Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 2 AS 450/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1841/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 27. September 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Cottbus (SG), mit dem auf die Untätigkeitsklage der Klägerin das Verfahren bis zum 4. Januar 2012 ausgesetzt worden ist.
Die 1959 geborene Klägerin bezieht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. August 2009 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 auf und forderte die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Leistungen. In ihrem Widerspruchsschreiben vom 25.September 2009 führte die Klägerin aus: "01.11.2005 bis 31.12.2006 ist Gegenstand meiner eingereichten Klage beim Sozialgericht Cottbus, somit möchte ich mich nicht zum Sachverhalt äußern. Ich bestehe weiterhin auf eine gerichtliche Entscheidung zur Klärung dieses Sachverhalts." Mit Schreiben vom 17. November 2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er habe u.a. das betroffene Widerspruchsverfahren aufgrund der Klage (S 29 AS 1903/08) vorerst ruhend gestellt.
Am 16. März 2010 hat die Klägerin Klage bei dem SG mit dem Antrag erhoben, die Beklagte zum Erlass eines Widerspruchsbescheides auf den Widerspruch der Klägerin vom 25. September 2009 zu verurteilen. In der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2011 hat das SG den Beschluss verkündet, den Rechtsstreit nach § 88 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bis zum 4. Januar 2012 auszusetzen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es liege ein zureichender Grund dafür vor, dass der Widerspruchsbescheid noch nicht erlassen sei. Die Ankündigung der Klägerin im Widerspruchsverfahren, sich wegen der anhängigen Klage nicht zum Sachverhalt äußern zu wollen, sei als Antrag auszulegen, das Verfahren bis zur Entscheidung in dem anhängigen Klageverfahren auszusetzen.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Aussetzung des Verfahrens. Sie trägt vor: Sie habe weder ein Ruhen des Verfahrens beantragt noch einem solchen Ansinnen des Beklagten zugestimmt. Zudem seien die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht erfüllt.
II.
Die Beschwerde der Klägerin ist nach § 172 Abs. 1 SGG statthaft. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 2 SGG ausgeschlossen, weil der Aussetzungsbeschluss seinem wesentlichen Inhalt nach keine prozessleitende Verfügung ist, sondern materielle Entscheidung über das Vorliegen eines zureichenden Grundes für die Verzögerung der Widerspruchsbescheidung (Leitherer in Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 88 Rz. 8). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
Nach § 88 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGG setzt das Gericht das Klageverfahren bis zum Ablauf einer von ihm zu bestimmenden Frist aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass über den Widerspruch noch nicht entschieden ist. Das Vorliegen eines zureichenden Grundes ist allein nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der seit Antragstellung verstrichenen Zeit zu beurteilen. Ein zureichender Grund kann auch im Verhalten des Betroffenen liegen, z.B. in der Bitte um Aussetzung oder in dem Einverständnis mit der Aussetzung (vgl. Leitherer a.a.O., Rz. 7a). Die Intention des § 88 SGG, dem Interesse eines Antragstellers/Widerspruchsführers an einer zügigen Durchführung eines Verfahrens Rechnung zu tragen, greift in solchen Fällen nicht ein, da der Betroffene es selbst in der Hand hat, durch einen entsprechenden Antrag die Fortführung des Verfahrens zu erreichen.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin durch ihr eigenes Verhalten die Ursache für die Nichtbescheidung des Widerspruchs gesetzt. Denn sie hat selbst darauf hingewiesen, dass der vom Aufhebungs- und Erstattungsbescheid umfasste Zeitraum Gegenstand einer eingereichten Klage beim SG sei und sie sich hierzu nicht äußern wolle, sondern erwarte, dass eine gerichtliche Entscheidung "zur Klärung dieses Sachverhalts" ergehe. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte das Widerspruchsverfahren aufgrund der Klage "ruhend" stellte. Sollte dies nicht im Interesse der Klägerin gelegen haben, hätte sie die Möglichkeit gehabt, dies dem Beklagten anzuzeigen und auf diese Weise die Fortsetzung des Verfahrens zu veranlassen. Auf das entsprechende Schreiben des Beklagten vom 17. November 2009 reagierte sie jedoch nicht, so dass der Beklagte vom Einverständnis der Klägerin mit der von ihm gewählten Verfahrensweise ausgehen und den Ausgang des anhängigen Klageverfahrens S 29 AS 1903/08 abwarten durfte.
Liegt mithin ein zureichender Grund dafür vor, dass der Widerspruchsbescheid noch nicht erlassen ist, hat das SG das Verfahren zu Recht ausgesetzt. Die vom SG bestimmte Frist bis zum 4. Januar 2012 erscheint angemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Cottbus (SG), mit dem auf die Untätigkeitsklage der Klägerin das Verfahren bis zum 4. Januar 2012 ausgesetzt worden ist.
Die 1959 geborene Klägerin bezieht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. August 2009 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 auf und forderte die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Leistungen. In ihrem Widerspruchsschreiben vom 25.September 2009 führte die Klägerin aus: "01.11.2005 bis 31.12.2006 ist Gegenstand meiner eingereichten Klage beim Sozialgericht Cottbus, somit möchte ich mich nicht zum Sachverhalt äußern. Ich bestehe weiterhin auf eine gerichtliche Entscheidung zur Klärung dieses Sachverhalts." Mit Schreiben vom 17. November 2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er habe u.a. das betroffene Widerspruchsverfahren aufgrund der Klage (S 29 AS 1903/08) vorerst ruhend gestellt.
Am 16. März 2010 hat die Klägerin Klage bei dem SG mit dem Antrag erhoben, die Beklagte zum Erlass eines Widerspruchsbescheides auf den Widerspruch der Klägerin vom 25. September 2009 zu verurteilen. In der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2011 hat das SG den Beschluss verkündet, den Rechtsstreit nach § 88 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bis zum 4. Januar 2012 auszusetzen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es liege ein zureichender Grund dafür vor, dass der Widerspruchsbescheid noch nicht erlassen sei. Die Ankündigung der Klägerin im Widerspruchsverfahren, sich wegen der anhängigen Klage nicht zum Sachverhalt äußern zu wollen, sei als Antrag auszulegen, das Verfahren bis zur Entscheidung in dem anhängigen Klageverfahren auszusetzen.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Aussetzung des Verfahrens. Sie trägt vor: Sie habe weder ein Ruhen des Verfahrens beantragt noch einem solchen Ansinnen des Beklagten zugestimmt. Zudem seien die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht erfüllt.
II.
Die Beschwerde der Klägerin ist nach § 172 Abs. 1 SGG statthaft. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 2 SGG ausgeschlossen, weil der Aussetzungsbeschluss seinem wesentlichen Inhalt nach keine prozessleitende Verfügung ist, sondern materielle Entscheidung über das Vorliegen eines zureichenden Grundes für die Verzögerung der Widerspruchsbescheidung (Leitherer in Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 88 Rz. 8). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
Nach § 88 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGG setzt das Gericht das Klageverfahren bis zum Ablauf einer von ihm zu bestimmenden Frist aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass über den Widerspruch noch nicht entschieden ist. Das Vorliegen eines zureichenden Grundes ist allein nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der seit Antragstellung verstrichenen Zeit zu beurteilen. Ein zureichender Grund kann auch im Verhalten des Betroffenen liegen, z.B. in der Bitte um Aussetzung oder in dem Einverständnis mit der Aussetzung (vgl. Leitherer a.a.O., Rz. 7a). Die Intention des § 88 SGG, dem Interesse eines Antragstellers/Widerspruchsführers an einer zügigen Durchführung eines Verfahrens Rechnung zu tragen, greift in solchen Fällen nicht ein, da der Betroffene es selbst in der Hand hat, durch einen entsprechenden Antrag die Fortführung des Verfahrens zu erreichen.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin durch ihr eigenes Verhalten die Ursache für die Nichtbescheidung des Widerspruchs gesetzt. Denn sie hat selbst darauf hingewiesen, dass der vom Aufhebungs- und Erstattungsbescheid umfasste Zeitraum Gegenstand einer eingereichten Klage beim SG sei und sie sich hierzu nicht äußern wolle, sondern erwarte, dass eine gerichtliche Entscheidung "zur Klärung dieses Sachverhalts" ergehe. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte das Widerspruchsverfahren aufgrund der Klage "ruhend" stellte. Sollte dies nicht im Interesse der Klägerin gelegen haben, hätte sie die Möglichkeit gehabt, dies dem Beklagten anzuzeigen und auf diese Weise die Fortsetzung des Verfahrens zu veranlassen. Auf das entsprechende Schreiben des Beklagten vom 17. November 2009 reagierte sie jedoch nicht, so dass der Beklagte vom Einverständnis der Klägerin mit der von ihm gewählten Verfahrensweise ausgehen und den Ausgang des anhängigen Klageverfahrens S 29 AS 1903/08 abwarten durfte.
Liegt mithin ein zureichender Grund dafür vor, dass der Widerspruchsbescheid noch nicht erlassen ist, hat das SG das Verfahren zu Recht ausgesetzt. Die vom SG bestimmte Frist bis zum 4. Januar 2012 erscheint angemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BRB
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