgrad die Größenverhältnisse des Gewerbezweigs seien. Bei größeren Gewerbezweigen könnten bereits Belastungsunterschiede von 15 v.H. nicht mehr als annähernd gleich angesehen werden, während bei kleineren sogar Unterschiede von über 200 v.H. statistisch–mathematisch als annähernd gleich anzusehen seien. Ein fester Prozentsatz könne danach nicht angegeben werden, sei vielmehr in jedem Einzelfall mathematisch zu ermitteln. Letztlich ist das Spannungsverhältnis zwischen einer möglichst homogenen Gefahrengemeinschaft einerseits und dem erforderlichen versicherungsmäßigen Ausgleich zu lösen, der nach dem Gesetz der großen Zahl eine gewisse Größe der Gefahrengemeinschaft fordert, damit es sich um eine "Versicherung" handelt (dazu Becker, a.a.O., Die Berufsgenossenschaft 2004, S. 528, 532), wobei die Regelung des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII allerdings in erster Linie fordert, Gefahrengemeinschaften annähernd gleiche Risiken zuzuordnen und dabei einen versicherungsmäßigen Risikoausgleich zu berücksichtigen. Die Frage einer ausreichenden Zahl von Betrieben zur Bildung einer eigenen Tarifstelle stellt sich zur Überzeugung des Senats für die Konditoreibetriebe nicht, da die Beklagte im 1. Entwurf zum Gefahrtarif 2005 vom 29. April 2004 selbst von 2800 Nur-Konditoreien ausgegangen ist, für die sie eine Gefahrklasse von 5,9 errechnet hatte. Ansonsten ist der Maßstab des annähernd gleichen Risikos am allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG zu messen. Auszugehen ist von den Vorgaben des Artikel 3 Abs. 1 GG, wonach vergleichbare Unfallgefahren sowohl für die der Gefahrtarifsstelle angehörigen Gewerbezweige als auch für die in die Gewerbezweige aufgenommenen Unternehmensarten zu fordern ist (Burchhardt, a.a.O., Anmerkung 31 a zu § 157). Insoweit bedarf es einer sorgfältigen Prüfung, wie kleinere Gewerbezweige zuzuordnen sind, da diese nicht mit den Risiken großer überbelastet werden sollen (BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu entschieden, dass der Unfallversicherungsträger nicht gehindert ist, durch Typisierungen den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen, wobei dabei gegebenenfalls auftretende Härten bei einer generalisierenden Regelung unvermeidlich und hinzunehmen sind, soweit sie nicht das Maß des Zumutbaren überschreiten (BVerfG in SozR 2200 § 734 RVO Nr. 2 sowie in SozR 4-2700 Nr. 3 zu § 157 SGB VII). Dass dabei ein Maßstab von 15 v.H. bis über 200 v.H. voneinander abweichende Risiken noch eine "annähernde Gleichheit" gewährleisten soll, ist für den Senat nicht nachvollziehbar und entspricht auch nicht der bisher zu dieser Problematik ergangenen Rechtsprechung sowie der Auffassung in der übrigen unfallrechtlichen Literatur. So schlagen Burchhardt (a.a.O., Anm. 29 zu § 157) sowie Bertram ("Der die Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeiternehmerunterlassung betreffende Gefahrtarif in der Gesetzlichen Unfallversicherung", NZS 1999, S. 68, 70) vor, eine Abweichung eines Gewerbezweiges von der durchschnittlichen Belastungsziffer der Gefahrtarifstelle bis zu 30 % noch zu tolerieren. Für dieselbe Grenzziehung sprechen sich das LSG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 16. März 1983 (Breithaupt 1983, 970), das LSG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 19. Juni 2002 – L 8 U 125/01 sowie das LSG Sachsen mit Urteil vom 7. März 2001 (Breithaupt 2002, 791) aus. Nach dem Urteil des LSG Rheinland-Pfalz soll eine Abweichung von 20 % bis 30 % bei großen Gefahrtarifklassen noch hinnehmbar sein. Ricke (in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 2, Anm. 12 zu § 157) hält eine Abweichung von +/- 36 % bei Zusammenfassung von Gewerbezweigen für noch hinnehmbar, soweit endgültige Entwicklungstendenzen noch nicht erkennbar sind unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29. April 1985. Das LSG Bayern hat eine Mehrbelastung um 39,4 % gegenüber der durchschnittlichen Gefahrklasse für ein Jahr akzeptiert bei vorher höheren Beiträgen und der Tendenz zur Annäherung der Beiträge (Urteil vom 7. Oktober 1992 – L 2 U 24/89 sowie Urteil vom 23. Juli 2002 – L 3 U 125/01).
Der Senat hält diese Spannbreite noch tolerabler Belastungsunterschiede, die die Rechtsprechung maßgeblich für die Zuordnung mehrerer Gewerbezweige zu einer Gefahrtarifstelle entwickelt hat auch für die von EL. in seiner Stellungnahme vom 21. September 2009 sog. "erste Stufe der Vereinigung von Unternehmen zu einem Gewerbezweig" in gleicher Weise für sachgerecht. Denn für den Fall, dass die Beklagte wie von der Klägerin gewünscht – an dem bis zum Gefahrtarif 1999 praktizierten Verfahren einer getrennten Veranlagung festgehalten hätte, hätte die Beklagte im Rahmen ihres weiten Gestaltungsspielraumes den Gewerbezweig "Konditoreibetriebe" in dieselbe Gefahrtarifstelle wie den Gewerbezweig "Bäckereibetriebe" einordnen können und eine gerichtliche Prüfung hätte sich an vorgenannter Bandbreite zu orientieren gehabt. Die Tatsache, dass die Beklagte – wie vom Senat nicht zu beanstanden – beide Unternehmensgruppen zu einem Gewerbezweig vereint hat , gebietet danach nicht, von anderen im Einzelfall noch tolerablen Belastungsunterschieden auszugehen und führt insbesondere nicht zu einer Reduzierung dieser Grenze auf 15 v.H., die EL. unter Hinweis auf die Ausführungen von Schulz (in: Die Sozialgerichtsbarkeit 1996, S. 571, 572) vorschlägt und denen der Senat – wie dargelegt – nicht zu folgen vermag.
Eine Beitragsdifferenz der Konditoreibetriebe zum Gefahrklassendurchschnitt von einem Drittel hält der Senat im konkreten Fall für noch hinnehmbar und teilte damit letztlich die Auffassung des BVA. Denn die Handwerke der Konditoren und Bäcker sind artverwandt nähern sich einander immer mehr an und sind über die jeweils gefertigten Produkte kaum auseinanderzuhalten. Eine mit vertretbarem Verwaltungsaufwand zu leistende sachgerechte und valide Gewinnung von Zahlen zur Gefahrklassenberechnung ist bei getrennter Veranlagung beider Handwerke unter Beibehaltung einer großen Zahl von Mischbetrieben nicht möglich. Die Beklagte ist gehalten, durch Typisierung den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen, womit für die Klägerin zwar eine Beitragsmehrbelastung von einem Drittel gegenüber der durchschnittlichen Gefahrtarifstelle in Betracht zu ziehen ist. Diese bewegt sich indessen konkret für die streitigen Beitragsjahre bei Jahresbeiträgen der Klägerin für 2005 in Höhe von 2.448,29 EUR, für 2006 in Höhe von 2.541,09 EUR und für 2007 in Höhe von 2.513,17 EUR nur in einer jährlichen Mehrbelastung im dreistelligen Euro-Bereich. Sie erreicht damit kein Ausmaß, das als unvertretbare, die Klägerin in schwerwiegender oder gar existenzbedrohender Weise treffende und von ihr nicht hinzunehmende Härte zu werten wäre.
Die Beklagte war schließlich nicht verpflichtet, für die Konditoren mit der Zusammenveranlagung im Gefahrtarif 2005 eine stufenweise Beitragserhöhung vorzusehen, wie dies in der Klagebegründung vom 15. Februar 2006 am Ende gefordert wurde, im Berufungsverfahren allerdings von der Klägerin nicht erneut aufgegriffen worden ist. Denn es ist einem Unfallversicherungsträger nur in engen Grenzen erlaubt, bei stärkeren Belastungsänderungen – beispielsweise bei Zusammmenlegung von Tarifstellen – eine stufenweise Anpassung in Richtung der Belastungsänderung vorzunehmen (dazu Freischmidt, a.a.O., Anm. 17 und 23 zu § 157 sowie Ricke, a.a.O., Anm. 21 zu § 157; BSG, Urteil vom 21. August 1991 – 2 RU 54/90). Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 20. September 2004 dem BVA gegenüber im Detail die der Vertreterversammlung unterbreiteten und von ihr abgewogenen Gesichtspunkte aufgezeigt, die die Grundlage der beschlossenen und nicht abgestuften Beitragserhöhung bildeten und das BVA hatte diese mit Auskunft vom 9. Juni 2006 ausdrücklich gut geheißen. Der Senat hatte darüber hinaus keine Veranlassung, zu einer abweichenden Entscheidung zu gelangen. Auf gerichtliche Anfrage hat die Beklagte am 25. August 2011 mitgeteilt, sie verfüge über keine Gefahrtarifrichtlinien und habe solche bei Aufstellung des Gefahrtarifs 2005 daher auch nicht angewendet. Gefahrtarifrichtlinien enthalten Einzelregelungen über das Zustandekommen des Gefahrtarifs, um nicht bei jeder Gefahrtarifrevision hierüber erneut beraten und entscheiden zu müssen um so Kontinuität zu wahren und alle Gewerbezweige gleich zu behandeln. Diese Gefahrtarifgrundsätze haben über mehrere Tarifperioden hinweg Gültigkeit und können auch die Zuordnung des Zahlenmaterials von Mischunternehmen regeln. Sie erleichtern und beschleunigen die Arbeit bei Gefahrtarifrevisionen und verhindern den Versuch, Gefahrklassen auszuhandeln. Die Gefahrtarifrichtlinien als untergesetzliche Rechtsnormen der Berufsgenossenschaften enthalten Vorgaben zur Struktur des Gefahrtarifs mit der Zielsetzung hinreichend großer Tarifstellen sowie maximaler Belastungsschwankungen, die zwischen zwei Tarifperioden zur Wahrung des Versicherungsprinzips und des Vertrauensschutzes der Unternehmen höchstens in Betracht kommen sollen. Auch Fragen zur stufenweisen Anpassung von Beitragserhöhungen können Gegenstand von Gefahrtarifrichtlinien sein (zu allem Schulz in: Wannagat, a.a.O., Anmerkung 79 zu § 157; derselbe: Verfassungsrechtliche Fragen der Festsetzung der Beiträge in der Unfallversicherung, Die Sozialgerichtsbarkeit 1999, S. 172, 179). Eine rechtsfehlerhafte Entscheidung der Beklagten kann daher nicht auf eine unterbliebene oder fehlerhafte Anwendung von Gefahrtarifrichtlinien gestützt werden. Weitere Gründe für die Annahme eines Beurteilungsfehlers der Beklagten waren im Übrigen weder von Seiten der Klägerin vorgetragen noch für den Senat erkennbar, so dass der Berufung der Beklagten stattzugeben war.
Der Streitwert war nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenen Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG). Unter Berücksichtigung des aktuellen Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit 2007 (NZS 2007, S. 472 VIII in 2.1) und im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundssozialgerichts (BSG, Beschlüsse vom 3. Mai 2009 – B 2 U 415/05 B – und vom 30. November 2006 – B 2 U 410/05 B), beträgt der Streitwert in einem Rechtsstreit über einen Veranlagungsbescheid grundsätzlich das Zweifache des Differenzbetrages zwischen dem geforderten und dem bei einem Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber den dreifachen Auffangstreitwert. Da die streitige Beitragsdifferenz – selbst bei Rückforderung der Gesamtbeiträge für die Jahre 2005 bis 2007 – deutlich unter dem dreifachen Regelstreitwert liegt, war der Streitwert in Höhe des dreifachen Regelstreitwertes gemäß § 52 Abs. 2 GKG (5.000,00 EUR) in Höhe von 15.000,00 EUR festzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG vorliegen. Denn die als eines von drei "Musterverfahren" betriebene Streitsache berührt grundsätzliche Fragen der Gefahrtarifbildung, von der eine große Zahl von Konditorei- und Bäckereibetrieben betroffen sind und die über den Konditoren- und Bäckereibetrieb hinaus Bedeutung haben.
II. Die Klägerin trägt die Kosten für beide Instanzen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für beide Instanzen jeweils auf 15.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Veranlagung der Klägerin - die eine Konditorei in A-Stadt betreibt - zum Gefahrtarif 2005 der Beklagten.
Bei der Beklagten bestanden ab Mitte der 70’er Jahre Bestrebungen, die gefahrtarifliche Einstufung der Konditoreien einerseits und des Backgewerbes andererseits, die noch im Gefahrtarif 1999 unter den Gefahrtarifstellen 1 "Backgewerbe" mit der Gefahrklasse 6,7 und 2 "Konditoreien" mit der Gefahrklasse 3,7 eingeordnet waren, neu zu regeln mit dem Ziel der Zusammenführung beider Gefahrtarifstellen. Mit Veranlagungsbescheid vom 10. August 1999 war die Klägerin ab 1. Januar 1999 zum Gefahrtarif 1999 noch in die Gefahrtarifstelle 2 "Konditoreien" mit der Gefahrklasse 3,7 veranlagt worden. In dem hier streitigen und ab 1. Januar 2005 gültigen Gefahrtarif 2005 wurde die Zusammenlegung vollzogen und Bäckerei- sowie Konditoreibetriebe in der Gefahrtarifstelle 1 unter "Herstellung von Back- und Konditoreiwaren" mit der Gefahrklasse 6,0 zusammengeführt. Die Klägerin wurde mit Bescheid vom 20. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2005 für den Unternehmensbereich Bäckereien/Konditoreien zur Gefahrtarifstelle 1 mit der Gefahrklasse 6,0 des Gefahrtarifs 2005 veranlagt, für den Bürobereich zur Gefahrtarifstelle 18 mit der Gefahrklasse 0,8 und für den Vertrieb von Lebensmitteln zur Gefahrtarifstelle 19 mit der Gefahrklasse 3,0.
Gegen die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 1 wandte die Klägerin sich mit Klage vom 3. November 2005 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht). Zur Begründung der Klage trug sie vor, die Zusammenfassung von Konditoreien und Bäckereien im Gefahrtarif 2005 verstoße gegen die Bestimmung des § 157 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII, und führe zu einer Gefahrklassenerhöhung gegenüber dem Gefahrtarif 1999 von 3,7 auf 6,0. Die zitierte gesetzliche Bestimmung fordere, Gefahrtarifstellen nach einheitlichen Gefährdungsrisiken zu bilden. Davon abweichend fasse die Gefahrtarifstelle 1 im Gefahrtarif 2005 zwei verschiedene Unternehmensarten – die Gewerbezweige Bäckereien und Konditoreien - mit völlig unterschiedlichen Gefährdungsrisiken zusammen, so dass der Gefahrtarif insoweit rechtswidrig sei. Entgegen der Behauptung der Beklagten habe der Gewerbezweig "Konditoreien" sich nicht aufgelöst. Die Beklagte habe vielmehr aufgrund einer verbandspolitisch motivierten Entscheidung ihrer Vertreterversammlung entgegen dem ursprünglichen Vorschlag der Verwaltung die beiden jahrzehntelang getrennt bestehenden Gefahrtarifstellen zusammengelegt. Der Gewerbezweig "Konditor" bestehe fort und stehe auch nicht zur Disposition der Beklagten. Sie stelle als ein Konditoreibetrieb ausschließlich Konditoreiwaren her. Bäckereien und Konditoreien stellten klar abgrenzbare unterschiedliche Gewerbezweige dar ohne die von der Beklagten angenommene technologische Artverwandtheit. Für Konditoreien sei die Herstellung feiner Backwaren mit nicht durchgebackener Füllung, Süßspeisen, Konfiserieartikel wie Pralinen und Konfekte und Speiseeis prägend. Für die Bäckereien dominiere die Herstellung von Brot und Brötchen. Völlig unterschiedliche Unfallgefahren resultierten aus Folgendem: Beim Herstellungsvorgang spielten Backvorgänge eine untergeordnete Rolle und es werde auch nicht zur Nachtzeit gearbeitet wie typischerweise in Bäckereien. Aus dem Umgang mit Mehl und Mehlprodukten resultiere beim Backvorgang die hohe Zahl von Berufskrankheiten bei Bäckern infolge der Mehlstauballergie, die bei Konditoren nicht aufträten. Branchentypische Gefahren, die weitaus höhere Unfallrisiken bei Bäckereien begründeten, ergäben sich aus der Filialisierung im Bäckerhandwerk und den dadurch auftretenden Verkehrsunfällen zwischen zentraler Produktion und den Verkaufsstätten. Die Neufassung der Ausbildungsverordnung der Bäcker ab 1. August 2004 habe daran nichts geändert. Danach sei die Herstellung von Marzipan-, Schokoladen- und Nougaterzeugnissen, das Entwerfen und Herstellen von Zuckererzeugnissen, die Herstellung von Pralinen sowie von Speiseeis und Speiseeiserzeugnissen nicht Gegenstand der Berufsausbildung zum Bäcker, sondern der zum Konditor, wodurch beide Gewerbezweige klar abgegrenzt seien. Die Konditoreien erfüllten die von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernisse für einen eigenen Gewerbezweig sowohl vom hergestellten Produkt her als auch vom Herstellungsvorgang. Die Zahl der Konditoreien sei auch groß genug, um für sie eine eigene Gefahrtarifstelle beizubehalten. Sie hätten eigenständige berufsrechtliche Regelungen und eine eigenständige verbandsorganisatorische Struktur. Eine Differenz der in einer Gefahrtarifstelle zusammengefassten Risiken von etwa 1/3 werde von der Rechtsprechung nicht toleriert. Zumindest wäre eine Übergangsregelung erforderlich gewesen, um die Beitragserhöhungen um 38 % schrittweise durchzuführen. Praktikabilitätsgesichtspunkte würden die Beklagte nicht von der Beachtung der Kriterien des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII entbinden.
Die Beklagte hat entgegnet, Bäckereien und Konditoreien seien artverwandt und arbeiteten mit gleicher Technologie. Vom Statistischen Bundesamt würden sie unter "Herstellung von Backwaren" geführt und in der Handwerksordnung ebenfalls als artverwandt angesehen. Während der Gefahrtarif seit Jahren zunehmend unter sachlogischen Erwägungen gestrafft werde, sei für Bäckereien und Konditoreien eine Trennung in verschiedene Gewerbegruppen künstlich aufrechterhalten worden. Die in beiden Handwerken anzutreffende Arbeitsumgebung ähnele sich stark und es würden auch identische Rohstoffe verarbeitet: In Bäckereien in stärkerem Umfange mit Mehl in Konditoreien dagegen stärker mit Zucker und Schokolade. Eine Vielzahl weiterer Rohstoffe (Butter, Marzipan, Früchte beispielsweise) würden von beiden Handwerken gemeinsam im Produktionsprozess verarbeitet. Während im Berufsbild der Bäcker die Brot- und Brötchenherstellung hinzukomme, würden bei Konditoren Fertigkeiten für die Pralinenherstellung verlangt, so dass noch gewisse Unterschiede bestünden. Da Konditoreien in großem Umfange auch feine Backwaren mit deutlich höherem Mehlanteil als Torten herstellten, ließen sich beide Bereiche heute nicht mehr wirklich voneinander abgrenzen, zumal viele Unternehmen als Bäckerei-Konditorei aufträten und auch dem Kunden zu erkennen gäben, dass sie ein Warensortiment aus beiden Handwerken vorhalten. Letztlich resultiere daraus, dass Bäcker und Konditoren bei der Herstellung einander überschneidender Produkte in der gleichen Arbeitsumgebung identischen Gefahren ausgesetzt seien, gleiche Arbeitsvorgänge verrichteten, gleiche Maschinen und Technologien nutzten, identische Rohstoffe zur Herstellung ihrer Erzeugnisse verwendeten und somit insgesamt einer im Wesentlichen einheitlichen betrieblichen Gefährdungslage ausgesetzt seien. Für die Aufstellung des Gefahrtarifs 2005 seien die Daten der Jahre 1999 bis 2003 zugrunde gelegt worden und in den von ihr als gewerbezweigspezifischen Neulasttarif aufgestellten Gefahrtarif 2005 seien für die Gefahrtarifstelle 1 folgende Unternehmenszahlen eingeflossen: Für die Gewerbegruppe 11 der Bäcker 14.000, für die Gewerbegruppe 12 der Konditoren 2.800 sowie für Mischbetriebe 4.300. Bei sämtlichen der etwa 21.000 Betriebe handele es sich um Mischbetriebe, die einander überschneidende Produkte herstellten, die sowohl bäckerei- als auch konditoreitypisch seien. In den dem Bundesversicherungsamt (BVA) zur Genehmigung des Gefahrtarifs 2005 vorgelegten Unterlagen sei für die 2.800 Konditoreiunternehmen eine fiktive Gefahrklasse von 5,9 errechnet worden. Diese Gefahrklasse liege nur unwesentlich unter der gemeinsam für Bäckereien und Konditoreien ab 2005 geltenden Gefahrklasse von 6,0 und zeige, dass sich aus dem Zahlenmaterial keine wesentlich geringere Gefährdung der Konditoren gegenüber den Bäckern ergebe. Letztlich hätten nicht zwei Gefahrtarifstellen im Gefahrtarif 2005 fusioniert, sondern der Gewerbezweig der Konditoreien habe sich im Gewerbezweig der Bäckereien aufgelöst. Die Zusammenführung der Tarifstellen für Bäckereien und Konditoreien sei die klar bessere Alternative gegenüber einer arbeitsaufwendigen, noch über Jahre hinweg versuchten Katasterbereinigung der Gewerbegruppen Bäckereien und Konditoreien. Denn invalide Daten hätten noch über Jahre verzerrte Beitragsanforderungen bedingt. Die unterschiedliche Interpretation der Produktzugehörigkeiten seitens der Normadressaten habe zu fehlerhaften Lohnnachweisen und Neulastzuordnungen geführt und die Tendenz, bei unterschiedlicher Veranlagung von Bäckereien und Konditoreien Lohnsummen zur beitragsärmeren Konditorei zu melden, sei bei den Ringbetrieben deutlich erkennbar gewesen und habe auf der Basis der Datensätze für den Zeitraum 1999 bis 2003 wegen der Fehler bei der Lohnnachweisung und unklarer Zuordnung der Unfalllast zumindest bei diesen eine Abgrenzung der Gefährdungsrisiken erschwert.
Das Sozialgericht hat die Auskunft des BVA vom 9. Juni 2006 eingeholt, der diverse Anlagen beigefügt waren und in der der Gefahrtarif 2005 im Ergebnis nicht beanstandet wird. Die Klägerseite werte das dem Gefahrtarif 2005 zugrundeliegende Zahlenmaterial unrichtig aus. Die Zusammenfassung der Gefahrtarifstellen 1 und 2 aus dem Gefahrtarif 1999 in der Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 sei mit den Anforderungen des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vereinbar. Die Belastungsverhältnisse der ausschließlich zur Gewerbegruppe der Bäckereien und der Gewerbegruppe der Konditoreien nach den Beobachtungswerten der Jahre 1999 bis 2003 gemeldeten Unternehmen seien nicht stark different. Signifikante Abweichungen seien erst durch die Misch- bzw. Ringbetriebe entstanden, die erhebliche Fehlmeldungen abgegeben hätten. Die Zusammenfassung der Gewerbegruppen der Bäckereien und Konditoreien in einer Tarifstelle sei damit geeignet gewesen, Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Arbeitsentgelte und Versicherungsfälle zu vermeiden. Den technologischen und wirtschaftlichen Verhältnissen werde Rechnung getragen. Ausweislich der Entwicklung der Ausbildungsverordnungen beider Berufe bestehe zwischen den Gewerbezweigen eine enge Verzahnung und die Übergänge seien fließend. In einem solchen Falle, in dem Gewerbezweige in Mischformen betrieben würden, müsse eine gemeinsame Veranlagung hingenommen werden. Die für die ausschließlich dem Konditoreigewerbe angehörenden Betriebe resultierende Beitragssteigerung von 33,87 % sei ohne eine Übergangsregelung hinnehmbar. Denn gerade diese 2.800 Betriebe verkörperten die schlechten Risiken der derzeitigen Gewerbegruppe Konditoreien, die mit einer Belastungsziffer von 5,9 nahezu an die rechnerisch ermittelte Belastungsziffer für die gemeinschaftliche Gefahrtarifstelle 1 in Höhe von 6,0 heranreichten.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 19. Mai 2008 den streitigen Veranlagungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides mit der Begründung aufgehoben, die Zusammenfassung der Gewerbezweige Bäckereien und Konditoreien in der Gefahrtarifstelle 1 stelle einen Verstoß gegen die Erfordernisse des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII dar. Es handele sich um die Zusammenfassung stark unterschiedlicher Gefährdungsrisiken ausgehend vom Gefahrtarif 1999, in den die Bäckereien mit einer Gefahrklasse von 6,7 und die Konditoreien mit einer solchen von 3,7 aufgenommen gewesen seien. Die Konditoreibetriebe erreichten eine ausreichende Zahl, um als eigene Gefahrtarifstelle Berücksichtigung finden zu können. Eine Abweichung der Beklagten von der bis zum Gefahrtarif 1999 geübten Praxis der getrennten Veranlagung von Bäckereien und Konditoreien sei nicht hinreichend begründet, zumal Praktikabilitätsgründe allein hierfür nicht ausreichten. Ausbildungsordnungen, Betriebsweisen, hergestellte Produkte sowie daraus resultierende Unfallgefahren seien zwischen beiden Gewerben weiterhin different und man könne nur von einer Vereinigung in Randbereichen ausgehen. Dem Vortrag der Klägerin entsprechend sei auch bei Konditoreien und Bäckereien von unterschiedlichen Betriebsgefahren auszugehen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 7. Juli 2008 zugestellte Urteil am 29. Juli 2008 Berufung eingelegt und im Laufe des Berufungsverfahrens die Gefahrtarife 1999, 2005 und 2008 sowie die Übersicht "Belastungsziffern Gefahrtarif 2005" überreicht, deren Zahlen sie im Erörterungstermin vom 18. November 2010 erläutert hat. Zur Begründung der Berufung hat sie über ihr erstinstanzliches Vorbringen hinaus vorgetragen, das Sozialgericht habe den weiten Gestaltungsspielraum des Unfallversicherungsträgers bei Aufstellung eines Gefahrtarifes - ein Kernelement der Selbstverwaltung - übersehen und stelle in unzulässiger Weise Vermutungen sowie Zweckmäßigkeitsüberlegungen an. Es habe nicht hinreichend beachtet, dass der Gefahrtarif 2005 gemäß Teil II, Nr. 1 produktorientiert sei und dass der Großteil der produzierten Waren in Bäckereien einerseits und Konditoreien andererseits gleich sei. Entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung sei nicht nur von Überschneidungen in Randbereichen auszugehen, sondern es handele sich im Allgemeinen um Mischbetriebe. Auch die Ausbildungsordnungen hätten sich zunehmend angenähert. Insbesondere würden so genannte feine Backwaren von beiden hergestellt. Auch die betrieblichen Gefährdungslagen seien bei beiden im Wesentlichen einheitlich. Die Verschmelzung von Innungsverbänden sei ein weiteres Indiz für die nahe Verwandtschaft beider Handwerke, die nicht rechtssicher, nachprüfbar und nachvollziehbar voneinander abgrenzbar seien und hinnehmen müssten, in einen Topf geworfen und trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt zu werden. Dieser Umstand sei als Folge der Typisierung hinzunehmen – nach der Rechtsprechung sogar bei Differenzen in einer Tarifstelle von 39,4 % unter Hinweis auf das Urteil des LSG Bayern vom 7. Oktober 1992 (Az.: L 2 U 24/89). Die dem BVA vorgelegten Zahlen hätten im Übrigen eine Mehrbelastung der Konditoreien von 11 % ergeben, denn die aus den Zahlen der Jahre 1999 bis 2003 ermittelten Belastungsziffern hätten für Konditoreien bei 5,9 und für Bäckereien bei 5,3 gelegen. Wegen weiterer Einzelheiten zu den mitgeteilten Zahlen sowie der Gegenüberstellung der Ausbildungsordnungen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 4. November 2010 aus dem Parallelverfahren beim LSG Niedersachsen-Bremen, Az.: L 14/3 U 189/10, verwiesen. Wegen einer nicht mehr möglichen trennscharfen Abgrenzung von Bäckereien und Konditoreien sei es zu aufwendigen Betriebsprüfungen mit der Feststellung vielfacher Falschmeldungen gekommen, so dass letztlich die Zusammenlegung beider Bereiche im Gefahrtarif 2005 beschlossen worden sei. Mit Schriftsatz vom 25. August 2011 hat die Beklagte alle Gefahrklassen für Bäckereien einerseits und Konditoreien andererseits mitgeteilt, zu denen dieselben zu den seit 1973 verabschiedeten Gefahrtarifen veranlagt worden sind. Sie hat die Beitragsbescheide der Klägerin für die Jahre 2005 bis 2007 beigefügt und hat erklärt, dass die Voraussetzungen zur gesonderten Veranlagung eines Nebenunternehmens seit dem Gefahrtarif 1973 bis zum Gefahrtarif 1999 nahezu unverändert waren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat - ihren erstinstanzlichen Vortrag ergänzend - im Berufungsverfahren vorgetragen, sie halte die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und die Vorgaben des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII durch die Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 für verletzt. Denn nach der Rechtsprechung müssten enge Gefahrengemeinschaften gebildet werden mit vergleichbaren Gefährdungsrisiken, wobei Belastungsunterschiede von über 30 % in jedem Falle zu hoch seien. Auch die Verwaltungspraktikabilität rechtfertige keine Zusammenfassung von Gefahrtarifstellen entgegen den Vorgaben des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. In Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Entscheidung sei davon auszugehen, dass Bäckereien und Konditoreien unterschiedliche Gewerbezweige darstellten. Denn die Gegenüberstellung der Ausbildungsordnungen seitens der Beklagten ergebe, dass Weizenbrot, Weizenkleingebäck, Brot und Kleingebäck nur von Bäckern hergestellt werde, während wiederum Konditoren ausschließlich Erzeugnisse aus Marzipan, Schokolade und Nougat sowie Pralinen und Speiseeis fertigten, so dass eine eindeutige Abgrenzung möglich sei. Dass feine Backwaren sowohl von Bäckern wie von Konditoren hergestellt würden, führe nicht zu einer Identität der Gewerbezweige und dass eine größere Zahl von Unternehmen in beiden Bereichen tätig sei, rechtfertige keine Zusammenfassung beider Gewerbezweige. Spezielle Risiken in Bäckereien, die in Konditoreien nicht aufträten, resultierten aus Nachtarbeit, Schichtdienst, Hitzeeinwirkung, Bäckerasthma und Mehlallergien. Hinzu kämen die Gefahren im Straßenverkehr durch das Beliefern von Bäckereiverkaufsfilialen. Die erhöhte Unfallgefahr durch das Bedienen von Brotschneidemaschinen durch Bäckereiverkäuferinnen entfalle in Konditoreien. Dem entsprechend habe die Beklagte für 2003 im Backgewerbe 38,3 Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter nur 26,0 bei Konditoreien gegenüber gestellt. Bei Wegeunfällen betrage das Verhältnis 5,8 zu 3,2 und bei Verdachtsanzeigen auf Berufskrankheiten 1.503 zu 204. Während der Produktionsprozess in Bäckereien in weitem Umfang mit Hilfe von Maschinen durch oft ungelernte oder angelernte Mitarbeiter erfolge, arbeite der Konditor als Fachmann überwiegend von Hand und es würden nahezu ausschließlich ausgebildete Fachkräfte eingesetzt. Wegen des höheren Ausbildungsstandes der Mitarbeiter, des geringeren Einsatzes von Maschinen, des höheren Zeitaufwandes für das einzelne Produkt sowie der größeren Sorgfalt sei das Unfallrisiko in Konditoreien deutlich geringer. Die von der Beklagten behauptete Belastungsziffer von 5,9 für Konditoreibetriebe anhand der Zahlen des Beobachtungszeitraumes 1999 bis 2003 sei nicht korrekt ermittelt. Korrekt seien vielmehr die Zahlen, die die Verwaltung der Beklagten dem Vorstand mit dem Entwurf zum Gefahrentarif 2005 vom 29. April 2004 vorgelegt habe und in dem für die Konditoreien eine Gefahrklasse von 4,0 ermittelt worden sei. Auch die vom BVA angegebene Gefahrklasse 5,3 für die Bäckereien sei unrichtig. Die Gefahrklasse für Bäckereien habe danach bei 6,3 und die gemeinsame Gefahrklasse von Konditoreien und Bäckereien nach Zusammenfassung beider bei 6,0 gelegen. Insofern ergebe sich zwischen gemeinsamer Gefahrklasse und getrennter Erfassung der Konditoreien ein Belastungsunterschied von 33,33 %, der nicht hinnehmbar sei. Bestritten werde weiterhin die fehlerhafte Zuordnung von Lohnsummen und Unfallaufwendungen. Denn die Behauptung der Beklagten, die Mischbetriebe hätten Lohnsummen zur Konditoreigefahrtarifstelle, Unfallaufwendungen für dieselben Mitarbeiter aber abweichend hiervon zur Bäckereigefahrtarifstelle zugeordnet, sei durch keine Feststellungen – insbesondere des Prüfdienstes der Beklagten – belegt. Zudem habe die Beklagte keine bei ihres Erachtens richtiger Zuordnung zutreffenden Belastungsziffern ermittelt. Die Klägerin hat eine "rechtliche Stellungnahme" des Dr. E. EL. vom 21. September 2009 vorgelegt, die dieser im Rechtsstreit des Parallelverfahrens vor dem Sozialgericht Köln - Az.: S 16 U 265/05 – zur Frage der noch hinnehmbaren Belastungsunterschiede bei Vereinigung verschiedener Unternehmensarten – wie Bäckereien und Konditoreien – zu einem Gewerbezweig erstattet hat.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene, zulässige (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG) Berufung der Beklagten ist begründet. Die erstinstanzliche Entscheidung war aufzuheben. Denn die Beklagte hat als der für die Klägerin zuständige Unfallversicherungsträger diese zu Recht mit Bescheid vom 20. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2005 zum Gefahrtarif 2005 in die Gefahrtarifstelle 1 mit der Gefahrklasse 6,0 veranlagt.
Rechtsgrundlage für die Veranlagung eines Unternehmens ist ab 1. Januar 1997 (§ 219 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) die Vorschrift § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen veranlagt. Der Unfallversicherungsträger erstellt einen Gefahrtarif als autonomes Recht, in dem zur Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleiches gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Der Gefahrtarif und jede seiner Änderungen bedürfen der Genehmigung des BVA als Aufsichtsbehörde (§ 158 Abs. 1 SGB VII).
Diesen Vorgaben entsprechend hat die Beklagte in dem am 5. November 2004 vom BVA genehmigten und ab 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gefahrtarif 2005 einen gewerbezweigspezifischen Neulasttarif aufgestellt, in dessen Teil I die Zuteilung der Unternehmen zu den Gefahrklassen geregelt ist. Die Beklagte hat alle ihrem Zuständigkeitsbereich unterliegenden Unternehmen in 39 Gewerbegruppen untergliedert und diese sodann 17 Gewerbezweigen mit jeweils einer Gefahrtarifstelle zugeordnet. Der zwischen den Beteiligten streitigen Gefahrtarifstelle 1 hat sie als Gewerbegruppe die "Herstellung von Back- und Konditoreiwaren, soweit nicht in Gefahrtarifstelle 2 genannt" zugeordnet sowie die "Herstellung von Grundteigen, Teiglingen und Hefeklößen". Für die 17 Gefahrtarifstellen stellt der Gefahrtarif 2005 in Teil I Gefahrklassen von 1,0 (Gefahrtarifstelle 7: Gewerbegruppe 25 "Laboratorien, Fachschulen") bis 25,0 (Gefahrtarifstelle 15: Gewerbegruppen 82 und 83" ambulante Schaustellungs- und Zirkusunternehmen) fest, darunter für die Gefahrtarifstelle 1 die Gefahrklasse 6,0. Daneben sieht die Gefahrtarifstelle 18 eine spezielle Veranlagung für Bürobereiche mit der Gefahrklasse 0,8 vor. Die Gefahrtarifstellen 19 bis 23 regeln schließlich eine besondere Veranlagung für Vertriebsbereiche beim Vertrieb von Lebensmitteln, Tabak, Futtermitteln und Mühlenerzeugnissen, von Getränken und Aromen sowie Süßwaren und Eis mit Gefahrklassen zwischen 1,6 (Vertrieb von Tabak) und 5,5 (Vertrieb von Futtermitteln und Mühlenerzeugnissen). Einzelheiten zur Vornahme der Veranlagung durch die betroffenen Unternehmen normiert Teil II des Gefahrtarifs 2005, wonach sich die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem Gewerbezweig nach der Art des im Unternehmen überwiegend hergestellten Erzeugnisses richtet, bei nicht produzierenden Unternehmen nach Art und Gegenstand des Unternehmens. Teil II Ziffern 3 und 4 regeln die Veranlagung von Neben- und Hilfsunternehmen mit Details zur Veranlagung des Bürobereichs unter 4.1 und des Vertriebsbereichs unter 4.2.
Die Klägerin wendet sich nicht gegen den Veranlagungsbescheid vom 20. August 2005, soweit dieser sie für den Bürobereich zur Gefahrtarifstelle 18 mit Gefahrklasse 0,8 und für den Vertrieb von Lebensmitteln zur Gefahrtarifstelle 19 mit der Gefahrklasse 3,0 veranlagt hat, zumal diese Veranlagungen nicht beitragswirksam geworden sind. Zwischen den Beteiligten ist allein die Veranlagung der Klägerin zur Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 mit der Gefahrklasse 6,0 "Herstellung von Back- und Konditoreiwaren" streitig. Insoweit war der Senat zur Überprüfung aufgerufen und befugt, wobei er allerdings folgende Grundsätze zu beachten hatte: Der Gefahrtarif ist unabhängig von der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit als gesetztes objektives Recht des Unfallversicherungsträgers nur daraufhin überprüfbar, ob er mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten (vgl. BSGE 55, 26, 27, 13, 189; 27, 237, 240; BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2). Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte. Die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkten und die daraus folgende Entscheidung obliegt dem Unfallversicherungsträger (BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 809 Nr. 1). Dabei hat der Unfallversicherungsträger eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten, er hat beispielsweise im Hinblick auf die Beitragsgerechtigkeit, versicherungsmäßige Erfordernisse, Präventionsgesichtspunkte, Solidaritätserwägungen und nicht zuletzt Gründe der Verwaltungspraktibilität teilweise konträre Ziele in Einklang zu bringen (dazu Freischmidt in: Hauck, Sozialgesetzbuch VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Anmerkung 3 zu § 157). Der in einen Mehrheitsentscheid der Vertreterversammlung mündende weite Gestaltungsspielraum des Unfallversicherungsträgers umfasst auch die Frage, wie die Gewerbezweige voneinander abzugrenzen sind und welche Gewerbezweige letztlich in einer Tarifstelle zusammengefasst werden (dazu Heldmann, Tarifstellenbildung nach Gefährdungsrisiken, Die Berufsgenossenschaft 2007 Seiten 36, 37; Bigge in: Wannagat, Sozialgesetzbuch, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, SGB VII, Anmerkung 8 zu § 157).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben war die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2005 nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die bis zum Gefahrtarif 1999 geltende Regelung, die das Backgewerbe mit der Herstellung von Backwaren der Gefahrtarifstelle 1 und der Gewerbegruppe 11 mit der Gefahrklasse 6,7 und das Konditoreigewerbe mit Herstellung von Konditoreiwaren der Gefahrtarifstelle 2 und der Gewerbegruppe 12 mit der Gefahrklasse 3,7 zugeordnet hatte, einen Verstoß des Gefahrtarif 2005 gegen Vorgaben des § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII behauptet, folgt der erkennende Senat dieser Auffassung nicht. Denn mit der im Gefahrtarif 2005 erfolgten Zusammenveranlagung der Bäckerei- und der Konditoreibetriebe unter einer Gefahrtarifsstelle hält die Beklagte sich im Rahmen des ihrer Vertreterversammlung als Beschlussorgan zukommenden weiten Gestaltungs- und Entscheidungsspielraums und verstößt nicht gegen die dabei zu beachtenden Ermächtigungsnormen des SGB VII - insbesondere § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII – oder sonstiges höherrangiges Recht – vor allem den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die Gefahrklasse 6,0 beruht zudem auf gesichertem Zahlenmaterial und die Regelungen des Gefahrtarifs 2005 führen im Ergebnis nicht zu einer Beitragserhöhung, die von den betroffenen Konditoreiunternehmen nicht hinzunehmen wäre.
Die Beklagte hat sich mit dem Gefahrtarif 2005 für einen gewerbezweigspezifischen Neulasttarif entschieden, in dem sie den Vorgaben des § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII entsprechend Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleiches gebildet hat. Ein Gefahrtarif, der zur Bildung von Gefahrengemeinschaften an Gewerbezweige anknüpft, basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar, wie die Rechtsprechung in zahlreichen Entscheidungen bekräftigt hat (beispielsweise BSGE 91, 128; 95, 479 sowie BSG, Urteil vom 5. Juli 2005 - B 2 U 32/03). Die unfallversicherungsrechtliche Literatur folgt dieser Auffassung einheitlich (dazu beispielhaft Palsherm in: Brandenburg, Juris PK, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, Anm. 27 – 30 zu § 157). Das setzt allerdings eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige und ihre korrekte Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen voraus. Auch wenn es eine allgemein gültige Definition des Begriffs "Gewerbezweig" nicht gibt, hat dieser in der gesetzlichen Unfallversicherung eine lange Tradition (dazu Becker, Gefahrtarif und Beiträge in der gesetzlichen Unfallversicherung, BG 2004, 528, 531) Anknüpfungspunkt für die Definition und den Zuschnitt von Gewerbezweigen sind Art und Gegenstand der zu veranlagenden Unternehmen (BSGE 91, 128; 95, 147). Da ein gewerbezweigorientierter Gefahrtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernissen bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, die ihrerseits durch die hergestellten Erzeugnisse, die Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt werden. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken, sondern muss alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen. Die Gliederung der Gewerbezweige nach dem klassischen Technologieprinzip, also in Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und Weise ihrer Herstellung oder Bearbeitung, verliert in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung, so dass für eine sachgerechte Abgrenzung auch andere Merkmale wie einschlägige berufsrechtliche Regelungen oder bestehende verbandsorganisatorische Strukturen herangezogen werden können. Dennoch bleiben auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt für den Zuschnitt der Gewerbezweige in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben. Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss aber geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig folgen (dazu BSGE 27, 237, 241 ff., BSGE 95, 47 sowie BSG - Urteil vom 22. September 1988 – 2 RU 2/88). Indessen sind den Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung von Gewerbezweigen Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben (Beschluss des BVerfG in SozR 2200 § 734 Nr. 2). Eine Unternehmensart kann nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechend § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif ausgewiesenen Gewerbezweige zugeordnet werden. Nach der einem Gewerbezweigtarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Insofern unterscheiden sich die Vorgaben für die Zusammenstellung von Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen durchaus auch technologisch nicht verwandte Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden können. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden, als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (dazu BSGE 95, 47; BSG SozR 2200 § 734 Nr. 1; BVerfG SozR 2200 § 734 Nr. 2; BSG in NZA 1992, 335). Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den Berufsgenossenschaften reicht (BSGE 91, 128 ff.; 92, 190; 95, 47).
Die Beklagte hat diese Grundsätze beachtet und war bei Neuaufstellung des Gefahrtarifs 2005 nicht an die Gefahrtarifstellenbildung im Gefahrtarif 1999 gebunden, der die Bäckereien einerseits und die Konditoreien andererseits noch als zwei getrennte Gewerbezweige in unterschiedlichen Gefahrtarifstellen ausgewiesen hatte. Bei der Neuaufstellung eines Gefahrtarifs verfügt der Unfallversicherungsträger im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben über den vollen Gestaltungsspielraum. Rechtlich wird er durch die zum vorhergehenden Gefahrtarif getroffenen Entscheidungen nicht eingeschränkt. Er kann unter Beachtung vorstehender Vorgaben Tarifstellen neu zusammensetzen und neue Tarifstellen bilden (dazu Freischmidt, a.a.O., Anmerkung 23 zu § 157); so dass die Auffassung der Klägerin in der Klagebegründung vom 15. Februar 2006, der Unfallversicherungsträger finde die Gewerbezweige vor und deren Definition stehe nicht zu seiner Disposition, da sich die Gewerbezweige im Wirtschaftleben bildeten und nicht vom Unfallversicherungsträger gebildet würden, mit der in Rechtssprechung und Literatur übereinstimmend vertretenen Auffassung im Widerspruch steht.
Die Beklagte war danach berechtigt, Bäckereien und Konditoreien im Gefahrtarif 2005 in einer Gefahrtarifstelle unter der Gewerbegruppe 11 zu vereinen, ohne gegen das Gebot des § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII - der Bildung von Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken - zu verstoßen. Nach der Anlage zu § 1 der Verordnung über verwandte Handwerke in der Fassung vom 22. Juni 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 1314) handelt es sich bei Bäckern und Konditoren um im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 der Handwerksordnung verwandte Handwerke, die einander so nahe stehen, dass die Beherrschung des einen Handwerkes die fachgerechte Ausübung wesentlicher Tätigkeiten des anderen Handwerkes ermöglicht. Dies wird durch den Vergleich der Verordnung über die Berufsausbildung zum Konditor/zur Konditorin vom 3. Juni 2003 (Bundesgesetzblatt I Seite 790) mit der Verordnung über die Berufsausbildung zum Bäcker/zur Bäckerin vom 21. April 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 632) bestätigt. Danach erlernen Bäcker und Konditoren das Herstellen bzw. Weiterverarbeiten von feinen Backwaren aus Teigen, von Massen, von Überzügen, Füllungen und Cremes, von Partykleingebäck, von Süßspeisen, von Torten und Desserts sowie von kleinen Gerichten unter Verwendung frischer Rohstoffe. Bäckereitypisch ist danach allein noch das Herstellen von Weizenbrot und Weizenkleingebäck, von Brot und Kleingebäck sowie von Backwarensnacks. Konditorentypisch verbleibt das Herstellen von Spezial- und Dauergebäck, von Marzipan-, Schokoladen- und Nougaterzeugnissen, von Zuckererzeugnissen, Pralinen, Speiseeis und Speiseeiserzeugnissen. Auch die Informationen der Bundesanstalt für Arbeit zu den Berufen Bäcker und Konditor, die das Sozialgericht Köln im Urteil vom 20. Mai 2009 - Az.: S 16 U 265/05 - auf den Seiten 8 und 9 zitiert, bestätigen im Wesentlichen vergleichbare Arbeitsanforderungen und Arbeitsumstände für Bäcker und Konditoren. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des zitierten Urteils verwiesen.
Da sowohl die Bäckereien wie auch die Konditoreien in aller Regel klassische Handwerksbetriebe darstellen, in denen der Dienstleistungssektor nicht im Vordergrund steht, war zur Bestimmung von Art und Gegenstand der Unternehmen maßgeblich auf die Art der erzeugten Güter und deren Herstellungsweise abzustellen. Denn diese bilden die mit der versicherten Tätigkeit verbundenen Gefährdungsrisiken am besten ab. Insoweit ist der Klägerin zuzugeben, dass die Schwerpunkte der täglichen Tätigkeit von Konditoren auf der Herstellung feiner Backwaren mit nicht durchgebackenen Füllungen, von Süßspeisen, Konfiserieartikeln und Speiseeis liegen mag (Schriftsatz vom 15. Februar 2006), während in der Bäckerei die Herstellung von Brot und Brötchen im Vordergrund steht. Die Produktpalette beider Handwerke überschneidet sich dennoch weitgehend, insbesondere werden auch in Bäckereien Kuchen aller Art, Torten, feine Backwaren und Kleingebäck aller Art produziert und verkauft. Die zur Produktion verwendeten Materialien sind im Wesentlichen dieselben, wobei die Klägerin zu Recht darauf hinweist, dass Mehl und Mehlprodukte beim Bäcker stärker im Vordergrund stehen als beim Konditor, was auch die Beklagte nicht bestreitet. Der Herstellungsvorgang ist vergleichbar, auch wenn im durchschnittlichen Bäckereibetrieb die einzelnen Produkte in größeren Mengen unter stärkerem Einsatz von Maschinen gefertigt werden, während beim Konditor die Handarbeit noch stärker im Vordergrund steht. Die maschinelle Ausstattung der Produktionsräume mit Backöfen, Teigmaschinen und Transportgeräten und der Verkaufsräume mit Verkaufstheken und Kühlanlagen unterscheidet sich nur in Randbereichen, wie nicht zuletzt dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 17. November 2011 zu entnehmen ist, wo im Hinblick auf die beim Backvorgang verwendeten Maschinen (Teigmaschinen, Backöfen) keine Andersartigkeit behauptet, vielmehr nur auf die unterschiedlichen Größen von beispielsweise Teigmaschinen und Backöfen hingewiesen wird. Bäckereien und Konditoreien stellen danach artverwandte Betriebe dar, die unter Verwendung weitgehend gleicher Ausgangsprodukte und Technologien mit ähnlicher Produktionsweise überwiegend vergleichbare Produkte herstellen, so dass im Rahmen der von den Sozialgerichten durchzuführenden allein an den rechtlichen Vorgaben zu orientierenden Überprüfung die Zusammenlegung beider Handwerksbereiche in einer Gefahrtarifsstelle von dem weiten und auch an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ausgerichteten Gestaltungsspielraum der Beklagten grundsätzlich gedeckt war. Das Beenden der Mischveranlagung von Bäckern und Konditoren spricht als weiterer von der Beklagten im Rahmen der Abwägung zu beachtender Gesichtspunkt für die Zusammenlegung beider Handwerke in einer Gefahrtarifstelle. Denn belastbares Zahlenmaterial war auf der Basis einer weiterhin getrennten Veranlagung nicht zu gewinnen. Der Gefahrtarif bildet die Grundlage für die Beitragsbelastung der versicherten Unternehmen. Eingriffsakte der Verwaltung bedürfen einer normativen Grundlage, die so formuliert ist, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten erkennbar und berechenbar sind. Die Risikogruppen selbst sollen im Gefahrtarif nach äußerlich erkennbaren Merkmalen möglichst scharf gegeneinander abgegrenzt sein. Der Gefahrtarif soll nur solche Unterscheidungen treffen, die in der Praxis nicht allein durchführbar, sondern auch zuverlässig kontrollierbar sind. Die Abgrenzung muss klar und praktikabel sein, was die Rechtsprechung nicht zuletzt unter Hinweis auf die finanziellen Folgen der Tarifstellenzuordnung fordert (dazu: Schulz, Äquivalenzprinzip und Berufsgenossenschaftsbeitrag, Die Berufsgenossenschaft 1991, 331; Schulz, Grundfragen des berufsgenossenschaftlichen Gefahrtarifs, Seiten 14 und 15 unter 1.1.2.2.2.; BSGE 91, 128, 133; Urteil des Senats vom 30. August 2011 – L 3 U 141/09). Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, Urteil vom 18. Oktober 1994 – 2 RU 6/94 – SGb 1995, 253).
Diesen Vorgaben hätte eine Regelung im Gefahrtarif 2005 nicht genügt, die für Bäckereien und Konditoreien weiter getrennte Gefahrklassen vorgesehen hätte wie im Gefahrtarif 1999 und allen früheren Gefahrtarifen und eine Mischveranlagung mehrerer Tausend Bäckerei- und Konditoreibetriebe zugelassen hätte. Denn eine eindeutige Abgrenzung beider Handwerke über die hergestellten Produkte war bereits in der Vergangenheit mit Schwierigkeiten verbunden und zukünftig zunehmend erschwert dies nicht zuletzt deswegen, weil immer mehr Unternehmen als Bäckerei/Konditorei auftreten und ein beide Handwerke umfassendes Warensortiment anbieten. Die in Teil II des Gefahrtarifs unter Ziffer 3.3.1 vorgesehene Veranlagung von Nebenunternehmen, die neben dem Nachweis einer räumlich getrennten Gewerbeausübung einen eigenen Personalstamm für das Nebenunternehmen mit getrennter Aufzeichnung der Arbeitsentgelte voraussetzte, führte bis zum Gefahrtarifs 1999 nicht zu einer sachgerechten Abgrenzung von Konditoren – und Bäckertätigkeit und zu keiner risikogerechten Beitragsveranlagung, was nach den im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung gewonnenen Erkenntnissen zu erwarten war. Denn die von der Beklagten praktizierte Mischveranlagung führt erfahrungsgemäß zu Problemen, wie sie bei der Beklagten in der Vergangenheit aufgetreten sind. Die nach einer Mischveranlagung veranlagten Unternehmen können danach oft bei der Gefahrklassenberechnung mangels zweifelsfreier Zuordnung von Entgelten und Versicherungsfallkosten nicht berücksichtigt werden. In den meisten Fällen lassen sich über die normierten Abgrenzungskriterien keine zuverlässigen Angaben in den Unternehmen führen und es besteht öfters die Neigung, Arbeitsentgelte für die Gewerbezweige mit niedrigen Gefahrklassen höher zu schätzen, was Erfahrungen und Ergebnisse der Rechnungsdienste der gewerblichen Berufsgenossenschaften eindeutig zeigen (dazu Schulz, Gefahrtarifstellenzusammensetzung bei Gewerbezweigtarifen, Die Berufsgenossenschaft 1984, 657, 660). Von daher ist anzustreben, die Zahl der Mischveranlagungen im Gefahrtarif gering zu halten (Haus in: Wannagat, a.a.O., Anmerkung 46 zu § 157).
Der Prüfdienst der Beklagten hat genau dieses gefahrtarifliche Erfahrungswissen bestätigt. Nach dem Schreiben der Beklagten an das BVA vom 28. Juli 2004 (Anlage 1 der Auskunft des BVA vom 9. Juni 2006) hat der Prüfdienst in den letzten Monaten vor Fertigung des Genehmigungsantrages vom 28. Juli 2004 etwa 9 % der 4300 Mischbetriebe überprüft und dabei erhebliche Fehlmeldungen bzw. Falschzuordnungen von Lohnsummen festgestellt, wodurch das Prinzip der Deckungsgleichheit zwischen Berechnungsmasse und veranlagter Masse unterlaufen wurde. Vergleichbare Filialbäckereien hatten zwischen 10 und 90 % ihrer Produktionslöhne zur Konditorei gemeldet, wie im vorgenannten Schreiben der Beklagten an das BVA ausgeführt. Die aus diesen Meldungen resultierenden Gefahrklassen von 2,1 für Konditoren und 7,8 für Bäckereien waren in einem solchen Ausmaß different, dass die Beklagte gezwungen war, diese Zahlen zu verwerfen. Denn für die 2800 Unternehmen, die lediglich über eine Veranlagung zur Gewerbegruppe der Konditoreien verfügten, hatte sich eine Gefahrklasse von 5.9 errechnen lassen und für die 14000 Unternehmen, die ausschließlich über ein Veranlagung zur Gewerbegruppe der Bäckereien verfügten, eine Gefahrklasse von 5,3. Da die über eine Mischveranlagung verfügenden Betriebe 48 % der für Bäckereibetriebe insgesamt gemeldeten Entgelte auf sich vereinten und 46 % der für Konditoreibetriebe insgesamt gemeldeten Entgelte – wie vorgenanntem Schreiben der Beklagten zu entnehmen –, waren nicht nur Einzelfälle betroffen, sondern das gesamte Zahlenmaterial war nicht mehr repräsentativ und aussagekräftig. Soweit die Beklagte sich in dieser Situation für die Zusammenführung der Tarifstellen für Bäckereien und Konditoreien und gegen den Versuch einer Katasterbereinigung beider Gewerbegruppen entschied, nachdem in langjähriger Zusammenarbeit mit beiden Berufsgruppen eine eindeutige und praktikable sowie nachprüfbare Abgrenzung beider Handwerke auf Basis der produzierten Güter nicht umsetzbar und noch über Jahre mit nicht validen Daten und fraglichen Beitragsanforderungen zu rechnen war, stand ihre Entscheidung auf einer sachgerechten Grundlage und lässt die Gewinnung stabilen Zahlenmaterials für die Zukunft erwarten.
Denn – anders als alle übrigen Zahlen zur gefahrtariflichen Einstufung von Bäckern und Konditoren zum Gefahrtarif 2005 – fußt allein die Gefahrklasse 6,0 der Gefahrtarifstelle 1 für die zusammen veranlagten Bäckereien und Konditoreien auf gesichertem Zahlenmaterial und entspricht versicherungsmathematischen Grundsätzen. Die Beklagte hat die Gefahrklasse 6,0 - wie von § 157 Abs. 3 SGB VII gefordert – aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten beider Handwerkszweige berechnet. Die zwischen den Beteiligten bis zuletzt streitige sachgerechte und zutreffende Zuordnung zu den bis zum Gefahrtarif 1999 als eigenständige Gewerbezweige angesehenen Konditorei- und Bäckereibetriebe hatte keine Auswirkung auf das Errechnen der gemeinsamen Gefahrklasse für beide Unternehmen, die aus den jeweils unstreitigen Gesamtzahlen der Entgelte und der gezahlten Leistungen zu gewinnen war.
Alle übrigen für die Konditoren einerseits und die Bäcker andererseits gewonnenen Zahlen werden von den Beteiligten jeweils in Frage gestellt und sind letztlich nicht als valide zu bezeichnen. Die Beklagte hatte in Vorbereitung des Gefahrtarifs 2005 ausgehend von unveränderten Begrifflichkeiten gegenüber dem Gefahrtarif 1999 für die 14000 Nur-Bäckereien eine Gefahrklasse von 5,3, für die 2800 Nur-Konditoreien eine Gefahrklasse von 5,9 und für die 4300 Mischbetriebe eine Gefahrklasse von 6,7 errechnet, wie den im Erörterungstermin vom 18. November 2010 überreichten und in diesem Termin erläuterten Schaubild zu entnehmen ist. Die Gefahrtarifstellen von 5,3 für Bäcker und 5,9 für Konditoren stehen indessen in deutlichem Widerspruch zu den allen Gefahrtarifen ab 1973 zugrunde liegenden Gefahrklassen beider Berufsgruppen und lassen nahezu 48 % der Gesamtlohnsumme für Bäckereibetriebe und 46 % der Gesamtlohnsumme für Konditoreibetriebe außer Acht, die auf die Mischbetriebe entfiel. Eine Neuberechnung auf Basis der nach Prüfung berichtigten Zahlen hat die Beklagte nicht durchgeführt, so dass die Klägerin diese Zahlen zu Recht als nicht valide bezeichnet. Die Beklagte hatte indessen ausgehend vom 1. Entwurf zum Gefahrtarif 2005 – Stand 29. April 2004, den sie für den Vorstand erarbeitet hatte, getrennte Gefahrklassen für Bäckereien und Konditoreien nach den früheren Vorgaben berechnet. Diese Berechnung nach den früheren Vorgaben hatte in den Gefahrtarifen 1973 bis 1999 zu den von der Beklagten im Schriftsatz vom 25. August 2011 übermittelten Gefahrklassen der Gefahrtarife ab 1973 geführt mit Beitragsersparnissen der Konditoren von 23 bis 45 % gegenüber den Bäckern. In dieser Größenordnung bewegt sich auch die Beitragsdifferenz, die die Beklagte auf Basis der - wie früher gemeldeten und nicht in Frage gestellten - Zahlen der Jahre 1999 bis 2003 im vorgenannten 1. Entwurf vom 29. April 2004 ermittelt hat und die eine Gefahrklasse von 6,3 für Bäckereibetriebe und eine solche von 4,0 für Konditoreibetriebe ergeben hatte, was einen um ca. 36,5 % reduzierten Beitrag der Konditoren gegenüber den Bäckern entspricht. Wie die Beklagte allerdings insoweit zu Recht beanstandet, sind in diese Berechnungen alle aufgrund der Mischveranlagungen fehlerhaften Meldungen von Entgelten und Unfallaufwendungen eingeflossen, was auch an dieser Berechnung Zweifel gebietet und letztlich bestätigt, dass als allein gesicherte Zahl die für Bäcker und Konditoren errechnete gemeinsame Gefahrklasse von 6,0 gelten kann.
Der erkennende Senat vertritt die Auffassung, dass auch die Entscheidung der Vertreterversammlung eines Unfallversicherungsträgers, mehrere Unternehmensarten einem Gewerbezweig zuzuordnen, nach Maßgabe der von § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII vorgegebenen Kriterien zu erfolgen hat, wobei die gemeinsame Zuordnung von Bäckerei- und Konditoreibetrieben zur Gewerbegruppe 11 unter Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 "Herstellung von Back- und Konditoreiwaren" bei annähernd gleichen Gefährdungsrisiken beider rechtsfehlerfrei erfolgte.
In Rechtsprechung und Literatur ist insofern streitig, ob die Vorgabe, dass in einer Gefahrengemeinschaft nur annähernd gleiche Gefährdungsrisiken enthalten sein dürfen, nur dann zum Tragen kommt, wenn mehrere Gewerbezweige in einer Gefahrtarifstelle zusammengefasst werden oder auch dann zu beachten ist, wenn auf der Stufe zuvor entschieden wird, wie ein Gewerbezweig abzugrenzen und welche Unternehmensgruppen einzubeziehen bzw. welche gesondert oder in Verbindung mit anderen, besser "passenden" Unternehmen zuzuordnen sind. Während das Bundessozialgericht unter Hinweis auf das Erfordernis der Risikomischung in einem Gewerbezweig sich für die erste Alternative ausgesprochen hatte (BSGE 91, 128 unter Hinweis auf BSG in SozR 2200 § 731 Nr. 2; ihm folgend Burchardt in: Becker u.a., Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), Kommentar, Anmerkung 31 d zur § 157), fordert Heldmann (BG 2007, 36), dass bereits auf der Ebene der Zusammenfassung einzelner Unternehmen zu Gewerbezweigen die Gefährdungsrisiken nicht ausgeblendet werden dürfen, da die jede Bedeutung des Gefährdungsrisikos auf der Stufe der Tarifstellenbildung verneinende Auffassung mit dem Gesetzeswortlaut des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht vereinbar sei. Heldmann übersieht indessen, dass das Bundessozialgericht in späteren Entscheidungen – wenn auch ohne Bezugnahme auf das Urteil vom 24. Juni 2003 - BSGE 91, 128 - seiner Auffassung beigetreten ist und mit Urteil vom 5. Juli 2005 - BSGE 95, 47 - sowie vom 28. November 2006 – B 2 U 10/05 R – ausgeführt hat, die Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr sei Ausdruck des Versicherungsprinzips, das im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung konsequenter als in anderen Zweigen der Sozialversicherung verwirklicht sei. Die Veranlagung nach Gefahrklassen solle eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (BVerfG in SozR 2200 § 734 Nr. 2). Sie müsse sich deshalb an den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen, was für einen Gewerbezweigtarif bedeute, dass nicht nur die zu einer Tarifstelle gehörenden Gewerbezweige, sondern grundsätzlich auch die den Gewerbezweig bildenden Unternehmen und Unternehmensarten untereinander hinsichtlich der Unfallgefahren vergleichbar sein müssten. Die Gewerbezweige müssten daher im Rahmen des Möglichen so zugeschnitten und voneinander abgegrenzt werden, dass diesem Gebot Rechnung getragen werde. Die Klägerin – ihr folgend das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main sowie das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 12. Mai 2010 – S 8 U 287/09 - weist auf die für Bäcker und Konditoren unterschiedliche Gefahrklasse im Gefahrtarif 1999 hin, wo die Bäcker in der Gefahrtarifstelle 1 mit der Gefahrklasse 6,7 und die Konditoren in der Gefahrtarifstelle 2 mit der Gefahrklasse 3,7 veranlagt waren. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. August 2011 die entsprechenden Gefahrklassen für beide Handwerke seit dem Gefahrtarif 1973 mitgeteilt, die ergeben, dass die Konditoreibetriebe gegenüber den Bäckereibetrieben durchweg eine um etwa 23 % bis 45 % günstigere Gefahrklasseneinstufung aufwiesen. Zur Begründung derartiger unterschiedlicher Risikolagen führt die Klägerin – beispielweise im Schriftsatz vom 27. Oktober 2006 – unter Hinweis auf Zahlen eines Vorstandsbriefes der Beklagten vom Juli 2004 aus, dass es in Bäckereibetrieben infolge des größeren Mehlverbrauches deutlich häufiger zu Mehlstauballergien mit daraus resultierenden Berufskrankheitenanzeigen komme und dass verstärkte Schicht- und Nachtarbeit im Bäckereihandwerk das Unfallrisiko ebenso erhöhe wie die stärkergradige Filialisierung im Bäckereihandwerk, das zudem mit Unfallrisiken bei Belieferung von Filialen verbunden sei, die die generell ohne Filialen arbeitenden Konditoreibetriebe nicht kennen würden. Die Sozialgerichte Frankfurt am Main und Osnabrück haben sich dieser Argumentation angeschlossen und eine annährend gleiche Gefährdungslage von Bäckereien und Konditoreien verneint. Allerdings waren – wie die Beklagte ebenfalls mitgeteilt hat – die Voraussetzungen zur gesonderten Veranlagung eines Nebenunternehmens abweichend von der Gefahrklasse des Hauptunternehmens seit 1973 im Wesentlichen wie im Gefahrtarif 1999 geregelt mit der möglichen Folge, dass auch in den Gefahrtarifen ab 1973 die mit einer Mischveranlagung verbundenen Probleme im Hinblick auf die Validität des Zahlenmaterials nicht auszuschließen sind. Da allerdings die Zahlen der Gefahrklassen für Bäcker einerseits und Konditoren andererseits zu den ab 1973 verwendeten Gefahrtarifen letztlich nicht bestritten sind, hat der Senat seinen Vergleich der Belastungsunterschiede auf die Zahlen gestützt, die die Beklagte in gleicher Weise wie für die früheren Gefahrtarife im 1. Entwurf vom 29. April 2004 ermittelt hatte und die neben der unstreitigen gemeinsamen Gefahrklasse von 6,0 eine Gefahrklasse von 4,0 für Konditoreien und 6,3 für Bäckereien ergeben hatten. Danach geht der Senat mit der Klägerin im Schriftsatz vom 7. Juni 2010 davon aus, dass diese Zahlen am ehesten die Risikobewertung für beide Unternehmenszweige widerspiegeln dürften und auch in der Tradition langjähriger Bewertungen stehen. Zur Feststellung noch tolerabler Belastungsunterschiede ist indessen nicht auf die Abweichung der Belastungsziffern der zusammenzufassenden Gewerbezweige bzw. Unternehmensarten voneinander abzustellen, sondern ausschließlich auf die Abweichung vom Durchschnitt einer gemeinsamen Gefahrklasse, die – valide berechnet – mit 6,0 Eingang in die Gefahrtarifstelle 1 des Gefahrtarifs 2005 gefunden hat. Auf Basis dieser Zahlen würde danach der Belastungsunterschied der Konditoren gegenüber den Bäckern aufgrund der zum Gefahrtarif 2005 erhobenen Zahlen der Jahre 1999 bis 2003 bei etwa einem Drittel liegen. Eine Mehrbelastung diesen Umfanges ist in Anbetracht der konkreten Umstände als "noch annähernd gleiche Belastung" im Sinne des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII anzusehen und von den betroffenen Konditoreiunternehmen hinzunehmen.
Zu der Frage, bis zu welcher Differenz Gefahrengemeinschaften etwa gleiche Gefährdungsrisiken aufweisen, werden in Literatur und Rechtsprechung verschiedene Ansätze verfolgt und unterschiedliche Grenzbereiche formuliert. Schulz (Der Gefahrtarif im Sozialgesetzbuch VII, Sozialgerichtsbarkeit 1996, S. 571) sieht die annähernde Gleichheit der Belastung als Problem einer letztlich versicherungsmathematischen Berechnung. Der Begriff "Gefährdungsrisiken" sei in das SGB VII eingebracht worden, um damit auf für das Versicherungswesen maßgebende Grundsätze der Wahrscheinlichkeitsrechnung hinzuweisen. Die danach erforderlichen versicherungsmathematischen Berechnungen hingen in ihren Ergebnissen von verschiedenen Faktoren ab, wobei wesentlich neben dem gewünschten Sicherheitsgrad die Größenverhältnisse des Gewerbezweigs seien. Bei größeren Gewerbezweigen könnten bereits Belastungsunterschiede von 15 v.H. nicht mehr als annähernd gleich angesehen werden, während bei kleineren sogar Unterschiede von über 200 v.H. statistisch–mathematisch als annähernd gleich anzusehen seien. Ein fester Prozentsatz könne danach nicht angegeben werden, sei vielmehr in jedem Einzelfall mathematisch zu ermitteln. Letztlich ist das Spannungsverhältnis zwischen einer möglichst homogenen Gefahrengemeinschaft einerseits und dem erforderlichen versicherungsmäßigen Ausgleich zu lösen, der nach dem Gesetz der großen Zahl eine gewisse Größe der Gefahrengemeinschaft fordert, damit es sich um eine "Versicherung" handelt (dazu Becker, a.a.O., Die Berufsgenossenschaft 2004, S. 528, 532), wobei die Regelung des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII allerdings in erster Linie fordert, Gefahrengemeinschaften annähernd gleiche Risiken zuzuordnen und dabei einen versicherungsmäßigen Risikoausgleich zu berücksichtigen. Die Frage einer ausreichenden Zahl von Betrieben zur Bildung einer eigenen Tarifstelle stellt sich zur Überzeugung des Senats für die Konditoreibetriebe nicht, da die Beklagte im 1. Entwurf zum Gefahrtarif 2005 vom 29. April 2004 selbst von 2800 Nur-Konditoreien ausgegangen ist, für die sie eine Gefahrklasse von 5,9 errechnet hatte. Ansonsten ist der Maßstab des annähernd gleichen Risikos am allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG zu messen. Auszugehen ist von den Vorgaben des Artikel 3 Abs. 1 GG, wonach vergleichbare Unfallgefahren sowohl für die der Gefahrtarifsstelle angehörigen Gewerbezweige als auch für die in die Gewerbezweige aufgenommenen Unternehmensarten zu fordern ist (Burchhardt, a.a.O., Anmerkung 31 a zu § 157). Insoweit bedarf es einer sorgfältigen Prüfung, wie kleinere Gewerbezweige zuzuordnen sind, da diese nicht mit den Risiken großer überbelastet werden sollen (BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu entschieden, dass der Unfallversicherungsträger nicht gehindert ist, durch Typisierungen den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen, wobei dabei gegebenenfalls auftretende Härten bei einer generalisierenden Regelung unvermeidlich und hinzunehmen sind, soweit sie nicht das Maß des Zumutbaren überschreiten (BVerfG in SozR 2200 § 734 RVO Nr. 2 sowie in SozR 4-2700 Nr. 3 zu § 157 SGB VII). Dass dabei ein Maßstab von 15 v.H. bis über 200 v.H. voneinander abweichende Risiken noch eine "annähernde Gleichheit" gewährleisten soll, ist für den Senat nicht nachvollziehbar und entspricht auch nicht der bisher zu dieser Problematik ergangenen Rechtsprechung sowie der Auffassung in der übrigen unfallrechtlichen Literatur. So schlagen Burchhardt (a.a.O., Anm. 29 zu § 157) sowie Bertram ("Der die Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeiternehmerunterlassung betreffende Gefahrtarif in der Gesetzlichen Unfallversicherung", NZS 1999, S. 68, 70) vor, eine Abweichung eines Gewerbezweiges von der durchschnittlichen Belastungsziffer der Gefahrtarifstelle bis zu 30 % noch zu tolerieren. Für dieselbe Grenzziehung sprechen sich das LSG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 16. März 1983 (Breithaupt 1983, 970), das LSG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 19. Juni 2002 – L 8 U 125/01 sowie das LSG Sachsen mit Urteil vom 7. März 2001 (Breithaupt 2002, 791) aus. Nach dem Urteil des LSG Rheinland-Pfalz soll eine Abweichung von 20 % bis 30 % bei großen Gefahrtarifklassen noch hinnehmbar sein. Ricke (in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 2, Anm. 12 zu § 157) hält eine Abweichung von +/- 36 % bei Zusammenfassung von Gewerbezweigen für noch hinnehmbar, soweit endgültige Entwicklungstendenzen noch nicht erkennbar sind unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29. April 1985. Das LSG Bayern hat eine Mehrbelastung um 39,4 % gegenüber der durchschnittlichen Gefahrklasse für ein Jahr akzeptiert bei vorher höheren Beiträgen und der Tendenz zur Annäherung der Beiträge (Urteil vom 7. Oktober 1992 – L 2 U 24/89 sowie Urteil vom 23. Juli 2002 – L 3 U 125/01).
Der Senat hält diese Spannbreite noch tolerabler Belastungsunterschiede, die die Rechtsprechung maßgeblich für die Zuordnung mehrerer Gewerbezweige zu einer Gefahrtarifstelle entwickelt hat auch für die von EL. in seiner Stellungnahme vom 21. September 2009 sog. "erste Stufe der Vereinigung von Unternehmen zu einem Gewerbezweig" in gleicher Weise für sachgerecht. Denn für den Fall, dass die Beklagte wie von der Klägerin gewünscht – an dem bis zum Gefahrtarif 1999 praktizierten Verfahren einer getrennten Veranlagung festgehalten hätte, hätte die Beklagte im Rahmen ihres weiten Gestaltungsspielraumes den Gewerbezweig "Konditoreibetriebe" in dieselbe Gefahrtarifstelle wie den Gewerbezweig "Bäckereibetriebe" einordnen können und eine gerichtliche Prüfung hätte sich an vorgenannter Bandbreite zu orientieren gehabt. Die Tatsache, dass die Beklagte – wie vom Senat nicht zu beanstanden – beide Unternehmensgruppen zu einem Gewerbezweig vereint hat , gebietet danach nicht, von anderen im Einzelfall noch tolerablen Belastungsunterschieden auszugehen und führt insbesondere nicht zu einer Reduzierung dieser Grenze auf 15 v.H., die EL. unter Hinweis auf die Ausführungen von Schulz (in: Die Sozialgerichtsbarkeit 1996, S. 571, 572) vorschlägt und denen der Senat – wie dargelegt – nicht zu folgen vermag.
Eine Beitragsdifferenz der Konditoreibetriebe zum Gefahrklassendurchschnitt von einem Drittel hält der Senat im konkreten Fall für noch hinnehmbar und teilte damit letztlich die Auffassung des BVA. Denn die Handwerke der Konditoren und Bäcker sind artverwandt nähern sich einander immer mehr an und sind über die jeweils gefertigten Produkte kaum auseinanderzuhalten. Eine mit vertretbarem Verwaltungsaufwand zu leistende sachgerechte und valide Gewinnung von Zahlen zur Gefahrklassenberechnung ist bei getrennter Veranlagung beider Handwerke unter Beibehaltung einer großen Zahl von Mischbetrieben nicht möglich. Die Beklagte ist gehalten, durch Typisierung den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen, womit für die Klägerin zwar eine Beitragsmehrbelastung von einem Drittel gegenüber der durchschnittlichen Gefahrtarifstelle in Betracht zu ziehen ist. Diese bewegt sich indessen konkret für die streitigen Beitragsjahre bei Jahresbeiträgen der Klägerin für 2005 in Höhe von 2.448,29 EUR, für 2006 in Höhe von 2.541,09 EUR und für 2007 in Höhe von 2.513,17 EUR nur in einer jährlichen Mehrbelastung im dreistelligen Euro-Bereich. Sie erreicht damit kein Ausmaß, das als unvertretbare, die Klägerin in schwerwiegender oder gar existenzbedrohender Weise treffende und von ihr nicht hinzunehmende Härte zu werten wäre.
Die Beklagte war schließlich nicht verpflichtet, für die Konditoren mit der Zusammenveranlagung im Gefahrtarif 2005 eine stufenweise Beitragserhöhung vorzusehen, wie dies in der Klagebegründung vom 15. Februar 2006 am Ende gefordert wurde, im Berufungsverfahren allerdings von der Klägerin nicht erneut aufgegriffen worden ist. Denn es ist einem Unfallversicherungsträger nur in engen Grenzen erlaubt, bei stärkeren Belastungsänderungen – beispielsweise bei Zusammmenlegung von Tarifstellen – eine stufenweise Anpassung in Richtung der Belastungsänderung vorzunehmen (dazu Freischmidt, a.a.O., Anm. 17 und 23 zu § 157 sowie Ricke, a.a.O., Anm. 21 zu § 157; BSG, Urteil vom 21. August 1991 – 2 RU 54/90). Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 20. September 2004 dem BVA gegenüber im Detail die der Vertreterversammlung unterbreiteten und von ihr abgewogenen Gesichtspunkte aufgezeigt, die die Grundlage der beschlossenen und nicht abgestuften Beitragserhöhung bildeten und das BVA hatte diese mit Auskunft vom 9. Juni 2006 ausdrücklich gut geheißen. Der Senat hatte darüber hinaus keine Veranlassung, zu einer abweichenden Entscheidung zu gelangen. Auf gerichtliche Anfrage hat die Beklagte am 25. August 2011 mitgeteilt, sie verfüge über keine Gefahrtarifrichtlinien und habe solche bei Aufstellung des Gefahrtarifs 2005 daher auch nicht angewendet. Gefahrtarifrichtlinien enthalten Einzelregelungen über das Zustandekommen des Gefahrtarifs, um nicht bei jeder Gefahrtarifrevision hierüber erneut beraten und entscheiden zu müssen um so Kontinuität zu wahren und alle Gewerbezweige gleich zu behandeln. Diese Gefahrtarifgrundsätze haben über mehrere Tarifperioden hinweg Gültigkeit und können auch die Zuordnung des Zahlenmaterials von Mischunternehmen regeln. Sie erleichtern und beschleunigen die Arbeit bei Gefahrtarifrevisionen und verhindern den Versuch, Gefahrklassen auszuhandeln. Die Gefahrtarifrichtlinien als untergesetzliche Rechtsnormen der Berufsgenossenschaften enthalten Vorgaben zur Struktur des Gefahrtarifs mit der Zielsetzung hinreichend großer Tarifstellen sowie maximaler Belastungsschwankungen, die zwischen zwei Tarifperioden zur Wahrung des Versicherungsprinzips und des Vertrauensschutzes der Unternehmen höchstens in Betracht kommen sollen. Auch Fragen zur stufenweisen Anpassung von Beitragserhöhungen können Gegenstand von Gefahrtarifrichtlinien sein (zu allem Schulz in: Wannagat, a.a.O., Anmerkung 79 zu § 157; derselbe: Verfassungsrechtliche Fragen der Festsetzung der Beiträge in der Unfallversicherung, Die Sozialgerichtsbarkeit 1999, S. 172, 179). Eine rechtsfehlerhafte Entscheidung der Beklagten kann daher nicht auf eine unterbliebene oder fehlerhafte Anwendung von Gefahrtarifrichtlinien gestützt werden. Weitere Gründe für die Annahme eines Beurteilungsfehlers der Beklagten waren im Übrigen weder von Seiten der Klägerin vorgetragen noch für den Senat erkennbar, so dass der Berufung der Beklagten stattzugeben war.
Der Streitwert war nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenen Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG). Unter Berücksichtigung des aktuellen Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit 2007 (NZS 2007, S. 472 VIII in 2.1) und im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundssozialgerichts (BSG, Beschlüsse vom 3. Mai 2009 – B 2 U 415/05 B – und vom 30. November 2006 – B 2 U 410/05 B), beträgt der Streitwert in einem Rechtsstreit über einen Veranlagungsbescheid grundsätzlich das Zweifache des Differenzbetrages zwischen dem geforderten und dem bei einem Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber den dreifachen Auffangstreitwert. Da die streitige Beitragsdifferenz – selbst bei Rückforderung der Gesamtbeiträge für die Jahre 2005 bis 2007 – deutlich unter dem dreifachen Regelstreitwert liegt, war der Streitwert in Höhe des dreifachen Regelstreitwertes gemäß § 52 Abs. 2 GKG (5.000,00 EUR) in Höhe von 15.000,00 EUR festzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG vorliegen. Denn die als eines von drei "Musterverfahren" betriebene Streitsache berührt grundsätzliche Fragen der Gefahrtarifbildung, von der eine große Zahl von Konditorei- und Bäckereibetrieben betroffen sind und die über den Konditoren- und Bäckereibetrieb hinaus Bedeutung haben.
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