L 10 LW 203/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 LW 3384/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 203/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.12.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist eine von der Beklagten vorgenommene Minderung der Altersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).

Der am 1933 geborene Kläger bezieht seit Jahren von der Beklagten Altersrente. Anlässlich einer entsprechenden Leistungsbewilligung an seine Ehefrau ab dem 01.01.2009 hob die Beklagte mit Bescheid vom 19.02.2009 die bewilligte Rente hinsichtlich der Rentenhöhe - Minderung des Zuschlages nach § 97 ALG - mit Wirkung vom 01.01.2009 auf und stellte die Rente neu fest. Den vom prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt des Klägers eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2009 zurück. Diesen Widerspruchsbescheid übersandte sie an den Prozessbevollmächtigten des Klägers, Postaufgabedatum war der 22.07.2009.

Mit Schreiben vom 14.09.2009, bei der Beklagten am 17.09.2009 und beim Sozialgericht Heilbronn am 29.09.2009 eingegangen, hat der Kläger Klage erhoben und vorgebracht, es sei nicht seine Schuld, dass er erst am 10.09.2009 den Widerspruchsbescheid zu lesen bekommen habe. Mit Gerichtsbescheid vom 18.12.2009 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe die Klagefrist versäumt.

Gegen den ihm am 19.12.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 07.01.2010 Berufung eingelegt. Er trägt vor, sein Rechtsanwalt habe ihn nicht informiert und er habe deshalb die Fristversäumnis nicht verschuldet, sondern sein Rechtsanwalt. Außerdem sei ihm persönlich der Widerspruchsbescheid nicht übersandt worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.12.2009 und den Bescheid vom 19.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil die Klagefrist versäumt ist.

Die Einhaltung der Klagefrist ist Prozessvoraussetzung und daher von Amts wegen zu beachten. Die Klagefrist beträgt nach § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einen Monat. Sie beginnt mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§ 87 Abs. 2 SGG). Eine förmliche Zustellung ist nicht erforderlich. Die Bekanntgabe durch einfachen Brief, wie hier, ist zulässig (§ 85 Abs. 3 SGG).

Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Hier wurde der mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Widerspruchsbescheid nach dem eindeutigen Vermerk auf dem Widerspruchsbescheid am 22.07.2009 zur Post aufgegeben. Er gilt somit als am 25.07.2009 zugegangen. Hinweise darauf, dass der Widerspruchsbescheid erst nach dieser Frist zugegangen wäre, liegen nicht vor.

Entgegen der Auffassung des Klägers ändert hieran der Umstand nichts, dass der Widerspruchsbescheid seinem Prozessbevollmächtigten übersandt worden ist. Denn hierzu war die Beklagte nach § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X berechtigt. Diese Vorschrift erlaubt eine Bekanntgabe des Verwaltungsaktes gegenüber dem Bevollmächtigten. Eine zusätzliche Bekanntgabe dem Versicherten gegenüber, also gegenüber dem Kläger, war nicht erforderlich. Vielmehr stellt es § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X in das Ermessen der Behörde, ob sie im Falle der Bestellung eines Bevollmächtigten den Verwaltungsakt dem Adressaten oder dem Bevollmächtigten gegenüber bekanntgibt (BSG, Urteil vom 21.02.1985, 11 RA 6/84 in SozR 1300 § 37 Nr. 1; BVerwG, Urteil vom 30.10.1997, 3 C 35/96 in BVerwGE 105, 288 zur inhaltsgleichen Regelung in den Verwaltungsverfahrensgesetzen).

Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt die Frist mit dem Tage nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tage nach Eröffnung oder Verkündung. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG). Die Klagefrist begann somit am 26.07.2009 und endete am Dienstag, dem 25.08.2009. Die danach, nämlich erstmals am 17.03.2009 bei der Beklagten eingegangene Klage ist verspätet.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Hier hat der Kläger vorgetragen, ihn persönlich treffe kein Verschulden. Hierauf kommt es indessen nicht an. Denn nach § 73 Abs. 6 Satz 6 SGG in Verbindung mit § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden des Beteiligten gleich. Dies bedeutet, dass dem Kläger ein Versäumnis seines Prozessbevollmächtigten zuzurechnen ist und die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt. Dass sein damaliger Prozessbevollmächtigter die Frist unverschuldet versäumt hätte, trägt selbst der Kläger nicht vor; er vermutet vielmehr einen Fehler seitens seines Rechtsanwaltes. Eine unverschuldete Fristversäumnis liegt deshalb nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
Rechtskraft
Aus
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