Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 157/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1138/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.01.2010 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 17.01.2012 abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 01.10.2005 bis 18.03.2010 bei der Beigeladenen zu 1), der Firma Obstgroßmarkt M. W. & S. GmbH & Co., sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um eine Firma, die Obst vom Bodensee bundes- und europaweit vermarktet. Um die Ware zum Endverbraucher oder Zwischenhändler zu transportieren, bedient sie sich diverser Mitarbeiter, die bei ihr in einem Angestelltenverhältnis tätig sind, geringfügig beschäftigt werden oder eine selbständige Tätigkeit ausüben.
Der 1978 geborene Kläger betreibt seit 2001 unter der Firma F. - Fischzucht & Handel einen Gewerbebetrieb, in dem er Fische züchtet und diese vertreibt. Seit 01.10.2005 ist er Inhaber der Firma D. - Dienstleistungen & Transporte, im Rahmen derer er Kurierfahrten durchführt. Die Fahrten erfolgen mit einem eigenen Fahrzeug bzw mit Fahrzeugen seiner Auftraggeber und werden nach Stunden- bzw Tagessätzen berechnet.
Am 07.08.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1). Im Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gab er an, für verschiedene Auftraggeber tätig zu sein. Hierzu gehöre auch die Beigeladene zu 1); mindestens 5/6 seiner gesamten Einkünfte erhalte er aus seiner Tätigkeit bei dieser. Er arbeite nicht am Betriebssitz des Auftraggebers und habe keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten. Ihm würden keine Weisungen hinsichtlich der Ausführungen seiner Tätigkeit erteilt. Der Auftraggeber könne sein Einsatzgebiet ohne seine Zustimmung nicht verändern. Zur Ausübung seiner Tätigkeit habe er sich 2006 einen Mercedes Typ ML als eigenes Transportmittel angeschafft. Er werde von seinen Auftraggebern befragt, ob er einen Auftrag annehmen wolle und könne frei entscheiden, wie er die Fahrten durchführe und plane. Sein Steuerberater teilte auf Anfrage der Beklagten mit (Schreiben vom 02.10.2007 und vom 05.12.2007), ein schriftlicher Vertrag existiere nicht. Inhalt der mündlichen Absprache sei, dass der Auftraggeber bei Bedarf auf die vom Kläger angebotene Dienstleistung zurückgreifen könne. Es gebe keine spezielle Absprache zu den Einsatzorten oder zur Arbeitszeit. Er stehe telefonisch für seine Auftraggeber zur Verfügung und könne selbst entscheiden, ob die ausstehenden Aufträge angenommen werden oder nicht. Zum vereinbarten Termin begebe er sich zum Auftraggeber, wo die Lieferung bereits im Lager für ihn bereitstehe. Nach dem Einladen der Ware fahre der Kläger die Lieferung an das zuvor besprochene Ziel. Der Kläger sei im Besitz einer Gewerbeanmeldung für den Bereich des Güterkraftverkehrs. So sei er auch dem Finanzamt und der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung gemeldet. Er habe auch die Möglichkeit für andere Auftraggeber tätig zu werden. Dauer, Beginn und Ende der Arbeitszeit würden ihm nicht vorgeschrieben. Auch bestimme der Arbeitgeber nicht, welche Arbeitsmittel einzusetzen seien. Für größere Transporte stelle ihm die Beigeladene zu 1) ein Transportmittel zur Verfügung, bei kleineren Lieferungen benutze der Kläger sein eigenes Fahrzeug. Es müsse kein Einsatz- bzw Dienstplan vorgelegt werden. Der Kläger führe kein Fahrtenbuch. Nach Durchführung einer Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 21.01.2008 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Kraftfahrer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.10.2005 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und die Versicherungspflicht "dem Grunde nach" mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung beginne. Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen.
Hiergegen erhob der Kläger am 06.02.2008 mit dem Vortrag Widerspruch, sein unternehmerisches Risiko habe sich in der Anschaffung eines eigenen Transportfahrzeuges verwirklicht. Ferner habe er entsprechende Versicherungen abgeschlossen. Auch bestehe keine Abhängigkeit von der Beigeladenen zu 1) und er unterliege keinem Direktionsrecht seiner Kunden. In der Urlaubsgestaltung sei er völlig frei. Er habe verschiedene Kunden akquiriert und arbeite zur Zeit für vier Unternehmen. Er verfüge über ein Marketingkonzept zur Kundenneugewinnung und verfolge dieses permanent um seine Einkünfte mit mehr Kunden und Dienstleistungen sicherzustellen bzw zu steigern. Ferner habe er in seiner Wohnung ein Büro, von wo aus er seine Geschäfte organisiere. Auch seine Fischzucht und sein Fischhandel seien mit einem Weisungsrecht eines einzelnen Auftraggebers nicht in Einklang zu bringen. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 04.08.2008 mit, es sei nicht mehr nachvollziehbar, wann der Kläger mit seinem eigenen Fahrzeug Transporte durchgeführt habe. Der Kläger gab hierzu an, für die Aufträge überwiegend das Fahrzeug der Beigeladenen zu 1), einen Sattelzug von 40 Tonnen, benutzt zu haben. Der Stundenlohn betrage 18,00 EUR, wobei er bei Aufträgen, die er mit seinem eigenen Fahrzeug durchgeführt habe, einen Zuschlag von ca drei Stunden für Benzin vereinbart habe. Eine Erlaubnis nach § 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes oder eine Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 der EWG-Verordnung 881/92 sei für seine Tätigkeit nicht erforderlich; auch besitze er eine solche nicht. Für Fahrten mit seinem eigenen Fahrzeug benutze er nicht nur den Mercedes ML, sondern teilweise auch einen Anhänger, den er leihe, miete oder vom jeweiligen Auftraggeber zur Verfügung gestellt bekomme. Zusätzlich legte der Kläger weitere Rechnungen vor, die an die Beigeladene zu 1) und an weitere Auftraggeber gerichtet waren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung legte sie dar, das Bundesarbeitsgericht (BAG 22.06.1994, 7 AZR 266/93) gehe davon aus, dass sich die Tätigkeit sog Autolotsen (Arbeitnehmer, die die Überführung von (beladenen) Lkw für ein Fuhrunternehmen ausführen) typischerweise in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis vollziehe. Ein derartiger Auftrag beinhalte rechtlich die Vereinbarung bestimmter Dienste nach Weisung im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass auch der Unterfrachtführer die Ausführung des Frachtauftrages durch die Wahl eigener Betriebsmittel mit eigener Sorgfalt ausgestalten und bestimmen könne und ihm nicht nur das Transportrisiko aufgebürdet werde. Die bloße Anhäufung von Risiken ohne Chance auf höheren Gewinn mache den Auftragnehmer nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte nicht zum Selbständigen. Es ergebe sich typischerweise beim Auftragnehmer auch keine Preiskalkulation, die Aufwand, Betriebskosten, Risiken, Versicherung und Ähnliches umfasse; es werde lediglich - einem Arbeitnehmer ähnlich - der reine Zeitaufwand nach Stunden abgegolten. Ferner habe der Fahrer für einen Schaden am Transportgut wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs ebenso wenig einzustehen wie für eine mangelhafte Beladung, auf die er keinen Einfluss habe. Der Kraftfahrer werde allein durch die freie Wahl der Arbeitszeit nicht zum Transportunternehmer. Ein nennenswerter Spielraum verbleibe dem Kläger nämlich bei Ausübung seiner Tätigkeit nicht. Er führe die Arbeiten aus, zu deren Durchführung sich die Beigeladene zu 1) gegenüber ihren Kunden verpflichtet habe. Ein Weisungsrecht bestehe auch dann, wenn er selbst bestimmen könne, ob er für die Beigeladene zu 1) tätig werden wolle. Bei Auftragsannahme seien Einsatzort, Zeit und Art und Weise der Tätigkeit bereits zwischen der Beigeladenen zu 1) und deren Kunden festgelegt. Einflussmöglichkeiten hierauf habe der Kläger nicht. Er unterscheide sich nicht von einem angestellten Lkw-Fahrer. Für die Beurteilung, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliege, sei die Dauer des Auftragsverhältnisses und der Umfang der ausgeübten Tätigkeit unerheblich. Auch trage er kein wesentliches Unternehmerrisiko. Er setze lediglich seine eigene Arbeitskraft ein, da er überwiegend den Sattelzug der Beigeladenen zu 1) nutze. Zudem sei er funktionsgerecht dienend in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert. Auch der Wille der vertragsschließenden Parteien bestimme nicht, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbständigkeit definiert werde. Letztlich sei auch die Anmeldung eines Gewerbes kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Dies gelte auch, wenn die Vergütung der geleisteten Arbeit durch Rechnungsstellung des Auftragnehmers erfolge.
Hiergegen hat der Kläger am 14.01.2009 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) mit der Begründung erhoben, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Autolotsen sei nicht nachvollziehbar, da sich der Frachtführer ansonsten täglich aufs Neue mehrmals in eine abhängige Beschäftigung begebe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13.08.2009 hat er zudem dargelegt, er erziele seinen Jahresumsatz zu je einem Drittel aus Fischzucht- und -handel, aus Aufträgen anderer Firmen und aus der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1). Der Umfang seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) sei saisonal allerdings sehr unterschiedlich. Sein Hauptaugenmerk richte sich auf die Fischzucht, im Rahmen derer er wegen eines Kunden früher in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei. Er lehne durchaus gelegentlich Aufträge ab. Vor dem Antreten der Fahrt werde er von Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) gefragt, wie er sich die Tour einteilen wolle. Da bei den Kunden mit mehrstündigen Annahmezeiten zu rechnen sei, errechne er unter Berücksichtigung dieser Zeiten, wann er das beladene Fahrzeug bei der Beigeladenen zu 1) abhole und teile dies entsprechend mit. Er nehme kein Geld für die Beigeladene zu 1) an; auch Reklamationen würden über die Beigeladene zu 1) abgewickelt.
Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, dass auch Mehrfachbeschäftigungen dem Sozialversicherungsrecht nicht fremd seien. Beschäftigungsverhältnisse und selbständige Tätigkeiten seien Nebeneinander möglich. Im Übrigen beruhe die Einstufung der zwei weiteren Fahrer, die für die Beigeladene zu 1) als Selbständige anerkannt worden seien, auf für sie nicht beeinflussbaren Entscheidungen der Berufsgenossenschaft bzw der Bundesagentur für Arbeit.
Das SG hat die Beigeladene zu 1) mit Beschluss vom 18.05.2009 zum Verfahren beigeladen. Diese hat sich zur Sache und zum Verfahren nicht geäußert.
Mit Urteil vom 27.01.2010 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2008 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) seit 01.10.2005 nicht im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausübt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die überwiegenden Merkmale der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) würden für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Nicht entscheidend sei der Umstand, dass die Beklagte nur über das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses und die Versicherungspflicht "dem Grunde nach" entschieden habe. Zwar sei diese Elementenfeststellung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 04.06.2009, B 12 R 6/08) gemäß § 7a SGB IV nicht zulässig, denn über die Frage der Versicherungspflicht müsse konkret entschieden werden. Der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2008 sei jedoch bereits deshalb rechtswidrig, weil der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) nicht abhängig beschäftigt, sondern für die Beigeladene zu 1) selbständig tätig gewesen sei. Der Kläger sei nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Er übernehme Fahraufträge, die er von seiner Wohnung aus organisiere. Dabei sei ihm die Ablehnung einzelner Aufträge möglich. Auch unterscheide er sich von den restlichen, für die Beigeladene zu 1) tätigen Vollzeitkräften bzw geringfügig Beschäftigten. Die angestellten Vollzeitfahrer hätten feste Arbeitszeiten, in der Regel von Sonntagabend bis Freitagnachmittag. Im Unterschied dazu fahre der Kläger dann, wenn er Zeit habe und nicht etwa aufgrund seiner daneben betriebenen Fischzucht verhindert sei. Zwar komme es auch bei den Aushilfsfahrern vor, dass sie es ablehnten, kurzfristig einzuspringen. Wie der Geschäftsführer der Beigeladenen überzeugend dargelegt habe, würden die Abläufe bei den Aushilfskräften allerdings wesentlich detaillierter vorgegeben, als dies beim Kläger der Fall sei. Der Kläger teile aufgrund seiner Routine selbständig seine Ablieferfolge ein. Er sei deshalb auch nicht vergleichbar mit einer angestellten Teilzeitkraft. Auch verfüge er über eigene Betriebsmittel. Einen Teil der Fahrten führe er mit seinem eigenen Fahrzeug aus. Angesichts seiner umfassenden Dispositionsmöglichkeiten über seine eigene Arbeitskraft und die freie Gestaltungsmöglichkeit seiner Arbeitszeit spreche die Honorierung des Klägers nach Rechnungsstellung nicht gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Auch sei der Kläger nicht persönlich vom Beigeladenen zu 1) abhängig. Ferner werde die Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) als selbständige Tätigkeit nach außen dokumentiert; dies geschehe durch die Gewerbeanmeldung und die entsprechende Meldung beim Finanzamt und bei der Berufsgenossenschaft. Der Umstand, dass der Kläger bei Ausfall keinen eigenen Fahrer einsetze und er keinen Ersatzfahrer stellen müsse, trete demgegenüber bei Gesamtbewertung der Indizien in den Hintergrund. Im Gegensatz zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum sogenannten Autolotsen sei der Kläger nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert, sondern nehme eigenständig organisierte Fahraufträge wahr.
Gegen das der Beklagten am 10.02.2010 zugestellte Urteil, hat die Beklagte am 08.03.2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. In seinem Urteil vom 11.10.2006 (L 11 KR 848/03) habe das LSG bestätigt, dass das Fehlen eines schriftlichen Dauerarbeitsvertrages nicht gegen eine abhängige Beschäftigung spreche, da die Beschäftigung sogenannter Aushilfen in zahlreichen Wirtschaftsbereichen üblich sei. Diese seien dann zwar unständig, aber genauso abhängig beschäftigt wie das sogenannte Stammpersonal. Maßgebend seien daher die tatsächlichen Verhältnisse bei Annahme eines Auftrages bzw Einsatzes. Da der Kläger über keine eigene Erlaubnis nach § 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes oder die Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 der Verordnung (EWG) 881/92 verfüge, sei er nicht als Frachtführer im Sinne des § 407 ff Handelsgesetzbuch (HGB) als selbständiger Gewerbetreibender einzustufen. Im Übrigen habe sich die Rechtsauffassung, nach der Kraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug regelmäßig im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig seien, bei den Berufungsgerichten offenkundig weit überwiegend durchzusetzen vermocht. Abschließend seien Ermittlungen im Hinblick auf die BSG-Entscheidung vom 11.03.2009 (B 12 R 11/07 R) zu Inhalt und Umfang der Statusfeststellung nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) eingeleitet worden. Wenn die notwendigen Angaben eingingen, beabsichtige sie einen Bescheid zu erlassen, der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Verfahrens werde. Da der Kläger allerdings lediglich mitgeteilt habe, am 18.03.2010 zuletzt für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen zu sein, sei ausgehend von der genannten Zurückweisungsentscheidung des BSG eine entsprechende Feststellung zur Frage der Sozialversicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung vom Senat selbst zu treffen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin am 17.01.2012 folgende Erklärung abgegeben: "Für die Zeit ab 01.10.2005 bis 18.03.2010 wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers als Fahrer bei der Beigeladenen zu 1) in allen Zweigen der Sozialversicherungspflicht unterlag".
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.01.2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 17.01.2012 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und den Bescheid vom 17.01.2012 aufzuheben.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Mit Beschluss vom 23.11.2010 hat der Senat die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (Beigeladene zu 2) und die Regionaldirektion Baden-Württemberg (Beigeladene zu 3) zum Verfahren beigeladen. Eine Beiladung der Deutschen Angestellten-Krankenkasse - Pflegekasse - ist mit Beschluss vom 04.11.2011 erfolgt. Die Beigeladenen zu 2) bis 4) haben sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
Auf Anforderung des Senats hat der Kläger Einkommenssteuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2009 sowie sämtliche an die Beigeladene zu 1) gerichteten Rechnungen für den streitigen Zeitraum vorgelegt. Diese Unterlagen sind als Anlage zu Bl 74 zu den Akten des Berufungsverfahrens genommen worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2008. Der Bescheid 17.01.2012 ist nach § 153 Abs 1 iVm § 96 SGG ebenfalls Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden; hierüber ist auf Klage zu entscheiden.
Die Berufung der Beklagten ist begründet und die Klage gegen den Ergänzungsbescheid der Beklagten vom 17.01.2012 abzuweisen.
Das SG hätte der Klage nicht stattgeben und unter Aufhebung des Bescheids vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2008 (§ 95 SGG) feststellen dürfen, dass der Kläger die Tätigkeit als LKW-Fahrer bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt hat. Der Bescheid vom 17.01.2012 stellt die Sozialversicherungspflicht des Klägers im streitigen Zeitraum erstmals fest. Er ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat bei Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrer für die Beigeladene zu 1) in der hier streitigen Zeit vom 01.10.2005 bis zum 18.03.2010 in einem die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung begründenden abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen zu 1) gestanden.
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten - in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer - schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, bei der der Kläger am 07.08.2008 einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4; SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Da eine schriftliche vertragliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) nicht vorliegt, ist die Beurteilung der Tätigkeit des Klägers nach dem zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) praktizierten Ablauf zu berücksichtigen.
Die Tätigkeit als LKW-Fahrer kann zwar sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses (vgl allg hierzu BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1; SozR 4-2400 § 7 Nr 5; LSG Baden-Württemberg 23.01.2004, L 4 KR 3083/02, juris; LSG Baden-Württemberg 16.01.2004, L 4 KR 763/04; LSG Baden-Württemberg 05.04.2006, L 5 KR 5313/04; Senatsurteil 06.11.2007, L 11 KR 2407/04) als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit (vgl zu Fahrertätigkeiten BSG 27.11.1980, 8a RU 26/80, SozSich 1981, 220; LSG Nordrhein-Westfalen 13.09.2007, L 5 R 5/06, juris; Bayerisches LSG 17.11.2006, L 5 KR 293/05, juris; zu Flugzeugführern BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, SGb 2008, 401) ausgeübt werden. Vorliegend überwiegen nach Auffassung des Senats jedoch die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, gegenüber denjenigen, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen.
Unabhängig von der Frage, ob der Kläger den LKW der Beigeladenen zu 1) oder sein eigenes Fahrzeug zur Erfüllung seiner sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebenden Verpflichtung verwendete, stand der Kläger bei Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrer für die Beigeladene zu 1) in der hier streitigen Zeit vom 01.10.2005 bis zum 18.03.2010 in einem abhängigen und damit Sozialversicherungspflicht auslösenden Beschäftigungsverhältnis. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit kein Unternehmerrisiko trug und damit gerade dieses im Regelfall maßgeblich für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Kriterium nicht erfüllte. Wesentliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch unter Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, sodass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (vgl BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, RdNr 26).
Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG die Benutzung eines eigenen LKW und die damit einhergehende Lastentragung in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten für eine selbstständige Tätigkeit sprechen (SozR 4-2400 § 7 Nr 5 mwN; SozR 4-2700 § 2 Nr 1). Teilweise hatte der Kläger bei seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in der hier streitigen Zeit vom 01.10.2005 bis zum 18.03.2010 auch sein eigenes Fahrzeug eingesetzt. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich hieraus jedoch keine Änderung der Sach- und Rechtslage. Denn bei dem vom Kläger eingesetzten Fahrzeug handelte es sich im Gegensatz zu den zitierten Entscheidungen des BSG nicht um einen LKW, sondern um einen PKW der Marke Daimler Chrysler (Mercedes ML), der zur Erfüllung der Aufträge für die Beigeladene zu 1) eine viel zu geringe Ladekapazität hatte. Im Übrigen benutzte der Kläger sein eigenes Fahrzeug für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) äußerst selten, in der überwiegenden Anzahl der Fahrten kam der LKW der Beigeladenen zu 1) zum Einsatz. Dies ergibt sich für den Senat aus der Auskunft des Klägers selbst und den vom Kläger ausgestellten Rechnungen an die Beigeladene zu 1). Insoweit wird auf die Anlage zu Bl 74 der Senatsakten Bezug genommen.
Letztlich setzte der Kläger nur seine Arbeitskraft und keine Arbeitsmittel mit der ungewissen Aussicht darauf, Einnahmen zu erzielen, ein. Er bot mithin nicht - wie dies bei einem Unternehmer der Fall ist - neben seiner Arbeitskraft einen nennenswerten Einsatz an Sachmitteln, sondern nur seine Arbeitskraft an, wie dies jeder abhängig Beschäftigte tut (vgl hierzu auch LSG Baden-Württemberg 23.01.2004, L 4 KR 3083/02; LSG Baden-Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris). Die Belastung mit Risiken gerade im Zusammenhang mit der - hier im Vordergrund stehenden - Verwertung der Arbeitskraft spricht jedoch nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 mwN). Dies war hier aber nicht der Fall. Zwar hat der Kläger die von ihm zu fahrenden Routen selbst mitgestaltet; dies war allerdings auf seine Erfahrung, nicht hingegen auf seine mangelnde Weisungsgebundenheit zurückzuführen.
Gegen ein maßgebliches Unternehmerrisiko spricht ferner, dass der Kläger für einen Schaden am Transportgut wegen einer Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs ebenso wenig einzustehen hatte wie für eine mangelhafte Beladung, auf die er keinen Einfluss hatte. Den 40-Tonnen-Sattelzug der Beigeladenen zu 1) hat er nämlich immer im beladenen Zustand übernommen.
Zudem hat er als Gegenleistung für seine Tätigkeit einen festen Stundensatz bzw eine feste Pauschale entsprechend seinem Zeitaufwand erhalten. Die Vereinbarung eines festen Stundenlohns von 18,00 EUR entspricht der typischen Entlohnung eines abhängigen Beschäftigten. Im Ergebnis stellte sich die Vergütung mithin als Lohnzahlung dar (vgl hierzu BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1).
Soweit der Kläger für seine Fahrten jeweils Rechnungen mit ausgewiesener Mehrwertsteuer gestellt und sich auch steuerrechtlich dementsprechend als Gewerbebetrieb aufgeführt hat, kann dies nicht als wesentliches Indiz dafür herangezogen werden, dass er tatsächlich hinsichtlich der Fahrten mit dem LKW der Beigeladenen zu 1) selbstständig tätig gewesen ist. Da zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) offensichtlich keine Festanstellung auf Dauer beabsichtigt war, blieb dem Kläger nichts anderes übrig, als entsprechende Rechnungen zu stellen, um so die von ihm erbrachten Arbeitsleistungen geltend machen zu können, und dann natürlich auch folgerichtig gegenüber dem Auftraggeber entsprechend Mehrwertsteuer auszuweisen. Für die Frage aber, ob hier tatsächlich eine selbstständige Tätigkeit oder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestand, kann dies zwangsläufig nur nachrangige Bedeutung haben (vgl LSG Baden- Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris).
Gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung kann ferner nicht eingewandt werden, es habe keine persönliche Abhängigkeit des Klägers, insbesondere kein umfassendes Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung und auch keine Eingliederung in den Obstgroßhandel gegeben, da - so das SG - der Kläger seine Route , mit der er die Aufträge der Beigeladenen zu 1) erledigt habe, selbst bestimmt habe. Denn zum einen ist auch ein selbstständiger Frachtunternehmer, der für einen Betrieb wie dem des Klägers tätig wird und entsprechende Frachtaufträge ausführt, an einen bestimmten Zeitrahmen bzw eine bestimmte Organisation hinsichtlich der Be- und Entladetermine gebunden. Zum anderen spricht für eine Einbindung in den Obstgroßhandel allein schon die Tatsache, dass der Kläger nicht mit einem eigenen LKW für die Beigeladene zu 1) tätig geworden ist, sondern als Fahrer auf dem LKW derselben. Damit aber war auch die Verfügungsmöglichkeit des Klägers über seine eigene Arbeitskraft deutlich eingeschränkt. In diesem Zusammenhang ist weiter darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, grundsätzlich zwar als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden kann, weil der Betroffene damit den Umfang seiner Tätigkeit weitgehend selbst bestimmt. Doch sind auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehnt. Denn auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen beispielsweise wegen Erkrankung ständiger Mitarbeiter lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird, kann dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen (vgl LSG Baden-Württemberg 24.02.2006, L 4 KR 763/04; LSG Baden-Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris). Nimmt der Betroffene das angetragene Angebot jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen. In diesem Zusammenhang schließt sich der Senat auch der Auffassung des BSG an, wonach selbst in dem Fall, in dem eine Person die Merkmale eines Frachtführers im Sinne des HGB aufweist, durch eine Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände zu ermitteln ist, ob er nicht dennoch zu seinem Auftraggeber in einem Arbeits- bzw. abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1). Selbst wenn zwischen dem Kläger und einem Frachtführer im Sinne des HGB Parallelen bestünden, vermag dies für sich betrachtet mithin nicht das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit zu belegen.
Dass der Kläger ein Gewerbe angemeldet hatte, ist ebenfalls nicht aussagekräftig, da eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung nicht stattfindet. Dies gilt im Übrigen auch für die Abführung der Mehrwertsteuer.
Ebenfalls kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers ist die Tatsache, dass er im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig war (Senatsurteil 11.10.2006, L 11 KR 848/03). Denn auch ein abhängig Beschäftigter kann für mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein. Hinzukommt, dass er - insbesondere bei über 10-stündigen Fahrten - gesetzliche Ruhepausen einzuhalten hatte und er somit nur nacheinander für die einzelnen Auftraggeber tätig werden konnte. Beim Umfang der vom Kläger für die Beigelade zu 1) ausgeübte Tätigkeit, die sich aus den vom Kläger im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegten Rechnungen ergeben hat, dürfte im Übrigen kaum Raum neben der zudem betriebenen Fischzucht für weitere Beschäftigungsverhältnisse im Transportgewerbe geblieben sein.
Zusammenfassend steht damit zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 01.10.2005 bis 18.03.2010 bei der Beigeladenen zu 1), der Firma Obstgroßmarkt M. W. & S. GmbH & Co., sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um eine Firma, die Obst vom Bodensee bundes- und europaweit vermarktet. Um die Ware zum Endverbraucher oder Zwischenhändler zu transportieren, bedient sie sich diverser Mitarbeiter, die bei ihr in einem Angestelltenverhältnis tätig sind, geringfügig beschäftigt werden oder eine selbständige Tätigkeit ausüben.
Der 1978 geborene Kläger betreibt seit 2001 unter der Firma F. - Fischzucht & Handel einen Gewerbebetrieb, in dem er Fische züchtet und diese vertreibt. Seit 01.10.2005 ist er Inhaber der Firma D. - Dienstleistungen & Transporte, im Rahmen derer er Kurierfahrten durchführt. Die Fahrten erfolgen mit einem eigenen Fahrzeug bzw mit Fahrzeugen seiner Auftraggeber und werden nach Stunden- bzw Tagessätzen berechnet.
Am 07.08.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1). Im Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gab er an, für verschiedene Auftraggeber tätig zu sein. Hierzu gehöre auch die Beigeladene zu 1); mindestens 5/6 seiner gesamten Einkünfte erhalte er aus seiner Tätigkeit bei dieser. Er arbeite nicht am Betriebssitz des Auftraggebers und habe keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten. Ihm würden keine Weisungen hinsichtlich der Ausführungen seiner Tätigkeit erteilt. Der Auftraggeber könne sein Einsatzgebiet ohne seine Zustimmung nicht verändern. Zur Ausübung seiner Tätigkeit habe er sich 2006 einen Mercedes Typ ML als eigenes Transportmittel angeschafft. Er werde von seinen Auftraggebern befragt, ob er einen Auftrag annehmen wolle und könne frei entscheiden, wie er die Fahrten durchführe und plane. Sein Steuerberater teilte auf Anfrage der Beklagten mit (Schreiben vom 02.10.2007 und vom 05.12.2007), ein schriftlicher Vertrag existiere nicht. Inhalt der mündlichen Absprache sei, dass der Auftraggeber bei Bedarf auf die vom Kläger angebotene Dienstleistung zurückgreifen könne. Es gebe keine spezielle Absprache zu den Einsatzorten oder zur Arbeitszeit. Er stehe telefonisch für seine Auftraggeber zur Verfügung und könne selbst entscheiden, ob die ausstehenden Aufträge angenommen werden oder nicht. Zum vereinbarten Termin begebe er sich zum Auftraggeber, wo die Lieferung bereits im Lager für ihn bereitstehe. Nach dem Einladen der Ware fahre der Kläger die Lieferung an das zuvor besprochene Ziel. Der Kläger sei im Besitz einer Gewerbeanmeldung für den Bereich des Güterkraftverkehrs. So sei er auch dem Finanzamt und der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung gemeldet. Er habe auch die Möglichkeit für andere Auftraggeber tätig zu werden. Dauer, Beginn und Ende der Arbeitszeit würden ihm nicht vorgeschrieben. Auch bestimme der Arbeitgeber nicht, welche Arbeitsmittel einzusetzen seien. Für größere Transporte stelle ihm die Beigeladene zu 1) ein Transportmittel zur Verfügung, bei kleineren Lieferungen benutze der Kläger sein eigenes Fahrzeug. Es müsse kein Einsatz- bzw Dienstplan vorgelegt werden. Der Kläger führe kein Fahrtenbuch. Nach Durchführung einer Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 21.01.2008 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Kraftfahrer bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.10.2005 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und die Versicherungspflicht "dem Grunde nach" mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung beginne. Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen.
Hiergegen erhob der Kläger am 06.02.2008 mit dem Vortrag Widerspruch, sein unternehmerisches Risiko habe sich in der Anschaffung eines eigenen Transportfahrzeuges verwirklicht. Ferner habe er entsprechende Versicherungen abgeschlossen. Auch bestehe keine Abhängigkeit von der Beigeladenen zu 1) und er unterliege keinem Direktionsrecht seiner Kunden. In der Urlaubsgestaltung sei er völlig frei. Er habe verschiedene Kunden akquiriert und arbeite zur Zeit für vier Unternehmen. Er verfüge über ein Marketingkonzept zur Kundenneugewinnung und verfolge dieses permanent um seine Einkünfte mit mehr Kunden und Dienstleistungen sicherzustellen bzw zu steigern. Ferner habe er in seiner Wohnung ein Büro, von wo aus er seine Geschäfte organisiere. Auch seine Fischzucht und sein Fischhandel seien mit einem Weisungsrecht eines einzelnen Auftraggebers nicht in Einklang zu bringen. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 04.08.2008 mit, es sei nicht mehr nachvollziehbar, wann der Kläger mit seinem eigenen Fahrzeug Transporte durchgeführt habe. Der Kläger gab hierzu an, für die Aufträge überwiegend das Fahrzeug der Beigeladenen zu 1), einen Sattelzug von 40 Tonnen, benutzt zu haben. Der Stundenlohn betrage 18,00 EUR, wobei er bei Aufträgen, die er mit seinem eigenen Fahrzeug durchgeführt habe, einen Zuschlag von ca drei Stunden für Benzin vereinbart habe. Eine Erlaubnis nach § 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes oder eine Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 der EWG-Verordnung 881/92 sei für seine Tätigkeit nicht erforderlich; auch besitze er eine solche nicht. Für Fahrten mit seinem eigenen Fahrzeug benutze er nicht nur den Mercedes ML, sondern teilweise auch einen Anhänger, den er leihe, miete oder vom jeweiligen Auftraggeber zur Verfügung gestellt bekomme. Zusätzlich legte der Kläger weitere Rechnungen vor, die an die Beigeladene zu 1) und an weitere Auftraggeber gerichtet waren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung legte sie dar, das Bundesarbeitsgericht (BAG 22.06.1994, 7 AZR 266/93) gehe davon aus, dass sich die Tätigkeit sog Autolotsen (Arbeitnehmer, die die Überführung von (beladenen) Lkw für ein Fuhrunternehmen ausführen) typischerweise in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis vollziehe. Ein derartiger Auftrag beinhalte rechtlich die Vereinbarung bestimmter Dienste nach Weisung im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass auch der Unterfrachtführer die Ausführung des Frachtauftrages durch die Wahl eigener Betriebsmittel mit eigener Sorgfalt ausgestalten und bestimmen könne und ihm nicht nur das Transportrisiko aufgebürdet werde. Die bloße Anhäufung von Risiken ohne Chance auf höheren Gewinn mache den Auftragnehmer nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichte nicht zum Selbständigen. Es ergebe sich typischerweise beim Auftragnehmer auch keine Preiskalkulation, die Aufwand, Betriebskosten, Risiken, Versicherung und Ähnliches umfasse; es werde lediglich - einem Arbeitnehmer ähnlich - der reine Zeitaufwand nach Stunden abgegolten. Ferner habe der Fahrer für einen Schaden am Transportgut wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs ebenso wenig einzustehen wie für eine mangelhafte Beladung, auf die er keinen Einfluss habe. Der Kraftfahrer werde allein durch die freie Wahl der Arbeitszeit nicht zum Transportunternehmer. Ein nennenswerter Spielraum verbleibe dem Kläger nämlich bei Ausübung seiner Tätigkeit nicht. Er führe die Arbeiten aus, zu deren Durchführung sich die Beigeladene zu 1) gegenüber ihren Kunden verpflichtet habe. Ein Weisungsrecht bestehe auch dann, wenn er selbst bestimmen könne, ob er für die Beigeladene zu 1) tätig werden wolle. Bei Auftragsannahme seien Einsatzort, Zeit und Art und Weise der Tätigkeit bereits zwischen der Beigeladenen zu 1) und deren Kunden festgelegt. Einflussmöglichkeiten hierauf habe der Kläger nicht. Er unterscheide sich nicht von einem angestellten Lkw-Fahrer. Für die Beurteilung, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliege, sei die Dauer des Auftragsverhältnisses und der Umfang der ausgeübten Tätigkeit unerheblich. Auch trage er kein wesentliches Unternehmerrisiko. Er setze lediglich seine eigene Arbeitskraft ein, da er überwiegend den Sattelzug der Beigeladenen zu 1) nutze. Zudem sei er funktionsgerecht dienend in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert. Auch der Wille der vertragsschließenden Parteien bestimme nicht, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbständigkeit definiert werde. Letztlich sei auch die Anmeldung eines Gewerbes kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Dies gelte auch, wenn die Vergütung der geleisteten Arbeit durch Rechnungsstellung des Auftragnehmers erfolge.
Hiergegen hat der Kläger am 14.01.2009 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) mit der Begründung erhoben, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Autolotsen sei nicht nachvollziehbar, da sich der Frachtführer ansonsten täglich aufs Neue mehrmals in eine abhängige Beschäftigung begebe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13.08.2009 hat er zudem dargelegt, er erziele seinen Jahresumsatz zu je einem Drittel aus Fischzucht- und -handel, aus Aufträgen anderer Firmen und aus der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1). Der Umfang seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) sei saisonal allerdings sehr unterschiedlich. Sein Hauptaugenmerk richte sich auf die Fischzucht, im Rahmen derer er wegen eines Kunden früher in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei. Er lehne durchaus gelegentlich Aufträge ab. Vor dem Antreten der Fahrt werde er von Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) gefragt, wie er sich die Tour einteilen wolle. Da bei den Kunden mit mehrstündigen Annahmezeiten zu rechnen sei, errechne er unter Berücksichtigung dieser Zeiten, wann er das beladene Fahrzeug bei der Beigeladenen zu 1) abhole und teile dies entsprechend mit. Er nehme kein Geld für die Beigeladene zu 1) an; auch Reklamationen würden über die Beigeladene zu 1) abgewickelt.
Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, dass auch Mehrfachbeschäftigungen dem Sozialversicherungsrecht nicht fremd seien. Beschäftigungsverhältnisse und selbständige Tätigkeiten seien Nebeneinander möglich. Im Übrigen beruhe die Einstufung der zwei weiteren Fahrer, die für die Beigeladene zu 1) als Selbständige anerkannt worden seien, auf für sie nicht beeinflussbaren Entscheidungen der Berufsgenossenschaft bzw der Bundesagentur für Arbeit.
Das SG hat die Beigeladene zu 1) mit Beschluss vom 18.05.2009 zum Verfahren beigeladen. Diese hat sich zur Sache und zum Verfahren nicht geäußert.
Mit Urteil vom 27.01.2010 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2008 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) seit 01.10.2005 nicht im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausübt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die überwiegenden Merkmale der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) würden für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Nicht entscheidend sei der Umstand, dass die Beklagte nur über das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses und die Versicherungspflicht "dem Grunde nach" entschieden habe. Zwar sei diese Elementenfeststellung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 04.06.2009, B 12 R 6/08) gemäß § 7a SGB IV nicht zulässig, denn über die Frage der Versicherungspflicht müsse konkret entschieden werden. Der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2008 sei jedoch bereits deshalb rechtswidrig, weil der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) nicht abhängig beschäftigt, sondern für die Beigeladene zu 1) selbständig tätig gewesen sei. Der Kläger sei nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Er übernehme Fahraufträge, die er von seiner Wohnung aus organisiere. Dabei sei ihm die Ablehnung einzelner Aufträge möglich. Auch unterscheide er sich von den restlichen, für die Beigeladene zu 1) tätigen Vollzeitkräften bzw geringfügig Beschäftigten. Die angestellten Vollzeitfahrer hätten feste Arbeitszeiten, in der Regel von Sonntagabend bis Freitagnachmittag. Im Unterschied dazu fahre der Kläger dann, wenn er Zeit habe und nicht etwa aufgrund seiner daneben betriebenen Fischzucht verhindert sei. Zwar komme es auch bei den Aushilfsfahrern vor, dass sie es ablehnten, kurzfristig einzuspringen. Wie der Geschäftsführer der Beigeladenen überzeugend dargelegt habe, würden die Abläufe bei den Aushilfskräften allerdings wesentlich detaillierter vorgegeben, als dies beim Kläger der Fall sei. Der Kläger teile aufgrund seiner Routine selbständig seine Ablieferfolge ein. Er sei deshalb auch nicht vergleichbar mit einer angestellten Teilzeitkraft. Auch verfüge er über eigene Betriebsmittel. Einen Teil der Fahrten führe er mit seinem eigenen Fahrzeug aus. Angesichts seiner umfassenden Dispositionsmöglichkeiten über seine eigene Arbeitskraft und die freie Gestaltungsmöglichkeit seiner Arbeitszeit spreche die Honorierung des Klägers nach Rechnungsstellung nicht gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Auch sei der Kläger nicht persönlich vom Beigeladenen zu 1) abhängig. Ferner werde die Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) als selbständige Tätigkeit nach außen dokumentiert; dies geschehe durch die Gewerbeanmeldung und die entsprechende Meldung beim Finanzamt und bei der Berufsgenossenschaft. Der Umstand, dass der Kläger bei Ausfall keinen eigenen Fahrer einsetze und er keinen Ersatzfahrer stellen müsse, trete demgegenüber bei Gesamtbewertung der Indizien in den Hintergrund. Im Gegensatz zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum sogenannten Autolotsen sei der Kläger nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert, sondern nehme eigenständig organisierte Fahraufträge wahr.
Gegen das der Beklagten am 10.02.2010 zugestellte Urteil, hat die Beklagte am 08.03.2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. In seinem Urteil vom 11.10.2006 (L 11 KR 848/03) habe das LSG bestätigt, dass das Fehlen eines schriftlichen Dauerarbeitsvertrages nicht gegen eine abhängige Beschäftigung spreche, da die Beschäftigung sogenannter Aushilfen in zahlreichen Wirtschaftsbereichen üblich sei. Diese seien dann zwar unständig, aber genauso abhängig beschäftigt wie das sogenannte Stammpersonal. Maßgebend seien daher die tatsächlichen Verhältnisse bei Annahme eines Auftrages bzw Einsatzes. Da der Kläger über keine eigene Erlaubnis nach § 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes oder die Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 der Verordnung (EWG) 881/92 verfüge, sei er nicht als Frachtführer im Sinne des § 407 ff Handelsgesetzbuch (HGB) als selbständiger Gewerbetreibender einzustufen. Im Übrigen habe sich die Rechtsauffassung, nach der Kraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug regelmäßig im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig seien, bei den Berufungsgerichten offenkundig weit überwiegend durchzusetzen vermocht. Abschließend seien Ermittlungen im Hinblick auf die BSG-Entscheidung vom 11.03.2009 (B 12 R 11/07 R) zu Inhalt und Umfang der Statusfeststellung nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) eingeleitet worden. Wenn die notwendigen Angaben eingingen, beabsichtige sie einen Bescheid zu erlassen, der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Verfahrens werde. Da der Kläger allerdings lediglich mitgeteilt habe, am 18.03.2010 zuletzt für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen zu sein, sei ausgehend von der genannten Zurückweisungsentscheidung des BSG eine entsprechende Feststellung zur Frage der Sozialversicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung vom Senat selbst zu treffen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin am 17.01.2012 folgende Erklärung abgegeben: "Für die Zeit ab 01.10.2005 bis 18.03.2010 wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers als Fahrer bei der Beigeladenen zu 1) in allen Zweigen der Sozialversicherungspflicht unterlag".
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.01.2010 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 17.01.2012 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und den Bescheid vom 17.01.2012 aufzuheben.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Mit Beschluss vom 23.11.2010 hat der Senat die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (Beigeladene zu 2) und die Regionaldirektion Baden-Württemberg (Beigeladene zu 3) zum Verfahren beigeladen. Eine Beiladung der Deutschen Angestellten-Krankenkasse - Pflegekasse - ist mit Beschluss vom 04.11.2011 erfolgt. Die Beigeladenen zu 2) bis 4) haben sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.
Auf Anforderung des Senats hat der Kläger Einkommenssteuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2009 sowie sämtliche an die Beigeladene zu 1) gerichteten Rechnungen für den streitigen Zeitraum vorgelegt. Diese Unterlagen sind als Anlage zu Bl 74 zu den Akten des Berufungsverfahrens genommen worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2008. Der Bescheid 17.01.2012 ist nach § 153 Abs 1 iVm § 96 SGG ebenfalls Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden; hierüber ist auf Klage zu entscheiden.
Die Berufung der Beklagten ist begründet und die Klage gegen den Ergänzungsbescheid der Beklagten vom 17.01.2012 abzuweisen.
Das SG hätte der Klage nicht stattgeben und unter Aufhebung des Bescheids vom 21.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2008 (§ 95 SGG) feststellen dürfen, dass der Kläger die Tätigkeit als LKW-Fahrer bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt hat. Der Bescheid vom 17.01.2012 stellt die Sozialversicherungspflicht des Klägers im streitigen Zeitraum erstmals fest. Er ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat bei Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrer für die Beigeladene zu 1) in der hier streitigen Zeit vom 01.10.2005 bis zum 18.03.2010 in einem die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung begründenden abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen zu 1) gestanden.
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten - in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer - schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, bei der der Kläger am 07.08.2008 einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4 - 2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3 - 2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4; SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Da eine schriftliche vertragliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) nicht vorliegt, ist die Beurteilung der Tätigkeit des Klägers nach dem zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) praktizierten Ablauf zu berücksichtigen.
Die Tätigkeit als LKW-Fahrer kann zwar sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses (vgl allg hierzu BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1; SozR 4-2400 § 7 Nr 5; LSG Baden-Württemberg 23.01.2004, L 4 KR 3083/02, juris; LSG Baden-Württemberg 16.01.2004, L 4 KR 763/04; LSG Baden-Württemberg 05.04.2006, L 5 KR 5313/04; Senatsurteil 06.11.2007, L 11 KR 2407/04) als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit (vgl zu Fahrertätigkeiten BSG 27.11.1980, 8a RU 26/80, SozSich 1981, 220; LSG Nordrhein-Westfalen 13.09.2007, L 5 R 5/06, juris; Bayerisches LSG 17.11.2006, L 5 KR 293/05, juris; zu Flugzeugführern BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, SGb 2008, 401) ausgeübt werden. Vorliegend überwiegen nach Auffassung des Senats jedoch die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, gegenüber denjenigen, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen.
Unabhängig von der Frage, ob der Kläger den LKW der Beigeladenen zu 1) oder sein eigenes Fahrzeug zur Erfüllung seiner sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebenden Verpflichtung verwendete, stand der Kläger bei Ausübung seiner Tätigkeit als Fahrer für die Beigeladene zu 1) in der hier streitigen Zeit vom 01.10.2005 bis zum 18.03.2010 in einem abhängigen und damit Sozialversicherungspflicht auslösenden Beschäftigungsverhältnis. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit kein Unternehmerrisiko trug und damit gerade dieses im Regelfall maßgeblich für eine selbstständige Tätigkeit sprechende Kriterium nicht erfüllte. Wesentliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch unter Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, sodass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (vgl BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, RdNr 26).
Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG die Benutzung eines eigenen LKW und die damit einhergehende Lastentragung in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten für eine selbstständige Tätigkeit sprechen (SozR 4-2400 § 7 Nr 5 mwN; SozR 4-2700 § 2 Nr 1). Teilweise hatte der Kläger bei seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in der hier streitigen Zeit vom 01.10.2005 bis zum 18.03.2010 auch sein eigenes Fahrzeug eingesetzt. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich hieraus jedoch keine Änderung der Sach- und Rechtslage. Denn bei dem vom Kläger eingesetzten Fahrzeug handelte es sich im Gegensatz zu den zitierten Entscheidungen des BSG nicht um einen LKW, sondern um einen PKW der Marke Daimler Chrysler (Mercedes ML), der zur Erfüllung der Aufträge für die Beigeladene zu 1) eine viel zu geringe Ladekapazität hatte. Im Übrigen benutzte der Kläger sein eigenes Fahrzeug für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) äußerst selten, in der überwiegenden Anzahl der Fahrten kam der LKW der Beigeladenen zu 1) zum Einsatz. Dies ergibt sich für den Senat aus der Auskunft des Klägers selbst und den vom Kläger ausgestellten Rechnungen an die Beigeladene zu 1). Insoweit wird auf die Anlage zu Bl 74 der Senatsakten Bezug genommen.
Letztlich setzte der Kläger nur seine Arbeitskraft und keine Arbeitsmittel mit der ungewissen Aussicht darauf, Einnahmen zu erzielen, ein. Er bot mithin nicht - wie dies bei einem Unternehmer der Fall ist - neben seiner Arbeitskraft einen nennenswerten Einsatz an Sachmitteln, sondern nur seine Arbeitskraft an, wie dies jeder abhängig Beschäftigte tut (vgl hierzu auch LSG Baden-Württemberg 23.01.2004, L 4 KR 3083/02; LSG Baden-Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris). Die Belastung mit Risiken gerade im Zusammenhang mit der - hier im Vordergrund stehenden - Verwertung der Arbeitskraft spricht jedoch nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 mwN). Dies war hier aber nicht der Fall. Zwar hat der Kläger die von ihm zu fahrenden Routen selbst mitgestaltet; dies war allerdings auf seine Erfahrung, nicht hingegen auf seine mangelnde Weisungsgebundenheit zurückzuführen.
Gegen ein maßgebliches Unternehmerrisiko spricht ferner, dass der Kläger für einen Schaden am Transportgut wegen einer Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs ebenso wenig einzustehen hatte wie für eine mangelhafte Beladung, auf die er keinen Einfluss hatte. Den 40-Tonnen-Sattelzug der Beigeladenen zu 1) hat er nämlich immer im beladenen Zustand übernommen.
Zudem hat er als Gegenleistung für seine Tätigkeit einen festen Stundensatz bzw eine feste Pauschale entsprechend seinem Zeitaufwand erhalten. Die Vereinbarung eines festen Stundenlohns von 18,00 EUR entspricht der typischen Entlohnung eines abhängigen Beschäftigten. Im Ergebnis stellte sich die Vergütung mithin als Lohnzahlung dar (vgl hierzu BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1).
Soweit der Kläger für seine Fahrten jeweils Rechnungen mit ausgewiesener Mehrwertsteuer gestellt und sich auch steuerrechtlich dementsprechend als Gewerbebetrieb aufgeführt hat, kann dies nicht als wesentliches Indiz dafür herangezogen werden, dass er tatsächlich hinsichtlich der Fahrten mit dem LKW der Beigeladenen zu 1) selbstständig tätig gewesen ist. Da zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) offensichtlich keine Festanstellung auf Dauer beabsichtigt war, blieb dem Kläger nichts anderes übrig, als entsprechende Rechnungen zu stellen, um so die von ihm erbrachten Arbeitsleistungen geltend machen zu können, und dann natürlich auch folgerichtig gegenüber dem Auftraggeber entsprechend Mehrwertsteuer auszuweisen. Für die Frage aber, ob hier tatsächlich eine selbstständige Tätigkeit oder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestand, kann dies zwangsläufig nur nachrangige Bedeutung haben (vgl LSG Baden- Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris).
Gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung kann ferner nicht eingewandt werden, es habe keine persönliche Abhängigkeit des Klägers, insbesondere kein umfassendes Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung und auch keine Eingliederung in den Obstgroßhandel gegeben, da - so das SG - der Kläger seine Route , mit der er die Aufträge der Beigeladenen zu 1) erledigt habe, selbst bestimmt habe. Denn zum einen ist auch ein selbstständiger Frachtunternehmer, der für einen Betrieb wie dem des Klägers tätig wird und entsprechende Frachtaufträge ausführt, an einen bestimmten Zeitrahmen bzw eine bestimmte Organisation hinsichtlich der Be- und Entladetermine gebunden. Zum anderen spricht für eine Einbindung in den Obstgroßhandel allein schon die Tatsache, dass der Kläger nicht mit einem eigenen LKW für die Beigeladene zu 1) tätig geworden ist, sondern als Fahrer auf dem LKW derselben. Damit aber war auch die Verfügungsmöglichkeit des Klägers über seine eigene Arbeitskraft deutlich eingeschränkt. In diesem Zusammenhang ist weiter darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, grundsätzlich zwar als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden kann, weil der Betroffene damit den Umfang seiner Tätigkeit weitgehend selbst bestimmt. Doch sind auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehnt. Denn auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen beispielsweise wegen Erkrankung ständiger Mitarbeiter lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird, kann dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen (vgl LSG Baden-Württemberg 24.02.2006, L 4 KR 763/04; LSG Baden-Württemberg 21.11.2008, L 4 KR 4098/06, juris). Nimmt der Betroffene das angetragene Angebot jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen. In diesem Zusammenhang schließt sich der Senat auch der Auffassung des BSG an, wonach selbst in dem Fall, in dem eine Person die Merkmale eines Frachtführers im Sinne des HGB aufweist, durch eine Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände zu ermitteln ist, ob er nicht dennoch zu seinem Auftraggeber in einem Arbeits- bzw. abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1). Selbst wenn zwischen dem Kläger und einem Frachtführer im Sinne des HGB Parallelen bestünden, vermag dies für sich betrachtet mithin nicht das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit zu belegen.
Dass der Kläger ein Gewerbe angemeldet hatte, ist ebenfalls nicht aussagekräftig, da eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung nicht stattfindet. Dies gilt im Übrigen auch für die Abführung der Mehrwertsteuer.
Ebenfalls kein entscheidendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers ist die Tatsache, dass er im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig war (Senatsurteil 11.10.2006, L 11 KR 848/03). Denn auch ein abhängig Beschäftigter kann für mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt sein. Hinzukommt, dass er - insbesondere bei über 10-stündigen Fahrten - gesetzliche Ruhepausen einzuhalten hatte und er somit nur nacheinander für die einzelnen Auftraggeber tätig werden konnte. Beim Umfang der vom Kläger für die Beigelade zu 1) ausgeübte Tätigkeit, die sich aus den vom Kläger im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegten Rechnungen ergeben hat, dürfte im Übrigen kaum Raum neben der zudem betriebenen Fischzucht für weitere Beschäftigungsverhältnisse im Transportgewerbe geblieben sein.
Zusammenfassend steht damit zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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