L 11 R 4953/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3706/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4953/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.10.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger macht einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung geltend.

Der 1952 geborene Kläger war nach Absolvierung einer Dreherlehre zunächst als Dreher und Monteur beschäftigt. Zwischen 1976 und 1997 war er bei der Firma D. als Dreher, CNC-Dreher, Messtechniker und Universalschleifer tätig. Aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen arbeitete er ab 1997 als Pförtner. Ab Juni 2002 war er in der Versandabteilung mit der Verpackung von Kleinteilen beschäftigt, wobei er seit 01.10.2002 auf eigenen Wunsch seine wöchentliche Arbeitszeit auf 28 Stunden reduzierte. Dabei musste er Schrauben und ähnliche Kleinteile in Kartons verpacken. Die Arbeit erfolgte nicht im Akkord. Seit 23.06.2004 ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt.

Im Februar 2000 ließ sich der Kläger in der DRK-Klinik B.-B. eine Hüfttotalendoprothese links implementieren. Die Anschlussheilbehandlung führte er vom 08.03. bis 05.04.2000 in der Klinik F. in Bad H. durch. Aus diesem Heilverfahren wurde er mit der Leistungsbeurteilung, dass ihm die bislang ausgeübte Tätigkeit als Pförtner, oder aber auch in der Qualitätssicherung weiterhin vollschichtig möglich sei, entlassen.

Am 13.10.2000 beantragte der Kläger zum ersten Mal die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Er machte geltend, wegen des Zustands nach Hüftgelenksoperation links und nach Leistenbruchoperation, eines Bandscheibenvorfalls der Lendenwirbelsäule (LWS), einer Sehnenverkürzung beider Hände und Beschwerden von Seiten des rechten Hüftgelenkes könne er keine Arbeiten mehr verrichten. Die Beklagte veranlasste hierauf eine Begutachtung durch den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. Sch. von der Ärztlichen Dienststelle in K. Dieser kam zu dem Ergebnis, der Kläger könne leichte und auch mittelschwere Arbeiten im Bewegungswechsel, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, Klettern oder Steigen, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel und langes Gehen in unebenem Gelände vollschichtig verrichten. Die letzte Tätigkeit als Pförtner entspreche ebenso wie die geschilderte Tätigkeit als Dreher im Bereich der Messtechnik diesem Leistungsbild und sei ihm weiterhin vollschichtig möglich. Mit Bescheid vom 30.01.2001 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen im angelernten Beruf als Pförtner könnten Arbeiten vollschichtig ausgeübt werden und auch im erlernten Beruf als Dreher könne der Kläger regelmäßig vollschichtig arbeiten. Seinen dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2001 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass ihm als gelerntem Facharbeiter mindestens Anspruch auf Leistungen bei Berufsunfähigkeit zustünden. Er könne weder die erlernte Tätigkeit noch die ihm zugewiesenen Verweisungstätigkeiten verrichten. Darüber hinaus sei er auch erwerbsunfähig. Zumindest derzeit bestehe für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen. Insbesondere wegen der starken Schmerzen sei er derzeit überhaupt nicht in der Lage, auf das linke Bein aufzutreten. Im Bereich des rechten Hüftgelenkes sei in absehbarer Zeit ebenfalls ein künstlicher Gelenkersatz erforderlich und verkannt worden sei auch seine Wirbelsäulenerkrankung. Das SG hörte die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen und erhob anschließend weiter Beweis durch Einholung eines Gutachtens des Orthopäden Dr. M ... Dieser diagnostizierte ein totalendoprothetisch ersetztes Hüftgelenk links mit geringfügiger Beugeeinschränkung, eine mittelgradig ausgeprägte umbildende Veränderung am rechten Hüftgelenk mit noch ausreichender Funktion, eine Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bei röntgenologisch nachweisbaren degenerativen Veränderungen, derzeit ohne fassbaren Wurzelreiz, Verdacht auf rezidivierend auftretende L5-Wurzelreizungen, Spannungskopfschmerzen rechts, narbige Veränderungen der Hohlhandfascie und Verdacht auf Ellenrinnensyndrom beiderseits. Von Bedeutung für die Leistungsbeurteilung sei die Funktionsstörung des linken Hüftgelenkes, die mittelgradige Hüftgelenksarthrose rechts und das Lendenwirbelsäulensyndrom. Unter Beachtung dieser Befunde könne der Kläger leichte und auch mittelschwere körperliche Arbeiten unter Vermeidung von Arbeiten verbunden mit dauerndem Stehen und Gehen, ausschließlich in Wirbelsäulenzwangshaltung, häufigem Bücken, Heben und Tragen von schweren Lasten und auf Leitern und Gerüsten sowie ohne Schicht- und Fließbandarbeit vollschichtig verrichten. Die Tätigkeit als Dreher könne ihm nicht mehr zugemutet werden. Gegen den vollschichtigen Einsatz als Pförtner spreche indessen nichts. Auf Antrag des Klägers erstattete sodann der Orthopäde Dr. J., St. V.-Kliniken in K., ein weiteres orthopädisches Gutachten. Der Gutachter beschrieb beim Kläger ähnliche Befunde wie der Vorgutachter und gelangte zu der Einschätzung, dass der Kläger als Dreher an großen Fräsmaschinen mit ständigem Gehen und verbunden mit schwerem Heben und Tragen von Gegenständen nur noch zwei Stunden bis unter halbschichtig arbeiten könne. Vollschichtig einsetzbar als Dreher sei er jedoch als Qualitätsprüfer und in der Messtechnik. Für die Tätigkeit eines Pförtners ließen sich keine relevanten Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit für eine ganzschichtige Tätigkeit begründen. Insgesamt könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte und zeitweise mittelschwere körperliche Arbeiten unter Vermeidung von wiederkehrenden Arbeiten in vornübergebeugter Körperhaltung, in Wirbelsäulenzwangshaltungen, verbunden mit Heben und Tragen von Gegenständen über 12 kp, Arbeiten in der Hocke und im Knien sowie auf Leitern und Gerüsten und Gehen auf unebenem Boden ganzschichtig verrichten. Die Möglichkeit zum Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sollte gegeben sein. Vorübergehend bestünden noch Einschränkungen für häufige Überkopfarbeiten rechts. Der Kläger wies darauf hin, er habe sich im Jahr 1997 aus gesundheitlichen Gründen von der bis dahin ausgeübten Facharbeitertätigkeit gelöst. Mittlerweile sei auch das Arbeiten in der Pforte für ihn eine einzige Quälerei, weil er unter einer ausgeprägten Gehbehinderung, die sich progredient entwickele, leide.

Mit Urteil vom 04.02.2003 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Tätigkeiten des Klägers in der Qualitätsprüfung, Messtechnik oder als Werkzeugschleifer Facharbeitertätigkeiten in Ausübung des erlernten Berufes des Drehers oder aber nur angelernte Tätigkeiten gewesen seien. Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung könne der Kläger sowohl die Tätigkeit als Pförtner als auch die davor ausgeführten Tätigkeiten in der Qualitätsprüfung und der Messtechnik vollschichtig verrichten. Dagegen legte der Kläger im Wesentlichen mit der Begründung, dass ihm in seiner erlernten Tätigkeit als Dreher Berufsschutz zustehe und er aufgrund seines angegriffenen Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage sei, eine Tätigkeit als Dreher in der Messtechnik oder in der Qualitätskontrolle sowie als Pförtner vollschichtig auszuüben, Berufung ein. Der Senat holte sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte ein. Der Kläger legte auf Anfrage des Senats Unterlagen im Hinblick auf die von ihm verrichtete berufliche Tätigkeit vor. Er teilte unter Beifügung von Gehaltsabrechnungen und Schreiben der Firma D. mit, er habe am 01.02.2002 trotz starker Schmerzen seine Tätigkeit als Pförtner wieder aufgenommen. Aufgrund der wöchentlichen Arbeitszeit von 43 Stunden hätten seine Gehbeschwerden derart zugenommen, dass er sich um einen anderen Arbeitsplatz bemüht habe. Zum 01.06.2002 sei er in der Abteilung Versand (Verpackung) eingesetzt worden. Dadurch habe sich seine Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden reduziert. Aufgrund weiterhin starker Schmerzen habe er auf eigenen Wunsch gegen entsprechenden Lohnverzicht seine wöchentliche Arbeitszeit ab 01.10.2002 auf 28 Stunden reduziert. Auch diese Tätigkeit könne er aber nur unter ständigen Schmerzen ausführen. Der Senat wies die Berufung mit Beschluss vom 24.10.2003 aus den vom SG dargestellten Gründen als unbegründet zurück. Ergänzend führte er aus, auch der Senat sei der Auffassung, dass der Kläger insbesondere gestützt auf die von Dr. M. und Dr. J. erstatteten Gutachten und das von Dr. Sch. im Verwaltungsverfahren erstattete Gutachten, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet werde, sowohl die frühere Tätigkeit als Dreher im Bereich der Qualitätssicherung und Messtechnik aber auch die Tätigkeit als Pförtner vollschichtig verrichten könne. Die Frage, ob sich der Kläger aus gesundheitlichen Gründen von der Tätigkeit in der Messtechnik und der Qualitätssicherung gelöst habe, woran der Senat aufgrund des früheren Vortrags erheblichen Zweifel hätte, könne damit dahingestellt bleiben. Da der Kläger diese Tätigkeiten noch verrichten könne, komme weder eine Rente wegen Berufs- noch wegen Erwerbsunfähigkeit in Betracht.

Im Mai 2006 unterzog sich der Kläger in der DRK-Klinik B.-B. wegen eines Wurzelreizsyndroms L5 und S1 einer Wirbelsäulenoperation. Die durchgeführte Therapie wird in dem vom Facharzt für Neurochirurgie Dr. R. verfassten Arztbrief der Klinik vom 19.05.2006 (Bl 387 der Verwaltungsakte) wie folgt beschrieben: "Osteoligamentäre Dekompression der Recessus laterales LW 4/5 und lumbosakral beidseits, Lipomektomie sowie Foraminotomie L5 und S1 links in mikrochirurgischer Technik." Am 18.07.2006 erfolgte eine kernspintomografische Untersuchung im operierten Segment. Das Ergebnis dieser Untersuchung wurde von Dr. Sche. im Arztbrief vom 20.07.2006 (Bl 385 der Veraltungsakte) wie folgt beurteilt: "Primär und sekundär normal weiter Spinalkanal wie in der Voruntersuchung. Unveränderte fortgeschrittene Spondylarthrose L4/5 mit Pseudolisthesis um 2 mm und Neuroforaminaenge beidseits in dieser Etage knöchern. Jetzt unverständlicherweise Laminektomie L 4/5 und L5/S1 links. Dabei ausgedehntes epidurales Narbengewebe sowie periradikuläres Narbengewebe die Wurzel L5 und S1 umgebend ohne Sequesterbildungen. Kein Nachweis einer Spondylitis und unauffällige übrige Segmente. Ein Befund in der Voruntersuchung, der eine Neurolyse erforderlich gemacht hätte, lässt sich retrospektive nicht nachweisen." Nach dieser Operation war der Kläger nicht mehr berufstätig, das Arbeitsverhältnis mit der D. AG besteht allerdings noch.

Den streitgegenständlichen Rentenantrag stellte der Kläger am 11.01.2007. Die Beklagte zog zunächst die Akte des SG im Verfahren S 10 SB 1425/05 bei und nahm Kopien der darin befindlichen medizinischen Unterlagen zu den Verwaltungsakten (Bl 293/383 der Verwaltungsakte). Sie ließ dann den Kläger mehrfach begutachten. Der Arzt für Orthopädie Dr. S. (Gutachten vom 13.03.2007, Bl 417 ff der Verwaltungsakte), der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Schi. (Gutachten vom 14.03.2007, Bl 435 ff der Verwaltungsakte) und der Internist und Sozialmediziner Dr. L. (Gutachten vom 27.04.2007, Bl 451 ff der Verwaltungsakte) kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, der Kläger könne zwar nicht mehr als Dreher arbeiten, aber eine leichte bis mittelschwere Arbeit sei ihm noch über 6-stündig möglich. Diese Tätigkeit sollte aufgrund der orthopädischen Leiden in wechselnder Körperhaltung verrichtet werden können, ohne chronische Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken, Klettern oder Steigen und nicht im Hocken. Mit Bescheid vom 09.05.2007 und Widerspruchsbescheid vom 12.07.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.

Am 27.07.2007 hat der Kläger Klage beim SG erhoben. Er hat geltend gemacht, er leide an einer anhaltenden, sich sukzessive verschlimmernden somatoformen Schmerzstörung sowie einer reaktiven depressiven Verstimmung. Außerdem bestünden endgradige Funktionsbehinderungen der Rumpfwirbelsäule mit chronisch rezidivierenden Lumboischialgien, die durch Narbenbildungen nach einer Operation bedingt seien sowie Irritationen der Nervenwurzel L5 links. Auch die Kontrakturen der beiden Hände seien von den Gutachtern der Beklagten nicht hinreichend gewürdigt worden. Gleiches gelte für die Irritationen des Colon. Das SG befragte zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. Schm., Facharzt für Allgemeinmedizin, beschreib eine deutliche Verschlechterung der psychovegetativen Komponente (Auskunft vom Dezember 20079 und reichte Kopien seiner Patientenkartei sowie zahlreiche Arztbrief zu den Akten (Bl 35/108 der SG-Akte). Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. teilte mit (Schreiben vom 21.12.2007, Bl 109/111 der SG-Akte), eine eigentliche Behandlung durch ihn habe nicht stattgefunden. Bei den drei Kontakten sei es lediglich um eine tiefenpsychologische Ausleuchtung der gut verborgenen depressiven Störung gegangen.

Anschließend hat das SG Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Gutachten auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T. (Gutachten vom 01.10.2008) hat im Wesentlichen beginnende bis mittelgradig ausgeprägte degenerative Verschleißerkrankungen der Wirbelsäule, des rechten Hüftgelenks, beider Kniegelenke und des Großzehengrundgelenks festgestellt, ferner eine Erkrankung im Bereich der Schultersehnen rechts, eine Schmerzhaftigkeit beider Ellenbogengelenke (sog Tennisarm), jeweils ohne funktionelle Beeinträchtigung, und ein Morbus Dupuytren der Finger IV und V beidseits ohne Gebrauchsminderung der Hände. Außerdem hat er sich ausführlich mit der Schmerzbehandlung, die der Kläger durchführt, auseinandergesetzt und dargelegt, dass derzeit eine Schmerzbehandlung nach dem Schema der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf der Stufe 1 zum Einsatz komme. Dem Kläger seien noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen 6 Stunden und mehr täglich zumutbar.

Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. O.-P. hat in ihrem Gutachten vom 12.01.2009 ausgeführt, auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet lägen eine Dysthymia, eine chronifizierte somatoforme Schmerzstörung sowie ein Wurzelreizzeichen L5/S1 und eine Nervenleitungsminderung über dem rechten Sulcus ulnaris ohne Paresen und Sensibilitätsdifferenzen vor. Trotz der ausgeprägt beschriebenen Beschwerden fehlten angemessene Therapiemaßnahmen und Eigenaktivitäten zur Schmerzlinderung. Der Kläger habe sich von unangenehmen Tätigkeiten, dem Beruf und auch der Haushaltstätigkeit zurückgezogen, behalte aber durchaus Führungs- und Kontrollfunktionen und widme sich fernsehen, Fahrrad fahren und insgesamt wenig anspruchsvollen Tätigkeiten. Über die von orthopädischer Seite zu beachtenden Einschränkungen hinaus dürfe der Kläger keine Verantwortung für Personen und Maschinen übertragen werden. Aufgrund der erhöhten Reizbarkeit sollten auch Arbeiten, die eine erhöhte Konfliktbereitschaft mit sich brächten, vermieden werden. Arbeiten unter Beachtung dieser Einschränkungen seien dem Kläger noch 6 Stunden und mehr täglich zumutbar.

Auf Antrag des Klägers ist anschließend der Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Psychotherapie, Naturheilverfahren, Umweltmedizin, Psychoanalyse Dr. W. gutachtlich gehört worden. In seinem Gutachten vom 11.02.2010 hat er die Auffassung vertreten, aufgrund einer hochgradig chronifizierten Schmerzerkrankung, die im Vordergrund stehe, seien dem Kläger Arbeiten nur noch unter 3 Stunden täglich zumutbar. Er bewerte die vom Kläger vorgetragenen Schmerzen anders als Dr. O.-P ... Auch könne er keine Diskrepanz zwischen den geklagten Beschwerden und dem Verhalten sowie dem Befund in der Untersuchungssituation erkennen. Ebenso wenig bestehe eine Diskrepanz zwischen den geschilderten Funktionsbeeinträchtigungen und den eruierbaren Aktivitäten (Freizeit, Haus, Garten).

Zu dem Gutachten des Dr. W. hat das SG die ergänzende Stellungnahme von Dr. O.-P. vom 18.05.2010 eingeholt. Darin hat die Sachverständige ua ausgeführt, auch sie habe die Schmerzerkrankung des Klägers berücksichtigt und entsprechend der geltenden Leitlinie eingeschätzt. Die von ihr festgestellten Diskrepanzen hätten vorgelegen. So sei der Kläger in der Lage, Auto zu fahren. Er habe von mindestens 30 Minuten gesprochen. Auch habe er berichtet, zu Hause wenig zu machen, die Spülmaschine noch einzuräumen, Staub zu saugen und mit der Ehefrau einkaufen zu gehen. Er habe angegeben, gelegentlich noch schwimmen zu gehen und sich dem Fernsehen zu widmen, Mitglied im Gesangverein zu sein und gelegentlich in den Sportverein zu gehen und im selben Jahr einmal nach Teneriffa geflogen zu sein. Es lägen hier deutliche Inkonsistenzen vor, die nicht kritisch in Frage gestellt worden seien. Sie verbleibe deshalb bei ihrer Einschätzung des Leistungsvermögens. Hierzu hat sich der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2010 geäußert und beantragt, Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen und die beiden Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung ihrer Gutachten zu laden. Das SG hat zwar Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, hierzu aber die Sachverständigen nicht geladen. Mit Urteil vom 06.10.2010, dem Kläger zugestellt am 20.10.2010, hat das SG die Klage abgewiesen.

Am 21.10.2010 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, entgegen der Ansicht des SG sei er erwerbsgemindert, da er unter Beachtung qualitativer Einschränkungen nicht in der Lage sei, auch nur leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Soweit das Gericht seine gegenteilige Annahme auf einer Gesamtschau der medizinischen Unterlagen, insbesondere das fachorthopädische Gutachten von Dr. T. vom 01.10.2008 und das fachneurologisch psychiatrische Gutachten von Frau O.-P. vom 12.01.2009 sowie deren ergänzende Stellungnahme vom 18.05.2010 stütze, ohne die Einschätzungen des Dr. G. und des Dr. W. auch nur im Ansatz zu beachten, beruhe diese Einschätzung auf einer nicht hinreichenden Ermittlung des Sachverhaltes, zudem auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Er habe im Hinblick auf die mündliche Verhandlung rechtzeitig und vor der eigentlichen Terminbestimmung durch die Kammer beantragt, die Sachverständigen Dr. O.-P. und Dr. W. zur mündlichen Erörterung ihres Gutachtens zu laden. Ein Gericht verletze regelmäßig schon dann den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es einen Antrag auf Erläuterung eines Sachverständigengutachtens entweder völlig übergehe oder ihm allein deshalb nicht nachkomme, weil das Gutachten ihm überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erscheine (BVerfG NJW 1998, S. 2273). Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasse grundsätzlich auch die mündliche Anhörung gerichtlicher Sachverständiger. Die Parteien sollten grundsätzlich berechtigt sein, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachteten.

Darüber hinaus sei das SG in der angegriffenen Entscheidung der Einschätzung der Sachverständigen O.-P. zu vorbehaltlos gefolgt. Die Leistungseinschätzung durch Frau O.-P. sei in Ansehung seiner Leiden weder schlüssig noch nachvollziehbar. Insbesondere habe die Sachverständige sich gerade nicht mit seiner Tagesstrukturierung auseinandergesetzt und diese in ihre Beurteilung mit einfließen lassen. Die von ihr erhobenen Untersuchungsbefunde erschöpften sich in Annahmen und Hypothesen, wobei sich die Sachverständige letztlich ohne hinreichende Belege aus Befunden und Diagnosestellungen anmaße, sein Schmerz- und Leidensbild beurteilen zu können. Sinnvolle und nachvollziehbare neurologische Zusatzuntersuchungen, die die Diagnosestellungen und Beurteilungen objektiviert hätten, seien dem Gutachten Dr. W., nicht aber dem Gutachten der Sachverständigen Dr. O.-P. zu entnehmen. Soweit die Kammer keine Veranlassung gesehen habe, aufgrund der abweichenden Leistungsbeurteilung durch das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. W. von der Leistungsbeurteilung durch Frau Dr. O.-P. abzuweichen, sei dies ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Dr. W. sei zu Recht zu der Ansicht gelangt, dass derzeit keine Tätigkeiten vorstellbar seien, die ohne eine weitere Schmerzverstärkung noch möglich wären. Grund hierfür sei die schwerwiegende, hochgradig chronifizierte Schmerzerkrankung mit ihren Auswirkungen auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, auf die seelische Verfassung, den Schlaf und die sozialen Bezüge. Er sei nur in der Lage, unter drei Stunden täglich zu arbeiten. Auch in Ansehung der ergänzenden Stellungnahme von Frau Dr. O.-P. vom 18.05.2010 könne diese die zutreffende Beurteilung durch Dr. W. nicht entkräften, vor allem die in dem Gutachten von Dr. W. genannte Schlafstörung mit dem Verdacht auf ein Schlafapnoe-Syndrom und einem Restless-Legs-Syndrom sei nicht einer einfachen medikamentösen Maßnahme zugänglich und mit ihr behandelbar. Zu Unrecht habe die angegriffene Entscheidung auch die Leistungsbeurteilungen der sachverständigen Zeugen seines behandelnden Hausarztes Dr. Schm. als auch des behandelnden Neurologe Dr. G. außer Acht gelassen, die in ihren Aussagen zu dem Ergebnis gekommen seien, dass er nicht in der Lage sei, einer Tätigkeit von sechs Stunden täglich nachzugehen, um lediglich in pauschaler Art und Weise formelhaft anmutend auf die Befunde der Sachverständigen Dr O.-P. zu verweisen, obgleich die medizinische Sachverständige Dr O.-P. in keiner Weise die unstreitig beim ihm vorhandene Schmerzerkrankung bewerte. Zwar führe die Sachverständige aus, sie habe entgegen dem anderslautenden Sachvortrag seine Schmerzerkrankung gewichtet, Anhaltspunkte, dass dies dann tatsächlich geschehen sei, lasse das Gutachten indes missen. Es seien zur Beurteilung des Krankheitsbildes seitens der Sachverständigen lediglich Leitlinien zur Begutachtung verschiedener sog medizinischer Gesellschaften herangezogen worden, eine individuelle Beurteilung am Krankheitsbild und der von ihm erfolgten Symptomatik sei indes nicht erfolgt, vielmehr würden lediglich subjektive Wertungen der Sachverständigen wie die, er würde seine Beschwerden unpräzise und ausweichend beschreiben, in der Begutachtung wiedergegeben.

Der medizinische Sachverständige Dr. W. gehe in seinem fundierten, schlüssigen und in jeder Hinsicht fundierten Gutachten unter Heranziehung zahlreicher Belege und Befunde zu Recht davon aus, dass er auch dann, wenn für die Schmerzen kein befriedigender körperlicher Befund entdeckt werden könne, aufgrund dieser Schmerzen jenseits einer seitens der Sachverständigen Dr. med. O.-P. wahrgenommenen "narzisstischen Kränkung" in ganz erheblichem Maße sozial desintegriert und in seiner Lebensqualität beeinträchtigt sei. Unzweifelhaft bestehe bei ihm eine erhebliche Schmerzsymptomatik, die umfangreiche und umfassende Auswirkungen auf sein körperliches, seelisches und soziales Leben habe. Er lebe mittlerweile höchstgradig reduziert das Leben eines Schwerkranken. An der Glaubhaftigkeit der geschilderten Beschwerden habe auch bei den Vorgutachtern kein Zweifel bestanden, diese werteten jedoch fehlerhaft diese Symptomatik anders als der Gutachter Dr. W. nicht, weil sie nicht in Korrelation mit einem körperlichen Befund stehe. Es dürfe vorliegend nicht verkannt werden, dass Schmerz und seine Auswirkungen, worauf der Sachverständige Dr. W. zu Recht in seinem Gutachten hinweise, als Kriterium mit subjektivem Einschlag nur schwer einer objektiven Befundung zugänglich sei, dies auch dann, wenn man Leitlinien einschlägiger Gesellschaften zur Beurteilung der entsprechenden Auswirkungen heranziehe. Die seitens der Sachverständigen angeführte mangelnde Therapiebereitschaft und Therapiemotivation hinsichtlich der Schmerzerkrankung sei in keiner Weise nachvollziehbar, geschweige denn hinreichend jenseits von vagen Hinweisen und Vermutungen zu Sport- und Urlaubsaktivitäten belegt. Soweit die Sachverständige hier vor dem Hintergrund dieser Aktivitäten zu dem Schluss komme, es läge "eine deutliche Inkonsistenz zu der Einschätzung" vor, die "nicht kritisch in Frage gestellt" werde, sei dem entgegen zu halten, dass er im Rahmen seiner Möglichkeiten intensiv versucht habe, sowohl ambulant als auch stationär Hilfe zu finden. Hervorzuheben sei, dass er unter Einkommensverzicht seine Arbeitsstunden halbiert habe, weil er sich hiervon einer Verbesserung seiner Situation erhofft habe. Der in diesem Zusammenhang erteilte Hinweis der Vorgutachterin, dass nur Analgetika der Stufe I der WHO gegeben worden seien, sei beim Fibromyalgiesyndrom nicht hilfreich, da die in der Klassifikation der WHO höherstufigen Morphine (sowohl schwache als auch starke) nach allgemeiner fachlicher Einschätzung nicht wirksam seien und auch nicht bei seinem Krankheitsbild indiziert seien. Auch zeigten die meisten sonstigen Analgetika keine ausreichende Wirkung bezüglich der diffusen Schmerzen, unter denen er leide. Er habe keinen "Rentenwunsch" (der sich aufgrund des Alters ohnehin zeitnahe erfüllen würde), sondern sei aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage, seine frühere berufliche Tätigkeit fortzuführen. Ob das Krankheitsbild letztlich als "chronisches Schmerzsyndrom", "somatoforme Schmerzstörung" oder "Fibromyalgie Syndrom" benannt werde, ändere nichts. Ebenso wenig sei die Frage der Kausalität für eine Begutachtung entscheidend. Ob ein Fibromyalgie-Syndrom eine vorwiegend psychische oder somatische Genese habe, möge für therapeutische Strategien wesentlich sein, nicht jedoch für die Begutachtung. Hier stelle sich nur die Frage, welches Ausmaß die krankheitsbedingten Einschränkungen haben und ob eine realistische Chance bestehe, diese aus eigenem Antrieb oder mit fachlicher Hilfe zu überwinden, was bei ihm nicht der Fall sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.10.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.05.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.01.2007 Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Vorakten des Senats L 11 R 1296/03 und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 2 SGG eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 09.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2007 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Durch das am 01.01.2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 01.01.1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren sind, können jedoch gemäß § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.

Der im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31.12.2007 nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.04.2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn aufgrund des im Januar 2007 gestellten Rentenantrages vor dem 01.01.2001 nicht in Betracht kommt.

Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB II Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach diesen Maßstäben ist der Kläger, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und von der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage war und ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den er verweisbar ist, unter Beachtung bestimmter Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Auf orthopädischem Gebiet bestehen beim Kläger folgende Erkrankungen: eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule (HWS) ohne radikuläre Ausfallsymptomatik und ohne funktionelle Beeinträchtigung; eine mittelgradig ausgeprägte degenerative Verschleißerkrankung der LWS mit kernspintomographisch nachgewiesenem Narbengewebe nach Laminektomie L4/5 und L5/S1 linksseitig ohne radikuläre Ausfallsymptomatik mit endgradiger funktioneller Beeinträchtigung; eine mittelgradig ausgeprägte degenerative Verschleißerkrankung des rechten Hüftgelenkes mit mittelgradig ausgeprägter funktioneller Beeinträchtigung; ein Zustand nach Implantation einer zementfreien Hüfttotalendoprothese links mit ausreichender funktioneller Beweglichkeit links; eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung beider Kniegelenke mit Betonung des medialen Kompartimentes; eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung des Großzehengrundgelenkes bei mittelgradig ausgeprägtem Spreizfuß und gering ausgeprägtem Hallux valgus beidseits; eine Tendinitis calcarea (Erkrankung im Bereich der Schultersehnen) rechts ohne funktionelle Beeinträchtigung; eine Epicondylitis humeri radialis (sog Tennisarm) beidseits ohne Nachweis von degenerativen Verschleißerkrankungen und ohne funktionelle Beeinträchtigung sowie ein Morbus Dupuytren der Finger IV und V beidseits ohne Gebrauchsminderung der Hände. Dies ergibt sich für den Senat aus dem Gutachten vom 01.10.2008 des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T. (Seite 33 des Gutachtens, Bl 162 der SG-Akte). Aus diesen Befunden hat der gerichtliche Sachverständige nachvollziehbar den Schluss gezogen, dass dem Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar sind. Dabei sollte es dem Kläger möglich sein, wechselnde Körperhaltungen einzunehmen und Zwangshaltungen wie ständiges Bücken oder Knien zu vermeiden. Das Tragen und Heben von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel sollte vermieden werden. Ständige Arbeiten Überkopf oder Arbeiten mit besonderer Beanspruchung der Gebrauchsfähigkeit der Hände, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten, die mit ständigem Gehen und Stehen oder mit ständigem Treppensteigen verbunden, sind dem Kläger ebenfalls nicht mehr zumutbar. Permanentes Arbeiten im Freien sowie permanentes Arbeiten unter Exposition von Hitze, Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen sollten vermieden werden, wobei diese Arbeitsbedingungen dem Kläger zumutbar sind, sofern sie nur gelegentlich auftreten. Der Kläger benötigt aber keine zusätzlichen Pausen. Eine Akkord- und Fließbandarbeit ist dem Kläger aufgrund der Beschwerden der Wirbelsäule sowie der Beschwerden im Bereich der oberen und unteren Extremitäten ebenso wenig zumutbar wie Arbeiten mit oder an laufenden Maschinen. Dieser Einschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers durch den Sachverständigen Dr. T. schließt sich der Senat an.

Keinesfalls lässt sich mit den von Dr. T. festgestellten Erkrankungen eine stärkere Einschränkung der Erwerbsfähigkeit begründen. Denn die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule verursachen nach der Einschätzung des Sachverständigen im Bereich der HWS gar keine und im Bereich der LWS nur endgradige funktionelle Einschränkungen. Eine radikuläre Ausfallsymptomatik ließ sich nicht nachweisen. Die klinische Untersuchung der Hüftgelenke ergab beidseits eine maximale Beugefähigkeit von 90 Grad. Nur auf der rechten Seite bestand ein endgradiger Innenrotationsschmerz (Gutachten Seite 25, Bl 154 der SG-Akte). In beiden Kniegelenken fand sich ein leichter Druckschmerz über dem äußeren Gelenkspalt. Die Beweglichkeit beider Kniegelenke war altersentsprechend frei. Auch ergab die vergleichende Umfangmessung der unteren Extremitäten keinen Hinweis auf ein Defizit. Die Beweglichkeit der oberen Extremitäten (Schulter- und Ellenbogengelenke) war nicht eingeschränkt. Beide Ringfinger wiesen zwar eine Beugekontraktur von 20 Grad an beiden Grundgelenken auf. Der Spitz- und Schlüsselgriff sowie der Faustschluss waren jedoch beidseits komplett möglich. Diese Befunde belegen, dass der Sachverständige bei seiner Leistungseinschätzung des Klägers keinen für den Kläger nachteiligen besonders strengen Maßstab angelegt hat. Deshalb ist der Senat auch davon überzeugt, dass die Auffassung des Sachverständigen, dass das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt ist, zutrifft.

Auf nervenärztlichem Fachgebiet liegen beim Kläger eine Dysthymia, eine chronifizierte somatoforme Schmerzstörung sowie ein Wurzelreizzeichen L5/S1 und eine Nervenleitungsminderung über dem rechten Sulcus ulnaris (Ellennerv) ohne Paresen und Sensibilitätsdifferenzen vor. Über die bereits aufgrund der orthopädischen Befunde zu beachtenden Einschränkungen hinaus hat dies zur Folge, dass dem Kläger keine Verantwortung für Personen und Maschinen übertragen werden sollte. Aufgrund der erhöhten Reizbarkeit sollten auch Arbeiten, die eine erhöhte Konfliktbereitschaft mit sich bringen, vermieden werden. Arbeiten unter Beachtung dieser Einschränkungen sind dem Kläger aber noch 6 Stunden und mehr täglich zumutbar. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der Dr. O.-P. Den größten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Klägers hat dabei die von der Sachverständigen diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung. Bei der Beurteilung der sozialmedizinischen Relevanz dieser Erkrankung ist zunächst zu berücksichtigen, dass auch nach Auffassung des Senats unerheblich ist, unter welcher Diagnose dieses Krankheitsbild geführt wird. In Übereinstimmung mit der überwiegenden Ansicht der dem Senat aufgrund seiner Ermittlungstätigkeit bekannten Sachverständigen geht der Senat davon aus, dass die früher als Fibromyalgie bezeichneten Beeinträchtigungen heute unter der Diagnose der somatoformen Schmerzstörung erfasst werden. Daraus ergeben sich aber keine Auswirkungen auf die Beurteilung des Leistungsvermögens. Ferner ist zu beachten, dass das Schmerzempfinden subjektiv und daher das Ausmaß von Schmerzen nicht quantifizierbar ist.

Daraus folgt aber nicht, dass bei der sozialmedizinischen Beurteilung von Schmerzen die Angaben der Betroffenen allein maßgeblich sind. Denn die Auswirkungen von Schmerzen lassen sich zwar nicht direkt, wohl aber indirekt näher erfassen. Ein Gesichtspunkt bei der Beurteilung von Schmerzen ist die Prüfung, ob eine schmerzbedingte Inaktivität bereits zu körperlich messbaren Folgen geführt hat. So ist allgemein bekannt, dass sich Muskeln, die nicht oder nur unzureichend beansprucht werden, zur Rückbildung neigen. Wird beispielsweise eine Extremität - Arm oder Bein - schmerzbedingt stärker geschont als andere, zeigen sich oft in der vergleichenden Messung einseitige Muskelminderungen. Auch neigen Gelenke, die nicht oder nicht ausreichend bewegt werden, zur Einsteifung (bekannt ist zB die posttraumatische Schultersteife). Derartige indirekte Hinweise auf eine schmerzbedingte Inaktivität liegen beim Kläger nicht vor, wie sich bei der Begutachtung auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet gezeigt hat.

Als weiteres Kriterium ist die Lebensgestaltung des Betroffenen von Bedeutung. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zB Urteile vom 14.12.2010, L 11 R 3243/09, vom 20.07.2010, L 11 R 5140/09 und vom 24.09.2009, L 11 R 742/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgleitet und daran gemessen. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob und in welcher Form der Betroffene versucht, einem sich aus der Schmerzstörung ergebenden Leidensdruck durch angemessene therapeutische Bemühungen entgegen zu wirken. Diesen Gesichtspunkten hat die gerichtliche Sachverständige Dr. O.-P. die zutreffende Bedeutung beigemessen, weshalb sich der Senat ihrer Beurteilung anschließt. So hat die Sachverständige darauf hingewiesen, dass der Kläger gemessen an den vorgebrachten Beschwerden keine ausreichende Therapie durchführt. Er habe bislang eine psychiatrische Behandlung abgelehnt (Gutachten Seite 10, Bl 179 der SG-Akte). Ferner sei erkennbar, dass sich der Kläger von unangenehmen Tätigkeiten, dem Beruf und auch der Haushaltstätigkeit, zurückgezogen habe, aber durchaus Führungs- und Kontrollfunktionen beibehalte und sich weniger anspruchsvollen Tätigkeiten wie dem Fernsehen und dem Fahrrad fahren widme. Damit beschreibt die Sachverständige einen sekundären Krankheitsgewinn, was den Schluss zulässt, dass eine Überwindung der Beschwerden durch eine angemessene Therapie möglich ist. Auf nicht sofortige Bedürfniserfüllung reagiert der Kläger nach den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen gereizt und angespannt, ebenso wenn das Verhalten hinterfragt werde (Gutachten Seite 43, Bl 212 der SG-Akte). Bei ihrer Untersuchung fand die Sachverständige einige Hinweise darauf, dass Zweifel am Ausmaß der geklagten Beschwerde bestehen, was zu Lasten des Klägers geht. So hat sie ausgeführt, bei der Begutachtung habe es deutliche Diskrepanzen zwischen der Beschwerdeschilderung und tatsächlicher körperlicher und psychischer Beeinträchtigung gegeben. Es fehle eine Modulierbarkeit der beklagten Schmerzen und es habe Diskrepanzen zwischen den geschilderten Funktionsbeeinträchtigungen und den zu eruierenden Aktivitäten des täglichen Lebens gegeben. Sie hat damit die in den Leitlinien für die Begutachtung von Schmerzen (Version 9.21 vom 02.11.2004) in der Übersicht 1 aufgeführten Gesichtspunkte beachtet und ihrem Gutachten zugrunde gelegt.

Demgegenüber vermag sich der Senat der Leistungsbeurteilung im psychosomatischen Gutachten des Dr. W. vom 11.02.2010 nicht anzuschließen. Zwar verneint er im Gegensatz zu Dr. O.-P. alle Hinweise (Diskrepanzen) auf das Vorliegen einer Verdeutlichungstendenz (Seite 38 seines Gutachtens, Bl 282 der SG-Akte). Allerdings lässt er nicht erkennen, dass er die vom Kläger gemachten Angaben einer kritischen Prüfung unterzogen hat. So hat er in der Anamneseerhebung erwähnt, der Kläger habe angegeben, nicht länger sitzen, stehen oder liegen zu können. Spätestens nach 10 Minuten müsse er die Position wechseln. Gleichzeitig hat der Kläger aber - wie auch in den Vorgutachtern - erwähnt, abends würde er mit der Ehefrau fernsehen, um möglichst spät gegen 00:00 Uhr bis 01:00 Uhr ins Bett zu gehen, damit die Nacht nicht allzu lang sei (Gutachten Seite 17, Bl 261 der Verwaltungsakte). Dies ist in doppelter Hinsicht widersprüchlich. Zum einen ist ein täglicher mehrstündiger Fernsehkonsum nur schwer mit der angeblich bestehenden Unfähigkeit zu längerem Sitzen zu vereinbaren. Zum anderen schläft der Kläger morgens bis 09:00 Uhr oder 10:00 Uhr, was doch wiederum eine eher lange Nacht bedeutet. Auch die vom Kläger geschilderte Flugreise nach Teneriffa widerspricht dem behaupteten Krankheitsbild eklatant. Daran ändert auch der Hinweis des Klägers, der Flug sei eine Qual gewesen (Gutachten aaO), nichts. Bei der vom Kläger behaupteten Schmerzproblematik ist es nicht zu erklären, weshalb er überhaupt einen derart langen Hin- und Rückflug angetreten hat. Vor diesem Hintergrund ist die lapidare Feststellung des Sachverständigen, eine Diskrepanz zwischen den geschilderten Funktionsbeeinträchtigungen und eruierten Aktivitäten bestehe nicht, widerlegt.

Ferner konnte der Kläger bei der Ergometrie bis 125 Watt belastet werden. Da die Belastung angefangen bei 25 Watt in Stufen von 25 Watt gesteigert wurde und auf jeder Stufe bis 125 Watt die Belastung für 2 Minuten erfolgte, konnte der Kläger bei fünf Stufen 10 Minuten lang belasten. Dies entspricht seinen früher gemachten Angaben, wonach er in seiner Freizeit Fahrrad fährt, und belegt eine körperliche Belastbarkeit für mittelschwere Arbeiten. Die Sachverständige Dr. O.-P. hat in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 18.05.2010 deshalb noch einmal auf die vorliegenden Diskrepanzen und Inkonsistenzen hingewiesen und ist zu Recht bei ihrer bisherigen Leistungsbeurteilung geblieben. Das von Dr. W. beschriebene Restless-legs-Syndrom ist nach den Ausführungen von Dr. O.-P. einfachen medikamentösen Maßnahmen zugänglich und behandelbar. Ein möglicherweise bestehendes Schlafapnoe-Syndrom wäre ebenfalls einer Behandlung zugänglich.

Die von Kläger im Berufungsverfahren geäußerte Kritik am Gutachten von Frau Dr. O.-P. ist nicht berechtigt. Die von ihr erhobenen Untersuchungsbefunde erschöpfen sich - wie dargelegt - keineswegs in Annahmen und Hypothesen, wie der Kläger behauptet. Der Vortrag des Klägers, die Sachverständige habe die Schmerzerkrankung nicht bewertet, ist ebenfalls erkennbar nicht zutreffend. Der Verweis auf die Leistungseinschätzung durch die behandelnden Ärzte kann die Beurteilung durch Dr. O.-P. nicht entkräften. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Das SG hat auch nicht das rechtliche Gehör des Klägers verletzt, weil es die Sachverständigen nicht zur mündlichen Verhandlung geladen hat. Einen solchen Antrag muss das Gericht nicht folgen, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine objektiv sachdienlichen Fragen angekündigt wurden (BSG, 09.01.2006, B 1 KR 52/05 B, juris).

Dem Kläger muss keine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Nach der neueren Rechtsprechung des BSG gibt es für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19.08.1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30.10.1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.

Der Kläger kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sog qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird. Tätigkeiten in Zwangshaltungen wie ständiges Bücken oder Knien, das Tragen und Heben von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel, ständige Arbeiten Überkopf oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten, die mit ständigem Treppensteigen verbunden, sind bereits nicht mehr als leicht zu bezeichnen. Der Verzicht auf permanentes Arbeiten im Freien sowie permanentes Arbeiten unter Exposition von Hitze, Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen führt nicht dazu, dass dem Kläger der Zugang zu typischen leichten Tätigkeiten, wie er sie zB zuletzt verrichtet hat (Verpacken von Kleinteilen), versperrt ist.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 01.01.2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzen-anpassungsgesetzes) bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche "Leitberufe" charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (vgl BSG, Beschluss vom 27.08.2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, 24.03.1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, 27.08.2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, 29.07.2004, B 4 RA 5/04 R, juris). Angelernte des oberen Bereiches können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale wie zB das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (BSG, Urteil vom 29.03.1994, 13 RJ 35/93, aaO mwN).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Dies war im Fall des Klägers die bis Ende Mai 2002 ausgeübte Tätigkeit als Pförtner. Auf den erlernten Beruf des Drehers kann nicht abgestellt werden, da der Kläger sich von diesem Beruf gelöst hat. Anlässlich einer Begutachtung auf der Ärztlichen Dienstelle der Beklagten im Jahr 2001 durch Dr. Sch. hat der Kläger angegeben, er sei bereits 1995 vom Bereich der Messtechnik in die Werkzeugschleiferei versetzt worden. Nachdem auch in diesem Bereich Personal reduziert worden sei, weil viele Werkzeuge nicht mehr nachgeschliffen, sondern nach Gebrauch ausgemustert wurden, sei er ab 1997 als Pförtner eingesetzt worden (Bl 123 der Verwaltungsakte). Für den Senat ist damit erwiesen, dass die Umsetzung des Klägers nicht auf gesundheitlichen Gründen beruhte. Die vom Kläger verrichtete Arbeit als Pförtner ist dem unteren Bereich der Ungelernten zuzuordnen, was sich schon daran zeigt, dass der Kläger diese Tätigkeit ohne längere Anlernzeit hat bewältigen können. Damit genießt der Kläger keinen Berufsschutz, er kann auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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