L 7 KA 58/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 79 KA 129/99-71
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 58/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Juni 2001 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht gelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Honoraransprüche des Klägers als Vertragsarzt für die Quartale I und II/1997.

Der Kläger ist als Arzt für Chirurgie mit Arztsitz in Berlin/R zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Honorarabrechnung für die streitigen Quartale legte die Beklagte den von ihrer Vertreterversammlung am 28. November 1996 beschlossenen und in ihrem Mitteilungsblatt im Januar 1997 (S.A 63) veröffentlichten, am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) zugrunde. Nach § 10 dieses HVM wurden zur Vergütungsverteilung aller Krankenkassen Teilbudgets gebildet (Ziff. 2.6. Chirurgie), die ihrerseits in Subbudgets (von der Anrechnung auf die nach dem 1. Juli 1997 gültigen Praxisbudgets ausgenommene sowie übrige Leistungen) unterteilt wurden. Gemäß § 10 Abs. 3 des HVM errechneten sich die Vergütungsanteile für die Teil- und Subbudgets aus den prozentualen Anteilen an der Verteilung nach ihren Mittelwerten aus den Quartalen III/1994 bis II/1995.

Die gegen die Honorarbescheide für die Quartale I und II/1997 gerichteten Widersprüche wies die Beklagte mit ihren Widerspruchsbescheiden vom 25. Januar 1999 und 15. März 1999 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung habe. Die Festsetzung der Vergütung entspreche den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen. Die Absenkung des Punktwertes stelle sich hierbei als Folge der vom Gesundheitsstrukturgesetz vorgesehenen Budgetierung der Gesamtvergütung dar. Überdies ließen sich Punktwertdifferenzen bei einer Honorarverteilung auf der Basis von Fachgruppentöpfen durch unterschiedliches Abrechnungsverhalten erklären.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und im Wesentlichen vorgetragen, dass die von ihm erbrachten Leistungen nicht leistungsgerecht vergütet worden seien, sondern er nur noch eine Alimentation erhalten habe. Die „Quasi-Abschaffung“ der leistungsgerechten Vergütung stelle einen negativ-statusbildenden Eingriff in seine Berufsausübungsfreiheit dar. Die Beklagte hätte zudem bei der Festsetzung des Honorarvolumens der Fachgruppe der Chirurgen in dem streitbefangenen HVM nicht an den Basiszeitraum der Quartale von III/1994 bis II/1995 anknüpfen dürfen. Hierin liege eine sichtbare und erhebliche, durch sachliche Gründe nicht gerechtfertigte Benachteiligung der Fachgruppe der Chirurgen im Vergleich zu anderen Fachgruppen. Schließlich verstoße der HVM auch gegen die allgemeinen Bestimmungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM). Dort sei nämlich vorgesehen, dass die Vergütung u.a. auf der Grundlage der durchschnittlichen Betriebsausgaben der Arztgruppe erfolge und dass ein festzustellendes Arzteinkommen gesichert werden müsse. Beide Voraussetzungen seien nicht erfüllt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. Juni 2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Neuberechnung seiner Honorare für die streitbefangenen Quartale habe. Die Beklagte habe zu Recht die Honorarbescheide unter Anwendung des EBM sowie des HVM erlassen. Es sei zulässig, Honorartöpfe nach Arztgruppen und/oder Versorgungsgebieten zu bilden. Entgegen der Ansicht des Klägers sei es sachgerecht und vom Gestaltungsspielraum der Beklagten bei der Honorarverteilung gedeckt, die auf die einzelnen Fachgruppen entfallenden Honorarkontingente auf der Grundlage eines bestimmten Basisjahres festzuschreiben und damit zu verhindern, dass (selbst verantwortete) Leistungsausweitungen einer Fachgruppe Einfluss auf die Honorierung ärztlicher Leistungen in anderen Fachgruppen hätten. Die Auswahl des Basiszeitraums sei angesichts der ab Januar 1996 aufgetretenen „Verwerfungen“ im Zusammenhang mit der Höherberechnung bestimmter Gesprächs- und Untersuchungsleistungen durch den zum 1. Januar 1996 in Kraft getretenen EBM nicht zu beanstanden. Dieser Zeitraum sei für alle Fachgruppen gleichermaßen heranzuziehen. Einen Anspruch auf Zugrundelegung eines anderen - für ihn günstigeren - Basiszeitraums habe der Kläger nicht.

Gegen das ihm am 27. August 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. September 2001 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er auf sein gesamtes erstinstanzliches Vorbringen verweist. Ergänzend trägt er vor, dass die Beklagte bei der Festsetzung der Honoraranteile für die jeweiligen Fachgruppentöpfe in dem streitbefangenen HVM an die nicht budgetierten Quartale III/1995 bis II/1996 hätte anknüpfen müssen. Dass es in diesen Quartalen zu einer Punktmengenausweitung in seiner Fachgruppe gekommen sei, stehe insoweit nicht entgegen. Denn diese Ausweitung sei vom Gesetzgeber erwünscht gewesen, um durch die hierfür ursächliche Verlagerung der Operationen in den ambulanten Bereich Einsparungen für die Solidargemeinschaft zu ermöglichen. Ferner stehe einer Heranziehung der Quartale III/1995 bis II/1996 nicht entgegen, dass mit dem zum 1. Januar 1996 in Kraft getretenen EBM bestimmte Gesprächs- und Untersuchungsleistungen höher bewertet worden seien. Denn „Verwerfungen“ seien in diesem Zusammenhang erst als Folge der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. September 1997 (SozR 3-2500 § 87 Nr. 18) aufgetreten, mit der das BSG die Rückwirkung der im Sommer 1996 eingeführten Budgetierung der genannten Leistungen zum 1. Januar 1996 für verfassungswidrig erklärt habe. Zudem seien die hierdurch entstandenen „Verwerfungen“ bei seiner Fachgruppe nicht ins Gewicht gefallen. Dass die Beklagte gleichwohl an die die Chirurgen erheblich benachteiligenden Quartale III/1994 bis II/1995 angeknüpft habe, verstoße gegen den Grundsatz der Leistungsproportionalität und gegen sein Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit. Inhalt dieses Rechts sei ein Anspruch auf eine angemessene Vergütung, von der hier keine Rede mehr sein könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihrer Honorarbescheide für die Quartale I und II/1997 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 25. Januar und 15. März 1999 zu verurteilen, ihn hinsichtlich seiner Honoraransprüche für diese Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, die sie für unbegründet hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale I und II/1997 und die diesen zugrunde liegende Regelung des HVM der Beklagten sind nicht zu beanstanden.

Honorarverteilungsregelungen einer Kassenärztlichen Vereinigung sind an den gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, der sich aus Art. 12 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergibt, zu messen (BSGE 73, 131, 135 f. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 4 S. 23 f.; BSGE 81, 213, 217 f. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 23 S. 152 f.; Urteil des BSG vom 9. September 1998 -B 6 KA 55/97 R -). Zentrale Bedeutung kommt dabei der Bestimmung des § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V zu, nach der bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistung des Kassenarztes zugrunde zu legen sind. Die Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen mit einem einheitlichen Punktwert entspricht dem Grundsatz der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars an den nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG die Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen der Honorarverteilung gebunden sind. Danach sind die ärztlichen Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten. Der normsetzenden Körperschaft verbleibt jedoch ein Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen von diesem Grundsatz, der es ihr ermöglicht, ihrem Sicherstellungsauftrag und ihren sonstigen vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen gerecht zu werden (BSGE 73, 131, 135 f. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 4 S. 23 f.; Urteil des BSG vom 9. September 1998 - B 6 KA 55/97 R -). Im vorliegenden Verfahren beanstandet der Kläger, dass es aufgrund der Festsetzung des Honorarvolumens seiner Fachgruppe in dem streitbefangenen HVM zu einem Punktwertverfall mit der Folge gekommen sei, dass die von ihm erbrachten Leistungen nicht mehr leistungsgerecht vergütet worden seien, sondern er nur noch eine Alimentation erhalten habe. Die von ihm erbrachten Leistungen seien nicht angemessen vergütet worden. Ihm stehe ein Rechtsanspruch auf einen höheren Punktwert zu.

Als Rechtsgrundlage für diesen Anspruch kommt insoweit ausschließlich das aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (BSGE 73, 131, 139, 140 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 4 S. 29; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 24 S. 168) in Betracht. Dagegen kann ein solcher Anspruch nicht auf das objektiv-rechtliche Gebot der angemessenen Vergütung ärztlicher Leistungen (§ 72 Abs. 2 SGB V) gestützt werden, das im Allgemeinen keine subjektiven Rechte des Vertragsarztes begründet (BSGE 75, 187 = SozR 3-2500 § 72 Nr. 5; BSGE 77, 279, 288; SozR 3-2500 § 85 Nr. 10 S. 62 f.; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 12 S. 82). Ein Vertragsarzt kann für die von ihm im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen keine Vergütung in einer bestimmten Höhe beanspruchen. Einem solchen Anspruch steht das vom Gesetz vorgegebene gesamtvertragliche Vergütungssystem entgegen (Urteil des BSG vom 3. März 1999 - B 6 KA 8/98 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 30). Danach honorieren die Krankenkassen nicht gesondert jede einzelne ärztliche Leistung, sondern sie entrichten mit befreiender Wirkung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung eine vertraglich vereinbarte Vergütung. Dieser für die Honorierung aller vertragsärztlichen Leistungen maximal zur Verfügung stehende Geldbetrag steht unabhängig von der Zahl der ärztlichen Leistungserbringer und der erbrachten ärztlichen Leistungen fest. Daher kann sich für den einzelnen Arzt von vornherein kein Anspruch auf ein Honorar in bestimmter Höhe, sondern nur ein Anspruch auf einen seiner Leistung entsprechenden Anteil an dieser Gesamtsumme ergeben (Urteil vom BSG vom 3. März 1999 -B 6 KA 8/98 R - a.a.O.).

Das danach allein als Prüfungsmaßstab in Betracht kommende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit ist verletzt, wenn vom Prinzip der gleichmäßigen Vergütung abgewichen wird, obwohl zwischen den betroffenen Ärzten bzw. Arztgruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass eine ungleiche Behandlung gerechtfertigt ist. Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG enthält jedoch nicht nur das Verbot sachwidriger Differenzierung, sondern ebenso das Gebot, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 98, 365, 385). Zu einer Differenzierung bei ungleichen Sachverhalten ist der Gesetzgeber allerdings nur verpflichtet, wenn die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, dass sie bei der am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf. Dieses dem Gleichheitssatz innewohne Differenzierungsgebot kann verletzt sein, wenn die Honorierung aller ärztlichen Leistungen nach einem einheitlichen Punktwert infolge eines starken Anstiegs der Menge der abgerechneten Punkte zu einem massiven Absinken des Punktwerts und als dessen Konsequenz zu einer schwerwiegenden Benachteiligung einer Arztgruppe führt, die die Leistungsmenge im Unterschied zu anderen Arztgruppen nicht ausweiten kann. Maßgebend für die Beurteilung, ob das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit verletzt ist, ist nicht die Situation des einzelnen Arztes, sondern die der jeweiligen Arztgruppe im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung, deren Honorarverteilung angegriffen wird (Urteil des BSG vom 3. März 1999 - B 6 KA 8/98 R - a.a.O.).

Das Gesetz räumt dabei ausdrücklich die Möglichkeit ein, eine u.a. nach Arztgruppen oder Versorgungsgebieten unterschiedliche Verteilung der Vergütung vorzusehen (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl. I S. 2266). Dementsprechend ist es grundsätzlich zulässig, im HVM gesonderte Honorartöpfe für die verschiedenen Fachgruppen zu bilden und Vorsorge dagegen zu treffen, dass durch eine unterschiedliche Mengendynamik in den verschiedenen Fachgruppen das Honorargefüge ungerechtfertigt zu Gunsten einzelner und zum Nachteil anderer Gruppen verändert wird (BSG SozR 3-2500 § 85 Nrn. 24 und 26). Insoweit ist es auch sachgerecht und vom Gestaltungsspielraum der Beklagten bei der Honorarverteilung gedeckt, die auf die einzelnen Fachgruppen entfallenden Honorarkontingente auf der Grundlage eines bestimmten Basisjahres festzuschreiben um damit prinzipiell zu verhindern, dass Leistungsausweitungen einer Fachgruppe Einfluss auf die Honorierung ärztlicher Leistungen in anderen Fachgruppen haben (Urteil des BSG vom 3. März 1999 - B 6 KA 56/97 R -).

An diesen Kriterien gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass § 10 Abs. 3 des streitbefangenen HVM bei der Festlegung der Fachgruppenanteile an die Mittelwerte der Vergütung für die Quartale III/1994 bis II/1995 anknüpft. Bei der Auswahl dieses Basiszeitraums durfte sich die Beklagte von der Erwägung leiten lassen, dass es in dem Zeitraum vom III. Quartal 1995 bis zum II. Quartal 1996 u.a. bei der Fachgruppe der Chirurgen zu einer Steigerung ihres Anteils an der Gesamtvergütung aufgrund einer Leistungsausweitung gekommen ist. Soweit der Kläger allerdings vorträgt, dass diese Mengenausweitung ohne Rücksicht auf den Punktwertverfall vom Gesetzgeber wegen der Privilegierung der ambulanten operativen Tätigkeit so gewollt war, ist dies nicht zutreffend. Denn der Gesetzgeber hat die Förderung dieses Leistungsbereiches auf die sich aus § 85 Abs. 3 a S. 6 SGB V ergebenden Steigerungsbeträge beschränkt. Auch nachdem im Laufe des Jahres 1994 erkennbar geworden war, dass der starke Anstieg ambulanter Operationen unter den Bedingungen der bundesweit von allen Kassenärztlichen Vereinigungen eingefügten Teilbudgets zu einem Punktwertverfall bei den zugehörigen Leistungen geführt hat, hatte er den Kassenärztlichen Vereinigungen keine mengenunabhängige Punktwertstützung vorgeschrieben, sondern im Dritten SGB V-ÄndG lediglich die für 1995 vorgesehene (erneute) Erhöhung des Steigerungsbetrages für die ambulanten Operationen auf 1994 vorgezogen (§ 85 Abs. 3 a S. 6 in der Fassung des Dritten SGB V-ÄndG). Er hat damit dem „derzeit bestehenden Nachholbedarf“ im Bereich des ambulanten Operierens Rechnung tragen wollen, der „bis 1995 abzubauen“ sei (Begründung der Bundesregierung zu Art. 1 Nr. 3 des Dritten SGB V-ÄndG, BT-Drucks. 13/340 S. 9). Dem ist die Entscheidung des Gesetzgebers für eine Fortsetzung der Förderung des ambulanten Operierens zu entnehmen, nicht aber die Entscheidung dafür, diesen Leistungsbereich von jeder Mengensteuerung freizustellen oder in diesem Bereich eine Mengenausweitung ohne Rücksicht auf den Punktwertverfall in anderen Leistungsbereichen zu begünstigen (Urteile des BSG vom 7. Februar 1996 - 6 RKA 61/94 - und - 6 RKa 42/95 -). Es ist daher nicht willkürlich, sondern sachgerecht und deshalb nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei der Festlegung der Fachgruppentöpfe berücksichtigt hat, dass es insbesondere in den von dem Kläger benannten Quartalen III/1995 bis II/1996 zu einer Mengenausweitung gekommen ist, und daher auf andere, ebenfalls zeitnahe Quartale abzustellen, die von dieser Mengenausweitung nicht gekennzeichnet waren.

Zudem waren die Quartale III/1995 bis II/1996 im Zeitpunkt der Beschlussfassung des streitbefangenen HVM, im November 1996, zumindest teilweise noch gar nicht abgerechnet, so dass in diesem Zeitpunkt entsprechende Zahlen nicht zur Verfügung standen. Die entsprechenden Quartalsabrechnungen liegen in der Regel erst nach Ablauf von sechs bis neun Monaten vor. Außerdem war es auch sachgerecht, zumindest nicht die Quartale I und II/1996 bei der Festsetzung des Honorarvolumens der Fachgruppe der Chirurgen in dem streitbefangenen HVM zu berücksichtigen, weil es in diesen Quartalen zu den den Beteiligten bekannten Verwerfungen im Zusammenhang mit der Ausweitung von gesprächsorientierten Leistungen aufgrund des EBM 1996 gekommen ist, welche zu einem Punktwertverfall und einer rückwirkenden Budgetierung dieser Leistungen führten, die das Bundessozialgericht später für unwirksam erklärt hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 18).

Eine Sachwidrigkeit der Vorgehensweise der Beklagten ist aber auch deswegen nicht erkennbar, weil die durchschnittlichen Honorargutschriften in dem von der Beklagten dem streitbefangenen HVM zugrunde gelegten Basiszeitraum (Quartale III/1994 bis II/1995) 350.380,00 DM je zugelassenem Chirurgen betrugen und damit um 6,95 v.H. über den durchschnittlichen Honorargutschriften aller Fachgruppen (327.625,00 DM je zugelassenem Arzt) lagen. Demgegenüber betrugen die durchschnittlichen Honorargutschriften in den von dem Kläger benannten Quartalen III/1995 bis II/1996 325.813,00 DM je zugelassenem Chirurgen. Diese Honorargutschriften lagen damit lediglich um 5,25 v.H. über den durchschnittlichen Honorargutschriften sämtlicher anderen Fachgruppen (309.558,00 DM je zugelassenem Arzt).

Aber selbst wenn die durchschnittliche Vergütung für die Quartale III/1995 bis II/1996 für den Kläger bei der Festsetzung des Honorarvolumens in dem streitbefangenen HVM günstiger gewesen wäre als die Vergütung in dem herangezogenen Basiszeitraum, hätte der Kläger - ebenso wenig wie die anderen Fachgruppen - einen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei der Festlegung der Fachgruppenanteile an der Gesamtvergütung den für ihn günstigsten Basiszeitraum berücksichtigt. Denn abgesehen davon, dass eine Privilegierung einer Fachgruppe notwendigerweise immer zu einer Benachteiligung einer anderen Fachgruppe führt, findet sich für dieses Begehren im Gesetz keine Rechtsgrundlage. Eine entsprechende Regelung für die hausärztliche Versorgung hat der Gesetzgeber erstmals in § 85 Abs. 4 a S. 2 2. Halbsatz SGB V (in der Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22. Dezember 1999 [BGBl. I S. 2626, in Kraft insoweit ab dem 1. Januar 2000]) geschaffen. Danach ist bei der erstmaligen Bestimmung der Vergütungsanteile für die hausärztliche Versorgung auf den für die Hausärzte günstigsten Zeitraum abzustellen. Eine für die Fachgruppe der Chirurgen entsprechende Regelung hat der Gesetzgeber weder für den hier streitbefangenen noch für einen späteren Zeitraum geschaffen. Vor allem ist die Größe des Anteils der Fachgruppe der Chirurgen am Honorarvolumen nicht der entscheidende Faktor für die Höhe des Honorars des einzelnen Chirurgen. Dieses wird vielmehr wesentlich durch die Zahl der abrechnenden Ärzte der Fachgruppe und die Menge der abgerechneten Leistungen bestimmt.

Die Bildung von Teilbudgets löst allerdings eine Beobachtungs- und Reaktionspflicht der Beklagten dahin aus, dass sie Verteilungsregelungen, mit denen sie in Verfolgung bestimmter Ziele vom Grundsatz der gleichmäßigen Honorarverteilung abweicht, regelmäßig zu überprüfen hat. Sie hat sie zu verändern bzw. weiter zu entwickeln, wenn sich herausstellt, dass der Zweck der Regelung ganz oder teilweise nicht erreicht oder gar verfehlt wird (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 12 S. 80 f.), oder wenn die vorgenommene Einteilung in Teilbudgets dazu führt, dass der Punktwert in einzelnen Bereichen deutlich stärker abfällt als bei dem größten Teil der sonstigen Leistungen und als Grund dafür keine von den jeweiligen Leistungserbringern selbst verursachten Mengenausweitungen erkennbar sind (BSGE 77, 288, 293 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 11 S. 69, BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 24 S. 168). Eine Korrekturverpflichtung setzt weiter voraus, dass es sich um eine dauerhafte, also nicht nur um eine vorübergehende Entwicklung handelt. Außerdem muss ein vom Umsatz her wesentlicher Leistungsbereich einer Arztgruppe betroffen sein. Der Punktwertabfall muss erheblich sein; nicht jede Punktwertdifferenz zwischen verschiedenen Honorartöpfen gibt Anlass zur Korrektur der Honorarverteilung. Werden Honorartöpfe für Leistungen gebildet, die Ärzte nur auf Überweisung hin erbringen können und bei denen ihnen eine Mitverantwortung für eine Mengenausweitung und damit ein Punktwertabfall nicht zugerechnet werden kann, sieht das BSG im Regelfall Anlass zur Korrektur der Honorarverteilung, wenn der Punktwert der aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen um 15 v.H. oder mehr niedriger ist als der Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen (BSGE 83, S. 1 ff. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 26).

Der Senat kann offen lassen, ob diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, in dem die Beteiligten über Honorare für Leistungen streiten, die der beteiligte Leistungserbringer gerade nicht auf Überweisung erbracht hat und für die ihn deshalb eine Mitverantwortung für eine Mengenausweitung trifft (s.o.), und ihm insoweit ein Punktwertverfall zugerechnet werden kann. Denn die Beklagte hat auf das Absinken des Punktwertes aufgrund der Anwendung des streitbefangenen HVM reagiert. Der durchschnittliche Punktwert (Primär - und Ersatzkassen) für chirurgische Leistungen betrug im streitigen Quartal I/1997 im Subbudget A (Leistungen, die ab 1. Juli 1997 von der Anrechnung auf Praxisbudgets ausgenommen waren) 5,535 Deutsche Pfennig (Dpf.) und im Subbudget B (übrige Leistungen) 5,325 Dpf. Der durchschnittliche Punktwert aller Fachgruppenleistungen betrug demgegenüber 6,173 Dpf. (Subbudget A) bzw. 5,957 Dpf. (Subbudget B). Damit lag der durchschnittliche Punktwert im Teilbudget der Chirurgen im Subbudget A um 10,33 v.H. und im Subbudget B um 10,61 v.H. unter dem Durchschnitt aller Fachgruppen.

Im streitigen Quartal II/1997 betrug der durchschnittliche Punktwert für chirurgische Leistungen im Subbudget A 5,386 Dpf. bzw. im Subbudget B 4,887 Dpf. Der durchschnittliche Punkwert aller Fachgruppenleistungen lag im gleichen Zeitraum im Subbudget A bei 5,742 Dpf. bzw. im Subbudget B bei 5,815 Dpf. Damit lag der durchschnittliche Punktwert chirurgischer Leistungen im Subbudget A um 6,2 v.H. und im Subbudget B um 15,96 v.H. unter dem Punktwert aller Fachgruppenleistungen. Der durchschnittliche Punktwert aus dem Teilbudget Chirurgie betrug im Quartal II/1997 5,137 Dpf. und der durchschnittliche Punktwert aller Fachgruppen demgegenüber 5,778 Dpf. Damit unterschritt der durchschnittliche Punktwert „Chirurgie“ den durchschnittlichen Punktwert aller Fachgruppen lediglich um 11,11 v.H.

Im Quartal III/1997 betrug der durchschnittliche Punktwert chirurgischer Leistungen im Subbudget A 5,973 Dpf. und im Subbudget B 5,800 Dpf. Der durchschnittliche Punktwert aller Fachgruppen betrug demgegenüber im Quartal III/1997 im Subbudget A 5,985 Dpf. und im Subbudget B 7,159 Dpf. Im Subbudget A lag der durchschnittliche Punktwert chirurgischer Leistungen damit um 0,22 v.H. und im Subbudget B um 18,99 v.H. unter dem durchschnittlichen Punktwert aller Fachgruppenleistungen. Der durchschnittliche Punktwert des Teilbudgets Chirurgie betrug in diesem Quartal 5,886 Dpf., während er bei den anderen Fachgruppen 6,572 Dpf. betrug. Damit lag der durchschnittliche Punktwert „Chirurgie“ um 10,44 v.H. unter dem durchschnittlichen Wert aller Fachgruppen.

Der Senat kann unentschieden lassen, ob die Beklagte aufgrund des zweimaligen Überschreitens der 15 v.H.-Grenze in dem Subbudget B im Quartal II/1997 und im Quartal III/1997 verpflichtet war, die Honorarverteilung zu korrigieren, denn sie ist entsprechend tätig geworden. Mit Beschluss ihrer Vertreterversammlung vom 13. Dezember 1997 hat sie ihren Honorarverteilungsmaßstab mit Wirkung vom 1. Januar 1998 geändert und in diesen für das ambulante Operieren ein eigenes Teilbudget eingestellt (KV-Blatt 2/98 S. A 135). Dem lag zugrunde, dass sie mit den Krankenkassen und ihren Verbänden mit Wirkung ab Anfang 1998 Strukturverträge über ambulantes Operieren geschlossen hat, die den Leistungserbringern seit dem Quartal I/1998 einen festen Punktwert bzw. feste Zuschläge garantieren (Übersicht über diese Verträge in KV-Blatt 8/1998 S. 20 ff.). Diese Nachbesserung hatte zur Folge, dass sich die Differenz zwischen den durchschnittlichen Honorarzuweisungen für die Chirurgen und dem Durchschnittswert sämtlicher Fachgruppen, die noch im Jahre 1997 40.227,-- DM (entspricht einem Unterschreiten von 14,51 v.H. des durchschnittlichen Jahreshonorars) betragen hatte, auf 21.430,-- DM im Jahre 1998 bzw. 24.431,-- DM im Jahre 1999 (entspricht einem Unterschreiten des durchschnittlichen Jahreshonorars aller Vertragsärzte von 7,13 v.H. bzw. 8,15 v.H.) verringerte.

Die Beklagte hat mit diesen Stützungsmaßnahmen auf das Absinken des Punktwertes angemessen reagiert. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung bestand für die Beklagte nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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