Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 3024/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 5079/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 16. November 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist unter Beachtung des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Beschwerdeausschlussgründe im Sinne des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG liegen nicht vor. Die Beschwerde ist daher zulässig. Dies gilt trotz des Umstandes, dass der Antragsteller nicht über eine ladungsfähige Anschrift verfügt. Grundsätzlich erfordert ein zulässiges Rechtsschutzbegehren, dass dem angerufenen Gericht die Wohnanschrift des Rechtsuchenden genannt wird; die Angabe "postlagernd" genügt diesem Erfordernis nicht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 18. November 2003 - B 1 KR 1/02 S (juris); Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 92 Rdnr. 3). Der obdachlose Antragsteller, der denknotwendigerweise eine Wohnanschrift nicht mitteilen kann, ist jedoch über die Anschrift des Sozialgerichts Konstanz (SG) erreichbar, da er dort regelmäßig vorspricht und an ihn gerichtete Schriftstücke abholt, so dass auch Zustellungen des Gerichts möglich sind. Soweit nunmehr das SG im Gerichtsbescheid vom 4. Januar 2012 (S 5 AS 2643/10) darauf verweist, dass der Antragsteller inzwischen nur noch nach "Gutdünken" Schriftstücke beim SG entgegennimmt, weckt dies zwar auch Bedenken an der Zulässigkeit der Verfahrensführung des Antragstellers im hier anhängigen Verfahren. Gleichwohl kann die Zulässigkeit zum jetzigen Zeitpunkt noch angenommen werden, weil den Antragsteller alle Schriftstücke in diesem Verfahren bisher erreicht haben und er selbst auf die Zustellung über das SG verweist. Zudem ist durch die jüngere Spruchpraxis des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg in Sachen des Antragstellers auch ein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen worden, das LSG werde aus dem Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift nicht auf Unzulässigkeit des Verfahrens schließen (vgl. z.B. die zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlüsse vom 19. Oktober 2011 - L 13 AS 4465/11 ER-B - , vom 10. Oktober 2011 - L 12 AS 4134/11 ER-B - und vom 6. Juni 2011 - L 3 AS 1580/10).
Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Das SG hat mit Beschluss vom 16. November 2011 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung den zutreffenden Ausführungen des SG in vollem Umfang an und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung hierauf gem. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug.
Ergänzend ist zum Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren anzumerken, dass er zwar nicht gehindert ist, einen eigenen Vorschlag für eine Eingliederungsvereinbarung bei dem Antragsgegner einzureichen, sich vorliegend daraus aber keine Rückschlüsse auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Eingliederungsverwaltungsaktes ergeben. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides ist allein an den gesetzlichen Vorschriften zu messen; die insoweit erfolgte Überprüfung durch das SG ist überzeugend. Die als Eingliederungsvereinbarung bezeichnete Forderung des Antragstellers, der Antragsgegner möge ihn für sechs Monate dem Stadtarchiv Konstanz zuweisen (Bl. 6 der Verwaltungsakte) stellt sich nicht als ernsthaftes Verhandeln über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung dar, weil sie weder ergebnisoffen ist noch Verpflichtungen des Antragstellers zur Eingliederung in das Erwerbsleben im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuches umschreibt.
Der Antragsteller hat nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 13/09 R - (juris)) keinen Anspruch auf Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung. Vielmehr stehen Eingliederungsvereinbarung und Eingliederungsverwaltungsakt gleichrangig nebeneinander, weshalb die Behörde das Recht hat, einen Verwaltungsakt zu erlassen, wenn ihr dies als der bessere Weg erscheint. Selbst wenn man aber entgegen dem BSG vor Erteilung eines Eingliederungsverwaltungsaktes das ernsthafte Bemühen der Behörde um den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung verlangt (vgl. SG Koblenz, Beschluss vom 26. April 2010 - S 2 AS 411/10 ER - (juris); Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage, § 15 Rdnr. 44), ergibt sich keine andere Beurteilung des Falles. Denn der Antragsgegner hat das Scheitern seiner Bemühungen um den Abschluss einer Vereinbarung durch Vorlage der letzten Beratungsvermerke belegt. Danach ist der Antragsteller wiederholt zu Meldeterminen, in denen über seine berufliche Wiedereingliederung gesprochen werden sollte, nicht erschienen. Dem ist der Antragsteller im Kern nicht entgegengetreten. Nachvollziehbar schildert der Antragsgegner im Schriftsatz vom 20. Dezember 2011 auch, dass aus dem bisherigen Verhalten des Antragstellers das Fehlen jeglicher Verhandlungsbereitschaft abgeleitet werde. Die Entscheidung des Antragsgegners, die Eingliederung des Antragstellers in der Handlungsform des Verwaltungsaktes zu betreiben bzw. zu fördern, begegnet daher insgesamt keinen rechtlichen Bedenken.
Zutreffend sind schließlich auch die Ausführungen des SG zur inhaltlichen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes. Insbesondere ist die Auflage, Bewerbungsbemühungen im Umfang von vier Bewerbungen pro Monat nachzuweisen, nicht zu beanstanden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2008 - L 25 AS 522/06 - (juris))
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG, SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers ist unter Beachtung des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Beschwerdeausschlussgründe im Sinne des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG liegen nicht vor. Die Beschwerde ist daher zulässig. Dies gilt trotz des Umstandes, dass der Antragsteller nicht über eine ladungsfähige Anschrift verfügt. Grundsätzlich erfordert ein zulässiges Rechtsschutzbegehren, dass dem angerufenen Gericht die Wohnanschrift des Rechtsuchenden genannt wird; die Angabe "postlagernd" genügt diesem Erfordernis nicht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 18. November 2003 - B 1 KR 1/02 S (juris); Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 92 Rdnr. 3). Der obdachlose Antragsteller, der denknotwendigerweise eine Wohnanschrift nicht mitteilen kann, ist jedoch über die Anschrift des Sozialgerichts Konstanz (SG) erreichbar, da er dort regelmäßig vorspricht und an ihn gerichtete Schriftstücke abholt, so dass auch Zustellungen des Gerichts möglich sind. Soweit nunmehr das SG im Gerichtsbescheid vom 4. Januar 2012 (S 5 AS 2643/10) darauf verweist, dass der Antragsteller inzwischen nur noch nach "Gutdünken" Schriftstücke beim SG entgegennimmt, weckt dies zwar auch Bedenken an der Zulässigkeit der Verfahrensführung des Antragstellers im hier anhängigen Verfahren. Gleichwohl kann die Zulässigkeit zum jetzigen Zeitpunkt noch angenommen werden, weil den Antragsteller alle Schriftstücke in diesem Verfahren bisher erreicht haben und er selbst auf die Zustellung über das SG verweist. Zudem ist durch die jüngere Spruchpraxis des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg in Sachen des Antragstellers auch ein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen worden, das LSG werde aus dem Fehlen einer ladungsfähigen Anschrift nicht auf Unzulässigkeit des Verfahrens schließen (vgl. z.B. die zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlüsse vom 19. Oktober 2011 - L 13 AS 4465/11 ER-B - , vom 10. Oktober 2011 - L 12 AS 4134/11 ER-B - und vom 6. Juni 2011 - L 3 AS 1580/10).
Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Das SG hat mit Beschluss vom 16. November 2011 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung den zutreffenden Ausführungen des SG in vollem Umfang an und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung hierauf gem. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug.
Ergänzend ist zum Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren anzumerken, dass er zwar nicht gehindert ist, einen eigenen Vorschlag für eine Eingliederungsvereinbarung bei dem Antragsgegner einzureichen, sich vorliegend daraus aber keine Rückschlüsse auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Eingliederungsverwaltungsaktes ergeben. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides ist allein an den gesetzlichen Vorschriften zu messen; die insoweit erfolgte Überprüfung durch das SG ist überzeugend. Die als Eingliederungsvereinbarung bezeichnete Forderung des Antragstellers, der Antragsgegner möge ihn für sechs Monate dem Stadtarchiv Konstanz zuweisen (Bl. 6 der Verwaltungsakte) stellt sich nicht als ernsthaftes Verhandeln über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung dar, weil sie weder ergebnisoffen ist noch Verpflichtungen des Antragstellers zur Eingliederung in das Erwerbsleben im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuches umschreibt.
Der Antragsteller hat nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 13/09 R - (juris)) keinen Anspruch auf Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung. Vielmehr stehen Eingliederungsvereinbarung und Eingliederungsverwaltungsakt gleichrangig nebeneinander, weshalb die Behörde das Recht hat, einen Verwaltungsakt zu erlassen, wenn ihr dies als der bessere Weg erscheint. Selbst wenn man aber entgegen dem BSG vor Erteilung eines Eingliederungsverwaltungsaktes das ernsthafte Bemühen der Behörde um den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung verlangt (vgl. SG Koblenz, Beschluss vom 26. April 2010 - S 2 AS 411/10 ER - (juris); Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage, § 15 Rdnr. 44), ergibt sich keine andere Beurteilung des Falles. Denn der Antragsgegner hat das Scheitern seiner Bemühungen um den Abschluss einer Vereinbarung durch Vorlage der letzten Beratungsvermerke belegt. Danach ist der Antragsteller wiederholt zu Meldeterminen, in denen über seine berufliche Wiedereingliederung gesprochen werden sollte, nicht erschienen. Dem ist der Antragsteller im Kern nicht entgegengetreten. Nachvollziehbar schildert der Antragsgegner im Schriftsatz vom 20. Dezember 2011 auch, dass aus dem bisherigen Verhalten des Antragstellers das Fehlen jeglicher Verhandlungsbereitschaft abgeleitet werde. Die Entscheidung des Antragsgegners, die Eingliederung des Antragstellers in der Handlungsform des Verwaltungsaktes zu betreiben bzw. zu fördern, begegnet daher insgesamt keinen rechtlichen Bedenken.
Zutreffend sind schließlich auch die Ausführungen des SG zur inhaltlichen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes. Insbesondere ist die Auflage, Bewerbungsbemühungen im Umfang von vier Bewerbungen pro Monat nachzuweisen, nicht zu beanstanden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2008 - L 25 AS 522/06 - (juris))
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG, SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved