L 12 AS 5758/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 4395/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5758/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. November 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes für die Zeit vom 01. Oktober 2011 bis zum 31. März 2012 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Die 1965 geborene Antragstellerin wohnt mit ihrem 1950 geborenen Ehemann in einem Zimmer der Obdachlosenunterkunft der Gemeinde F., für die sie eine Nutzungsentschädigung (einschließlich Betriebskosten) in Höhe von 183 EUR im Monat zu entrichten haben. Die Unterkunft (Zimmer und Küche) wird mit Holz und Briketts beheizt; das Ehepaar beschafft sich das Brennmaterial nach Bedarf. Der Ehemann der Antragstellerin bezieht eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von monatlich 938,22 EUR. Die Rentenzahlungen werden dem Konto der Antragstellerin gutgeschrieben. Die Antragstellerin ist über ihren Ehemann bei der D. familienversichert.

Die Antragstellerin beantragte am 21. September 2011 für die Zeit ab 1. Oktober 2011 "Leistungen nach dem SGB II". In dem am 6. Oktober 2011 eingereichten Antragsformular gab sie u.a. an, dass sie von ihrem Ehemann dauernd getrennt lebe. Heizkosten würden in Höhe von monatlich ca. 100,- EUR entstehen.

Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin für die Zeit vom 01. Oktober 2011 bis zum 31. März 2012 Arbeitslosengeld II (Alg II) vorläufig in Höhe von monatlich 53,86 EUR und berücksichtige dabei einen monatlichen Regelbedarf von 328 EUR sowie monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe 149,04 EUR (183,- EUR + 100,- EUR = 283,- EUR / 2 = 141,50 EUR) und setzte davon Einkommen des Ehemannes in Höhe von 423,18 EUR (938,22 EUR [Rente] - 328,- EUR [Regelbedarf] - 91,50 EUR [1/2 Nutzungsgebühr] - 50,- EUR [1/2 Heizkosten] - 7,54 EUR [Warmwasserbedarf] - 30,- EUR [Versicherungspauschale] - 8,- EUR [Zusatzbeitrag DAK] = 423,18 EUR) ab. Das von der Antragstellerin vorgebrachte Getrenntleben in der Obdachlosenunterkunft F. könne nicht anerkannt werden. Hinsichtlich des geltend gemachten Mehrbedarfs für eine kostenaufwändige Ernährung sei auf die Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) zu verweisen, wonach Diabetes keinen Mehrbedarf auslöse. Bei der Antragstellerin und ihrem Ehemann handele es sich um eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft, wobei der Ehemann dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II unterliege, vorläufig würden Brennstoffkosten in Höhe von insgesamt 100 EUR monatlich berücksichtigt. Der verbleibende Zahlbetrag für angemessene Unterkunft und Heizung werde direkt an die Gemeinde F. überwiesen, da die Antragstellerin keine Nachweise über die Bezahlung der Nutzungsgebühren beigebracht habe. Aus dem Schriftwechsel in der Vergangenheit ergebe sich, dass die Antragstellerin seit Einweisung in die Obdachlosenunterkunft noch keinerlei Nutzungsgebühren entrichtet habe. Sie verweigere vorsätzlich die zweckentsprechende Verwendung der nach § 22 SGB II zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft. Über den Widerspruch der Antragstellerin (Schreiben vom 19. Oktober 2011) hat der Antragsgegner bisher noch nicht entschieden.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 bat die Gemeinde F. um Prüfungen, ob Leistungen des Antragsgegners nicht direkt an die Gemeinde überwiesen werden könnten. Die Antragstellerin und ihr Ehemann würden grundsätzlich Forderungen der Gemeinde nicht begleichen. Aus der Einweisung in die Obdachlosenunterkunft habe die Gemeinde Forderungen (Stand 19. Oktober 2011) in Höhe von 3296,92 EUR.

Gegen den Bewilligungsbescheid vom 17. Oktober 2011 hat die Antragstellerin am 24. Oktober 2011 Klage zum SG erhoben (S 15 AS 4394/11) und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Der Antragsgegner gehe mit der Rente ihres Ehemannes um, als sei es eine von ihm gezahlte Leistung. Die Unterhaltsberechnung für Verheiratete und getrennt lebende Paare werde im BGB und in der Düsseldorfer Tabelle geregelt. Im gesamten BGB gebe es den Begriff "Bedarfsgemeinschaft" nicht. Der Antragsgegner wolle den bewilligten Betrag von 53,86 EUR an die Gemeinde F. überweisen, wogegen sie sich wehre. Dieser Betrag fehle jetzt zur Beschaffung von Brennstoffen.

Der Antragsgegner hat am 02. November 2011 verfügt, dass die benötigten Leistungen rückwirkend ab 01. Oktober 2011 an die Antragsstellerin geleistet und ausgezahlt werden.

Nachdem die Antragstellerin an ihrem einstweiligen Rechtsschutzbegehren festgehalten hat, hat das SG mit Beschluss vom 28. November 2011 den Antrag abgelehnt und dem Antragsgegner ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin auferlegt. Soweit die Antragstellerin sich gegen die Direktzahlung des Alg II an die Gemeinde F. wende, sei der Antrag unzulässig. Nach Erlass des Änderungsbescheides vom 02. November 2011 bestehe jedenfalls kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für eine Eilentscheidung des Gerichts. Der Antragsgegner halte an seiner Entscheidung nach § 22 Abs. 7 SGB II nicht mehr fest. Der Antrag auf die begehrte einstweilige Anordnung sei unbegründet. Der hierfür erforderliche Anordnungsanspruch der Antragstellerin auf höhere als die bewilligten Leistungen bestehe nicht. Der Antragsgegner habe zu Recht bei der Antragstellerin unter Annahme einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Ehemann nur 90 v.H. des vollen Regelsatzes berücksichtigt. Er habe zu Recht eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft angenommen, in der gemäß § 11 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 2 SGB II die Altersrente des Ehemannes nach Abzug dessen eigenen anzuerkennenden Bedarfs bei der Antragstellerin als Einkommen anzurechnen sei. Die Berechnung des Antragsgegners sei nicht zu beanstanden, insbesondere seien die von der Antragstellerin behaupteten, aber nicht glaubhaft gemachten weiteren Bedarfe des Ehemannes nicht zu berücksichtigen. Ebenso habe der Antragsgegner, wie die Kammer bereits mehrfach entschieden habe, bei ihr keinen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II wegen Diabetes zu berücksichtigen. Einen von ihr nicht einmal genau bezifferten höheren Bedarf für Brennstoffkosten als die vom Antragsgegner vorläufig angesetzten 100 EUR monatlich für die gesamte Unterkunft habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Die zum Nachweis ihres tatsächlichen Bedarfs verlangten Belege über die tatsächlichen Anschaffungen von Brennholz habe sie nicht eingereicht.

Gegen den ihr am 30. November 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 29. Dezember 2011 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin. Der Betrag von insgesamt monatlich 100 EUR für Brennstoffkosten reiche für die gestiegenen Brennstoffkosten, gerade bei Holz, nicht aus. Die Brennstoffkosten stiegen ab Dezember an. Die geringeren Heizkosten der Monate Oktober und November 20011 glichen den Anstieg bis März/April 2012 nicht aus. Es könnten keine weiteren Kosten für Brennstoffe als die vom Antragsgegner berücksichtigten 100 EUR ausgegeben werden. Wie höhere Ausgaben unter diesen Umständen nachgewiesen werden sollen, sei nicht ersichtlich. Auch seien Sonderbedarfe ihres Ehemannes zu berücksichtigen, die wiederkehrend entstünden und durch den Antragsgegner in der Vergangenheit teilweise berücksichtigt worden seien. Es lägen Anträge für Einlagen in Höhe von 50 EUR, Kompressionsstrümpfe in Höhe von 50 EUR, Reparaturen für Diabetiker - Schutzschuhe in Höhe von 100 EUR und ein Selbstbehalt für Diabetiker-Schutzschuhe in Höhe von 76 EUR sowie für orthopädische Schuhe von 228 EUR vor. Das SG habe die Ausführungen des BSG im Urteil vom 15. April 2008 (B 14/7b AS 58/06) nicht hinreichend berücksichtigt. Weiter trägt die Antragstellerin vor, dass Brennstoffkosten im Oktober 2011 in Höhe von 42,77 EUR, im November 2011 von 58,21 EUR und im Dezember 2011 von 96,68 EUR entstanden seien. Die Brennstoffe würden nicht nur in F. gekauft, sondern dort, wo diese am günstigsten seien. Um Brennstoffe an verschiedenen Orten zu kaufen, sei eine Fahrkarte des (K. Verkehrs-Verbundes) notwendig. Diese Fahrtkosten seien nirgends bisher geltend gemacht oder vom Antragsgegner sowie dem SG abgelehnt worden. Auch habe der Antragsgegner in der vorangegangenen Heizperiode pro Person noch 51,50 EUR für Brennstoffkosten anerkannt. Um den zwischenzeitlichen Preisanstieg auszugleichen, hätten die Brennstoffe oft an verschiedenen Orten gekauft werden müssen. Nur deshalb sei der Betrag von 100 EUR im Dezember 2011 nicht überschritten worden. Brennstoffkosten für die Küche könnten nicht nachgewiesen werden. In der Küche hätte sich inzwischen massiv Schimmel gebildet und die Fenster "schwitzten" wegen des Temperaturunterschiedes stark. Im Dezember 2011 hätte ihr Ehemann für gesundheitliche Mittel 44 EUR sowie für einen Transporter zur Abholung von Gegenständen aus der früheren Wohnung 95 EUR aufwenden müssen. Zudem stelle sich überhaupt die Frage, ob die Bedarfsberechnung des Antragsgegners, in der die Rente ihres Ehemannes teilweise als ihr Einkommen angerechnet werde, rechtsgültig sei und nicht die familienrechtlichen Berechnungen nach der Düsseldorfer Tabelle angewandt werden müsse. Zudem dürfe das BSG - Urteil vom 15. April 2008 im Verfahren B 14/7b AS 58/06 R nicht mehr in vollem Umfang angewendet werden, da es die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09. Februar 2010 zu dem Sonder-/Mehrbedarf noch nicht gegeben habe. Schließlich lasse die Beklagte unerwähnt, dass ihr Mann und sie seit dem 19. Januar 2011 eigentlich getrennt lebten, wenn auch in einem Zimmer der Obdachlosenunterkunft der Gemeinde F. Schließlich habe ihr Ehemann und sie bei dem Antragsgegner zur Abdeckung der Mehr- und Sonderbedarfe ihres Ehemannes ein persönliches Budget nach § 17 SGB XI beantragt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Antraggegners (Band 23) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die gemäß §§ 172, 173 SGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Insbesondere wäre in der Hauptsache die Berufung zulässig, da die Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe des vollen Regelbedarfs für die Zeit von Oktober 2011 bis März 2012 und zusätzlich unbezifferte "Sonder- und Mehrbedarfe" geltend macht (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG).

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht die Hauptsache, soweit nicht ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG).

Vorliegend kommt - wie das SG zutreffend erkannt hat - eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund. Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (vgl. beispielsweise LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - und vom 17. April 2009 - L 7 AS 68/09 ER-B -). Es ist nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Angelegenheit, die nicht dringend sind, einer Regelung, die ohnehin nur vorläufig sein kann, zuzuführen; in derartigen Fällen ist dem Antragsteller vielmehr ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zuzumuten. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf die Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. beispielsweise BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt sich gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG als zulässig, aber unbegründet dar. Denn der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner kein höherer Anspruch auf Alg II als der mit Bescheid vom 17. Oktober 2011 bewilligte Betrag zu. Zwar hat die Antragstellerin das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7 a SGB II noch nicht erreicht, ist erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, jedoch ist sie lediglich im Umfang der bewilligen Leistungen hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Die Antragstellerin erzielt kein Einkommen und verfügt, soweit ersichtlich, über kein zu berücksichtigendes Vermögen. Jedoch bildet sie mit ihrem nicht getrennt lebenden Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft mit der Folge, dass bei der Bestimmung ihrer Hilfebedürftigkeit das Renteneinkommen ihres Ehemannes zu berücksichtigen ist (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 a SGB II gehört als Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte zur Bedarfsgemeinschaft. Der Senat hat bereits ausführlich mit Beschluss vom 20. Juni 2011 (L 12 AS 1954/11 ER-B) dargelegt, dass weder eine räumliche Trennung noch ein beachtlicher Trennungswille mindestens eines der Ehegatten erkennbar ist. In diesem Beschluss hat der Senat auch im Einzelnen begründet, dass gegen die Einbeziehung des Ehegatten in die Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin keine unterhaltsrechtlichen Grundsätze sprechen.

Unter Anrechnung des Einkommens ihres Ehemannes, der selbst nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen ist, dessen Bezug einer Altersrente aber der Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft mit der Antragstellerin nicht entgegensteht, hat die Antragstellerin gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf höheres Alg II. Dabei berechnet sich die Höhe des Bedarfs der Antragstellerin aus dem ihr zustehenden Regelbedarf in Höhe von 328 EUR (§ 20 Abs. 4 SGB II). Hinzu kommen die anteiligen Kosten der Unterkunft in Höhe von 91,50 EUR sowie ein Mehrbedarf hinsichtlich der dezentralen Warmwassererzeugung von 7,54 EUR (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und Nr. 1 SGB II). Da nur die tatsächlichen Aufwendungen für Heizung er-bracht werden (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) und der Bedarfsgemeinschaft in der bisherigen Heizperiode von Oktober bis Dezember 2011 tatsächlich keine höheren Kosten zur Beschaffung von Brennmaterial als die vom Antragsgegner berücksichtigen 100 EUR monatlich entstanden sind, kann kein höherer Bedarf für Heizung anerkannt werden. Dabei ist es dem Senat nicht nachvollziehbar, warum es der Antragstellerin nicht möglich sein soll, Brennstoffkosten für die Beheizung der Küche nachzuweisen. Auch wenn die Antragstellerin und ihr Ehemann den vom Antragsgegner monatlich angesetzten Betrag in Höhe von 100 EUR im Dezember 2011 zur Beschaffung von Brennmaterial zur Beheizung des Ofens in dem gemeinsam bewohnten Wohn- und Schlafzimmer benötigt haben mögen, so standen ihnen in den Monaten Oktober und November 2011 nach Abzug der für die Beheizung des Zimmer aufgewendeten Beträge im Oktober noch 57,23 EUR und im November noch 41,79 EUR zur Verfügung, um Brennmaterial für den Küchenofen zu beschaffen. Auch ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Sie hat kein ärztliches Attest vorgelegt, aus dem sich entnehmen lässt, an welcher Krankheit sie leidet und dass sie aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Auch ist ihr Vortrag, wegen eines bei ihr bestehenden Diabetes mellitus Typ I bestehe ein ernährungsbedingter Mehrbedarf, nicht geeignet, einen Anspruch im Sinne des § 21 Abs. 5 SGB II im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu begründen. Auch insofern nimmt der Senat auf seine Ausführungen im Beschluss vom 20. Juni 2011 im Verfahren L 12 AS 1954/11 ER-B Bezug. Auch im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren vermochte es die Antragstellerin nicht darzulegen, dass und aus welchen Gründen von den Empfehlungen des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge (Stand 01. Oktober 2008) abzuweichen ist.

Somit hat die Antragstellerin einen Bedarf in Höhe von monatlich 477,04 EUR. Dem steht das zu berücksichtigende Einkommen ihres Ehemannes von monatlich 938,22 EUR netto (nach Absetzung von Krankenversicherungsbeiträgen, § 11 b Abs. 1 Nr. 2 SGB II) gegenüber, wobei dieses um die Versicherungspauschale von 30 EUR zu bereinigen ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V). Weiterhin hat der Antragsgegner auch den vom Ehemann an die DAK zu entrichtenden kassenindividuellen Zusatzbeitrag im Sinne des § 242 SGB V gemäß § 11 b Abs. 3 Nr. 2 SGB II als Pflichtbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung abgesetzt, obwohl ein solcher bisher für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht nachgewiesen wurde. Von diesem Einkommen ist der Bedarf des nicht leistungsberechtigten Ehemanns abzuziehen, der sich - wie bei der Antragstellerin - auf 477,04 EUR beläuft. Auch insoweit sind Anhaltspunkte weder für einen ernährungsbedingten Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II noch für andere Mehrbedarfe ersichtlich. Dass der Ehemann einen zu berücksichtigenden Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II aus medizinischen Gründen hat, ist nicht glaubhaft gemacht. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass für die Gesundheitspflege ein Bedarf von monatlich 15,55 EUR in die Berechnung des Regelbedarfs eingeflossen ist (Abteilung 6), der Eigenanteil, Rezeptgebühren, Zuzahlungen (bis zur Belastungsgrenze; § 62 SGB V) etc. abdeckt (vgl. BT-Drucksache 17/3404, Seite 58). Weiterhin werden medizinische Bedarfslagen durch das vorrangige Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) abgedeckt. Der Ehemann der Antragstellerin, der bei der DAK versichert ist, hat Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um seine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung und die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln (vgl. § 27 Abs. 1 S. 2 SGB V). Die übrigen Kosten für die Gesundheitsfürsorge, die nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse umfasst und dem Bereich der Eigenverantwortung des Versicherten zugeordnet sind, sind in der Regelleistung abgebildet und aus dieser zu bestreiten (vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 146/10 R -). Schließlich hat die Antragstellerin einen Mehrbedarf ihres Ehemannes aus medizinischen Gründen nicht durch Vorlage ärztlicher Verordnungen, Rechnungen etc. glaubhaft gemacht, so dass auch ein gegebenenfalls zu beachtender Bedarf für die Anschaffung und Reparatur orthopädischer Schuhe (vgl. § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II) nicht beim Ehemann der Antragstellerin bedarfserhöhend angesetzt werden kann. Demnach verbleiben 423,18 EUR als Einkommen, aus dem der Bedarf der Antragstellerin teilweise gedeckt werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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