Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SO 2202/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5006/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Oktober 2011 aufgehoben und der Antragsgegner im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig sowie unter dem Vorbehalt der Rückforderung vom 11. August 2011 bis 29. Februar 2012, jedoch längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens S 8 SO 2201/11 Hilfe zur Pflege durch Übernahme der Kosten für die vollstationäre Unterbringung der Antragstellerin im Wohnzentrum G. B., Pf., der Beigeladenen in Höhe von kalendertäglich 90,95 EUR abzüglich bereits übernommener Kosten zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zwei Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Neben der Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bedarf es weiter der Anordnungsvoraussetzungen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 - und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164); eine einstweilige Anordnung darf demnach nur erlassen werden, wenn sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - und vom 2. September 2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B - (beide juris)). Die Anordnungsvoraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen um so niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen; insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschlüsse vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803; BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind deshalb bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen nicht nur summarisch, sondern mit Blick auf das sich aus Art. 1 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) ergebende Gebot der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie den grundrechtlich geschützten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) abschließend zu prüfen. Ist in diesen Fällen im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen im Umfang des Beschlusstenors mit den dort ausgesprochenen Maßgaben vor; soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde mehr erreichen möchte, nämlich die vollständige Übernahme der Kosten für ihre Unterbringung im Wohnzentrum G. B. bereits ab dem 7. April 2011, ist ihr der Erfolg zu versagen. Soweit - wie hier - (auch) Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrages beim Sozialgericht Konstanz (SG) am 11. August 2011 abgelaufene Zeiträume erhoben werden, ist die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung regelmäßig zu verneinen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 a.a.O.; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnr. 259 (alle m.w.N.)). Eine Ausnahme ist bei einer begehrten Regelungsanordnung nur dann zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - (juris); ferner Krodel, NZS 2007, 20, 21 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Einen derartigen Nachholbedarf hat die Antragstellerin hier jedoch weder glaubhaft gemacht noch ist ein solcher aus den vorliegenden Unterlagen zu erkennen.
Ab Eingang des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim SG am 11. August 2011 liegen hingegen die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung vor. Als Rechtsgrundlage des Begehrens der Antragstellerin ist § 19 Abs. 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. § 61 SGB XII heranzuziehen. Danach ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten (§ 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII umfasst die Hilfe zur Pflege u.a. stationäre Pflege, wobei der Inhalt der Leistungen sich nach den Regelungen der Pflegeversicherung für die u.a. in § 28 Abs. 1 Nr. 8 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) aufgeführten Leistungen (vollstationäre Pflege) bestimmt. Die Antragstellerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach § 61 Abs. 1 SGB XII. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen steht fest und ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass sie aufgrund der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer der Hilfe bedarf. Dies belegt nicht zuletzt die Tatsache, dass bei der Antragstellerin Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe I gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI festgestellt wurde. Ferner hat die Antragstellerin ab Oktober 2009 vom Antragsgegner Hilfe zur Pflege in Form von Pflegesachleistungen bezogen. Auch dies belegt ihre Pflegebedürftigkeit. Die Antragstellerin bedarf ferner vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim. Dies zeigt bereits das Schreiben der Sozialpädagogin Gold vom 14. Juni 2010, das während des stationären Aufenthalts der Antragstellerin im Krankenhaus Pf. erstellt wurde. In diesem Schreiben weist Sozialpädagogin Gold darauf hin, dass die Versorgung der Antragstellerin im häuslichen Umfeld nicht mehr gewährleistet sei und deshalb zu einer Pflegeheimversorgung geraten werde. Die Notwendigkeit vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim wird überdies vom Antragsgegner auch nicht in Zweifel gezogen. Weiter steht fest und ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Antragstellerin hilfebedürftig im Sinne des § 19 Abs. 3 SGB XII ist. Dementsprechend erbringt der Antragsgegner auch bereits seit 7. April 2011, der Aufnahme der Antragstellerin im Wohnzentrum G. B., Hilfe zur Pflege durch (teilweise) Übernahme der Kosten für die Unterbringung der Klägerin in diesem Wohnzentrum. Hierbei übernimmt der Antragsgegner allerdings nicht die gesamten dort in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von kalendertäglich 90,95 EUR, sondern lediglich die im Altenpflegeheim des S.fonds Pf. anfallenden Kosten in Höhe von kalendertäglich 78,82 EUR bzw. ab 1. Juni 2011 von kalendertäglich 80,37 EUR. Zwischen den Beteiligten ist somit allein streitig die Höhe der vom Antragsgegner zu übernehmenden Kosten. Ob dem Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der gesamten Kosten für ihre Unterbringung im Wohnzentrum G. B. - wie der Antragsgegner meint - der Einwand unverhältnismäßiger Mehrkosten (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII) entgegengehalten werden kann, vermag der Senat im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend zu beantworten, zumal eine im Eilverfahren getroffene Regelung ohnehin nur vorläufig sein kann. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII soll Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Dieses Wunschrecht ist für die Rechtsstellung des bedürftigen Bürgers, der Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nimmt, von zentraler Bedeutung. Der Bürger soll bei der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nicht entmündigt werden, soll nicht zum Objekt behördlichen Handelns werden, sondern in seiner Eigenständigkeit weitestgehend geschützt und auch - im Sinne der Zielsetzung in § 1 SGB XII - unterstützt werden. § 9 Abs. 2 SGB XII dient damit in besonderer Weise der Ausgestaltung des überragenden Grundsatzes der Sozialhilfe, dass die Hilfe dem Empfänger ein Leben zu ermöglichen hat, das der Würde des Menschen entspricht. Hierzu gehört, dass dem erwachsenen Menschen die Möglichkeit gelassen wird, im Rahmen der ihm nach dem Gesetz zustehenden Mittel seine Bedarfsdeckung frei zu gestalten (W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage, § 9 Rdnrn. 13 und 14). Dieses Wunschrecht setzt schon begrifflich gleich geeignete Alternativen der Bedarfsdeckung voraus (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 91, 114, 116; 94, 127, 130; 97, 53, 57, 60; Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, § 9 Rdnr. 17; W. Schellhorn, a.a.O., Rdnr. 25; Schiefer in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 9 SGB XII, Rdnrn. 51 f.). Hierbei liegt die Beweislast für die anderweitige Möglichkeit der Bedarfsdeckung bei Prüfung der Angemessenheit der Wünsche des Leistungsberechtigten beim Träger der Sozialhilfe (W. Schellhorn, a.a.O., Rdnr. 26; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 9 Rdnr. 30). Ob das vom S.fonds Pf. betriebene Altenpflegeheim zur bedarfsgerechten Pflege der Antragstellerin ab 7. April 2011 geeignet und insbesondere auch bereit gewesen wäre, vermag der Senat vorliegend nicht abschließend zu beurteilen. Der Antragsgegner führt zwar in seinem an die Betreuerin der Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 15. Juni 2011 u.a. aus, im Zeitpunkt der Aufnahme direkt aus dem Krankenhaus als auch noch danach sei ein Platz im Altenpflegeheim des S.fonds Pf. frei gewesen. Ob diese Mitteilung zutreffend ist, kann vom Senat mangels entsprechender Unterlagen nicht nachgeprüft werden. Gegebenenfalls wird diesem Gesichtspunkt ebenso wie der Geeignetheit des Altenpflegeheims Pf. im Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein. Selbst wenn das Altenpflegeheim des S.fonds Pf. als Alternative zur Unterbringung im Wohnzentrum G. B. zur Deckung des bei der Antragstellerin bestehenden Pflegebedarfs in Betracht kommt, kommt der sogenannte Mehrkostenvorbehalt des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII erst zum Tragen, wenn die entsprechenden Hilfsangebote dem Hilfesuchenden auch zumutbar sind (vgl. BVerwG Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 11; BVerwGE 94, 127, 131; 94, 202, 209; 97, 53, 60; Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O., Rdnr. 8; Schiefer in Oestreicher, a.a.O., Rdnrn. 59 ff.). Dabei ist auf die Besonderheiten des Einzelfalls Rücksicht zu nehmen. Diese Besonderheiten des Einzelfalls schließen neben der Situation des Leistungsempfängers insbesondere die Beurteilung seines Umfeldes, die Beachtung seiner konkreten Lebenssituation sowie seine soziale Einbindung einschließlich der Beziehungen zu Familienangehörigen und Bekannten ein (vgl. W. Schellhorn, a.a.O., Rdnr. 17). Aus diesem Grunde darf sich vorliegend die Prüfung des vom Antragsgegner alternativ genannten Altenpflegeheimes Pf. nicht allein darauf beschränken, ob dieses Altenpflegeheim zur Pflege der Antragstellerin objektiv geeignet sowie zu ihrer Unterbringung bereit war. Ob vorliegend Besonderheiten im Falle der Antragstellerin eine Unterbringung im Altenpflegeheim des S.fonds Pf. unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit ausschließen, ist für den Senat im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erkennen. Eine entsprechende Aufklärung muss daher gegebenenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Tatsache, dass auch das Altenpflegeheim des S.fonds Pf. sich ebenso wie das Wohnzentrum G. B. in Pf., dem früheren Wohnort der Antragstellerin sowie dem Wohnort ihrer Kinder, befindet, dieses wohl als zumutbare Alternative für die Unterbringung der Antragstellerin anzusehen sein dürfte.
Erst wenn sich - bei gegebenenfalls weiter erforderlicher Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren - herausstellen sollte, dass wichtige Gründe in der Person der Antragstellerin eine Unterbringung in dem vom S.fonds Pf. betriebenen Altenpflegeheim nicht entgegenstehen, könnte auf die Bestimmung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII über den Mehrkostenvorbehalt zurückgegriffen werden. Hinsichtlich der Kriterien, die bei einem solchen Kostenvergleich heranzuziehen sind, steht eine höchstrichterliche Klärung durch das Bundessozialgericht noch aus. So verlangen Teile in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur zur Ermittlung der Durchschnittskosten einen überregionalen Vergleich (vgl. etwa Verwaltungsgericht (VG) Münster, Urteil vom 24. April 2006 - 5 K 783/04 - (juris); Schiefer in Oestreicher, a.a.O., Rdnr. 52; Roscher in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 9 Rdnr. 36) und halten es nicht für ausreichend, dass sich der örtlich zuständige Sozialhilfeträger im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auf den Landkreis beschränkt (so aber Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O., Rdnr. 31; wohl auch BVerwGE 65, 52, 56). Darüber hinaus ist umstritten, ob beim Kostenvergleich von den sogenannten "Nettoaufwendungen" ausgegangen werden kann (so Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. März 1997 - 6 S 755/95 - FEVS 48, 86; Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O., Rdnr. 32 einerseits; W. Schellhorn, a.a.O., Rdnr. 22 andererseits; vgl. aber auch BVerwGE 75, 343, 348 ff.). Letztlich ist ebenfalls noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob überhaupt eine generelle Kostenobergrenze festgelegt werden kann - jedenfalls Mehrkosten von rund 75% sind vom BVerwG (BVerwGE 65, 52, 56) als "unvertretbar" angesehen worden - bzw. bis zu welcher Grenze noch eine Verhältnismäßigkeit der Mehrkosten angenommen werden kann (vgl. etwa Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 16. Februar 2004 - 4 ME 400/03 - FEVS 55, 545: Mehrkosten von 21,24% unverhältnismäßig; VG Münster, Urteil vom 24. April 2006, a.a.O.: Überschreitung um 30% noch verhältnismäßig; Sozialgericht Oldenburg., Beschluss vom 15. Juni 2007 - S 2 SO 22/07 ER - juris): Einzelfallprüfung ohne starre Kostengrenze, jedoch bei Mehrkosten von 33% Unverhältnismäßigkeit im konkreten Fall bejaht; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, III.4 Rdnr. 30: Mehrkosten bis zu 20% nicht unverhältnismäßig; Dillmann, ZfF 2010, 97, 102 f.: ein Drittel an Mehrkosten Richtschnur für die Annahme unverhältnismäßiger Kosten). Ob angesichts der dargestellten Ansichten in Rechtsprechung und Literatur bei der hier vorliegenden Überschreitung der im Altenpflegeheim Pf. entstehenden Kosten um 15% bzw. ab 1. Juni 2011 um 13% von "unverhältnismäßigen Mehrkosten" im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII gesprochen werden kann, erscheint fraglich, muss aber der Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Da nach allem im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Frage "unverhältnismäßiger Mehrkosten" unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der Antragstellerin (§ 9 Abs. 2 SGB XII) nicht weiter aufklärbar ist, ist eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Abzuwägen sind insoweit die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Hauptsacherechtsbehelf aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Hauptsacherechtsbehelf dagegen erfolglos bliebe (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (juris) und vom 25. Juni 2010 - L 7 SO 2034/10 ER-B -). Im Rahmen dieser Abwägung vorrangig zu berücksichtigen ist, dass der Antragstellerin, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes der vollstationären Pflege in einem Pflegeheim bedarf, durch die nur teilweise Übernahme der Kosten für die Unterbringung im Wohnzentrum G. B. zum einen bereits erhebliche Schulden in Höhe von 1.906,41 EUR (Stand 29. September 2011) entstanden sind, zum anderen bis zum (rechtskräftigen) Abschluss des Hauptsacheverfahrens weitere Schulden in nicht unerheblicher Höhe entstehen werden. Durch die nur teilweise Übernahme der Kosten für die Unterbringung im Wohnzentrum G. B. entstehen monatlich ungedeckte Kosten in Höhe von ca. 320,00 EUR. Daneben drohen der Antragstellerin weitere nicht unerhebliche Kosten durch die von der Beigeladenen mittlerweile konkret ins Auge gefasste Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens. Die Beigeladene weist in ihrem an das SG gerichteten Schriftsatz vom 21. Dezember 2011, der einer Stellungnahme vom 21. Dezember 2011 an den Senat beigefügt wurde, ausdrücklich darauf hin, dass für sie kein Grund bestehe, von dem Mahnverfahren - und dem folgenden Kündigungsverfahren - abzuweichen, so lange keine Zusage des Antragsgegners hinsichtlich der vollen Kostenübernahme erfolge. Bei weiterer nicht vollständiger Kostenübernahme droht der Antragstellerin somit nunmehr die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens mit daraus entstehenden nicht unerheblichen Kosten, die sie - jedenfalls zunächst - zu tragen hat. Weiterhin droht ihr bei weiterer Nichtzahlung des vollen Heimentgelts möglicherweise ein Verlust ihres Heimplatzes durch Kündigung des Heimvertrages, die allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 und 4 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes in der ab 1. Oktober 2009 geltenden Fassung (BGBl. I S. 2319) rechtlich zulässig wäre. Der Schriftsatz der Beigeladenen vom 21. Dezember 2011 zeigt, dass diese von der Möglichkeit der Kündigung des Heimvertrages - bei Erfüllung der hierfür erforderlichen Voraussetzungen - durchaus Gebrauch machen würde. In Anbetracht des elementaren Grundbedürfnisses der Antragstellerin, die in ihrem Fall erforderliche Pflege zu erhalten, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihr eine Rechtsverletzung nur in Randbereichen drohen würde. Würde die einstweilige Anordnung dagegen erlassen, während der Hauptsacherechtsbehelf erfolglos bliebe, hätte die Antragstellerin zwar Leistungen erhalten, die ihr nicht zustünden. Der Nachteil des Antragsgegners bestünde darin, dass ihn das Risiko der Uneinbringlichkeit der Rückforderung träfe. In Abwägung dieser beiderseitigen Interessen erscheint es dem Senat angemessen, die Verpflichtung des Antragsgegners im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes auf die Zeit vom 11. August 2011 bis 29. Februar 2012, längstens jedoch bis zum Abschluss des beim SG bereits anhängigen Klageverfahrens S 8 SO 2201/11, zu begrenzen. Hierbei geht der Senat davon aus, dass spätestens in der auf den 17. Januar 2012 im Hauptsacheverfahren terminierten mündlichen Verhandlung die oben angesprochenen offenen Fragen zur Zumutbarkeit der Unterbringung im Altenpflegeheim Pf. und zur Unverhältnismäßigkeit der Mehrkosten geklärt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6). Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass das Begehren der Antragstellerin nur zum (überwiegenden) Teil Erfolg hatte.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zwei Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Neben der Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bedarf es weiter der Anordnungsvoraussetzungen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 - und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164); eine einstweilige Anordnung darf demnach nur erlassen werden, wenn sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - und vom 2. September 2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B - (beide juris)). Die Anordnungsvoraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen um so niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen; insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschlüsse vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803; BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind deshalb bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen nicht nur summarisch, sondern mit Blick auf das sich aus Art. 1 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) ergebende Gebot der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie den grundrechtlich geschützten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) abschließend zu prüfen. Ist in diesen Fällen im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen im Umfang des Beschlusstenors mit den dort ausgesprochenen Maßgaben vor; soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde mehr erreichen möchte, nämlich die vollständige Übernahme der Kosten für ihre Unterbringung im Wohnzentrum G. B. bereits ab dem 7. April 2011, ist ihr der Erfolg zu versagen. Soweit - wie hier - (auch) Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrages beim Sozialgericht Konstanz (SG) am 11. August 2011 abgelaufene Zeiträume erhoben werden, ist die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung regelmäßig zu verneinen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 a.a.O.; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnr. 259 (alle m.w.N.)). Eine Ausnahme ist bei einer begehrten Regelungsanordnung nur dann zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - (juris); ferner Krodel, NZS 2007, 20, 21 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Einen derartigen Nachholbedarf hat die Antragstellerin hier jedoch weder glaubhaft gemacht noch ist ein solcher aus den vorliegenden Unterlagen zu erkennen.
Ab Eingang des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim SG am 11. August 2011 liegen hingegen die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung vor. Als Rechtsgrundlage des Begehrens der Antragstellerin ist § 19 Abs. 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. § 61 SGB XII heranzuziehen. Danach ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten (§ 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 SGB XII umfasst die Hilfe zur Pflege u.a. stationäre Pflege, wobei der Inhalt der Leistungen sich nach den Regelungen der Pflegeversicherung für die u.a. in § 28 Abs. 1 Nr. 8 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) aufgeführten Leistungen (vollstationäre Pflege) bestimmt. Die Antragstellerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach § 61 Abs. 1 SGB XII. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen steht fest und ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass sie aufgrund der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer der Hilfe bedarf. Dies belegt nicht zuletzt die Tatsache, dass bei der Antragstellerin Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe I gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI festgestellt wurde. Ferner hat die Antragstellerin ab Oktober 2009 vom Antragsgegner Hilfe zur Pflege in Form von Pflegesachleistungen bezogen. Auch dies belegt ihre Pflegebedürftigkeit. Die Antragstellerin bedarf ferner vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim. Dies zeigt bereits das Schreiben der Sozialpädagogin Gold vom 14. Juni 2010, das während des stationären Aufenthalts der Antragstellerin im Krankenhaus Pf. erstellt wurde. In diesem Schreiben weist Sozialpädagogin Gold darauf hin, dass die Versorgung der Antragstellerin im häuslichen Umfeld nicht mehr gewährleistet sei und deshalb zu einer Pflegeheimversorgung geraten werde. Die Notwendigkeit vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim wird überdies vom Antragsgegner auch nicht in Zweifel gezogen. Weiter steht fest und ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Antragstellerin hilfebedürftig im Sinne des § 19 Abs. 3 SGB XII ist. Dementsprechend erbringt der Antragsgegner auch bereits seit 7. April 2011, der Aufnahme der Antragstellerin im Wohnzentrum G. B., Hilfe zur Pflege durch (teilweise) Übernahme der Kosten für die Unterbringung der Klägerin in diesem Wohnzentrum. Hierbei übernimmt der Antragsgegner allerdings nicht die gesamten dort in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von kalendertäglich 90,95 EUR, sondern lediglich die im Altenpflegeheim des S.fonds Pf. anfallenden Kosten in Höhe von kalendertäglich 78,82 EUR bzw. ab 1. Juni 2011 von kalendertäglich 80,37 EUR. Zwischen den Beteiligten ist somit allein streitig die Höhe der vom Antragsgegner zu übernehmenden Kosten. Ob dem Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der gesamten Kosten für ihre Unterbringung im Wohnzentrum G. B. - wie der Antragsgegner meint - der Einwand unverhältnismäßiger Mehrkosten (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII) entgegengehalten werden kann, vermag der Senat im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend zu beantworten, zumal eine im Eilverfahren getroffene Regelung ohnehin nur vorläufig sein kann. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII soll Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Dieses Wunschrecht ist für die Rechtsstellung des bedürftigen Bürgers, der Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nimmt, von zentraler Bedeutung. Der Bürger soll bei der Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nicht entmündigt werden, soll nicht zum Objekt behördlichen Handelns werden, sondern in seiner Eigenständigkeit weitestgehend geschützt und auch - im Sinne der Zielsetzung in § 1 SGB XII - unterstützt werden. § 9 Abs. 2 SGB XII dient damit in besonderer Weise der Ausgestaltung des überragenden Grundsatzes der Sozialhilfe, dass die Hilfe dem Empfänger ein Leben zu ermöglichen hat, das der Würde des Menschen entspricht. Hierzu gehört, dass dem erwachsenen Menschen die Möglichkeit gelassen wird, im Rahmen der ihm nach dem Gesetz zustehenden Mittel seine Bedarfsdeckung frei zu gestalten (W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage, § 9 Rdnrn. 13 und 14). Dieses Wunschrecht setzt schon begrifflich gleich geeignete Alternativen der Bedarfsdeckung voraus (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 91, 114, 116; 94, 127, 130; 97, 53, 57, 60; Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, § 9 Rdnr. 17; W. Schellhorn, a.a.O., Rdnr. 25; Schiefer in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 9 SGB XII, Rdnrn. 51 f.). Hierbei liegt die Beweislast für die anderweitige Möglichkeit der Bedarfsdeckung bei Prüfung der Angemessenheit der Wünsche des Leistungsberechtigten beim Träger der Sozialhilfe (W. Schellhorn, a.a.O., Rdnr. 26; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 9 Rdnr. 30). Ob das vom S.fonds Pf. betriebene Altenpflegeheim zur bedarfsgerechten Pflege der Antragstellerin ab 7. April 2011 geeignet und insbesondere auch bereit gewesen wäre, vermag der Senat vorliegend nicht abschließend zu beurteilen. Der Antragsgegner führt zwar in seinem an die Betreuerin der Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 15. Juni 2011 u.a. aus, im Zeitpunkt der Aufnahme direkt aus dem Krankenhaus als auch noch danach sei ein Platz im Altenpflegeheim des S.fonds Pf. frei gewesen. Ob diese Mitteilung zutreffend ist, kann vom Senat mangels entsprechender Unterlagen nicht nachgeprüft werden. Gegebenenfalls wird diesem Gesichtspunkt ebenso wie der Geeignetheit des Altenpflegeheims Pf. im Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sein. Selbst wenn das Altenpflegeheim des S.fonds Pf. als Alternative zur Unterbringung im Wohnzentrum G. B. zur Deckung des bei der Antragstellerin bestehenden Pflegebedarfs in Betracht kommt, kommt der sogenannte Mehrkostenvorbehalt des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII erst zum Tragen, wenn die entsprechenden Hilfsangebote dem Hilfesuchenden auch zumutbar sind (vgl. BVerwG Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 11; BVerwGE 94, 127, 131; 94, 202, 209; 97, 53, 60; Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O., Rdnr. 8; Schiefer in Oestreicher, a.a.O., Rdnrn. 59 ff.). Dabei ist auf die Besonderheiten des Einzelfalls Rücksicht zu nehmen. Diese Besonderheiten des Einzelfalls schließen neben der Situation des Leistungsempfängers insbesondere die Beurteilung seines Umfeldes, die Beachtung seiner konkreten Lebenssituation sowie seine soziale Einbindung einschließlich der Beziehungen zu Familienangehörigen und Bekannten ein (vgl. W. Schellhorn, a.a.O., Rdnr. 17). Aus diesem Grunde darf sich vorliegend die Prüfung des vom Antragsgegner alternativ genannten Altenpflegeheimes Pf. nicht allein darauf beschränken, ob dieses Altenpflegeheim zur Pflege der Antragstellerin objektiv geeignet sowie zu ihrer Unterbringung bereit war. Ob vorliegend Besonderheiten im Falle der Antragstellerin eine Unterbringung im Altenpflegeheim des S.fonds Pf. unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit ausschließen, ist für den Senat im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erkennen. Eine entsprechende Aufklärung muss daher gegebenenfalls dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Tatsache, dass auch das Altenpflegeheim des S.fonds Pf. sich ebenso wie das Wohnzentrum G. B. in Pf., dem früheren Wohnort der Antragstellerin sowie dem Wohnort ihrer Kinder, befindet, dieses wohl als zumutbare Alternative für die Unterbringung der Antragstellerin anzusehen sein dürfte.
Erst wenn sich - bei gegebenenfalls weiter erforderlicher Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren - herausstellen sollte, dass wichtige Gründe in der Person der Antragstellerin eine Unterbringung in dem vom S.fonds Pf. betriebenen Altenpflegeheim nicht entgegenstehen, könnte auf die Bestimmung des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII über den Mehrkostenvorbehalt zurückgegriffen werden. Hinsichtlich der Kriterien, die bei einem solchen Kostenvergleich heranzuziehen sind, steht eine höchstrichterliche Klärung durch das Bundessozialgericht noch aus. So verlangen Teile in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur zur Ermittlung der Durchschnittskosten einen überregionalen Vergleich (vgl. etwa Verwaltungsgericht (VG) Münster, Urteil vom 24. April 2006 - 5 K 783/04 - (juris); Schiefer in Oestreicher, a.a.O., Rdnr. 52; Roscher in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 9 Rdnr. 36) und halten es nicht für ausreichend, dass sich der örtlich zuständige Sozialhilfeträger im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auf den Landkreis beschränkt (so aber Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O., Rdnr. 31; wohl auch BVerwGE 65, 52, 56). Darüber hinaus ist umstritten, ob beim Kostenvergleich von den sogenannten "Nettoaufwendungen" ausgegangen werden kann (so Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. März 1997 - 6 S 755/95 - FEVS 48, 86; Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O., Rdnr. 32 einerseits; W. Schellhorn, a.a.O., Rdnr. 22 andererseits; vgl. aber auch BVerwGE 75, 343, 348 ff.). Letztlich ist ebenfalls noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob überhaupt eine generelle Kostenobergrenze festgelegt werden kann - jedenfalls Mehrkosten von rund 75% sind vom BVerwG (BVerwGE 65, 52, 56) als "unvertretbar" angesehen worden - bzw. bis zu welcher Grenze noch eine Verhältnismäßigkeit der Mehrkosten angenommen werden kann (vgl. etwa Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 16. Februar 2004 - 4 ME 400/03 - FEVS 55, 545: Mehrkosten von 21,24% unverhältnismäßig; VG Münster, Urteil vom 24. April 2006, a.a.O.: Überschreitung um 30% noch verhältnismäßig; Sozialgericht Oldenburg., Beschluss vom 15. Juni 2007 - S 2 SO 22/07 ER - juris): Einzelfallprüfung ohne starre Kostengrenze, jedoch bei Mehrkosten von 33% Unverhältnismäßigkeit im konkreten Fall bejaht; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, III.4 Rdnr. 30: Mehrkosten bis zu 20% nicht unverhältnismäßig; Dillmann, ZfF 2010, 97, 102 f.: ein Drittel an Mehrkosten Richtschnur für die Annahme unverhältnismäßiger Kosten). Ob angesichts der dargestellten Ansichten in Rechtsprechung und Literatur bei der hier vorliegenden Überschreitung der im Altenpflegeheim Pf. entstehenden Kosten um 15% bzw. ab 1. Juni 2011 um 13% von "unverhältnismäßigen Mehrkosten" im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB XII gesprochen werden kann, erscheint fraglich, muss aber der Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Da nach allem im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Frage "unverhältnismäßiger Mehrkosten" unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der Antragstellerin (§ 9 Abs. 2 SGB XII) nicht weiter aufklärbar ist, ist eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Abzuwägen sind insoweit die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Hauptsacherechtsbehelf aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Hauptsacherechtsbehelf dagegen erfolglos bliebe (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (juris) und vom 25. Juni 2010 - L 7 SO 2034/10 ER-B -). Im Rahmen dieser Abwägung vorrangig zu berücksichtigen ist, dass der Antragstellerin, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes der vollstationären Pflege in einem Pflegeheim bedarf, durch die nur teilweise Übernahme der Kosten für die Unterbringung im Wohnzentrum G. B. zum einen bereits erhebliche Schulden in Höhe von 1.906,41 EUR (Stand 29. September 2011) entstanden sind, zum anderen bis zum (rechtskräftigen) Abschluss des Hauptsacheverfahrens weitere Schulden in nicht unerheblicher Höhe entstehen werden. Durch die nur teilweise Übernahme der Kosten für die Unterbringung im Wohnzentrum G. B. entstehen monatlich ungedeckte Kosten in Höhe von ca. 320,00 EUR. Daneben drohen der Antragstellerin weitere nicht unerhebliche Kosten durch die von der Beigeladenen mittlerweile konkret ins Auge gefasste Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens. Die Beigeladene weist in ihrem an das SG gerichteten Schriftsatz vom 21. Dezember 2011, der einer Stellungnahme vom 21. Dezember 2011 an den Senat beigefügt wurde, ausdrücklich darauf hin, dass für sie kein Grund bestehe, von dem Mahnverfahren - und dem folgenden Kündigungsverfahren - abzuweichen, so lange keine Zusage des Antragsgegners hinsichtlich der vollen Kostenübernahme erfolge. Bei weiterer nicht vollständiger Kostenübernahme droht der Antragstellerin somit nunmehr die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens mit daraus entstehenden nicht unerheblichen Kosten, die sie - jedenfalls zunächst - zu tragen hat. Weiterhin droht ihr bei weiterer Nichtzahlung des vollen Heimentgelts möglicherweise ein Verlust ihres Heimplatzes durch Kündigung des Heimvertrages, die allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 und 4 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes in der ab 1. Oktober 2009 geltenden Fassung (BGBl. I S. 2319) rechtlich zulässig wäre. Der Schriftsatz der Beigeladenen vom 21. Dezember 2011 zeigt, dass diese von der Möglichkeit der Kündigung des Heimvertrages - bei Erfüllung der hierfür erforderlichen Voraussetzungen - durchaus Gebrauch machen würde. In Anbetracht des elementaren Grundbedürfnisses der Antragstellerin, die in ihrem Fall erforderliche Pflege zu erhalten, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihr eine Rechtsverletzung nur in Randbereichen drohen würde. Würde die einstweilige Anordnung dagegen erlassen, während der Hauptsacherechtsbehelf erfolglos bliebe, hätte die Antragstellerin zwar Leistungen erhalten, die ihr nicht zustünden. Der Nachteil des Antragsgegners bestünde darin, dass ihn das Risiko der Uneinbringlichkeit der Rückforderung träfe. In Abwägung dieser beiderseitigen Interessen erscheint es dem Senat angemessen, die Verpflichtung des Antragsgegners im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes auf die Zeit vom 11. August 2011 bis 29. Februar 2012, längstens jedoch bis zum Abschluss des beim SG bereits anhängigen Klageverfahrens S 8 SO 2201/11, zu begrenzen. Hierbei geht der Senat davon aus, dass spätestens in der auf den 17. Januar 2012 im Hauptsacheverfahren terminierten mündlichen Verhandlung die oben angesprochenen offenen Fragen zur Zumutbarkeit der Unterbringung im Altenpflegeheim Pf. und zur Unverhältnismäßigkeit der Mehrkosten geklärt werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6). Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass das Begehren der Antragstellerin nur zum (überwiegenden) Teil Erfolg hatte.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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