Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 3083/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2419/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 19. April 2011 aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 19. April 2011 hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft; ein gesetzlicher Ausschlusstatbestand greift nicht ein. Denn das SG hat, obgleich es sich für seine Entscheidung auf die Bestimmung des § 120 Abs. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) gestützt hat, nicht bloß eine nachträgliche Zahlungsanordnung im Sinne des Satzes 1 a.a.O. getroffen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 4. Juli 2011 - L 7 AS 5381/09 B - Die Justiz 2011, 349), sondern den PKH-Bewilligungsbeschluss vom 30. Juli 2007 ganz aufgehoben. Die Vorschrift des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG, wonach die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint, findet auf Entscheidungen über die Aufhebung von PKH indessen keine Anwendung. Derartige Beschwerden werden schon vom klaren Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht erfasst (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. Beschlüsse vom 30. März 2011 - L 7 SO 2087/10 B -, vom 20. Dezember 2011 - L 7 AS 1785/10 B - und vom 30. Dezember 2011 - L 7 AY 3363/11 B -; ferner Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. Oktober 2009 - L 11 R 1785/09 PKH-B - , vom 21. Februar 2011 - L 13 AL 5384/10 B - und vom 11. Juli 2011 - L 2 AS 1462/11 B - (alle juris)).
Die Beschwerde der Klägerin ist auch begründet. Das SG hat den oben genannten PKH-Bewilligungsbeschluss zu Unrecht aufgehoben. Das SG hat bei seiner Entscheidung übersehen, dass die PKH nur dann entzogen werden kann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nach einem der in § 124 Nrn. 1 bis 4 ZPO abschließend aufgeführten Aufhebungstatbestände vorliegen (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschlüsse vom 3. September 1998 - 14 WF 117/98 - FamRZ 1999, 304 und vom 20. Februar 2003 - 14 WF 21/03 - FamRZ 2003, 1397; OLG Hamm, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - II-8 WF 266/10, 8 WF 266/10 - (juris); ferner Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 22. Juni 1994 - XII ZR 39/93 - NJW 1994, 3292; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Auflage, Rdnr. 830; Geimer in Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 124 Rdnr. 2). Insbesondere darf die Bewilligung nicht aufgehoben werden, wenn dem Bedürftigen erst nach erfolgter Bewilligung Vermögen zufließt (OLG Köln, Beschluss vom 3. September 1998 a.a.O.; OLG Hamm, Beschluss vom 20. Oktober 2010 a.a.O.; Kammergericht Berlin, Beschluss vom 29. September 2008 - 16 WF 269/08, 16 WF 220/08 - FamRZ 2009, 365; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O.; Geimer in Zöller, a.a.O., § 120 Rdnr. 29). In diesen Fällen kommt allenfalls eine nachträgliche Zahlungsanordnung nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO in Betracht, die sich von der Aufhebung der PKH-Bewilligung indes auch in ihren Folgen unterscheidet. Denn im Gegensatz zur Festsetzung nachträglicher Zahlungen im Rahmen des Abänderungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO wirkt sich die Aufhebung der PKH unmittelbar auf die Kostentragungspflicht für das Hauptsacheverfahren aus; sie hat zur Folge, dass für den Bedürftigen die Vergünstigungen des § 122 ZPO rückwirkend entfallen (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2010 - XII ZB 38/09 - FamRZ 2011, 463).
Keiner der Aufhebungsgründe des § 124 ZPO liegt hier vor. Der an die Klägerin gerichteten Aufforderung im Schreiben des Kostenbeamten des SG vom 10. Januar 2011 zur Erklärung darüber, ob und ggf. welche Veränderungen in ihren persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten sind, ist sie am 9. Februar 2011 sowie ergänzend am 9. März 2011 unter Vorlage der entsprechenden Belege nachgekommen.
Indessen sind auch die Voraussetzungen für eine Abänderung des PKH-Bewilligungsbeschlusses vom 30. Juli 2007 durch eine nachträgliche Zahlungsanordnung nicht gegeben. Zu Recht ist das SG im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass das eigene Einkommen der Klägerin nach Abzug der ihr zustehenden Freibeträge nicht ausreicht, um die Kosten der Prozessführung ganz oder in Raten aufzubringen. Entgegen der Auffassung des SG kann der Klägerin indes Vermögen in Form eines Prozesskostenvorschussanspruchs gegen ihren Ehemann nicht entgegengehalten werden. Denn ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss (§ 1360a Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) für bereits angefallene Prozesskosten besteht nach Abschluss eines Rechtsstreits grundsätzlich nicht mehr (vgl. Thür. LSG, Beschluss vom 4. August 2008 - L 6 B 191/07 SF - (juris); ferner BGH, Urteil vom 5. Juni 1985 - VIb ZR 27/84 - FamRZ 1985, 902; OLG Rostock, Beschluss vom 8. März 2001 - 11 WF 129/00 - (juris); OLG Köln, Beschluss vom 26. Juli 2005 - 3 W 32/05 - FamRZ 2007, 158; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rdnr. 377). Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, ob sich die Einkommensverhältnisse des Ehemanns der Klägerin, der nach den Berechnungen des SG im angefochtenen Beschluss derzeit über ein Netto-Einkommen von 2.002,00 Euro verfügt, überhaupt wesentlich im Sinne des § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO geändert hätten; denn immerhin hatte dieser aus Erwerbstätigkeit ausweislich der mit der PKH-Erklärung vom 3. Juli 2007 vorgelegten Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge zwar im April 2007 lediglich einen Nettoverdienst von 1.340,55 Euro erzielt, jedoch zuvor im März 2007 vom selben Arbeitgeber netto 2.120,59 Euro ausgezahlt erhalten. Die geänderte Beurteilung gleichgebliebener wahrheitsgemäß dargestellter wirtschaftlicher Verhältnisse rechtfertigt aber weder eine nachträgliche Zahlungsanordnung im Sinne der vorgenannten Vorschrift noch gar eine Aufhebung der Bewilligungsentscheidung nach § 124 ZPO (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 15. November 1995 - 12 WF 146/95 - FamRZ 1996, 874; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Januar 2002 - 1 WF 154/01 - MDR 2002, 785; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rdnr. 830; Geimer in Zöller, a.a.O., § 124 Rdnr. 2). Die nach den Angaben der Klägerin sowie dem vorgelegten Auszug aus dem Kaufvertrag im Jahr 2009 von ihrem Ehemann käuflich erworbene, von ihr und ihrer Familie bewohnte Eigentumswohnung ist schon wegen § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 1 Nr. 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch nicht einsetzbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 19. April 2011 hat Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft; ein gesetzlicher Ausschlusstatbestand greift nicht ein. Denn das SG hat, obgleich es sich für seine Entscheidung auf die Bestimmung des § 120 Abs. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) gestützt hat, nicht bloß eine nachträgliche Zahlungsanordnung im Sinne des Satzes 1 a.a.O. getroffen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 4. Juli 2011 - L 7 AS 5381/09 B - Die Justiz 2011, 349), sondern den PKH-Bewilligungsbeschluss vom 30. Juli 2007 ganz aufgehoben. Die Vorschrift des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG, wonach die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint, findet auf Entscheidungen über die Aufhebung von PKH indessen keine Anwendung. Derartige Beschwerden werden schon vom klaren Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht erfasst (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. Beschlüsse vom 30. März 2011 - L 7 SO 2087/10 B -, vom 20. Dezember 2011 - L 7 AS 1785/10 B - und vom 30. Dezember 2011 - L 7 AY 3363/11 B -; ferner Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. Oktober 2009 - L 11 R 1785/09 PKH-B - , vom 21. Februar 2011 - L 13 AL 5384/10 B - und vom 11. Juli 2011 - L 2 AS 1462/11 B - (alle juris)).
Die Beschwerde der Klägerin ist auch begründet. Das SG hat den oben genannten PKH-Bewilligungsbeschluss zu Unrecht aufgehoben. Das SG hat bei seiner Entscheidung übersehen, dass die PKH nur dann entzogen werden kann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nach einem der in § 124 Nrn. 1 bis 4 ZPO abschließend aufgeführten Aufhebungstatbestände vorliegen (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschlüsse vom 3. September 1998 - 14 WF 117/98 - FamRZ 1999, 304 und vom 20. Februar 2003 - 14 WF 21/03 - FamRZ 2003, 1397; OLG Hamm, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - II-8 WF 266/10, 8 WF 266/10 - (juris); ferner Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 22. Juni 1994 - XII ZR 39/93 - NJW 1994, 3292; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Auflage, Rdnr. 830; Geimer in Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 124 Rdnr. 2). Insbesondere darf die Bewilligung nicht aufgehoben werden, wenn dem Bedürftigen erst nach erfolgter Bewilligung Vermögen zufließt (OLG Köln, Beschluss vom 3. September 1998 a.a.O.; OLG Hamm, Beschluss vom 20. Oktober 2010 a.a.O.; Kammergericht Berlin, Beschluss vom 29. September 2008 - 16 WF 269/08, 16 WF 220/08 - FamRZ 2009, 365; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O.; Geimer in Zöller, a.a.O., § 120 Rdnr. 29). In diesen Fällen kommt allenfalls eine nachträgliche Zahlungsanordnung nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO in Betracht, die sich von der Aufhebung der PKH-Bewilligung indes auch in ihren Folgen unterscheidet. Denn im Gegensatz zur Festsetzung nachträglicher Zahlungen im Rahmen des Abänderungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO wirkt sich die Aufhebung der PKH unmittelbar auf die Kostentragungspflicht für das Hauptsacheverfahren aus; sie hat zur Folge, dass für den Bedürftigen die Vergünstigungen des § 122 ZPO rückwirkend entfallen (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2010 - XII ZB 38/09 - FamRZ 2011, 463).
Keiner der Aufhebungsgründe des § 124 ZPO liegt hier vor. Der an die Klägerin gerichteten Aufforderung im Schreiben des Kostenbeamten des SG vom 10. Januar 2011 zur Erklärung darüber, ob und ggf. welche Veränderungen in ihren persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten sind, ist sie am 9. Februar 2011 sowie ergänzend am 9. März 2011 unter Vorlage der entsprechenden Belege nachgekommen.
Indessen sind auch die Voraussetzungen für eine Abänderung des PKH-Bewilligungsbeschlusses vom 30. Juli 2007 durch eine nachträgliche Zahlungsanordnung nicht gegeben. Zu Recht ist das SG im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass das eigene Einkommen der Klägerin nach Abzug der ihr zustehenden Freibeträge nicht ausreicht, um die Kosten der Prozessführung ganz oder in Raten aufzubringen. Entgegen der Auffassung des SG kann der Klägerin indes Vermögen in Form eines Prozesskostenvorschussanspruchs gegen ihren Ehemann nicht entgegengehalten werden. Denn ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss (§ 1360a Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) für bereits angefallene Prozesskosten besteht nach Abschluss eines Rechtsstreits grundsätzlich nicht mehr (vgl. Thür. LSG, Beschluss vom 4. August 2008 - L 6 B 191/07 SF - (juris); ferner BGH, Urteil vom 5. Juni 1985 - VIb ZR 27/84 - FamRZ 1985, 902; OLG Rostock, Beschluss vom 8. März 2001 - 11 WF 129/00 - (juris); OLG Köln, Beschluss vom 26. Juli 2005 - 3 W 32/05 - FamRZ 2007, 158; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rdnr. 377). Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, ob sich die Einkommensverhältnisse des Ehemanns der Klägerin, der nach den Berechnungen des SG im angefochtenen Beschluss derzeit über ein Netto-Einkommen von 2.002,00 Euro verfügt, überhaupt wesentlich im Sinne des § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO geändert hätten; denn immerhin hatte dieser aus Erwerbstätigkeit ausweislich der mit der PKH-Erklärung vom 3. Juli 2007 vorgelegten Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge zwar im April 2007 lediglich einen Nettoverdienst von 1.340,55 Euro erzielt, jedoch zuvor im März 2007 vom selben Arbeitgeber netto 2.120,59 Euro ausgezahlt erhalten. Die geänderte Beurteilung gleichgebliebener wahrheitsgemäß dargestellter wirtschaftlicher Verhältnisse rechtfertigt aber weder eine nachträgliche Zahlungsanordnung im Sinne der vorgenannten Vorschrift noch gar eine Aufhebung der Bewilligungsentscheidung nach § 124 ZPO (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 15. November 1995 - 12 WF 146/95 - FamRZ 1996, 874; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Januar 2002 - 1 WF 154/01 - MDR 2002, 785; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rdnr. 830; Geimer in Zöller, a.a.O., § 124 Rdnr. 2). Die nach den Angaben der Klägerin sowie dem vorgelegten Auszug aus dem Kaufvertrag im Jahr 2009 von ihrem Ehemann käuflich erworbene, von ihr und ihrer Familie bewohnte Eigentumswohnung ist schon wegen § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 1 Nr. 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch nicht einsetzbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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