L 12 AS 2842/11 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 4237/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2842/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers Ziff. 1 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 3. Juni 2011 wird zurückgewiesen; im Übrigen wird die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren für das beim Sozialgericht Mannheim (SG) anhängige Klageverfahren S 10 AS 4237/10 Prozesskostenhilfe (PKH), mit der die Kläger Ziff. 2 - 4 der Sache nach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II während ihres zeitweiligen Aufenthalts bei ihrem Vater, dem Kläger Ziff. 1, im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangs- bzw. Sorgerechts begehren. Die Agentur für Arbeit hatte dem Kläger Ziff. 1 für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 28. Februar 2011 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe der gesetzlichen Regelleistung bzw. des gesetzlichen Regelbedarfs bewilligt und auf eine endgültige Entscheidung über die Leistungsansprüche der Kinder nach Vorlage einer Aufstellung der tatsächlichen Aufenthaltszeiten verwiesen (Bescheid vom 25. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. November 2010).

Das SG hat mit Beschluss vom 3. Juni 2011 den Antrag auf Bewilligung von PKH für den Kläger Ziff. 1 wegen fehlender Erfolgsaussichten, bezüglich der Kläger Ziff. 2 bis 4 wegen fehlender Glaubhaftmachung der Bedürftigkeit abgelehnt. Für das Klagebegehren des Klägers Ziff. 1 fehle es an der erforderlichen Erfolgsaussicht. Seine Klage sei unzulässig; ihm fehle es an der Klagebefugnis. Im vorliegenden Fall machten die Kläger einen Anspruch auf Bewilligung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vor dem Hintergrund der zwischen ihnen bestehenden temporären Bedarfsgemeinschaft geltend. Anspruchsinhaber seien jedoch die Kläger Ziff. 2 - 4, nicht jedoch der Kläger Ziff. 1 (unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Mai 2010 - L 7 AS 5263/08 -). Die Entscheidung des Beklagten, jedenfalls zunächst keine weitergehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren, verletze den Kläger Ziff. 1 nicht in eigenen Rechten. Die Kläger Ziff. 2 - 4 hätten nicht dargelegt, bedürftig i.S. der §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 114 ZPO zu sein. So sei insbesondere zu prüfen gewesen, ob die Kläger Ziff. 2 - 4 einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen ihre Mutter haben. Trotz gerichtlicher Aufforderung seien entsprechende Nachweise nicht eingereicht worden.

Gegen den ihren Bevollmächtigten am 8. Juni 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 7. Juli 2011 eingelegte Beschwerde der Kläger. Es sei nicht korrekt, den Antrag der Kläger Ziff. 2 - 4 auf Gewährung von PKH abzulehnen. Nach Vorlage der entsprechenden Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen habe das SG zu Unrecht nun Nachweise über die Einkommensverhältnisse der Kindesmutter verlangt, die zur Prüfung der Bedürftigkeit nicht erforderlich seien. Ein Anspruch des Kindes gegen einen Elternteil auf Prozesskostenvorschuss in einem nach § 183 SGG gerichtskostenfreien Sozialgerichtsverfahren bestehe nicht. Daher hätte der Antrag der Kläger Ziff. 2 - 4 auf PKH nicht abgelehnt und das Beschwerderecht nicht verneint werden dürfen. Hinsichtlich des Klägers Ziff. 1 bestehe Erfolgsaussicht. Die Entscheidung des Beklagten, die Kläger Ziff. 2 - 4 im Rahmen seiner vorläufigen Entscheidung nicht zu berücksichtigen, betreffe nicht nur die Kinder, sondern auch den Kläger Ziff. 1. Als Adressat des Bewilligungsbescheides sei er klagebefugt. Da er in der Zeit des Besuchs für die Kinder verantwortlich sei und auch die erforderlichen Mittel aufzubringen habe, sei er durch die Nichtberücksichtigung der Kinder in seinen Rechten verletzt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des SG vom 3. Juni 2011 hat keinen Erfolg.

1. Kraft Gesetzes ist der Beklagte, der als (teil-)rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis entstanden ist und im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung Träger von Rechten und Pflichten ist und die Aufgaben der Träger wahrnimmt (vgl. § 44b Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II), als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherig beklagten Bundesagentur für Arbeit gem. § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II getreten (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 99/10 R -).

2. Die Beschwerde der Kläger Ziff. 2 - 4 ist unzulässig. Der Senat darf über die Beschwerde in der Sache nicht entscheiden, weil sie gem. § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht statthaft ist. Nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint hat. Vorliegend hat das SG ausdrücklich die Bedürftigkeit der Kläger Ziff. 2 - 4 i.S. der §§ 73a SGG, 114 S. 1, 115 ZPO und damit die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH abgelehnt. Da die Beschwerde nicht statthaft ist, ist es dem Senat nicht möglich, den angefochtenen Beschluss auf die gerügten Mängel hin zu überprüfen. Denn der Rechtsprechung ist es verwehrt, durch außerordentliche Rechtsbehelfe tatsächliche oder vermeintliche Lücken im bestehenden Rechtsschutzsystem zu schließen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 [416]; BVerfG, Beschluss vom 16. Januar 2007 - 1 BvR 2803/06 - NJW 2007, 2538 f.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Januar 2009 - L 14 B 2171/08 AS PKH -). Im Übrigen bleibt es den Klägern Ziff. 2 - 4 unbenommen, einen erneuten Antrag auf Bewilligung von PKH in dem noch anhängigen Verfahren vor dem SG zu stellen und ihre Bedürftigkeit nachzuweisen (vgl. zum Prozesskostenvorschussanspruch nur Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, 3. Aufl. 2002 Rdnr. 354 ff. und Fischer in Musielak, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 115 Rdnr. 37 ff.).

3. Die Beschwerde des Klägers Ziff. 1 ist unbegründet. Der Kläger Ziff. 1 hat für das Klageverfahren S 10 AS 4237/10 keinen Anspruch auf PKH unter Beiordnung des benannten Rechtsanwalts.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (BVerfG, NJW 1997, 2102, 2103; BGH, NJW 1998, 1154; BFH, Beschluss vom 27.11.1998 - VI G 120/98 -).

Unter Beachtung der oben genannten Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung des Klägers Ziff. 1 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da jedenfalls der Kläger Ziff. 1 als erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nicht Inhaber der geltend gemachten Ansprüche auf Sozialgeld seiner während ihrer Aufenthalte zeitweilig mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder, der Kläger Ziff. 2 - 4, ist (vgl. § 19 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB II). Der Kläger Ziff. 1 macht keinen eigenen Anspruch auf höhere Leistungen geltend. Ein solcher Anspruch ist auch nicht ersichtlich (bspw. bezüglich eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 54/08 R -).

Kosten für das Beschwerdeverfahren sind gemäß § 73 a Satz 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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