Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 AS 1511/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 731/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Für das Unterlassen künftiger Verwaltungsakte ist im Eilverfahren eine Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG statthaft. In Zukunft mögliche Verwaltungsakte (hier Meldeaufforderungen nach § 59 SGB II) können regelmäßig nicht durch einstweiligen Rechtsschutz unterbunden werden. Sonst hätte die Behörde keine Möglichkeit mehr, hierzu ein Hauptsacheverfahren durchzuführen. Zukünftige Verwaltungsakte können nur dann ausnahmsweise im Eilverfahren unterbunden werden, wenn nach Erlass der Verwaltungsakte effektiver Rechtsschutz nicht mehr möglich wäre.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 8. August 2011 zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen die aus seiner Eingliederungsvereinbarung abgeleitete Verpflichtung, eine mittlerweile abgebrochene Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit zu besuchen und gegen bereits erfolgte oder künftige Meldeaufforderungen in Zusammenhang mit dieser Maßnahme.
Der 1953 geborene Antragsteller bezieht seit mehreren Jahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Aufgrund der bis 02.08.2011 gültigen Eingliederungsvereinbarung vom 02.02.2011 besuchte der Antragsteller eine Maßnahme für Langzeitarbeitslose.
Anfang Mai 2011 kam es bei Durchführung dieser Maßnahme zu Vorwürfen gegen den Antragsteller in Form einer Abmahnung wegen "sozialschädlichem Verhalten". Der Antragsteller "kündigte" daraufhin seine Teilnahme an der Maßnahme. Mit Schreiben vom 30.05.2011 und 06.06.2011 wurde der Antragsteller aufgefordert, bei dem Antragsgegner vorzusprechen, um die Vorfälle bei der Maßnahme zu besprechen. Der Antragsteller erhob gegen die Einladungen Widerspruch.
Am 16.06.2011 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die beiden Einladungen sei wiederherzustellen und der Behörde weitere Einladungen zu untersagen. In einem weiteren Schreiben erklärte er, dass festgestellt werden solle, dass die Eingliederungsvereinbarung vom 02.02.2011 in Folge der Kündigung nichtig sei und dass hierauf folgende Einladungen oder Verwaltungsakte rechtswidrig seien und der Antragsgegner in Zukunft von derartigen Einladungen abzusehen habe.
Mit Schreiben vom 19.07.2011 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er nicht weiter an der Eingliederungsmaßnahme teilnehmen müsse.
Mit Beschluss vom 08.08.2011 lehnte das Sozialgericht den Eilantrag ab. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei zurückgenommen worden. Vorbeugender Rechtsschutz könne nicht gewährt werden. Dem Antragsteller sei zuzumuten, belastende Verwaltungsakte abzuwarten und hiergegen eröffnete Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen. Es fehle jedenfalls an einem Anordnungsgrund, weil nicht ersichtlich sei, welche Rechte durch weitere Maßnahmen des Antragsgegners verletzt werden würden, so dass ein Abwarten der Hauptsache nicht zumutbar sein sollte.
Am 09.09.2009 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Er werde die Kurse nicht mehr besuchen. Sein Arbeitsvermittler habe den Abbruch der Maßnahme akzeptiert und von Sanktionen und anderen Maßnahmen abgesehen. Die darauf folgenden Einladungen seien rechtswidrig, weil es keinen Grund nach § 59 SGB II und § 309 Abs. 1 SGB III gebe. Dies beschränke sein Recht auf Handlungsfreiheit und sein Recht auf Selbstbestimmung. Innerhalb kurzer Zeit habe er sechs Einladungen mit der Aufforderung, etwas zu tun, erhalten. Der Antragsgegner habe bewusst rechtswidrig gehandelt. Aus Gründen des Rechtsschutzes sei die baldige Feststellung der Rechtswidrigkeit des vorherigen Handelns unabdingbar. Nur auf diese Weise könne einem entsprechenden Verhalten in der Zukunft vorgebeugt werden. An einer derartigen Feststellung habe er ein berechtigtes Interesse.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgewiesen hat.
Es ist auslegungsbedürftig, welches Rechtsschutzziel der Antragsteller im Beschwerdeverfahren noch verfolgt. Nachdem der Antragsgegner mit Schreiben vom 19.07.2011 eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass er keine weitere Teilnahme des Antragstellers an der besagten Eingliederungsmaßnahme fordert, kann es nicht mehr um die Beendigung der Maßnahme gehen. Auch Sanktionen drohen nach dem Vortrag des Antragstellers nicht. Nach dem Beschwerdevorbringen scheint es so zu sein, dass der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass die Verpflichtung zu der Eingliederungsmaßnahme (hier in Form einer Eingliederungsvereinbarung) oder die Abmahnung rechtswidrig gewesen sei. Weiter scheint er anzustreben, dass dem Antragsgegner weitere Einladungen zu Meldeterminen untersagt werden.
Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Eingliederungsmaßnahme oder deren Abbruch ist in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich. Zum einen ist die Geltungsdauer der Eingliederungsvereinbarung längst abgelaufen und der Abbruch der Eingliederungsmaßnahme wurde vom Antragsgegner folgenlos, insbesondere ohne Absenkung, hingenommen. Es gibt hier keine Rechte des Antragstellers, die einer Sicherung im Eilverfahren bedürften.
Auch soweit sich der Antragsteller gegen künftige Einladungen zu Meldetermin wendet, hat die Beschwerde keinen Erfolg. Der Sache nach handelt es sich bei diesem Unterlassungsbegehren um eine Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 86b Rn. 25a; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, Rn. 276). Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hier besteht weder eine Gefahr noch ein Recht.
Die möglichen Verwaltungsakte, hier Einladungen nach § 59 SGB II und nachfolgende Sanktionen wegen Pflichtverletzungen, stellen schon keine Gefahr dar. Durch einstweiligen Rechtsschutz können regelmäßig in Zukunft mögliche Verwaltungsakte nicht unterbunden werden. Sonst wäre die Behörde der Möglichkeit beraubt, ein Hauptsacheverfahren hierzu durchzuführen. Ein Eilverfahren hat jedoch lediglich den Zweck, den Zeitraum bis zum bestandskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu überbrücken. Zukünftige Verwaltungsakte können deshalb nur dann durch einstweiligen Rechtsschutz vorbeugend unterbunden werden, wenn nach einem Verwaltungsakt effektiver Rechtsschutz - auch im Eilverfahren - nicht mehr möglich wäre. Eine derartige Situation ist hier nicht ansatzweise erkennbar.
Der Antragsteller hat kein Recht, grundsätzlich von künftigen Meldeterminen verschont zu bleiben. Er verkennt Bedeutung und Reichweite seiner Rechte auf Handlungsfreiheit und persönliche Freiheit. Diese Rechte bedeuten keineswegs, dass der Antragsteller von Verpflichtungen losgelöst ist. Diese Rechte sind gemäß Art. 2 Grundgesetz aufgrund eines Gesetzes einschränkbar. Eine derartiges Gesetz ist § 59 SGB II und auch § 32 SGB II. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende besteht aus Fördern und Fordern (vgl. § 2 SGB II).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen die aus seiner Eingliederungsvereinbarung abgeleitete Verpflichtung, eine mittlerweile abgebrochene Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit zu besuchen und gegen bereits erfolgte oder künftige Meldeaufforderungen in Zusammenhang mit dieser Maßnahme.
Der 1953 geborene Antragsteller bezieht seit mehreren Jahren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Aufgrund der bis 02.08.2011 gültigen Eingliederungsvereinbarung vom 02.02.2011 besuchte der Antragsteller eine Maßnahme für Langzeitarbeitslose.
Anfang Mai 2011 kam es bei Durchführung dieser Maßnahme zu Vorwürfen gegen den Antragsteller in Form einer Abmahnung wegen "sozialschädlichem Verhalten". Der Antragsteller "kündigte" daraufhin seine Teilnahme an der Maßnahme. Mit Schreiben vom 30.05.2011 und 06.06.2011 wurde der Antragsteller aufgefordert, bei dem Antragsgegner vorzusprechen, um die Vorfälle bei der Maßnahme zu besprechen. Der Antragsteller erhob gegen die Einladungen Widerspruch.
Am 16.06.2011 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die beiden Einladungen sei wiederherzustellen und der Behörde weitere Einladungen zu untersagen. In einem weiteren Schreiben erklärte er, dass festgestellt werden solle, dass die Eingliederungsvereinbarung vom 02.02.2011 in Folge der Kündigung nichtig sei und dass hierauf folgende Einladungen oder Verwaltungsakte rechtswidrig seien und der Antragsgegner in Zukunft von derartigen Einladungen abzusehen habe.
Mit Schreiben vom 19.07.2011 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er nicht weiter an der Eingliederungsmaßnahme teilnehmen müsse.
Mit Beschluss vom 08.08.2011 lehnte das Sozialgericht den Eilantrag ab. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei zurückgenommen worden. Vorbeugender Rechtsschutz könne nicht gewährt werden. Dem Antragsteller sei zuzumuten, belastende Verwaltungsakte abzuwarten und hiergegen eröffnete Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen. Es fehle jedenfalls an einem Anordnungsgrund, weil nicht ersichtlich sei, welche Rechte durch weitere Maßnahmen des Antragsgegners verletzt werden würden, so dass ein Abwarten der Hauptsache nicht zumutbar sein sollte.
Am 09.09.2009 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Er werde die Kurse nicht mehr besuchen. Sein Arbeitsvermittler habe den Abbruch der Maßnahme akzeptiert und von Sanktionen und anderen Maßnahmen abgesehen. Die darauf folgenden Einladungen seien rechtswidrig, weil es keinen Grund nach § 59 SGB II und § 309 Abs. 1 SGB III gebe. Dies beschränke sein Recht auf Handlungsfreiheit und sein Recht auf Selbstbestimmung. Innerhalb kurzer Zeit habe er sechs Einladungen mit der Aufforderung, etwas zu tun, erhalten. Der Antragsgegner habe bewusst rechtswidrig gehandelt. Aus Gründen des Rechtsschutzes sei die baldige Feststellung der Rechtswidrigkeit des vorherigen Handelns unabdingbar. Nur auf diese Weise könne einem entsprechenden Verhalten in der Zukunft vorgebeugt werden. An einer derartigen Feststellung habe er ein berechtigtes Interesse.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgewiesen hat.
Es ist auslegungsbedürftig, welches Rechtsschutzziel der Antragsteller im Beschwerdeverfahren noch verfolgt. Nachdem der Antragsgegner mit Schreiben vom 19.07.2011 eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass er keine weitere Teilnahme des Antragstellers an der besagten Eingliederungsmaßnahme fordert, kann es nicht mehr um die Beendigung der Maßnahme gehen. Auch Sanktionen drohen nach dem Vortrag des Antragstellers nicht. Nach dem Beschwerdevorbringen scheint es so zu sein, dass der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass die Verpflichtung zu der Eingliederungsmaßnahme (hier in Form einer Eingliederungsvereinbarung) oder die Abmahnung rechtswidrig gewesen sei. Weiter scheint er anzustreben, dass dem Antragsgegner weitere Einladungen zu Meldeterminen untersagt werden.
Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Eingliederungsmaßnahme oder deren Abbruch ist in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich. Zum einen ist die Geltungsdauer der Eingliederungsvereinbarung längst abgelaufen und der Abbruch der Eingliederungsmaßnahme wurde vom Antragsgegner folgenlos, insbesondere ohne Absenkung, hingenommen. Es gibt hier keine Rechte des Antragstellers, die einer Sicherung im Eilverfahren bedürften.
Auch soweit sich der Antragsteller gegen künftige Einladungen zu Meldetermin wendet, hat die Beschwerde keinen Erfolg. Der Sache nach handelt es sich bei diesem Unterlassungsbegehren um eine Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 86b Rn. 25a; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, Rn. 276). Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hier besteht weder eine Gefahr noch ein Recht.
Die möglichen Verwaltungsakte, hier Einladungen nach § 59 SGB II und nachfolgende Sanktionen wegen Pflichtverletzungen, stellen schon keine Gefahr dar. Durch einstweiligen Rechtsschutz können regelmäßig in Zukunft mögliche Verwaltungsakte nicht unterbunden werden. Sonst wäre die Behörde der Möglichkeit beraubt, ein Hauptsacheverfahren hierzu durchzuführen. Ein Eilverfahren hat jedoch lediglich den Zweck, den Zeitraum bis zum bestandskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu überbrücken. Zukünftige Verwaltungsakte können deshalb nur dann durch einstweiligen Rechtsschutz vorbeugend unterbunden werden, wenn nach einem Verwaltungsakt effektiver Rechtsschutz - auch im Eilverfahren - nicht mehr möglich wäre. Eine derartige Situation ist hier nicht ansatzweise erkennbar.
Der Antragsteller hat kein Recht, grundsätzlich von künftigen Meldeterminen verschont zu bleiben. Er verkennt Bedeutung und Reichweite seiner Rechte auf Handlungsfreiheit und persönliche Freiheit. Diese Rechte bedeuten keineswegs, dass der Antragsteller von Verpflichtungen losgelöst ist. Diese Rechte sind gemäß Art. 2 Grundgesetz aufgrund eines Gesetzes einschränkbar. Eine derartiges Gesetz ist § 59 SGB II und auch § 32 SGB II. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende besteht aus Fördern und Fordern (vgl. § 2 SGB II).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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