Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 423/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4452/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. September 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung von Unfallfolgen sowie die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 24. Februar 2005.
Der Kläger ist 1961 geboren und war am 24. Februar 2005 als Auslieferungsfahrer eines SB-Großmarktes tätig. Beim Entladen des Lkw rutschte er von der Laderampe ab und stürzte ca. 1,5 m tief. Er fiel dabei auf den Rücken und die linke Schulter. Er verdrehte sich zudem den linken Fuß (Durchgangsarztbericht vom 25. Februar 2005 des Arztes für Chirurgie G.; Unfallschilderung seines Bevollmächtigten vom 6. Juli 2009). Nach dem Sturz arbeitete der Kläger weiter und suchte noch am gleichen Tag den Durchgangsarzt auf. Dieser stellte keine knöchernen Verletzungen fest und beschrieb als Diagnose: Distorsion Großzehengrundgelenk links bei Hallux rigidus, Kontusion linke Mittelhand. Beim Kläger wurde wegen eines Thoracic outlet -Syndroms (Engpasssyndrom) am linken Arm am 1. April 2005 die 1. Rippe resektiert. Wegen einer Großzehengrundgelenksarthrose links wurde am 28. Februar 2008 eine Grosszehengrundgelenksarthrodese links durchgeführt.
Der Klägerbevollmächtigte führte in seinem Schreiben vom 6. Juli 2009 zugleich aus, dass eine bestehende Großzehenverletzung von einem Arbeitsunfall am 26. März 2004 verursacht worden sei. Einige Tage nach dem neuerlichen Unfall vom 24. Februar 2005 habe der Kläger festgestellt, dass sein linker Arm anschwelle. Sein Hausarzt Dr. D. habe ihn am 17. März 2005 an das Kreiskrankenhaus Albstadt überwiesen, dort sei der Kläger im April 2005 operiert worden. Seitdem habe er ein massives Schmerzsyndrom mit zunehmender Tendenz in der linken Schulter, Gefühlsstörungen im Bereich des linken Armes und der linken Hand. Daher habe die Beklagte Ermittlungen aufzunehmen und auch die Folgen des Unfalls vom 26. März 2004 neu festzustellen. Beigefügt war der Arztbrief des Arztes G. vom 14. Januar 2009, der mitteilte, dass der Kläger bereits am 26. März 2004 einen Arbeitsunfall erlitten und sich dabei eine Distorsion der linken Großzehe zugezogen habe. Schon damals habe allerdings eine ausgeprägte Arthrose des Großzehengrundgelenks bestanden. Der Unfall vom 24. Februar 2005 sei sicherlich nicht für die Arthrose und die nachfolgenden Operationen verantwortlich. Beigefügt war ebenfalls der Bericht der Orthopädischen Uniklinik T. vom 24. Januar 2008, u.a. mit Hinweis auf seit ca. 7 Jahren bestehende Schmerzen im linken Großzehengrundgelenk und der Durchgangsarztbericht vom 31. März 2004 wegen des Unfalls vom 26. März 2004.
Die Beklagte nahm Ermittlungen auf und zog u.a. vom Zollernalbklinikum A. Unterlagen bei, u.a. den Entlassbrief nach der stationären Behandlung vom 31. März bis 14. April 2005 wegen der operativen Behandlung eines Thoracic outlet-Syndroms (Engpasssyndrom) am linken Arm. Die Beklagte zog weiter das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei. Der behandelnde Hausarzt Dr. D. gab gegenüber der Beklagten in seinem Schreiben vom 7. August 2009 an, er habe den Kläger am 3. November 2004 behandelt. Dabei habe dieser über eine seit etwa einer Woche bestehende schmerzhafte Hemmung der Armanhebung links und der Kopfrotation berichtet. Am 8. November 2004 habe eine Störung der Sensibilität C 7 links gefunden werden können, ebenfalls ein schmerzhafter Bogen und eine schmerzhaft eingeschränkte isometrische Innenrotation des linken Armes im linken Schultergelenk. Dieser schmerzhafte Bogen sei am 15. November 2004 nicht mehr feststellbar gewesen. Am 15. März 2005 habe der Kläger über ein Anschwellen des linken Arms bei Anstrengung berichtet.
Mit Bescheid vom 3. September 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Der Arbeitsunfall vom 24. Februar 2005 habe lediglich zu einer folgenlos ausgeheilten Zerrung des linken Großzehengrundgelenks sowie zur Prellung der linken Mittelhand geführt. Das später festgestellte Schmerzsyndrom in der linken Schulter mit Gefühlsstörungen im Bereich des linken Armes und der linken Hand stehe nicht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall, sondern beruhe auf einem anlagebedingten Engpasssyndrom im Bereich des oberen Brustkorbes. Unabhängig vom Unfall liege auch eine Arthrose im linken Großzehengrundgelenk vor. Mit weiterem Bescheid vom 3. September 2009 wurde auch eine Rentengewährung wegen des Arbeitsunfalls vom 26. März 2004 abgelehnt, da er lediglich zu einer folgenlos ausgeheilten Zerrung der linken Großzehe geführt habe.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. September 2009, soweit der Arbeitsunfall vom 26. März 2004 betroffen sei, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009 zurückgewiesen. Bereits vier Tage nach dem angeschuldigten Geschehen sei eine ausgeprägte Arthrose im Bereich der linken Großzehe im Sinne eines Hallux rigidus festgestellt worden. Es handle sich um eine anlagebedingte entzündliche Veränderung.
Hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 24. Februar 2005 erstellte der Beratungsarzt Dr. K. unter dem 28. November 2009 eine beratungsärztliche Stellungnahme. Darin führte er aus, dass der Kläger bis auf die bereits vom Durchgangsarzt gestellten Diagnosen keine weiteren Verletzungen erlitten habe. Es hätten sich keine Hinweise ergeben, dass er sich auch eine Verletzung im Bereich des Brustkorbs zugezogen habe. Auch hätten die diagnostischen Abklärungen des Thoracic outlet und -inlet-Syndroms keinerlei Traumafolgen gezeigt. Vielmehr erkenne man eine funktionelle Stenose im Bereich der linken Vena subclavia, die durch eine muskuläre Einengung der Scalenuslücke bedingt sei. Diese könne zwar durch einen strukturellen Schaden verursacht werden, z.B. einen Rippenserienbruch o.Ä. Doch seien beim Kläger im Thoraxbereich keine Unfallfolgen festgestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2010 wurde, gestützt auf die Ausführungen des Dr. K., der Widerspruch auch hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 24. Februar 2005 zurückgewiesen.
Darüber hinaus führte der Kläger noch gegenüber der BG Rohstoffe und Chemie ein Verfahren um die Anerkennung von Unfallfolgen wegen eines am 8. März 1979 erlittenen Arbeitsunfalls im Bereich der linken Großzehe. Gegen die ablehnenden Bescheide (Bescheid vom 13. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2010) hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben (Az.: S 7 U 3367/10).
Am 5. November 2009 hatte der Kläger bereits Klage gegen den Bescheid vom 3. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2009 zum SG erhoben (Az.: S 7 U 3638/09). Dieses Verfahren wurde mit Beschluss vom 29. März 2010 für ruhend erklärt.
Am 12. Februar 2010 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 3. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2010 Klage zum SG erhoben (Az.: S 7 U 423/10). Das SG hat den Arzt G. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt (Stellungnahme vom 12. April 2010).
Mit Beschluss vom 12. Januar 2011 hat das SG die drei Klageverfahren unter dem Az.: S 7 U 423/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und auf Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Arzt für Chirurgie und Orthopädie Dr. S., S., mit der Erstellung eines unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 5. Juni 2011 zusammenfassend ausgeführt, dass bereits aus den anlässlich des Unfalls vom 8. März 1979 angefertigten Röntgenaufnahmen eine deutliche Sklerosierung der Basis des Großzehengrundgelenks mit einer Verschmälerung des Gelenkspalts erkennbar sei, was absolut altersuntypisch sei. Eine knöcherne Verletzung habe der Kläger nicht erlitten. Die schon 1979 bestehende Arthrose sei wesentlich für die 2008 durchgeführte Arthrodese. Ein Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfall bestehe nicht. Entsprechendes gelte für den Unfall vom 25. März 2004, da bereits am 30. März 2004 radiologisch eine ausgeprägte Arthrose des Großzehengrundgelenks festgestellt worden sei. Weiter hat er ausgeführt, dass zwar grundsätzlich eine unfallbedingte Entstehung eines Thoracic outlet-Syndroms möglich sei. Es müsse aber erkennbar sein, dass die entsprechenden Strukturen an der oberen Thoraxöffnung an dem Unfallereignis beteiligt sind. Dieser Nachweis könne hinsichtlich des Unfallereignisses vom 24. Februar 2005 nicht geführt werden. Es seien weder äußere noch innere Verletzungszeichen im Bereich des Thorax bzw. der Schulterregion zur Darstellung gekommen. Auch spreche der zeitliche Verlauf gegen einen Unfallzusammenhang, gleiches gelte für den Operationsbericht und die durchgeführte radiologische Diagnostik. Daher sei der Unfall nicht wesentlich ursächlich für das Thoracic-outlet-Syndrom, die heute bestehenden Funktionsbehinderungen des linken Armes könnten daher nicht auf den Unfall zurückgeführt werden. Entsprechendes gelte für die Arthrose im Bereich der linken Großzehe. Auf Einwände des Klägerbevollmächtigten hat Dr. S. unter dem 11. August 2011 ergänzend Stellung genommen. Er ist bei seiner Beurteilung geblieben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21. September 2011 hat der Klägerbevollmächtigte die Klage gegen den Bescheid vom 13. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2010 und gegen den Bescheid vom 3. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2009 zurückgenommen (Unfälle vom 8. März 1979 und 26. März 2004).
Mit Urteil vom 21. September 2011 hat das SG die Klage im Übrigen abgewiesen, gestützt auf das Gutachten des Dr. S ... Dieser habe die Frage, ob das beim Kläger bestandene Thoracic-outlet-Syndrom unfallbedingt sei, unter orthopädischen, unfallchirurgischen und gefäßchirurgischen Gesichtspunkten schlüssig beantwortet und verneint.
Gegen das den Klägerbevollmächtigten am 11. Oktober 2011 zugestellte Urteil haben diese für den Kläger am 13. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung haben sie den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft und ausgeführt, der Kläger sei der Auffassung, dass das Syndrom unfallbedingt sei, da zeitnah zum Unfall eine Schwellung im linken Arm und die damit verbundenen Beschwerden aufgetreten seien. Dies sei auch deshalb anzunehmen, da es für die Entstehung dieses Syndroms wohl keinen typischen Unfallverlauf gebe. Es werde angeregt, den im Klinikum Albstadt behandelnden Arzt zur Entstehung dieses Syndroms anzuhören und ggf. eine Zusammenhangsbegutachtung dort zu veranlassen. Bei der am 1. April 2005 dort durchgeführten Operation seien offenbar Nerven verletzt worden, die zu fortdauernden Schmerzzuständen führten. Auch solle ein gefäßchirurgisches Gutachten in Auftrag gegeben werden.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. September 2011 sowie den Bescheid vom 3. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei dem Kläger "Beschwerden in der linken Schulter mit Gefühlsstörungen im Bereich des linken Armes und der linken Hand" als Folgen des Unfallereignisses vom 24. Februar 2005 anzuerkennen und ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen. Ergänzend führt sie aus, dass ausweislich der vorliegenden ärztlichen Stellungnahme des Dr. D. bereits im November 2004 Schulterbeschwerden bestanden hätten.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat ohne Rechtsfehler abgelehnt, weitere Folgen des Unfalls vom 24. Februar 2005 festzustellen und Verletztenrente zu gewähren.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Wie das SG, gestützt auf das auch den Senat überzeugende Gutachten des Dr. S. sowie die ergänzende Stellungnahme, zutreffend ausgeführt hat, hat sich der Kläger beim Unfall am 24. Februar 2005 lediglich eine folgenlos verheilte Distorsion des Großzehengrundgelenks links sowie eine Kontusion der linken Mittelhand zugezogen. Keine Folge des Unfalls sind das beim Kläger am 1. April 2005 operativ behandelte Thoracic outlet-Syndrom und etwaige dabei entstandene Folgeverletzungen. Denn dieses Syndrom kann nicht mit der im Unfallversicherungsrecht erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf das angeschuldigte Ereignis zurückgeführt werden.
Dr. S. hat in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt, dass dieses Syndrom zwar durchaus in Folge eines Traumas entstehen kann. Allerdings ist dafür in jedem Fall zu fordern, dass Strukturen der oberen Thoraxöffnung bei dem fraglichen Trauma beteiligt werden, was allerdings beim Kläger nicht der Fall ist. Betroffen war nach der Schilderung des Durchgangsarztes die linke Hand, nach der Darstellung des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 6. Juli 2009 der Rücken/die Schulter links. Wie bei einem derartigen Sturzgeschehen auch der vordere linke obere Teil des Thorax eine traumatischen Verletzung erlitten haben soll, ist schon aufgrund der Sturzschilderungen nicht nachvollziehbar. Dem entsprechend hat auch der Durchgangsarzt keine Beschwerden und auch keine objektiven Befunde insoweit feststellen können.
Darüber hinaus hat Dr. S. weiter zutreffend ausgeführt, dass auch im Fall einer traumatischen Verletzung der oberen Thoraxapertur ein Thoracic outlet-Syndrom nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen entstehen kann, da in dieser Zeit eine narbige Schrumpfung des Gewebes mit entsprechenden Einengungen nicht ablaufe. Vielmehr benötige es Monate, bis ein traumatisches Geschehen zu einem derartigen Einengungssyndrom führe. Deshalb spricht auch der zeitliche Verlauf zwischen angeschuldigtem Unfall am 24. Februar 2005 und einem Anschwellen mehrere Tage später, so die Schilderung des Klägers durch seinen Bevollmächtigten, bzw. die ab Mitte März 2005 erfolgte Diagnostik hinsichtlich des bereits bestehenden Thoracic outlet-Syndroms gegen eine Verursachung durch das Sturzgeschehen am 24. Februar 2005.
Nicht zuletzt kann weder dem Operationsbericht des Klinikums A. noch der im Vorfeld durchgeführten Diagnostik ein Hinweis auf eine traumatische Ursache des Syndrom entnommen werden. Gleiches gilt für das am 17. März 2005 durchgeführte CT. In keinem der aktenkundigen Berichte sind Hinweise auf traumatische Veränderungen enthalten.
Zu berücksichtigten ist weiter, dass der Kläger nach Auskunft seines Hausarztes Dr. D. bereits am 3. November 2004 über eine seit etwa einer Woche bestehende schmerzhafte Hemmung der Armanhebung links und der Kopfrotation berichtet habe. Am 8. November 2004 habe eine Störung der Sensibilität C 7 links gefunden werden können, ebenfalls ein schmerzhafter Bogen und eine schmerzhaft eingeschränkte isometrische Innenrotation des linken Armes im linken Schultergelenk. Wie Dr. S. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme ebenfalls schlüssig und nachvollziehbar ausführt, können diese Symptome bereits auf ein bestehendes Thoracic outlet-Syndrom hinweisen, da sie am linken oberen Thoraxquadranten angegeben wurden, also der anatomischen Region, wo sich das Thoracic outlet oder inlet-Syndrom nachweisen lässt.
Die im Berufungsverfahren erhobenen Einwände des Klägerbevollmächtigten rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Soweit - wie bereits im Klageverfahren - vorgebracht wird, der im Klinikum Albstadt behandelnde Dr. Markert habe gegenüber dem Kläger die Ursächlichkeit der Beschwerden auf den Unfall zurückgeführt, hat dies weder inhaltlich überzeugt, noch den Senat zu weiteren Beweiserhebungen veranlasst. In keinem der von Dr. M. aktenkundigen Arztbriefen ist nämlich ein Hinweis auf eine traumatische Ursache der Beschwerden zu finden, was nach den objektiven Untersuchungsergebnissen letztlich auch nicht verwundert. Zudem hat Dr. S. zu Recht darauf hingewiesen, dass angesichts der Fachkenntnisse des Dr. M. in der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung zu erwarten gewesen wäre, dass er eine solche einleitet, wenn er von einer Unfallkausalität ausgeht. Dies ist jedoch ebenfalls nicht geschehen. Allein der Umstand, dass ein derartiges Syndrom durch einen Unfall verursacht werden kann, rechtfertigt darüber hinaus keine weiteren Ermittlungen, wenn keine objektiven Anhaltspunkte für einen derartigen Zusammenhang sprechen.
Zusammenfassend kann nach dem Ergebnis der Armvenensonographie am 16. März 2005, der linksseitigen Armphlebographie, des Angio-CT des Thorax, der Schulter sowie des linken proximalen Oberarms eine traumatische Veränderung (knöcherne Verletzungen/Blutergussbildungen in den Weichteilen) ausgeschlossen werden, damit eine mögliche Fraktur der Rippe mit nachfolgender Fehlstellung oder überschießender Knochenbildung, eine Kompression der Vene oder Einengung des Raumes durch ein Hämatom, ebenso eine direkte Gefäßschädigung der Venen.
Da die haftungsausfüllende Kausalität nicht hinreichend wahrscheinlich ist, stehen dem Kläger auch keine Rentenansprüche zu. Eventuelle Folgeschäden nach der Operation am 1. April 2005 gehen deshalb ebenfalls nicht (als mittelbare Unfallfolgen) zu Lasten der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung von Unfallfolgen sowie die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 24. Februar 2005.
Der Kläger ist 1961 geboren und war am 24. Februar 2005 als Auslieferungsfahrer eines SB-Großmarktes tätig. Beim Entladen des Lkw rutschte er von der Laderampe ab und stürzte ca. 1,5 m tief. Er fiel dabei auf den Rücken und die linke Schulter. Er verdrehte sich zudem den linken Fuß (Durchgangsarztbericht vom 25. Februar 2005 des Arztes für Chirurgie G.; Unfallschilderung seines Bevollmächtigten vom 6. Juli 2009). Nach dem Sturz arbeitete der Kläger weiter und suchte noch am gleichen Tag den Durchgangsarzt auf. Dieser stellte keine knöchernen Verletzungen fest und beschrieb als Diagnose: Distorsion Großzehengrundgelenk links bei Hallux rigidus, Kontusion linke Mittelhand. Beim Kläger wurde wegen eines Thoracic outlet -Syndroms (Engpasssyndrom) am linken Arm am 1. April 2005 die 1. Rippe resektiert. Wegen einer Großzehengrundgelenksarthrose links wurde am 28. Februar 2008 eine Grosszehengrundgelenksarthrodese links durchgeführt.
Der Klägerbevollmächtigte führte in seinem Schreiben vom 6. Juli 2009 zugleich aus, dass eine bestehende Großzehenverletzung von einem Arbeitsunfall am 26. März 2004 verursacht worden sei. Einige Tage nach dem neuerlichen Unfall vom 24. Februar 2005 habe der Kläger festgestellt, dass sein linker Arm anschwelle. Sein Hausarzt Dr. D. habe ihn am 17. März 2005 an das Kreiskrankenhaus Albstadt überwiesen, dort sei der Kläger im April 2005 operiert worden. Seitdem habe er ein massives Schmerzsyndrom mit zunehmender Tendenz in der linken Schulter, Gefühlsstörungen im Bereich des linken Armes und der linken Hand. Daher habe die Beklagte Ermittlungen aufzunehmen und auch die Folgen des Unfalls vom 26. März 2004 neu festzustellen. Beigefügt war der Arztbrief des Arztes G. vom 14. Januar 2009, der mitteilte, dass der Kläger bereits am 26. März 2004 einen Arbeitsunfall erlitten und sich dabei eine Distorsion der linken Großzehe zugezogen habe. Schon damals habe allerdings eine ausgeprägte Arthrose des Großzehengrundgelenks bestanden. Der Unfall vom 24. Februar 2005 sei sicherlich nicht für die Arthrose und die nachfolgenden Operationen verantwortlich. Beigefügt war ebenfalls der Bericht der Orthopädischen Uniklinik T. vom 24. Januar 2008, u.a. mit Hinweis auf seit ca. 7 Jahren bestehende Schmerzen im linken Großzehengrundgelenk und der Durchgangsarztbericht vom 31. März 2004 wegen des Unfalls vom 26. März 2004.
Die Beklagte nahm Ermittlungen auf und zog u.a. vom Zollernalbklinikum A. Unterlagen bei, u.a. den Entlassbrief nach der stationären Behandlung vom 31. März bis 14. April 2005 wegen der operativen Behandlung eines Thoracic outlet-Syndroms (Engpasssyndrom) am linken Arm. Die Beklagte zog weiter das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei. Der behandelnde Hausarzt Dr. D. gab gegenüber der Beklagten in seinem Schreiben vom 7. August 2009 an, er habe den Kläger am 3. November 2004 behandelt. Dabei habe dieser über eine seit etwa einer Woche bestehende schmerzhafte Hemmung der Armanhebung links und der Kopfrotation berichtet. Am 8. November 2004 habe eine Störung der Sensibilität C 7 links gefunden werden können, ebenfalls ein schmerzhafter Bogen und eine schmerzhaft eingeschränkte isometrische Innenrotation des linken Armes im linken Schultergelenk. Dieser schmerzhafte Bogen sei am 15. November 2004 nicht mehr feststellbar gewesen. Am 15. März 2005 habe der Kläger über ein Anschwellen des linken Arms bei Anstrengung berichtet.
Mit Bescheid vom 3. September 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Der Arbeitsunfall vom 24. Februar 2005 habe lediglich zu einer folgenlos ausgeheilten Zerrung des linken Großzehengrundgelenks sowie zur Prellung der linken Mittelhand geführt. Das später festgestellte Schmerzsyndrom in der linken Schulter mit Gefühlsstörungen im Bereich des linken Armes und der linken Hand stehe nicht in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall, sondern beruhe auf einem anlagebedingten Engpasssyndrom im Bereich des oberen Brustkorbes. Unabhängig vom Unfall liege auch eine Arthrose im linken Großzehengrundgelenk vor. Mit weiterem Bescheid vom 3. September 2009 wurde auch eine Rentengewährung wegen des Arbeitsunfalls vom 26. März 2004 abgelehnt, da er lediglich zu einer folgenlos ausgeheilten Zerrung der linken Großzehe geführt habe.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. September 2009, soweit der Arbeitsunfall vom 26. März 2004 betroffen sei, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009 zurückgewiesen. Bereits vier Tage nach dem angeschuldigten Geschehen sei eine ausgeprägte Arthrose im Bereich der linken Großzehe im Sinne eines Hallux rigidus festgestellt worden. Es handle sich um eine anlagebedingte entzündliche Veränderung.
Hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 24. Februar 2005 erstellte der Beratungsarzt Dr. K. unter dem 28. November 2009 eine beratungsärztliche Stellungnahme. Darin führte er aus, dass der Kläger bis auf die bereits vom Durchgangsarzt gestellten Diagnosen keine weiteren Verletzungen erlitten habe. Es hätten sich keine Hinweise ergeben, dass er sich auch eine Verletzung im Bereich des Brustkorbs zugezogen habe. Auch hätten die diagnostischen Abklärungen des Thoracic outlet und -inlet-Syndroms keinerlei Traumafolgen gezeigt. Vielmehr erkenne man eine funktionelle Stenose im Bereich der linken Vena subclavia, die durch eine muskuläre Einengung der Scalenuslücke bedingt sei. Diese könne zwar durch einen strukturellen Schaden verursacht werden, z.B. einen Rippenserienbruch o.Ä. Doch seien beim Kläger im Thoraxbereich keine Unfallfolgen festgestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2010 wurde, gestützt auf die Ausführungen des Dr. K., der Widerspruch auch hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 24. Februar 2005 zurückgewiesen.
Darüber hinaus führte der Kläger noch gegenüber der BG Rohstoffe und Chemie ein Verfahren um die Anerkennung von Unfallfolgen wegen eines am 8. März 1979 erlittenen Arbeitsunfalls im Bereich der linken Großzehe. Gegen die ablehnenden Bescheide (Bescheid vom 13. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2010) hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben (Az.: S 7 U 3367/10).
Am 5. November 2009 hatte der Kläger bereits Klage gegen den Bescheid vom 3. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2009 zum SG erhoben (Az.: S 7 U 3638/09). Dieses Verfahren wurde mit Beschluss vom 29. März 2010 für ruhend erklärt.
Am 12. Februar 2010 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 3. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2010 Klage zum SG erhoben (Az.: S 7 U 423/10). Das SG hat den Arzt G. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt (Stellungnahme vom 12. April 2010).
Mit Beschluss vom 12. Januar 2011 hat das SG die drei Klageverfahren unter dem Az.: S 7 U 423/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und auf Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Arzt für Chirurgie und Orthopädie Dr. S., S., mit der Erstellung eines unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 5. Juni 2011 zusammenfassend ausgeführt, dass bereits aus den anlässlich des Unfalls vom 8. März 1979 angefertigten Röntgenaufnahmen eine deutliche Sklerosierung der Basis des Großzehengrundgelenks mit einer Verschmälerung des Gelenkspalts erkennbar sei, was absolut altersuntypisch sei. Eine knöcherne Verletzung habe der Kläger nicht erlitten. Die schon 1979 bestehende Arthrose sei wesentlich für die 2008 durchgeführte Arthrodese. Ein Zusammenhang mit dem angeschuldigten Unfall bestehe nicht. Entsprechendes gelte für den Unfall vom 25. März 2004, da bereits am 30. März 2004 radiologisch eine ausgeprägte Arthrose des Großzehengrundgelenks festgestellt worden sei. Weiter hat er ausgeführt, dass zwar grundsätzlich eine unfallbedingte Entstehung eines Thoracic outlet-Syndroms möglich sei. Es müsse aber erkennbar sein, dass die entsprechenden Strukturen an der oberen Thoraxöffnung an dem Unfallereignis beteiligt sind. Dieser Nachweis könne hinsichtlich des Unfallereignisses vom 24. Februar 2005 nicht geführt werden. Es seien weder äußere noch innere Verletzungszeichen im Bereich des Thorax bzw. der Schulterregion zur Darstellung gekommen. Auch spreche der zeitliche Verlauf gegen einen Unfallzusammenhang, gleiches gelte für den Operationsbericht und die durchgeführte radiologische Diagnostik. Daher sei der Unfall nicht wesentlich ursächlich für das Thoracic-outlet-Syndrom, die heute bestehenden Funktionsbehinderungen des linken Armes könnten daher nicht auf den Unfall zurückgeführt werden. Entsprechendes gelte für die Arthrose im Bereich der linken Großzehe. Auf Einwände des Klägerbevollmächtigten hat Dr. S. unter dem 11. August 2011 ergänzend Stellung genommen. Er ist bei seiner Beurteilung geblieben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21. September 2011 hat der Klägerbevollmächtigte die Klage gegen den Bescheid vom 13. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2010 und gegen den Bescheid vom 3. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2009 zurückgenommen (Unfälle vom 8. März 1979 und 26. März 2004).
Mit Urteil vom 21. September 2011 hat das SG die Klage im Übrigen abgewiesen, gestützt auf das Gutachten des Dr. S ... Dieser habe die Frage, ob das beim Kläger bestandene Thoracic-outlet-Syndrom unfallbedingt sei, unter orthopädischen, unfallchirurgischen und gefäßchirurgischen Gesichtspunkten schlüssig beantwortet und verneint.
Gegen das den Klägerbevollmächtigten am 11. Oktober 2011 zugestellte Urteil haben diese für den Kläger am 13. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung haben sie den bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft und ausgeführt, der Kläger sei der Auffassung, dass das Syndrom unfallbedingt sei, da zeitnah zum Unfall eine Schwellung im linken Arm und die damit verbundenen Beschwerden aufgetreten seien. Dies sei auch deshalb anzunehmen, da es für die Entstehung dieses Syndroms wohl keinen typischen Unfallverlauf gebe. Es werde angeregt, den im Klinikum Albstadt behandelnden Arzt zur Entstehung dieses Syndroms anzuhören und ggf. eine Zusammenhangsbegutachtung dort zu veranlassen. Bei der am 1. April 2005 dort durchgeführten Operation seien offenbar Nerven verletzt worden, die zu fortdauernden Schmerzzuständen führten. Auch solle ein gefäßchirurgisches Gutachten in Auftrag gegeben werden.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. September 2011 sowie den Bescheid vom 3. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei dem Kläger "Beschwerden in der linken Schulter mit Gefühlsstörungen im Bereich des linken Armes und der linken Hand" als Folgen des Unfallereignisses vom 24. Februar 2005 anzuerkennen und ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen. Ergänzend führt sie aus, dass ausweislich der vorliegenden ärztlichen Stellungnahme des Dr. D. bereits im November 2004 Schulterbeschwerden bestanden hätten.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat ohne Rechtsfehler abgelehnt, weitere Folgen des Unfalls vom 24. Februar 2005 festzustellen und Verletztenrente zu gewähren.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Wie das SG, gestützt auf das auch den Senat überzeugende Gutachten des Dr. S. sowie die ergänzende Stellungnahme, zutreffend ausgeführt hat, hat sich der Kläger beim Unfall am 24. Februar 2005 lediglich eine folgenlos verheilte Distorsion des Großzehengrundgelenks links sowie eine Kontusion der linken Mittelhand zugezogen. Keine Folge des Unfalls sind das beim Kläger am 1. April 2005 operativ behandelte Thoracic outlet-Syndrom und etwaige dabei entstandene Folgeverletzungen. Denn dieses Syndrom kann nicht mit der im Unfallversicherungsrecht erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf das angeschuldigte Ereignis zurückgeführt werden.
Dr. S. hat in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt, dass dieses Syndrom zwar durchaus in Folge eines Traumas entstehen kann. Allerdings ist dafür in jedem Fall zu fordern, dass Strukturen der oberen Thoraxöffnung bei dem fraglichen Trauma beteiligt werden, was allerdings beim Kläger nicht der Fall ist. Betroffen war nach der Schilderung des Durchgangsarztes die linke Hand, nach der Darstellung des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 6. Juli 2009 der Rücken/die Schulter links. Wie bei einem derartigen Sturzgeschehen auch der vordere linke obere Teil des Thorax eine traumatischen Verletzung erlitten haben soll, ist schon aufgrund der Sturzschilderungen nicht nachvollziehbar. Dem entsprechend hat auch der Durchgangsarzt keine Beschwerden und auch keine objektiven Befunde insoweit feststellen können.
Darüber hinaus hat Dr. S. weiter zutreffend ausgeführt, dass auch im Fall einer traumatischen Verletzung der oberen Thoraxapertur ein Thoracic outlet-Syndrom nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen entstehen kann, da in dieser Zeit eine narbige Schrumpfung des Gewebes mit entsprechenden Einengungen nicht ablaufe. Vielmehr benötige es Monate, bis ein traumatisches Geschehen zu einem derartigen Einengungssyndrom führe. Deshalb spricht auch der zeitliche Verlauf zwischen angeschuldigtem Unfall am 24. Februar 2005 und einem Anschwellen mehrere Tage später, so die Schilderung des Klägers durch seinen Bevollmächtigten, bzw. die ab Mitte März 2005 erfolgte Diagnostik hinsichtlich des bereits bestehenden Thoracic outlet-Syndroms gegen eine Verursachung durch das Sturzgeschehen am 24. Februar 2005.
Nicht zuletzt kann weder dem Operationsbericht des Klinikums A. noch der im Vorfeld durchgeführten Diagnostik ein Hinweis auf eine traumatische Ursache des Syndrom entnommen werden. Gleiches gilt für das am 17. März 2005 durchgeführte CT. In keinem der aktenkundigen Berichte sind Hinweise auf traumatische Veränderungen enthalten.
Zu berücksichtigten ist weiter, dass der Kläger nach Auskunft seines Hausarztes Dr. D. bereits am 3. November 2004 über eine seit etwa einer Woche bestehende schmerzhafte Hemmung der Armanhebung links und der Kopfrotation berichtet habe. Am 8. November 2004 habe eine Störung der Sensibilität C 7 links gefunden werden können, ebenfalls ein schmerzhafter Bogen und eine schmerzhaft eingeschränkte isometrische Innenrotation des linken Armes im linken Schultergelenk. Wie Dr. S. in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme ebenfalls schlüssig und nachvollziehbar ausführt, können diese Symptome bereits auf ein bestehendes Thoracic outlet-Syndrom hinweisen, da sie am linken oberen Thoraxquadranten angegeben wurden, also der anatomischen Region, wo sich das Thoracic outlet oder inlet-Syndrom nachweisen lässt.
Die im Berufungsverfahren erhobenen Einwände des Klägerbevollmächtigten rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Soweit - wie bereits im Klageverfahren - vorgebracht wird, der im Klinikum Albstadt behandelnde Dr. Markert habe gegenüber dem Kläger die Ursächlichkeit der Beschwerden auf den Unfall zurückgeführt, hat dies weder inhaltlich überzeugt, noch den Senat zu weiteren Beweiserhebungen veranlasst. In keinem der von Dr. M. aktenkundigen Arztbriefen ist nämlich ein Hinweis auf eine traumatische Ursache der Beschwerden zu finden, was nach den objektiven Untersuchungsergebnissen letztlich auch nicht verwundert. Zudem hat Dr. S. zu Recht darauf hingewiesen, dass angesichts der Fachkenntnisse des Dr. M. in der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung zu erwarten gewesen wäre, dass er eine solche einleitet, wenn er von einer Unfallkausalität ausgeht. Dies ist jedoch ebenfalls nicht geschehen. Allein der Umstand, dass ein derartiges Syndrom durch einen Unfall verursacht werden kann, rechtfertigt darüber hinaus keine weiteren Ermittlungen, wenn keine objektiven Anhaltspunkte für einen derartigen Zusammenhang sprechen.
Zusammenfassend kann nach dem Ergebnis der Armvenensonographie am 16. März 2005, der linksseitigen Armphlebographie, des Angio-CT des Thorax, der Schulter sowie des linken proximalen Oberarms eine traumatische Veränderung (knöcherne Verletzungen/Blutergussbildungen in den Weichteilen) ausgeschlossen werden, damit eine mögliche Fraktur der Rippe mit nachfolgender Fehlstellung oder überschießender Knochenbildung, eine Kompression der Vene oder Einengung des Raumes durch ein Hämatom, ebenso eine direkte Gefäßschädigung der Venen.
Da die haftungsausfüllende Kausalität nicht hinreichend wahrscheinlich ist, stehen dem Kläger auch keine Rentenansprüche zu. Eventuelle Folgeschäden nach der Operation am 1. April 2005 gehen deshalb ebenfalls nicht (als mittelbare Unfallfolgen) zu Lasten der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
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