Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 10 SF 25/11 E
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 60/11 B E
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen Rechtsanwaltsvergütung gem. § 45 ff. RVG
Zur Festsetzung der Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr bei geringem Umfang und geringer Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit.
Zur Festsetzung der Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr bei geringem Umfang und geringer Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 24. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse zusteht. Streitig sind die Höhe der Verfahrensgebühr und die Höhe der Terminsgebühr.
Im Klageverfahren S 15 AS 863/10 und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 15 AS 1107/10 ER waren Sachverhalt und Rechtsfragen identisch. Es ging um höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Wegen Anrechnung einer Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung an den Kläger und Antragsteller (im Folgenden: Kläger) in Höhe von 4.908,48 Euro hatte die Beklagte und Antragsgegnerin (im Folgenden: Beklagte) mit Bescheid vom 17.03.2010 lediglich 40,44 Euro monatlich bewilligt.
Die Klage wurde am 09.07.2010 erhoben (S 15 AS 863/10). Mit dem Klageschriftsatz wurden Antrag auf Prozesskostenhilfe und Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Die Begründung der Klage erfolgte mit Schriftsatz vom 03.09.2010 dergestalt, dass ohne Benennung der Problematik auf die Widerspruchsbegründung vom 03.05.2010 Bezug genommen wurde. Mit diesem Schriftsatz wurden die Prozessvollmacht und die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, kombiniert mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe, wurde am 03.09.2010 eingereicht (S 15 AS 1107/10 ER) und damit begründet, dass die Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung nicht als Einkommen anzurechnen sei, wobei insoweit auf die Widerspruchsbegründung vom 03.05.2010 Bezug genommen wurde, und dass der von der Unfallversicherung geleistete Betrag dem Kläger auch nicht mehr zur Verfügung stünde. Dem Antrag waren die Prozessvollmacht, der Bescheid vom 17.03.2010, der Widerspruch, die Widerspruchsbegründung vom 03.05.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 30.06.2010 beigefügt. Mit Schriftsätzen vom 14.09.2010 und vom 29.09.2010 erwiderte der Beschwerdeführer auf die Stellungnahmen der Gegenseite.
Im Erörterungstermin am 14.10.2010 wurde für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt mit Beiordnung des Beschwerdeführers. Die Beteiligten beendeten das Verfahren durch einen Vergleich über ein Darlehen von 500 Euro (mit Regelung der Rückzahlungsmodalitäten). Der Termin dauerte 45 Minuten. Anschließend wurde das Klageverfahren aufgerufen, die Beteiligten erklärten Verzicht auf die Einhaltung der Ladungsfristen. In einem fünfminütigen Termin wurde ausweislich des Protokolls dem Kläger Prozesskostenhilfe mit Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt, dann nahm dieser die Klage zurück.
Für die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Beiordnung im Antragsverfahren S 15 AS 1107/10 ER erhielt der Beschwerdeführer die Verfahrensgebühr, die Terminsgebühr und die Einigungsgebühr jeweils in Höhe der Mittelgebühr.
Mit Kostenerstattungsantrag für Prozesskostenhilfe vom 14.10.2010 machte der Beschwerdeführer für seine anwaltliche Tätigkeit im Verfahren S 15 AS 863/10 einen Betrag von 422,45 Euro geltend. Er forderte die Verfahrensgebühr in Höhe von 170 Euro und die Terminsgebühr in Höhe von 200 Euro, setzte die Pauschale mit 20 Euro an und zog 35 Euro wegen der Anrechnung der Beratungshilfe gemäß Nr. 2503 VV RVG ab.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Kostenbeamtin) setzte die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten am 03.02.2011 auf 220,15 Euro fest:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG 100,00 Euro
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 100,00 Euro
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
abzüglich Beratungshilfe zur Hälfte, Nr. 2503 VV RVG./. 35,00 Euro
185,00 Euro
19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG 35,15 Euro
insgesamt 220,15 Euro
Die vom Beschwerdeführer angesetzte Verfahrensgebühr hielt die Kostenbeamtin für überhöht. Unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit (Klage zur Fristwahrung mit Antrag auf Prozesskostenhilfe und Antrag auf Akteneinsicht, Antrag auf Fristverlängerung, Klagebegründung 0,5 Seiten durch Bezugnahme auf die Widerspruchsbegründung und Vorlage von Prozesskostenhilfe-Unterlagen) sowie der Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger und dessen Einkommensverhältnisse werde eine unterdurchschnittliche Gebühr in Höhe von 100 Euro als angemessen angesehen. Die Terminsgebühr sei ebenfalls überhöht. Der Tatsachenstoff sei bereits im vorhergehenden Erörterungstermin zum Aktenzeichen S 15 AS 1107/10 ER im Wesentlichen besprochen worden. Es seien lediglich noch ein Prozesskostenhilfe-Beschluss und sodann die Klagerücknahme erfolgt. Der Termin habe nur fünf Minuten gedauert. Hier müsse ebenfalls von unterdurchschnittlichem Umfang und Schwierigkeit ausgegangen werden.
Die mit Schriftsatz vom 15.02.2011 am 16.02.2011 eingelegte Erinnerung hat der Beschwerdeführer mit einem Satz begründet: "Die geltend gemachten Gebühren sind angemessen, die Kürzung ist unberechtigt."
Das Sozialgericht Bayreuth hat mit Beschluss vom 24.02.2011 die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung vom 03.02.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Dem Beschwerdeführer stehe eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG zu, die sich in einem Rahmen zwischen 20 Euro und 320 Euro bewege; die Mittelgebühr betrage 170 Euro. Die von ihm verlangte Mittelgebühr sei jedoch nicht gerechtfertigt. Der Kläger habe lapidar Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend gemacht. Das Ausmaß der für die Bemessung der Verfahrensgebühr relevanten anwaltlichen Tätigkeit habe die durchschnittlich in sozialgerichtlichen Verfahren übliche Tätigkeit bei weitem nicht erreicht. Verglichen mit durchschnittlichen Verfahren sei die anwaltliche Tätigkeit gering gewesen; eine medizinische Sachverhaltsaufklärung sei nicht erforderlich gewesen, Rechtsfragen seien nicht zu klären gewesen. Das spräche eindeutig nicht für einen normalen Durchschnittsfall. Auch könne nicht außer Acht gelassen werden, dass sich aus der Bearbeitung des Parallelverfahrens (S 15 AS 1107/10 ER) für den Beschwerdeführer insofern erhebliche Erleichterungen ergeben hätten, als es sich um einen identischen Sachverhalt und eine identische Rechtsfrage gehandelt habe. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit habe im untersten Bereich dessen gelegen, was ein sozialgerichtliches Verfahren einem Anwalt abfordern könne. Die Dauer des vorliegenden Verfahrens vom Juli 2010 bis Oktober 2010 sei deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei ebenfalls unterdurchschnittlich gewesen. Die Kostenbeamtin habe den normativen Vorgaben des § 14 RVG bei ihrer Entscheidung voll entsprochen und die Verfahrensgebühr in Höhe von 100 Euro zutreffend festgesetzt. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Gebühr liege nicht mehr im 20%igen Toleranzrahmen und sei daher für die Festsetzung nicht zu übernehmen. Als weitere Gebühr stehe dem Beschwerdeführer die Terminsgebühr zu. Bei der Bestimmung der Höhe der Gebühr gelte das vorstehend Ausgeführte entsprechend. Im Erörterungstermin sei das in einem anderen Verfahren gefundene Ergebnis Anlass für die Klagerücknahmeerklärung gewesen. Der Vorbereitungsaufwand für den nicht geladenen Termin dürfte auch deshalb praktisch entfallen sein, weil die Sach- und Rechtslage identisch gewesen sei mit dem Eilverfahren, in dem die Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr vergütet worden sei.
Gegen den dem Beschwerdeführer am 01.03.2011 zugestellten Beschluss hat dieser am 07.03.2011 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgebracht, dass die Kürzungen nicht nachvollziehbar und willkürlich seien. Es seien jeweils wie beantragt die Mittelgebühren festzusetzen. Gerade in ALGII-Fällen sei es der Regelfall, das eine Vielzahl von Verfahren auflaufe, bis schlussendlich eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werde. Bei diesen Fällen sei deshalb ein anderer Maßstab für einen Durchschnittsfall anzulegen als beispielsweise in einem Fall des Schwerbehindertenrechts oder des Rentenrechts oder der gesetzlichen Unfallversicherung. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen stelle sich auch der vorliegende Fall als durchschnittlich dar. Einfachere Fälle, die durchschnittlich vergütet würden, sollen, so der Beschwerdeführer, dazu beitragen, schwierigere und aufwändigere Fälle, die nicht entsprechend wirtschaftlich vergütet würden, auszugleichen. Eine Vielzahl von Verfahren würde über Beratungshilfe abgewickelt. Wenn diese später ins Klageverfahren kämen, werde die Mittelgebühr wegen der Vorbefassung auf 170 Euro reduziert, bei lediglich 70 Euro, welche für den Beratungshilfeschein abgerechnet werden könnten. Hiervon seien noch 35 Euro auf die Verfahrenskostenhilfe anzurechnen.
Der Beschwerdegegner hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er hat hervorgehoben, dass in jedem Einzelfall eine Billigkeitskontrolle nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 315 Abs. 3 BGB vorzunehmen sei. Eine "Mischkalkulation", wonach auch einfachere Fälle durchschnittlich vergütet würden, werde dieser Anforderung nicht gerecht. Der Gesetzgeber habe Betragsrahmengebühren mit einer Mindest- und Höchstgebühr geschaffen. Nur dem Durchschnittsfall sei die Mittelgebühr vorbehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Beschwerdeakte, die Akte des Sozialgerichts Bayreuth S 10 SF 25/11 E sowie die Prozessakten S 15 AS 863/10 und S 15 1107/10 ER (jeweils mit Prozesskostenhilfe-Beiakten) Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG); er beläuft sich auf 170 Euro zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer. Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt worden (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG).
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine höhere Rechtsanwaltsvergütung. Der ihm zuerkannte Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf § 45 Abs. 1,
§ 48 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3103 VV RVG (Verfahrensgebühr) und Nr. 3106 VV RVG (Terminsgebühr). Unstreitig sind diese Gebühren angefallen. Da das Verfahren in der Hauptsache und ein Verfahren über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verschiedene Angelegenheiten im Sinn des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes sind (vgl. § 17 Nr. 4 RVG), hat der Beschwerdeführer auch für das Hauptsacheverfahren einen Gebührenanspruch. Streitig ist allerdings die Höhe der Gebühren.
Die Forderung des Beschwerdeführers, ihm stehe die Verfahrensgebühr und die Terminsgebühr jeweils in Höhe der Mittelgebühr zu, ist nicht berechtigt. Die von der Kostenbeamtin vorgenommene und vom Sozialgericht Bayreuth bestätigte Gebührenfestsetzung ist keinesfalls zu eng bemessen, vielmehr ist sie aus Sicht des Beschwerdegerichts etwas zu großzügig. Da von Seiten der Staatskasse keine Beschwerde eingelegt worden ist, kann die Kostenfestsetzung aber nicht zu Lasten des Beschwerdeführers abgeändert werden (Verbot der reformatio in peius; vgl. Müller-Rabe in Gerold/ Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Auflage 2010, § 56 Rn. 28).
Ausgangspunkt für die Vergütungsfestsetzung bei Rahmengebühren ist immer die Bestimmung der konkreten Gebühr durch den Rechtsanwalt. Dieser hat die Gebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen und dabei die Kriterien des § 14 RVG zu berücksichtigen. Im Fall einer nicht der Billigkeit entsprechenden Bestimmung der Gebühr durch den Rechtsanwalt wird die Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren bestimmt. Der nach § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs, im Fall der Erinnerung das gemäß § 56 Abs. 1 RVG zuständige Gericht und im Fall der Beschwerde das Beschwerdegericht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG sind befugt und verpflichtet, die vom Rechtsanwalt bestimmten Gebühren auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen und bei Feststellung der Unbilligkeit die Gebühr selbst festzusetzen. Bei der Bestimmung der billigen Gebühr anhand der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG wird dem Rechtsanwalt ein gewisser Spielraum bzw. Toleranzrahmen zugestanden. In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung hält der Senat die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr für noch verbindlich, wenn sie bis zu 20 % von der Gebühr abweicht, die der Kostenbeamte und gegebenenfalls das Gericht bzw. Beschwerdegericht für angemessen halten. Für "Normalfälle" bzw. "Durchschnittsfälle", in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt, ist die Mittelgebühr, also die Mitte des Gebührenrahmens, zugrunde zu legen (vgl. zum Ganzen Beschluss des Senats vom 21.03.2011, L 15 SF 204/09 B E, m.w.N.).
Die vom Beschwerdeführer getroffene Bemessung der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV RVG auf 170 Euro (Mittelgebühr) entspricht nicht billigem Ermessen. Die Kostenbeamtin durfte und musste die Gebühr neu festsetzen, ohne an die Bestimmung durch den Beschwerdeführer gebunden zu sein. Mit 100 Euro hat sie die Gebühr nicht zu niedrig, sonder eher zu großzügig bemessen. Im konkreten Fall erscheint für die Verfahrensgebühr der Ansatz der halben Mittelgebühr (85 Euro) ausreichend. Gebührenmindernd sind schon die schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers zu berücksichtigen, die nur teilweise durch die nicht ganz geringe Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger ausgeglichen werden. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht erkennbar. Bei Einbeziehung der Kriterien des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit kann der Fall keinesfalls als ein die Mittelgebühr rechtfertigender Durchschnitts- bzw. Normalfall eingeordnet werden. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind als extrem unterdurchschnittlich zu bewerten. Im Klageverfahren ging es um einen identischen Sachverhalt und um identische Rechtsfragen wie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die eigentliche Fallbearbeitung hat der Beschwerdeführer im Antragsverfahren durchgeführt, wofür er wie beantragt und auch zutreffend die Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr erhalten hat. Das Klageverfahren ist nur "mitgelaufen" und hat offensichtlich wenig Arbeit gemacht. Die Arbeit hat sich darin erschöpft, die Klage zu erheben und später zurückzunehmen, Prozesskostenhilfe und Akteneinsicht zu beantragen und außer der Prozessvollmacht die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen. Die Klagebegründung hat der Beschwerdeführer in effizienter Weise durch Bezugnahme auf die Widerspruchsbegründung erledigt.
Der Ansatz der Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG in Höhe von Höhe von 200 Euro (Mittelgebühr) entspricht ebenfalls nicht billigem Ermessen. Die Kostenbeamtin hat die Gebühr zu Recht reduziert, wobei sie sie mit 100 Euro nicht zu niedrig, sondern immer noch zu hoch festgesetzt hat. Im konkreten Fall wäre der Ansatz eines Viertels der Mittelgebühr (50 Euro) ausreichend gewesen. Bezüglich der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers und des Haftungsrisikos gilt das zur Verfahrensgebühr Ausgeführte entsprechend. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind vor dem Hintergrund, dass die Sach- und Rechtslage schon im vorangegangenen Erörterungstermin (S 15 AS 1107/10 ER) besprochen und geklärt worden war, äußerst gering zu veranschlagen. Der Erörterungstermin zum Verfahren S 15 AS 863/10 dauerte deshalb auch nur fünf Minuten, die im Wesentlichen zur Protokollierung des Prozesskostenhilfebeschlusses und der Klagerücknahme erforderlich waren. Bei identischer Sach- und Rechtslage wie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes tendierte auch der mutmaßliche Vorbereitungsaufwand des Beschwerdeführers für das Klageverfahren gegen Null.
Nicht richtig ist die Auffassung des Beschwerdeführers, dass in Fällen nach dem SGB II ein anderer Maßstab für den die Mittelgebühr rechtfertigenden Durchschnittsfall anzulegen sei. Insoweit wird auf den Senatsbeschluss vom 02.12.2011 (L 15 SF 28/11 B E) verwiesen. Wie der Beschwerdegegner zu Recht hervorgehoben hat, ist die Vorstellung des Beschwerdeführers, auch für einfachere Fälle die Mittelgebühr beanspruchen zu können ("Mischkalkulation"), nicht mit dem gesetzlichen System der Betragsrahmengebühren vereinbar. Die Gebührenbemessung ist vielmehr stets nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG durchzuführen, wobei das gesamte Spektrum sozialrechtlicher Streitigkeiten den Maßstab bildet.
Der Beschwerdeführer hätte zwar nach Maßgabe der Entscheidung des Senats vom 01.07.2011 (L 15 SF 82/10 B E) Anspruch darauf, dass entgegen Nr. 2503 Absatz 2 Satz 1 VV RVG in der bis 23.05.2011 geltenden Fassung die Geschäftsgebühr im Rahmen der Beratungshilfe nicht zur Hälfte (35 Euro) auf die im Gerichtsverfahren angefallenen Gebühren angerechnet wird. Dies wirkt sich aber letztlich nicht zu seinen Gunsten aus. Bei einer Verfahrensgebühr von 85 Euro und einer Terminsgebühr von 50 Euro ist der festgesetzte Betrag von 220,15 Euro auch dann noch zu hoch, wenn die 35 Euro nicht in Abzug gebracht werden.
Diese Entscheidung trifft der Einzelrichter im Sinn des § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Gründe:
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse zusteht. Streitig sind die Höhe der Verfahrensgebühr und die Höhe der Terminsgebühr.
Im Klageverfahren S 15 AS 863/10 und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 15 AS 1107/10 ER waren Sachverhalt und Rechtsfragen identisch. Es ging um höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Wegen Anrechnung einer Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung an den Kläger und Antragsteller (im Folgenden: Kläger) in Höhe von 4.908,48 Euro hatte die Beklagte und Antragsgegnerin (im Folgenden: Beklagte) mit Bescheid vom 17.03.2010 lediglich 40,44 Euro monatlich bewilligt.
Die Klage wurde am 09.07.2010 erhoben (S 15 AS 863/10). Mit dem Klageschriftsatz wurden Antrag auf Prozesskostenhilfe und Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Die Begründung der Klage erfolgte mit Schriftsatz vom 03.09.2010 dergestalt, dass ohne Benennung der Problematik auf die Widerspruchsbegründung vom 03.05.2010 Bezug genommen wurde. Mit diesem Schriftsatz wurden die Prozessvollmacht und die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, kombiniert mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe, wurde am 03.09.2010 eingereicht (S 15 AS 1107/10 ER) und damit begründet, dass die Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung nicht als Einkommen anzurechnen sei, wobei insoweit auf die Widerspruchsbegründung vom 03.05.2010 Bezug genommen wurde, und dass der von der Unfallversicherung geleistete Betrag dem Kläger auch nicht mehr zur Verfügung stünde. Dem Antrag waren die Prozessvollmacht, der Bescheid vom 17.03.2010, der Widerspruch, die Widerspruchsbegründung vom 03.05.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 30.06.2010 beigefügt. Mit Schriftsätzen vom 14.09.2010 und vom 29.09.2010 erwiderte der Beschwerdeführer auf die Stellungnahmen der Gegenseite.
Im Erörterungstermin am 14.10.2010 wurde für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt mit Beiordnung des Beschwerdeführers. Die Beteiligten beendeten das Verfahren durch einen Vergleich über ein Darlehen von 500 Euro (mit Regelung der Rückzahlungsmodalitäten). Der Termin dauerte 45 Minuten. Anschließend wurde das Klageverfahren aufgerufen, die Beteiligten erklärten Verzicht auf die Einhaltung der Ladungsfristen. In einem fünfminütigen Termin wurde ausweislich des Protokolls dem Kläger Prozesskostenhilfe mit Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt, dann nahm dieser die Klage zurück.
Für die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Beiordnung im Antragsverfahren S 15 AS 1107/10 ER erhielt der Beschwerdeführer die Verfahrensgebühr, die Terminsgebühr und die Einigungsgebühr jeweils in Höhe der Mittelgebühr.
Mit Kostenerstattungsantrag für Prozesskostenhilfe vom 14.10.2010 machte der Beschwerdeführer für seine anwaltliche Tätigkeit im Verfahren S 15 AS 863/10 einen Betrag von 422,45 Euro geltend. Er forderte die Verfahrensgebühr in Höhe von 170 Euro und die Terminsgebühr in Höhe von 200 Euro, setzte die Pauschale mit 20 Euro an und zog 35 Euro wegen der Anrechnung der Beratungshilfe gemäß Nr. 2503 VV RVG ab.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Kostenbeamtin) setzte die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten am 03.02.2011 auf 220,15 Euro fest:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG 100,00 Euro
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 100,00 Euro
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
abzüglich Beratungshilfe zur Hälfte, Nr. 2503 VV RVG./. 35,00 Euro
185,00 Euro
19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG 35,15 Euro
insgesamt 220,15 Euro
Die vom Beschwerdeführer angesetzte Verfahrensgebühr hielt die Kostenbeamtin für überhöht. Unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit (Klage zur Fristwahrung mit Antrag auf Prozesskostenhilfe und Antrag auf Akteneinsicht, Antrag auf Fristverlängerung, Klagebegründung 0,5 Seiten durch Bezugnahme auf die Widerspruchsbegründung und Vorlage von Prozesskostenhilfe-Unterlagen) sowie der Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger und dessen Einkommensverhältnisse werde eine unterdurchschnittliche Gebühr in Höhe von 100 Euro als angemessen angesehen. Die Terminsgebühr sei ebenfalls überhöht. Der Tatsachenstoff sei bereits im vorhergehenden Erörterungstermin zum Aktenzeichen S 15 AS 1107/10 ER im Wesentlichen besprochen worden. Es seien lediglich noch ein Prozesskostenhilfe-Beschluss und sodann die Klagerücknahme erfolgt. Der Termin habe nur fünf Minuten gedauert. Hier müsse ebenfalls von unterdurchschnittlichem Umfang und Schwierigkeit ausgegangen werden.
Die mit Schriftsatz vom 15.02.2011 am 16.02.2011 eingelegte Erinnerung hat der Beschwerdeführer mit einem Satz begründet: "Die geltend gemachten Gebühren sind angemessen, die Kürzung ist unberechtigt."
Das Sozialgericht Bayreuth hat mit Beschluss vom 24.02.2011 die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung vom 03.02.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Dem Beschwerdeführer stehe eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG zu, die sich in einem Rahmen zwischen 20 Euro und 320 Euro bewege; die Mittelgebühr betrage 170 Euro. Die von ihm verlangte Mittelgebühr sei jedoch nicht gerechtfertigt. Der Kläger habe lapidar Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend gemacht. Das Ausmaß der für die Bemessung der Verfahrensgebühr relevanten anwaltlichen Tätigkeit habe die durchschnittlich in sozialgerichtlichen Verfahren übliche Tätigkeit bei weitem nicht erreicht. Verglichen mit durchschnittlichen Verfahren sei die anwaltliche Tätigkeit gering gewesen; eine medizinische Sachverhaltsaufklärung sei nicht erforderlich gewesen, Rechtsfragen seien nicht zu klären gewesen. Das spräche eindeutig nicht für einen normalen Durchschnittsfall. Auch könne nicht außer Acht gelassen werden, dass sich aus der Bearbeitung des Parallelverfahrens (S 15 AS 1107/10 ER) für den Beschwerdeführer insofern erhebliche Erleichterungen ergeben hätten, als es sich um einen identischen Sachverhalt und eine identische Rechtsfrage gehandelt habe. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit habe im untersten Bereich dessen gelegen, was ein sozialgerichtliches Verfahren einem Anwalt abfordern könne. Die Dauer des vorliegenden Verfahrens vom Juli 2010 bis Oktober 2010 sei deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei ebenfalls unterdurchschnittlich gewesen. Die Kostenbeamtin habe den normativen Vorgaben des § 14 RVG bei ihrer Entscheidung voll entsprochen und die Verfahrensgebühr in Höhe von 100 Euro zutreffend festgesetzt. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Gebühr liege nicht mehr im 20%igen Toleranzrahmen und sei daher für die Festsetzung nicht zu übernehmen. Als weitere Gebühr stehe dem Beschwerdeführer die Terminsgebühr zu. Bei der Bestimmung der Höhe der Gebühr gelte das vorstehend Ausgeführte entsprechend. Im Erörterungstermin sei das in einem anderen Verfahren gefundene Ergebnis Anlass für die Klagerücknahmeerklärung gewesen. Der Vorbereitungsaufwand für den nicht geladenen Termin dürfte auch deshalb praktisch entfallen sein, weil die Sach- und Rechtslage identisch gewesen sei mit dem Eilverfahren, in dem die Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr vergütet worden sei.
Gegen den dem Beschwerdeführer am 01.03.2011 zugestellten Beschluss hat dieser am 07.03.2011 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgebracht, dass die Kürzungen nicht nachvollziehbar und willkürlich seien. Es seien jeweils wie beantragt die Mittelgebühren festzusetzen. Gerade in ALGII-Fällen sei es der Regelfall, das eine Vielzahl von Verfahren auflaufe, bis schlussendlich eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werde. Bei diesen Fällen sei deshalb ein anderer Maßstab für einen Durchschnittsfall anzulegen als beispielsweise in einem Fall des Schwerbehindertenrechts oder des Rentenrechts oder der gesetzlichen Unfallversicherung. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen stelle sich auch der vorliegende Fall als durchschnittlich dar. Einfachere Fälle, die durchschnittlich vergütet würden, sollen, so der Beschwerdeführer, dazu beitragen, schwierigere und aufwändigere Fälle, die nicht entsprechend wirtschaftlich vergütet würden, auszugleichen. Eine Vielzahl von Verfahren würde über Beratungshilfe abgewickelt. Wenn diese später ins Klageverfahren kämen, werde die Mittelgebühr wegen der Vorbefassung auf 170 Euro reduziert, bei lediglich 70 Euro, welche für den Beratungshilfeschein abgerechnet werden könnten. Hiervon seien noch 35 Euro auf die Verfahrenskostenhilfe anzurechnen.
Der Beschwerdegegner hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er hat hervorgehoben, dass in jedem Einzelfall eine Billigkeitskontrolle nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 315 Abs. 3 BGB vorzunehmen sei. Eine "Mischkalkulation", wonach auch einfachere Fälle durchschnittlich vergütet würden, werde dieser Anforderung nicht gerecht. Der Gesetzgeber habe Betragsrahmengebühren mit einer Mindest- und Höchstgebühr geschaffen. Nur dem Durchschnittsfall sei die Mittelgebühr vorbehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Beschwerdeakte, die Akte des Sozialgerichts Bayreuth S 10 SF 25/11 E sowie die Prozessakten S 15 AS 863/10 und S 15 1107/10 ER (jeweils mit Prozesskostenhilfe-Beiakten) Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG); er beläuft sich auf 170 Euro zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer. Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt worden (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG).
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine höhere Rechtsanwaltsvergütung. Der ihm zuerkannte Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf § 45 Abs. 1,
§ 48 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3103 VV RVG (Verfahrensgebühr) und Nr. 3106 VV RVG (Terminsgebühr). Unstreitig sind diese Gebühren angefallen. Da das Verfahren in der Hauptsache und ein Verfahren über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verschiedene Angelegenheiten im Sinn des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes sind (vgl. § 17 Nr. 4 RVG), hat der Beschwerdeführer auch für das Hauptsacheverfahren einen Gebührenanspruch. Streitig ist allerdings die Höhe der Gebühren.
Die Forderung des Beschwerdeführers, ihm stehe die Verfahrensgebühr und die Terminsgebühr jeweils in Höhe der Mittelgebühr zu, ist nicht berechtigt. Die von der Kostenbeamtin vorgenommene und vom Sozialgericht Bayreuth bestätigte Gebührenfestsetzung ist keinesfalls zu eng bemessen, vielmehr ist sie aus Sicht des Beschwerdegerichts etwas zu großzügig. Da von Seiten der Staatskasse keine Beschwerde eingelegt worden ist, kann die Kostenfestsetzung aber nicht zu Lasten des Beschwerdeführers abgeändert werden (Verbot der reformatio in peius; vgl. Müller-Rabe in Gerold/ Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Auflage 2010, § 56 Rn. 28).
Ausgangspunkt für die Vergütungsfestsetzung bei Rahmengebühren ist immer die Bestimmung der konkreten Gebühr durch den Rechtsanwalt. Dieser hat die Gebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen und dabei die Kriterien des § 14 RVG zu berücksichtigen. Im Fall einer nicht der Billigkeit entsprechenden Bestimmung der Gebühr durch den Rechtsanwalt wird die Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren bestimmt. Der nach § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs, im Fall der Erinnerung das gemäß § 56 Abs. 1 RVG zuständige Gericht und im Fall der Beschwerde das Beschwerdegericht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG sind befugt und verpflichtet, die vom Rechtsanwalt bestimmten Gebühren auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen und bei Feststellung der Unbilligkeit die Gebühr selbst festzusetzen. Bei der Bestimmung der billigen Gebühr anhand der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG wird dem Rechtsanwalt ein gewisser Spielraum bzw. Toleranzrahmen zugestanden. In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung hält der Senat die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr für noch verbindlich, wenn sie bis zu 20 % von der Gebühr abweicht, die der Kostenbeamte und gegebenenfalls das Gericht bzw. Beschwerdegericht für angemessen halten. Für "Normalfälle" bzw. "Durchschnittsfälle", in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt, ist die Mittelgebühr, also die Mitte des Gebührenrahmens, zugrunde zu legen (vgl. zum Ganzen Beschluss des Senats vom 21.03.2011, L 15 SF 204/09 B E, m.w.N.).
Die vom Beschwerdeführer getroffene Bemessung der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV RVG auf 170 Euro (Mittelgebühr) entspricht nicht billigem Ermessen. Die Kostenbeamtin durfte und musste die Gebühr neu festsetzen, ohne an die Bestimmung durch den Beschwerdeführer gebunden zu sein. Mit 100 Euro hat sie die Gebühr nicht zu niedrig, sonder eher zu großzügig bemessen. Im konkreten Fall erscheint für die Verfahrensgebühr der Ansatz der halben Mittelgebühr (85 Euro) ausreichend. Gebührenmindernd sind schon die schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers zu berücksichtigen, die nur teilweise durch die nicht ganz geringe Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger ausgeglichen werden. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht erkennbar. Bei Einbeziehung der Kriterien des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit kann der Fall keinesfalls als ein die Mittelgebühr rechtfertigender Durchschnitts- bzw. Normalfall eingeordnet werden. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind als extrem unterdurchschnittlich zu bewerten. Im Klageverfahren ging es um einen identischen Sachverhalt und um identische Rechtsfragen wie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die eigentliche Fallbearbeitung hat der Beschwerdeführer im Antragsverfahren durchgeführt, wofür er wie beantragt und auch zutreffend die Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr erhalten hat. Das Klageverfahren ist nur "mitgelaufen" und hat offensichtlich wenig Arbeit gemacht. Die Arbeit hat sich darin erschöpft, die Klage zu erheben und später zurückzunehmen, Prozesskostenhilfe und Akteneinsicht zu beantragen und außer der Prozessvollmacht die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen. Die Klagebegründung hat der Beschwerdeführer in effizienter Weise durch Bezugnahme auf die Widerspruchsbegründung erledigt.
Der Ansatz der Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG in Höhe von Höhe von 200 Euro (Mittelgebühr) entspricht ebenfalls nicht billigem Ermessen. Die Kostenbeamtin hat die Gebühr zu Recht reduziert, wobei sie sie mit 100 Euro nicht zu niedrig, sondern immer noch zu hoch festgesetzt hat. Im konkreten Fall wäre der Ansatz eines Viertels der Mittelgebühr (50 Euro) ausreichend gewesen. Bezüglich der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers und des Haftungsrisikos gilt das zur Verfahrensgebühr Ausgeführte entsprechend. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind vor dem Hintergrund, dass die Sach- und Rechtslage schon im vorangegangenen Erörterungstermin (S 15 AS 1107/10 ER) besprochen und geklärt worden war, äußerst gering zu veranschlagen. Der Erörterungstermin zum Verfahren S 15 AS 863/10 dauerte deshalb auch nur fünf Minuten, die im Wesentlichen zur Protokollierung des Prozesskostenhilfebeschlusses und der Klagerücknahme erforderlich waren. Bei identischer Sach- und Rechtslage wie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes tendierte auch der mutmaßliche Vorbereitungsaufwand des Beschwerdeführers für das Klageverfahren gegen Null.
Nicht richtig ist die Auffassung des Beschwerdeführers, dass in Fällen nach dem SGB II ein anderer Maßstab für den die Mittelgebühr rechtfertigenden Durchschnittsfall anzulegen sei. Insoweit wird auf den Senatsbeschluss vom 02.12.2011 (L 15 SF 28/11 B E) verwiesen. Wie der Beschwerdegegner zu Recht hervorgehoben hat, ist die Vorstellung des Beschwerdeführers, auch für einfachere Fälle die Mittelgebühr beanspruchen zu können ("Mischkalkulation"), nicht mit dem gesetzlichen System der Betragsrahmengebühren vereinbar. Die Gebührenbemessung ist vielmehr stets nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG durchzuführen, wobei das gesamte Spektrum sozialrechtlicher Streitigkeiten den Maßstab bildet.
Der Beschwerdeführer hätte zwar nach Maßgabe der Entscheidung des Senats vom 01.07.2011 (L 15 SF 82/10 B E) Anspruch darauf, dass entgegen Nr. 2503 Absatz 2 Satz 1 VV RVG in der bis 23.05.2011 geltenden Fassung die Geschäftsgebühr im Rahmen der Beratungshilfe nicht zur Hälfte (35 Euro) auf die im Gerichtsverfahren angefallenen Gebühren angerechnet wird. Dies wirkt sich aber letztlich nicht zu seinen Gunsten aus. Bei einer Verfahrensgebühr von 85 Euro und einer Terminsgebühr von 50 Euro ist der festgesetzte Betrag von 220,15 Euro auch dann noch zu hoch, wenn die 35 Euro nicht in Abzug gebracht werden.
Diese Entscheidung trifft der Einzelrichter im Sinn des § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
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