Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 5/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 401/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 1/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 30. September 2009 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 115,50 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2006 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch für Hebammenleistungen.
Die Klägerin übt freiberuflich eine selbstständige Tätigkeit als Hebamme aus. Sie ist seit Mai 1997 gemeinsam mit mehreren anderen Hebammen in der gynäkologisch/geburtshilflichen Abteilung (Belegabteilung) des von der Beigeladenen betriebenen Hospitals C. tätig. Ein schriftlicher Vertrag hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin als sogenannte Beleghebamme wurde mit dem Krankenhaus erstmals im August 2008 geschlossen, laut § 1 des Vertrages "in Fortsetzung des bisherigen Vertragsverhältnisses". Gemäß § 2 des Vertrages soll die Klägerin als freiberufliche Beleghebamme für die nichtärztliche geburtshilfliche Betreuung von Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen im Krankenhaus im Rahmen des Hebammengesetzes und der Dienstordnung/Berufsordnung in eigener Verantwortung tätig sein. Sie trete mit der jeweiligen Patientin in eine eigene vertragliche Beziehung und stehe zum Krankenhausträger weder in einem Anstellungsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis.
Mit Rechnung vom 20. November 2006 stellte die Klägerin der Beklagten nach der Hebammenhilfe-Gebührenverordnung (HebGV) einen Betrag in Höhe von 59,40 EUR für Leistungen der Mutterschaftsvorsorge (Hilfen bei Beschwerden, CTG-Überwachung sowie Wegegeld) in Rechnung. Die Leistungen wurden am 14. Februar 2006 gegenüber einer bei der Beklagten Versicherten D. während eines vorgeburtlichen vollstationären Krankenhausaufenthaltes im C. in der Zeit vom 11. bis 14. Februar 2006 erbracht. Unter dem 20. November 2006 stellte die Klägerin der Beklagten für entsprechende Leistungen der Mutterschaftsvorsorge am 23. Januar 2006 gegenüber der Versicherten E. einen Betrag in Höhe von 193,90 EUR in Rechnung. Auch hierbei wurden Leistungen im Rahmen eines vorgeburtlichen vollstationären Krankenhausaufenthaltes im C. erbracht. Auf die zuerst genannte Rechnung zahlte die Beklagte nicht und auf die weitere Rechnung lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 137,80 EUR. Sie wandte gegenüber der Klägerin ein, dass mit der Übernahme der Krankenhauskosten sämtliche medizinisch notwendigen Kosten - auch die einer Hebamme - abgedeckt seien.
Am 20. Januar 2007 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht in Kassel erhoben, mit der sie gegenüber der Beklagten die Zahlung von 115,50 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2006 geltend macht. Die Beklagte übersehe, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) mit der Zahlung der Pflegesätze die Leistungen der Belegärzte und Beleghebammen gerade nicht abgegolten seien. Für diese sehe der Gesetzgeber eine gesonderte Vergütung vor, wie das Bundessozialgericht mit Urteil vom 24. Februar 1971 (3 RK 35/68) entsprechend entschieden habe. Die Klägerin habe die Leistungen nicht als angestellte Hebamme, sondern als freiberuflich tätige Hebamme erbracht. Denn sie entscheide selbst, ob und wann sie tätig sein wolle, wobei sie weder verpflichtet sei, eine bestimmte Stundenzahl an Arbeitsleistung zu erbringen, noch ein Gehalt erhalte. Sie bestimme auch, ob, wie lange und wann sie Urlaub nehme und rechne ihre Leistungen unmittelbar mit den Krankenkassen bzw. mit den selbstzahlenden Patientinnen ab. Dies sei mit dem Status einer angestellten Hebamme nicht zu vereinbaren. Die Klägerin sei auch unstreitig nicht wie eine angestellte Hebamme tätig geworden, was sich bereits aus den Vertragsbeziehungen mit dem Krankenhaus herleite. Wenn das Krankenhaus die Leistung nach einem falschen DRG-Schlüssel abrechne, berühre dies den vorliegenden Abrechnungsstreit nicht. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei vielmehr von den Abrechnungen des Krankenhauses unabhängig. Dieses könne bei Inanspruchnahme von Beleghebammen deren Leistungen nicht abrechnen.
Die Beklagte hat hingegen ausgeführt, ein Krankenhaus könne bei einer vollstationären Behandlung, bei welcher die Tätigkeit einer Hebamme erforderlich werde, die entsprechenden Leistungen der Hebamme entweder selbst erbringen oder durch eine Beleghebamme erbringen lassen. Diese Tatbestände seien für die Vergütung der Leistung des Krankenhauses in der Fallpauschalenverordnung berücksichtigt. Eine selbstständige Vergütung der Leistungen einer Hebamme komme dabei nur in Betracht, wenn das Krankenhaus seine Leistung mit einer DRG mit Beleghebamme in Rechnung stelle, nicht jedoch, wenn eine DRG ohne Beleghebamme abgerechnet werde. Dabei falle die DRG ohne Beleghebamme höher aus, da in einem solchen Fall das Krankenhaus die Hebammenleistung selbst erbringe und somit eine zusätzliche Beleghebammentätigkeit nicht erforderlich werde. Wenn das Krankenhaus jedoch - wie hier - bei seiner Abrechnung die Hebammenleistungen einbeziehe und die Beklagte mangels Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Rechnung die Vergütung bezahle, sei der Behandlungsfall vollständig abgeschlossen. Mit der Zahlung der Beklagten an das Krankenhaus seien alle Ansprüche erloschen, so dass ein gesonderter Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht bestehe. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, nach der Behandlung Ermittlungen darüber anzustellen, ob gegebenenfalls eine Beleghebamme tätig gewesen sei. Vielmehr habe der Leistungserbringer hierüber Mitteilung zu machen. Dies habe das behandelnde Krankenhaus vorliegend in der Weise getan, dass die Hebammenleistung nicht zusätzlich zu vergüten sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG. Dort sei lediglich normiert, dass die Leistungen der Beleghebammen und -ärzte nicht zu den Krankenhausleistungen gehörten. Dies bedeute, dass die Krankenhäuser bei der Kalkulation ihrer Vergütungen die Leistungen der Beleghebammen und -ärzte nicht einbeziehen dürften, da diese gesondert abrechnen könnten. Würde die Beklagte vorliegend zur Zahlung verpflichtet, wäre die Leistung der Hebamme doppelt bezahlt. Die doppelte Vergütung einer Leistung würden jedoch weder die Fallpauschalenverordnung, noch der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V vorsehen. Vielmehr seien die Fallpauschalen wegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG gerade darauf ausgerichtet, eine doppelte Bezahlung von Leistungen zu verhindern. Teil dieser Krankenhausbehandlungen seien auch Hebammenleistungen gewesen, welche durch die Klägerin erbracht worden seien. Dass sich die Leistungserbringer dabei vor Eintritt in den Behandlungsablauf entsprechend abzustimmen gehabt hätten, ergebe sich aus den Vorgaben der Fallpauschalenverordnung. In dieser sei für die Vergütung von Krankenhausleistungen ausdrücklich vorgesehen, dass entweder am Krankenhaus angestellte Hebammen oder Beleghebammen tätig würden. Ob das Krankenhaus angestellte Hebammen vorhalte oder im Rahmen der dortigen Behandlungen ausschließlich Beleghebammen tätig würden, entziehe sich im vorliegenden Fall der Kenntnis der Beklagten, sei aber auch unbeachtlich. Wenn der Klägerin durch vermeintlich - falsche Angaben des Krankenhauses, an dessen Leistungen sie aufgrund vertraglicher Bindung mit diesem mitgewirkt habe, ein Schaden entstehe, könne sie diesen Schaden natürlich nur gegenüber dem Krankenhaus geltend machen. Die von der Klägerin angeführten sozialgerichtlichen Entscheidungen seien ohne jegliches Präjudiz für den vorliegenden Rechtsstreit. Denn in den dort entschiedenen Fällen hätten die Krankenhäuser offenbar anders als hier eine DRG mit Beleghebamme abgerechnet, so dass den dortigen Klägerinnen auch unstreitig eine gesonderte Vergütung zugestanden habe.
Mit Urteil vom 30. September 2009 hat das Sozialgericht Kassel die Klage als unbegründet abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die streitgegenständliche Vergütung. Das betroffene Krankenhaus habe die hier streitigen Leistungsfälle nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Beklagten insgesamt als vollstationäre Krankenhausbehandlungsfälle und dabei jeweils gegenüber der Beklagten mit einer DRG ohne Beleghebamme abgerechnet. Dies müsse sich die Klägerin zurechnen lassen. Ob sie ihre Leistung tatsächlich als freiberuflich selbstständig tätige Beleghebamme erbracht habe, sei unbeachtlich, da dies allein das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Krankenhaus berühre. Insoweit sei nicht zuletzt auf der Grundlage der von der Beklagten aufgezeigten Systematik die Krankenhausleistung als Hauptleistung zu werten, in deren Rahmen die Klägerin wiederum ihre Leistung als Nebenleistung erbracht habe. Da das Krankenhaus diese Nebenleistung dann im Ergebnis wie eine Leistung einer angestellten Hebamme und insoweit als Leistung entsprechend einer DRG-Fallpauschale ohne Beleghebamme abgerechnet und damit letztlich auch einen höheren Vergütungsanspruch erzielt habe, würden weitere zusätzliche Vergütungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten zumindest in Fallgestaltungen der vorliegenden Art ausscheiden. Es komme auch nicht darauf an, ob die Klägerin bei einer Abrechnung der Krankenhausbehandlungen durch das Krankenhaus nach einer DRG mit Beleghebamme einen Anspruch gehabt hätte. Ferner sei unbedeutend, ob zwischen der Klägerin und dem Krankenhaus ein Beleghebammenvertrag geschlossen worden ist. Denn dies betreffe allein das zivilrechtliche Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Krankenhaus.
Die Klägerin hat auf das ihr am 4. November 2009 zugestellte Urteil am 12. November 2009 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2010 (1 KR 310/09 NZB) hat das Landessozialgericht die Berufung zugelassen und die Nichtzulassungsbeschwerde als Berufung fortgeführt.
Die Klägerin hat - ergänzend zu ihrer bisherigen Begründung - ein Schreiben der Beigeladenen vom 19. November 2009 vorgelegt. Diese hat darin ausgeführt, dass DRGs mit niedrigen Relativgewichten abgerechnet worden seien, die in ihrem Wert den Bewertungsrelationen bei Belegoperateuren und Beleghebammen entsprächen. Zu einer finanziellen Schädigung der Krankenkassen oder falschen Abrechnungen durch das Krankenhaus sei es nicht gekommen. Insbesondere in den Jahren 2005 und 2006 seien nicht bei allen DRGs unterschiedliche Bewertungsrelationen im DRG-Katalog vorgegeben gewesen, sobald es sich um eine DRG mit Beleghebamme handelte. Vielmehr seien DRGs aufgeführt, deren Relativgewicht sich im Wert nicht ändere, egal ob es sich um eine DRG mit oder ohne Beleghebamme handelte. Eine Unterscheidung in der Abrechnung sei von Seiten der Beigeladenen also nicht möglich gewesen. So sei es insbesondere auch in den streitgegenständlichen Fällen gewesen.
Weiter trägt die Klägerin vor, dass die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 30/07 R) die Auffassung der Klägerin bestätige. Denn § 2 Abs. 1 Satz 2 Bundespflegesatzverordnung bestimme, dass die Leistungen der Belegärzte nicht zu den nach dem krankenhausrechtlichen Vergütungssystem zu vergütenden Krankenhausleistungen gehörten.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Kassel vom 30. September 2009 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 115,50 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die HebGV regle ausschließlich die Vergütung für den ambulanten Betreuungsrahmen und den Umfang der Entbindung. Für den stationären Bereich sei die HebGV lediglich auf die regelrechte Entbindung und Nachsorge anzuwenden. Zudem seien Krankenhausleistungen nur zwischen Krankenkasse und Krankenhaus abzurechnen. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R) auch, soweit das Krankenhaus Leistungen Dritter hinzuziehe. Der Vergütungsanspruch des Dritten könne daher nur gegen das Krankenhaus und nicht gegen den Patienten oder dessen Versicherung entstehen. Dies gelte nach dem Bundssozialgericht für alle Leistungen, die im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptbehandlungsleistung lediglich ergänzende oder unterstützende Funktion haben. Zudem habe das Bundessozialgericht entschieden, dass neben dem Vergütungsanspruch des Krankenhauses kein weiterer Vergütungsanspruch bestehe, wenn die entsprechenden Leistungen durch das Krankenhaus zur Verfügung gestellt und bereits über den Pflegesatz vergütet würden (Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 30/07 R).
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben, §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen, Urteil vom 12. Juli 2000, L 4 KR 15/99).
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist begründet. Das abweisende Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung an die Klägerin zu verurteilen.
Die Zahlungspflicht der Krankenkassen für Hebammenleistungen für den streitigen Zeitraum ergibt sich aus § 134 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2006 gültigen Fassung) in Verbindung mit der HebGV (BGBl. I 1986, 1662, in der Fassung der Verordnung vom 21. Juli 2004, BGBl. I 1731, aufgehoben mit Wirkung vom 31. Juli 2007, BGBl. I 2007, 2876), der Anlage zu § 2 Abs. 1 HebGV (Gebührenverzeichnis, BGBl. I 2004, 1733 ff.) und §§ 195 f. RVO (in der Fassung vom 14. November 2003, BGBl. I 2190).
Zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen bei Schwangerschaft und Mutterschaft gehört gemäß §§ 195 Abs. 1 Nr. 1, 196 RVO die Hebammenhilfe.
Durch diese Vorschriften wird ein Vergütungsanspruch der Hebamme gegen die Krankenkasse begründet. Dieser entsteht kraft Gesetzes, wenn die Hebamme entsprechend ihrer berufsrechtlichen Pflicht einer Schwangeren Hilfe leistet. Einer vertragsärztlichen Verordnung bedarf es nicht (Bundessozialgericht, Urteil vom 21. August 1996, 3 RK 22/95; Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Kommentar, Stand: November 2010, § 196 RVO Rdnr. 10 f.; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 9. Juni 2011 – L 1 KR 348/09).
Gemäß § 134 SGB V a.F. sind unter Mitwirkung der Verbände der Krankenkassen und der Berufsorganisationen der Hebammen mit der HebGV die Gebühren für alle Verrichtungen und Aufwendungen der freiberuflichen Hebammen für beide Teile verbindlich festgelegt worden. Als Vergütung zahlen die Krankenkassen danach die in der für den jeweiligen Abrechungszeitraum bestimmten Fassung des Gebührenverzeichnisses genannten Leistungen, Ersatz von Auslagen und Wegegeld (§ 2 HebGV). Die Hebamme soll ihre Rechnung innerhalb eines Monats nach der Entbindung bei der zuständigen Krankenkasse einreichen (§ 5 Abs. 1 HebGV). Die Krankenkasse hat die Rechnung innerhalb von drei Wochen nach Rechungseingang zu begleichen, soweit die Leistungspflicht besteht (§ 5 Abs. 4 HebGV). Als Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung sind im Gebührenverzeichnis u.a. "Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden oder Wehen" (Nr. A. 4 und 5) mit einer Gebühr von 13,60 EUR bzw. 16,90 EUR für jede angefangene halbe Stunde je nach Tageszeit aufgeführt. Darüber hinaus besteht Anspruch auf Wegegeld gemäß § 4 HebGV.
Die Klägerin wurde für die Versicherten der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Beleghebamme als freiberufliche Hebamme tätig, § 1 Abs. 1 HebGV. In § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 des Belegvertrages vom 4. August 2008 - mit welchem gemäß § 1 das bisherige Vertragsverhältnis fortgesetzt worden ist - ist geregelt, dass durch die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene kein Anstellungsverhältnis begründet wird und die Klägerin unmittelbar gegenüber den Patientinnen bzw. deren Krankenkassen abrechnet. Die HebGV ist daher vorliegend anwendbar.
Durch die streitgegenständliche Leistungserbringung hat die Klägerin auch einen Anspruch auf Zahlung des von ihr geltend gemachten Betrages erworben. Sie hat Leistungen im Rahmen von Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung erbracht. Diese sind Teil der Hebammenhilfe gemäß §§ 195 f. RVO (vgl. Meyer in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band 4, 19. Auflage, § 196 RVO Rdnr. 36; Krauskopf, a.a.O., § 196 RVO Rdnr. 10).
Dem Vergütungsanspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass die Hebammenhilfe im Rahmen von stationären Behandlungen der betreffenden Versicherten erbracht wurde. Die HebGV ist keineswegs auf ambulante Leistungen der Hebammen begrenzt. Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass es sich bei den streitigen Leistungen um allgemeine Krankenhausleistungen im Sinne von § 2 KHEntgG handele, die sie nicht gegenüber der Klägerin zu zahlen habe. Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG gehören zu den Krankenhausleistungen, die von dem Krankenhaus abgerechnet werden, nicht die Leistungen der Beleghebammen. Diese werden vielmehr eigenständig durch die Beleghebammen abgerechnet. Etwas anderes folgt nicht aus § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG, wonach zu den allgemeinen Krankenhausleistungen auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter gehören. Diese Regelung bewirkt, dass die allgemeinen Krankenhausleistungen nur zwischen Krankenkasse und Krankenhaus abzurechnen sind, selbst wenn das Krankenhaus in einem bestimmten Rahmen Dritte hinzuzieht (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2007, B 3 KR 17/06 R). Dies ist eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, dass das Krankenhaus Leistungen der Krankenhausbehandlung, die es auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen darf, durch eigenes Personal durchführen lassen muss (vgl. Landessozialgericht Sachsen, Urteil vom 30. April 2008, L 1 KR 103/07).
Angesichts der Spezialvorschrift in § 2 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG können Beleghebammen allerdings nicht als Dritte im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG angesehen werden. Sie leisten vielmehr aufgrund eines Vertrages mit dem Krankenhaus Hebammenhilfe. Dabei sind sie nicht Angestellte des Krankenhauses und erhalten von diesem auch keine Vergütung (vgl. Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Band 1, Stand: Dezember 2001, § 2 BPflV, Anm. I. 3.). Dies gilt auch dann, wenn eine freiberufliche Hebamme anstelle einer verhinderten angestellten Hebamme tätig wird oder regelmäßig freiberuflich tätige Hebammen die Hebammenhilfe leisten. Die freiberufliche Hebamme kann wegen ihrer Vergütung nicht an das Krankenhaus verwiesen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Februar 1971, 3 RK 35/68; Urteil vom 21. August 1996, 3 RK 22/95; Krauskopf, a.a.O., § 196 RVO Rn. 11).
Die Beklagte kann dem Vergütungsanspruch der Klägerin ferner nicht entgegen halten, dass die streitgegenständlichen Leistungen bereits von der Beigeladenen abgerechnet worden seien. Denn die Vergütungsansprüche der Beleghebamme und der Beigeladenen sind voneinander unabhängig und etwaige Einwendungen auf das jeweilige Rechtsverhältnis beschränkt. Sollte von der Beigeladenen eine falsche Bewertungsrelation bezüglich einer DRG-Fallpauschale abgerechnet worden sein, so kann die Beklagte dies nur gegenüber der Beigeladenen geltend machen. Soweit im Behandlungszeitpunkt keine spezielle Bewertungsrelation für den Einsatz von Beleghebammen im Fallpauschalenkatalog vorgesehen war, berührt dies ebenfalls nur das Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und der Beigeladenen. Der Fallpauschalenkatalog wird nach §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG, 17b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit der deutschen Krankenhausgesellschaft vereinbart. Etwaige im Fallpauschalenkatalog enthaltene Lücken können sich nicht auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auswirken (vgl. Sozialgericht Augsburg, Urteil vom 22. September 2010, S 10 KR 390/09; Sozialgericht Hildesheim, Urteil vom 4. November 2010, S 22 KR 374/06; Sozialgericht Hildesheim, Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2008, S 52 KR 223/07; Sozialgericht Regensburg, Gerichtsbescheid vom 7. September 2009, S 2 KR 291/06; Sozialgericht Nürnberg, Urteil vom 24. Juni 2010, S 11 KR 446/06; Sozialgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Juli 2006, S 17 KR 113/05; Sozialgericht Lübeck, Urteil vom 1. Juni 2006, S 3 KR 121/05; zu § 376a Abs. 2 RVO siehe auch: Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Februar 1971, 3 RK 35/68).
Das von der Beklagten angeführte Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Januar 2009 (B 6 KA 30/07 R) erging in einem vertragsarztrechtlichen Verfahren zur Vergütung der von Belegärzten erbrachten und veranlassten Laborleistungen. Es ist für Vergütungsfragen von Hebammenleistungen nicht einschlägig.
Der Zinszahlungsanspruch der Klägerin ist ebenfalls begründet. Die Beklagte befindet sich seit dem 16. Dezember 2006 im Zahlungsverzug. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 HebGV hat die Krankenkasse die Rechnung innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu begleichen. Vorliegend datieren die Rechnungen vom 20. November 2006. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin sind diese der Beklagten spätestens am 23. November 2006 zugegangen. Die Drei-Wochen-Frist lief damit am 15. Dezember 2006 ab, so dass sich die Beklagte ab dem 16. Dezember 2006 in Verzug befand. Bei Rechtsgeschäften, an denen – wie hier – ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen 8 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V, §§ 286, 288 Abs. 2, 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch; Bundessozialgericht, Urteil vom 19. April 2007, B 3 KR 10/06 R).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 115,50 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2006 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch für Hebammenleistungen.
Die Klägerin übt freiberuflich eine selbstständige Tätigkeit als Hebamme aus. Sie ist seit Mai 1997 gemeinsam mit mehreren anderen Hebammen in der gynäkologisch/geburtshilflichen Abteilung (Belegabteilung) des von der Beigeladenen betriebenen Hospitals C. tätig. Ein schriftlicher Vertrag hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin als sogenannte Beleghebamme wurde mit dem Krankenhaus erstmals im August 2008 geschlossen, laut § 1 des Vertrages "in Fortsetzung des bisherigen Vertragsverhältnisses". Gemäß § 2 des Vertrages soll die Klägerin als freiberufliche Beleghebamme für die nichtärztliche geburtshilfliche Betreuung von Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen im Krankenhaus im Rahmen des Hebammengesetzes und der Dienstordnung/Berufsordnung in eigener Verantwortung tätig sein. Sie trete mit der jeweiligen Patientin in eine eigene vertragliche Beziehung und stehe zum Krankenhausträger weder in einem Anstellungsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis.
Mit Rechnung vom 20. November 2006 stellte die Klägerin der Beklagten nach der Hebammenhilfe-Gebührenverordnung (HebGV) einen Betrag in Höhe von 59,40 EUR für Leistungen der Mutterschaftsvorsorge (Hilfen bei Beschwerden, CTG-Überwachung sowie Wegegeld) in Rechnung. Die Leistungen wurden am 14. Februar 2006 gegenüber einer bei der Beklagten Versicherten D. während eines vorgeburtlichen vollstationären Krankenhausaufenthaltes im C. in der Zeit vom 11. bis 14. Februar 2006 erbracht. Unter dem 20. November 2006 stellte die Klägerin der Beklagten für entsprechende Leistungen der Mutterschaftsvorsorge am 23. Januar 2006 gegenüber der Versicherten E. einen Betrag in Höhe von 193,90 EUR in Rechnung. Auch hierbei wurden Leistungen im Rahmen eines vorgeburtlichen vollstationären Krankenhausaufenthaltes im C. erbracht. Auf die zuerst genannte Rechnung zahlte die Beklagte nicht und auf die weitere Rechnung lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 137,80 EUR. Sie wandte gegenüber der Klägerin ein, dass mit der Übernahme der Krankenhauskosten sämtliche medizinisch notwendigen Kosten - auch die einer Hebamme - abgedeckt seien.
Am 20. Januar 2007 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht in Kassel erhoben, mit der sie gegenüber der Beklagten die Zahlung von 115,50 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2006 geltend macht. Die Beklagte übersehe, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) mit der Zahlung der Pflegesätze die Leistungen der Belegärzte und Beleghebammen gerade nicht abgegolten seien. Für diese sehe der Gesetzgeber eine gesonderte Vergütung vor, wie das Bundessozialgericht mit Urteil vom 24. Februar 1971 (3 RK 35/68) entsprechend entschieden habe. Die Klägerin habe die Leistungen nicht als angestellte Hebamme, sondern als freiberuflich tätige Hebamme erbracht. Denn sie entscheide selbst, ob und wann sie tätig sein wolle, wobei sie weder verpflichtet sei, eine bestimmte Stundenzahl an Arbeitsleistung zu erbringen, noch ein Gehalt erhalte. Sie bestimme auch, ob, wie lange und wann sie Urlaub nehme und rechne ihre Leistungen unmittelbar mit den Krankenkassen bzw. mit den selbstzahlenden Patientinnen ab. Dies sei mit dem Status einer angestellten Hebamme nicht zu vereinbaren. Die Klägerin sei auch unstreitig nicht wie eine angestellte Hebamme tätig geworden, was sich bereits aus den Vertragsbeziehungen mit dem Krankenhaus herleite. Wenn das Krankenhaus die Leistung nach einem falschen DRG-Schlüssel abrechne, berühre dies den vorliegenden Abrechnungsstreit nicht. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei vielmehr von den Abrechnungen des Krankenhauses unabhängig. Dieses könne bei Inanspruchnahme von Beleghebammen deren Leistungen nicht abrechnen.
Die Beklagte hat hingegen ausgeführt, ein Krankenhaus könne bei einer vollstationären Behandlung, bei welcher die Tätigkeit einer Hebamme erforderlich werde, die entsprechenden Leistungen der Hebamme entweder selbst erbringen oder durch eine Beleghebamme erbringen lassen. Diese Tatbestände seien für die Vergütung der Leistung des Krankenhauses in der Fallpauschalenverordnung berücksichtigt. Eine selbstständige Vergütung der Leistungen einer Hebamme komme dabei nur in Betracht, wenn das Krankenhaus seine Leistung mit einer DRG mit Beleghebamme in Rechnung stelle, nicht jedoch, wenn eine DRG ohne Beleghebamme abgerechnet werde. Dabei falle die DRG ohne Beleghebamme höher aus, da in einem solchen Fall das Krankenhaus die Hebammenleistung selbst erbringe und somit eine zusätzliche Beleghebammentätigkeit nicht erforderlich werde. Wenn das Krankenhaus jedoch - wie hier - bei seiner Abrechnung die Hebammenleistungen einbeziehe und die Beklagte mangels Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Rechnung die Vergütung bezahle, sei der Behandlungsfall vollständig abgeschlossen. Mit der Zahlung der Beklagten an das Krankenhaus seien alle Ansprüche erloschen, so dass ein gesonderter Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht bestehe. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, nach der Behandlung Ermittlungen darüber anzustellen, ob gegebenenfalls eine Beleghebamme tätig gewesen sei. Vielmehr habe der Leistungserbringer hierüber Mitteilung zu machen. Dies habe das behandelnde Krankenhaus vorliegend in der Weise getan, dass die Hebammenleistung nicht zusätzlich zu vergüten sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG. Dort sei lediglich normiert, dass die Leistungen der Beleghebammen und -ärzte nicht zu den Krankenhausleistungen gehörten. Dies bedeute, dass die Krankenhäuser bei der Kalkulation ihrer Vergütungen die Leistungen der Beleghebammen und -ärzte nicht einbeziehen dürften, da diese gesondert abrechnen könnten. Würde die Beklagte vorliegend zur Zahlung verpflichtet, wäre die Leistung der Hebamme doppelt bezahlt. Die doppelte Vergütung einer Leistung würden jedoch weder die Fallpauschalenverordnung, noch der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V vorsehen. Vielmehr seien die Fallpauschalen wegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG gerade darauf ausgerichtet, eine doppelte Bezahlung von Leistungen zu verhindern. Teil dieser Krankenhausbehandlungen seien auch Hebammenleistungen gewesen, welche durch die Klägerin erbracht worden seien. Dass sich die Leistungserbringer dabei vor Eintritt in den Behandlungsablauf entsprechend abzustimmen gehabt hätten, ergebe sich aus den Vorgaben der Fallpauschalenverordnung. In dieser sei für die Vergütung von Krankenhausleistungen ausdrücklich vorgesehen, dass entweder am Krankenhaus angestellte Hebammen oder Beleghebammen tätig würden. Ob das Krankenhaus angestellte Hebammen vorhalte oder im Rahmen der dortigen Behandlungen ausschließlich Beleghebammen tätig würden, entziehe sich im vorliegenden Fall der Kenntnis der Beklagten, sei aber auch unbeachtlich. Wenn der Klägerin durch vermeintlich - falsche Angaben des Krankenhauses, an dessen Leistungen sie aufgrund vertraglicher Bindung mit diesem mitgewirkt habe, ein Schaden entstehe, könne sie diesen Schaden natürlich nur gegenüber dem Krankenhaus geltend machen. Die von der Klägerin angeführten sozialgerichtlichen Entscheidungen seien ohne jegliches Präjudiz für den vorliegenden Rechtsstreit. Denn in den dort entschiedenen Fällen hätten die Krankenhäuser offenbar anders als hier eine DRG mit Beleghebamme abgerechnet, so dass den dortigen Klägerinnen auch unstreitig eine gesonderte Vergütung zugestanden habe.
Mit Urteil vom 30. September 2009 hat das Sozialgericht Kassel die Klage als unbegründet abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die streitgegenständliche Vergütung. Das betroffene Krankenhaus habe die hier streitigen Leistungsfälle nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Beklagten insgesamt als vollstationäre Krankenhausbehandlungsfälle und dabei jeweils gegenüber der Beklagten mit einer DRG ohne Beleghebamme abgerechnet. Dies müsse sich die Klägerin zurechnen lassen. Ob sie ihre Leistung tatsächlich als freiberuflich selbstständig tätige Beleghebamme erbracht habe, sei unbeachtlich, da dies allein das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Krankenhaus berühre. Insoweit sei nicht zuletzt auf der Grundlage der von der Beklagten aufgezeigten Systematik die Krankenhausleistung als Hauptleistung zu werten, in deren Rahmen die Klägerin wiederum ihre Leistung als Nebenleistung erbracht habe. Da das Krankenhaus diese Nebenleistung dann im Ergebnis wie eine Leistung einer angestellten Hebamme und insoweit als Leistung entsprechend einer DRG-Fallpauschale ohne Beleghebamme abgerechnet und damit letztlich auch einen höheren Vergütungsanspruch erzielt habe, würden weitere zusätzliche Vergütungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten zumindest in Fallgestaltungen der vorliegenden Art ausscheiden. Es komme auch nicht darauf an, ob die Klägerin bei einer Abrechnung der Krankenhausbehandlungen durch das Krankenhaus nach einer DRG mit Beleghebamme einen Anspruch gehabt hätte. Ferner sei unbedeutend, ob zwischen der Klägerin und dem Krankenhaus ein Beleghebammenvertrag geschlossen worden ist. Denn dies betreffe allein das zivilrechtliche Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Krankenhaus.
Die Klägerin hat auf das ihr am 4. November 2009 zugestellte Urteil am 12. November 2009 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2010 (1 KR 310/09 NZB) hat das Landessozialgericht die Berufung zugelassen und die Nichtzulassungsbeschwerde als Berufung fortgeführt.
Die Klägerin hat - ergänzend zu ihrer bisherigen Begründung - ein Schreiben der Beigeladenen vom 19. November 2009 vorgelegt. Diese hat darin ausgeführt, dass DRGs mit niedrigen Relativgewichten abgerechnet worden seien, die in ihrem Wert den Bewertungsrelationen bei Belegoperateuren und Beleghebammen entsprächen. Zu einer finanziellen Schädigung der Krankenkassen oder falschen Abrechnungen durch das Krankenhaus sei es nicht gekommen. Insbesondere in den Jahren 2005 und 2006 seien nicht bei allen DRGs unterschiedliche Bewertungsrelationen im DRG-Katalog vorgegeben gewesen, sobald es sich um eine DRG mit Beleghebamme handelte. Vielmehr seien DRGs aufgeführt, deren Relativgewicht sich im Wert nicht ändere, egal ob es sich um eine DRG mit oder ohne Beleghebamme handelte. Eine Unterscheidung in der Abrechnung sei von Seiten der Beigeladenen also nicht möglich gewesen. So sei es insbesondere auch in den streitgegenständlichen Fällen gewesen.
Weiter trägt die Klägerin vor, dass die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 30/07 R) die Auffassung der Klägerin bestätige. Denn § 2 Abs. 1 Satz 2 Bundespflegesatzverordnung bestimme, dass die Leistungen der Belegärzte nicht zu den nach dem krankenhausrechtlichen Vergütungssystem zu vergütenden Krankenhausleistungen gehörten.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Kassel vom 30. September 2009 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 115,50 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die HebGV regle ausschließlich die Vergütung für den ambulanten Betreuungsrahmen und den Umfang der Entbindung. Für den stationären Bereich sei die HebGV lediglich auf die regelrechte Entbindung und Nachsorge anzuwenden. Zudem seien Krankenhausleistungen nur zwischen Krankenkasse und Krankenhaus abzurechnen. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R) auch, soweit das Krankenhaus Leistungen Dritter hinzuziehe. Der Vergütungsanspruch des Dritten könne daher nur gegen das Krankenhaus und nicht gegen den Patienten oder dessen Versicherung entstehen. Dies gelte nach dem Bundssozialgericht für alle Leistungen, die im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptbehandlungsleistung lediglich ergänzende oder unterstützende Funktion haben. Zudem habe das Bundessozialgericht entschieden, dass neben dem Vergütungsanspruch des Krankenhauses kein weiterer Vergütungsanspruch bestehe, wenn die entsprechenden Leistungen durch das Krankenhaus zur Verfügung gestellt und bereits über den Pflegesatz vergütet würden (Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 30/07 R).
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben, §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen, Urteil vom 12. Juli 2000, L 4 KR 15/99).
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist begründet. Das abweisende Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung an die Klägerin zu verurteilen.
Die Zahlungspflicht der Krankenkassen für Hebammenleistungen für den streitigen Zeitraum ergibt sich aus § 134 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2006 gültigen Fassung) in Verbindung mit der HebGV (BGBl. I 1986, 1662, in der Fassung der Verordnung vom 21. Juli 2004, BGBl. I 1731, aufgehoben mit Wirkung vom 31. Juli 2007, BGBl. I 2007, 2876), der Anlage zu § 2 Abs. 1 HebGV (Gebührenverzeichnis, BGBl. I 2004, 1733 ff.) und §§ 195 f. RVO (in der Fassung vom 14. November 2003, BGBl. I 2190).
Zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen bei Schwangerschaft und Mutterschaft gehört gemäß §§ 195 Abs. 1 Nr. 1, 196 RVO die Hebammenhilfe.
Durch diese Vorschriften wird ein Vergütungsanspruch der Hebamme gegen die Krankenkasse begründet. Dieser entsteht kraft Gesetzes, wenn die Hebamme entsprechend ihrer berufsrechtlichen Pflicht einer Schwangeren Hilfe leistet. Einer vertragsärztlichen Verordnung bedarf es nicht (Bundessozialgericht, Urteil vom 21. August 1996, 3 RK 22/95; Krauskopf in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Kommentar, Stand: November 2010, § 196 RVO Rdnr. 10 f.; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 9. Juni 2011 – L 1 KR 348/09).
Gemäß § 134 SGB V a.F. sind unter Mitwirkung der Verbände der Krankenkassen und der Berufsorganisationen der Hebammen mit der HebGV die Gebühren für alle Verrichtungen und Aufwendungen der freiberuflichen Hebammen für beide Teile verbindlich festgelegt worden. Als Vergütung zahlen die Krankenkassen danach die in der für den jeweiligen Abrechungszeitraum bestimmten Fassung des Gebührenverzeichnisses genannten Leistungen, Ersatz von Auslagen und Wegegeld (§ 2 HebGV). Die Hebamme soll ihre Rechnung innerhalb eines Monats nach der Entbindung bei der zuständigen Krankenkasse einreichen (§ 5 Abs. 1 HebGV). Die Krankenkasse hat die Rechnung innerhalb von drei Wochen nach Rechungseingang zu begleichen, soweit die Leistungspflicht besteht (§ 5 Abs. 4 HebGV). Als Leistungen der Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung sind im Gebührenverzeichnis u.a. "Hilfe bei Schwangerschaftsbeschwerden oder Wehen" (Nr. A. 4 und 5) mit einer Gebühr von 13,60 EUR bzw. 16,90 EUR für jede angefangene halbe Stunde je nach Tageszeit aufgeführt. Darüber hinaus besteht Anspruch auf Wegegeld gemäß § 4 HebGV.
Die Klägerin wurde für die Versicherten der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Beleghebamme als freiberufliche Hebamme tätig, § 1 Abs. 1 HebGV. In § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 des Belegvertrages vom 4. August 2008 - mit welchem gemäß § 1 das bisherige Vertragsverhältnis fortgesetzt worden ist - ist geregelt, dass durch die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene kein Anstellungsverhältnis begründet wird und die Klägerin unmittelbar gegenüber den Patientinnen bzw. deren Krankenkassen abrechnet. Die HebGV ist daher vorliegend anwendbar.
Durch die streitgegenständliche Leistungserbringung hat die Klägerin auch einen Anspruch auf Zahlung des von ihr geltend gemachten Betrages erworben. Sie hat Leistungen im Rahmen von Mutterschaftsvorsorge und Schwangerenbetreuung erbracht. Diese sind Teil der Hebammenhilfe gemäß §§ 195 f. RVO (vgl. Meyer in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band 4, 19. Auflage, § 196 RVO Rdnr. 36; Krauskopf, a.a.O., § 196 RVO Rdnr. 10).
Dem Vergütungsanspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass die Hebammenhilfe im Rahmen von stationären Behandlungen der betreffenden Versicherten erbracht wurde. Die HebGV ist keineswegs auf ambulante Leistungen der Hebammen begrenzt. Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass es sich bei den streitigen Leistungen um allgemeine Krankenhausleistungen im Sinne von § 2 KHEntgG handele, die sie nicht gegenüber der Klägerin zu zahlen habe. Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG gehören zu den Krankenhausleistungen, die von dem Krankenhaus abgerechnet werden, nicht die Leistungen der Beleghebammen. Diese werden vielmehr eigenständig durch die Beleghebammen abgerechnet. Etwas anderes folgt nicht aus § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG, wonach zu den allgemeinen Krankenhausleistungen auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter gehören. Diese Regelung bewirkt, dass die allgemeinen Krankenhausleistungen nur zwischen Krankenkasse und Krankenhaus abzurechnen sind, selbst wenn das Krankenhaus in einem bestimmten Rahmen Dritte hinzuzieht (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2007, B 3 KR 17/06 R). Dies ist eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, dass das Krankenhaus Leistungen der Krankenhausbehandlung, die es auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen darf, durch eigenes Personal durchführen lassen muss (vgl. Landessozialgericht Sachsen, Urteil vom 30. April 2008, L 1 KR 103/07).
Angesichts der Spezialvorschrift in § 2 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG können Beleghebammen allerdings nicht als Dritte im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG angesehen werden. Sie leisten vielmehr aufgrund eines Vertrages mit dem Krankenhaus Hebammenhilfe. Dabei sind sie nicht Angestellte des Krankenhauses und erhalten von diesem auch keine Vergütung (vgl. Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Band 1, Stand: Dezember 2001, § 2 BPflV, Anm. I. 3.). Dies gilt auch dann, wenn eine freiberufliche Hebamme anstelle einer verhinderten angestellten Hebamme tätig wird oder regelmäßig freiberuflich tätige Hebammen die Hebammenhilfe leisten. Die freiberufliche Hebamme kann wegen ihrer Vergütung nicht an das Krankenhaus verwiesen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Februar 1971, 3 RK 35/68; Urteil vom 21. August 1996, 3 RK 22/95; Krauskopf, a.a.O., § 196 RVO Rn. 11).
Die Beklagte kann dem Vergütungsanspruch der Klägerin ferner nicht entgegen halten, dass die streitgegenständlichen Leistungen bereits von der Beigeladenen abgerechnet worden seien. Denn die Vergütungsansprüche der Beleghebamme und der Beigeladenen sind voneinander unabhängig und etwaige Einwendungen auf das jeweilige Rechtsverhältnis beschränkt. Sollte von der Beigeladenen eine falsche Bewertungsrelation bezüglich einer DRG-Fallpauschale abgerechnet worden sein, so kann die Beklagte dies nur gegenüber der Beigeladenen geltend machen. Soweit im Behandlungszeitpunkt keine spezielle Bewertungsrelation für den Einsatz von Beleghebammen im Fallpauschalenkatalog vorgesehen war, berührt dies ebenfalls nur das Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und der Beigeladenen. Der Fallpauschalenkatalog wird nach §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG, 17b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit der deutschen Krankenhausgesellschaft vereinbart. Etwaige im Fallpauschalenkatalog enthaltene Lücken können sich nicht auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten auswirken (vgl. Sozialgericht Augsburg, Urteil vom 22. September 2010, S 10 KR 390/09; Sozialgericht Hildesheim, Urteil vom 4. November 2010, S 22 KR 374/06; Sozialgericht Hildesheim, Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2008, S 52 KR 223/07; Sozialgericht Regensburg, Gerichtsbescheid vom 7. September 2009, S 2 KR 291/06; Sozialgericht Nürnberg, Urteil vom 24. Juni 2010, S 11 KR 446/06; Sozialgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Juli 2006, S 17 KR 113/05; Sozialgericht Lübeck, Urteil vom 1. Juni 2006, S 3 KR 121/05; zu § 376a Abs. 2 RVO siehe auch: Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Februar 1971, 3 RK 35/68).
Das von der Beklagten angeführte Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Januar 2009 (B 6 KA 30/07 R) erging in einem vertragsarztrechtlichen Verfahren zur Vergütung der von Belegärzten erbrachten und veranlassten Laborleistungen. Es ist für Vergütungsfragen von Hebammenleistungen nicht einschlägig.
Der Zinszahlungsanspruch der Klägerin ist ebenfalls begründet. Die Beklagte befindet sich seit dem 16. Dezember 2006 im Zahlungsverzug. Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 HebGV hat die Krankenkasse die Rechnung innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu begleichen. Vorliegend datieren die Rechnungen vom 20. November 2006. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin sind diese der Beklagten spätestens am 23. November 2006 zugegangen. Die Drei-Wochen-Frist lief damit am 15. Dezember 2006 ab, so dass sich die Beklagte ab dem 16. Dezember 2006 in Verzug befand. Bei Rechtsgeschäften, an denen – wie hier – ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen 8 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V, §§ 286, 288 Abs. 2, 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch; Bundessozialgericht, Urteil vom 19. April 2007, B 3 KR 10/06 R).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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