Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 809/11 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 991/11 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
wegen einstweiliger Anordnung
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 23.11.2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Übernahme von Kosten der Unterkunft zur Vermeidung einer Zwangsräumung der Wohnung.
Der Antragsteller (ASt) bezog in der Vergangenheit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der Antragsgegnerin (Ag). Zuletzt wurde ihm mit Bescheid vom 23.12.2010 (ggf in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.01.2011 und 23.05.2011; die Erteilung solcher ist in den Verwaltungsakten vermerkt, die entsprechenden Bescheide aber nicht abgeheftet) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011 Alg II für die Zeit bis 01.04.2011 bewilligt.
Mit Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 und mit Bescheid vom 16.02.2011 senkte die Ag die Alg II-Bewilligung im Rahmen von Sanktionen für die Monate November 2010 bis Januar 2011 um 30% des für den ASt maßgebenden Regelbedarfs bzw. für die Monate März bis Mai 2011 um 60% ab. In der Zeit vom April bis Juni 2011, Juli bis September 2011 und Oktober bis Dezember 2011 (Bescheid vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011, Bescheide vom 10.06.2011 und 26.09.2011) kürzte die Ag das Alg II um 100%. Gegen die Widerspruchsbescheide vom 21.03.2011 und 21.07.2011 hat der ASt Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben (S 9 AS 528/11 bzw S 9 AS 774/11). Die übrigen Bescheide sind nach Aktenlage bestandskräftig.
Die Vermieterin des ASt hat beim Amtsgerichts A-Stadt Räumungsklage gegen den ASt im Hinblick auf Mietschulden erhoben (1 C 996/11). Mit Versäumnisurteil vom 10.10.2011 wurde der ASt dazu verurteilt, seine Wohnung im Anwesen A-Straße, A-Stadt, zu räumen und an die Vermieterin herauszugeben.
Am 11.11.2011 hat sich der ASt an das SG mit einem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gewandt und eine Ankündigung der Zwangsräumung durch die Gerichtsvollzieherin beigefügt. Die Einräumung einer Frist zur Räumung bis 15.01.2012 habe er beim Amtsgericht beantragt. Nach der Niederschrift über den Erörterungstermin am 23.11.2011 wolle er mit dem Verfahren erreichen, dass er seine Wohnung nicht verlassen müsse.
Das SG hat den Antrag dahingehend ausgelegt, der ASt begehre die Verpflichtung der Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung die angefallenen Mietschulden zu übernehmen, und diesen mit Beschluss vom 23.11.2011 abgelehnt. Der Antrag sei bereits unzulässig, da der ASt nicht bereits zuvor einen Antrag auf Übernahme der Mietschulden bei der Ag gestellt habe. Im Übrigen fehle es auch an einem Anordnungsanspruch, da durch die Übernahme der Mietschulden die Unterkunft nicht mehr gesichert werden könnte.
Dagegen hat der ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht erhoben. Der Gerichtsvollzieher habe seine Wohnung bereits geräumt und ihn in ein Zimmer der Obdachlosenunterkunft geschickt, das unmöbliert und ohne Strom sei. Das Leben dort sei unmöglich. Beim SG habe er beantragt bis zu einer gerichtlichen Entscheidung in der Wohnung bleiben zu dürfen und auf seine finanziellen Probleme hingewiesen. Seine Leistungsfähigkeit sei auf ein bis zwei Stunden beschränkt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Ag, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Gerichtsakten in den Verfahren S 9 AS 528/11 und S 9 AS 774/11 beim SG Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), in der Sache jedoch unbegründet.
Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist vorliegend alleine der Anspruch des ASt auf Übernahme der Mietschulden. Nach dem Beschluss des SG hat dieses den Antrag des ASt dahingehend ausgelegt und nur darüber entschieden. Im Übrigen ergibt sich weder aus den Schriftsätzen des ASt im Verfahren vor dem SG noch aus der Niederschrift über den Erörterungstermin ein darüber hinausgehendes Begehren. Soweit der ASt im Erörterungstermin formuliert hat, er wolle in seiner Wohnung bleiben, ist die diesbezüglich vorgenommene Auslegung des SG nicht zu beanstanden. Insbesondere gab es keinen Anlass, das Begehren als Räumungsschutzantrag auszulegen und an das Amtsgericht A-Stadt, das hierfür zuständig wäre, zu verweisen. Der ASt hat selbst vorgetragen, bereits beim Amtsgericht eine Räumungsfrist beantragt zu haben, woraus zu entnehmen ist, dass er sich über die verschiedenen Zuständigkeiten der Gerichte bewusst ist. Der vom ASt vorgebrachte pauschale Verweis auf finanzielle Probleme war schließlich nicht geeignet ein eigenständiges Antragsbegehren aufzuweisen. Dies war lediglich als Antragsbegründung anzusehen.
Ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig oder unbegründet ist, kann dahinstehen, da vorliegend die Wohnung durch den Gerichtsvollzieher bereits geräumt worden ist und das Rechtsschutzziel des ASt, in der Wohnung verbleiben zu können, nicht mehr erreichbar, mithin erledigt ist. Es ist auch weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der ASt nach Begleichung seiner Mietschulden erneut in die frühere Wohnung zurückkehren könnte. Ergänzend anzumerken ist nur, dass es dem ASt jederzeit frei steht, sich eine neue angemessene Unterkunft zu suchen und nach Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs 4 Satz 1 SGB II durch die Ag anzumieten.
Die Beschwerde war damit ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Übernahme von Kosten der Unterkunft zur Vermeidung einer Zwangsräumung der Wohnung.
Der Antragsteller (ASt) bezog in der Vergangenheit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der Antragsgegnerin (Ag). Zuletzt wurde ihm mit Bescheid vom 23.12.2010 (ggf in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.01.2011 und 23.05.2011; die Erteilung solcher ist in den Verwaltungsakten vermerkt, die entsprechenden Bescheide aber nicht abgeheftet) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2011 Alg II für die Zeit bis 01.04.2011 bewilligt.
Mit Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 und mit Bescheid vom 16.02.2011 senkte die Ag die Alg II-Bewilligung im Rahmen von Sanktionen für die Monate November 2010 bis Januar 2011 um 30% des für den ASt maßgebenden Regelbedarfs bzw. für die Monate März bis Mai 2011 um 60% ab. In der Zeit vom April bis Juni 2011, Juli bis September 2011 und Oktober bis Dezember 2011 (Bescheid vom 18.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011, Bescheide vom 10.06.2011 und 26.09.2011) kürzte die Ag das Alg II um 100%. Gegen die Widerspruchsbescheide vom 21.03.2011 und 21.07.2011 hat der ASt Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben (S 9 AS 528/11 bzw S 9 AS 774/11). Die übrigen Bescheide sind nach Aktenlage bestandskräftig.
Die Vermieterin des ASt hat beim Amtsgerichts A-Stadt Räumungsklage gegen den ASt im Hinblick auf Mietschulden erhoben (1 C 996/11). Mit Versäumnisurteil vom 10.10.2011 wurde der ASt dazu verurteilt, seine Wohnung im Anwesen A-Straße, A-Stadt, zu räumen und an die Vermieterin herauszugeben.
Am 11.11.2011 hat sich der ASt an das SG mit einem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gewandt und eine Ankündigung der Zwangsräumung durch die Gerichtsvollzieherin beigefügt. Die Einräumung einer Frist zur Räumung bis 15.01.2012 habe er beim Amtsgericht beantragt. Nach der Niederschrift über den Erörterungstermin am 23.11.2011 wolle er mit dem Verfahren erreichen, dass er seine Wohnung nicht verlassen müsse.
Das SG hat den Antrag dahingehend ausgelegt, der ASt begehre die Verpflichtung der Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung die angefallenen Mietschulden zu übernehmen, und diesen mit Beschluss vom 23.11.2011 abgelehnt. Der Antrag sei bereits unzulässig, da der ASt nicht bereits zuvor einen Antrag auf Übernahme der Mietschulden bei der Ag gestellt habe. Im Übrigen fehle es auch an einem Anordnungsanspruch, da durch die Übernahme der Mietschulden die Unterkunft nicht mehr gesichert werden könnte.
Dagegen hat der ASt Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht erhoben. Der Gerichtsvollzieher habe seine Wohnung bereits geräumt und ihn in ein Zimmer der Obdachlosenunterkunft geschickt, das unmöbliert und ohne Strom sei. Das Leben dort sei unmöglich. Beim SG habe er beantragt bis zu einer gerichtlichen Entscheidung in der Wohnung bleiben zu dürfen und auf seine finanziellen Probleme hingewiesen. Seine Leistungsfähigkeit sei auf ein bis zwei Stunden beschränkt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Ag, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Gerichtsakten in den Verfahren S 9 AS 528/11 und S 9 AS 774/11 beim SG Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), in der Sache jedoch unbegründet.
Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist vorliegend alleine der Anspruch des ASt auf Übernahme der Mietschulden. Nach dem Beschluss des SG hat dieses den Antrag des ASt dahingehend ausgelegt und nur darüber entschieden. Im Übrigen ergibt sich weder aus den Schriftsätzen des ASt im Verfahren vor dem SG noch aus der Niederschrift über den Erörterungstermin ein darüber hinausgehendes Begehren. Soweit der ASt im Erörterungstermin formuliert hat, er wolle in seiner Wohnung bleiben, ist die diesbezüglich vorgenommene Auslegung des SG nicht zu beanstanden. Insbesondere gab es keinen Anlass, das Begehren als Räumungsschutzantrag auszulegen und an das Amtsgericht A-Stadt, das hierfür zuständig wäre, zu verweisen. Der ASt hat selbst vorgetragen, bereits beim Amtsgericht eine Räumungsfrist beantragt zu haben, woraus zu entnehmen ist, dass er sich über die verschiedenen Zuständigkeiten der Gerichte bewusst ist. Der vom ASt vorgebrachte pauschale Verweis auf finanzielle Probleme war schließlich nicht geeignet ein eigenständiges Antragsbegehren aufzuweisen. Dies war lediglich als Antragsbegründung anzusehen.
Ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig oder unbegründet ist, kann dahinstehen, da vorliegend die Wohnung durch den Gerichtsvollzieher bereits geräumt worden ist und das Rechtsschutzziel des ASt, in der Wohnung verbleiben zu können, nicht mehr erreichbar, mithin erledigt ist. Es ist auch weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der ASt nach Begleichung seiner Mietschulden erneut in die frühere Wohnung zurückkehren könnte. Ergänzend anzumerken ist nur, dass es dem ASt jederzeit frei steht, sich eine neue angemessene Unterkunft zu suchen und nach Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs 4 Satz 1 SGB II durch die Ag anzumieten.
Die Beschwerde war damit ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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