L 3 AL 2485/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 1432/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2485/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Mai 2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt gerichtlichen Rechtsschutz gegen eine vermeintliche Untätigkeit der Beklagten.

Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte. Am 28.10.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung von Reisekosten i.H.v. 2,50 EUR. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin am 28.10.2008 mündlich mit, die Bewilligung werde wegen Nichterreichen der Bagatellgrenze von 6,- EUR abgelehnt. Sodann lehnte die Beklagte, auf Widersprüche des Klägers vom 18. und 21.11.2008 hin, mit Bescheid vom 03.12.2008 den Antrag ab. Hiergegen erhob der Kläger am 08.12.2008 erneut Widerspruch, woraufhin die Beklagte dem Begehren entsprach und dem Kläger mit Abhilfebescheid vom 28.04.2009 Reisekostenerstattung i.H.v. 2,50 EUR bewilligte und eine entsprechende Überweisung veranlasste. Am 01.04.2009 hat der Kläger "Untätigkeitsklage 21" zum SG erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgebracht, über den von ihm am 21.11.2008 eingelegten Widerspruch habe die Beklagte ohne zureichenden Grund bislang noch nicht entschieden. Ihm stehe ein Anspruch auf eine Entscheidung der Beklagten zu.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Mit Urteil vom 12.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, dass die Befangenheitsgesuche des Klägers, die dieser während des gerichtlichen Verfahrens gestellt habe, es nicht daran hinderten, in der Sache zu entscheiden, da diese offensichtlich rechtsmissbräuchlich seien. Die Anträge zielten einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem vom Kläger gestellten Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei gleichfalls nicht zu entsprechen, da dieser ebenfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Inhaltlich sei die Untätigkeitsklage wegen des Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Da die Beklagte dem Begehren des Klägers bereits entsprochen habe, könne der Kläger durch eine gerichtliche Entscheidung keinen weitergehenden Vorteil tatsächlicher oder rechtlicher Natur erlangen. Das SG hat in seinem Urteil eine Rechtsmittelbelehrung erteilt, dass das Urteil mit der Berufung angefochten werden könne.

Gegen das am 21.05.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.06.2011 beim SG Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er vor, das SG habe unzulässigerweise selbst über seine Befangenheitsgesuche entschieden. Ihm sei eine Fahrkarte zur Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung verweigert worden. Inhaltlich verbleibe es bei dem Inhalt seiner Klage. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über seinen Widerspruch vom 21. November 2008 innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu entscheiden.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Mit Schreiben vom 06.12.2011, dem Kläger am 08.12.2011 zugestellt, hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung bereits unzulässig sein dürfte und er erwäge, über die Berufung im Wege eines Beschlusses nach § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden. Den Beteiligten wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 10.01.2012 zu äußern. Der Kläger hat hierauf mit Schreiben vom 08.12.2011 Fristverlängerung sowie die Übersendung einer Kopie der Akten beantragt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte verwiesen.

II.

Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg, sie ist nicht statthaft und deswegen als unzulässig zu verwerfen.

Der Senat war nicht verpflichtet, dem Kläger, wie von ihm zuletzt beantragt, eine Kopie der Verfahrens- und Verwaltungsakte zu fertigen und zur Verfügung zu stellen. Der Antrag ist, da der Kläger eine Kopie der gesamten Akte begehrt hat, ohne ihn auf konkrete Aktenteile zu begrenzen, rechtsmissbräuchlich (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 29.06.2011 - L 3 AL 1928/11 B -; Urteile des erkennenden Senats vom 21.09.2011, - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 -).

Dem Antrag des Klägers auf Fristverlängerung war gleichfalls nicht stattzugeben. Der Kläger hat den Antrag nicht begründet, so dass nicht ersichtlich ist, weswegen der Kläger nicht in der Lage gewesen sein sollte, innerhalb der gewährten Frist von mehr als vier Wochen abschließend inhaltlich und zu der in Aussicht gestellten Verfahrensweise, einer Entscheidung im Wege eines Beschlusses nach § 158 SGG, vorzutragen.

Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder nicht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie gemäß § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann gemäß § 158 Satz 2 SGG durch Beschluss ergehen. Der Senat macht von dem ihm eingeräumten Ermessen dahingehend Gebrauch, durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 3 SGG) zu entscheiden. Gründe, die für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sprechen, hat der Kläger in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 08.12.2011 nicht vorgebracht.

Gemäß § 143 SGG findet gegen Urteile der Sozialgerichte die Berufung an das Landessozialgericht statt. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab dem 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I S. 444 ff.) bedarf die Berufung jedoch der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Der Beschwerdewert bestimmt sich nach dem Betrag, den das SG dem Kläger versagt hat und der von diesem - als Rechtsmittelführer - weiterverfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rn. 14 m.w.N.; Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 06.02.1997 - 14/10 BKg 14/96 - veröffentlicht in juris). Von der Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG werden auch Untätigkeitsklagen erfasst, denn diese sind entweder auf die Vornahme eines beantragten, aber ohne zureichenden Grund innerhalb von sechs Monaten nicht erlassenen Verwaltungsakts gerichtet (§ 88 Abs. 1 SGG), oder sie haben den Erlass eines Widerspruchsbescheides zum Gegenstand, wenn ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist (§ 88 Abs. 2 SGG). Betrifft der zu erlassenden Verwaltungsakt Geld-, Dienst- oder Sachleistungen, die einen Wert von 750,- EUR nicht übersteigen, unterliegt auch die Untätigkeitsklage der Berufungsbeschränkung (BSG, Beschluss vom 06.10.2011 - B 9 SB 45/11 B - veröffentlicht in juris). Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 12.05.2011 ist in Anlegung dieser Maßstäbe nicht statthaft. Der Kläger hat im erstinstanzlichen Klageverfahren die Verbescheidung eines Widerspruchs gegen die zunächst verfügte Ablehnung der Erstattung von Reisekosten i.H.v. 2,50 EUR geltend gemacht. Der Kläger ist mithin durch die dieses Begehren ablehnende Entscheidung des SG nicht in einem Umfang von mindestens 750,- EUR beschwert. Auch sind keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Das SG hat die Berufung auch nicht zugelassen. Die vom SG angeführte Rechtsmittelbelehrung, gegen das Urteil sei die Berufung zulässig, genügt den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung nicht; sie ersetzt die Zulassung nicht (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2004 - B 11 AL 53/03 R -; Urteil vom 23.07.1998 - B 1 KR 24/96 R jew. veröffentlicht in juris). Die Berufung gegen das Urteil des SG vom 12.05.2011 ist daher nicht statthaft.

Die Berufung ist mithin nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.

Eine Umdeutung der Berufung in eine statthafte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 12.05.2011 ist angesichts des eindeutig als "Berufung" bezeichneten Rechtsmittels nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 R - veröffentlicht in juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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