L 2 AS 363/11 B

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 26 SF 221/09 E
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AS 363/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bei der Bestimmung der dem Rechtsanwalt zustehenden Gebühren ist der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Bemessung der Rahmengebühr ist nicht das gesamte Verfahren, sondern lediglich der konkrete Beiordnungszeitraum.
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 23. März 2011 geändert.

Die Vergütung des Antragstellers für seine Tätigkeit in dem Verfahren S 26 AS 436/07 ER wird auf insgesamt 163,03 EUR festgesetzt.

Die Erinnerung und die Beschwerde des Antragstellers gegen die Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten des Sozialgerichts Gießen vom 24. November 2009 werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

In dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren des X. XY. gegen die JobKomm GmbH, Zentrum für Dienstleistung und Arbeitsmarkt, GH., vor dem Sozialgericht Gießen (S 26 AS 436/07 ER) stritten die Beteiligten über den Anspruch des Antragstellers (Klägers) auf Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 15. Mai 2007. Nachdem die Bundesagentur für Arbeit dem Antragsteller (Kläger) mit Bescheid vom 25. Juni 2007 rückwirkend ab dem 29. Mai 2007 Arbeitslosengeld bewilligt hatte, erklärte der hiesige Antragsteller das einstweilige Rechtsschutzverfahren mit Schriftsatz vom 10. Juli 2007 für erledigt. Unter dem 23. August 2007 begründete er seinen am 5. Juli 2007 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe näher. Diese bewilligte das Sozialgericht Gießen mit Beschluss vom 26. August 2008 ab Antragstellung und ordnete den Antragsteller als Rechtsanwalt bei.

Mit Kostenrechnung vom 26. Oktober 2009 machte der Antragsteller eine Vergütung in Höhe von insgesamt 321,30 EUR geltend. Als Verfahrensgebühr setzte er die Mittelgebühr der Nr. 3102 VV – RVG an (250,00 EUR). Darüber hinaus beanspruchte er die Auslagenpauschale nach der Nr. 7002 VV – RVG in Höhe von 20,00 EUR sowie die 19 %ige Umsatzsteuer von 51,30 EUR (Nr. 7008 VV-RVG). Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte unter dem 24. November 2009 unter Ansatz einer Verfahrensgebühr in Höhe von 150,00 EUR die Vergütung auf insgesamt 202,30 EUR fest. Die Kürzung der Verfahrensgebühr begründete er mit der Art der entfalteten Tätigkeit. Bei der Festsetzung seien der Umfang der anwaltlichen Intensität, Schwierigkeit und auch Aufwand zu beachten. Auch sei der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe - ab dem 5. Juli 2007 - zu berücksichtigen.

Gegen die Vergütungsfestsetzung legte der Antragsteller Erinnerung ein, der sich der Antragsgegner anschloss. Der Antragsteller machte weitere Gebühren in Höhe von 119,00 EUR geltend. Hierzu wies er darauf hin, dass eine Reduzierung der Mittelverfahrensgebühr auf den unteren Bereich (150,00 EUR) in einem Eilverfahren unzumutbar und auch nicht vertretbar sei. Die Angelegenheit sei keinesfalls einfach gelagert gewesen, es habe intensiver Korrespondenz bedurft. Zudem sei bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen, dass es nach dem Erledigungsantrag noch weiterer 27 Monate bedurft habe, bis es in dem (PKH-) Verfahren zu einer Grundentscheidung gekommen sei.

Demgegenüber führte der Antragsgegner an, dass nur von einer unterdurchschnittlichen Sache auszugehen sei, für die eine Verfahrensgebühr von 117,00 EUR - ca. 70 % des allgemeinen Ausgangswertes für Eilverfahren (2/3 der Mittelgebühr / 167,00 EUR) - angemessen sei. Zur Begründung wies er zum einen auf die nicht schwierige Rechtsmaterie hin. Es habe keine Auseinandersetzung mit kontroverser ober- oder höchstrichterlicher Rechtsprechung bedurft; zudem läge keine Art und Weise der prozessualen Mühewaltung des Antragstellers vor, welche die Intensität der anwaltlichen Tätigkeit auf einen Rahmenmittelwert anzuheben rechtfertige. Die anwaltlichen Handlungen seien lediglich als durchschnittlich einzustufen, dies folge auch schon aus dem Wirkzeitraum der PKH-Bewilligung.

Mit Beschluss vom 23. März 2011 setzte das Sozialgericht Gießen die Vergütung auf insgesamt 222,53 EUR fest und wies die Erinnerung des Antragstellers im Übrigen, wie auch die des Antragsgegners, zurück. Das Sozialgericht setzte dabei eine Verfahrensgebühr in Höhe von 167,00 EUR unter Bewertung des Eilverfahrens als in jeder Hinsicht durchschnittlich an. Ein Abzug resp. eine Kürzung der Gebühr aufgrund des kurzen Beiordnungszeitraumes käme nicht in Betracht. Es sei zwischen dem Entstehen der Gebühr und der Gebührenhöhe zu differenzieren. Unumstritten sei, dass eine Gebühr, die nur in einem Zeitraum entstehe, für den keine Beiordnung erfolgt sei, auch nicht von der Landeskasse verlangt werden könne. Einen Grund, den Unterschied in der Dauer des Verfahrens und der Dauer der Beiordnung bei der Bestimmung der Höhe der Rahmengebühr noch einmal zu berücksichtigen, gäbe es nicht. Auch bei Streitwertgebühren erfolge keine Berücksichtigung des Wirkzeitraumes der Beiordnung. Die Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO), wonach bei Bewilligung der Prozesskostenhilfe keine Ansprüche gegen den Mandanten geltend gemacht werden könnten, wäre nicht verständlich, wenn bei der Landeskasse nur ein Teil der gegenüber dem Mandanten entstandenen Gebühren geltend gemacht werden dürfte.

Gegen den am 31. März 2011 zugegangenen Beschluss richtet sich die am 12. April 2011 angebrachte Beschwerde des Antragsgegners. Unter Hinweis auf eine Entscheidung des Senats vom 12. September 2000 (Az.: L 2 SF 58/99 RJ) hält er unter Aufrechterhaltung seines Vorbringens aus dem Erinnerungsverfahren daran fest, dass in Fällen einer nur kurzen Beiordnung eine Kürzung der Verfahrensgebühr vorzunehmen sei. Die vom Wirksamkeitszeitpunkt (5. Juli 2007) bis zur Beendigung des Verfahrens noch anfallenden Tätigkeiten zum Betreiben des Verfahrens seien bis zur Erledigungserklärung am 10. Juli 2007 sehr überschaubar gewesen.

Der überwiegende Aufwand für die Erfassung und Aufbereitung der streitgegenständlichen Materie habe außerhalb des Wirkzeitraumes der Prozesskostenhilfe gelegen und unterfalle daher nicht der Vergütungspflicht der Staatskasse.

Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 23. März 2011 aufzuheben und die Erinnerung des Antragstellers gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten des Sozialgerichts Gießen vom 24. November 2009 zurückzuweisen
und
die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts für die Tätigkeit in dem Rechtsstreit S 26 AS 436/07 ER unter Abänderung der Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten vom 24. November 2009 auf insgesamt 163,03 EUR festzusetzen.

Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 23. März 2011 zurückzuweisen
und
seine aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für die Tätigkeit im Rechtsstreit S 26 AS 436/07 ER unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Gießen vom 23. März 2011 und unter Abänderung der Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten vom 24. November 2009 auf insgesamt 321,30 EUR festzusetzen.

Der Antragsteller bezieht sich auf die aus seiner Sicht zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung. Er hält darüber hinausgehend daran fest, dass eine Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr (250,00 EUR) in Ansatz zu bringen sei und wiederholt im Wesentlichen hierzu sein bisheriges Vorbringen. In seinem Schriftsatz noch vom 5. Dezember 2011 hat der Antragsteller beantragt, den Antrag der Staatskasse abzulehnen und die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung entsprechend seinem Erinnerungsantrag vom 2. Dezember 2009 um weitere 98,77 EUR zu erhöhen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verfahrensakte zum Rechtsstreit S 26 AS 436/07 ER des Sozialgerichts Gießen (Ausgangsrechtsstreit) Bezug genommen.

II.

Der Senat hat die Beschwerde durch seine Berufsrichter entschieden, nachdem die Berichterstatterin das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG auf den Senat übertragen hatte.

Die Beschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Sozialgericht statthaft (§ 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 6 RVG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 4, Abs. 3 Satz 3 RVG). Dies gilt auch für die Beschwerde des Antragstellers. Dass eine solche ebenfalls erhoben wurde, ergibt sich durch Auslegung des Schriftsatzes vom 5. Dezember 2011 bereits zwanglos durch die erfolgte Antragstellung. Diese Beschwerde ist auch rechtzeitig eingelegt worden. Dem steht nicht entgegen, dass die Zwei-Wochen-Frist der §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG nicht eingehalten wurde. Dem Beschluss des Sozialgerichts Gießen war keine vollständige Rechtsmittelbelehrung beigefügt, da u.a. keine Rechtsmittelfrist benannt wurde. In diesem Fall gilt die - hier gewahrte - Jahresfrist aus § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist begründet, die des Antragstellers hingegen nicht.

Dem Antragsteller steht gegenüber der Staatskasse für das Verfahren S 26 AS 436/07 ER eine Vergütung von insgesamt 163,03 EUR zu.

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung von der Staatskasse, soweit in Abschnitt 8 des RVG nichts anderes bestimmt ist. Dieser Vergütungsanspruch ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 RVG nach seinem Grund und seiner Höhe von dem Umfang der Beiordnung abhängig.

Der beigeordnete Rechtsanwalt kann sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab Wirksamwerden seiner Beiordnung und unter der Voraussetzung einer wirksamen Vollmacht des begünstigten Beteiligten ergeben. Dementsprechend besteht vorliegend ein Vergütungsanspruch des Antragstellers. Zwischen dem Antragsteller (Kläger) und dem hiesigen Antragsteller hat ein Mandatsverhältnis bestanden. Durch den Beschluss des Sozialgerichts Gießen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 26. Februar 2008 ist letzterer dem Kläger rückwirkend ab Antragstellung (5. Juli 2007) als Rechtsanwalt beigeordnet worden.

Im Zeitpunkt der Beiordnung war der einstweilige Rechtsschutzantrag bereits begründet, weitere zeitlich davor abgefasste Schriftsätze finden sich unter dem 8. Juni 2007, 18. Juni 2007 und 4. Juli 2007. Ab bzw. nach dem 5. Juli 2007 hat der Antragsteller lediglich noch mit Schreiben vom 10. Juli 2007 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die weiteren von ihm noch gefertigten und zum Teil auch sehr umfangreichen Schriftsätze beziehen sich auf das Antragsverfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Für das Verfahren S 26 AS 436/07 ER steht dem Antragsteller eine Verfahrensgebühr nach der Nr. 3102 VV-RVG zu. Eine Tätigkeit in einem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren bestand nicht, sodass die Nr. 3103 VV-RVG nicht zur Anwendung kommt. Die Verfahrensgebühr nach der Nr. 3102 VV-RVG beträgt für Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren im Sinne des § 3 RVG entstehen, 40,00 EUR bis 460,00 EUR. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und seinem Haftungsrisiko nach billigem Ermessen. Die von einem beigeordneten Rechtsanwalt im Verfahren nach § 55 RVG getroffene Bestimmung ist nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Vorliegend ist die von dem Antragsteller in Ansatz gebrachte Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG in Höhe der Mittelgebühr (250,00 EUR) unbillig.

Ein Anspruch auf eine Verfahrensgebühr in Höhe der vollen Mittelgebühr besteht zunächst ohnehin nicht. Der Senat hält insoweit an seiner Rechtsprechung (Beschluss vom 25. Mai 2009 – L 2 SF 50/09 E) fest, nach der bei einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - anders als im Hauptsacheverfahren - generell nicht die Mittelgebühr, sondern lediglich eine auf 2/3 reduzierte Mittelgebühr des jeweils maßgeblichen Betragsrahmens als Ausgangswert anzusetzen und dann je nach den Umständen des Einzelfalles anhand der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Kriterien ggf. weiter anzupassen ist. Diese Verfahrensweise ist geboten, um der unterschiedlichen Wertigkeit von Hauptsache- und einstweiligen Rechtsschutzverfahren wirtschaftlich angemessen Rechnung zu tragen. Denn Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind grundsätzlich von vornherein lediglich auf eine vorläufige Regelung und auf eine Regelung nur für einen begrenzten Zeitraum gerichtet. Das Vorbringen des Antragstellers gebietet mangels neuer Sachargumente kein Abweichen von dieser Entscheidung.

Für eine Erhöhung der auf 2/3 reduzierten Mittelgebühr (167,00 EUR) besteht vorliegend kein Anlass. Die Umstände des Eilverfahrens geben keinen Grund zu der Feststellung, dass es sich um ein überdurchschnittlich bedeutsames, umfangreiches oder schwieriges Verfahren gehandelt hat. Im Gegenteil ist die Gebühr sogar abzusenken. Bei wertender Gesamtbetrachtung unter Beachtung der Kriterien des § 14 RVG handelt es sich in der vorliegenden Streitsache um einen unterdurchschnittlichen Fall. Zwar war die Bedeutung der Angelegenheit für den Antragsteller sicherlich überdurchschnittlich, da um die einstweilige Gewährung existenzsichernder Leistungen gestritten wurde, Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit waren aber unterdurchschnittlich.

Konkret gestritten wurde in dem Verfahren über die Gewährung von Grundsicherungsleistungen ab dem 15. Mai 2007, die die Antragsgegnerin (Beklagte) unter Hinweis auf die fehlende Bedürftigkeit zunächst abgelehnt hatte. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers (Klägers) im Ausgangsverfahren liegen zwar unter dem Durchschnitt. In den allermeisten Fällen im Grundsicherungsbereich gehen jedoch, wie hier, schlechte Einkommens- und Vermögensverhältnisse mit einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit einher, sodass insoweit in der Regel eine Kompensation eintritt (BSG vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R).

Allerdings war die Sach- und Rechtslage einfach, ein wesentlicher Arbeitsaufwand des Antragstellers in dem allein maßgeblichen Zeitpunkt nach dem Beiordnungszeitpunkt bzw. Bewilligungsdatum der Prozesskostenhilfe ist nicht (mehr) erkennbar. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit schwierigen Rechtsfragen oder streitigen tatsächlichen Verhältnissen war ebenfalls nicht erforderlich. Eine Beweiserhebung und damit verbundene erforderliche Beweiswürdigung hat schließlich auch nicht stattgefunden.

Sowohl Umfang als auch Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit erwiesen sich mithin, bezogen auf den Zeitraum vom 5. Juli 2007 bis 10. Juli 2007, als deutlich unterdurchschnittlich. Nicht berücksichtigungsfähig für die Frage der Höhe der Verfahrensgebühr ist – worauf sowohl der Urkundsbeamte als auch das Sozialgericht zu Recht hingewiesen haben – die erhebliche Tätigkeit, die der Antragsteller schriftsätzlich zur Begründung des PKH-Antrages nach Erledigung der Hauptsache (noch) entfaltet hat.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist indes der Wirkzeitraum der Prozesskostenhilfe sehr wohl als Einzelfallkriterium im Rahmen des § 14 RVG heranzuziehen. Maßgeblich für die Bemessung der Rahmengebühr ist insoweit nicht das gesamte Verfahren, sondern lediglich der konkrete Beiordnungszeitraum. Hierauf hatte der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 12. September 2000 (Az. L 2 SF 58/99 RJ) hingewiesen und in dem Beschluss vom 13. Januar 2011 (L 2 SF 752/10 E, L 2 SF 73/10 E) bestätigt. Die auf § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gestützte Argumentation des Gerichts überzeugt im Ergebnis nicht. Zwar gilt die dort normierte Forderungssperre für alle nach der Beiordnung verwirklichten Gebührentatbestände, auch wenn und soweit diese bereits vor der Beiordnung schon einmal erfüllt waren (Musielak ZPO, 8. Aufl. 2011, § 122 RZ. 7 f, Kratz in BeckOK ZPO § 122 Rz. 25 m.w.N u.a. OLG Köln NJW-RR 1995, 634; OLG München MDR 1991, 62). Dies hat in der Tat zur Folge, dass ein Rechtsanwalt, der vor der Beiordnung Wahlanwalt war, eine vor der Beiordnung bereits entstandene Verfahrensgebühr - oder Teile davon - nach der Beiordnung insbesondere dann gegenüber seinem Mandanten nicht mehr geltend machen kann, wenn dem Prozesskostenhilfeantrag erst später stattgegeben wird (BGH FamRZ 2008, 982). Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist der sich aus der zwingenden gesetzlichen Sperrwirkung ergebende Gebührenausschluss vom Gesetzgeber jedoch intendiert und den Besonderheiten der Prozesskostenhilfe zum Schutze der vermögenslosen Partei geschuldet.

Eine Sicherung der Anwaltsgebühren bedarf es zudem in einem Fall wie dem vorliegenden ohnehin nicht. Denn hier liegt die verspätete Antragstellung auf Prozesskostenhilfe alleinig im Verantwortungsbereich des Antragstellers (Klägers) bzw. dessen Bevollmächtigten und vermag bereits unter diesem Gesichtspunkt keine Vergütungspflicht der Staatskasse zu begründen. Ausweislich der Vollmachtsurkunde wurde der Antragsteller von dem Kläger am 4. Juni 2007 mandatiert. Bereits zu diesem Zeitpunkt lagen rein wirtschaftlich betrachtet die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor. Dass eine Antragstellung gleichwohl erst am 5. Juli 2007 erfolgt ist, muss insoweit zu Lasten des Antragstellers gehen.

Als erfahrender Prozessvertreter hätte er - auch in Ansehung der Regelung des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO - zur Sicherung seiner Forderungen den Antrag bereits zu Verfahrensbeginn anbringen müssen und auch können.

In Bezug auf die bei Nr. 3102 VV-RVG zu errechnende reduzierte Mittelgebühr von 167,00 EUR kann im Hinblick auf den geringen Verfahrensaufwand nach alledem keine höhere Verfahrensgebühr als 117,00 EUR - also 70 % bzw. 2/3 von dieser - festgesetzt werden. Daneben stehen dem Antragsteller eine Auslagenpauschale nach der Nr. 7002 VV – RVG in Höhe von 20,00 EUR sowie die 19 %ige Umsatzsteuer (26,03 EUR) gem. der Nr. 7008 VV-RVG zu. Die ihm zustehende Gesamtvergütung beträgt 163,03 EUR.

Das Verfahren ist gemäß § 56 Abs. 2 S. 2 RVG gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 56 Abs. 2 S. 3 RVG.

Die Entscheidung ist endgültig (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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