Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 54 AL 2583/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 286/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
L 18 AL 289/11 B PKH
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 1. September 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erstatten.
Gründe:
Über die Beschwerde hat der Vorsitzende und Berichterstatter in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr 3, Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden.
Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin bei verständiger Würdigung ihres Begehrens (vgl. § 123 SGG) ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch bzw. Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 20. Juni 2011 vom 13. Juli 2011 i.S.v. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen, und mit der sich die Antragstellerin zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren wendet, ist nicht begründet.
Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 13. Juli 2011 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beklagte war gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) berechtigt und ohne Einräumung von Ermessen verpflichtet, die Alg-Bewilligung rückwirkend aufzuheben. Die Antragstellerin hielt und hält sich jedenfalls seit Juni 2011 in H auf. Dies stellt eine wesentliche Änderung in den der Bewilligung zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen dar, die – mangels Verfügbarkeit und damit Arbeitslosigkeit der Antragstellerin - zum Wegfall des Alg-Anspruchs führte.
Die Verfügbarkeit entfiel bereits deshalb, weil die Antragstellerin nicht mehr erreichbar i.S. des § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 118 Abs. 1 Nr. 1, § 119 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 SGB III und i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 der Erreichbarkeits-Anordnung (Erreichbarkeits-AnO) vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1685). Hiernach sucht eine Beschäftigung nur, wer den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit (AfA) zur Verfügung steht. Den Vermittlungen der AfA steht u.a. zur Verfügung, wer den Vorschlägen der AfA zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Ereichbarkeits-AnO hat der Arbeitslose deshalb sicherzustellen, dass die AfA ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Hierzu hat der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) entschieden, dass den in § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III a.F. (entspricht Abs. 5 Nr. 2 nF) i.V.m. § 1 Abs. 1 Abs. 1 Erreichbarkeits-AnO formulierten Anforderungen an die Erreichbarkeit ein Arbeitsloser jedenfalls dann entspricht, wenn er sich einmal werktäglich in seiner Wohnung aufhält, um die Briefpost in Empfang und zur Kenntnis zu nehmen (grundlegend BSGE 88, 172, 176 = SozR 3-4300 § 119 Nr. 3; vgl. auch BSG SozR 3-4300 § 119 Nr 4 sowie Urteil vom 30. Juni 2005, BSG SozR 4-4300 § 428 Nr. 2). Dies war bei der Antragstellerin in dem streitigen Zeitraum nicht der Fall. Eine Genehmigung für die Ortsabwesenheit hat sie nicht eingeholt. Nicht entscheidungserheblich ist deshalb, ob die Arbeitslosigkeit der Antragstellerin auch entfallen ist wegen fehlender objektiver Verfügbarkeit. Der Antragstellerin hätte sich bei Anlegung eines subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs auch aufdrängen müssen, dass ihr Alg-Anspruch mit dem nicht genehmigten Aufenthalt in H entfällt. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X dürften daher ebenfalls erfüllt sein.
Es fehlt überdies auch an einem eiligen Regelungsbedürfnis, das auch bei einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu fordern ist. Denn der Antragstellerin stand und steht es bei entsprechender Bedürftigkeit frei, einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II ) zu stellen. Dies hat sie ausweislich ihres Vorbringens im Schriftsatz vom 30. August 2011 wohl auch getan. Sollte im Hauptsacheverfahren dennoch der Bescheid vom 13. Juli 2011 aufgehoben werden, wäre der Alg-Anspruch iH gezahlter Alg II-Leistungen als erfüllt anzusehen und es bestünde ein entsprechender Erstattungsanspruch des JobCenters gegenüber der Antragsgegnerin. Die Existenzsicherung der Antragstellerin ist aber jedenfalls gewährleistet, so dass auch die Bezugnahme der Antragstellerin auf die im Rahmen einstweiliger Rechtsschutzverfahren nach dem SGB II ggf. vorzunehmende Folgenabwägung hier nicht zum Tragen kommt.
Das Sozialgericht hat die Bewilligung von PKH mangels Erfolgsaussicht zu Recht abgelehnt (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m., § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Für das PKH-Beschwerdeverfahren sind Kosten kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Über die Beschwerde hat der Vorsitzende und Berichterstatter in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr 3, Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden.
Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin bei verständiger Würdigung ihres Begehrens (vgl. § 123 SGG) ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch bzw. Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab 20. Juni 2011 vom 13. Juli 2011 i.S.v. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen, und mit der sich die Antragstellerin zudem gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren wendet, ist nicht begründet.
Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 13. Juli 2011 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beklagte war gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) berechtigt und ohne Einräumung von Ermessen verpflichtet, die Alg-Bewilligung rückwirkend aufzuheben. Die Antragstellerin hielt und hält sich jedenfalls seit Juni 2011 in H auf. Dies stellt eine wesentliche Änderung in den der Bewilligung zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen dar, die – mangels Verfügbarkeit und damit Arbeitslosigkeit der Antragstellerin - zum Wegfall des Alg-Anspruchs führte.
Die Verfügbarkeit entfiel bereits deshalb, weil die Antragstellerin nicht mehr erreichbar i.S. des § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 118 Abs. 1 Nr. 1, § 119 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 SGB III und i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 der Erreichbarkeits-Anordnung (Erreichbarkeits-AnO) vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1685). Hiernach sucht eine Beschäftigung nur, wer den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit (AfA) zur Verfügung steht. Den Vermittlungen der AfA steht u.a. zur Verfügung, wer den Vorschlägen der AfA zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Ereichbarkeits-AnO hat der Arbeitslose deshalb sicherzustellen, dass die AfA ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Hierzu hat der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) entschieden, dass den in § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III a.F. (entspricht Abs. 5 Nr. 2 nF) i.V.m. § 1 Abs. 1 Abs. 1 Erreichbarkeits-AnO formulierten Anforderungen an die Erreichbarkeit ein Arbeitsloser jedenfalls dann entspricht, wenn er sich einmal werktäglich in seiner Wohnung aufhält, um die Briefpost in Empfang und zur Kenntnis zu nehmen (grundlegend BSGE 88, 172, 176 = SozR 3-4300 § 119 Nr. 3; vgl. auch BSG SozR 3-4300 § 119 Nr 4 sowie Urteil vom 30. Juni 2005, BSG SozR 4-4300 § 428 Nr. 2). Dies war bei der Antragstellerin in dem streitigen Zeitraum nicht der Fall. Eine Genehmigung für die Ortsabwesenheit hat sie nicht eingeholt. Nicht entscheidungserheblich ist deshalb, ob die Arbeitslosigkeit der Antragstellerin auch entfallen ist wegen fehlender objektiver Verfügbarkeit. Der Antragstellerin hätte sich bei Anlegung eines subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs auch aufdrängen müssen, dass ihr Alg-Anspruch mit dem nicht genehmigten Aufenthalt in H entfällt. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X dürften daher ebenfalls erfüllt sein.
Es fehlt überdies auch an einem eiligen Regelungsbedürfnis, das auch bei einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu fordern ist. Denn der Antragstellerin stand und steht es bei entsprechender Bedürftigkeit frei, einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II ) zu stellen. Dies hat sie ausweislich ihres Vorbringens im Schriftsatz vom 30. August 2011 wohl auch getan. Sollte im Hauptsacheverfahren dennoch der Bescheid vom 13. Juli 2011 aufgehoben werden, wäre der Alg-Anspruch iH gezahlter Alg II-Leistungen als erfüllt anzusehen und es bestünde ein entsprechender Erstattungsanspruch des JobCenters gegenüber der Antragsgegnerin. Die Existenzsicherung der Antragstellerin ist aber jedenfalls gewährleistet, so dass auch die Bezugnahme der Antragstellerin auf die im Rahmen einstweiliger Rechtsschutzverfahren nach dem SGB II ggf. vorzunehmende Folgenabwägung hier nicht zum Tragen kommt.
Das Sozialgericht hat die Bewilligung von PKH mangels Erfolgsaussicht zu Recht abgelehnt (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m., § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Für das PKH-Beschwerdeverfahren sind Kosten kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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