Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AL 394/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 7/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Weitere außergerichtliche Kosten über die erstinstanzlich rechtskräftig zuerkannten 1/10 für das erstinstanzliche Verfahren hat die Beklagte der Klägerin nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruches auf Fahrkostenerstattung für die Teilnahme der Klägerin an der beruflichen Eignungsfeststellung in der Zeit vom 10. April 2006 bis zum 13. April 2006.
Die am ... 1985 geborene Klägerin nahm vom 10. April 2006 bis zum 13. April 2006 an einer betrieblichen Trainingsmaßnahme mit der Bezeichnung "Maßnahme im Einzelfall/betriebliche Tätigkeit zur Verbesserung der Eingliederungsaussichten gemäß §§ 48 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) mit Einwilligung der Agentur für Arbeit" teil. Es handelte sich um Probearbeiten bei dem Vorstand der IG M. in F. am M ... Die Klägerin wohnte zu diesem Zeitpunkt in ... E. und übernachtete für die Zeit der vorgenannten betrieblichen Trainingsmaßnahme in der W.-L.-Straße ... in F. am M ...
Am 11. April 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erstattung der Fahrkosten für die An- und Rückreise vom Wohnort zum Maßnahmeort bei auswärtiger Unterbringung. Hierbei gab sie als Entfernungskilometer jeweils 425 km für die Hinfahrt am 9. April 2006 von E. nach F. am M. und für die Rückfahrt am 13. April 2006 von F. am M. nach E. an. Die Beklagte überwies der Klägerin am 9. Mai 2006 wegen der Fahrkosten 142,00 EUR. Mit Bescheid vom 2. Juni 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin den entsprechenden Betrag in Höhe von 142,00 EUR für die An- und Rückreise vom Wohnort zum Maßnahmeort bei auswärtiger Unterkunft. Zu Grunde gelegt werde die laut Routenplaner kürzeste Fahrstrecke von 355 Kilometern. Zur Abgeltung der Aufwendung für die An- und Abreise bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung sei eine Entfernungspauschale von 0,40 EUR für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der Weiterbildung anzusetzen. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 19. Juni 2006 Widerspruch, welchen sie nicht begründete. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 6. September 2006 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen: Die Entfernung vom Wohnort zum Ort der Trainingsmaßnahme betrage nach dem Routenplaner 405 km. Außerdem könne nicht nachvollzogen werden, weshalb die Beklagte nicht die An- und die Abreise vergütet habe. Die Beklagte ihrerseits hat darauf verwiesen, dass nach der kürzesten Straßenverbindung, die über 7 Stunden dauere, 355,8 km zu fahren seien. Es komme aber nicht auf die schnellste, sondern auf die kürzeste Straßenverbindung an. Zudem müsse bedacht werden, dass es sich um eine Entfernungspauschale in Anlehnung an das Steuerrecht handele, womit die An- und Abreise insgesamt abgegolten sei.
Nach Zustimmung der Beteiligten hat das SG mit Urteil vom 19. November 2009 ohne mündliche Verhandlung der Klage teilweise stattgegeben und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das SG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin weitere 19,60 EUR Fahrkosten für die Teilnahme an der beruflichen Eignungsfeststellung zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Stattgabe beruhe darauf, dass hier ausnahmsweise nicht die kürzeste Verbindung von 355,8 km bei einer Fahrzeit von 7 Stunden 11 Minuten zugrunde zu legen sei, sondern die schnellste Verbindung mit 404,95 km bei einer Fahrzeit von 3 Stunden 58 Minuten. Eine derartig verlängerte Fahrzeit sei der Klägerin nicht zumutbar. Im Übrigen habe die Beklagte zu Recht mit der einmaligen Berücksichtigung der Entfernungskilometer zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte sowohl die Fahrkosten für die An- als auch für die Abreise abgegolten. Dies ergebe sich aus einer Gesamtbetrachtung der Vorschriften des SGB III. So werde beispielsweise als Fahrkosten im Rahmen der Mobilitätsbeihilfe bzw. beruflicher Ausbildung nur ein Betrag in Höhe von 0,20 EUR je gefahrenem Kilometer erstattet.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 5. Januar 2010 zugestellte Urteil am 28. Januar 2010 Berufung eingelegt: Es müsse beachtet werden, dass der Gesetzgeber die Höhe der Fahrkosten für Pendelfahrten in § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB III geregelt habe und in Satz 2 eine Regelung zur Höhe der Fahrkosten bei einer auswärtigen Unterbringung bestimmt habe. Die Regelungen seien nicht identisch. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber die Formulierung Aufwendungen für die An- und Abreise sowie für Familienheimfahrten gewählt habe. Im Übrigen werde auf eine Entscheidung des LSG NRW vom 8. Juli 2009, Az. L 12 AL 21/08, verwiesen. In dieser Entscheidung, in der es um die Fahrkostenerstattung für Pendelfahrten ging, habe das LSG ausgeführt, dass für Pendelfahrten eine Fahrkostenerstattung für jeden Kilometer zwischen Wohnung und Bildungsstätte erfolge und nicht, was in Satz 2 von § 81 Abs. 2 SGB III geregelt sei, die Aufwendung für die An- und Abreise. Es sei nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber in Abs. 2 Satz 1 mit der Formulierung Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte auch die Rückfahrt zusätzlich entschädigen wollte und diese in Abs. 2 Satz 2 dann für einen Sonderfall ausdrücklich geregelt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. November 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere Fahrkosten in Höhe von 161,60 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Die Bemessung der Fahrkosten in § 81 Abs. 2 SGB III stelle in Anlehnung an das Steuerrecht gerade auf eine Entfernungspauschale ab, die das Ziel habe, im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung auf eine differenzierte Berechnung zu verzichten. Nach § 9 Einkommensteuergesetz a.F. (EStG) sei für die Fahrt zwischen Wohnort und Arbeitsstätte lediglich die einfache Fahrt zu berücksichtigen. Auch aus dem Wortlaut ergebe sich, dass die Fahrkosten mit der gewährten Pauschale sowohl für die Hin- als auch die Rückfahrt abgegolten seien.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Die Akten haben dem Senat bei der Entscheidungsfindung vorgelegen und sind von ihm berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist fristgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist vom SG ausdrücklich zugelassen worden.
Die Berufung ist aber nicht begründet.
Zu Recht hat das SG entschieden, dass sich die Fahrkostenerstattung für die An- und Abreise nach den Entfernungskilometern zwischen Wohnort und Bildungsstätte richtet, d. h. Hin- und Rückreise nicht jeweils einzeln zu betrachten sind.
Nach § 48 SGB III können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende bei Tätigkeiten und bei Teilnahme an Maßnahmen, die zur Verbesserung ihrer Eingliederungsaussichten beitragen (Maßnahme der Eignungsfeststellung, Trainingsmaßnahmen), gefördert werden.
Es bedarf hier keiner gesonderten Prüfung, ob die weiteren Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (Förderungsfähigkeit § 49 SGB III) und kein Förderungsausschluss (§ 51 SGB III). Dies erscheint hier nicht problematisch und wird von den Beteiligten unstreitig angenommen. Es kommt aber letztlich nicht darauf an, weil die von der Klägerin begehrten Maßnahmekosten ohnehin nicht erstattungsfähig sind.
Zu den Maßnahmekosten zählen nach § 50 Nr. 2 SGB III auch berücksichtigungsfähige Fahrkosten nach § 81 Abs. 2 und 3 SGB III für die tägliche Hin- und Rückfahrt des Teilnehmers zwischen Wohnung und Maßnahmestätte. Nach der betreffenden Vorschrift in der Fassung bis zum 31. Dezember 2008 können nach Abs. 1 Fahrkosten übernommen werden
für Fahrten zwischen Wohnung und Bildungsstätte (Pendelfahrten),
bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung für die An- und Abreise und für eine monatliche Familienheimfahrt oder anstelle der Familienheimfahrt für eine monatliche Fahrt eines Angehörigen zum Aufenthaltsort des Arbeitnehmers.
Für die Höhe der Fahrkosten regelt Abs. 2 Satz 1, dass als Fahrkosten für jeden Tag, an dem der Teilnehmer die Bildungsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte von 0,36 EUR für die ersten zehn Kilometer und 0,40 EUR für jeden weiteren Kilometer anzusetzen sind. Nach Satz 2 der betreffenden Vorschrift in der damaligen Fassung ist zur Abgeltung der Aufwendungen für die An- und Abreise bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung sowie für eine Familienheimfahrt eine Entfernungspauschale von 0,40 EUR für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der Weiterbildung anzusetzen.
Zutreffend hat das SG entschieden, dass die An- und Abreise einheitlich zu betrachten ist und hierfür nicht gesondert jeweils für die Anreise die Entfernungskilometer anzusetzen sind und erneut für die Abreise mit den Entfernungskilometern gerechnet wird. Dies ergibt eine Auslegung der Vorschriften nach dem Sinn und Zweck und dem Willen des Gesetzgebers.
Die Auslegung nach dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht eindeutig. Die Formulierung Entfernungskilometer für die An- und Abreise kann entweder kumulativ verstanden werden als auch als Zusammenfassung der beiden Fahrten zu einer Hin- und Rückfahrt. Der Wortlaut lässt beide Deutungen zu.
Der Zusammenhang der Vorschrift auch im Zusammenspiel mit Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift und unter Berücksichtigung des Sinnes und Zweckes der Einführung von einer Abrechnung nach Entfernungskilometern hingegen, lässt nur die Betrachtung einer einheitlichen An- und Abfahrt zu. Für Pendelfahrten setzt Satz 1 in der damaligen Fassung eine nach den ersten zehn und den übrigen Kilometern differenzierende Entfernungspauschale an. Eine Entfernungspauschale hat den Sinn, dass nicht die einzelne Fahrt und das unterschiedliche Verkehrsmittel betrachtet wird, sondern dass pauschal ein vereinfachtes Berechnungsverfahren durchgeführt wird. Für zwei Orte, die eine bestimmte Entfernung voneinander entfernt liegen, wird für eine Fahrt – mit Hin- und Rückfahrt – ein einheitlicher Wert angesetzt. Dies zieht die Klägerin für die Pendelfahrten auch nicht in Zweifel. Der Gesetzgeber hat sich ausweislich seiner Begründung an das Steuerrecht anlehnen wollen. Dies zeigt sich daran, dass er sich bei der gesetzlichen Neufassung des § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB III zum 1. 1. 2004 an den im Steuerrecht bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Pauschalen für Entfernungskilometer angelehnt hat. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und 5 EStG a. F. waren für Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Entfernungspauschale die entsprechenden nach den Kilometern differenzierende Werte angesetzt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt aber auch für § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB III a. F. nichts anderes. Auch hier hat der Gesetzgeber – ebenfalls in Anlehnung an das bis zum 31. Dezember 2003 geltende Steuerrecht – eine Entfernungspauschale von einheitlich 0,40 EUR angesetzt. Diese Regelung gilt für alle übrigen Fahrten, wie An- und Abreise und Familienheimfahrten. Die gesonderte Regelung in Abs. 2 Satz 2 war erforderlich, weil wie nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in der Fassung bis 31. Dezember 2003 bei einer doppelten Haushaltsführung eine einheitliche Pauschale für die Entfernungskilometer gewählt war. Aber auch für diese Fahrten findet keine individuelle Betrachtung der einzelnen Fahrt, des Verkehrsmittels usw. statt. Soll jedoch auf die reine Entfernung abgestellt werden, müssen die An- und Abfahrt zusammengefasst werden, um eine doppelte Erstattung zu vermeiden. Es würde auch keinen Sachgrund dafür geben, warum jede andere Fahrt, sei es die notwendige Pendelfahrt oder die zustehende Familienheimfahrt nur einheitlich für Hin- und Rückfahrt mit einer Entfernungspauschale von 0,40 EUR bewertet wird, für eine notwendige An- und Abfahrt aber das Doppelte gezahlt wird. Dies zeigt sich auch an der späteren gesetzlichen Regelung unter Verweis auf das Bundesreisekostengesetz (BRKG). Ab dem 1. Januar 2009 gibt es keine Erstattung nach Entfernungskilometern mehr, sondern für die individuelle Fahrt und das individuelle Verkehrsmittel. Bei Nutzung eines Kraftfahrzeuges betrug die Entschädigung nach § 5 BRKG je Kilometer zurückgelegte Strecke 0,20 EUR je Kilometer, also die Hälfte des Wertes bei den Entfernungskilometern.
Die Erstattung für die Entfernungskilometer bei einer einheitlichen Betrachtung von Hin- und Rückfahrt hat die Klägerin erhalten. Sie hat für die schnellste Verbindung von E. nach F. am M. (nach Routenplaner 404 km) 161,60 EUR (404 x 0,40 EUR) erstattet bekommen.
Nach alledem hat die Beklagte der Klägerin über die nicht angegriffene erstinstanzliche Verurteilung zur Kostentragung von 1/10 hinaus weder für das erst- noch das zweitinstanzliche Verfahren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Ein Zulassungsgrund besteht jedenfalls seit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2009 nicht mehr. Es ist nicht erkennbar, dass es sich in den Instanzen noch um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage für Altfälle handelt.
Weitere außergerichtliche Kosten über die erstinstanzlich rechtskräftig zuerkannten 1/10 für das erstinstanzliche Verfahren hat die Beklagte der Klägerin nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruches auf Fahrkostenerstattung für die Teilnahme der Klägerin an der beruflichen Eignungsfeststellung in der Zeit vom 10. April 2006 bis zum 13. April 2006.
Die am ... 1985 geborene Klägerin nahm vom 10. April 2006 bis zum 13. April 2006 an einer betrieblichen Trainingsmaßnahme mit der Bezeichnung "Maßnahme im Einzelfall/betriebliche Tätigkeit zur Verbesserung der Eingliederungsaussichten gemäß §§ 48 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) mit Einwilligung der Agentur für Arbeit" teil. Es handelte sich um Probearbeiten bei dem Vorstand der IG M. in F. am M ... Die Klägerin wohnte zu diesem Zeitpunkt in ... E. und übernachtete für die Zeit der vorgenannten betrieblichen Trainingsmaßnahme in der W.-L.-Straße ... in F. am M ...
Am 11. April 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erstattung der Fahrkosten für die An- und Rückreise vom Wohnort zum Maßnahmeort bei auswärtiger Unterbringung. Hierbei gab sie als Entfernungskilometer jeweils 425 km für die Hinfahrt am 9. April 2006 von E. nach F. am M. und für die Rückfahrt am 13. April 2006 von F. am M. nach E. an. Die Beklagte überwies der Klägerin am 9. Mai 2006 wegen der Fahrkosten 142,00 EUR. Mit Bescheid vom 2. Juni 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin den entsprechenden Betrag in Höhe von 142,00 EUR für die An- und Rückreise vom Wohnort zum Maßnahmeort bei auswärtiger Unterkunft. Zu Grunde gelegt werde die laut Routenplaner kürzeste Fahrstrecke von 355 Kilometern. Zur Abgeltung der Aufwendung für die An- und Abreise bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung sei eine Entfernungspauschale von 0,40 EUR für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der Weiterbildung anzusetzen. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 19. Juni 2006 Widerspruch, welchen sie nicht begründete. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 6. September 2006 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen: Die Entfernung vom Wohnort zum Ort der Trainingsmaßnahme betrage nach dem Routenplaner 405 km. Außerdem könne nicht nachvollzogen werden, weshalb die Beklagte nicht die An- und die Abreise vergütet habe. Die Beklagte ihrerseits hat darauf verwiesen, dass nach der kürzesten Straßenverbindung, die über 7 Stunden dauere, 355,8 km zu fahren seien. Es komme aber nicht auf die schnellste, sondern auf die kürzeste Straßenverbindung an. Zudem müsse bedacht werden, dass es sich um eine Entfernungspauschale in Anlehnung an das Steuerrecht handele, womit die An- und Abreise insgesamt abgegolten sei.
Nach Zustimmung der Beteiligten hat das SG mit Urteil vom 19. November 2009 ohne mündliche Verhandlung der Klage teilweise stattgegeben und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das SG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin weitere 19,60 EUR Fahrkosten für die Teilnahme an der beruflichen Eignungsfeststellung zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Stattgabe beruhe darauf, dass hier ausnahmsweise nicht die kürzeste Verbindung von 355,8 km bei einer Fahrzeit von 7 Stunden 11 Minuten zugrunde zu legen sei, sondern die schnellste Verbindung mit 404,95 km bei einer Fahrzeit von 3 Stunden 58 Minuten. Eine derartig verlängerte Fahrzeit sei der Klägerin nicht zumutbar. Im Übrigen habe die Beklagte zu Recht mit der einmaligen Berücksichtigung der Entfernungskilometer zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte sowohl die Fahrkosten für die An- als auch für die Abreise abgegolten. Dies ergebe sich aus einer Gesamtbetrachtung der Vorschriften des SGB III. So werde beispielsweise als Fahrkosten im Rahmen der Mobilitätsbeihilfe bzw. beruflicher Ausbildung nur ein Betrag in Höhe von 0,20 EUR je gefahrenem Kilometer erstattet.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 5. Januar 2010 zugestellte Urteil am 28. Januar 2010 Berufung eingelegt: Es müsse beachtet werden, dass der Gesetzgeber die Höhe der Fahrkosten für Pendelfahrten in § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB III geregelt habe und in Satz 2 eine Regelung zur Höhe der Fahrkosten bei einer auswärtigen Unterbringung bestimmt habe. Die Regelungen seien nicht identisch. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber die Formulierung Aufwendungen für die An- und Abreise sowie für Familienheimfahrten gewählt habe. Im Übrigen werde auf eine Entscheidung des LSG NRW vom 8. Juli 2009, Az. L 12 AL 21/08, verwiesen. In dieser Entscheidung, in der es um die Fahrkostenerstattung für Pendelfahrten ging, habe das LSG ausgeführt, dass für Pendelfahrten eine Fahrkostenerstattung für jeden Kilometer zwischen Wohnung und Bildungsstätte erfolge und nicht, was in Satz 2 von § 81 Abs. 2 SGB III geregelt sei, die Aufwendung für die An- und Abreise. Es sei nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber in Abs. 2 Satz 1 mit der Formulierung Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte auch die Rückfahrt zusätzlich entschädigen wollte und diese in Abs. 2 Satz 2 dann für einen Sonderfall ausdrücklich geregelt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. November 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere Fahrkosten in Höhe von 161,60 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Die Bemessung der Fahrkosten in § 81 Abs. 2 SGB III stelle in Anlehnung an das Steuerrecht gerade auf eine Entfernungspauschale ab, die das Ziel habe, im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung auf eine differenzierte Berechnung zu verzichten. Nach § 9 Einkommensteuergesetz a.F. (EStG) sei für die Fahrt zwischen Wohnort und Arbeitsstätte lediglich die einfache Fahrt zu berücksichtigen. Auch aus dem Wortlaut ergebe sich, dass die Fahrkosten mit der gewährten Pauschale sowohl für die Hin- als auch die Rückfahrt abgegolten seien.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Die Akten haben dem Senat bei der Entscheidungsfindung vorgelegen und sind von ihm berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist fristgerecht im Sinne des § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegt. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist vom SG ausdrücklich zugelassen worden.
Die Berufung ist aber nicht begründet.
Zu Recht hat das SG entschieden, dass sich die Fahrkostenerstattung für die An- und Abreise nach den Entfernungskilometern zwischen Wohnort und Bildungsstätte richtet, d. h. Hin- und Rückreise nicht jeweils einzeln zu betrachten sind.
Nach § 48 SGB III können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende bei Tätigkeiten und bei Teilnahme an Maßnahmen, die zur Verbesserung ihrer Eingliederungsaussichten beitragen (Maßnahme der Eignungsfeststellung, Trainingsmaßnahmen), gefördert werden.
Es bedarf hier keiner gesonderten Prüfung, ob die weiteren Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (Förderungsfähigkeit § 49 SGB III) und kein Förderungsausschluss (§ 51 SGB III). Dies erscheint hier nicht problematisch und wird von den Beteiligten unstreitig angenommen. Es kommt aber letztlich nicht darauf an, weil die von der Klägerin begehrten Maßnahmekosten ohnehin nicht erstattungsfähig sind.
Zu den Maßnahmekosten zählen nach § 50 Nr. 2 SGB III auch berücksichtigungsfähige Fahrkosten nach § 81 Abs. 2 und 3 SGB III für die tägliche Hin- und Rückfahrt des Teilnehmers zwischen Wohnung und Maßnahmestätte. Nach der betreffenden Vorschrift in der Fassung bis zum 31. Dezember 2008 können nach Abs. 1 Fahrkosten übernommen werden
für Fahrten zwischen Wohnung und Bildungsstätte (Pendelfahrten),
bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung für die An- und Abreise und für eine monatliche Familienheimfahrt oder anstelle der Familienheimfahrt für eine monatliche Fahrt eines Angehörigen zum Aufenthaltsort des Arbeitnehmers.
Für die Höhe der Fahrkosten regelt Abs. 2 Satz 1, dass als Fahrkosten für jeden Tag, an dem der Teilnehmer die Bildungsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Bildungsstätte von 0,36 EUR für die ersten zehn Kilometer und 0,40 EUR für jeden weiteren Kilometer anzusetzen sind. Nach Satz 2 der betreffenden Vorschrift in der damaligen Fassung ist zur Abgeltung der Aufwendungen für die An- und Abreise bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung sowie für eine Familienheimfahrt eine Entfernungspauschale von 0,40 EUR für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der Weiterbildung anzusetzen.
Zutreffend hat das SG entschieden, dass die An- und Abreise einheitlich zu betrachten ist und hierfür nicht gesondert jeweils für die Anreise die Entfernungskilometer anzusetzen sind und erneut für die Abreise mit den Entfernungskilometern gerechnet wird. Dies ergibt eine Auslegung der Vorschriften nach dem Sinn und Zweck und dem Willen des Gesetzgebers.
Die Auslegung nach dem Wortlaut der Vorschrift ist nicht eindeutig. Die Formulierung Entfernungskilometer für die An- und Abreise kann entweder kumulativ verstanden werden als auch als Zusammenfassung der beiden Fahrten zu einer Hin- und Rückfahrt. Der Wortlaut lässt beide Deutungen zu.
Der Zusammenhang der Vorschrift auch im Zusammenspiel mit Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift und unter Berücksichtigung des Sinnes und Zweckes der Einführung von einer Abrechnung nach Entfernungskilometern hingegen, lässt nur die Betrachtung einer einheitlichen An- und Abfahrt zu. Für Pendelfahrten setzt Satz 1 in der damaligen Fassung eine nach den ersten zehn und den übrigen Kilometern differenzierende Entfernungspauschale an. Eine Entfernungspauschale hat den Sinn, dass nicht die einzelne Fahrt und das unterschiedliche Verkehrsmittel betrachtet wird, sondern dass pauschal ein vereinfachtes Berechnungsverfahren durchgeführt wird. Für zwei Orte, die eine bestimmte Entfernung voneinander entfernt liegen, wird für eine Fahrt – mit Hin- und Rückfahrt – ein einheitlicher Wert angesetzt. Dies zieht die Klägerin für die Pendelfahrten auch nicht in Zweifel. Der Gesetzgeber hat sich ausweislich seiner Begründung an das Steuerrecht anlehnen wollen. Dies zeigt sich daran, dass er sich bei der gesetzlichen Neufassung des § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB III zum 1. 1. 2004 an den im Steuerrecht bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Pauschalen für Entfernungskilometer angelehnt hat. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und 5 EStG a. F. waren für Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Entfernungspauschale die entsprechenden nach den Kilometern differenzierende Werte angesetzt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt aber auch für § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB III a. F. nichts anderes. Auch hier hat der Gesetzgeber – ebenfalls in Anlehnung an das bis zum 31. Dezember 2003 geltende Steuerrecht – eine Entfernungspauschale von einheitlich 0,40 EUR angesetzt. Diese Regelung gilt für alle übrigen Fahrten, wie An- und Abreise und Familienheimfahrten. Die gesonderte Regelung in Abs. 2 Satz 2 war erforderlich, weil wie nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in der Fassung bis 31. Dezember 2003 bei einer doppelten Haushaltsführung eine einheitliche Pauschale für die Entfernungskilometer gewählt war. Aber auch für diese Fahrten findet keine individuelle Betrachtung der einzelnen Fahrt, des Verkehrsmittels usw. statt. Soll jedoch auf die reine Entfernung abgestellt werden, müssen die An- und Abfahrt zusammengefasst werden, um eine doppelte Erstattung zu vermeiden. Es würde auch keinen Sachgrund dafür geben, warum jede andere Fahrt, sei es die notwendige Pendelfahrt oder die zustehende Familienheimfahrt nur einheitlich für Hin- und Rückfahrt mit einer Entfernungspauschale von 0,40 EUR bewertet wird, für eine notwendige An- und Abfahrt aber das Doppelte gezahlt wird. Dies zeigt sich auch an der späteren gesetzlichen Regelung unter Verweis auf das Bundesreisekostengesetz (BRKG). Ab dem 1. Januar 2009 gibt es keine Erstattung nach Entfernungskilometern mehr, sondern für die individuelle Fahrt und das individuelle Verkehrsmittel. Bei Nutzung eines Kraftfahrzeuges betrug die Entschädigung nach § 5 BRKG je Kilometer zurückgelegte Strecke 0,20 EUR je Kilometer, also die Hälfte des Wertes bei den Entfernungskilometern.
Die Erstattung für die Entfernungskilometer bei einer einheitlichen Betrachtung von Hin- und Rückfahrt hat die Klägerin erhalten. Sie hat für die schnellste Verbindung von E. nach F. am M. (nach Routenplaner 404 km) 161,60 EUR (404 x 0,40 EUR) erstattet bekommen.
Nach alledem hat die Beklagte der Klägerin über die nicht angegriffene erstinstanzliche Verurteilung zur Kostentragung von 1/10 hinaus weder für das erst- noch das zweitinstanzliche Verfahren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Ein Zulassungsgrund besteht jedenfalls seit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2009 nicht mehr. Es ist nicht erkennbar, dass es sich in den Instanzen noch um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage für Altfälle handelt.
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